Die wichtigsten Ressourcen um erfolgreicher zu werden
Hier entsteht eine umfangreiche Ressourcen Seite, die immer wieder erweitert wird. Es macht also Sinn öfters hier reinzuschauen.
Alles was ich hier nenne sind Dinge und Tools, die ich selber nutze um erfolgreicher und glücklicher zu werden. Daher empfehle ich nur etwas, von dem ich wirklich überzeugt bin.
Wenn du Ressourcen kennst, die ich unbedingt noch aufnehmen sollte, dann schreib mir einfach eine kurze Mail mit dem Betreff “Ressourcen” an Bojan@trainforfreedom.de.
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Mein Tischtennisschläger
Im Moment spiele ich folgenden Tischtennisschläger:
Mein Holz: Viscaria Light von Butterfly
Seit Januar 2015 spiele ich dieses Holz und bin sehr zufrieden damit. Leider wird dieses Holz nicht mehr produziert und kann nicht mehr offiziell gekauft werden. Es gibt jedoch noch das “normale” Viscaria Holz, welches auch von vielen Spielern gespielt wird.
Mein Vorhandbelag: Tenergy 64 von Butterfly
Mein Rückhandbelag: Tenergy 05 FX von Butterfly
Es gibt jedoch auch andere gute Tischtennismarken, neben Butterfly. Auch ich habe bereits Beläge und Hölzer von den Marken Donic, Xiom und Tibhar gespielt.
Trainingsplan
Mein Trainingsplan ist nicht lange gleich, da der Schwerpunkt sich oft verändert. Dennoch habe ich verschiedene Übungen, die immer wieder von mir gemacht werden. Diese 3 Übungen kannst du immer machen und musst dazu nicht einmal ins Fitnessstudio gehen.
- Liegestützen
- Kniebeugen
- Hocksprünge
Jedoch sind diese 3 Übungen nicht in meinen Trainingsplan integriert. Falls du einen auf dich individuell angepassten Trainingsplan haben willst, dann schreibe mir einfach eine Mail an Bojan@trainforfreedom.de mit dem Betreff “Trainingsplan”.
Meine 3 Angebote an dich sind:
1. Angebot Tischtennis:
Ich erstelle dir einen Trainingsplan. mit dem du zum Saisonstart so stark wie noch nie bist. Gehe dabei auf deine Stärken und Schwächen ein und berücksichtige auch wie viel Zeit du für Tischtennis zur Verfügung hast. Wir tauschen uns dann via Skype oder Mail aus, damit ich dir deinen optimalen Trainingsplan erstellen kann.
Preis: 29.00 Euro
2. Angebot Fitness:
Wenn du, für die neue Saison, körperlich optimal vorbereitet sein willst, dann ist dieses Angebot vielleicht das richtige für dich. Falls du dich für den “Fitness-Traingsplan” entscheidest, erhältst du einen auf dich abgestimmten Trainingsplan, um im Tischtennis erfolgreicher zu werden. Ich gehe dabei auch darauf ein ob du erst Muskelmasse aufbauen oder lieber deinen Körperfettanteil reduzieren solltest. Um im Tischtennis besser zu werden ist es nicht nur wichtig gute Tischtennisfähigkeiten zu haben, sondern kann es auch hilfreich sein körperlich in einem guten Zustand zu sein. Unteranderem sage ich dir wann du Schnellkrafttraining machen solltest. Welche Nahrungsergänzungsmittel für dich sinnvoll sind und welche Übungen du wann machen solltest.
Preis: 29.00 Euro
3. Angebot Tischtennis und Fitness (empfohlen):
Maximalen Erfolg bekommst du nicht nur durch ausreichendes Tischtennistraining oder Training im Fitnessstudio. Wenn du so erfolgreich sein willst wie nie zuvor, dann empfehle ich dir beides. Falls du jedoch bereits seit einiger Zeit im Fitnessstudio trainierst und weißt was du trainieren musst, ist es wahrscheinlich nicht zwingend notwendig einen extra Trainingsplan zu kaufen. Wenn du dennoch richtig durchstarten möchtest, kann ich dir dieses Angebot ans Herz legen. Mit diesem Paket steht dir ein auf dich ausgelegter Fitness- und Tischtennis- Trainingsplan zur Verfügung.
Preis: nur 39.00 Euro
Wenn du Interesse hast oder Fragen zu den Plänen dann melde dich unter Bojan@trainforfreedom.de.
Die besten Bücher für mehr Erfolg
Tischtennis und Ernährung – Erreiche dein nächstes Level von Bojan Besinger
Die Gesetze der Gewinner von Bodo Schäfer
Die 7 Wege zur Effektivität von Stephen R.Covey
Spiel- und Übungsformen im Tischtennis von Harry Blum
Fit ohne Geräte von Mark Lauren
Empfohlene Smartphone Apps
MyFitnessPal
Lifesum
Was ich sonst noch verwende und empfehle
Tischtennis Schlägerhülle von Joola
Creatin um die Schnellkraft zu verbessern
BCAA von Profuel
Meine regelmäßigen Tischtennis Tipps – zur Anmeldung
Blackroll zum Dehnen
Ich, der Richter (WDR 1999)
Hörspiel nach dem gleichnamigen Roman von Mickey Spillane
Velda: New York im Jahre 1950, schöne Frauen, harte Kerle und große Kaliber, das ist die Welt des berühmt-berüchtigten Privatdetektivs Mike Hammer, der gnadenlos wie ein schwarzer Ritter durch den Dschungel der Großstadt streift.
Mike: Niemand sagte etwas, als ich das Zimmer betrat, sie wichen beiseite und ich spürte, wie ihre Blicke auf mir lagen, Chief Detective Pat Chambers deutete auf die Schlafzimmertür.
Pat: Dort drin Mike.
Mike: Dort drin, dort drin lag mein bester Freund tot auf dem Boden, der beste Freund, den ich jemals hatte.
Mike: Hast du den Stuhl verschoben Pat.
Pat: Nein warum.
Mike: Normalerweise steht der Stuhl neben dem Bett.
Mike: Auf dem Stuhl lag seine 38er Pistole, es war klar, wie es sich abgespielt haben mußte.
Mike: Der Mörder hat den Stuhl mit der Pistole drauf immer ein Stück weitergezogen und dabei zugesehen wie Jack in Todesqualen hinterher gekrochen ist, bis er schließlich zusammenbrach.
Mike: Gestern war er noch Jack Williams gewesen, der Mann der im Krieg seinen Arm für mich geopfert hatte und heute klaffte ein faustgroßes Loch in seinem Bauch.
Mike: Er hat sein Opfer beobachtet er hat vielleicht sogar gelacht dabei, das war kein gewöhnlicher Mord, Pat, das war absolut kaltblütig und vorsätzlich, den Kerl krieg ich.
Pat: Du bist mit von der Partie.
Mike: Darauf kannst du Gift nehmen.
Mike: An Pats Gesichtsausdruck konnte ich ablesen, daß er nicht versuchen würde, mich von meinem Vorhaben abzubringen, er würde lediglich versuchen, mir zuvor zukommen.
Mike: Ich werde das Schwein kriegen, das Jack umgebracht hat, aber es wird nicht auf den elektr. Stuhl kommen, und es wird auch nicht hängen, es wird auch nicht in einem langwierigen Gerichtsverfahren wegen mangelnder Beweise freigesprochen werden, das Schwein wird genauso sterben wie Jack mit einer 45er Kugel im Gedärm, der Einschuß ein paar cm unter dem Bauchnabel, das ist mein Wort, und mein Wort gilt solange ich lebe.
Pat: Jack hat gestern eine Party gegeben, war aber nichts größeres.
Mike: Ich weiß, er hatte angerufen, aber ich war zu geschafft.
Pat: Mirna hat uns die Namen der Partygäste gegeben, hier ist die Aufstellung, sie haben ein paar Gläser getrunken, und ein wenig getanzt und sind dann gegen 1 gemeinsam gegangen.
Mike: Und Mirna hat ihn heute morgen gefunden.
Pat: Ja sie waren verabredet weil sie sich zusammen eine Wohnung anschauen wollten.
Mike: Hat jemand einen Schuß gehört.
Pat: Nein, der Mörder benutzte wahrscheinlich einen Schalldämpfer, aber der Gerichtsmediziner sagte es muß so gegen 3 Uhr passiert sein, siehst du ein Motiv.
Mike: Noch nicht, aber ich werde es finden, es muß etwas Großes dahinterstecken, darauf möchte ich wetten.
Pat: Ok Mike, ich will dich bei den Ermittlungen dabeihaben, du kannst mir von nutzen sein und ich dir, aber im entscheidenden Moment werde ich dir einen Schritt voraussein, die polizei ist nicht so dumm wie du denkst.
Mike: Keine Sorge ich unterschätze euch nicht, aber die Bullen können einem Typen nicht den Arm brechen damit er was ausspuckt, also versuch es Pat.
Velda: Ach du bist es.
Mike: Was heißt hier ach du bist es, du wirst dich doch wohl noch an mich erinnern, ich bin Mike Hammer, dein Chef.
Velda: Tss, du bist so lang nicht mehr hiergewesen daß ich dich kaum noch von irgendwelchen Schuldeneintreibern unterscheiden kann.
Mike: Ich folgte ihr in mein allerheiligstes, bildschöne Beine hatte sie, und trug ihr Kleid so eng, daß ich dabei an die Kurven des Pennsylvania Highway denken mußte.
Velda: Hier sind alle Infos, die ich über die Partygäste von gestern abend bekommen konnte.
Mike: Häh, wie bitte.
Mike: Als Sekretärin war sie eigentlich eine viel zu große Ablenkung.
Mike: Kannst du jetzt hellsehen, wie hast du von Jacks Tod erfahren.
Velda: Du vergißt daß ich einen ganz guten Draht zu einigen Reportern vom Chronikel habe, John Dugan zB.
Mike: In den 3 Jahren, die sie für mich arbeitete, habe ich nie versucht, mich an sie ranzumachen.
Velda: Er wußte daß Jack ein enger Freund von dir war und ist eigentlich hier vorbei gekommen um von mir etwas zu erfahren aber zum Schluß war er es, der die ganzen Informationen ausgepackt hat.
Mike: Nicht daß ich kein Interesse an ihr gehabt hätte, aber es war mir einfach zu riskant, sie drückte mir ein paar Papiere in die Hand.
Velda: Hier haben wir zunächst George Kalecki.
Mike: Ich kannte ihn, er betrieb eine gutgehende Restaurantkette, war ein Mann der Gesellschaft, spendete für wohltätige Zwecke usw, aber George Kalecki war nicht der noble gentleman, für den ihn alle hielten, er hatte seine Finger in allen möglichen dunklen Geschäften drin, nur konnte ihm niemand etwas nachweisen.
Velda: Die Nr 2, Mirna.
Mike: Jacks Freundin, sie war süchtig gewesen, und Jack hatte sie buchstäblich im letzten Augenblick von der Brüstung der Brooklynbrücke gezogen gerade als sie sich in die Tiefe stürzen wollte, so hatten sich die beiden damals kennengelernt, danach hatte Jack dafür gesorgt daß Mirna in Behandlung kam, ein halbes Jahr später wurde sie als geheilt entlassen.
Velda: Dann haben wir hier noch die Bellemyzwillinge, 29 auf der Suche nach Ehemännern.
Mike: Natürlich, die Bellemyzwillinge, ich hatte sie mal bei Jack getroffen, sehen ganz passabel aus und verprassen ansonsten das Vermögen das ihnen ihr Vater hinterlassen hat.
Velda: Ach und hier ist noch jemand, der dir gefallen wird, mein lieber.
Mike: Sie legte mir das Foto von einer tollen Blondine im Badeanzug vor, mir blieb fast die Spucke weg, als ich es sah, lange feste Beine, breite Schultern und dazwischen zwei Brüste, die sich gegen jede Beengung durch ein Kleidungsstück zu wehren schienen, mir fielen fast die Augen raus.
Mike: Wer, ist das.
Velda: Hm, vielleicht sollte ich es dir lieber nicht sagen, dein lüsterner Blick könnte dich da noch in echte Schwierigkeiten bringen, ihr Name ist Charlotte Manning, sie ist Psychiaterin und hat an der Parkavenue eine gutgehende Praxis, hier ist die Adresse
Mike: Offenbar lag hier der angenehme Teil des Geschäfts vor mir, Velda band ich das nicht auf die Nase, vielleicht bin ich ja nur eingebildet, aber ich hatte eigentlich immer den Eindruck daß sie ein Auge auf mich geworfen hat.
Velda: Wolltest du noch was ergänzen, Mike.
Mike: Charlotte Manning erhob sich von ihrem Stuhl hinter dem Schreibtisch.
Manning: Hallo Mr Hammer.
Mike: Sie sah in Natur noch schöner aus.
Mike: Hallo Mrs Manning.
Mike: Sie war einfach Spitzenklasse, langes blondes Haar, wunderschöne haselnussbraune Augen, von dem was sich unter ihrem dunklen enganliegenden Kleid verbarg, gar nicht zu reden.
Manning: Ich nehm an, es geht um den Tod von Mr. Williams.
Mike: Ja, wir waren enge Freunde, ich bin Privatdetektiv und würde ihnen gern einige Fragen stellen.
Manning: Nur zu.
Mike: Wann haben sie an dem abend die Party verlassen.
Manning: So gegen 1 Uhr, wir sind alle zusammen aufgebrochen.
Mike: Wo sind sie von dortaus hingegangen.
Manning: Ich bin mit Ester und Marry Bellemy noch in die Chickenbar, wo wir ein Sandwich gegessen haben, dann hab ich die beiden an ihrem Hotel abgesetzt und bin schnurstracks nach Hause gefahren, es muß so kurz nach 2 gewesen sein, als ich zuhause ankam.
Mike: Kann das jemand bezeugen.
Manning: Jawohl, mein Dienstmädchen, sie hat mich sogar zugedeckt, sonst noch was.
Mike: Ja, äh, wie haben sie Jack Williams eigentlich kennengelernt.
Manning: Über Mirna, sie wissen das Mirna drogenabhängig war, Jack hatte mich seinerzeit als Mirna zur Behandlung in der Klinik war, zu rate gezogen, nachdem sie entlassen wurde, hab ich sie noch eine zeit lang nachbetreut, daraus ist dann ein persönlicher Kontakt geworden.
Mike: Ja, das wars dann wohl für erste.
Manning: Einem Mann bedeutet ein Freund viel mehr als einer Frau.
Mike: Charlotte stand auf, und kam auf mich zu, der Anblick ihrer Beine nahm mir fast den Atem.
Mike: Dieser Freund hat im Krieg seinen Arm geopfert, um mir das Leben zu retten.
Manning: Ich hoffe, sie erwischen den Mörder, das hoffe ich aufrichtig.
Mike: Ja das werde ich.
Mike: Wir standen uns gegenüber und sahen uns an, ich wünschte, daß das leuchten in ihren Augen wirklich so verheißungsvoll war, wie ich mir einbildete.
Mike: Ich muß jetzt gehen, bis bald.
Manning: Sehr bald, hoffe ich.
Hubabuba.
Mike: Zwanzig Minuten später drückte ich die Klingel an einem Haus, das bestimmt so seine viertel Million Dollar gekostet hatte, ein korrekt gekleideter Butler öffnete die Tür, und führte mich in eine riesige Bibliothek, ich ließ mich in einen Armsessel fallen und wartete auf George Kalecki, es dauerte nicht lange bis er auftauchte.
Kalecki: Was wollen sie hier, ich habe der Polizei gegenüber alle meine Aussagen gemacht.
Mike: Die Platte brauchst du für mich nicht abzuspielen, Freundchen.
Kalecki: Wie reden sie mit mir, verlassen sie sofort mein Haus.
Mike: Ich sprang aus dem Sessel und packte ihn am Kragen.
Mike: Jetzt hör mal zu, du Drecksack, ich schere mich nicht um die Bullen, daß das klar ist ich suche denjenigen der Jack Williams umgebracht hat und wenn dabei noch ein paar miese Gesellen wie du mit hopps gehen soll mir das nur recht sein, hörst du.
Mike: In diesem Moment sah ich im Spiegel, wie mir gerade jemand von hinten mit einer Keramikvase den Schädel einschlagen wollte, ich duckte mich weg, dann schnellte ich herum und verpaßte dem Angreifer einen gezielten Schlag unter die Kinnspitze, der Mann ging zu Boden und blieb dort reglos liegen.
Mike: Sieh an, dein Gorilla vermute ich, ist ja ein ganz schlauer, will mir von hinten eins überziehen, wo ich gerade vor einem Spiegel stehe, irgendwie hast du den nicht richtig im Training, George.
Kalecki: Einen Moment mal, Mr Hammer, jetzt langt es, ich habe einflußreiche Freunde bei der Stadtverwaltung.
Mike: Das mag ja sein, du solltest dir nur vorher überlegen, wie dein Gesicht nachher aussieht.
Mike: Zur Bekräftigung rammte ich ihm eine Faust in die Magengegend, er rang nach Luft und fiel nach hinten in einen Sessel.
Mike: Ich denke, dann könnten wir mit der Befragung beginnen, also wann hast du die Party verlassen.
Kalecki: So gegen ein Uhr, ich hab Mirna noch nach hause gebracht und bin dann auf direktem weg nach hause gefahren.
Mike: Hast du ein Alibi.
Kalecki: Das Alibi liegt bewußtlos neben ihnen auf dem Boden.
Mike: Er hat dich sogar zugedeckt, ich weiß, wenn du glaubst, du bist damit aus dem Schneider, hast du dich ganz schön geschnitten, du hättest immer noch genügend Zeit gehabt nochmal in die Stadt zurückzufahren um Jack umzulegen, woher kanntest du Jack eigentlich.
Kalecki: Mrs Manning hat ihn mir empfohlen, hat für mich einige ermittlungen erledigt.
Mike: Der Gedanke, daß Charlotte und Kalecki etwas miteinander hatten, machte mich wahnsinnig.
Mike: Mrs Manning, die dürfte ja wohl eine Nummer zu groß für dich sein.
Kalecki: Ich hatte Mrs Manning wegen meiner Schlafstörungen in ihrer Praxis aufgesucht.
Mike: Wegen Schlafstörungen soso und hat sie dir helfen können.
Kalecki: Das kann man sagen, ich fühle mich wie ein neuer Mensch.
Mike: Ich hatte große Lust ihm noch eine zu verpassen, ließ es aber.
Bellemy: Kommen sie doch herein, Mr Hammer.
Mike: Sie sah gut aus, braungebrannt, sportlich.
Mike: Sie kennen mich.
Bellemy: Ich habe sie erwartet, ihr Kollege von der Polizei wie heißt er doch, Pat Chambers, er hat mich auf ihren Besuch vorbereitet.
Mike: Ich habe nur ein paar Fragen, aber vielleicht können sie mir erstmal verraten, mit wem von ihnen beiden ich das Vergnügen habe.
Bellemy: Ich bin Marry Bellemy.
Mike: Ist ihnen am abend der Party irgendwas Besonderes aufgefallen.
Bellemy: Eigentlich nicht, wir haben ein paar Gläser getrunken und ein bißchen getanzt, Jack und George Kalecki waren eine weile in der Küche und als sie herauskamen, schien George ziemlich bedrückt zu sein.
Mike: Ich weiß daß sie anschließend noch mit Charlotte Manning etwas essen waren, was passierte dann.
Bellemy: Sie setzte uns hier ab und wir sind gleich ins Bett gegangen, übrigens das mit der Uhrzeit, das kann der Hausmeister bestätigen, er hat uns nämlich die Tür aufmachen müssen weil wir unseren Schlüssel vergessen hatten, ach sie müssen mich einen Augenblick entschuldigen, ich fürchte, ich habe das Badewasser angelassen.
Mike: Sie lief hinaus auf den schmalen Korridor und verschwand im Badezimmer, vielleicht wurde ich langsam alt, aber ich hörte kein Wasser laufen, nach einer weile kam sie zurück, ihr Anblick verschlug mir fast den Atem, statt des grauen Kostüms von vorher trug sie jetzt ein hauchdünnes rosa Neglige, das nur das nötige verhüllte.
Bellemy: Tut mir leid, daß ich sie warten lassen mußte, aber das Wasser wäre sonst kalt geworden.
Mike: Sie lächelte und setzte sich mir direkt gegenüber.
Mike: Geht schon in Ordnung, die meisten Frauen hätten dafür Stunden gebraucht.
Mike: Dabei öffnete sich ihr neglige und sie ließ sich zeit damit es wieder zuzuziehen.
Bellemy: Ich nicht, ich bin viel zu begierig darauf, mehr über ihren Fall zu erfahren.
Mike: Ihr Dekollete war trotzdem so weit geöffnet, daß ich ihr fast bis zum Bauchnabel schauen konnte.
Mike: Haben sie nicht außer dieser Stadtwohnung auch noch Landbesitz.
Bellemy: Ja natürlich in New Jersey, eine Villa mit 22 Zimmern, einem Swimming- pool und etlichen Tennisplätzen, wenn sies genau wissen wollen, würden sie mich gern einmal besuchen.
Mike: Klar, jederzeit.
Bellemy: Gut, diesen Samstag geben wir draußen eine große Party, Mirna und Charlotte Manning kommen auch, sie dürften sie beiden kennen.
Mike: Olala, das würde ein interessanter Abend werden.
Mike: Sagen sie, kann man sie beide eigentlich voneinander unterscheiden.
Bellemy: Tja, eine von uns hat ein kleines erdbeerfarbenes Muttermal auf der rechten Hüfte.
Mike: Ah, und wer von beiden.
Bellemy: Warum sehen sie nicht selbst nach.
Mike: Mann o mann.
Mike: Heute nicht, ich habe noch ein Haufen Arbeit vor mir.
Mike: Ich stand auf und streckte meine Glieder.
Bellemy: Oh, sei nicht feige.
Mike: Sie stand ebenfalls auf und trat auf mich zu, dabei machte sie keinerlei versuch mehr ihr Neglige festzuhalten, ich presste sie an mich und küsste sie, dann ergriff ich den Saum des Negliges und mit einer Handbewegung zog ich es weg, so daß sie nackt vor mir stand, ich trat zurück und sie ließ mich jeden cm ihres sonnen-gebräunten Körpers absuchen, dann nahm ich meinen Hut und ging zur Tür.
Mike: Es muß wohl doch deine Schwester sein, die das Muttermal hat, bis Samstag.
Mike: Als ich sah daß im Büro noch Licht brannte, blieb ich vor einem Spiegel stehen und untersuchte mich gründlich nach Lippenstiftspuren, ich habe nie begreifen können, warum Lippenstift von Frauen so leicht abgeht, aber von Männern kaum zu entfernen ist.
Mike: Ist was.
Velda: Du hast noch was am Ohr.
Mike: Sie konnte wirklich tödlich sein diese Frau.
Velda: Übrigens, in deinem Zimmer wartet Besuch auf dich.
Mike: Pat saß hinter meinem Schreibtisch und schwenke mir zur Begrüßung eine Flasche Bourbon entgegen.
Pat: Willst du einen.
Mike: Ich kanns gebrauchen, was hast du auf dem Herzen, los raus mit der Sprache.
Mike: Als Antwort warf er mir eine Akte auf den Schreibtisch, ich konnte die Aufschrift lesen, Mirna Devlin.
Mike: Was soll das, Pat, willst du etwa Mirna mit der Sache in verbindung bringen.
Pat: Du weißt, daß Mirna Jack damals das Versprechen abgenommen hat, sie nie danach zufragen, wo sie den Stoff herhatte.
Mike: Stimmt, so wie er in Mirna verschossen war, hätte er alles für sie getan.
Pat: Ist dir eigentlich nie der Gedanke gekommen, daß Jack, der ja immerhin Privatdetektiv war, sein Versprechen gegenüber Mirna gebrochen haben könnte.
Mike: Möglich ist es schon, er haßte Gauner und Betrüger, aber noch verhasster waren ihm diese dreckigen Ratten, die sich an Leuten wie Mirna bereicherten.
Pat: Nur so viel, aus den Akten geht hervor, daß Jack doch in dem Fall ermittelte, allerdings bislang unergiebig, vielleicht hat er uns etwas verschwiegen, etwas das ihn schließlich das leben gekostet.
Mike: Was sagt Mirna.
Pat: Aus ihr ist nichts rauszukriegen.
Mike: Dann muß sie einen grund dafür haben.
Pat: Ach das hätt ich beinah vergessen, gestern nacht hat jemand versucht Kalecki durch die Scheibe seines Wohnzimmerfensters abzuknallen, hat ihn um haaresbreite verfehlt.
Mike: Das hättest du also beinahe vergessen.
Pat: Oh, da wäre noch etwas, er glaubt du warst es.
Mike: Du glaubst es nicht.
Pat: Nein, erstens hat der Täter daneben geschossen, das wäre dir nicht passiert und zweitens haben wir die Kugel untersucht, auch eine 45er, wir haben sie mit der verglichen, die Jack getötet hat, die Kugeln stammen aus der derselben Waffe.
Mike: Ich mußte noch einmal in Jacks Wohnung, Jack hatte immer ein Notizbuch gehabt, mit Adressen und kurzen Eintragungen und die polizei hatte nichts dergleichen gefunden, vielleicht hatte es der Mörder an sich genommen, vielleicht aber lag es noch immer unentdeckt in Jacks Wohnung, es war jedenfalls einen Besuch wert, die Tür zu dem Apartment war noch immer versiegelt und da ich mich nicht mit der staatsanwaltschaft anlegen wollte, probierte ich es über die Feuerleiter, das Badezimmerfenster ließ sich ohne Probleme öffnen, die Wohnung war in einem guten zustand, man konnte sich kaum vorstellen, daß hier jedes Teil wahrscheinlich fünfmal hin und her gewendet worden war, es hatte also kein Sinn, die ganze Arbeit noch mal zu machen, was mich interessierte war die Kommode, ich tastete alles ab, auch unter der untersten Schublade auf dem Holzboden und tatsächlich da hielt ich es in Händen, Jacks kleines blaues Notizbuch.
Mike: Hallo Velda.
Velda: Hallo Mike.
Mike: Also der Lippenstift gestern, das war gewissermaßen wie soll ich sagen ein Arbeitsunfall.
Velda: Hast du schon deine Versicherung benachrichtigt.
Mike: Komm sieh dir lieber an was ich hier habe.
Velda: Was ist das.
Mike: Jacks Notizbuch.
Velda: Und, ist was drin.
Mike: Die älteste Eintragung reichte 3 Jahre zurück, Namen, Telefonnummern, Notizen, die alle schwarz durchgestrichen waren, das hieß, die Fälle waren aufgeklärt, interessant waren die letzten Seiten.
Mike: Am 20 Eilin Vickers gesehen, das war 2 Wochen vor seinem Tod.
Velda: Hier wieder, Eilin Vickers ist Pseudonym von fragezeichen fragezeichen fragezeichen.
Mike: Der letzte Eintrag einen Tag vor seinem Tod lautet schließlich.
Mike: Morgen Eilin anrufen LO 3605.
Velda: LO 3605 das kommt mir irgendwie bekannt vor, warte mal.
Mike: Sie ging zu ihrer Kartei und fischte eine Visitenkarte raus.
Velda: Ah, 20 schöne Mädchen laden sie zum verweilen ein, für jeden Geschmack die richtige, Anruf unter LO 3605.
Mike: Hey, the red baron, stadtbekannter Puff.
Velda: Na, du mußt es ja wissen.
Mike: Sie hatte sich schon das Telefon geangelt und die Nummer gewählt, dann reichte sie an mich weiter, am anderen ende meldete sich eine Stimme, der man die Zigarette im Mundwinkel schon durchs Telefon anhörte.
Frau: The red baron, hallo.
Mike: Ich würde gern Eilin Vickers sprechen.
Frau: Ist erst ab 22 uhr im hause.
Mike: Ah, na ich hoffe ich kann mich dann von zuhause loseisen.
Mike: Kann ich.
Velda: Klar Mike, du gehst heißen Kurven nach und ich heißen Spuren.
Mike: Zuhause nahm ich eine Wechseldusche, schabte mir den Bart ab, und putzte meine Zähne, einen Augenblick überlegte ich, ob es sich schickte eine Waffe zu tragen wenn man eine Dame besuchte.
Manning: Hallo Mr Hammer.
Mike: Ihr Anblick überstieg meine kühnsten Erwartungen, sie hatte jetzt nichts mehr von einer Psychaterin an sich, sondern war nur noch Frau, bildschön und verführerisch, sie trug ein Kleid aus enganliegendem blauem Stoff, der sich an sie schmiegte, als sei ihre Haut naß, der alles verdeckte und gleichzeitig doch alles enthüllte, gerade und feste Brüste ragten daraus hervor, und ihre Beine stecken in Seidenstrümpfen und hochhakigen Schuhen, wunderbare Beine kräftig, wohlgeformt.
Manning: Was ist.
Mike: Sie warf ihre blonden Locken in den Nacken und sah mich aufreizend an.
Manning: Gefällt ihnen das Kleid.
Mike: Es ist bildschön und das wissen sie auch.
Manning: Ich hab es extra für sie angezogen.
Mike: Wie darf ich das verstehen.
Manning: Ich habe sie erwartet, das heißt ich hab es mir gewünscht und es hat auch geklappt.
Mike: Mit diesen Worten öffnete sie die Tür zur Küche, wo ein Tisch für zwei Personen gedeckt war, gebratenes Huhn und Pommes frites, mein Lieblingsessen.
Mike: Charlotte.
Manning: Sagen sie nichts, essen sie erstmal, ich habe ihnen ihr Abendessen schon eine Stunde warmgehalten.
Mike: Wie hab ich das verdient.
Manning: Wie, in meiner Praxis lern ich so viele Männer kennen, aber die meisten sind Schwächlinge, sie haben Komplexe oder Zwänge oder fixe Ideen, wenn man ständig nur Männern begegnet, die so gar nichts männliches mehr an sich haben, ist man froh, wenn einem mal wieder ein richtiger Mann begegnet.
Mike: Danke für die blumen.
Manning: Ich meine es ernst, sie sind ein Mann der an das leben gewöhnt ist und au-ch daran ihm seinen regeln aufzuzwingen, sie sind stark, ihr körper und ihr verstand.
Mike: Eine fixe Idee habe ich allerdings schon, ich muß diesen Mörder erwischen, ich muß ihn umlegen.
Mike: Charlotte stand von ihrem Platz auf und setzte sich neben mich, sie legte ihre Hand in meine und unsere Blicke trafen sich.
Manning: Mike, tun sie mir einen gefallen, passen sie auf sich auf, passen sie auf, daß ihnen nichts passiert.
Mike: Das werde ich, ich verspreche ich, aber warum machen sie sich Sorgen.
Manning: Darum.
Mike: Sie beugte sich vor und ihre Lippen öffneten sich zu einem Kuß, ich zog sie an mich und drückte so fest daß sie das Feuer spüren konnte das in mir brannte, als sie sich von mir löste, leuchtete alles an ihr.
Manning: Du kennst auch in der liebe kein Pardon, was Mike.
Mike: Es grenzte an ein Wunder, daß ich überhaupt heil aus der Tür und die Treppe herunter kam.
Mike: Als ich gegen mitternacht beim red baron auftauchte und das blaulicht vor dem Haus sah, wußte ich daß ich zuspät gekommen war, es war kein schöner anblick, das Mädchen lag nackt auf ihrem Bett, direkt über ihrem Herzen klaffte das Einschußloch, es stammte von einer Pistole Kaliber 45.
Mike: Eillin Vieckerts, ich habe ihren Namen in Jacks Notizbuch gefunden.
Pat: Der Mörder hat also wieder zugeschlagen.
Mike: Sieht ganz danach aus, hast du rausgekriegt, wie das ganze hier funktioniert.
Pat: Die Bordellwirtin sagt, die Mädchen arbeiten auf eigene Rechnung, sie müssen lediglich die Zimmer zahlen.
Mike: Sie hat natürlich keinen Schimmer wer bei Eilin Vickerts abkassiert hat.
Pat: Sie sagt nein.
Mike: Und sie hat natürlich auch niemand kommen und gehen sehen.
Pat: Erraten.
Mike: Soll ich sie mir vornehmen.
Pat: Im Moment nicht, ich will erst Mirna sehen, sie muß mehr wissen als sie sagt, diesmal muß sie reden.
Mike: Sie brachten Mirna aufs Präsidium, als Pat ihr erzählte, daß man eine gewisse Eilin Vickers tot aufgefunden hätte, brach sie zusammen, es dauerte lange bis sie wieder sprechen konnte, starr mit tränenlosem blick erzähle sie dann ihre geschichte, es war die Geschichte zweier Schwestern aus der Provinz, die nach New York gekommen waren auf der Suche nach Abenteuer und etwas Liebe, sie waren an Leute geraten, die ihre Unerfahrenheit ausnutzten und ihnen Rauschgift gaben, Eilin die ältere von beiden, war es dann die immer für Nachschub sorgte und dafür ihren Körper verkaufte, Mirna hatte Glück gehabt, sie hatte Jack kennengelernt, der ihr geholfen hatte von dem Zeug loszukommen, Eilin aber schaffte den Absprung nicht und verkaufte weiter ihren Körper. Am nächsten Morgen war ich mit Charlotte zu einem Spaziergang im centralpark verabredet, es war ein schöner tag und die kinder-mädchen warfen mir blicke zu, auch Charlotte schob einen Kinderwagen auf mich zu.
Mike: Hallo, kleines.
Manning: Eine Freundin hat mich gefragt, ob ich auf ihr Kind aufpassen könnte.
Mike: Magst du kinder.
Manning: Schrecklich gern, irgendwann werde ich 6 eigene haben.
Mike: 6 gleich, vielleicht kann ich ja gar nicht so viel Geld verdienen um 6 Mäuler auf einmal zu stopfen.
Manning: Ah, soll das etwa ein Heiratsantrag sein, Mr Hammer.
Mike: Es war keine zeit zum nachdenken, ich sah nur den häßlichen Lauf einer Pistole, die aus dem Seitenfenster eines dunkelblauen Cadillacs auf uns gerichtet war und warf mich auf Charlotte, im nächsten Moment schlug die Kugel hinter uns in einer Wand ein, daß das Mauerwerk auf uns herunterbröselte, für einen zweiten Schuß blieb dem Schützen keine zeit mehr, er warf den ersten Gang ein und schoß die fifth avenue hinunter, aus dem Sand vor der Mauer fischte ich die Kugel, es war eine 45er, Pat wartete im Schießkeller auf mich.
Pat: Jemand will dich offensichtlich aus dem Weg räumen.
Mike: Der Mörder scheint ein schießwütiges Monster zu sein.
Pat: Vielleicht, aber es ist schon merkwürdig, die Kugel mit der auf dich geschossen wurde, stammt nicht aus der Waffe, aus der auf Jack, Kalecki und Eilin geschossen wurde.
Mike: Bist du ganz sicher.
Pat: Vollkommen.
Mike: Apropos Kalecki, sollte man sich ihn nicht noch mal vornehmen.
Pat: Hab ich auch schon dran gedacht, aber er ist ausgeflogen der Vogel, wie vom Erdboden verschluckt.
Mike: Verdammt.
Mike: Mirna hatte der Polizei Eilins Adresse gegeben, sie hatten sich dort schon umgesehen aber irgendein komisches Gefühl sagte mir, daß das bißchen Heroin, das sie bei ihr gefunden hatten, nicht alles sein konnte, Eilins Wohnung lag im Erdgeschoß eines kleines Reihenhauses in Brooklyn, an der Tür prangte das Polizeisiegel, also probierte ich es auf meine bewährte Methode, eines der Fenster ging auf den Hof, ich schob meine Finger unter den Rahmen und es glitt geräuschlos wie von selbst nach oben, war schon vor mir jemand hier gewesen, ich hoffte im stillen daß ich nicht zu spät gekommen war, wir schossen fast gleichzeitig, dann war es still, nach einer langen weile schaltete ich das Licht an, George Kalecki war tot, meine drei Schüsse hatten ihn alle an der selben Stelle erwischt, direkt in der Herzgegend, in seiner Hand hielt er das, was er in Eilins Wohnung gesucht hatte, einen silbernen Schließfachschlüssel. Es kostete Pat 3 Telefonate, dann hatte er das zu dem Schlüssel passende Schließfach ausfindig gemacht, den Inhalt ließ er sich aufs Präsidium bringen.
Pat: Jede Menge Material, das beweist, in was George Kalecki alles verwickelt war.
Mike: Rauschgifthandel, Zuhälterei und in einem Fall nachweislich auch Mord, das hätte genügt, ihn für die nächsten 100 Jahre hinter Gitter zu bringen.
Pat: Und Eilin war eins seiner Mädchen, er versorgte sie mit Stoff und kassierte sie dafür ab.
Mike: Ach, ich wußte immer, daß er ein Schwein war, und ich bin froh, daß ich ihn erledigt habe.
Pat: Mirna hat erzählt, daß sie ihrer Schwester sogar ein paar Putzjobs vermittelt hat, weil Eilin es mit ehrlicher Arbeit versuchen wollte, es sieht so aus, als ob Eilin aussteigen wollte.
Mike: Ja, deshalb hat sie auch Kontakt mit Jack aufgenommen.
Pat: Ja, sie wollte ihm die Informationen über Kaletzki zukommen lassen, um ihn endlich dranzukriegen.
Mike: Und um das zu verhindern, hat Kalecki die beiden umgebracht.
Pat: Eine großartige Theorie, du vergißt nur, daß auf Kalecki selbst geschossen worden ist, und zwar mit der gleichen Waffe wie auf Jack und Eilin, aus der Waffe, die wir bei Kaletzki gefunden haben, wurde nur eine einzige Kugel abgefeuert, die Kugel, die dich im Park erwischen sollte.
Mike: Bis dahin hatte ich immer geglaubt, Kalecki wäre der große Boss, aber jetzt wurde mir klar, daß jemand anderer hinter ihm stand, jemand der größer war als er, und dieser jemand hatte das Beweismaterial besessen, das in dem Schließfach war, dieser jemand war der Killer, wie war Eilin an den Schlüssel gekommen, mir schwirrte der Kopf, ich versuchte es mit ein paar Whiskys in der Bar an der Ecke, dann fuhr ich zu Charlotte, sie war gerade dabei sich umzuziehen.
Manning: Komm rein Schatz du mußt die Unordnung entschuldigen ich habe meinem Mädchen freigegeben, damit sie sich um seine kranke Mutter kümmern kann.
Mike: Mach dir keine Gedanken.
Manning: Weißt du was, du mixt uns zwei highballs, und ich zieh mich inzwischen fertig um.
Mike: Gute Idee.
Mike: Während ich die drinks mixte, sah ich mir die Bücher an, die bei ihr rumlagen, Heilung durch Hypnose hieß eines und ein anderes, Psychologie der Ehe, sieh an, sie bereitete sich also offensichtlich schon vor.
Manning: Dein drink ist fertig Liebling.
Mike: Bring ihn mir.
Mike: Vielleicht hätte ich einen Moment warten oder vorher anklopfen sollen, als ich ins Zimmer trat, stand Charlotte völlig nackt vor mir, sie war noch schöner als ich es mir vorgestellt hatte, Charlotte war fast noch perplexer als ich, sie errötete, und warf sich rasch einen Bademantel über, wortlos stürzten wir beide unser drinks in einem Zug herunter aber selbst der Alkohol konnte mich kaum besänftigen.
Manning: Mike, ich will dich.
Mike: Nein, nein.
Manning: Aber warum nicht.
Mike: Unsere Zeit ist noch nicht gekommen.
Manning: Sag es mir Mike.
Mike: Ich liebe dich.
Manning: Laß uns heiraten, gleich morgen.
Mike: Morgen nicht, aber sehr bald, ich kann nicht mehr lange warten.
Mike: Im nächsten Augenblick lag sie in meinen Armen und küsste mich, ich presste sie so fest an mich, wie ich konnte, dann schob ich sie weg und ging zur Tür.
Mike: Bis morgen, Liebling, ich werde rechtzeitig da sein.
Mike: Noch einen Moment länger, und ich hätte den Verstand verloren, sie war eine wunderbare Frau und die ganze Herrlichkeit gehörte mir. Der Wecker rasselte um 6, ich drosch auf ihn ein, um den Lärm abzustellen, auf meinem Nachttisch stand eine halbvolle Flasche Bier und ich nahm einen Schluck daraus, es war abgestanden wie eine Litfaßsäule, als ich es bis zum Fenster geschafft hatte, sah ich daß die Sonne schien, es war ein strahlend schöner Tag, genau der richtige Tag um aufs Land zu fahren und eine hinreißende Blondine zu treffen, zuerst aber mußte ich mich unbedingt bei Velda melden.
Velda: So früh schon auf.
Mike: Ich habe heute eine wichtige Ermittlung.
Velda: Du solltest deine Sportklamotten mitnehmen.
Mike: Wiebitte.
Mike: Wahrscheinlich konnte sie wirklich hellsehen.
Velda: Marry Bellemy hat angerufen, als besondere Attraktion ist ein Tennismatch vorgesehen, zu diesem zweck haben die Zwillinge extra irgendwelche Tennisgrößen eingeflogen.
Mike: Ach ja.
Velda: Ach ja.
Mike: Sonst noch was.
Mike: Vielleicht wußte sie über die Sache zwischen mir und Charlotte ja auch schon bescheid, sie würde mir ordentlich die Hölle heiß machen.
Velda: Viel spaß, baby.
Mike: Ich war irgendwie erleichtert, als sie auflegte. Das Haus lag inmitten eines riesigen Grundstücks und machte einen prächtigen Eindruck, ich war kaum aus meinem Auto gestiegen, als ich eine wohlbekannte Stimme hinter mir hörte.
Bellemy: Hallo Feigling.
Mike: Hallo Marry.
Mike: Sie führte mich zu den Tennisplätzen, ich war froh unter den Zuschauern Charlotte zu entdecken, sie saß neben Mirna in der ersten Reihe, die beiden waren offensichtlich in ein ernstes Gespräch vertieft, als ich kam, presste Mirna ihre Hand an die Schläfen und sagte, sie müßte kurz ins Haus gehen und sich ein Aspirin holen, in dem Moment kam Ester Bellemy auf uns zu, äußerlich konnte ich kaum einen Unterschied erkennen, und doch war sie ganz anders als ihre Schwester, sie benahm sich höflich und reserviert.
Bellemy: Darf ich ihnen kurz Mr Hammer entführen, ich würde ihn gern einigen leuten vorstellen.
Manning: Aber natürlich.
Mike: Es wäre schön gewesen, einfach so neben Charlotte zu sitzen, ich wäre Ester am liebsten an die Gurgel gesprungen, aber da war etwas, das mich brennend interessierte, ich mußte unbedingt mehr über dieses rote Muttermal wissen.
Bellemy: Sie haben in dem Fall Jack Williams ermittelt, Mr Hammer.
Mike: Nennen sie mich Mike, ich bin nicht an Förmlichkeit gewöhnt.
Mike: Ester hatte ihr Haar zu einer Nackenrolle eingeschlagen, für mich sehen Mädchen mit eingerolltem Haar immer so aus, als bräuchten sie nur noch Eimer und Schrubber, um die Küche aufzuwischen.
Bellemy: Also gut Mike, ich habe mich schon gewundert, daß sie mich nie zu dem Fall befragt haben.
Mike: Das läßt sich ja nachholen.
Mike: Sie führte mich an den Tennisplätzen vorbei in Richtung eines kleinen Wäldchens, ich fragte mich, wo die Leute waren, die mir vorstellen wollte.
Bellemy: Nun, beginnen sie mit der Befragung.
Mike: Der Wald wurde dichter, sie mußte ein Stück vorausgehen, als ich ihre Rückseite sah, fielen mir keine Fragen mehr ein, warum können Frauen einfach nicht aufhören, sich so zu bewegen daß Männer auf abwegige Gedanken kommen.
Mike: Ähm, wovon leben sie eigentlich wenn ich mir die frage erlauben darf.
Bellemy: Unser Vater hat uns seine Anteile an ein paar Betrieben im Süden hinterlassen, wir kommen ganz gut zurecht.
Mike: Das sieht man.
Bellemy: Dafür ist man aber auch ständig von einem halben dutzend Verehrer umgeben, die einem erzählen, wie hübsch man ist, nur weil sie sich das alles hier unter den Nagel reißen wollen.
Mike: Dabei müssen ihre Verehrer nicht einmal lügen.
Bellemy: Sind sie etwa auch auf der Suche nach einer reichen Frau.
Mike: Man könnte glatt auf den Geschmack kommen.
Mike: Wir waren inzwischen auf einer lauschigen kleinen Lichtung angekommen.
Bellemy: Seien sie vorsichtig mit dem was sie sagen.
Mike: Warum.
Mike: Als Antwort hörte ich wie die Druckverschlüsse an ihrem Kleid auseinander klickten, ich zog sie zu mir herüber und küsste sie, dieser Kuß war wie geschmolzene lava, ich konnte sie nicht von mir stoßen und ich wollte es auch nicht mehr, wir waren allein, nur noch das Geräusch unseres heißen Atems, irgendwann öffnete ich wieder die Augen.
Mike: Schwindlerin, du bist nicht Ester, du bist Marry.
Bellemy: Wie hast du das bloß rausgekriegt.
Mike: Soviel ich sehe, ist da weit und breit kein erdbeerfarbenes Muttermal.
Bellemy: Oh baby, ich wußte es doch du würdest es dir nicht nehmen lassen, selbst nachzuschauen.
Mike: Das match war fast vorbei als wir zurückkamen, Charlotte saß immer noch auf ihrem Platz, nur war jetzt ein smarter Jüngling neben ihr, mit dem sie offensichtlich in ein intensives Gespräch verstrickt war, ich wollte gerade meinen Gefühlen freien lauf lassen, als aus dem Haus ein Schreien erklang, daß so schrecklich und mark erschütternd war, daß alle anwesenden erstarrten, ich rannte sofort zum Haus und fand das Hausmädchen am oberen Treppenabsatz, ihre schreckensgeweiteten Augen wiesen auf eines der Zimmer, es war die Garderobe, ich wußte, was mich erwartete, als ich den Raum betrat, auf dem Boden lag Mirna, und in ihrer Brust klaffte das Loch einer 45er.
Manning: Sie wollte sich doch nur kurz ein Aspirin holen.
Mike: Jetzt ist sie tot, und ich hab mit den Killer hier irgendwo direkt vor meiner Nase.
Mike: Es war passiert, während ich mit Marry im Wald gelegen hatte, der Mörder hatte wieder seinen Schalldämpfer benutzt.
Mike: Schaumal Charlotte was ich bei Mirnas Leiche auf dem teppich gefunden habe.
Mike: Ich gab ihr den Umschlag, in dem ich das Pulver mit den Händen hineingekehrt hatte.
Manning: Es ist Heroin.
Mike: Es ist das gleiche Zeug das die polizei auch bei Eilin gefunden hat.
Manning: Vielleicht hat Mirna wieder damit angefangen.
Mike: Das glaub ich nicht, sie hat es gefunden, wahrscheinlich in der Gardarobe, und der Killer hat sie dabei überrascht.
Manning: Ist dir sonst noch etwas aufgefallen.
Mike: Nein, oder doch, unter Mirnas Fingernägeln hatte ich rote Wollfasern entdeckt, aber irgendetwas hielt mich davon ab, es Charlotte zu sagen. Es war weit nach Mitternacht, als ich Charlotte vor ihrem Haus absetzte, sie hatte immer noch Tränen in den Augen, verständlich, sie hatte Mirna gemocht, ich war den Tod gewöhnt, aber ihr mußte das ganze wie ein Alptraum vorkommen, wir küssten uns zum Abschied, dann sah ich ihr nach, wie sie zu ihrer Tür ging, ihr roter Mantel leuchtete in der Dunkelheit, sie drehte sich zu mir um.
Manning: Möchtest du nicht doch noch mit hinaufkommen.
Mike: Hatte ich Pat zuletzt doch geschlagen und ich war glücklich darüber, glücklich, wie könnte ich nur so glücklich sein, zu viele Menschen waren gestorben, ich mußte der Sache ein ende bereiten, jetzt oder nie.
Mike: Ja, Charlotte, warum nicht.
Mike: Ich setzte mich in den Sessel am Fenster und wartete, bis sie mit dem Eis aus der Küche zurückkam, dann sah sie die Magnum in meiner Hand, sie zielte genau auf ihren Bauch, selbst unter dem makeup konnte ich sehen, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich.
Mike: Es hat kein Zweck mehr Charlotte, ich weiß alles.
Mike: In ihren Augen spiegelte sich Verwirrung, niemand außer mir hätte bemerkt, daß sie schauspielerte.
Mike: Angefangen hat alles mit deinem Job, die Leute sind zu dir gekommen, weil sie deine Hilfe brauchten, und du hast ihnen geholfen, in dem du ihnen Drogen gegeben hast, sie wurden von dir abhängig und du hast mächtig abkassiert, über deine Praxis bist du zunächst problemlos an das Zeug rangekommen, aber allmählich gabs Probleme mit dem Nachschub, da lerntest du George Kalecki kennen, gerade zum richtigen Zeitpunkt, während deiner Hypnosebehandlung, vermutlich bist du eine Meisterin darin, hast du jedes schmutzige Detail seines Lebens ans Licht gebracht, damit hattest du ihn in der Hand, und von nun an sorgte er für den nötigen Nachschub an Drogen.
Mike: Ihre Augen waren angstvoll geweitet ich konnte förmlich sehen wie ihr verstand auf Hochtouren lief, sie suchte nach einem Ausweg und schließlich hatte sie ihn.
Mike: Die Informationen, die du über Kalecki hattest hast du alle in einem Schließfach gesammelt und der Schlüssel war zuhause bei dir versteckt, wie ist Eilin nur in den Besitz dieses Schlüssels gekommen, ich habe lange drüber nachgedacht und es eigentlich erst heute kapiert, mußtest du in letzter zeit deinem Mädchen nicht dauernd frei geben, weil seine Mutter krank ist, da warst du froh, als dir von Mirna Eilin als Putzfrau empfohlen wurde und Eilin die von Kalecki vielleicht sogar dafür angeheuert war, entwendete den Schlüssel.
Mike: Der Schrecken war aus ihr gewichen und an seine Stelle trat etwas anders, jetzt kam es, der Ausweg.
Mike: Eilin wollte aussteigen und Kalecki drankriegen, deshalb hat sie Jack kontaktiert, wenn Kalecki auffliegen würde, würdest du auch auffliegen, also mußtest du handeln, nachdem dich dein Hausmädchen ins Bett gebracht hatte, bist du wieder aufgestanden und zu Jack zurück, dann hat du ihn im Schlafzimmer erwischt.
Mike: Ihre Hände glitten langsam an ihrem Körper entlang und umfaßten ihre Brüste, dann tasteten sie nach den Knöpfen ihrer Bluse, sie sprangen auf, einer nach dem anderen.
Mike: Damit hatte das Morden noch lange kein ende, denn George Kalecki blieb ein Unsicherheitsfaktor, also war er der nächste, aber du hast ihn verfehlt, er konnte der Polizei natürlich nicht sagen, daß du auf ihn geschossen hast, sonst wäre er ja mit aufgeflogen, aber an dem Morgen im Park, als ich dachte Kalecki, hätte es auf mich abgesehen, da hat er in Wirklichkeit auf dich gezielt um sein Problem auf diese weise zu lösen.
Mike: Die Bluse rutschte über ihre Schultern zu Boden, sie trug keinen Büstenhalter, ihre Brüste, ihre festen, einladenden Brüste, reckten sich mir entgegen.
Mike: Dann kam Eilin an die Reihe, das war an dem Abend nach unserem ersten Kuß, erinnerst du dich noch.
Mike: Sie öffnete den Reißverschluß ihres Rocks, ganz langsam, um dabei die maximale erotische Wirkung zu entfalten, schälte sie sich aus dem Rock, jetzt blieb nur ein winziger Slip.
Mike: Du hast Glück gehabt, immer Glück, auch bei dem Mord an Mirna, ihr wart vor dem Tennisspiel in ein ernstes Gespräch verwickelt, dabei muß dir klar geworden sein, daß Myrna Verdacht geschöpft hat, sie ging dann hinauf ins Haus, aber nicht um sich ein Aspirin zu holen, sondern um einen Beweis zu finden, und den hat sie in der Tasche deines Mantels gefunden, ja.
Mike: Ihre Daumen schoben sich unter den Bund ihres Slips.
Mike: Dabei hast du sie überrascht, du hast sie erschossen, und versucht, so gut es ging das verstreute Heroin zu beseitigen, dann hast du ihr deinen Mantel aus den toten starren Händen gerissen und dabei sind die roten Wollfäden unter ihren Fingernägeln hängengeblieben.
Mike: Dann stieg sie so graziös aus dem Höschen, wie Venus aus dem Bade, sie war eine echte Blondine.
Mike: Nein Charlotte, kein Gericht würde dich je so verurteilen können, viel zu viel Indizienbeweise, deine Alibis waren zu perfekt.
Mike: Langsam, ganz langsam, kam sie auf mich zu.
Mike: Jetzt bin ich der Richter, und ich muß ein Versprechen einlösen, so schön du bist, und so sehr ich dich fast geliebt hätte, ich verurteile dich zum tode.
Mike: Der Duft, den sie verströmte, war atemberaubender als jedes Parfüm, sie war perfekt, sie streckte ihre Arme nach mir aus und wollte mich umarmen, das donnern meiner Magnum erschütterte den Raum, Charlotte taumelte zurück, einen moment später und sie hätte mich mit ihrer 45er die hinter mir auf der fensterbank in griffnähe lag getötet, aber ich war ihr zuvorgekommen, fassungslos starrte sie mich an.
Manning: Wie konntest du nur.
Mike: Mir blieb nur noch ein Augenblick, aber ich schaffte die Antwort gerade noch.
Mike: Es war leicht.
Mike Hammer (Privatdetektiv): Jürg Löw
Velda (seine Sekretärin): Lisa Adler
Charlotte Manning: Caroline Schreiber
Pat Chambers: Justus Fritzsche
George Kalecki: Horst Mendroch
Marry Bellemy: Myriam Gurland
Bobo Hopper: Steffen Schult
Stirb Kindchen stirb (BR/WDR 1992)
Kriminalhörspiel aus dem 87. Polizeirevier (von Franz Maria Sonner) nach dem Roman Lullaby von Ed McBain
Sprecherin: Mit Detective Steve Carella dem gründlichen.
Carella: Nochmal von vorne, minute für minute, also du steigst die Feuerleiter runter, was siehst du, was hörst du, ich will alles wissen.
Sprecherin: Detective Bert Kling dem Knallharten.
Kling: Oh mann als Cop bist du hier nur das Arschloch.
Sprecherin: Detective Meyer Meyer dem gemütlichen.
Meyer: Ich hab hier ne Hundemarke, Detective Meyer wau wau.
Sprecherin: Der aber auch anders kann.
Meyer: Hör mal zu du Kinderschänder, du verschaffst mir den Aufenthaltsort von Martin Proctor oder ich laß dich hochgehen ist das klar.
Sprecherin: Und Detective Ollie Weeks dem Witzbold.
Weeks: Und denk an die vier großen w, nach dem wo und dem was jetzt das wer und vor allem das wie, hehehe.
Radio: Happy New Year leute, hebt das Glas, amüsiert euch und tanzt, unser junges Jahr ist genau 1 Stunde 15 min alt, jawohl 1 uhr 15 und ihr hört die After Midnight Show in Radio BX Isola und hier baby, hier ist eine ganz heiße Nachricht von einer aufregenden Frau, und sie geht an dich detective Steve Carella.
Carella: Seid doch mal still.
Radio: Ja wo immer du bist, was immer du tust, denk daran, deine Frau die dich liebt und ihr Name ist, du weißt es, denn es kann nur eine sein, deine Frau Teddy, prost Neujahr Steve und auch an euch Jungs vom 87 Polizeirevier hier in Isola, an die detective Bert Kling, Meyer Meyer und Ollie Weeks, die folgende Nummer ist nur für euch Jungs, only you.
Only you…
Proctor: Fuck, ja was haben wir denn da, die Möpse, 50, 20.
Shirley: Oh nimm die Hand da raus, du Ferkel.
Proctor: Holy shit.
Shirley: Tony, rat mal, was ich jetzt mache.
Proctor: Pfoten hoch, und weg von der Tür.
Shirley: Ah.
Proctor: Schnauze.
Tony: Um himmelswillen, Shirley was ist denn.
Proctor: Bleib stehn, verdammt noch mal, bleib stehn, ich leg sie um.
Frau: Halt deine gottverdammte Schnauze.
Tony: Komm laß doch, mach nicht so.
Proctor: Ab ins Bad mit euch.
Frau: Halt die Schnauze, du versoffenes Loch.
Radio: Ihr hört die after midnight show auf Radio Isola.
Ah ah.
Fucking bastards.
Scott: Lorraine wo steckst du, habt ihr lorraine gesehen, lorraine, lorraine bist du das.
Lorraine: Pst.
Scott: Ich dachte schon.
Lorraine: Ich hätte dich verlassen, bringst du mich dann auch um, Scott.
Scott: Ich.
Allan: Mr Hodding, alles in Ordnung da oben, Mr Hodding.
Hodding: Oh ja Allan, danke, Susan ist ok, ruhigen dienst und prost neujahr noch, ich geh wieder feiern.
Allan: Moment noch, Mr Hodding, ich hab noch einen guten.
Hodding: Einen was.
Allan: Spot, vielleicht können sie ihn gebrauchen, also sitzt einer mit ner flasche und aufgeknüpfter hose im sessel, hinter ihm aus dem schlafzimmer sieht man ne blaue Nonne, knöpft dir einmal die blaue Nonne vor, gut was können sie haben mr hodding
Hodding: Danke, lunar ist leider kein Kunde von uns.
Allan: Verdammich, Allan, das ist ein guter, hahaha, du Allan, ich brauch eiscube und dann knöpf ich mir Laura vor.
Hammond: Oh shit.
Baby: Ah.
Annie: Peter bist du das, Peter, wer sind sie, was wollen sie, ah ah ah.
Radio: 8 Uhr midnight, ich bin immer noch da, ihr seid auch noch da, hervorragend, radio px isola.
Mann: Du alte Schlampe, mach diese gottverdammte Tür auf oder ich trete sie ein.
Gayle: Wird das heute noch was mit der Tür.
Hodding: Moment Gayle, einen kleinen moment noch, ja, ich hab einen sitzen, aber schließlich ist das ja eine ganz besondere nacht, nicht wahr, Annie, wir sinds, Annie wir sind zurück, Annie.
Gayle: Polizei, polizei, polizei
Carella: Ich bin det. Steve Carella, erzählen sie ihre Geschichte nochmal, mr hodding
Meyer: Ok hast du sie, dann schreib, Anni Flinn, Babysitterin, 16 Jahre alt, aufgefunden in der Mitte des Korridors, Bluse zerfetzt, Rock bis zum Arsch hochgestreift, Messer in der Brust.
Sie ist tot.
Meyer: Erschossen ja.
Arschloch.
Carella: Mr Hodding.
Hodding: Ja moment, kann mich noch nicht konzentrieren.
Meyer: Messer in der Brust, tod amtlich festgestellt vom Gerichtsarzt Dr Turner.
Hodding: Darf ich mir eine anzünden.
Meyer: Jetzt das baby, hast du es.
Carella: Ja bitte Mr Hodding.
Meyer: Name Susan Hodding alter 6 Monate, Gesicht blau, wahrscheinlich erstickt, tot amtlich festgestellt von Gerichtsarzt Dr Turner, neben dem Bett wahrscheinlich von der Decke ein Mobile aus Metallstäben, äh Steve.
Carella: Moment ja, also Mr Hodding.
Hodding: Wir kamen.
Carella: Ja.
Hodding: Wie schon gesagt vor einer guten stunde, halb drei Uhr etwa von der Party zurück.
Carella: Wo.
Hodding: Ein paar Blocks weiter, Ecke 12. und grover.
Carella: Und die Wohnungstür.
Hodding: Abgeschlossen, ich brauchte ne Zeit reinzukommen weil ich ziemlich blau war, nicht wahr Gayle.
Carella: Und dann.
Hodding: Hab ich Annie auf dem Korridor liegen sehen mit dem Messer in der Brust.
Meyer: Steve.
Hodding: Und dann.
Carella: Ja.
Hodding: Susan, das Kissen lag auf ihrem Gesicht, ich habs weggenommen, das Gesicht war ganz blau.
Carella: Können sie bestätigen, was ihr Mann ausgesagt hat, Mrs Hodding, Mrs Hodding.
Meyer: Hey Steve was ist jetzt, lassen wir das Messer drin oder wie.
Ah ah.
Radio: Good morning Isola, guten morgen im neuen jahr, 5 uhr und 12 minuten.
Mann: Detective Kling, detective Kling, bitte kommen auf 3 bitte kommen.
Kling: Ich kündige.
Radio: Und er wünscht sich, was wir alle uns wünschen, a wonderful world.
Mann: Was ist los verdammt Bert was ist eigentlich los gib doch mal ein lebenzeichen.
Kling: Äh ja hier detective Kling, ich höre.
Mann: Hast du den Arsch endlich hochgekriegt du Penner schalt auf 3 da gehts weiter.
Kling: Ok detective Kling auf 3.
Mann: Also an der Kreuzung concorde und dow street, muß direkt vor deiner nase sein, sollen drei schwarze einen puertorico mit baseballschläger prügeln.
Kling: Na wer sagts denn.
Ah.
Kling: Polizei aufhören auseinander, schmeiß das ding weg.
Oh.
Kling: Hank schmeiß das ding weg.
Mann: Hey laß los, laß das.
Kling: Schmeiß weg sag ich und jetzt schön die Pfoten auf den Kopf, hol nen Krankenwagen.
Herrera: Gracias pornada.
Carella: Polizei aufmachen, Polizei.
Shirley: Jaja Mann was ist denn schon wieder los, das hatten wir doch schonmal, ihr nervt.
Carella: Detective Carella von 87 Revier, Mrs Unger, ich hab ne scheiß Nacht hinter mir, könnte gut sein, daß mir bei so einem Ton der Geduldfaden reißt.
Shirley: Hör mal zu Schätzchen, wir sind heute nach ausgenommen worden und ihr wißt alles von uns um eure gottverdammte Pflicht zu tun, unsere geklauten Sachen wieder beizuschaffen klar.
Carella: Ein Einbruch hier im 6. Stock, wer hat ihn aufgenommen.
Shirley: So ein Lockenköpfen, Willis oder so.
Carella: Willis, aha ok Mrs Unger, jetzt versteh wir uns, ich bin wegen des Doppelmordes bei Hoddings im vierten hier.
Shirley: Was.
Carella: Vielleicht besteht ein Zusammenhang, kann ich jetzt reinkommen.
Radio: Bleibt sauber.
Carella: Nein.
Meyer: Hier, Liebesgrüße vom Labor, Steve.
Carella: Und erzähl schon.
Meyer: Moment
Mann: Was hast du denn da für ne Puppe Ollie.
Weeks: Ne gelbe, ne gelbe nutte ohne bockschein.
Mann: Und wer sagt, daß sie eine ist.
Weeks: Ich sage das.
Meyer: Die Werkzeugspuren am Fenster im 4 und 6 Stock sind nicht identisch.
Carella: Was sagt uns das.
Meyer: Nichts, kann aber trotzdem dieselbe Person gewesen sein.
Carella: Jaja.
Weeks: Also unterstellen wir mal Mädchen, du möchtest weiterhin diese Bar in unserem Revier frequentieren, ja dann soltest du den Detektiven dieser schönen Stadt gegenüber ein gewisses Entgegenkommen zeigen, und mach ich mich verständlich Schätzchen.
Carella: Komm weiter.
Meyer: Sie haben Annie Flinn abgesaugt und Schamhaare einer anderen Person gefunden.
Carella: Und Sperma.
Meyer: Auch das, warte mal.
Mann: Hey Bert, hat dich der Doc wieder auf freien Fuß gesetzt.
Kling: Schon rasiert heute, Tag Ollie.
Weeks: Spuck doch mal durch die Zahnlücke, Bert, Treffer.
Kling: Na Stevie, Meyer.
Meyer: Hi Bert, täusch ich mich oder ist bei dir im Mund bißchen luftiger geworden.
Kling: Paß auf, ich könnt immer noch in deinen feisten Arsch beißen du.
Carella: Was machst du für ne scheiße.
Kling: Was heißt hier scheiße.
Carella: Bert hör zu, hast du ne Aussage von dem Puertoricaner.
Kling: Ja natürlich nicht, der Spiekman, liegt doch im Krankenhaus, hängt an Schläuchen, da ist er auch gut aufgehoben, Stevie, die Sache ist doch klar oder.
Weeks: Vorsicht, Carella ist ein Itaker.
Carella: Bert, du hast zwei schwarze über den haufen geschossen und ich rate dir eine Aussage beizubringen, die deine bestätigt ok.
Kling: Ok ok ok kannst du haben, als cop ist man hier wirklich nur das arschloch.
Carella: Also was weiter.
Meyer: Sie haben frisches Sperma in ihrer Scheide gefunden, aber es hatte sich schon im Uterus und Eileiter ausgebreitet.
Carella: Das heißt.
Meyer: Daß Annie einen Orgasmus hatte, sonst würde die Ausbreitung bis zu 6 Stunden dauern.
Carella: Ja und, die Bluse war zerrissen und der Rock hochgestreift, das paßt auf ihren Exfreund Scott Handler.
Meyer: Das glaub ich nicht, Annie ist ich meine war 16, Scott Handler ist 18, sie gibt ihm den Laufpass ok aber die drohung sie umzubringen, das war doch nur heiße luft.
Carella: Annies vater steht zu der Aussage.
Meyer: Na und, ein teenie im liebesschmerz.
Carella: Wir sollten Scott Handler trotzdem sehen ja, und sonst irgendwelche verwertbare Fingerabdrücke.
Mayer: Nur die von Annie auf dem Messer, das Messer gehört zum Haushalt der Hoddings, eine Gelegenheitswaffe.
Carella: Gut gut gut gut.
Weeks: Gottverdammtescheiße, warum sagt du nicht gleich, daß du von Henry zu kommst los los verpiß dich, raus hier.
Meyer: Guck mal Treffer, zum schluß noch ein Treffer, das Labor hat die Finger-abdrücke auf dem Fensterbrett der Ungers im 6. Stock identifiziert.
Carella: Und wer ist es.
Meyer: Martin Proctor alias Snake alias Mr Smith, ein Junkie und Dopedealer.
Carella: Oh je kann es denn nicht mal ein einbeiniger Albino mit Versetzstimme oder sowas sein.
Meyer: Laß mal Steve, ich hab da ne Idee, Fats Donner ist uns noch was schuldig.
Donner: Snake, Mr Sniff, Dr Proctor, logo kenn ich, werf mir mal das Handtuch für meine Füße rüber, Meyer.
Meyer: Hier.
Donner: Danke.
Meyer: Und wo find ich ihn.
Donner: Du mußt mir nur sagen, welchen der 800 snakes du meinst, da fällt mir ein, im moment nennen ihn sie seine Freunde Rambo und er lebt unter dem Namen Smith in irgendeinem Hotel.
Meyer: Hör mal zu, du kinderschänder, du verschaffst mir den Aufenthaltsort von Martin Proctor oder ich laß dich hochgehen, klar.
Brenda: Hi, ich bin Brenda, was kann ich dir bringen.
Kling: Nett, nett, Brenda, also ich brauche eine große Diätcola mit Eis, ein Thunfisch-sandwich mit Majo, Gurke und Tomate ja und 2 Jellydonatus.
Herrera: Buenas noches, sie gestatten Senior Kling.
Kling: Ja du sitzt ja schon.
Herrera: Eh kaffee.
Brenda: ok
Kling: Sagt mal was soll eigentlich dieses Versteckspiel hier, Herrera, warum kommst du nicht zu mir aufs Revier.
Herrera: Hör zu Kling, ich hab beschlossen, ich helf dir.
Meyer: Komm stecks dir in den Arsch, vor 2 Tagen hätt ichs gebraucht, jetzt ist die Sache gelaufen.
Brenda: So laß es dir schmecken, ich hab dir 3 Donatus mitgebracht, wir haben gerade die Aktion 3für2 laufen.
Kling: Super super.
Herrera: Hey die Sache fängt es an, ich kann dir ein dickes Ding zuschieben.
Kling: Also mir genügt das dicke Ding hier zwischen den Zähnen.
Herrera: Paß auf, die Nigger, die mich plattmachen wollten, das waren Jakies, eine jamaikanische gang, die größte mann, Drogen Mädchen Waffen, kennst du Spengler.
Kling: Na klar.
Herrera: Größer, kennst du Schauer.
Kling: Hm.
Herrera: Noch größer.
Kling: O und wie nennen sich deine schwarzen wunderboys.
Herrera: Hey langsam.
Kling: Hör zu, Herrera, ich stopf jetzt noch diese Donuts rein und dann bin ich weg, ist das klar.
Herrera: Langsam mann langsam, paß auf, am 23 Januar kommt hier ein Schiff an unter irgendeiner Flagge von Skandinavien mit 100 kilo koks an bord, paar kilo von dem dope das tun die weg für test von qualität und wenn das gut geht, ja die jakies geben 1 Mio Dollar.
Kling: So und kannst du jetzt deine ganze story vielleicht noch als reaggie singen, das kommt irgendwie besser, sag mal Herrera was wilst du eigentlich vor mir.
Herrera: o gott, sag mal begreifst du das nicht, Kling, die jackis wollten mich umlegen weil ich von der sache weiß, paß auf, ich geb dir ne chance, ja, ich biet dir die riesen sache, 100 kilo dafür krieg ich Personenschutz.
Kling: Ok kriegst du, bis nächste Woche teilst du mir mit, wo und wie die Sache über die Bühne geht, ja und dann verhandeln wir vielleicht neu über deinen Beschützer, bis dahin Hals- und Beinbruch Herrera, sie waren absolute superklasse baby.
Herrera: Scheiß bulle.
Carella: Ja bitte, ich brauch noch nen Kaffee, also drei Schienen, verstehen sie, die erste, Einbruch Vergewaltigung oder beides, die Morde sind da nur der Nebeneffekt, die zweite, jemand wollte Annie aus dem weg haben, dann ist der Mord an Susan nur eine folge davon, der Einbruch läuft separat, jetzt die dritte schiene, der Mörder wollte das Baby töten.
Hodding: Ein 6 monate altes Kind, warum denn.
Carella: Will ich ja von ihnen wissen, war mit Susan irgendwas Besonderes.
Hodding: Nein, das, ach was, Unsinn.
Carella: Was.
Hodding: Wir haben Susan adoptiert.
Carella: Und das sagen sie mir erst jetzt, wer sind die leiblichen Eltern.
Hodding: Weiß ich nicht, darf ich gar nicht wissen, ist bedingung bei cooper andersen, der Agentur mit der wir das abgeschlossen haben.
Meyer: Ahoi schwester, arbeitet Lorraine Greer hier an bord.
Lorraine: Sieht nicht so aus als wären sie mit ihr verabredet.
Meyer: Ich hab hier ne Hundemarke, detective Meyer wau wau.
Lorraine: Und wen wollen sie anpinkeln.
Meyer: Lorraine, ich suche Scott Handler.
Lorraine: Kenn ich nicht.
Meyer: Mach keine Dummheiten, Lorraine, Falschaussagen kommen teuer, er ist 10 Jahre jünger als du, ok wen kümmerts, aber die Morde.
Lorraine: Annie und das Baby, Scott hat damit nichts zu tun.
Meyer: Wenn er ein Alibi hätte.
Lorraine: Für wann.
Meyer: Anders rum, wo war er in der Silvesternacht.
Lorraine: Ok raus damit, was er vor Mitternacht gemacht hat, weiß ich nicht, und dann waren wir zusammen, von halb eins bis mindestens 4 Uhr.
Meyer: In Ordnung das genügt, sag Scott, er ist aus dem Schneider.
Nellie: Steve, ah da bist du ja, ok Steve wir sind hier komplett, Bezirksstaatsanwalt Bobby Mcananam, sein Assistent Ralf Riegelburger und ich, ich stell dich auf Konferrenz, schieß los Steve.
Carella: Danke Nelly, hi Bobby hi Ralf.
Ralf: Hi Steve, denk an die Baseballkarten.
Bobby: Hi.
Carella: Das mit den Karten geht klar Ralf, ok es geht um den Fall Susan Hodding und Annie Flinn.
Bobby: Irgendwelche Fortschritte.
Carella: Wir reißen uns den Arsch auf Bobby, mehr ist im moment nicht drin ok.
Bobby: Bullshit.
Carella: Ich versteh Bobby so schlecht.
Nellie: Bobby will daß du uns sagst worum es geht, Steve.
Carella: Also, Susan Hodding ist adoptiert worden über die cooper anderson agentur, wenn Susan vorsätzlich ermordet worden ist, dann hat das vielleicht was mit ihren leiblichen Eltern zu tun, ich brauche eine gerichtliche Verfügung um an die Namen zu kommen.
Bobby: Er soll sich verpissen.
Carella: Noch mal Bobby.
Nellie: Bobby meint daß eine solche Verfügung nur ausgeprochen werden kann, wenn gefahr im verzug ist.
Carella: Das ist es doch was ich meine, daß für die leiblichen Eltern gefahr an leib und leben bestehen könnte.
Mann: Ich hab FatsDonner am Telefon mit ner heißen Information sagt er nur an dich
Carella: um das rauszukriegen brauch ich die namen klar momentmal hauab mit dem scheiß, ich hab die ganze staatsanwaltschaft am anderen ende, ich bin wieder da.
Nellie: Reg dich ab, Steve, Bobby sagt, er hat es nicht so gemeint, du bekommst deine Verfügung, nächste Woche.
Carella: Ich brauch sie jetzt.
Nellie: Bobby sagt es ist ok du bekommst sie nächste Woche, machs gut Steve.
Carella: Fickt euch ins knie.
Mann: Ich stell fats donner durch.
Carella: Wichser.
Donner: Bist du noch dicht, Carella oder was ist los, wenn du was von mir wissen willst andern ton ja.
Carella: Du bist in der falschen Vorstellung, tschuldige, was gibts.
Donner: 1146 park street, apartment 34, alles klar.
Meyer: Aufmachen Proctor, polizei.
Proctor: Oh scheiße.
Meyer: Polizei.
Proctor: Die gottverdammten Bullen, wo ist mein wumme.
Meyer: Tritt sie ein Bert.
Proctor: Ich komm sofort, ich noch unter der Dusche, ich bin nackt.
Kling: Das halten wir schon aus, wir haben nämlich starke Nerven, wir haben bloß keine Geduld, ist das klar mann.
Proctor: Ich komm doch gleich, sofort jungs.
Carella: Hey wohin snake, handtuch vergessen, runter von der leiter und rein mit dir.
Kling: Hände hinter den kopf, und da rüber an die wand.
Proctor: Ihr meint es ernst was.
Carella: Bitterernst, snake.
Proctor: Nen mord laß ich mir nicht anhängen von euch.
Kling: Steve gib mir ne viertel stunde du und er wird singen wie ein chorknabe.
Proctor: Ich hab doch alles gesagt, ich hab doch alles gesagt.
Carella: Noch mal von vorn.
Proctor: Oh mann.
Carella: Minute für minute, also du steigst aus dem Fenster, die Feuerleiter runter.
Proctor: Ja die Feuerleiter runter.
Carella: Was siehst du, was hörst du.
Proctor: Ich steig runter, überall wird gefeiert, ich hör Musik, ach ja im vierten wird gerammelt.
Weeks: Nur zu, nur zu, und denk an die großen 4 w, nach dem wo und dem was jetzt das wer und vor allem das wie.
Carella: Hirnschiß oder was Ollie, hau ab wir sind mitten drin.
Weeks: Der Stik wärs nur gewesen, am Telefon für Bert, aber bitte.
Kling: Herrera, das ist mein Mann, den nehm ich mir selbst, wo ist er.
Weeks: Kanal 5.
Carella: Schau mich an Snake.
Proctor: Bitte tun sie mir nichts chef bitte.
Carella: Ach was, wer wir denn, bist ein guter Junge wenn deine Geschichte stimmt, und das kriegen wir raus, verlaß dich drauf.
Proctor: Ich hab ein Alibi, Chef, fragen sie Games, er hat mir hinterher im Eagel noch ein Röhrchen crack verkauft, fragen sie ihn.
Herrera: Ja hallo Kling, hören sie, Küßchen von Consuelo, meinen Freund Kling, geht uns hervorragend, dank ihrem Gorilla, also zur Sache Kling, ich hab da noch zu tun, ok sie kennen die leere Baracke bei el camino real, dort wird der deal über die Bühne gehen, freitag abend 8 Uhr, laß doch mal komm, der Stoff kommt aus Kolumbien und wird in Florida auf ein Schnellboot umgeladen, die Jackies und die Columbianer haben vereinbart, daß zwei von jeder Seite die Sache durchziehen.
Mit den müssen sie doch klarkommen, mensch Kling.
Kling: Oh da freu ich mich aber schon drauf, hast du alles mitgekriegt Ollie.
Weeks: Bin ich taub.
Mann: Hat jemand Steve gesehen, Post von Bobby.
Kling: Bei der Vernehmungszelle, also wie ist denn deine geschätzte Meinung Ollie.
Weeks: Der Hurenbock lügt, kein wort wahr, wenn überhaupt, dann machen so einen großen deal keine jackies, 100 kg, Bert 100 kilo, jackies handeln mit nem pfund, so nen deal macht hier nur einer, und das ist henry zu.
Bidubidu.
Weeks: Ach halt die Schnauze hinten, ich sag dir nur eins, der spick ja, der will selber so ein ding drehen oder er versucht irgendwo aufzuspringen oder arbeitet für ne ganz andere gang oder.
Kling: Quack quack quack du bist vielleicht ein klugscheißer Ollie mit Maul so groß wie Ochsenfrosch.
Carella: Ärger oder was, egal prügeln könnt ihr euch hinterher, ich brauch dich Bert, du fährst zu cooper anderson und besorgst mir den namen von susans leiblichen Eltern, hier ein sesam öffne dich.
Meyer: Unangenehm für sie Hodding, ich habe mich eingehend mit All, dem Portier unterhalten, sie waren in der Wohnung.
Hodding: Ich ja.
Meyer: Soll ich raten was sie da getrieben haben, es war nicht zu überhören, der Laborbefund sagt, daß in Annies Scheide Sperma war, ihr Sperma Hodding.
Hodding: Detective Mayer sie müssen verstehen.
Meyer: Ich versteh nur Verführung Minderjähiger, das Mädchen war gerade mal 16 Jahre alt.
Hodding: Sie wollte es genauso wie ich, es war nicht das erstemal.
Meyer: Du gottverdammter Drecksack du.
Hodding: Ich hab Annie geliebt, ich hab sie wirklich geliebt.
Meyer: Ich nehm dich mit aufs Revier und dreh durch die Mangel.
Hodding: Warum solllte ich denn meine Tochter umbringen, sie Idiot, warum denn, warum sollte ich Annie umbringen, nennen sie mir einen, nur einen einzigen Grund.
Frau: Eins zwei drei vier, jawohl weiter, mehr Schwung, wunderbar, nein Schluß Schluß aus Pause, so geht das doch nicht, Herzchen du bist einfach zu pummelig, Luisa soll dir ein neues Kleid verschaffen.
Carella: Detective Carella, guten Tag Mam, oh, äh hallo ich äh Mrs Monroe ich äh.
Frau: Brauchen sie einen souffleur oder was ist.
Carella: Wo finde ich Joyce Chapman.
Frau: Nicht da, junger Mann, verreist, ja, fragen sie doch Angela Quist dahinten, ist ne Freundin von ihr, Angela komm doch mal her, jemand von der polizei möchte dich sprechen, tschuldigen sie mich, ja komm schon herzchen.
Quist: Ich bin Angela Quist, worum geht es.
Carella: Um das Baby, das Joyce Chapman zur Adoption freigegeben hat, können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten.
Carella: Warum.
Quist: Sie wollte nie ein Baby, sie ist begabt, hat ne Karriere vor sich, Abtreibung kam für sie nicht in frage, darum.
Carella: Und der Vater.
Quist: Weiß nicht, daß er es ist, sie hat ihn unten in Langs Disko kennengelernt, ein Seemann, Joyce war besoffen, hat ihn mit nach Hause geschleppt, das war auch schon, am nächsten Tag war er weg, auf See, hat ein Kind aber kein Nachnamen hinterlassen.
Carella: Ist das in Schauspielerkreisen so üblich.
Quist: Was geht denn sie das an, sie war blau, punkt.
Carella: Wer wußte von dem Kind.
Quist: Wußte.
Carella: Tja sie ist tot, ermordet, der Baby Susan Fall wie die Zeitungen sagen also.
Quist: Ja wer noch, Melissa, Joyce Schwester und ihr Mann Dick, sie haben sich rührend um Joyce gekümmert, als sie schwanger war und haben ihr die Agentur verschafft.
Carella: Und wer sonst.
Quist: Ich glaub sie wollte niemand einweihen nicht mal ihren vater.
Carella: Gut, und wo ist Joyce.
Quist: In Seattle, ihr vater liegt im sterben, leberkrebs.
Carella: Telefon.
Quist: Weiß ich nicht, aber die Nummer müßte leicht rauszukriegen sein, die Chapmans haben dort ein großes Sägewerk.
Hammond: Joyce, joyce.
Joyce: Ah.
Hammond: Pst ganz ruhig, Joyce, ganz ruhig, jetzt tut es dir leid, daß du dein Baby weggegeben hast, nicht wahr Joyce, sieh mal an, 1 mio dollar hätte Susan geerbt, aber Susan ist tot, Joyce, ich habe sie umgebracht und jetzt werde ich dich umbringen Joyce.
Ah ah.
Mann: Hey Bert.
Carella: Ja Vermittlung, Seattle, ja Joyce Chapman, nein nicht wie Charlie, sondern wie Jonny, Chapman ja ich warte.
Weeks: Herrera ist weg.
Kling: Was sagst du.
Weeks: Sammy hats gerade durchgegeben.
Kling: Du ich hau dir die fresse blau wenn du scheiße erzählst.
Weeks: Hör zu Bert, wenn so ein erfahrener cop.
Kling: Ach du Arschgeige du, den kauf ich mir.
Carella: Endlich, ja genau, Detective Carella, Mrs Chapman bitte, wie, was sagen sie, Augenblick mal, Meyer schnell.
Meyer: Ja ich komme.
Carella: Einen moment Mr Hammond, ich stell um, noch mal bitte.
Hammond: Meine Schwägerin Joyce Chapman wurde heute ermordet aufgefunden.
Meyer: Hier spricht Detective Meyer, Mr.
Hammond: Hammond, ich bin mit Joyce Schwester Melissa verheiratet.
Meyer: Ok danke, Mr Hammond, wir sind die zuständigen Beamten, die im Baby Susan Fall, dem ermordeten Kind von Mrs Chapman, ermitteln.
Hammond: Was sagen sie da, Kind von Joyce, sie irren sich, Joyce hatte kein Kind.
Herrera: 5 kg.
50000, ok.
Herrera: Bueno.
Carella: Schaff ihn raus Meyer, ich will mit ihr allein sprechen.
Meyer, komm.
Hammond: Melissa, du verweigerst die Aussage.
Carella: Ach Mr Hammond, das fbi bestätigt, daß die fingerabdrücke auf dem messer identisch sind mit den von Richard Hammond in den Unterlagen der army, danke das wars Meyer.
Hammond: Melissa, melissa, das ist ein schmutziger trick, melissa.
Carella: Ihr Mann lügt Melissa, sie wußten von dem Baby und wir haben seine Fingerabdrücke, Melissa, wissen sie, was das bedeutet, warum hat er, Annie, warum Melissa.
Melissa: Das Mobile, er ist gegen das mobile gestoßen, sie hat es gehört und kam ins Zimmer, sonst würde sie noch leben, es ging ja um das Baby.
Carella: Warum.
Melissa: Vaters testament wir wußten daß erstgeborene kind sollte 1mio dollar erben.
Carella: Ahja.
Melissa: Und als Joyce davon erfahren hat.
Carella: Dachten sie, sie würde ihrem Vater endlich doch von Susan erzählen und deshalb mußte sie sterben.
Melissa: Sie hätte Dick hingehängt.
Carella: Jetzt tun wirs.
Chinese: Alles glatt gegangen.
Hä.
Chinese: Soll sagen, viele glüße von henry schuh.
Ah.
Kling: Halt stehenbleiben polizei, ah ich krieg euch noch ihr gottverdammten chanes auch dich Harry zu, Harrera, hey Joe.
Herrera: Sie geben dir keine reele Chance in diesem verfluchten Land, Kling, auch dir nicht, du kriegst sie nie, du Würstchen.
Och.
And when I got to America, I say it blew my mind…
Peter Voss Steve Carella
Jochen Striebeck Meyer Meyer
Michael Mendl Bert Kling
Ralf Wolter Ollie Weeks
Jim Sampson Discjockey
Saskia Vester Shirley Unger
Rufus Beck Martin Proctor
Hubert Mulzer Peter Hodding
Katharina Müller-Elmau Lorraine Greer
Jockel Tschiersch José Herrera
Mogens von Gadow Fats Donner
Ilse Neubauer Nellie
Esther Hausmann Angela Quist
Peter Kremer Richard Allen Hammond
Bettina von Websky Melissa Hammond
Barbara Zahn Gayle Hodding
Robert Flörke Tony Unger
Martina Boette-Sonner Joyce Chapman
Marc Schulze Scott Handler
Bruno W. Pantel Al / Bobby
Julika Blum Annie
Detlef Kügow Arzt
Matthias Klaussner Jamaikaner/Komparse
Fred Maire Ralph
Marina Dietz Chinesin
Hubert Mulzer Chinese
Martina Boette-Sonner 1. u. 3. Frauenstimme
Ursula van der Wielen 2. Frauenstimme
Veronika von Quast 4. Frauenstimme
Christoph Lindert 1. Männerstimme
Detlef Kügow 2. Männerstimme
Julian Richter 3. Männerstimme/Komparse
Bernd Dechamps 1. Polizist
Ilse Neubauer Sprecherin der An- und Absage
Olaf Danner Komparse
Stefan Wilkening Komparse
Raymond Chandler: Heißer Wind (BR 1966)
Dalmas: Es war ein unerquicklicher Abend, der Wüstenwind fegte durch Los Angeles, einer jener heißen trockenen Santa Anas, die durch die Gebirgspässe der Sierra Nevada herunterstürmen, einem das Haar kräuseln, an den Nerven zerren, und auf der Haut jucken, an Abenden wie diesem artet die friedlichste Bierrunde gern in eine wilde Schlägerei aus, ich saß in der Kneipe im Haus gegenüber, der junge Mann hinter der Theke sah aus, als ob er noch nie in seinem leben einen Schluck zuviel getrunken habe.
Dexter: Ihr Bier bitte.
Dalmas: Danke.
Dexter: Hoffentlich ist es zu ihrer Zufriedenheit eingeschenkt.
Dalmas: Ganz famos sogar, sie haben das lokal erst vor kurzem eröffnet, nicht wahr.
Dexter: Vor knapp zwei Wochen, sie waren doch schon einmal hier, nicht.
Dalmas: Ja stimmt.
Dexter: Wohnen sie etwa in der Gegend.
Dalmas: Gleich gegenüber.
Dexter: Im Berglundhaus.
Dalmas: Ja, mein Name ist John Dalmas.
Dexter: Freut mich, Mr Dalmas, ich heiße Lew Dexter.
Dalmas: Freut mich.
Dalmas: Außer mir war nur noch ein Gast da, ein Trunkenbold, der mit dem Rücken zur Tür auf einem Barstuhl an der Theke hockte und aus kleinen Gläsern reinen Bourbon trank.
Dexter: Kennen sie den.
Dalmas: Nein.
Dexter: Er sollte nach hause gehen, er trinkt schon seine Ration für die nächste Woche.
Dalmas: An einem Abend wie heute, lassen sie ihn doch.
Dexter: Es wird ihm aber nicht gut tun.
Betrunkener: Whisky, hey noch ein whisky.
Dexter: Soll ich.
Dalmas: Was gehts mich an, mein Magen ist es nicht.
Dalmas: Der junge Mann im weißen Kittel groß ihm einen weiteren Whisky ein, ich vermute daß er den Whisky hinter der Bar ein bißchen mit Wasser behandelte, denn als er sich aufrichtete, sah er so schuldbewußt aus als habe er seine Großmutter geschlagen, der Betrunkene merkte es nicht.
Dexter: Ich kann Betrunkene nicht ausstehen, wenn sie sich hier bei mir betrinken schon gar nicht.
Dalmas: Wissen sie was, schreiben sie das groß und deutlich auf ein Plakat und hängen sie es in ihre Auslage, was glauben sie, wie das ihren Umsatz steigert.
Betrunkener: Wo bleibt denn der Whisky.
Dalmas: In diesem Augenblick kam der dritte Gast zur tür herein, ein großer dunkler Bursche, der aussah, als habe er es ziemlich eilig, er ließ seine leuchtenden dunklen Augen schnell durch das Lokal wandern, sah gehetzt aus und irgendwie gespannt, wahrscheinlich machte auch ihm der heiße Wind zu schaffen, er blickte auf den Rücken des Betrunkenen, sah dann mich an, musterte die Halbnischen auf der anderen Seite des Raumes die alle leer waren und wandte sich schließlich an den jungen Man hinter der Theke.
Waldo: Hey, haben sie hier eine Dame gesehen.
Dexter: Eine Dame.
Waldo: Ja, groß, hübsch, braunes Haar, in einer buntbedruckten Bolerojacke über einem Kleid aus blauem Seidenkrep, sie trug so einen breitrandigen Strohhut mit dunklem Samtband.
Dexter: Nein, die Dame war nicht hier.
Waldo: Ach, geben sie mir einen Scotch aber schnell bitte.
Dalmas: Der junge Mann gab ihm den Scotch, der Gast bezahlte, stürzte den Whisky auf einen Zug hinunter, und wollte wieder gehen, machte 3 oder 4 Schritte, und erstarrte vor dem Betrunkenen, der Betrunkene grinste, zog von irgendwo her so schnell daß man nur einen Wischer wahrnahm, eine Pistole, und richtete die Waffe auf den großen dunklen, der regungslos dastand, dann den Kopf etwas zurücknahm und wieder verharrte, die Augen weit aufgerissen, es war eine Pistole mit einem großen Visier.
Waldo: Ah.
Betrunkener: Machs gut Waldo, haha, und ihr beiden haltet gefälligst die Pfoten hoch bis ich draußen bin, der arme Waldo, ich fürchte er hat sich die Nase blutig geschlagen.
Dalmas: Während der Betrunkene seitwärts zur Tür ging, hielt er seine Waffe immerzu auf uns gerichtet, so daß ich nichts unternehmen konnte, auch der junge Mann hinter der Theke bewegte sich nicht, und gab auch nicht den geringsten Laut von sich, erst als die Pendeltür ausgeschwungen hatte, hastete ich hinterher.
Dalmas: Verdammt.
Dalmas: Zu spät, ich sah nur noch die roten Rücklichter um die nächste Ecke verschwinden, die Nummer des Wagens bekam ich genauso mühelos wie meine erste Mio, auf die ich immer noch warte, als ich wieder ins Lokal zurückkam, legte der junge Mann gerade den Telefonhörer auf, ich ging zu Waldo, wie ihn der Killer nannte, und drehte ihn um.
Dexter: Vielleicht ist er noch gar nicht tot.
Dalmas: Wenn einer mit einer 22er schießt, heißt das, daß er keine Fehler macht, da sehen sie die zwei kleinen Löcher in seiner Jacke genau über dem Herzen.
Dexter: Ja ganz deutlich und nur ein paar Tropfen Blut, der Betrunkene verstand sein Handwerk, als Killer mein ich, ah da kommen sie schon…
…
Dashiell Hammett: Das Haus in der Turk Street (WDR 1974)
Tracy: Mein Name ist Tracy, dh es ist einer von vielen Namen die ich mir zugelegt habe im Lauf der Jahre, ich gehöre zu den Leuten, die am liebsten incognito reisen der not gehorchend, wenn sie wissen was ich meine, ich könnte auch sagen es gehört ganz einfach zu meinem Beruf unter falscher Flagge zu segeln, also ich nannte mich Tracy an dem Tag, von dem hier die rede ist und ich war hinter einem jungen Mann her in San Francisco, er war seinen Eltern davongelaufen, sein Vater war Bürgermeister in Tacoma, einem kleinen Nest in Colorado, ich sollte den verlorenen Sohn aufstöbern und zur heimkehr bewegen, möglichst diskret, keine sehr dankbare Aufgabe für einen Detektiv, aber es lag gerade nichts anders vor, der junge Mann sollte in der Turkstreet wohnen in einem ganz bestimmten Abschnitt, das hatte ich inzwischen herausbekommen, aber niemand war in der Lage, mir seine Hausnummer anzugeben, und so klapperte ich denn diesen Teil der Straße ab, klingelte an jeder Tür und sagte immer den selben Spruch auf.
Tracy: Entschuldigen sie madame ich komme von Rechtsanwaltsbüro Wellington und Berkly, mein Name ist Tracy.
Frau: Und sie wünschen.
Tracy: Ach eine Klientin von uns eine ältere Dame ist vorige Woche von der hinteren Plattform einer Straßenbahn geschleudert worden und hat schwere Verletzungen davongetragen, wir suchen einen jungen Mann, der den Unfall mitangesehen hat, seinen Namen wissen wir nicht, aber man hat uns gesagt, daß er hier in der Gegend wohnt.
Frau: Tja hier gibts viele junge Leute, wie sieht er denn aus.
Tracy: Mittelgroß, ungefähr 18 jahre, hellblond, blaue augen, eine narbe auf der stirn.
Frau: Narbe auf der Stirn, hellblond, nein das sagt mir nichts, tut mir leid sir, ich glaube nicht, daß ich den jungen Mann kenne, den sie suchen.
Tracy: Nachdem ich auf der einen Seite der Straßenabschnitts kein Glück gehabt hatte, ging ich auf die andere Seite hinüber, es wurde schon dunkel, kein Vergnügen unter diesen Umständen, diese blöde Sucherei, und wieder alles umsonst, im 1. Haus, im 2, im 3, im 4, niemand kannte den jungen Mann, den ich beschrieb, an der 5. Tür klingelte ich zweimal vergeblich, nichts rührte sich, niemand zu hause, dachte ich und wollte schon weitergehen, da hörte ich Schritte, eine kleine alte Dame öffnete die Tür, ein Strickzeug in der Hand, sie trug eine steifgestärkte weiße Schürze über einem schwarzen Kleid, ihre schon etwas verblichenen blauen Augen zwinkerten vergnügt hinter goldgefaßten Brillengläsern.
Mrs. Quarre: Guten abend, ich hoffe sie sind mir nicht böse daß ich sie so lange habe warten lassen, wissen sie, ich muß immer erst rausgucken und sehen, wer es ist, ehe ich die Tür aufmache, alte Frauen sind änglichst.
Tracy: Tut mir leid, daß ich sie störe madame, aber.
Mrs Quarre: Macht nichts, kommen sie herein.
Tracy: Nein nein ich wollte nur um eine kleine Auskunft bitten, es dauert nicht lange.
Mrs. Quarre: Aber doch nicht hier draußen im Regen, ich möchte, daß sie rein kommen, wenn sie eine Auskunft von mir wollen, mein Tee wird sonst kalt, das können sie nicht verantworten.
Tracy: Ja das sehe ich ein.
Mrs. Quarre: Also kommen sie und ziehen sie den Mantel aus, wir trinken eine Tasse Tee zusammen, dann können sie auch Mr. Quarre befragen, meinen Mann, wenn ich ihnen nicht sagen kann, was sie wissen wollen.
Tracy: Sie nahm mir meinen feuchten Hut ab, hängte ihn an die Garderobe, und wartete bis ich meinen Mantel ausgezogen hatte, dann führte sie mich durch einen schmalen Korridor in ein Zimmer, das nur spärlich beleuchtet war, es war ziemlich groß wie mir schien, aber vollgestopft mit Möbeln und viel Plüsch, eine altmodische Einrichtung mit wuchtigen Polstersesseln und dicken Portieren und in der Ofenecke eine pompöse Stehlampe, in ihrem gelben Lichtkreis saß ein alter Mann, der eine Zeitung las, als wir das zimmer betraten, blickte er auf und erhob sich aus seinem Sessel, eine sehr würdige Erscheinung mit einem dünnen weißen Bart der auf eine weiße Weste herabfiel, sie war genauso steif gestärkt wie die Schürze seiner Frau.
Mrs Quarre: Thomas, ich habe den Herrn gebeten eine Tasse Tee mit uns zu trinken, er möchte uns etwas fragen, ich weiß nicht, worum es geht aber.
Mr Quarre: Bitte nehmen sie doch Platz Mr.
Tracy: Mein Name ist Tracy, ich komme vom RA büro wellington und barkly, wir suchen einen jungen Mann, seinen Namen wissen wir nicht, aber er soll hier in der Gegend wohnen, vielleicht können sie mir weiterhelfen.
Mrs Quarre: Ja wenn sie uns sagen können wie er saussieht, Mr Tracy vielleicht kennen wir ihn, hat er was ausgefressen.
Tracy: Nein, es handelt sich um einen Verkehrsunfall, er war dabei, wir brauchen ihn als Zeugen, eine alte Dame ist vom hinteren Plattform einer Straßenbahn geschleudert worden, sie liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus.
Mrs Quarre: Schrecklich schrecklich die arme Frau, von der Plattform geschleudert, was sagst du dazu, Thomas.
Mr Quarre: Das wundert mich gar nicht, diese Straßenbahn, es ist einfach eine Schande.
Mrs Quarre: Ja immer wieder passiert sowas, meistens in den Kurven, bitte greifen sie zu, Mr Tracy, die kleinen Gewürzkuchen schmecken ganz gut zum Tee.
Tracy: Oh danke, also er soll ungefähr 18 jahre alt sein, mittelgroß hellblond, blaue augen, eine narbe auf der stirn.
Mrs Quarre: Sag mal Thomas, ob das nicht vielleicht der junge Mann ist, der im Haus mit dem Geländer wohnt, ich weiß nicht, ob er eine Narbe hat, aber mittelgroß, 18 Jahre, das könnte stimmen, meinst du nicht auch.
Mr Quarre: Warte mal, das Alter könnte wohl stimmen, die Größe auch, aber hellblond, irrst du dich da nicht meine liebe.
Mrs Quarre: Du hast recht, das hatte ich ganz vergessen, er hat dunkles Haar, na der kann es also nicht sein, ja mein Mann beobachtet alles sehr genau, Mr Tracy, bei ihm sind die an der richtigen Adresse, wenn er sagt, er ist es, dann ist er es auch.
Mr Quarre: Keine Vorschußlorbeeren, meine liebe, noch haben wir ihn nicht, aber wenn er hier in der Gegend wohnt, müßte es uns eigentlich gelingen, ihn zu identifizieren, äh wir müssen mal überlegen, ach übrigens, wir wärs mit einer Zigarre Mr Tracy, damit ihnen die Zeit nicht lang wird.
Tracy: Die Zigarre war gut, ich rauchte und trank meinen Tee, während die beiden sich über die jungen Leute aus der Nachbarschaft unterhielten, zwei waren hellblond, aber der eine war zu groß, und der andere zu alt, sie überlegten weiter, die Liste ihrer Kandidaten wollte kein Ende nehmen, sie gaben sich alle Mühe, wirklich reizende Leute, ich rechnete zwar nicht mehr damit, hier eine Auskunft zu bekommen, die mir weiterhelfen konnte, aber ich saß bequem in meinem Sessel und hatte es nicht eilig in den Regen hinauszugehen, ich war müde und döste vor mich hin, bis ich plözlich zusammenzuckte, ich spürte etwa kaltes im genick, dann hörte ich hinter mir eine Stimme.
Mann: Aufstehen, aber dreh dich nicht um.
Tracy: Das kann nicht wahr sein, dachte ich, ein böser Traum, ich war wie gelähmt, ich wollte aufstehen, aber ich konnte nicht, und warum auch, warum sollte ich aufstehen wenn niemand da war, der mich dazu aufgefordert haben konnte, nein es war ganz unmöglich, die beiden alten Leute redeten immer weiter, sie hatten offenbar nichts gehört und nichts gesehen, ein klarer Fall, ich war eingedöst.
Mann: Los du sollst aufstehen, hab ich gesagt…
…
Ross Macdonald: Schwarzes Blut (WDR 1993)
Mit einer Ölkatastrophe beginnt die Geschichte, in deren Verlauf Ross Macdonalds unheldischer Privatdetektiv Lew Archer immer tiefer in ein atemberaubendes Labyrinth von Lügen, Schuld, Verdächtigungen und Verdrängungen hinabsteigt. Im Zentrum steht die Familie Lennox, Mitglied der US-amerikanischen Öl-Oligarchie und, wie sich herausstellt, ein moralischer Saustall von antikischer Dimension
…
Leo Malet: Die Brücke im Nebel (SWF 1989)
Mein Wagen war in der Inspektion, also nahm ich die Metro ins 13.Arrondissement, hätte mir auch ein Taxi leisten können, aber bis Weihnachten war es noch eineinhalb Monate, außerdem nieselte es hundsgemein, und dann lösen sich die Taxis in Paris bekanntlich in Luft auf, laufen einfach ein sobald sie vom ersten Tropfen naß werden, ich nahm also die metro, setzte mich ins 1.Klasseabteil der Linie eglise de pantin und las noch mal diesen mysteriösen nach billigem Parfüm riechenden Brief, lieber Genosse, ich wende mich an dich auch wenn du flic geworden bist, aber du bist anders als
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Michael Lewin: Der stumme Handlungsreisende (SDR 1998)
Krimizeit aus Studio13: Gut Mr Samson, ich lese ihnen den Text noch mal vor. Schießen sie los. Detektiv zum Spartarif in Großbuchstaben. Ja. Bei Auftragserteilung bis 31. August 10% Rabatt auf alle privaten Ermittlungen auch in Scheidungsangelegenheiten. Finden sie 10% genug. Bitte. Genug Rabatt, würden sie dafür ihre Scheidung vorantreiben. Ich ich bin nicht verheiratet. Naja aber wenn sies wären. Also. Schreiben sie 20%. Ok also 20%. Und die Anzeige ist morgen drin. Ja Sir, ab morgen eine Woche lang. Ich hoffe der Aufwand lohnt sich. Ja das hoff ich auch. Nicht daß ich kurz
…
Jim Thompson: Gefährliche Stadt (NDR/SWF 1996)
…Ich fasse also zusammen Mr Handler, sie haben einen Freund, einen alten, aus der Zeit als sie wildcater waren und nach Öl gebohrt haben, und dieser Freund hat es genau wie sie geschafft, er ist die Treppe raufgefallen. Sie wissen so gut wie jeder hier, daß mich das Öl 40 m durch die Luft gewirbelt hat und daß ich deswegen nicht mehr laufen kann. Entschuldigen sie Mr Handler, ihr freund sitzt also nicht im rollstuhl aber er ist genau wie sie mit einer vielzu hübschen mit einer viel zu jungen frau verheiratet und die möchte jetzt so langsam ihr erbe antreten. Das glaubt er zumindest
…
Cornell Woolrich: Der Mann gegenüber (HR/SWF 1993)
Er ist tot. Ja. Ja, etwas mehr müssen Sie schon sagen, unter Ihrem Fenster liegt ein toter Mann und alles was sie sagen ist ja, wer ist der Mann. Er wohnt gegenüber, er hat seine Frau umgebracht. Was. Er hat seine Frau umgebracht, vorgestern, vorgestern nacht. Er hat seine Frau umgebracht, woher wissen sie das, haben sies gesehen. Nein, aber ich weiß es, er wollte mich auch umbringen. Aber er ist doch tot, nicht sie. Das ist mir auch lieber so. Also jetzt passen sie mal auf, vor genau, moment, vor genau 16 minuten bekommen wir einen Anruf daß aus diesem Fenster hier ein Mann
…
James M. Cain: Der Postmann klingelt immer zweimal (HR 1994)
Gegen mittag warfen sie mich vom Heuwagen, ich war am abend zuvor aufgesprungen, unten an der Grenze, sackte gleich ab, ich war hundemüde nach den 3 Wochen in Tijuana und als sie hielten um den Motor abzukühlen sahen sie meinen Fuß herunterhängen, immerhin sie gaben mir noch eine Zigarette. Sag mal chef ist nicht zufällig einer im nem hellgelben Cadillac vorbeigekommen. Ich machte mich auf die Socken, um was eßbares aufzutreiben. Heute. Ja. Und so kam ich zu dir Cora nach twin oaks. Heute nicht, willst du was essen, tja ich kann ja schon mal anfangen also Orangensaft
…
Der Joker (SWF 1988)
Ein Kriminalhörspiel nach Motiven von Edgar Wallace
Manuskript: Florian Pauer
Higgins: Guten Morgen, Ann.
Ann Pattison: Ich darf Sie darauf hinweisen, daß es bereits viertel vor elf ist, haben Sie verschlafen, Inspektor?
Higgins: Und wenn es so wäre? Ist Sir John schon da?
Ann Pattison: Allerdings.
Sir John: Ann Pattison, ist Higgins endlich da?
Ann Pattison: Ja, Sir John, er ist soeben gekommen.
Sir John: Dann schicken Sie ihn sofort rein.
Ann Pattison: Ja, Sir John. Sehen Sie, er wartet bereits seit zwei Stunden auf Sie. Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, dann seien Sie heute freundlich zu ihm. Er ist nämlich gestern zum dritten Mal bei der Fahrprüfung durchgefallen und hat eine fürchterliche Laune.
Higgins: Ja, wie gewöhnlich. Also dann werde ich mich mal in die Höhle des Löwen wagen. Guten Morgen, Sir.
Sir John: Ah, da sind Sie ja endlich Higgins, guten Morgen, ja, jetzt beantworten Sie mir einmal eine Frage. Bin ich Verkehrspolizist oder Chef von Scotland Yard?
Higgins: Selbstverständlich der Chef von Scotland Yard, Sir.
Sir John: Schön, schön, dann erklären Sie mir einmal, wieso ein einfacher Verkehrsunfall auf meinem Schreibtisch landet.
Higgins: Ein Verkehrsunfall auf Ihrem Schreibtisch?
Sir John: Ja, ein Verkehrsunfall, sag ich doch. Ein Mann wurde vorgestern Nacht von einem wahrscheinlich betrunkenen Autofahrer angefahren und getötet, der anschließend Fahrerflucht beging, das übliche halt. Heutzutage fährt ja alles schon Auto, jeder Idiot bekommt ja einen Führerschein, und wenn’s kracht, belästigt man jetzt schon mich damit, als ob wir hier nicht genügend andere Probleme hätten.
Higgins: Ja, sehr bedauerlich, wirklich. Übrigens, haben Sie gestern Ihre Fahrprüfung bestanden, Sir John, darf man gratulieren?
Sir John: Äh nein, nein, nein, es gab da ein Mißverständnis, der Prüfer war so ein sturer Hund, äh, Sie kennen ja diese Sorte, aber im Moment beschäftigt mich diese andere Sache.
Higgins: Sir John, diese Angelegenheit ist keine Lappalie. Ich habe gestern abend diesen sogenannten Verkehrsunfall und seine Begleitumstände etwas genauer unter die Lupe genommen, ich habe den Eindruck, daß sich bereits einige Reporter unsere Köpfe zerbrechen.
Sir John: Was soll das heißen?
Higgins: Haben Sie schon die heutige Ausgabe des Daily Mirror gelesen?
Sir John: Nein, nein, nein.
Higgins: Ich darf zitieren: Wieder tödlicher Unfall mit Fahrerflucht, Experten glauben nicht mehr an Zufall.
Sir John: Und?
Higgins: Sir, ich habe mit den Kollegen vom Unfallkommando gesprochen, die Sache von vorgestern Nacht ist bereits der vierte Autounfall mit tödlichem Ausgang und anschließender Fahrerflucht innerhalb weniger Wochen, und das immer in der Nacht. Von Augenzeugen, so es welche gibt, wird zumeist eine dunkle Limousine erwähnt, und diesmal haben wir die Aussage einer Frau, die mir doch sehr zu denken gibt. Nach ihren Angaben hat die dunkle Limousine in einer Seitenstraße vom Kensington Park gewartet und war dann mit voller Absicht auf den Mann zugerast.
Sir John: Sind Sie sicher? Das wäre ein glatter Mordanschlag.
Higgins: Die Frau konnte nicht schlafen und stand am Fenster, dadurch bekam sie alles genau mit, wir haben ihre schriftliche Aussage.
Sir John: Ja, ist ja ungeheuerlich.
Higgins: Ja, es ist ungeheuerlich, aber es ist noch nicht alles. Der Mann von vorgestern Nacht hieß Jugent Pelford, ein alter Kunde von uns, wir haben ihn in unserer Kartei, er hat einige Jahre in Dartmoor abgesessen.
Sir John: Ja, ja, und?
Higgins: Das hat mich stutzig gemacht. Ich habe mir die Dossiers der anderen ungeklärten Autounfälle angesehen, wissen Sie, wer die Opfer waren? Mike Brett, Piet Fletcher, Derrick Hardley, allesamt schwere Jungs, hier ein Raubüberfall, da ein Todschlag, und so weiter und so weiter, man könnte meinen, hier hat jemand die halbe Londoner Unterwelt ins Visier genommen.
Sir John: Moment, Higgins, ich gebe ja zu, daß das alles sehr auffällig ist, aber ich würde keine voreiligen Schlüsse ziehen. Bei den vielen hundert Verkehrstoten, die wir Jahr aus Jahr ein haben, kann es auch nichts weiter als ein böser Zufall sein, vielleicht hat die Zeugin auch eine etwas lebhafte Fantasie.
Higgins: Möglich, Sir, aber nachdem, was ich bis jetzt in Erfahrung bringen konnte, kann ich nicht mehr an Zufall glauben, Sir John, aber das beste kommt noch. Bei Pelford, also dem Toten von vorgestern Nacht, fand man das.
Sir John: Was ist das?
Higgins: Eine Spielkarte, ein Jolly Joker, mit einem handschriftlichen Vermerk, Montag 22 Uhr, man fand sie in Pelfords Brieftasche. Fällt Ihnen etwas auf, Sir John?
Sir John: Sprechen Sie nicht in Rätseln, was meinen Sie damit?
Higgins: Vorgestern war Montag, und gegen 22 Uhr 30 wurde Pelford…
Sir John: Überfahren.
Higgins: Ich würde sagen, ermordet, Sir John, und das ist meine feste Überzeugung.
Sir John: Das ist bis jetzt nur eine Hypothese, und zwar Ihre Hypothese, Higgins, aber gut, bleiben Sie an dem Fall dran, Sie haben meine volle Unterstützung. Übrigens habe ich diesmal einen Assistenten für Sie.
Higgins: Wie bitte? Einen Assistenten für mich?
Sir John: Ja, Superintendant Lane, Sir Eric hat ihn uns geschickt, eine Leihgabe aus Nottingham sozusagen, gehen Sie nur ins Nebenzimmer, er wartet schon auf Sie.
Higgins: Einen Assistenten.
Lane: Hallo.
Higgins: Hallo. Sie sind Superintendant Lane.
Lane: Für Sie Barbara. Sind Sie sehr enttäuscht, Chiefinspektor?
Higgins: Nein, nein nein, keineswegs, so angenehme Überraschungen sind bei uns im Haus wahrlich nicht alltäglich, also kann ich nur sagen, willkommen in London.
Lane: Danke.
Higgins: Sagen Sie, wieso wurden Sie uns zugeteilt, Sir Eric konnte doch von unserem Problem noch nichts wissen.
Lane: Nein, das konnte er auch nicht, aber ich weiß eigentlich auch nicht, worum es geht. Nachdem ich diesen Ken Russel hinter Schloß und Riegel gebracht hatte, wurde es in Nottingham ein wenig langweilig, und Sir Eric meinte, ein Klimawechsel könnte mir sehr gut tun.
Higgins: Ken Russel, den haben Sie aus dem Verkehr gezogen, den Mann, der mit Computermanipulationen 8 Millionen Pfund ergaunert hat?
Lane: Genau den.
Higgins: Mein Kompliment.
Sir John: Na, haben Sie sich schon angefreundet?
Higgins: Danke Sir.
Ann Pattison: Sir John.
Sir John: Ja?
Ann Pattison: Entschuldigen Sie die Störung, Sir John, aber da draußen ist jemand, der Inspektor Higgins sprechen möchte.
Sir John: Wer denn?
Ann Pattison: Ein gewisser Mr. Reynolds.
Higgins: Etwa Billy Reynolds?
Ann Pattison: Ja.
Higgins: Rein mit ihm.
Ann Pattison: Ja. Sie sollen reinkommen.
Reynolds: Inspektor?
Higgins: Sieh mal einer an, daß Sie mir in meinem Leben noch einmal ohne Handschellen gegenüberstehen würden, hätte ich auch nicht gedacht, Reynolds.
Reynolds: Sehr witzig, Inspektor. Ich möchte das hier abliefern.
Higgins: Interessant. Sir, sehen Sie sich das einmal an.
Sir John: Was ist denn das, Higgins? Ist das die Beute aus dem Serapju-Coup?
Lane: Serapju-Coup?
Higgins: Ja. Sie sollten wissen, Kollegin, vor etwa zwei Monaten gab ein jordanischer Ölscheich eine Galaparty auf seinem Landsitz hier in der Nähe von London. Nachdem die Gäste gegangen waren, war er um Juwelen im Werte von 300.000 Pfund erleichtert. Dieser Gentleman, der jetzt so reumütig vor uns steht, war daran offenbar nicht ganz unbeteiligt. Saubere Arbeit, Reynolds, aber soweit ich das auf den ersten Blick sehe, ist das nur die Hälfte der Juwelen.
Reynolds: Mir wäre auch wohler in meiner Haut, Inspektor, wenn ich alles zurückgeben könnte.
Higgins: Mein lieber Reynolds, Sie werden mir doch zustimmen, wenn ich sage, daß Sie uns eine Erklärung schuldig sind, oder?
Reynolds: Ja. Sehen Sie sich das an, Inspektor.
Higgins: Das wäre also die Nummer zwei. Glauben Sie immer noch an Zufall, Sir John?
Lane: Ja was ist denn das? Eine Spielkarte, eine Jolly-Joker-Karte. Was steht da? Donnerstag 18 Uhr, bleiben Sie am Telefon, J.
Sir John: Ja und was soll dieses J. bedeuten?
Higgins: Reynolds, haben Sie das Diamanten-Ding etwa mit Pelford gedreht?
Reynolds: Ja, aber Pelford ist tot, und deshalb bin ich hier. Sie sind verpflichtet, mich zu schützen, Inspektor, mein Leben ist bedroht.
Ann Pattison: Sir John, es ist Zeit für Ihre Tabletten.
Sir John: Aber jetzt doch nicht, alles der Reihe nach.
Ann Pattison: Aber Sir John.
Sir John: Reynolds, was soll dieses J. bedeuten?
Reynolds: Das J steht für Joker. Noch nie von ihm gehört? Er terrorisiert seit Monaten die gesamte Londoner Unterwelt. Seine Methode ist einfach und sicher zugleich. Wenn irgendwo ein Ding gedreht wird, ist er der erste, der davon Wind bekommt, und mit Morddrohungen erpreßt er die Herausgabe von 90 Prozent der Beute. Keiner, der darauf nicht eingegangen ist, hat überlebt.
Higgins: Gehörten Mike Brett und Piet Fletcher auch dazu?
Reynolds: Fletcher? Hat’s den etwa auch erwischt? Von Brett wußte ich’s, aber von Flechter…
Higgins: Fletcher wurde vor ungefähr 14 Tagen von einem Auto angefahren und tödlich verletzt.
Reynolds: Der also auch. Pelford und ich hatten noch vor nicht allzulanger Zeit im Montmartre mit ihm gesprochen. Allerdings verstehe ich das nicht ganz, Fletcher war doch bereit, auf die Forderung des Jokers einzugehen.
Sir John: Sie sagen, der Joker ist der erste, der von einem Coup erfährt, Mr. Reynolds, woher weiß er es?
Reynolds: Tja, er weiß es eben.
Lane: Tja, und seit dem Serapju-Coup hat er nun Sie im Visier.
Reynolds: Sie sagen es. Pelford war dagegen, den Erpressungen des Jokers nachzugeben, wir teilten die Beute und trennten uns, aber weit ist er ja nicht gekommen, und ich bin wahrscheinlich der nächste!
Higgins: Hören Sie zu, Reynolds, wir werden Ihnen helfen, in Ihrem Interesse, aber bevor wir das tun, eine Frage, da Sie ja mit der Londoner Unterwelt so intim befreundet sind, gibt es einen Anhaltspunkt, irgend ein Indiz, wer der Joker sein könnte?
Reynolds: Nein, das einzige, was wir wissen ist, daß er diese dunkle Limousine fährt, n’ schwarzen Jaguar.
Lane: Wann will er mit Ihnen wieder Kontakt aufnehmen?
Reynolds: Donnerstag, also morgen um 18 Uhr, steht ja auf der Karte.
Higgins: Wo wohnen Sie?
Reynolds: Wir hatten ein Zimmer im Eastend gemietet.
Higgins: Schön, dann fahren Sie dorthin, Sie bekommen zwei Mann Begleitung, einen in die Wohnung, einer bleibt unauffällig vor Ihrem Haus. Wenn sich der Joker meldet, gehen Sie auf seine Forderung ein, den Rest erledigen wir.
Reynolds: Was haben Sie vor?
Higgins: Wahrscheinlich sollen Sie die Juwelen irgendwo deponieren, entweder an einem entlegenen Ort oder mitten in der Stadt, wo der Joker im Verkehrsgewühl rasch wieder untertauchen kann. Sie hinterlegen jedenfalls das Zeug, wo immer er will, und verschwinden dann so rasch wie möglich, wenn er’s abholt, schnappen wir ihn uns.
Lane: Glauben Sie wirklich, daß er persönlich kommen wird?
Higgins: Auch wenn er nur einen Mittelsmann schickt, bringt uns das weiter. Nach unserer bisherigen Kenntnis seiner Arbeitsmethode dürfte er wohl kaum viele Mitarbeiter haben. Je weniger seine Identität kennen, desto sicherer kann er sich fühlen. Ihr Telefon, Reynolds, werden wir selbstverständlich auch abhören.
Reynolds: Und Sie können meinen absoluten Schutz garantieren?
Sir John: Ja ein bißchen was müssen Sie schon riskieren, Reynolds, wenn Sie aus der Sache mit einem blauen Auge rauskommen wollen. Bisher waren Sie ja auch nicht zimperlich.
Reynolds: Nein, aber der Joker…
Higgins: Der Joker, der Joker, der Joker. Der Joker ist auch nur ein gewöhnlicher Krimineller und kein Phantom. Und je schneller wir diesem Spuk ein Ende bereiten, um so besser für alle Beteiligten, ja ja, sonst macht Sir John seinen Führerschein nie.
Sir John: Nanananananana, untergraben Sie da nicht meine Autorität vor diesem Gaunerpack, Higgins, mein Führerschein geht nur mich etwas an.
Sir John: Reynolds ist tot? Higgins, wie konnte das passieren? Es war doch alles bis ins kleinste Detail vorbereitet!
Higgins: Richtig, Sir, Reynolds sollte die Juwelen in der Telefonzelle am Haymarket hinterlegen und sofort verschwinden.
Lane: Und daß dieser Reynolds 10 Meter vor der Telefonzelle niedergeschossen wird.
Higgins: Daß hat doch niemand erwarten können, Sir, daß der Joker die Beute sausen läßt und Reynolds liquidiert.
Sir John: Dieser Joker… was ist?
Ann Pattison: Es ist Zeit für Ihre Tabletten.
Sir John: Dieser Joker scheint allgegenwärtig zu sein.
Ann Pattison: Sir John.
Lane: Oder er hat einige brillant getarnte Spitzel.
Sir John: Sie sagen es, Miss Lane. Higgins, wir haben jetzt 5 Tote, und keinen einzigen brauchbaren Anhaltspunkt. Ich muß dem Minister Rede und Antwort stehen und Sie scheinen Jolly-Joker-Karten zu sammeln.
Higgins: Wir müssen dort weiterarbeiten, wo Reynolds aufgehört hat.
Sir John: Reynolds ist tot.
Higgins: Richtig Sir, Reynolds ist tot, auch Pelford und Fletcher. Sir John, können Sie sich erinnern, was Reynolds über Fletcher sagte, er und Pelford hätten zuletzt miteinander im Montmartre gesprochen, das scheint ein Pup zu sein oder irgendein Restaurant.
Sir John: Jaja, das ist so ein Nobelnachtklub irgendwo in Finsbury, wird ja nicht allzu schwierig sein, das herauszufinden.
Higgins: Ganz recht, Sir, also kommen Sie, Barbara, wir machen uns einen netten Abend. Sir John.
Lane: Sir.
Kellner: Was darf’s sein?
Lane: Ein Wodka Martini mit viel Eis, bitte.
Higgins: Für mich einen doppelten Scotch.
Kellner: Jawohl Sir.
Higgins: Rauchen Sie?
Lane: Danke nein.
Higgins: Aber ich doch.
Lane: Ganz schön was los hier.
Higgins: Ja, aber lassen Sie sich von der Schickeria nicht täuschen, soweit ich es auf den ersten Blick gesehen habe, sitzen hier mindestens 300 Jahre Dartmoor auf einem Haufen.
Lane: Oh wie beruhigend.
Kellner: Ihre Getränke.
Higgins: Danke.
Lane: Und Sie meinen, daß hier ist die richtige Adresse, um an den Joker heranzukommen.
Higgins: Ich hoffe es. Immerhin verkehrten hier Reynolds, Pelford und Fletcher. Außerdem.
Lane: Ist was?
Higgins: In der rechten hinteren Ecke sitzen fünf Männer an einem Tisch, sehen Sie hin, aber unauffällig. Der Graumelierte mit dem Bürstenhaarschnitt, der sein Gesicht halb abgewandt hat, kennen Sie ihn?
Lane: Hm. Irgendwie kommt er mir bekannt vor.
Higgins: Ja, das ist Tom Silkwood. Hm, im Yard hat er den Spitznamen der Amerikaner.
Lane: Aha, und was wissen Sie noch über ihn?
Higgins: Ja, er wurde in den 50er Jahren aus England ausgewiesen, hat einige tolle Dinger gedreht, nur beweisen konnte man ihm nie etwas. Er ging dann nach Amerika, wo er mit der gleichen Methode arbeitete, gut ein halbes Dutzend Mal wurde Anklage gegen ihn erhoben, er wurde aber mangels Beweisen immer wieder freigesprochen. Man sagt ihm drüben übrigens gute Kontakte zur Mafia nach.
Lane: Und warum gibt es uns jetzt wieder die Ehre?
Higgins: Hm, wahrscheinlich ist er mit falschem Paß eingereist, aber wir werden das überprüfen. Wo Silkwood auftaucht, steckt meistens mehr dahinter als ein paar Tage Urlaub, er plant seine Coups generalstabsmäßig.
Lane: Schade, daß man nicht hören kann, was die da miteinander reden.
Higgins: Tja. Und wie gefällt Ihnen das Lokal sonst?
Lane: Hm, sonst, also der Martini Wodka ist passabel, die Einrichtung muß sündhaft teuer gewesen sein, also, so ganz recht mit ihren 300 Jahren Dartmoor haben Sie nicht, da kommt Sir Donald, Abgeordneter im Unterhaus.
Higgins: Bleiben wir bei der Einrichtung. Fällt Ihnen nichts auf?
Lane: Hm, die blaue Marmorkatze da an der Wand scheint mir ein wenig zu extravagant, die auffälligen Blumengestecke auf jedem Tisch.
Higgins: Eben. Man kann sie offenbar nicht verrücken.
Lane: Tatsächlich.
Higgins: Ich muß immer wieder an Reynolds denken, er hat eine Gaunerkarriere hinter sich, die sich wirklich sehen lassen konnte, und seine Komplizen waren auch mit allen Wassern gewaschen, aber auf die Frage, woher der Joker seine Informationen beziehen könnte, sagte er bloß, ja, er weiß es eben. Nein nein, dahinter muß ein ebenso einfacher wie raffinierter Trick stecken.
Lane: Ich beginne zu ahnen, was Sie meinen, Chiefinspektor.
Higgins: Tja, heute können wir hier sowieso nichts mehr tun, die beiden Streifen müssen ohnehin bald da sein, und Sie Barbara, sehen Sie bitte zu, daß Sie morgen etwas über diesen Laden hier in Erfahrung bringen können, wem er gehört, wie der Barmixer heißt, usw. usw.
Lane: Geht in Ordnung. Danke für den Drink, Chief.
Higgins: Oh, keine Ursache.
Ann Pattison: Verzeihen Sie die Störung, Sir John, hier ist jemand, der Chiefinspektor Higgins sprechen möchte.
Sir John: Wer ist das denn?
Ann Pattison: Ein gewisser Mr. Harras.
Higgins: Kenn ich nicht.
Sir John: Ja, soll hereinkommen.
Ann Pattison: Ja. Bitte, Mr. Harras.
Higgins: Mein Name ist Higgins, Sie wollten mich sprechen.
Harras: Ja, mein Name ist Harras, Josua Harras, ich bin Portier und Sekretär im Home of Peace, einem sehr angesehenen Pflegeheim für alte Leute in West Kensington.
Sir John: Ja, nehmen Sie doch bitte Platz, Mr. Harras.
Harras: Dankeschön.
Sir John: Was führt Sie zu uns?
Harras: Ja sehen Sie, in den letzten Tagen tauchten in den Zeitungen immer wieder Meldungen von äußerst mysteriösen Autounfällen auf, es wird das Gerücht kolportiert, daß es sich dabei nicht um gewöhnliche Unglücksfälle, sondern um Mordanschläge handelte.
Higgins: Erzählen Sie weiter, Mr. Harras.
Harras: Die Fotos der Opfer wurden in den Zeitungen abgebildet, und ich kenne zwei von ihnen. Äh, bei dem einen war ich mir erst nicht so sicher, sehen Sie, ich habe die betreffenden Artikel mitgenommen, von dem einen Mr. Pelford glaube ich, daß er einmal kurz bei uns zu Besuch gewesen ist, vom zweiten Mr. Fletcher, weiß ich es jedoch ganz bestimmt.
Higgins: Wann was das?
Harras: Das war vor ungefähr drei Wochen. Mr. Fletcher kam eines Vormittags zu uns und verlangte an der Rezeption ziemlich schroff Lady Smith zu sprechen. Sie müssen wissen, Lady Smith ist die Leiterin des Sanatoriums. Ich bat ihn also weiter ins Büro, nachdem ich Lady Smith von seinem Kommen informiert hatte, und sie ließ ihn kommentarlos eintreten. Ich konnte dann feststellen, daß hinter der verschlossenen Tür eine ziemlich heftige Debatte stattfand. Nach etwa 10 Minuten verließ Mr. Fletcher mit rotem Kopf das Büro und fuhr grußlos in seinem Wagen fort.
Higgins: Haben Sie mitbekommen, worum sich das Gespräch drehte?
Harras: Aber Mr. Higgins, ich pflege nicht an Türen zu lauschen.
Higgins: Ja, ja ja, ich bin davon überzeugt, Mr. Harras, aber da Sie selbst sagten, daß das Gespräch ziemlich heftig verlief, könnte es doch sein, daß Sie, ohne natürlich zu beabsichtigten, ein paar Worte aufgeschnappt haben.
Harras: Ja, ich glaube etwas von Unterbieten gehört zu haben und äh Schweinerei.
Sir John: Ja, das ist ja alles nicht sehr informativ.
Higgins: Namen fielen keine?
Harras: Ich habe keinen gehört, Inspektor.
Higgins: Sehr viel ist das nicht, was Sie uns zu berichten haben, Mr. Harras, aber wir werden der Sache auf den Grund gehen.
Sir John: Higgins, wenn Sie in jeder Bude nachsehen, wo die Kerle einmal vorbeigeschaut haben, kommen Sie nie ans Ziel.
Harras: Bude? Ich bitte Sie, Sir, ich habe nur getan, was ich für meine Pflicht hielt, nämlich Sie davon in Kenntnis zu setzen.
Higgins: Is ja gut, ist alles gut, wir sind Ihnen auch sehr dankbar. Guten Tag.
Sir John: Moment, Moment mal Mr. Harras, wo sagten Sie, liegt dieses Sanatorium?
Harras: In West Kensington, nahe der North End Road.
Sir John: Das ist eine noble Gegend.
Harras: Allerdings.
Sir John: Warum glauben Sie, kamen Pelford und Fletcher ins Sanatorium, hatten sie Verwandte im Heim oder wollten sie direkt zu Lady Smith?
Harras: Also, Pelford hab ich nur das eine Mal gesehen, was Mr. Fletcher betrifft, so kann ich das nicht beurteilen, äh, Sie müssen wissen, daß ich erst seit 5 Monaten im Home of Peace arbeite.
Sir John: Also, Mr. Harras, es war sehr freundlich von Ihnen, daß Sie zu uns gekommen sind, aber genaugenommen sind Ihre Angaben zu dürftig, Sie müßten uns schon eindeutigere Hinweise geben, daß die Besuche von Mr. Pelford und Mr. Fletcher in Zusammenhang mit deren ungewöhnlichem Ableben stehen, ich schlage vor, Sie verschaffen sich einen genaueren Einblick in die Akte, und wenn Sie etwas finden, wovon Sie glauben, daß es von Bedeutung ist, dann kommen Sie wieder zu uns.
Harras: Ich werde mein Bestes tun, Sir.
Sir John: Merkwürdig, das ganze, Higgins.
Higgins: Ja, wenn ich ehrlich bin, zu denken gibt mir die Sache schon. Hm, da jagen wir diesem verdammten Geisterwagen nach, dessen Fahrer wir nicht kennen, wir haben ein halbes Dutzend Tote, die wahrscheinlich alle auf sein Konto gehen, und dann kommt so eine lächerliche Figur wie Harras zum Yard und behauptet aus heiterem Himmel, er kenne Pelford und Fletcher.
Sir John: Jaja, Sie machen das schon, Higgins.
Higgins: Genau Sir John und ebendarüber muß ich mit Ihnen ein ernstes Wort reden.
Sir John: Aber Higgins, ich bin um halb sechs im Klub verabredet.
Higgins: Ich bitte Sie um 5 Minuten, Sir. Als Sie mir den Fall übertrugen, sagten Sie mir volle Unterstützung zu.
Sir John: Ja die haben Sie ja. Sonst noch was?
Higgins: Wie ich Ihnen schon berichtete, Sir, war ich gestern im Montmartre.
Sir John: Ja, und seitdem werden der Amerikaner, dieser…
Higgins: Silkwood.
Sir John: Silkwood, ganz recht, und seine Leute rund um die Uhr beobachtet, und das Lokal auch.
Higgins: Das genügt mir nicht, ich will einen Durchsuchungsbefehl.
Sir John: Was denn, Sie wollen mit meinen Beamten das Montmartre auf den Kopf stellen?
Higgins: Sir John, Pelford, Reynolds, Fletcher, sie alle verkehrten dort, und sie alle kamen auf die Abschußliste des Jokers.
Sir John: Jaja ich weiß, aber ihnen ist vielleicht entgangen, daß dort auch ehrenwerte Mitglieder unserer Londoner Gesellschaft ihre Abendstunden zu verbringen pflegen, Politiker, Richter, Anwälte. Mein guter Freund Sir Donald zum Beispiel.
Higgins: Ja, er war gestern abend auch dort, mir kommen die Tränen. Wenn wir wirklich etwas gegen den Joker unternehmen…
Sir John: Ich will kein Wort mehr hören, Higgins, tun Sie, was Sie nicht lassen können, aber ich werde es nicht zulassen, daß Sie dort Ihre Privatfete starten, bevor Sie mir handfeste Beweise auf den Tisch legen. Vorher sind das alles nur Vermutungen.
Higgins: Verstehe, Sir John, wenn ich erst mal auf meine Weise ein paar fette Indizien beschafft habe, dann stehen Sie ja ganz loyal zu Ihren Chiefinspektoren.
Sir John: Wie meinen Sie?
Higgins: Nein, nichts, ich wünsche einen schönen Abend.
Sir John: Ja wohin wollen Sie?
Higgins: Ich habe heute noch ein wichtiges Arbeitsessen vor mir, mit Superintendant Lane, man muß sich ja schließlich einmal kennen lernen, die Rechnung bekommen Sie morgen.
Lane: Hm, sagen Sie, Chiefinspektor, führen Sie Ihre Assistenten immer so vornehm aus?
Higgins: Bin ich Krösus? Hm, ich erinnere mich, wir hatten einmal einen Sergeant, Harvy hieß er, er bekam vom damaligen Chef Sir Artur immer die unangenehmsten Aufgaben übertragen, manchmal fuhren wir auch zusammen Streife, da waren Hamburger und Cola schon das allerhöchste der Gefühle.
Lane: Oh, das ist äußerst interessant. Heißt das, Sie wollen mich bei diesem schwierigen Fall nur bei Laune halten, hm mit diesem köstlichen Filet beispielsweise, bevor wir uns ernsthaft auf die Fährte des Jokers heften?
Higgins: Abgesehen von der Tatsache, daß ich noch nie einen so hübschen Assistenten hatte.
Lane: Noch nie?
Higgins: Fürchte ich, daß uns in der Tat noch schwere Tage bevorstehen, Wochen, Monate, was weiß ich.
Lane: Chiefinspektor…
Higgins: Higgins für Sie.
Lane: Oh, einen Vornamen haben Sie wohl nicht.
Higgins: Doch doch doch, nur verschweige ich ihn meistens. Meine Intimfeinde nennen mich Chiefinspektor Higgi.
Lane: Und Ihre Intimfreunde?
Higgins: Higgi.
Lane: Also gut, Higgi, erzählen Sie einmal, wie lange dauerte Ihr längster Fall, den Sie für den Yard gelöst haben, Sie haben einen legendären Ruf im Haus.
Higgins: Barbara, Sie wissen ja wohl selbst am besten, wie das so ist, oft dauern die Recherchen, die informelle Arbeit Monate, und die Aktion, wenn man einen hochgehen läßt, wenige Minuten.
Lane: Higgi, was denken Sie wirklich über den Joker?
Higgins: Reynolds war sein fünftes Opfer. Wie viele bisher aber tatsächlich auf sein Konto gehen, können wir nur schätzen. Ich könnte mir gut vorstellen, daß noch einige andere Unfälle vom Joker inszeniert wurden.
Lane: Von denen Sie gar nichts wissen.
Higgins: Noch nichts.
Lane: Und wie geht’s also weiter?
Higgins: Eine Hoffnung ist dieser Harras.
Lane: Der Portier aus dem Pflegeheim.
Higgins: Ja, Portier und Sekretär im Home of Peace. Vielleicht findet er etwas heraus, womit wir etwas anfangen können, aber ich kann mich natürlich nicht darauf verlassen.
Lane: Bleibt also nur das Montmartre.
Higgins: Genau. Die Nase des Barkeepers gefällt mir ganz und gar nicht. Haben Sie etwas über ihn herausbekommen?
Lane: O ja, er heißt John Carpenter, 46 Jahre alt, geboren in London, es steht nichts besonderes über ihn in den Akten, keine Vorstrafen, allem Anschein nach ein unbeschriebenes Blatt. Er ist übrigens der Besitzer des Lokals.
Higgins: Besitzer und wäscht selbst die Gläser? Merkwürdig.
Lane: Vielleicht will er Personal sparen.
Higgins: Mag ja sein. Barbara, der Abend mit Ihnen war wunderschön, aber so leid es mir tut, muß ich ihn beenden.
Lane: Haben Sie noch etwas besseres vor?
Higgins: Naja nu, ich habe für das Montmartre keinen Durchsuchungsbefehl bekommen, also muß ich mich dort nochmals umsehen, auf meine Art.
Lane: Schau an schau an, wenn das Sir John erfährt.
Higgins: Darauf kann ich im Moment keine Rücksicht nehmen, wir können dem Joker nicht länger tatenlos zusehen. Kann ich Sie irgendwo absetzen?
Lane: Nein danke, ich geh zu Fuß, ein bißchen frische Luft wird mir jetzt sehr gut tun.
Higgins: Schon wieder so spät, o Mann o Mann… Wo sind denn diese Latschen wieder? – Dann wollen wir mal… Das darf doch nicht wahr sein. Was… was zum Teufel machen Sie denn in meinem Bett?
Lane: Sie sollten eigentlich wissen, daß ich von Natur aus sehr neugierig bin, bis morgen hätte ich das doch bestimmt nicht durchgehalten, die Neuigkeiten aus dem Montmartre zu erfahren. Und außerdem dachte ich mir, man könnte den angebrochenen Abend ein wenig äh… verlängern.
Higgins: Aja, das dachten Sie, meine Haustür war da überhaupt kein Hindernis.
Lane: Aber Higgi, ich bin ein Profi.
Higgins: Jaja.
Lane: Möchten Sie einen Drink?
Higgins: Ich hatte zwar schon einen, aber bekanntlich soll man auf zwei Füßen stehen. Schön, daß Sie sich mit meiner Hausbar so schnell angefreundet haben.
Lane: Auf den Joker.
Higgins: Nein, nein, eher auf den Tag, an dem wir ihn geschnappt haben werden. Cheers.
Lane: Cheers.
Higgins: Es gibt Neuigkeiten.
Lane: Hm, da bin ich aber gespannt.
Higgins: Carpenter hört die Gespräche seiner Gäste ab.
Lane: In den Blumengestecken sind Mikrophone eingebaut.
Higgins: Wunderbar, wie schnell Sie schalten. Jetzt ist mir auch klar, wie so jemand über so manches krumme Ding als erster Bescheid weiß.
Lane: Und mit diesem Jemand meinen Sie den Joker.
Higgins: Ohne jeden Zweifel. Das Montmartre ist jetzt für uns die heißeste Adresse.
Lane: Aha, und was ist unser nächster Schritt?
Higgins: Ich muß das morgen mit Sir John besprechen, auf keinen Fall möchte ich etwas überstürzen, überlegen Sie mal, angenommen, Carpenter arbeitet nur für den Joker, wenn wir da den Klub hochgehen lassen, ist der Joker auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
Lane: Hm, und wenn Carpenter selbst der Joker ist?
Higgins: Ja, das wäre natürlich die einfachste Lösung. Hm, wissen Sie, daß das gar nicht so eine schlechte Idee war, die Sie da hatten?
Lane: Welche?
Higgins: Den Abend zu verlängern.
Lane: Hm.
Higgins: Rutschen Sie mal ein bißchen.
Lane: Möchtest du noch eine Tasse Tee, Darling?
Higgins: Nein danke. Barbara, hör zu, ich hab mir das anders überlegt, bevor ich Sir John meinen Besuch im Montmartre beichte, fahre ich hinaus ins Home of Peace.
Lane: In dieses Pflegeheim. Du willst nicht warten, bis dieser Portier, dieser Harras sich meldet.
Higgins: Nein nein, die Zeit drängt, sei so lieb und fahr schon voraus in den Yard und sag Sir John Bescheid. Ich komme gegen 12 Uhr nach.
Lane: Wie Sie befehlen, Chiefinspektor. Dank dir für die Nacht.
Higgins: Ich danke dir, Profi.
Lane: Also mach’s gut, bis später… Ah!
Higgins: Barbara, Barbara, was ist los?
Lane: Eine Jolly-Joker-Karte, sogar bis hierher ist er also schon gekommen.
Higgins: Aufgespießt mit diesem Jagdmesser.
Lane: Steht da irgend etwas drauf?
Higgins: Nein, das ist aber auch gar nicht nötig. Die Warnung ist eindeutig.
Lane: Ja aber wen von uns beiden hat er gemeint?
Higgins: Wahrscheinlich mich, mein Besuch im Montmartre hat sich schneller herumgesprochen als uns lieb ist.
Lane: Sag mal meinst du, daß Carpenter…
Higgins: Wir werden das gleich haben. Hallo Hooper, hören Sie mich, wo sind Sie?
Hooper: Inspektor Higgins, ich bin nach wie vor vor der Wohnung von Carpenter.
Higgins: Hat er heute Nacht das Haus noch einmal verlassen?
Hooper: Nein, Inspektor, er war die ganze Nacht über in seiner Wohnung. Sein Wagen steht ebenfalls vor der Haustür.
Higgins: OK Hooper danke. Ende. Verdammt, Carpenter kann es nicht gewesen sein.
Lane: Ja was wirst du jetzt tun?
Higgins: Wir lassen es wie besprochen, ich fahre ins Home of Peace, und du nimmst dir ein Taxi zum Yard, sie sollen im Labor das Messer und die Karte auf Fingerabdrücke untersuchen, wenn ich auch glaube, daß Sie auch kaum etwas finden werden. Komm, wir gehen.
Lane: OK.
Lady Smith: Was kann ich für Sie tun?
Higgins: Sie sind Lady Smith, die Leiterin dieses Sanatoriums, ist das richtig?
Lady Smith: Leiterin und Eigentümerin, ganz recht.
Higgins: Also Milady, ich bin mit der Aufklärung eines sehr ernsten und eines sehr mysteriösen Falles beauftragt, Scotland Yard untersucht zur Zeit einige rätselhafte Autounfälle, die in den letzten Wochen passiert sind. Wir sind dabei zu der Überzeugung gelangt, daß es sich nicht um Unglücksfälle, sondern durchweg um Mordanschläge handelte.
Lady Smith: Ah, Sie meinen jene Fälle, von denen auch schon die Zeitungen berichtet haben.
Higgins: So ist es.
Lady Smith: Und darf ich fragen, wieso Sie damit zu mir kommen?
Higgins: Sie dürfen. Bitte sehen Sie sich diese beiden Fotos einmal an.
Lady Smith: Ja.
Higgins: Sagen Ihnen diese beiden Fotos etwas, Milady?
Lady Smith: Nein, Inspektor.
Higgins: Die Fotos zeigen zwei Unfallopfer. Beide waren angeblich kurz bevor sie umkamen hier in diesem Sanatorium.
Lady Smith: Hier? Das kann ich nicht glauben. Ach, warten Sie bitte, dürfte ich die Fotos noch einmal sehen?
Higgins: Natürlich.
Lady Smith: Doch, den einen kenn ich, den mit der Narbe, das ist Mr. Fletcher. Wissen Sie, die Aufnahme ist nicht besondern gut.
Higgins: Bedauerlicherweise, Milady, entschuldigen Sie.
Lady Smith: Bitte?
Higgins: Ja.
Lady Smith: Ah ja. Sein Vater war bei uns bis zu seinem Tod in Pflege gewesen, und Mr. Fletcher ist so großzügig, uns von Zeit zu Zeit eine finanzielle Zuwendung zu machen, Sie müssen nämlich wissen, daß wir hier auf private Spenden sehr angewiesen sind.
Higgins: Ich verstehe.
Lady Smith: Ja, möglicherweise hat er uns wieder einmal einen Besuch abgestattet, aber da müßte er bei Mr. Harras vorgesprochen haben, hm, nein, den zweiten Mann kenn ich aber mit Sicherheit nicht.
Higgins: Ja. Ja, dann würde ich gerne einmal mit Mr. Harras sprechen.
Lady Smith: Das geht leider nicht. Harras hat heute seinen freien Tag.
Higgins: Achso.
Lady Smith: Aber ich kann Ihnen ja seine Privatnummer geben.
Higgins: Bitte, Milady, halten Sie es für denkbar, daß Mr. Fletcher, oder vielleicht auch Mr. Pelford, das ist der Mann hier auf dem anderen Foto, gar nicht zu Ihnen, sondern vielleicht zu einem der Heiminsassen wollte?
Lady Smith: Ja, das kann ich nicht beurteilen, Inspektor, ich glaube aber nicht, aber Sie können ja einmal meine Schützlinge fragen.
Higgins: Ich würde das sehr gerne tun. Fangen wir doch gleich mit dem älteren Herrn dahinten an, im Rollstuhl, wer ist das?
Lady Smith: Ja, ja, äh Miller?
Miller: Ja?
Lady Smith: Miller, könnten Sie mit Mr. Goldmann einen Augenblick herkommen.
Miller: Ja.
Lady Smith: Das ist Mr. Goldmann, Theodor Goldmann. Er ist erst seit wenigen Wochen bei uns.
Higgins: Mr. Goldmann, entschuldigen Sie, mein Name ist Higgins, Chiefinspektor Higgins.
Goldmann: Goldmann, Theodor Goldmann.
Lady Smith: Verzeihen Sie Mr. Goldmann, der Inspektor hier hätte eine Frage an Sie.
Goldmann: Ja, was kann ich für Sie tun?
Higgins: Sir, sehen Sie sich doch bitte diese beiden Fotos an. Kennen Sie einen der beiden?
Goldmann: Ja, den einen kenn ich.
Higgins: Den mit der Narbe?
Goldmann: Nein, den anderen, den mit der Brille.
Higgins: Pelford also, Mr. Goldmann, woher kennen Sie Pelford?
Goldmann: Er war einmal hier, vor ein paar Woche glaub ich, ich hab ihn nur kurz gesehen, was oder zu wem er wollte kann ich Ihnen auch nicht sagen, und jetzt entschuldigen Sie mich, Inspektor, Miller, fahren Sie mich ins Haus.
Higgins: Danke, Mr. Goldmann. Wie erklären Sie sich das, Milady?
Lady Smith: Ja, ich weiß auch nicht, ich kann meine Augen ja nicht überall haben.
Higgins: Natürlich nicht, Pelford muß also zu einem Ihrer Patienten gewollt haben.
Lady Smith: Ja vielleicht, was weiß ich.
Higgins: Na gut, Milady, das wär’s fürs erste. Falls ich noch Fragen haben sollte, werde ich mir erlauben, nochmals bei Ihnen vorbeizusehen.
Lady Smith: Ja, tun Sie das, Inspektor. Inspektor?
Higgins: Milady?
Lady Smith: Ja, übrigens, wer sagte Ihnen eigentlich, daß diese beiden Herren bei mir gewesen sein sollen?
Higgins: Mr. Harras, er besuchte uns im Yard. Auf Wiedersehen, Milady.
Lady Smith: Auf Wiedersehen.
Sir John: Ja.
Higgins: Hallo, Sir John?
Sir John: Na endlich, Higgins, wo stecken Sie denn?
Higgins: In einer Telefonzelle in der Shaftsbury Avenue. Ich habe mich im Sanatorium umgesehen, Sir, und mit Lady Smith gesprochen.
Sir John: Ja, ja, was haben Sie für einen Eindruck?
Higgins: Einen sehr zwiespältigen. Sie kennt Fletcher, aber das gab sie nicht gleich zu, behauptet, er sei ein Förderer des Sanatoriums. Ein älterer Heiminsasse, ein gewisser Goldmann, bestätigte jedoch, daß auch Pelford dort einmal aufgetaucht ist. Im Moment kann ich mir aber noch keinen rechten Reim darauf machen. Übrigens, ist Superintendant Lane schon bei Ihnen, kann ich sie mal sprechen?
Sir John: Das können Sie nicht, sie ist nicht da, aber sie hat angerufen, sie wird sich etwas verspäten. Hören Sie mal, Miss Lane hat mir schon von Ihrem nächtlichen Ausflug ins Montmartre berichtet, also Higgins, Sie wissen, daß ich diese Eigenmächtigkeiten von Ihnen gar nicht schätze, ich repräsentiere als Chef den Yard auch nach außen, und wenn jeder meiner Inspektoren…
Higgins: Weg! Gehen Sie in Deckung!
Hooper: Hände hoch, keine Bewegung!
Higgins: Nur keine Panik, Jungs, Jungs.
Hooper: Tschuldigen Sie vielmals, Chiefinspektor.
Higgins: Ja ist ja schon gut. Geben Sie sofort eine Fahndung nach dem schwarzen Jaguar XJ 12 raus.
Hooper: Achtung, an alle Streifenwagen, gesucht wird ein schwarzer Jaguar XJ 12.
Higgins: Entfernt sich von der Shaftsbury Avenue nach Norden, wahrscheinlich Richtung Regents Park.
Higgins: Besondere Kennzeichen: Verdunkelte Scheiben. Bei Sichtkontakt anhalten und den Fahrer unverzüglich festnehmen.
Higgins: Vorsicht, der Mann ist bewaffnet und macht ohne Bedenken von der Schußwaffe Gebrauch. Ende. Hallo, Sir John, Sir John bitte kommen.
Sir John: Higgins, was war denn los?
Higgins: Sitzen Sie?
Sir John: Ja.
Higgins: Sie haben sich soeben die Begräbniskosten für einen Ihrer Chiefinspektoren erspart.
Sir John: Der Joker?
Higgins: Genau. Um ein Haar hätte er mich erwischt. Ich habe die Fahndung schon ausgegeben.
Sir John: Ja was sind denn das für Sachen, Higgins. Ich hab auch schlechte Nachrichten, der Amerikaner, wie hieß der noch?
Higgins: Silkwood, Sir.
Sir John: Ach ja, dieser Silkwood und seine Kumpanen haben unsere Leute abgehängt.
Higgins: Verdammt, heute geht aber auch alles schief. Ich komm in den Yard.
Sir John: Nein, nein, warten Sie, Mr. Harras hat heute früh noch mal angerufen, Sie sollen zu ihm in die Privatwohnung kommen, er wohnt in der Kingsroad Nummer 4.
Higgins: Ich bin schon unterwegs, Sir. – Mr. Harras, sind Sie zuhause? – Hallo, Mr. Harras? – Mr. Harras? – Mein Gott!
Lady Smith: Meine Herren, darf ich erfahren, welchem Umstand ich diese rüde Vorladung zu verdanken habe?
Higgins: Kam sie wirklich so unerwartet, Milady?
Sir John: Higgins, kommen Sie zur Sache.
Higgins: Sie verdanken die Vorladung dem Umstand, Milady, daß Ihr Portier seit gestern auf Eis liegt, im Leichenschauhaus.
Lady Smith: Harras? Wie ist das möglich?
Higgins: Man hat ihn in seinem Badezimmer solange unter Wasser getaucht, bis der Tod eintrat, seinen freien Tag hat er sich wahrscheinlich anders vorgestellt.
Lady Smith: Ja aber das ist ja entsetzlich.
Higgins: Da sind wir zufällig einer Meinung Milady, ich finde es aber auch entsetzlich, daß dieser scheußliche Mord keine zwei Stunden nach meinem Besuch in Ihrem Sanatorium von mir entdeckt wurde, nachdem ich Ihnen mitteilte, daß Harras uns wegen der Besuche von Pelford und Fletcher im Home of Peace aufgesucht hat. Sie werden sicherlich verstehen, welche Rückschlüsse für mich da naheliegend sind.
Lady Smith: Inspektor, soll das heißen, Sie unterstellen mir irgendeine Verbindung zu diesem Mord? Zwei Stunden dürften wohl ein wenig knapp bemessen sein, um einen Mordplan zu fassen und auszuführen.
Higgins: Das Argument klingt plausibel, haben Sie vielleicht schon Ihren Rechtsbeistand konsultiert?
Lady Smith: Ich verbitte mir diesen Ton.
Sir John: Higgins! Behalten Sie bitte Platz, Lady Smith.
Higgins: Sie haben mich nicht ausreden lassen. Ich sagte vorhin, daß zwischen meinem Besuch bei Ihnen und dem Entdecken der Leiche etwa zwei Stunden lagen, die Obduktion hat allerdings ergeben, daß der Mord in der Nacht passierte, so zwischen 1 und 2 Uhr morgens.
Lady Smith: Na also, sehen Sie.
Higgins: Ja, nur beweist das nichts. Harras hatte vorgestern gegen 15 Uhr Dienstschluß und war um ca. 16 Uhr bei uns. Einer ihrer Heiminsassen hat uns gegenüber bestätigt, daß kurz nach Harras auch Ihr Pfleger Mr. Miller das Heim verlassen hat.
Lady Smith: Wer hat das denn behauptet?
Higgins: Ich werde mich hüten, Ihnen das zu sagen, der Mord an Harras, der reicht mir fürs erste.
Lady Smith: Inspektor, ich werde mich an höchster Stelle über Sie beschweren, wenn Sie mir weiterhin in diesem Ton die Ermordung von Mr. Harras anlasten.
Higgins: Tun Sie das, Milady, und Sie können gleich damit anfangen. Ich hoffe, daß Ihr Pfleger ein stichfestes Alibi hat, denn wenn nicht, und wenn ich dahinterkommen sollte, daß er Harras zum Yard gefolgt ist, nehme ich ihn eigenhändig auseinander, das versichere ich Ihnen.
Lady Smith: Sie haben doch nicht den geringsten Beweis in der Hand, Inspektor, Sie tappen im Dunkeln und wollen mich belasten, weil das für Sie der einfachste Weg ist.
Higgins: Milady, wir haben eine ganze Reihe ungelöster Todesfälle, und wenn ich auf der Stelle trete, so verdirbt mir das die Laune.
Sir John: Higgins.
Higgins: Ich versichere Ihnen eines: Sollte ich nur ein einziges Indiz finden, das Sie und Ihr Sanatorium in Zusammenhang mit dieser Mordserie bringt, dann gnade Ihnen Gott.
Lady Smith: Ich sehe schon, ich werde das Gespräch über meinen Anwalt fortsetzen. Kann ich jetzt gehen?
Higgins: Sie können gehen, Lady Smith. Ich frage mich nur, ob der Joker auch so großzügig ist.
Lady Smith: Sir John, auf Ihren Inspektor, diesen Proleten, dürfen Sie sich wirklich etwas einbilden.
Lane: Eine temperamentvolle Lady.
Higgins: Blöde Kuh.
Sir John: Higgins, Sie sind wohl nicht ganz bei Trost, hier so eine Show abzuziehen. Auf die Interventionen von oben kann ich mich jetzt schon freuen.
Higgins: Ach, darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Überlegen Sie doch, Sir John, wir tappen im Dunkeln wegen dieser Mordserie, und da kommt dieser Portier daher, und identifiziert zwei der Opfer einwandfrei, und neun Stunden später ist er tot. Wollen Sie mir vielleicht weis machen, das sei Zufall?
Sir John: Nein, aber… Ja, Hallo? Ja, für Sie, Higgins.
Higgins: Danke. Ja. Ja, Higgins?
Stimme: Sie sind gestern noch einmal davongekommen, Chiefinspektor, das sollte Ihnen eine Warnung sein, ich gebe Ihnen einen guten Rat, lassen Sie mich in Ruhe arbeiten, sonst könnte es sein, daß Sie Ihre hübsche Freundin eines Tages nur noch anhand ihrer Ausweispapiere identifizieren können.
Higgins: Hallo? Hallo? Verdammt. Mist, verdammter.
Sir John: Wer war das?
Higgins: Na dreimal dürfen Sie raten.
Sir John: Bin ich allwissend?
Higgins: Unser Freund.
Sir John: Doch nicht etwa der Joker?
Higgins: Doch.
Sir John: Und was wollte er?
Higgins: Mir sicherlich kein langes Leben wünschen. Superintendant Lane hat er auch bedroht.
Sir John: Da haben Sie’s. Und Sie nehmen hier Lady Smith auseinander.
Higgins: Ja finden Sie das nicht merkwürdig?
Sir John: Was soll ich merkwürdig finden?
Higgins: Wir laden Lady Smith vor, und fast zur selben Zeit meldet sich der Joker telefonisch.
Lane: Du meinst, es war vielleicht nur ein Strohmann?
Higgins: Sicherlich natürlich, um uns zu verwirren.
Sir John: Sie duzen sich bereits. Das ist ja alles sehr hilfreich. Hören Sie zu, Higgins, hören Sie ein einziges Mal auf mich.
Higgins: Ich höre doch.
Sir John: Sie halten doch nicht etwa Lady Smith für den Joker? Das können Sie mir doch nicht antun, ein Jahr vor meiner Pensionierung.
Higgins: Sir John, ich versichere Ihnen, Ihre Pension ist in keinster Weise gefährdet.
Ann Pattison: Sir John, es ist Zeit für Ihre Tabletten.
Sir John: Aber jetzt nicht.
Ann Pattison: Sir John.
Higgins: Hören Sie, ich muß mir Klarheit verschaffen über die Vorgänge im Sanatorium, und das wäre ein Job für dich, Barbara, aber keineswegs ungefährlich.
Lane: Hm, könntest du dich etwas klarer ausdrücken?
Higgins: Hör zu, Lady Smith hat dich noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen, das war auch der Grund, warum du nebenan warten solltest, nehmen wir jetzt einmal an, du bist Journalistin und schreibst einen Report über die Lebensverhältnisse unserer älteren Mitbürger, damit hättest du einen plausiblen Grund, ausführlich mit den Leuten im Home of Peace zu reden.
Lane: Und an welche Zeitung hast du gedacht?
Higgins: Ja nu mein Gott, den Daily Telegraf, ich kenne den Chefredakteur, der soll da selbst anrufen und deinen Besuch ankündigen, so halten wir das Risiko gering, sollte Lady Smith auf die Idee kommen, zurückzurufen. Wären Sie damit einverstanden, Sir John?
Sir John: Naja, wenn sich Miss Lane dazu bereiterklärt.
Higgins: Barbara.
Sir John: Ich werde dich nicht enttäuschen.
Higgins: Danke, Profi.
Higgins: Häh, 5 Uhr, wer zum Teufel, wem fällt… ja hier Higgins, was gibt’s?
Hooper: Mr. Higgins, hier Seargent Hooper.
Higgins: Ja?
Hooper: Tut mir leid, Sie so früh wecken zu müssen, aber Carpenter verläßt soeben seine Wohnung, und das ist reichlich ungewöhnlich, er nimmt den Range Rover.
Higgins: Was, so früh? Also gut, Hooper, hängen Sie sich dran, und melden Sie sich wieder, Ende.
Higgins: Ja, Higgins hier.
Hooper: Hier Seargent Hooper.
Higgins: Was gibt’s neues?
Hooper: Carpenter hat auf offener Landstraße gehalten und steht schon ne halbe Stunde da.
Higgins: Merkwürdig. Entweder wartet er auf jemand, oder er hat Sie entdeckt und will Sie nur in die Irre führen.
Hooper: Warten Sie, Inspektor, jetzt nähert sich dem Rover ein Wagen, ich glaube, ja, er verlangsamt sein Tempo. Tatsächlich, er bleibt neben dem Rover stehen.
Higgins: Können Sie die Marke erkennen?
Hooper: Das ist ne schwarze Limousine, ein Jaguar. Carpenter reicht ihm etwas durchs Fenster.
Higgins: Hören Sie zu Hooper, das ist unser Mann, vergessen Sie Carpenter und fol-gen Sie dem Jaguar. Verlieren Sie ihn nicht aus den Augen, ich komme sofort. Ende.
Hooper: Er war plötzlich wie von Erdboden verschluckt, ich hab so was noch nie erlebt, Chiefinspektor.
Higgins: Hier in diesem Planquadrat haben Sie ihn verloren.
Hooper: Ja, ich hatte noch die Kollegen verständigt, ein paar Augenblicke später hätten wir ihn einkreisen können, aber der fuhr plötzlich in eine Hauseinfahrt und auf der Hinterseite wieder raus, es war mir völlig unmöglich, ihm so rasch zu folgen.
Higgins: Hooper, nun beruhigen Sie sich doch, ich mache Ihnen ja keinen Vorwurf. Nur wäre es zu schön gewesen. Passen Sie auf, Sie legen sich aufs Ohr, Sie haben die letzten 48 Stunden nicht viel geschlafen.
Hooper: Vielen Dank, Chiefinspektor.
Higgins: Schon gut, ich werde mir diese Gegend mal ein wenig genauer ansehen.
…
…
Tankwirtin: Guten Morgen Sir.
Higgins: Guten Morgen.
Tankwirtin: Was soll’s sein?
Higgins: Sind Sie so nett und tanken Sie voll.
Tankwirtin: Ja.
Higgins: Nicht viel Betrieb hier heute, nicht.
Tankwirtin: Nein, ein Wunder, daß in dieser gottverlassenen Gegend überhaupt mal jemand stehen bleibt.
Higgins: In der alten Hochgarage dahinten, sind da noch viele Wagen abgestellt?
Tankwirtin: In dem alten Ding? Ja, zwei Dutzend vielleicht. Das ganze Gebäude sollte schon vor Jahren abgerissen werden. Ja, ich geh ja sowieso bald in Rente, dann sollen die doch sehen, wie sie zurechtkommen. Warum fragen Sie eigentlich.
Higgins: Ach ja, nur so. Wem gehört die Garage überhaupt?
Tankwirtin: Wem sie gehört, weiß ich gar nicht. Mr. Tanner macht hier das Geschäftliche. Den können Sie fragen.
Higgins: Mr. Tanner? Wissen Sie, ob er jetzt da ist?
Tankwirtin: Ja, er kommt meistens schon vor 7, bleibt bis in die Nacht. Auch so ein alter Spinner. Sein Büro ist in der 4. Etage.
Higgins: Hm, ich sag ihm mal guten Tag. Ach, kontrollieren Sie inzwischen bitte das Öl und die Reifen.
Tankwirtin: Ja, ja, Sie können den Aufzug hinten links benutzen, wenn’s das alte Ding überhaupt noch tut.
Higgins: Hoffen wir’s.
Tanner: Ja.
Higgins: Mr. Tanner?
Tanner: Sie wünschen?
Higgins: Ich bin Inspektor Higgins von Scotland Yard.
Tanner: Was wollen Sie?
Higgins: Ich hätte gerne einige Auskünfte.
Tanner: Worüber?
Higgins: Ich suche ein Auto.
Tanner: Soso.
Higgins: Ja, eine Limousine Marke Jaguar, schwarz lackiert.
Tanner: Ja und warum kommen Sie da zu mir? Ich bin kein Gebrauchtwagenhändler.
Higgins: Mr. Tanner, ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie sich ein paar Minuten von Ihrer Arbeit trennen und mir zuhören würden. Eine Frage, Mr. Tanner, lesen Sie Zeitung?
Tanner: Eigentlich nicht, viel Arbeit hier.
Higgins: Ja, dann haben Sie auch noch nie etwas vom Joker gehört.
Tanner: Nein, wer soll das sein?
Higgins: Mr. Tanner, um es kurz zu machen, Scotland Yard, und das bin in diesem Falle ich, wir versuchen einem der gefährlichsten Verbrecher auf die Spur zu kommen, aber wir haben nicht den geringsten Hinweis auf seine Identität. Wir wissen nur eines: Er fährt einen dunklen Jaguar aus der XJ 6er oder 12er Serie, deshalb meine Frage: Ist ein Fahrzeug dieses Typs in Ihrer Garage untergestellt?
Tanner: Jaguar? Warten Sie, natürlich, drei sogar, ein alter Sportwagen der Type E, ein weißer Vierzylinder, und dann natürlich Mr. Goldmanns Privatwagen.
Higgins: Privatwagen. Und wer bitte ist Mr. Goldmann?
Tanner: Ja der Eigentümer dieser Garage.
Higgins: Ich dachte, die Garage gehört Ihnen.
Tanner: Mir? Ich bin ein alter Mann, Inspektor, ich verdien mir hier ein paar Kröten zu meiner miesen Rente.
Higgins: Und Sie sagen, Mr. Goldmanns Wagen ist ein Jaguar.
Tanner: Ja, er wurde aber seit mehr als 2 Jahren nicht mehr gefahren. Seit Mr. Goldmann eben das letzte Mal in London war.
Higgins: Er lebt im Ausland?
Tanner: Ja, die Goldmann Industries haben ihren Sitz in Hongkong, und Mr. Goldmann…
Higgins: Wie heißt er mit Vornamen?
Tanner: Soviel ich weiß, Anton, also Mr. Goldmann kümmert sich wohl um alles, außer um diese alte Hochgarage und die Tankstelle. Hier bin ich Mädchen für alles.
Higgins: Ja, ja, ich verstehe. Auf diesem Bild hier, ist das Mr. Goldmann, Mr. Anton Goldmann?
Tanner: Ja, das ist Mr. Anton Goldmann.
Higgins: Mr. Tanner, ich danke Ihnen fürs erste und ich habe auch im Moment keine Fragen mehr. Aber ich würde mir gerne einmal diesen Jaguar von Mr. Goldmann ansehen.
Tanner: Tun Sie, was Sie nicht lassen können, er steht in der 3. Etage, ich nehme an, Sie finden den Weg alleine.
Higgins: Durchaus. Haben Sie nochmals vielen Dank, Mr. Tanner. – Verdammt.
Tanner: Was machen Sie da? Das ist eine Alarmanlage gegen Diebe. Darf ich wissen, was Sie da gemacht haben? Ich sagte, Sie können sich den Wagen einmal ansehen, von einer Spazierfahrt war nicht die Rede…
Higgins: Ich…Mister…
Tanner: Oder haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?
Higgins: Noch nicht.
Tanner: Darf ich wissen, wer Ihr Vorgesetzter ist, Chiefinspektor?
Higgins: Wenn Sie Beschwerden haben, Mr. Tanner, und die haben Sie ja wohl, wenden Sie sich an Sir John.
Sir John: Und Sie halten diese Garage wirklich für einen Schlupfwinkel des Jokers?
Higgins: Hm, es sieht fast so aus. Überlegen Sie einmal, Sir John, Hooper hat den Wagen in der Nähe der Demmem-Road aus den Augen verloren. Weit und breit gibt es nichts als Abbruchhäuser, desolate Gebäude und geschlossene Geschäfte.
Sir John: Trotzdem. Trotzdem. Es ist ebenso gut denkbar, daß der Joker unseren guten Hooper genarrt hat und in eine völlig andere Richtung weitergefahren ist.
Higgins: Auf jeden Fall laß ich diese Hochgarage Tag und Nacht beobachten. Unsere Leute sollen vor allem darauf achten, ob ein schwarzer Jaguar die Garage verläßt.
Sir John: Ja was wollen Sie denn mit den beiden alten Herrschaften in der Garage anfangen, glauben Sie etwa, daß einer von den beiden der Joker ist?
Higgins: Nein, das nicht gerade, aber sie könnten mit ihm unter einer Decke stecken. Tanner war nicht gerade begeistert, als ich den Jaguar untersuchte.
Sir John: Wozu Sie im übrigen auch kein Recht hatten. Also ich finde, Sie sind im Moment nicht gerade sehr erfolgreich, Higgins.
Higgins: Danke, Sir.
Sir John: Ich habe mir zudem einige Zahlen geben lassen, die Sie nicht gerade begeistern werden. Da, in London sind derzeit rund 19.000 Leiland-Fahrzeuge der Marke Jaguar gemeldet, davon fast 6000 aus der XJ-Serie. Eine fast hoffnungslose Aufgabe, aufgrund des Fahrzeugtyps den Joker ausfindig zu machen.
Higgins: Eben, und deshalb meine ich, wir sollten uns lieber an die Fakten halten. Rekapitulieren wir einmal.
Sir John: Aber Higgings, wenn Sie mich fragen, Sie haben überhaupt nichts konkretes in der Hand.
Higgins: Sir John, bitte, jetzt hören Sie mir einmal zu. Wir haben zunächst einmal Lady Smith, von der erwiesen ist, daß sie von zwei späteren Opfern des Jokers besucht wurde, das ist immerhin ein Anhaltspunkt. Ich hoffe, daß uns Miss Lane weiterbringt. Und dann haben wir seit heute diesen merkwürdigen Tanner. Ich möchte nicht ausschließen, daß in seiner Garage der Wagen des Jokers steht.
Sir John: Naja. Wie alt, sagten Sie, ist Tanner?
Higgins: Einiges über 70, Sir.
Sir John: Naja, das spricht ja wohl für sich.
Ann Pattison: Sir John, es ist Zeit für Ihre Tabletten.
Sir John: Ja, aber nicht jetzt.
Ann Pattison: Sir John, bitte.
Higgins: Der nächste ist Carpenter. Ich bin überzeugt, daß er sich heute in den frühen Morgenstunden mit dem Joker getroffen hat. Ich habe schon einmal betont, daß ich Carpenter unter keinen Umständen zu früh festnehmen will, je weniger er sich beobachtet fühlt, um so besser für uns.
Sir John: Ja und dann wäre da noch der Amerikaner, dieser…
Higgins: Silkwood.
Sir John: Ja.
Higgins: Er scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Und jetzt frage ich mich, was hat er vor. Ich glaube, wir können davon ausgehen, daß Silkwood und der Joker nicht identisch sind.
Sir John: Bleibt auch noch die Frage, warum Harras ermordet wurde.
Higgins: Richtig, Sir. Darf ich mir einen Whisky nehmen?
Sir John: Ja, ich bitte darum.
Higgins: Sie auch?
Sir John: Ja, aber ohne Eis.
Higgins: Seit heute Vormittag hat sich noch ein völlig neuer Aspekt ergeben, dem wir nachgehen sollten. Wissen Sie, wer der Eigentümer der Garage ist?
Sir John: Nein.
Higgins: Ein gewisser Anton Goldmann.
Sir John: Ja und? Was ist daran so ungewöhnlich?
Higgins: Goldmann hieß auch der alte Mann im Rollstuhl in Lady Smith Sanatorium, Theodor Goldmann.
Sir John: A Goldmann, an dem Namen ist doch nichts ungewöhnliches. Ich kenne viele mit dem Namen Goldmann.
Higgins: Ja, aber die beiden haben deutsche Vornamen Sir, Anton und Theodor.
Sir John: Danke. Haben Sie mit diesem Anton Goldmann gesprochen?
Higgins: Nein, der sitzt angeblich in Hongkong, ist Inhaber der Goldmann Industries, offenbar ein größerer Konzern, in Tanners Büro hängt ein Bild von ihm.
Sir John: Ja und? Irgendwelche Ähnlichkeiten mit dem Mann im Sanatorium?
Higgins: Nein, leider nicht, nicht die geringste.
Sir John: Na sehen Sie, an Ihrer Stelle würde ich zusehen, den Amerikaner wiederzufinden, anstatt in dieser Garage irgendwelchen Hirngespinsten nachzulaufen.
Higgins: Cheers.
Sir John: Ja, zum Wohl.
Higgins: Aber irgend etwas macht mich stutzig. Ich stellte mich Tanner als Inspektor Higgins vor, irgendwann während des Gesprächs sagte Tanner Chiefinspektor zu mir, finden Sie das nicht etwas seltsam, Sir John?
Sir John: Kann doch Zufall sein.
Higgins: Aber trotzdem, der Sache mit den Goldmanns werd ich auf den Grund gehen, Miss Lane muß mir hier helfen, sie soll den Theodor Goldmann, den Mann im Rollstuhl, etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Lane: Hallo Darling.
Higgins: Hallo. Na, wie war’s, hast du was rausgekriegt in deinem Home of Peace?
Lane: Hm, du hattest recht mit deiner Vermutung, Goldmann hatte einen Bruder, er hatte. Maximilian starb vor Jahren an Krebs.
Higgins: Schon wieder so ein deutscher Name.
Lane: Ich habe mir hier ein Foto ausgeborgt, du, sieh dir das mal an, die beiden sind sich wie aus dem Gesicht geschnitten, findest du nicht?
Higgins: Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend. Die beiden müssen Zwillingsbrüder gewesen sein. Eine Gewißheit haben wir jetzt, Goldmanns Bruder ist nicht der Mann in Tanners Büro. Ich fürchte, ich habe mich diesmal geirrt.
Lane: Mr. Goldmann ist viel in der Welt herumgekommen und will bei Lady Smith seinen Lebensabend verbringen, manchmal wirkt er ruhig und gemütlich, dann wieder höchst wachsam und mißtrauisch, schwer zu durchschauen. Ich habe mit ihm eine Partie Schach gespielt.
Higgins: A ja, wer hat gewonnen?
Lane: Remi.
Higgins: Aha. Hat Lady Smith Verdacht geschöpft?
Lane: Bestimmt nicht, sie war sehr zuvorkommend, ich habe mit nahezu allen Einsassen sprechen können, man hat den Eindruck, sie fühlen sich alle recht wohl dort.
Higgins: Hast du noch etwas über Pelford und Fletcher herausbekommen?
Lane: Nein, leider nein. Über interne Vorgänge im Sanatorium sind die Leute offenbar völlig ahnungslos, und an Lady Smiths Privatunterlagen, da kam ich noch nicht ran, sie bewahrt alles in einem Safe auf.
Higgins: Hm, ich geb was drum, wenn ich da mal reinkucken könnte.
Lane: Hm, ich werd’s für dich versuchen.
Higgins: Aber Darling, ich bitte dich.
Lane: Ich weiß, ich weiß, ich bin vorsichtig.
Higgins: Ein Durchsuchungsbefehl ist bei Lady Smith nicht drin, da spielt Sir John nicht mit, ich selbst muß mich noch um Tanner kümmern.
Lane: Tu das, Higgi.
Higgins: Der Mann geht mir einfach nicht aus dem Kopf.
Lane: Also, ich muß zurück in mein Altersheim. Machs gut.
Higgins: Sei vorsichtig, Profi.
Lane: Du auch, Profi.
Stimme: Achtung, Achtung, bewaffneter Überfall auf Juweliergeschäft am Eaton-Square, es gab ein Todesopfer, alle verfügbaren Einsatzkräfte bitte sofort an den Tatort.
Higgins: Das darf doch nicht wahr sein.
Sir John: Ah, Tag Higgins.
Higgins: Sir John.
Sir John: Nun sehen Sie sich das einmal an, das ist übrigens Mr. Short, der Besitzer.
Short: Guten Tag.
Higgins: Mr. Short, dann erzählen Sie mal.
Short: Ja, es ging alles furchtbar schnell, mein Angestellter und ich waren gerade hier im Laden, und berieten einige Kunden, als an der Hintertür eine Explosion erfolgte. Ich sah noch, wie der Wächter niedergeschlagen wurde, und dann stürmten sie auch schon herein, schwer bewaffnet, wir mußten alle die Hände in die Höhe nehmen.
Higgins: Wie sahen die Kerle aus?
Short: Ja, sie hatten dunkle Mäntel an und so weiße Gesichtsmasken aufgesetzt, als ich den Safe nicht sofort öffnen wollte, haben sie meinen Angestellten einfach über den Haufen geschossen.
Sir John: Ja hätte sich das nicht vermeiden lassen, Mr. Short, Sie sind doch versichert.
Short: Ich war im ersten Moment so überrascht, und ich wußte auch nicht, ob sie wirklich schießen würden, im Safe waren immerhin Rohdiamanten im Wert von einer halben Million Pfund.
Higgins: Konnten Sie erkennen, mit welchem Auto sie geflüchtet sind?
Short: Ja, den Fluchtwagen konnte ich sehr genau erkennen, es war ein brauner Chevrolet Kombi, Baujahr so 77/78, er fuhr vielleicht 2 Minuten, nachdem die Kerle das Lokal gestürmt hatten, vor.
Sir John: Die Fahndung ist bereits draußen.
Higgins: Gut. Sir John, ich muß Sie unter 4 Augen sprechen. Entschuldigen Sie uns, Mr. Short.
Short: Aber bitte schön.
Sir John: Nun?
Higgins: Ich gehe jede Wette ein, daß der Amerikaner hinter dem Überfall steckt. Das ist haargenau seine Arbeitsweise.
Sir John: Und was wollen Sie unternehmen?
Higgins: Der Amerikaner hat eine Beute von 500.000 Pfund gemacht, ab dieser Stunde, da gehe ich jede Wette ein, befindet er sich im Fadenkreuz des Jokers.
Sir John: Sie meinen, es kommt zur großen Konfrontation.
Higgins: Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder der Joker erledigt Silkwood und seine Leute, dann haben wir ein Problem weniger, oder der Amerikaner ist schlauer und trickst den Joker aus, dann hätte er geschafft, was uns bisher nicht gelungen ist. Ich glaube aber eher, daß Tom Silkwood und seine Leute noch ihr blaues Wunder erleben werden.
Sir John: Nun malen Sie mal nicht den Teufel an die Wand, Higgins.
Ann Pattison: Sie sollten sich nicht so viele Sorgen machen, Sir John.
Sir John: Sie haben leicht reden, Kindchen. Die Morde des Jokers, der Überfall auf Shorts Juweliergeschäft, und nicht zu vergessen der Anschlag auf Higgins, wissen Sie, Higgins hat bisher noch jeden seiner Fälle gelöst, und Miss Lane ist eine sehr tüchtige Mitarbeiterin.
Ann Pattison: Ja, sehr tüchtig.
Sir John: Aber ich fürchte, daß Higgins im Joker seinen Meister gefunden hat. Und wissen Sie, Ann, ein Gedanke beunruhigt mich zu tief.
Ann Pattison: Welcher, Sir John?
Sir John: Daß er sich diesmal irrt, daß keine der Personen, die er verdächtigt, der Joker ist, daß es jemand völlig unbekanntes ist, oder, was noch schlimmer wäre, daß es jemand ist, der unter uns weilt, jemand, den wir alle kennen.
Higgins: Guten Abend, Sir John.
Sir John: Ah, guten Abend, Higgins, daß Sie sich auch mal wieder blicken lassen, ja, gibt’s was Neues?
Higgins: Ja, das Telex aus Hongkong.
Sir John: Telex? Hongkong?
Higgins: Ich hatte in Hongkong Auskünfte über Goldmann eingeholt, hier ist die Antwort und ein Bild von ihm.
Sir John: Na, Ann, dann machen Sie uns bitte mal zwei Whisky, oder sagen wir besser drei, ich spendiere ihnen auch einen.
Ann Pattison: Vielen Dank, Sir John.
Sir John: Na, nun zeigen Sie schon her, Higgins, machen Sie es doch nicht immer so spannend. Anton Goldmann, geb. am 4. März 1921 in London, Goldmann liquidierte Industries Hongkong im Januar 1982, Verkaufserlös wahrscheinlich nach Europa transferiert, genauer Aufenthaltsort von Anton Goldmann unbekannt, vermutlich noch Hongkong. Weitere Daten nicht verfügbar.
Higgins: Ja, und das ist sein Foto.
Sir John: Ja und? Ist das identisch mit dem in Tanners Büro?
Higgins: Zweifellos, das ist er.
Sir John: Na sehen Sie.
Ann Pattison: Ihr Whisky, Sir.
Sir John: Danke.
Ann Pattison: Ohne Eis. Bitte Higgins.
Higgins: Danke.
Sir John: Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, daß das nichts bringt, Ihre Wahnideen mit dem alten Tanner können Sie ein für alle mal begraben.
Higgins: Trotzdem hatte ich das Gefühl, daß an der Sache etwas faul ist, die Informationen aus Hongkong waren nicht gerade sehr ergiebig, und deshalb habe ich das Foto vorhin durch unseren Computer laufen lassen, zur Identifikation.
Sir John: Ja und?
Higgins: Das Foto zeigt nicht Anton Goldmann, sondern Guliano Montaldo.
Sir John: Guliano Montaldo?
Higgins: Geboren 1931 in Neapel.
Sir John: Ja was soll das heißen, Higgins?
Higgins: Das heißt, daß der Mann, dessen Bild in Tanners Büro hängt, nicht Anton Goldmann ist, und das heißt weiter, der Mann im Rollstuhl ist möglicherweise doch der Bruder des Eigentümers der Garage. Cheers.
Rogers: Sir John, Inspektor, würden Sie bitte mit mir kommen.
Higgins: Schießen Sie los, Rogers.
Rogers: Wir haben insgesamt 5 Tote. Einer von ihnen ist zweifelsfrei Tom Silkwood, den hat’s hier vorne erwischt.
Sir John: Ist ja grauenhaft.
Rogers: Die anderen vier dahinten, das waren höchstwahrscheinlich seine Komplizen. Wir konnten Sie aber noch nicht identifizieren, zwei von ihnen sind bis zur Unkenntlichkeit verkohlt.
Higgins: Sagen Sie, Rogers, weiß man schon, welche Waffe verwendet wurde?
Rogers: Alles deutet auf ein Maschinengewehr der Marke Rammington hin, ein älteres Modell, wie es auch von den Amerikanern im Vietnam verwendet wurde, Kaliber 7,9 mm, Reichweite 4000 Meter bei 1000 Schuß pro Minute. Und so was eingesetzt aus einer Entfernung von nicht einmal 150 Metern. Die Leute wurden regelrecht abgeschlachtet. Der Wagen ist auch dementsprechend zugerichtet.
Higgins: Ich war Tom Silkwood zwar auf den Fersen, aber ein so grauenvolles Ende hätte ich ihm trotz allem lieber erspart.
Rogers: Ganz recht, Inspektor. Ich kann mich nicht erinnern, daß in England eine Waffe dieser Größenordnung bei einer Gangsterfehde je zum Einsatz kam.
Higgins: Wie hat dich das ganze Ihrer Meinung nach abgespielt im Detail?
Rogers: Also, Silkwood und seine Leute hatten hier, auf dieser Waldlichtung offenbar mit einer uns unbekannten Person ein Treffen vereinbart, eine Geldübergabe oder etwas ähnliches, wir haben neben Silkwoods Leiche einen leeren Koffer gefunden. Sie gerieten dann alle in den Kugelhagel einer Person, die mit einem Wagen, offenbar schon früher, da vorn hinter dem Gebüsch postiert war, in diesem Wagen muß sich auch das MG befunden haben. Ein weiterer Wagen muß aber vorne am Waldweg gestanden haben, sonst wäre nicht erklärbar, wieso Silkwood ausgerechnet an dieser Stelle erschossen wurde.
Higgins: Sonst irgendwelche Anhaltspunkte?
Rogers: Ja, also zunächst etwas sehr merkwürdiges. Bei dem Koffer neben Silkwood fanden wir diese Spielkarte.
Sir John: Aha, ein Jolly Joker, also doch, hätte mich ja gewundert, und sonst noch was?
Rogers: Ja, die Reifenspuren natürlich.
Higgins: Gibt es schon Hinweise auf die Fahrzeugtypen?
Rogers: Der hinterm Gebüsch war wahrscheinlich ein Jeep.
Higgins: Vielleicht ein Range Rover?
Rogers: Durchaus möglich.
Higgins: Und der andere?
Rogers: Ist im Moment schwer zu sagen.
Higgins: Könnte es ein Jaguar gewesen sein?
Rogers: Ich möchte es nicht ausschließen. Genaueres werden wir aber erst später wissen.
Higgins: Gut, Rogers, vielen Dank fürs erste, machen Sie hier weiter mit der Spurensicherung, und wenn’s die ganze Nacht dauert, informieren Sie mich umgehend, wenn Sie etwas neues haben.
Rogers: OK, Sir.
Sir John: Na, Higgins, was halten Sie davon?
Higgins: Meine These hat sich offenbar bestätigt. Es ist so gut wie sicher, daß Silkwood und seine Leute sich hier mit dem Joker ein Feuergefecht geliefert haben.
Sir John: Das ist ja unglaublich.
Higgins: Meine Geduld ist am Ende. Ich möchte noch heute Nacht das Montmartre hochgehen lassen. Die lange Leine hat nichts gebracht.
Sir John: Wie meinen Sie das?
Higgins: Der Wagen, von dem aus geschossen wurde, war möglicherweise ein Range Rover, und da ist die Verbindung zu Carpenter nicht mehr weit.
Sir John: Carpenter wird doch überwacht.
Higgins: Ja, wie er das gemacht hat, da bin ich im Moment auch überfragt, jedenfalls müssen wir ihn unschädlich machen, bevor noch mehr passiert.
Sir John: Ja jetzt, vor diesem Schlamassel wir hier haben, werden Sie plötzlich aktiv, etwas spät, finden Sie nicht, Higgins?
Higgins: Sir John, wenn Sie es für angebracht halten, können Sie ja einen anderen Chiefinspektor mit dem Fall betreuen.
Sir John: Das könnte Ihnen so passen. Ich sage Ihnen eines: Sie machen mir diesen verdammten Joker unschädlich, und zwar bald, sonst ist es mit meiner Gemütlichkeit aus.
Rogers: Inspektor Higgins.
Higgins: Rogers?
Rogers: Ich hab da einen Funkspruch von Superintendant Lane.
Higgins: Danke, geben Sie her. Hallo? Barbara?
Lane: Higi? Ich hatte bisher keine Möglichkeit, dich zu erreichen, ich kann auch nicht lange sprechen, Tom Silkwood war gestern Nacht hier im Sanatorium, das Home of Peace ist offenbar eine Anlaufstelle für irgendwelche ganz dunklen Geschäfte, außerdem wurden Patienten mit Barbituraten betäubt, irgend etwas ist da im Gange, hör zu, ich werde jetzt…
Higgins: Hallo? Barbara? Barbara? Sir John, wir müssen sofort ins Sanatorium, Barbara Lane hat Schwierigkeiten, Leutnant Rogers.
Rogers: Ja, Sir?
Higgins: Sie nehmen sich drei Mann und kommen mit. Beeilung.
Sir John: Ah, das ist aber auch stockdunkel hier.
Higgins: Leise.
Sir John: Man sieht die Hand vor Augen nicht.
Higgins: Sir John.
Lady Smith: Na los.
Higgins: Barbara?
Lady Smith: Sagen Sie Ihren Beamten, sie sollen die Waffen fallen lassen, sonst hat Miss Lane ein Loch in ihrem hübschen Köpfchen. Das gilt auch für Sie, Inspektor. Los, weg mit der Waffe.
Higgins: Ich warne, wenn Sie ihr auch nur ein Haar krümmen.
Lady Smith: Gehen Sie fünf Schritte zurück, Inspektor. – Miller, bringen Sie die Koffer zum Auto.
Miller: Is gut.
Higgins: Sie wollen verreisen, Lady Smith, was werden Ihre Schützlinge dazu sagen?
Lady Smith: Aber machen Sie sich doch um meine Schützlinge keine Sorgen, Inspektor.
Higgins: Sie haben nicht die geringste Chance, zu entkommen, Lady Smith. Oder sollte ich besser sagen: Joker?
Lady Smith: Sie halten mich für den Joker? Wie Sie sehen, fahre ich einen Rolls Royce und keinen Jaguar. Ihr Idioten, ich hatte die größte Hehlerorganisation Londons aufgebaut, ohne daß Scotland Yard auch nur den Schimmer einer Ahnung hatte, erst der Joker begann mich systematisch in meinen Geschäften zu behindern, er hat mir diesen Harras auf den Hals gehetzt, aber er hat dafür Gebühren bezahlt.
Higgins: Daß Harras auf Ihr Konto geht, war mir von Anfang an klar, von einem anderen aber glaube ich Ihnen kein Wort.
Lady Smith: Das ist ohne jeden Belang, was Sie glauben oder nicht, Inspektor, und Sie erfahren das alles auch nur, weil Sie mit diesem Wissen nichts mehr anfangen können. Der Joker verdankt mir einige der lukrativsten Geschäfte… Ah!
Lane: Mein Gott, Lady Smith!
Sir John: Wer hat denn da geschossen?
Rogers: Der Schuß kam da hinten vom Waldweg aus dem Auto.
Higgins: Rogers, kommen Sie zurück, den Wagen erreichen Sie nicht mehr.
Rogers: Wie geht’s jetzt weiter?
Sir John: Sie und Miss Lane bleiben hier. Geben Sie mir das Funkgerät. Achtung, an Spezialeinheit 5, Razzia im Klub Montmartre.
Nick: Polizei. Polizei.
Higgins: Behalten Sie ruhig Ihre Plätze, Herrschaften, es handelt sich lediglich um eine kleine Razzia. Sie brauchen mich gar nicht so groß ansehen, Nick, hier der Durchsuchungsbefehl. Wo ist Carpenter?
Nick: Ich weiß nicht, Chiefinspektor, er rief mich an, daß ich ihn heute vertreten soll.
Higgins: Na schön, dann kommen Sie mit. Das Büro.
Nick: Ja und?
Higgins: Aufsperren.
Nick: Ja bitte sehr.
Sir John: Aha, das ist also Carpenters Büro. Suchen Sie hier des Rätsels Lösung, Higgins?
Higgins: Richtig, Sir, warten Sie’s ab.
Nick: Mr. Carpenter hält sich selten hier auf, höchstens wenn er mal ungestört telefonieren will. Die Abrechnung macht er meist drüben im Lokal.
Higgins: Wußten Sie, daß in den Tischen Mikrophone versteckt sind, die es einem erlauben, die Gespräche der Gäste mitzuhören bzw. aufzunehmen?
Nick: Nein, davon hör ich zum ersten Mal.
Sir John: Natürlich. Das ist ja unglaublich. Was suchen Sie denn da, Higgins?
Higgins: Nur Geduld, Sir, nur Geduld. Dacht ich’s mir doch.
Sir John: Das ist ja interessant.
Higgins: Davon hatten Sie natürlich auch keine Ahnung.
Nick: Nein, nein, ich schwöre, Inspektor.
Higgins: Hier also ist es.
Sir John: Aber das ist ja…
Higgins: Sehen Sie, Sir John, wie ich vermutet habe, mit Hilfe dieser Geräte konnte jedes einzelne Gespräch an den Tischen mühelos aufgezeichnet werden, sogar ein eigenes Funkgerät ist dabei, und da der Bildschirm, ich wette, daß der nicht zur Unterhaltung dasteht. Über diesen Bildschirm konnte er in aller Ruhe die Vorgänge im Lokal beobachten. Das hier, Sir John, was zumindest ein Schlupfwinkel des Jokers. War er selbst mal nicht da, hat ihm wohl Carpenter die Bänder überbracht.
Sir John: Das ist ja allerhand.
Higgins: Carpenter dürfte die rechte Hand des Jokers sein. Allein den Bluff, Silkwood und seine Leute in die Falle zu locken, mußten mindestens zwei Personen inszeniert haben.
Sir John: Ja aber wer ist denn nun dieser ominöse Joker wirklich, Higgins, dieser Amerikaner, dieser…
Higgins: Silkwood, Sir.
Sir John: Ja, Silkwood, der ist tot, Lady Smith ist tot, Harras ist tot, Miller haben wir verhaftet.
Hooper: Chiefinspektor?
Higgins: Ja, aber war zum Teufel macht ihr denn hier?
Hooper: Nachdem Sie uns von der Garage abkommandiert und wir keine weitere Order hatten, erhielten wir die Nachricht, daß Sie hier zu finden seien.
Higgins: Ich habe was?
Hooper: Wir fanden es ja auch etwas merkwürdig.
Sir John: Was ist merkwürdig?
Higgins: Das ist doch nicht zu fassen, die beiden wurden mit einem fingierten Funkspruch herbeordert, diesem Trick wird wahrscheinlich auch Hooper auf den Leim gegangen sein.
Sir John: Die bringen ja unser gesamtes Observierungssystem durcheinander. Was werden Sie jetzt unternehmen, Higgins?
Higgins: Sir John, Sie haben mit Ihrer Aufzählung vorhin demonstriert, daß nicht mehr als zu viele Personen als Täter in Frage kommen.
Sir John: Jajaja. Und?
Higgins: Ich habe das dumpfe Gefühl, die Stunden des Jokers sind gezählt. Guten Abend, Sir.
Sir John: Ja wohin wollen Sie denn jetzt, mitten in der Nacht.
Higgins: Einen Ölwechsel machen lassen.
Higgins: Guten Abend, Mr. Tanner.
Tanner: Sie könnten wenigstens anklopfen, Inspektor.
Higgins: Kommen Sie oder gehen Sie, Mr. Tanner?
Tanner: Ich wollte gerade weggehen, es ist heute wieder sehr spät geworden.
Higgins: Jaja, ich glaube, heute ist es für uns alle sehr spät geworden, Mr. Tanner.
Tanner: Können Sie mir verraten, was Sie um diese Zeit überhaupt hier noch wollen?
Higgins: Ich bin gekommen, um Ihnen etwas zurückzugeben, das Ihnen gehört, Mr. Tanner.
Tanner: Was ist das?
Higgins: Ihre Visitenkarte. Eine Jolly-Joker-Karte.
Tanner: Was soll das?
Higgins: Hm, eigentlich hätte ich es früher wissen müssen. 6000 Wagen der XJ-Serie, die allein in London zugelassen sind, aber nur in einem sitzt der Joker, der seinen Opfern wahrlich keine Rosen ins Grab streut, sondern Jolly-Joker-Karten. Tja, und als Sergeant Hooper ausgerechnet in dieser Gegend den Wagen aus den Augen verlor, war ich schon nahe dran zu glauben, den Täter zu kennen, aber dann, nein, nein, ein alter gebrechlicher Mann, es mußte ein Zufall sein.
Tanner: Bald fertig, Inspektor?
Higgins: Die Ereignisse, Mr. Tanner, auf die ich im einzelnen noch zu sprechen kommen werde, beginnen sich dann plötzlich zu überstürzen, und die Observierungs-streife, die ich hierher beordert habe, wird mit einem fingierten Funkspruch weg-gelockt, und dann komme ich hierher, und siehe da, der Jaguar, der angeblich schon seit 2 Jahren nicht mehr benutzt wurde, hat einen warmen Motor, und an den Reifen finde ich Spuren von Erdreich. Ja nun, vielleicht wieder ein Zufall, daß ausgerechnet heute der Joker in der freien Natur seinem blutigen Handwerk nachging.
Tanner: Sie meinen, jemand hat den Wagen benutzt?
Higgins: Aber Mr. Tanner, lieber Mr. Tanner, das wissen Sie doch?
Tanner: Was wollen Sie eigentlich?
Higgins: Hören Sie zu, Tanner. Als ich Sie das letzte Mal aufsuchte, sagte ich Ihnen, daß ich einen ganz bestimmten Wagen suche, heute bin ich wieder hier und ich suche nicht mehr den Wagen, sondern nur noch den Fahrer. Sehen Sie, es wäre ja durchaus möglich, daß Sie wie John Carpenter…
Tanner: Wer ist das?
Higgins: Daß Sie wie John Carpenter den Handlanger für irgend jemand gespielt haben, mittlerweile bin ich aber zu der Erkenntnis gekommen, daß Sie für eine derartige Statistenrolle zu clever sind, Mr. Tanner, ich möchte sogar sagen, zu ambitioniert, und das bedeutet, daß ich am Ende meiner Suche angelangt bin.
Tanner: Sie fantasieren.
Higgins: Es ging gar nicht primär um Tom Silkwood…
Tanner: Kenn ich nicht.
Higgins: Den Amerikaner, der sich ein wenig überschätzt hat, auch nicht um Lady Smith, die lange Zeit sehr geschickt aus dem Hintergrund agiert hat, es ging nicht einmal so sehr um das Montmartre, obwohl es doch der Quell Ihres ergaunerten Reichtums ist. Die Lösung des Falles hing mit einem einzigen Namen zusammen: Mr. Goldmann.
Tanner: Was hat denn Mr. Goldmann damit zu tun?
Higgins: Eigentlich nichts. Jedenfalls nicht der Mann auf dem Foto hier an der Wand.
Tanner: Was meinen Sie?
Higgins: Ich meine, daß der Mann auf diesem Foto hier an der Wand gar nicht Mr. Goldman ist, der Mann auf diesem Foto heißt Julano Montaldo und stammt aus Neapel.
Tanner: Sie sind ja verrückt!
Higgins: Nun ja, das werden die Gerichtspsychiater sehr rasch herausgefunden haben, wer von uns beiden verrückt ist. Anton Goldmann verkaufte seine Firma in Hongkong, und dann verliert sich seine Spur, und an seine Stelle trat Guliano Montaldo, und mich würde brennend der Verbleib des echten Anton Goldmann interessieren. Packen Sie aus, Tanner, oder Sie sollen mich kennenlernen.
Tanner: Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.
Higgins: Na gut, dann muß ich eben offenbar noch deutlicher werden… – Sie also, Sie sind der Joker…
Goldmann: Nein, er. Ohne mich wären Sie jetzt ein toter Mann, Chiefinspektor. Sehen Sie selbst: Er hatte unter dem Schreibtisch eine Pistole bereitliegen. Wird man beim Yard nicht auf so was vorbereitet?
Higgins: Ich bin tief in Ihrer Schuld, Mr. Goldmann.
Sir John: Na, Higgins?
Higgins: Sir?
Sir John: Ohne Mr. Goldmanns Hilfe säßen Sie jetzt nicht hier.
Goldmann: Es war mir ein ausgesprochenes Vergnügen, Chiefinspektor.
Higgins: Vielen Dank, Mr. Goldmann. Bei Ihnen war ich auf dem richtigen Weg, Ihr Bruder hieß Anton und nicht Maximilian, und er ist auch nicht an Krebs gestorben.
Goldmann: Ganz recht.
Sir John: Ich habe übrigens vor zwei Stunden die Meldung durchbekommen, daß auch Carpenter an einer Straßensperre gefaßt werden konnte. Wir können den Fall also abschließen. Mich würde nur eines interessieren, Mr. Goldmann, wann sind Sie eigentlich Tanner auf die Schliche gekommen?
Goldmann: Später, Sir John, beinahe zu spät. Sehen Sie, mein Bruder Anton, wir hatten uns ziemlich aus den Augen verloren, Anton hatte sich entschlossen, seine Firma in Hongkong, die Goldmann Industries aufzulösen und nach London zurückzukehren. Er schrieb mir diesbezüglich Briefe, doch dann riß der Kontakt ab, und obwohl er schon in London gewesen sein mußte, verlor ich seine Spur. Tanner hatte ihn beseitigt oder ihn beseitigen lassen und sich dann das Geld aus dem Verkaufserlös der Firma angeeignet, Hauptakteur bei diesem Coup war wohl dieser Guliano Montaldo, der als Double meines Bruders in Aktion trat. Ich hoffe, Interpol wird das erledigen.
Higgins: Das wird sie ganz bestimmt, Mr. Goldmann, nur mit einem komm ich nicht klar, warum und wieso quartierten Sie sich dann bei Lady Smith ein?
Goldmann: Ich hatte einen Tip aus der Unterwelt erhalten, und beschloß, mich für einige Zeit für einige Zeit im Home of Peace niederzulassen. Ich konnte natürlich nicht wissen, daß Lady Smith und Tanner Todfeinde waren. Ursprünglich habe ich ja sie für den Joker gehalten.
Higgins: Jaja, das war auch der Fehler, der uns unterlaufen ist.
Goldmann: Tanner wußte ja nichts von mir, sonst hätte er sicher versucht, auch mich zu beseitigen. Ich wiederum hatte keine Ahnung, daß mein Bruder Anton Eigentümer dieser Garage war, erst Miss Lane machte ganz nebenbei eine Bemerkung über Ihren Verdacht, Chiefinspektor, ich sah mich dann eines Nachts in Tanners Büro um, und als ich die Geschäftspapiere durchgesehen hatte und das Bild an der Wand entdeckte, wußte ich, daß Tanner unser Mann ist.
Higgins: Ja, Sir John, wir fanden bei Tanner den Schlüssel zu einem Banksafe, als wir ihn öffneten, glaubten wir vor einem Pharaonengrab zu stehen, der Kerl hatte ein Millionenvermögen angehäuft, vorwiegend in Schmuck. Wie lange seine Aktivitäten zurückreichen, werden wir wahrscheinlich nie genau rekonstruieren können.
Sir John: Ja und warum mußte Harras sterben?
Higgins: Harras war ein Spitzel des Jokers. Aber wahrscheinlich wußte er selbst nicht um die Identität seines Auftraggebers. Ich könnte mir vorstellen, daß Carpenter ihn angeheuert hat, Tanner wollte Lady Smith wohl auf subtile Weise loswerden, und beauftragte Harras, uns auf ihre Spur zu bringen. Lady Smith, na ja, sie war ja auch mit allen Wassern gewaschen.
Sir John: Ja, wie dieser Tanner seine wahre Identität verborgen hielt, das war ja richtig genial.
Higgins: Richtig, Sir, und was uns alle täuschte, war sein Alter. Der Joker, ein mehr als 70jähriger Mann.
Goldmann: Es waren in der Tat mehrere Personen als mögliche Täter in Betracht zu ziehen. Nur Miss Lane habe ich gleich durchschaut. Sie hat sich so rührend um mich bemüht, wir haben sogar Schach miteinander gespielt, und da wußte ich gleich, das ist ein Heinzelmännchen…pardon…frauchen von Scotland Yard.
Sir John: Apropos Miss Lane, ich habe sie nach Harvard geschickt.
Higgins: Nach Harvard?
Sir John: Ja, ich kenne da eine entzückende Pension.
Higgins: Entzückend.
Sir John: Ja, ich bat Miss Lane, sich persönlich dort zu erkundigen, ob noch Zimmer frei sind, und wenn ja, gleich welche zu reservieren. Ich denke, Sie haben sich einen Urlaub verdient, Higgins, irgendwelche Einwände?
Higgins: Wie? Was? Nein, nein, Sir John.
Sir John: Na, dann viel Glück, Higgins.
Goldmann: Ja, viel Glück.
Sir John: Miss Pattison, meine Tabletten.
Ann Pattison: Aber Sir John, jetzt?
Chefinspektor Higgins: Horst Frank
Superintendant Barbara Lane: Brigitte Frank
Sir John (Chef von Scotland Yard): Wolfgang Reinsch
Ann Pattison (seine Sekretärin): Angela Stark
Billy Reynolds: Frank Scholze
Josua Harras: Willi Schneider
Sergeant Hooper: Berth Wesselmann
Lady Smith: Ingeborg Steiert
Theodor Goldmann: Walter Laugwitz
Tankwirtin: Helene Elcka
Mr. Tanner: Josef Meinertzhagen
Mr. Short: Klaus Spürkel
Lieutenant Rogers: Gerd Andresen
Nick: Andreas Szerda
Das Haus von Shirley Jackson (BR 1994)
Montague: Institut für Parapsychologie Dr. John Montague, sehr geehrte Mrs Vance, sie kennen meinen Namen wahrscheinlich nicht, ich bin Wissenschaftler und dennoch oder gerade deshalb hat mich die Erforschung sog. übersinnlicher Phänomene immer beschäftigt, im Augenblick habe ich die Möglichkeit im Rahmen eines Forschungsprojekts einem immer noch skeptischen und überheblichen Kollegenkreis einen konkreten Zusammenhang zwischen Psychologie und Parapsychologie experimentell zu demonstrieren.
Schwester: Dr Montague, ist das überhaupt sein richtiger Name.
Elinor: Es gibt einen Dr John Montague, Dr der Philosophie und Anthropologie, Promotion in Oxford 1950.
Schwester: Das klingt doch alles ziemlich unseriös. Ein Forschungsprojekt und experimentell. Was für Experimente will er denn da machen und ausgerechnet mit jemand wie dir.
Montague: Für die Durchführung des Projekts brauche ich noch einige Assistenten, welche Intelligenz und Sensibilität mitbringen sowie genaue Beobachtungsgabe und die Fähigkeit das Wahrgenommene schriftlich zu fixieren.
Schwester: Elinor, ich bin verheiratet, ich kenne die Männer, als deine ältere Schwester habe ich eine gewisse Verantwortung für dich nachdem Mutter tot ist.
Elinor: Carrie, ich bin 31.
Schwester: Du bist eigentlich zu alt um noch so naiv zu sein, aber wohl immer noch jung genug für Dummheiten.
Montague: Sie, Miss Vance erschienen mir für die Mitarbeit geeignet, ich bin auf ihren Namen in den Akten des parapsychologischen Institutes gestoßen im Zusammenhang mit Zeitungsberichten über ein unaufgeklärtes Poltergeistphänomen.
Schwester: Poltergeist was ist denn das für ein Unsinn.
Elinor: Das muß die Sache mit den Steinen sein, erinnerst du dich.
Elinor: Vater war gerade 1 Monat tot.
Schwester: Das ist 20 Jahre her.
Elinor: Ja ich war gerade 12.
Schwester: Ah Steine die plötzlich auf unser Hausdach regneten, ins Fenster flogen von irgendwo her, das warst natürlich du um dich wichtig zu machen.
Elinor: Es waren die Nachbarn um uns zu ärgern, das hat Mutter damals den Reportern auch gesagt.
Montague: Mein Angebot für ihre Mitarbeit wäre Experiment und Urlaub in einem, vier Wochen in einem schönen alten Landhaus in ruhiger Lage das allerdings nur mit dem Auto erreichbar ist.
Schwester: Das Auto niemals.
Elinor: Es ist zur Hälfte auch mein Auto, wir haben es gemeinsam gekauft als ich noch.
Schwester: Aber ganze vier Wochen lang.
Elinor: Ich habs im letzten Jahr nicht einmal benutzt.
Schwester: Elenor, wenn du unbedingt Hals über Kopf einem wildfremden Mann nachrennen willst, ist das schlimm genug, aber nicht mit meinem Auto.
Elinor: Das kannst du ihm ruhig schreiben deinem Dr Montague.
Montague: Liebe Mr Vance, ich freue mich zu hören daß sie meiner Einladung folge leisten möchten, beigefügt finden sie eine genaue Wegbeschreibung die sie sicher zu Crains Hall unserem Hause führen wird.
Elinor: Zu Crains Hall unserem Haus, klopf klopf klopf.
Mrs Dudly: Was wollen sie?
Elinor: Ich entschuldigen Sie bitte mein Name ist Elinor Vance, ich werde hier erwartet.
Mrs Dudly: Von wem.
Elinor: Von Dr, ist denn Dr. Montague nicht da, wo sind denn die anderen Gäste.
Mrs Dudly: Hier sind keine Gäste.
Elinor: Aber sie sind doch Mrs Dudly die Haushälterin, ich meine das ist doch Crains Hall.
Mrs Dudly: Was sonst.
Elinor: Sehen sie, ich habe eine schriftliche Einladung von Dr. Montague oder hab ich mich im Datum geirrt, wo ist denn der Brief, ach wie dumm, ich hab den Brief im Auto liegen lassen ich kann ihn aber holen.
Mrs Dudly: Hier lang, ihren Koffer müssen sie selber tragen.
Elinor: Oh schwarze Holztäfelung bis zur Decke findet man selten.
Mrs Dudly: Das grüne Zimmer.
Elinor: Danke. Ein bißchen dunkel aber ja könnte man vielleicht das Fenster auf.
Mrs Dudly: Die Zimmer gehen mich nichts an, ich richte das Abendessen im Speisesaal her, Punkt 6, sie müssen sich selbst bedienen, ich räume am anderen morgen ab, Frühstück mach ich um 9, ich bleib hier nicht übernacht, ich gehe bevor es dunkel wird.
Elinor: Ich verstehe.
Mrs Dudly: Ich wohne im Ort, kein Angestellter würde hier im Haus übernachten.
Elinor: Ich verstehe.
Mrs Dudly: Es wird also niemand im Haus sein, falls sie Hilfe brauchen.
Elinor: Ich verstehe.
Mrs Dudly: Niemand, nachts wenn es dunkel ist.
Elinor: Mrs Dudly, Mrs Dudly, wo ist denn der Schlüssel hat das Zimmer keinen Schlüssel oh nein, nein nein.
Theodora: Das darf doch einfach nicht wahr sein nein, ha.
Elinor: Mein Gott bin ich froh daß sie da sind, geben sie mir doch die Tasche da.
Theo: Danke.
Elinor: Ich bin Elinor Vance.
Theo: Theodora, einfach Teo.
Elinor: Theo.
Theo: Puh dieses Monstrum von einem Haus, dieser häßliche.
Elinor: Sind sie auch so erschrocken als sie es das erste mal gesehen haben.
Theo: Hrm.
Elinor: Oh Mrs Dudly, geben sie ihr doch bitte das Zimmer neben meinem.
Mrs Dudly: Das blaue Zimmer.
Theo: Wunderbar, bestens geeignet als kleine private Aussegnungshalle.
Elinor: Mein Zimmer ist genau das gleiche in grün, ja wirklich dunkelgrün wie kalter Spinat.
Theo: Oh wie lecker.
Elinor: Und wir haben ein gemeinsames Badezimmer mit Durchgangstür.
Mrs Dudly: Ich richte das Abendessen im Speisesaal her, punkt sechs, sie müssen sich selbst bedienen, ich räum am andern Morgen ab, Frühstück mach ich um 9, ich bleibe hier nicht übernacht.
Elinor: Kein Angestellter würde hier im Haus übernachten.
Mrs Dudly: Es wird also niemand da sein falls sie Hilfe brauchen.
Elinor: Nachts wenn es dunkel ist.
Theo: Hab ich das richtig verstanden, diese reizende Dame wollte uns soeben klarmachen daß es völlig zwecklos ist nachts nach ihr zu rufen.
Elinor: So ist es.
Theo: Ehrlich gesagt ich kann mir im Moment keine noch so schlimme Situation vorstellen in der ich ausgerechnet Mrs Dudly zu hilfe rufen würde.
Elinor: Ich würde eher nach Graf Dracula klingeln, haha, was ist, wollen wir gemeinsam diesen Ort des Schreckens erkunden.
Theo: Ja aber nur wenn mich die große Schwester an die Hand nimmt. Oh eiskalt, sie hatten ja wirklich Angst, ganz ruhig, jetzt ist ja Theo da. Lehrerin, ich finde Kinder ja wunderbar, sie sind noch so spontan neugierig vital.
Elinor: Und eine Pest wenn man ihnen beibringen muß still zusitzen.
Theo: Du haßt deine Arbeit.
Elinor: Kann man denn leben von sowas wie Malerei.
Theo: Wir haben noch ein kleines Antiquitätengeschäft mein Freund und ich.
Elinor: Hättest du gedacht daß es nur ein paar hundert meter vom Haus entfernt ein so schönes Plätzchen gibt.
Theo: Wir haben uns gestritten, ich glaube sonst wäre ich gar nicht hergekommen, macht der mir einen Heiratsantrag.
Elinor: Und du haßt es geheiratet zu werden.
Theo: Ja aber jetzt gefällt es mir hier, in der Sonne, außer Sichtweite dieses häßlichen Hauses und mit dir an meiner Seite.
Elinor: Wenn ich mir die Wiese so anschaue.
Theo: Picknick ein Platz für ein Picknick.
Elinor: Genau das wollte ich sagen, kaltes Huhn und Schinkenbrote.
Theo: Schokoladenkuchen, Ameisen, Wespen.
Elinor: Harte Eier und das Salz vergessen, himmelblaue Plastikbecher.
Theo: Oh nein Horn und Silber meine liebe und im Weidenkörbchen wir werden.
Elinor: Was ist das da drüben zwischen den Bäumen.
Theo: Ein Werwolf was sonst.
Elinor: Wir sollten gehen, vielleicht sind die anderen schon da und warten auf uns.
Theo: Du hast immer noch Angst, das ist gefährlich mein Schatz.
Elinor: Aus welchem Grund bist du eingeladen worden.
Theo: Ich hab mal aus puren Spaß an einem Experiment teilgenommen, versteckte Karten erraten, ich hatte eine Trefferquote von 80 %.
Elinor: Und.
Theo: Purer Zufall was sonst, du hast immer noch kalte Hände.
Elinor: Ja, ist die Reise zu Ende reichen wir uns die Hände wenn der abend kommt.
Theo: Hübsch.
Elinor: An der nächsten Biegung sieht man es wieder.
Theo: Das gräßliche Haus, es hat ein Gesicht, es sieht dich an.
Elinor: Dieser große Turm, hab ich Sehstörung oder.
Theo: Er ist schief.
Elinor: Er ist schief nicht.
Theo: Und ich denke mit voller Absicht des Erbauers, hallo was ist denn da vorgefahren.
Elinor: Wo.
Theo: Nicht daß ich mich mit teuren Autos auskenne aber das ist bestimmt ein sehr teures.
Elinor: Jede Wette.
Theo: Entweder ist der Besitzer um die 50 glatzköpfig häßlich oder oder wenn er jung und attraktiv ist dann er hat das hier nicht mit seiner Hände Arbeit erworben, hab ich zu meiner Freundin gesagt.
Elinor: Theo.
Luke: Ja sie hat völlig recht ihre Freundin, das ist nur ein kleiner Vorschuß auf ein größeres Erbe.
Theo: Wie faszinierend.
Elinor: Und was werden sie erben Mr Sanderson.
Luke: Luc, bitte wie Theo und Elinor, nunja dies und das, diese exklusive Sommer-residenz zum Beispiel.
Theo: Ein guter Witz.
Luke: Leider nein, das Haus gehört meiner Tante Mord in London, genannt Erbtante und ihre Bedingung dafür es Dr Montague zu vermieten für sein Projekt war daß ich daran teilnehme, vielleicht hatte sie Angst die anderen könnten sich am Familiensilber vergreifen.
Theo: Und welche Farbe hat ihr Zimmer.
Luke: Sie werden es nicht glauben.
Theo: Nun.
Luke: Rosa.
Theo: Hahah.
Luke: Ja zugewiesen wurde es mir von einer Dame mit einem Gesicht, das ihr eine tragende Rolle in dem Film die Nacht der lebenden Toten garantieren würde.
Theo: Ja unsere gute Mrs Dudly.
Elinor: Und Dr Montague, wie ist der, kennen sie ihn.
Luke: Ehrlich gesagt, ich bin froh daß ich hier bin, ihrer Sicherheit wegen, er hat ja das muß man zugeben eine gewisse dämonische Faszination, etwas mephistofiles.
Montague: Hallo, schön daß sie schon alle da sind, das Abendessen wartet, kommen sie, ich bin Dr. Montague.
Theo: Mit blondem Bart.
Elinor: Und Goldrandbrille.
Montague: Es freut mich, wenn mein Erscheinen sie so fröhlich stimmt meine Damen auch wenn ich nicht ganz verstehe warum.
Luke: Jugendliche Gemüter Dr, die für ihre Heiterkeitsausbrüche keinen besonderen Anlaß brauchen.
Theo: Luke der Lügner, es wird spannend.
Montague: Der erste Abend. Mrs Elinor Vance, Mrs Theodora, Mr Luke Sanderson und ich, die beiden Frauen hoffentlich mit medialer Veranlagung, die Teilnehmer erhalten von mir die nötigen Informationen und lernen sich kennen.
Theo: Dr. erzählen sie weiter.
Montague: Wo war ich stehen geblieben.
Luke: Wir waren bei meinem legendären Urgroßonkel Henry Craine, dem Erbauer des Hauses und seinem naja sagen wir mal etwas seltsamen Charakter.
Montague: Ja, der arme Henry Craine, als seine Frau nach der Geburt des zweiten Kindes starb, verfiel er ganz der Melancholie.
Theo: Kinder, in dieser Plüschgruft sind Kinder aufgewachsen.
Montague: Zwei Mädchen, aber sie sind wohl auch nicht besonders glücklich geworden.
Luke: Das wundert mich nicht.
Montague: Die ältere Schwester blieb unverheiratet und wohnte im Haus und als sie krank und alt war nahm sie eine junge Frau aus dem Dorf als Pflegerin und Hausmädchen zu sich.
Theo: Grauenhafte Vorstellung so eine Arbeit machen zu müssen.
Montague: Nun ja die Leute hier waren sehr arm und es sah zunächst so aus, als bekäme dieses Hausmädchen für die verlorenen Jugendjahre wenigstens eine materielle Entschädigung, als die alte Dame starb vermachte sie ihr das Haus.
Theo: Wenn ich so was erben würde ich würd es sofort in die Luft jagen oh pardon Mr Sanderson.
Luke: Luke.
Theo: Luke.
Luke: Glauben Sie etwa ich habe die Absicht jemals hier zu wohnen, ich werde das Ding natürlich sofort verkaufen.
Theo: Falls sie einen Käufer dafür finden.
Elinor: Was wurde aus dem Hausmädchen, hat sie hier gelebt.
Montague: Ja aber nicht lange, die andere Schwester focht das Testament an und gewann, an dem Tag als sie den Brief mit dem Bescheid bekam erhängte sich die junge Frau.
Elinor: In dem Schiefen Turm.
Montague: Woher wissen sie das.
Elinor: Was, ich ich dachte es mir nur so, wenn wenn ich mich hier erhängen wollte, würde ich Gott entschuldigung ich rede dummes Zeug.
Luke: Nein nein sie hat völlig recht, der beste Ort hier für einen stilvollen Freitod ist der Turm, noch einen Martini für Elinor.
Elinor: Ja bitte danke.
Theo: Und, weiter.
Montague: Was bitte weiter.
Theo: Die Pointe ihrer Geschichte, die Leiche im Keller, der Mörder mit dem Beil.
Luke: Das Monster mit den spitzen Zähnen, naja was man so erwartet in einem Bauwerk wie diesem.
Montague: Sie spüren also auch die besondere Atmosphäre des Hauses.
Theo: Es ist besonders häßlich.
Luke: Naja, es ist nicht gerade ein architektonisches Glanzstück aber.
Elinor: Mir macht es Angst.
Montague: Angst wovor denn.
Elinor: Ich weiß nicht.
Theo: Gibt es noch einen Martini für Theo.
Luke: Aber gerne, oh nein, die Flasche ist leer.
Montague: Auf der Anrichte im Speisesaal steht noch eine.
Theo: Ich hole sie.
Montague: Nein.
Luke: Ich brauche noch ein bißchen Bewegung.
Montague: Nein Theodora, lassen sie mich lieber.
Theo: Ich habe keine Angst Dr.
Luke: Oder wir gehen zusammen.
Theo: Haha.
Elinor: Dr Montague, was sollen wir in diesem Haus, was erwarten sie von uns.
Luke: Tja Dr Schönheit und praktische Vernunft ein gefährliches Paar unsere Damen.
Montague: Glauben sie an Gespenster.
Elinor: Natürlich nicht.
Montague: Gut, das würde ich auch sagen wenn man mich so fragt, woran ich allerdings glaube ist daß bestimmte Kräfte die Psyche derart beeinflußen können, daß eine Art Rückwirkung auf deren Umgebung entsteht, können sie mir folgen.
Theo: Nein.
Montague: Tatsache ist, dieses Haus ist in all den Jahren seit dem Tod des Hausmädchens dutzende Male vermietet worden aber kein Mieter hat es hier lange ausgehalten und immer wieder mit den abenteuerlichsten Begründungen die Flucht ergriffen, zu trocken, zu feucht, zu stickig, zu zugig, magnetische Ströme, unterirdische Wasseradern usw ja und seit 10 Jahren steht das Haus leer.
Luke: Was ist denn jetzt. Also.
Theo: Elinor. Elinor.
Luke: Merkwürdige Hörspiele bringen die manchmal.
Elinor: Das ist kein Hörspiel.
Theo: Elinor, Luke.
Elinor: Theo.
Montague: Wir hätten sie nicht allein gehen lassen sollen. Wo sind sie.
Theo: Hier.
Montague: Wo denn.
Theo: Mach die Tür auf.
Luke: Da. Da da kommt die Stimme her. Hinter der Wand.
Elinor: Aber da führt kein Weg in den Nebenraum.
Theo: Kommt denn niemand.
Elinor: Theo. Theo.
Montague: Nein nein das ist der richtige Weg, hierhier, hierher.
Au.
Theo: Na endlich.
Luke: Alles in Ordnung.
Theo: Na klar mir gehts blendend.
Luke: Gut.
Theo: So gut wie es einem gehen kann wenn man gerade kopfüber in ein dunkles Zimmer gestürzt ist.
Luke: Also sowas, da sind ja Stufen zwischen den Zimmern, das ist aberwitzig.
Theo: Dann fällt diese verdammte Tür hinter mir zu und als ich sie endlich finde im Dunkeln ist sie abgeschlossen.
Montague: Das war sie nicht, sehen sie, dieses Zimmer hat 3 Türen mit Stufen, sie haben an der falschen gerüttelt, der Weg zum Speisesaal war das übrigens auch nicht.
Theo: Aber ich hätte schwören können, mein Ortssinn ist untrüglich.
Montague: Nein, sie haben schon im ersten Raum die falsche Tür erwischt.
Theo: Diese verdammte Haus, ich hasse es.
Montague: Ich habe den Weg erst mit dem Grundrißplan suchen müssen, tja liebe Freunde wir sollten eines daraus lernen, niemals alleine hier herumzustöbern.
Elinor: Vor allem Nachts, nachts wenn es dunkel ist.
Montague: Nach einigen weiteren Drinks haben sich alle zurückgezogen, erstaunlich wie still es hier draußen ist, auch bei offenem Fenster kaum ein Laut aus dem Park, es regnet wieder, auch fast lautlos, ich bin sicher, diese erste Nacht wird erwartungsgemäß verlaufen.
Elinor: Ist noch ein Schluck Kaffee da.
Luke: Ja gerne.
Montague: Nachdem wir alle ausgezeichnet geschlafen und nichts ungewöhnliches erlebt haben.
Luke: Nein halt ich protestiere, ich habe von Mrs Dudly geträumt, ja sie schwebte in einer grünlichen Aura auf mich herab und.
Mrs Dudly: Ich räume um 10 Uhr ab, es ist fünf nach 10.
Montague: Selbstverständlich Mrs Dudly, es war ein ausgezeichnetes Frühstück.
Luke: Und auch das Abendessen wirklich, war ausgezeichnet.
Theo: Ja wirklich wunderbar.
Elinor: Wir können heute abend das Geschirr auch selbst in die Küche zurücktragen.
Mrs Dudly: Ich räume am anderen Morgen ab, ich kenne den richtigen Platz für alles.
Montague: Also dann, auf zur Hausbesichtigung.
Theo: Unglaublich, Räume ganz ohne Fenster.
Montague: Davon gibt es noch vier, nein hier entlang, das ist eine Sackgasse. Luke wo sind sie.
Luke: Hier komme.
Elinor: Warum so viele verwinkelte und verdunkelte Räume.
Theo: Viktorianisch, damit man sich besser verstecken kann.
Luke: Verstecken und erschrecken.
Montague: Bitte kommen sie.
Elinor: Was war das.
Montague: Merkwürdig, ich hab alle Türen hinter uns offen gelassen.
Theo: Da schon wieder, ganz von selbst.
Luke: Ich werd jetzt überall Stühle in die Türen stellen.
Montague: Ich habe den Verdacht, daß die Türstöcke von anfang an etwas schief konstruiert sind, ja damit genau dieser Effekt eintritt.
Luke: Mit einer Wasserwaage könnte man das nachprüfen.
Theo: Elinor.
Montague: Alles in Ordnung mit ihnen.
Elinor: Ja, ich bin über den Schemel gestolpert, brauner Teppich, brauner Samt, ich hab ihn einfach nicht gesehen.
Theo: Ein tückisches Miststück von einem Haus.
Elinor: Ich will hier raus.
Luke: Als hätte ich Gleichgewichtsstörungen.
Theo: Meine Eltern haben mich mal auf dem Rummelplatz in so eine verrückte Hütte mitgenommen, da waren alle Wände ein bißchen schief und die Fußböden auch.
Luke: Gibt es da nicht eine Stelle wo ein Luftzug den Damen unter die Röcke weht.
Theo: Mr Sanderson, mir war jedenfalls sterbenselend als ich wieder herauskam.
Montague: Wenn unsere Erwartungshaltung an Architektur, klare Linien, rechte Winkel, Aufteilung nach den Gesetzen von Symmetrie und Proportionen ständig enttäuscht wird, das erzeugt auch so etwas wie ein Schwindelgefühl.
Theo: Da haben wir es doch, dieses ganze Haus ist ein einziger Jahrmarktscherz.
Luke: Still hab ich Halluzinationen oder.
Theo: Nein, ich hörs auch.
Luke: Wo kommt denn das her.
Theo: Dr Montague was ist das.
Luke: Warten Sie, machen sie mal diese Türe auf und zu, auf und zu.
Theo: Luke bleiben sie hier.
Montague: Ich glaube ich weiß was er tun wird er nimmt die Stühle in den Türen weg.
Luke: Türen zu, kein Zugluft mehr, kein Geheul, Henry Craine der Irre hat sein Horrorkabinett mit allen Tricks ausgestattet.
Montague: Es könnte von den geschnitzten Gesichtern über den Türen herkommen, die Mundöffnungen als Schalltrichter.
Luke: Möglich, Metallzungen vielleicht.
Theo: Elenor, Elenor, wo ist Elenor.
Elinor: Mein Gott, haben sie mich erschreckt.
Luke: Also wer hier wen erschreckt hat darüber sollten wir jetzt lieber nicht streiten ja.
Elinor: Ich hab nur den Turm angeschaut, hier vom Balkon aus, er ist schief, ganz schief.
Luke: Sie hingen auch schon halb über der Brüstung.
Elinor: Mir ist ein bißchen schwindlig, sie müssen mich nicht festhalten, sie müssen nicht den edlen Lebensretter spielen.
Theo: Elinor, was war denn plötzlich.
Montague: Warum befolgen sie nicht meinen Rat und bleiben beisammen.
Theo: Ich werde dich heute nicht mehr aus den Augen lassen, das versprech ich dir mein Schatz.
Theo: Elinor bist du noch da.
Elinor: Natürlich.
Theo: Was machst du.
Elinor: Ich denke nach.
Theo: Über etwas erfreuliches hoffe ich.
Elinor: Ja über dich.
Theo: Sehr gut.
Elinor: Du bist hinreißend, zart und wunderschön, ich hasse dich.
Theo: Was hast du gesagt.
Elinor: Nichts.
Theo: Verdammt ich hab meinen Nagellack vergessen, hast du vielleicht welchen dabei, Burgunderrot.
Elinor: Nein.
Theo: Du benutzt auch kein Maskcara, Makeup, Lippenstift.
Elinor: Nein.
Theo: Das solltest du aber, du würdest gleich viel hübscher aussehen.
Elinor: Hübscher.
Theo: Nicht für einen Mann für dich selbst es ist ein gutes Gefühl sich zu schmücken, naja ich gebs ja zu ich übertreibs manchmal ein bißchen, schau nur an was ich alles mitgeschleppt habe, eine handbemalte Seidenbluse und das hier maßgeschneidert, meine schönsten Sachen zusammengerafft nur für diese blöde Haus, du warst viel vernünftiger, hast nur was schlichtes und praktisches mitgenommen.
Elinor: Du wirst es nicht glauben, ich hab auch meine schönsten Sachen zusammen.
Theo: Was sagst du. So und jetzt werde ich mir als erstes den Grundriß von Crains Hall abzeichnen, ich werde überhaupt so viel wie möglich zeichnen von den Abartigkeiten dieses Hauses und dich auch.
Elinor: Elinor zwischen Drachen, Furien, Chimären.
Theo: Nymphen, Putten, Grazien, bleib also stehen.
Elinor: Nein Theo.
Theo: Halt mal still. Du magst dich selbst nicht, warum.
Elinor: Bitte hör auf.
Theo: Ich hab das Gefühl, du solltest abreisen, so schnell wie möglich.
Elinor: Warum, mir gefällt es hier.
Theo: Eben, deshalb.
Montague: Der zweite Abend, die Teilnehmer beginnen sich an das Haus zu gewöhnen, auch Mrs Vance, die zu Beginn hochgradig verspannt und nervös war, wenn die mir bekannten Berichte über Crains Halls der Wahrheit entsprechen, müßte die zweite Nacht.
Elinor: Na Mutter ich hör dich, ja, ja, ich hör dich ja.
Theo: Elinor, Elinor, hast du es auch gehört, komm rüber zu mir.
Elinor: Was ist.
Theo: Pst. Da da ist es wieder, ich dachte ich hätte es nur geträumt, es ist kalt hier, es ist eiskalt, vielleicht der Dr oder Luke, gib mir noch ne Decke. Es kommt näher. Ist die Tür abgeschlossen. Ja. Es ist nur ein Geräusch. Geh weg. Ist mir kalt.
Elinor: Mir auch.
Theo: Wo ist Luke, wo ist der Doktor.
Elinor: Ich glaube. O Gott es weiß jetzt, daß wir hier sind. Du kommst hier nicht rein.
Montague: Da war doch Elenors Stimme.
Luke: Ja aber aus Teos Zimmer.
Montague: Hallo wir sinds.
Theo: Doctor, Luke, gott sei dank.
Luke: Ist alles in Ordnung.
Montague: Ist irgendwas passiert während wir weg waren.
Theo: Ja eigentlich nichts besonders, es hat nur irgendwas mit einem Brecheisen an unsere Tür geklopft weil es uns gern fressen wollte, und wo wart ihr, ihr furchtlosen Beschützer.
Montague: Wir haben einen Hund gejagt.
Theo: Einen Hund hier im Haus.
Luke. Ja einen Hund oder so was ähnliches, es war ein großes schwarzes Tier, ich habs nicht genau gesehen unten in der Halle, dann war es plötzlich weg.
Theo: Haben Sie denn das Klopfen nicht gehört.
Montague: Keinen Laut.
Luke: Wir dachten sie schlafen friedlich da oben bis wir sie schreien hörten.
Montague: Moment, Moment, sieht das nicht so aus, als wären ob Luke und ich mit Absicht weggelockt worden weg von ihnen, Freunde wir müssen auf der Hut sein.
Montague: Irgendetwas kommt in Bewegung, prompt oder fast ein wenig zu prompt, aber wichtig ist nur den Überblick zu behalten. Der dritte Tag.
Luke: Fällt ihnen nichts auf an unseren beiden Damen, Doktor.
Montague: Nein.
Luke: Sehen sie doch mal, unsere schöne Theo gleicht heute einer müden Rosenblüte, guten Morgen Theo, Eleinor dagegen sieht sie nicht ausgesprochen frisch ja geradezu stahlend aus, gar nicht wie jemand der so eine aufregende Nacht hinter sich hat.
Theo: Tu mir jetzt bloß nicht den Gefallen rot zu werden.
Luke: Doch, doch aufregende Nächte scheinen ihnen zu bekommen, Mrs Vance, ich finde sie sollten sich mehr davon gönnen.
Montague: Na ich hoffe wir haben einen ruhigen Tag. Ich will ihnen noch eine kleine Spezialität des Hauses zeigen, etwas das es in alten Gemäuern öfter gibt.
Theo: Die Falltür zur geheimen Folterkammer hoffe ich.
Montague: Lassen sie sich überraschen.
Elinor: Huch, kalt wie in einer Gruft.
Montague: Jetzt treten sie wieder einen Schritt zurück.
Elinor: Es ist weg, tatsächlich, kalt warm.
Montague: Für diese kalten Stellen in geschlossenen Räumen gibt es keine naturwissenschaftliche Erklärung.
Luke: Also wenn ich das Thermometer hinhalte zeigt es keine Veränderung.
Montague: Ja das sagte ich ja.
Luke: Dann ist diese Kälte hier ein ganz subjektives Empfinden.
Theo: Seien Sie mir nicht böse, aber ihre kalten Stellen lassen mich ziemlich kalt, ich möchte lieber eine Skizze von Haus machen.
Montague: Aber sie dürfen nicht allein gehen.
Luke: Ich würde sie gern begleiten aber Dr Montague braucht mich als Helfer.
Elinor: Das kann ich auch tun falls sie mir das zutrauen.
Montague: Selbstverständlich.
Elinor: Praktische Vernunft.
Theo: Ich habe nichts gegen Begleitung, ich brauche in den Räumen extra Licht.
Luke: Ich werde mein bestes tun.
Theo: Sie brauchen nur ihr Taschenlampe gerade zu halten.
Elinor: Es ist nicht einfach kalt, es ist, ich habe das Gefühl jemand will mir was antun.
Montague: Gehen sie raus aus der Kälte.
Elinor: Es ist ein ganz ähnliche Kälte wie gestern nacht als es an der Tür geklopft hat.
Montague: Haben sie das alles aufgeschrieben, nicht nur die Vorgänge auch ihre Empfindungen dabei und evt. Veränderungen die sie an sich selbst spüren, wissen sie, die Einfallpforte für Geister ist unsere eigene Psyche und wenn es da Schwach- stellen gibt.
Luke: Doktor Montague, da ist etwas, das sie sich ansehen sollten.
Montague: Luke alleine, wo ist Theorora.
Luke: Sie ist auf ihrem Zimmer, kommen Sie.
Theo: Da, sehen sie sich das an, alles beschmiert, da, es ist eine Schweinerei.
Luke: Was ist das Dr, Blut.
Montague: Das glaube ich nicht.
Theo: Was soll ich denn jetzt anziehen.
Elinor: Das ist Farbe, rote Farbe aus deinem Malkasten.
Theo: Was, glaubst du etwa, ich verdrecke mir meine eigenen Sachen, da ist kein einziges Stück mehr heil. Du warst es, ja genau du warst es.
Elinor: Du bist ja verrückt.
Montague: Unsinn, Elinor war doch den ganzen Morgen mit uns zusammen oder.
Luke: Ich glaube schon.
Theo: Die Bluse kann ich wegwerfen, das krieg ich nie wieder raus.
Luke: Ich könnte mein Kashmirpulover anbieten oder den Seidenpyjama.
Elinor: Ich kann ihr auch was geben, allerdings nur was schlichtes und praktisches.
Montague: Schade, in der Stadt könnte ich diese rote Substanz chemisch analysieren lassen aber hier.
Elinor: Da an der Wand seht doch, das ist ein E.
Luke: Die ist ja auch beschmiert bis zu Decke.
Elinor: Der Buchstabe E, E wie Elenor.
Montague: Es könnte ein E sein, ja, sehr schief zwar.
Elinor: Wissen Sie, was das bedeutet, es kennt meinen Namen.
Montague: Es kennt die Namen von uns allen.
Elinor: Aber es meint mich, es steht da nicht T wie Theo oder L wie Luke sondern E wie Elinor.
Luke: Sie könnten sich ja gerade geschmeichelt fühlen von der Aufmerksamkeit dieses Haus.
Elinor: Ihr billiger Zynismus ist widerwärtig, ich würde ihnen zutrauen, daß sie das getan haben.
Luke: Was denn E wie Elenor an die Wand pinseln, ist das vielleicht eine geheime Wunschvorstellung von ihnen, soll ich E wie Elinor an alle Wände pinseln.
Montague: Ruhe Freunde, beruhigen Sie sich, merken sie nicht, Theo gegen Elinor, Elinor gegen Luke, wohin soll das führen.
Luke: Alle gegen Dr Montague, wohin denn sonst.
Elinor: Das ist ja ekelhaft, richtig widerwärtig, warum zeigen sie mir das.
Luke: Ich mußte es einfach jemandem zeigen, ich habs hier im Regal gefunden, die sieben Todsünden und ihre Bestrafung.
Elinor: Für meine beiden Töchter zu Belehrung und Abschreckung, eigenhändig illustriert von Henry Craine.
Luke: Diese Bilder, ein kranker.
Elinor: Glaubt mir, das alles tu ich nur zu eurem besten und aus tief empfundener Liebe für euch meine Kinder, ein Alptraum von einem Vater.
Luke: Tja besser so aufzuwachsen wie ich von einem Internat ins andere.
Elinor: Ich war zuhause bei meiner Mutter.
Luke: Sie glückliche, hab mir immer gewünscht.
Elinor: Ich brauche Luft.
Luke: Halt warten sie doch.
Elinor: Hat der arme kleine Junge etwa Angst allein mit Urgroßonkel Henry.
Luke: Immer schön zusammenbleiben, Befehl von Onkel Doktor, jetzt machen wir gemeinsam einen Spaziergang.
Montague: Der dritte Abend, Spannungen in der Gruppe, nur Mrs Vance wirkt erstaunlich ausgeglichen.
Elinor: Für mich war das Alptraum, dies Klopfen an der Tür.
Montague: Aber ein Alptraum, den sie mit Theo geteilt haben.
Theo: Allerdings.
Luke: Und das mit Theos Kleidern, ein Alptraum von uns allen.
Elinor: Die Flasche ist leer, ich hol uns eine neue.
Luke: Ach Elinor soll nicht ich.
Theo: Sie haben sich ganz schön Zeit gelassen Mr Sanderson, sie fürchten sich doch nicht etwa vor ihrem eigenen Haus.
Luke: Erwarten sie immer Heldentaten von Männern.
Theo: Nicht von jedem.
Luke: Wissen Sie, ich hatte ein paar Freunde, tollkühne Jungs, Teufelskerle, na ja, ich bin noch am leben.
Montague: Aha, heute haben wir Theo gegen Luke.
Mrs Dudly: Suchen Sie eine neue Flasche.
Elinor: Oh Mrs Dudley, sie sind noch da.
Mrs Dudly: Da steht sie.
Elinor: Ich werd die Auflaufform heute abend gleich saubermachen.
Mrs Dudly: Sie sind Drecksarbeit gewohnt, man sieht es an ihren Händen.
Elinor: Ich.
Mrs Dudly: Sie haben nie dumme Witze über das Haus gemacht.
Elinor: Nein.
Mrs Dudly: Aber sie fürchten es auch nicht mehr.
Elinor: Nein, ich fühle mich hier wie.
Mrs Dudly: Sie sollten gehen.
Elinor: Warum.
Mrs Dudly: Bevor es zu spät ist, gute Nacht.
Luke: Ich möchte jetzt einen Mozart zu Mrs Dudlys exzellenten Souffle naja oder.
Radio: Über die Rolle der Ilusion in unserem Leben.
Montague: Halt warten Sie Luke.
Radio: Daß sich kein Mensch längere Zeit dem Bewußtsein seiner reinen Realität aussetzen kann ohne Schaden zu nehmen. Träume, Tagträume, Illusionen sind unentbehrliche Schutzmechanismen der Psyche, schon bei höherentwickelten.
Luke: Scheiß Kasten.
Theo: Aber Mr Sanderson, wo bleiben denn ihre Manieren, die teure Erziehung.
Luke: Das ist doch unglaublich, kein einziger Sender geht mehr rein.
Montague: Eine atmosphärische Störung vielleicht.
Elinor: Nein.
Theo: Elinor, jetzt schleichst du dich schon an wie Mrs Dudley.
Elinor: Es ist das Haus, es isoliert uns von der Außenwelt, es will nicht daß wir etwas anderes hören als seine eigene Stimme.
Montague: Wenn ich den Eindruck bekäme, daß das Haus irgendeinem von ihnen gefährlich werden könnte würde ich ihn sofort nach Hause schicken.
Radio: Elenor Rigby.
Theo: Sie sagt immer zu Elinor. Elinor.
Montague: Der vierte Tag, ja es ist etwas in Bewegung geraten, ich spüre es, obwohl die Nacht ruhig verlaufen ist wie erfahrungsgemäß jede zweite Nacht in einem Haus mit übersinnlichen Erscheinungen, es gibt hier Manifestationen, aber anders als ich es erwartet habe, die Ahnung einer kühnen Theorie, Elinor Vance, wirklich bedauderlich daß ich mich ihr heute nicht gründlicher werde widmen können.
Theo: Elinor du hast dir die letzte Tasse Kaffee genommen.
Elinor: Ach entschuldigung, ich überlasse sie selbstverständlich dir.
Luke: Vorsicht, Mrs Vance, ist doch mein bestes Service.
Elinor: Ach Gott Luke plötzlich peinlich kleinlich.
Montague: Ja Mr Dudly ist leider etwas sparsam mit dem Kaffee.
Theo: Unerschrockener Luke könnten sie nicht in die Küche gehen und.
Luke: Abgelehnt, als ich gestern Mrs Dudly um eine zweite Kanne bat, da hat sie mich gemustert wie einen Schmutzfleck auf ihrer Sonntagsbluse.
Elinor: Ein Auto ist vorgefahren.
Theo: Nur eine Sinnestäuschung im Schatten des Hauses.
Montague: Ah das wird meine Frau sein.
Luke: Ihre Frau.
Montague: Ja, habe ich etwa vergessen ihnen zu sagen daß sie heute kommt, sie ist Spiritistin aus Leidenschaft, sie arbeitet mit einem Spezialgerät, um die Stimmen der Verstorbenen aufzunehmen, eigentlich wollte sie von Anfang an dabei sein.
Frau: John wo bist du.
Montague: Aber das konnte ich ihr ausreden. Hier meine Liebe.
Frau: Was für ein wunderbares Haus, ideal für übersinnliche Manifestationen.
Montague: Darf ich vorstellen, Mrs Vance, Mrs Theoroda, Mr Sandson.
Frau: Hatten sie denn schon Erfolge, na das macht nichts, mit meiner medialen Veranlagung werden wir die Geister der hier verstorbenen schon zum Reden bringen, ja das gelbe Zimmer hat diese Mrs Dudly gesagt, aber mein Gepäck steht noch immer da.
Montague: Ich bring es gleich nach oben.
Frau: Nein John, denk an deine Bandscheiben.
Luke: Darf ich vielleicht behilflich sein.
Frau: Ja, laß den jungen Mann das machen, oh vorsicht mit dieser Tasche, da ist mein Tonband drin, ein ausgesprochen sensibles Gerät, sie glauben ja gar nicht, wie es diese armen Seelen drängt sich uns mitzuteilen, ich sage immer, nichts ist kindischer als vor ihnen Angst zu haben.
Montague: Ja meine Frau, Spiritismus wie gesagt ihre Leidenschaft.
Frau: Wir könnten schon heute abend die erste richtige Seance abhalten.
Montague: Sonst ist wirklich wunderbar, eine wunderbare Hausfrau, Köchin, wirklich.
Elinor: Und keinen Pfennig Förderung bekommt unser Dr Montague für das Projekt, nicht mal vom Institut für Parapsychologie, er finanziert es ganz aus eigener Tasche, oder mit der Erbschaft seiner Frau, hat mir Luke erzählt.
Theo: Hat er dir auch erzählt, wie traurig es ist ohne Mutter aufzuwachsen.
Elinor: Du bist doch nicht etwa eifersüchtig.
Theo: Ich kann es nicht mitansehen, wenn eine Frau mit Verstand sich zum Narren macht, es tut mir weh.
Montague: Der vierte Abend, die Entwicklung ist an einem kritischen Punkt angelangt, zum ersten Mal habe ich das Gefühl, es könnte scheitern.
Montague: Danke Elinor.
Theo: Luke sie machen mich nervös.
Luke: Wahrscheinlich ist der Aparat kaputt.
Frau: John hab ichs dir nicht gleich gesagt es liegt nur an den richtigen Schwingungen, da, ich hab mich heute nachmittag intensiv konzentriert und ein paar Fragen an die Verstorbenen auf dieses Band gesprochen und wie ich es mir jetzt abhöre sind Antworten drauf, moment.
Frau: Was willst du, was willst du.
Frau: Sie antworten nicht immer gleich.
Frau: Was willst du.
Frau: Sie hat nach Hause gesagt, ganz deutlich.
Frau: Leidest du und worunter, leidest du.
Frau: Mutter, sagt sie das arme Ding.
Frau: Können wir dir helfen.
Frau: Ja das war das Ende der Aufzeichnung, John hieß eine der hier Verstorbenen das Hausmädchen vielleicht Helen oder Helena.
Montague: Nicht das ich wüßte.
Frau: Unsere Stimme, sie nennt sich Nelly.
Theo: Nelly ist auch eine Kurzform für Elenor, hat dich mal jemand Nelly genannt.
Elinor: Ja Vater aber das ist schon sehr lange her.
Frau: Haben sie denn Botschaften aus dem Jenseits empfangen, sind sie medial.
Theo: Also unsere Nelly braucht keine Botschaften aus dem Jenseits sondern einen Cognac und ein warmes Bett.
Montague: Ich schlage vor, Elinor schläft sicherheitshalber bei Theo und ich und Luke wir campieren nebenan, ich weiß nur nicht Ann ob du.
Frau: Mach dir kein Sorgen um mich, ich bleibe in meinem Zimmer, einem wirklich positiv denkenden Menschen kann nichts böses von diesen armen gequälten Seelen widerfahren.
Elinor: Wie lange geht das schon, eine viertel Stunde, eine Stunde.
Theo: Hör auf damit, hör auf. Was war das.
Luke: Das war die Vase im Gang, Ming Dynastie.
Theo: Bald sprengt es die Tür.
Montague: Sie haben immer noch nicht verstanden, solange wir ihm widerstehen wird auch die Tür standhalten.
Elinor: Es will mich, es will nur mich.
Theo: Kalt, Luke, bitte noch eine Bettdecke.
Luke: Besser so.
Theo: Nein.
Montague: Ganz ruhig.
Theo: Das Haus spielt verrückt.
Luke: Das Biest, das ist bestimmt mein bestes Service.
Elinor: Ich halts nicht mehr aus.
Montague: Nicht nachgeben, Elinor.
Montague: Ich glaube es ist vorbei, Luke ein Cocnag für Elenor.
Luke: Zuerst ein Cocnag für Luke.
Theo: Und bitte für Theo.
Montague: Und sie schreiben das auf, was sie erlebt haben, alle drei.
Theo: Was heute noch.
Luke: Sie haben vielleicht Nerven Doktor.
Montague: Der fünfte Tag, ich habe mich getäuscht, erfreulicherweise, die Manifestationen gehen weiter, also heute wieder ein Tag der Ruhe nach dem Sturm.
Frau: Gibt es noch Kaffee.
Montague: Ja hier meine liebste.
Frau: Ziemlich dünn, das hättest du dieser Mrs Dudly schon längst sagen sollen, aber ist das nicht merkwürdig, dieses Haus, von dem wir uns so viel versprochen haben, es war die ganze Nacht totenstill.
Theo: Hahah.
Frau: Ich finde die Erheiterung deine Assistenten ziemlich unpassend, ich fürchte du hast dir da recht oberflächliche Charaktere ausgesucht, dabei ist es doch deine These daß nur mit ganz besonderen Persönlichkeiten übernatürliche Erscheinungen.
Montague: Oh Mrs Dudley, guten Morgen.
Luke: Offensichtlich haben sie noch genügend heiles Geschirr für uns gefunden.
Mrs Dudly: Ich weiß nicht wovon sie reden.
Frau: Da geht es ihnen wie mir, Mrs Dudly, es ist kein Kaffee mehr da.
Luke: Mrs Dudly räumt um 10 Uhr ab, es ist fünf nach zehn.
Mrs Dudly: Ich bringe ihnen gleich noch eine Kanne.
Frau: Bißchen stärker bitte, wir zahlen nicht gerade wenig für die Pension hier.
Theo: Elinor, wir sollten endlich unser Picknick organisieren als Abschiedsessen, ich fahre morgen, ich mag nicht mehr, ich will nach Hause.
Elinor: Theo, was hältst du davon, wenn ich mitkomme zu dir, in deine Wohnung, ich hause in einer Abstellkammer bei meiner Schwester mit ihrem vulgären Mann und mit ihrem verzogenen Sohn ich hasse sie.
Theo: Dann zieh doch aus.
Elinor: Wie denn.
Theo: Du hast doch ein Beruf.
Elinor: Ich bin schon seit Jahren arbeitslos. Bitte nimm mich mit.
Theo: Das geht nicht.
Elinor: Ich brauch nicht viel, ein Klappbett in deinem Laden, ich werd mich nützlich machen, ich hab das Auto ohne Erlaubnis genommen, ich kann nicht zurück zu meiner Schwester.
Theo: Elenor.
Luke: Eleonor ist doch ein wunderhübscher Name, das eignet sich dazu mit Pathos ausgesprochen zu werden, stör ich irgendein Zerwürfnis zwischen den Schwestern.
Theo: Das kann man wohl sagen, ich frage Elinor, ob sie mit mir Picknick unten am Bach machen möchte, und sie sagt, sie haßt Picknick.
Luke: Picknick ich liebe Picknicks, ich weiß nicht ob sie mich als Ersatz akzeptieren.
Theo: Ich kann es ja mal probieren. Was besorgen wir uns denn zu essen.
Luke: Kaltes Huhn und Schinkenbrote.
Theo: Schololadenkuchen.
Luke: Ja. Harte Eier. Das Salz vergessen. Aber keine Plastikbecher.
Elinor: Ist die Reise zu Ende reichen wir uns die Hände, wenn der Abend kommt.
Elinor: Was ist das. Wach nur auf Theo Tausendschön. Aus dem Bett Leo Lügner, Dr. Montague, Poltergeist für Mrs Montague.
Theo: Eleonor ist weg.
Montague: Da da ist sie.
Luke: Im schiefen Turm natürlich.
Frau: Was in aller Welt tut diese verrückte Person da oben.
Theo: Elinor warte, nicht weitergehen, ich komme.
Montague: Bleiben Sie hier, sie kann gar nicht weiter nach oben klettern, die Treppe zum Turm ist auf halber Höhe zusammengebrochen, ja, ich hab es nur vergessen es ihnen allen zu sagen.
Luke: Der Rest der Treppe auch noch runter.
Montague: Klettern sie zurück Elenor aber vorsichtig.
Theo: Du mußt sie holen Luke.
Montague: Ich bin dafür verantwortlich, ich hole sie.
Theo: Luke bitte.
Luke: Ihre Frau hat recht, ich mach das.
Frau: Du hast dich ja geweigert, die charakterliche Eignung zu prüfen.
Theo: Bleib ruhig Elenor ganz ruhig.
Luke: Elinor, Elinor, schau mich an, so jetzt gib mir die Hand, ja.
Elinor: Ich hatte doch nur einen Alptraum, das hätte jedem passieren können.
Luke: Der Koffer ist im Auto.
Montague: Steigen sie ein, Mrs Vance.
Elinor: Aber sie können mich doch nicht wegschicken.
Frau: Fahren sie vorsichtig. Ich habe mit ihrer Schwester telefoniert, sie war schon sehr in Sorge wegen des Autos.
Elinor: Dr Montague.
Montague: Verstehen sie denn nicht, sie sind hier in Gefahr.
Elinor: Das ist Unsinn, das wissen sie doch, ohne mich läuft ihr Projekt nicht mehr, außerdem ist es nicht ihr Haus, sie können mich nicht wegschicken.
Luke: Dr Montague handelt im Einvernehmen mit mir als Hausherr.
Theo: Du brauchst Abstand.
Elinor: Nein.
Theo: Du mußt das alles erst mal vergessen, dann können wir später irgendwann.
Elinor: Aber ich kann hier nicht weg, ich war glücklich hier, ich bin seit 20 Jahren nicht mehr glücklich gewesen.
Montague: Glauben Sie mir, es ist zu ihrem besten.
Elinor: Aber wohin.
Mrs Dudly: Fürchten sie sich nicht, fahren sie nach Hause.
Elinor: Ja wohin denn sonst, danke Mrs Dudley danke, danke.
Theo: Verdammt, ich hätte sie nicht alleine fahren lassen sollen.
Montague: Ich hatte mir auch schon überlegt ob ich sie nicht.
Frau: Was macht denn diese Person jetzt schon wieder.
Luke: Sie hat gewendet, sie kommt zurück, zurück zum Haus.
Mrs Dudly: Nach Hause.
Montague: An das Institut für Parapsychologie, das Experiment, das so viel versprechend begann, ist leider mit einem gewaltsamen Ende gescheitert, es ist mir nicht gelungen, die übernatürlichen Manifestationen auf Crains Hall wissenschaftlich zweifelsfrei zu dokumentieren, poetisch ausgedrückt könnte man sagen, das Haus hat sein Geheimnis bewahrt, man kann wohl wirklich nicht vorsichtig genug bei der Auswahl der Mitarbeiter sein, meine Frau und ich werden das beim nächsten Projekt noch stärker berücksichtigen, Sittley Rectory in Suffolk, ein Pfarrhaus aus dem 18 Jahrhundert…
Elinor: Esther Hausmann
Theodora: Renan Demirkan
Dr. Montague: Rudolf Wessely
Mrs. Montague: Doris Schade
Luke: Ingo Hülsmann
Mrs. Dudley: Ruth Hausmeister
Elinors Schwester: Sibylle Nicolai
Roter Stern (BR/SFB 1992)
Hörspiel von Simone Schneider
Liebste Lilina, 50.000 Tonnen schwer und höher als das Warenhaus Die Welt des Kindes in den Himmel über Moskau ragt, Lilina, mein erster Wolkenkratzer naht. Vor den Ufern Sewastopols schwimmt New World New York, zwei Klassen und zwei Schornsteine, bunt geflaggt zu Blasmusik auf schwarzem Meer tanzt Roter Stern. Pack deine Tränen in einen Sack und schick Sie mir nach Amerika. Ozean der Fanatiker, reißt sich die blaue Bluse auf, um mich in eine andere Welt zu schaukeln, Lilina, adieu, dein Hündchen.
Wladimir auf dem Weg in seine Bordkabine.
Tief ist der Ozean. Der Ozean ist eine Sache der Vorstellung. Was unterscheidet ein Ufo von einer schwebenden Ikone? In Moskau setzt man ganze Häuserblöcke auf Räder. Auch das ist eine Sache der Stadtplanung. Im 30. Jahrhundert sind wir die Metropole im Kosmos. Bis dahin wird gearbeitet. Haben Sie Metropolis gesehen? Ich träume oft von Grenzüberschreitung. Zur linken der Nordpol, zur rechten der Südpol, vor uns eine neue Welt und unter uns das versunkene Atlantis. Diese Vorstellung heißt Ozean. Gibt es hier Ungeziefer? Ohne das Wasser wäre es fad. Ich sehe lange Wellen, kurze Wellen, lange Wellen. Wanzen sind wasserscheu. Man wird sich die Zeit vertreiben müssen. Kotzen zum Beispiel. Die erste Klasse kotzt wohin sie will, das ist ja klar. Die zweite kotzt auf die dritte und die dritte bekotzt sich selbst. Seit wann gibt’s hier Klassen?
Ja bitte?
Ein Brief für Wladimir Bombrowitsch.
Vielen Dank.
Liebster Freund, durch dieses Loch betrachtet sieht unser Rußland so klein aus. Wer schwimmt hier eigentlich? Ich oder der Kontinent? Ja, ich bin ein Schwärmer, wenn’s ums Reisen geht. Mit einer Schiffsreise ist selbst die Reise durch den Tod bei weitem nicht zu vergleichen. Wie unbeschreiblich schön muß erst die Reise zu den Sternen sein, dorthin, wo der neue Mensch die Fesseln der Schwerkraft auch noch abschütteln kann.
Können Sie mir den Weg ins Bordkasino erklären?
Man sagt, die Kosmofuturologie sei realistische Phantastik. Die Tür zum All sei längst schon aufgestoßen, doch ist der Durchgang noch nicht öffentlich.
Nein.
Wieviel grenzenloser darf sich da bereits die Tierwelt fühlen? Affen, Katzen, Hunden, Meerschweinchen, ist der Weg zu den Sternen von Geburt an frei.
Vielen Dank.
Während die Maschinen arbeiten, fliegen die Tiere durchs All. Fast alle Hunde kommen in den Himmel und wollen aus diesem auch nicht mehr zurück.
Wladimir auf dem Weg ins Bordkasino.
Bei den Aristokraten verhält es sich nicht anders. Auch sie bleiben lieber an der Riviera. Sogar aus Sibirien kommen nicht alle wieder. Die übrigen stehen vorerst über den Wodka in den Tourismus ein. Festlich und glücklich die sorglose Existenz des Menschen im 30. Jahrhundert. Bis dahin werden wir uns die Zeit vertreiben müssen. Ich warte im Bordkasino auf Sie. Ihr Michael Svoboda.
Bitte einen Wodka.
Wir schließen.
Aber all die Leute.
Personal.
Haben Sie sonst noch etwas anzubieten?
Einmal muß der Erlöser kommen. Sein Bild hängt lang genug schon neben der Ikone. Wie so oft bei ähnlichen Anlässen bleibt da die Ernüchterung nicht aus.
Vielen Dank.
Wladimir auf dem Weg in seine Bordkabine.
Davos sucht eine Persönlichkeit. Was ist das? Mit Führungsqualitäten und guten Verbindungen. Lenin kam auch aus Zürich damals. Kein Regentröpfchen weit und breit. Voraussetzungen sind Durchsetzungsvermögen, Verhandlungsgewandtheit und Kreativität. Der Forschungsbereich Schnee und Lawinen umfaßt die Sektionen Wetter, Lawinen und Schnee. Ein Fluß fließt in die Richtung des geringsten Widerstandes, spült weg, was er wegspülen kann, umgeht, was er umgehen kann, selbst wenn es nur ein Misthaufen ist.
Liebste Lilina, sei nicht traurig, ich nehme an.
Was verstehen die unter Persönlichkeit.
Man hat mir vertraglich zugesichert, daß ich nicht zu sterben brauche. Die erste Allunionsversammlung wird in einem schwimmenden Palast vor den Kulissen des Uralsees stattfinden.
Schneedecken, Wetter und Lawinenwarnung sowie Kenntnis in der Physik von Schnee und Eis sind erwünscht.
Wladimir nennt sich erster Präsident des Erdballs. Als Rangabzeichen mag man ihm ein kleines Flugzeug auf die Stirn. Ich, ich werde den Vize machen und male mir ein Hündchen auf die Wange.
Die einzig unverpfuschte Revolution war die Sintflut.
In meinem Antrittsreferat behandle ich zentrale Themen unserer neuen Politik. Punkt eins: Man muß den Hunger in der Welt abschaffen.
Ausgeschrieben von der eidgenössischen Anstalt für Wetter, Schnee und Lawinenforschung.
Dazu sind alle fischreichen Seen zum Kochen zu bringen und die Suppe wird im eingefrorenen Zustand in die ganze Welt verschickt. Punkt zwei: Die Affen müssen in die Menschenfamilie eingegliedert werden mit vollem Bürgerrecht. Ja bitte?
Ein Brief für Wladimir Bombrowitsch.
Vielen Dank.
Liebster Freund, ich ließ Sie warten, das tut mir leid. Auf dem Weg zu Ihnen traf ich Anne Kellermann und ihre Nixen, doch die Begegnung war im speziellen Fall auch eine bittere Enttäuschung. Diese Amerikanerinnen. Aber die Freiheitsstatue ist ja auch keine Frau. Aus ihren Augen kann man sich bestenfalls hinunterstürzen.
Möchten Sie einen Wodka?
Ich hörte allerdings, daß den wirklich mutigen Sekunden vor dem Aufprall aus Dollarscheinen Flügel wachsen. Mit jeder Leiche steigt der Kurs.
O ja bitte.
Man sollte auf Liberta setzen.
Ohne Wodka wäre Rußland ein Land ohne Lächeln.
Ich für meinen Teil halte mich vorerst an das Duplikat, ein reizendes Geschöpf, mit einem Variete reist sie als Statue of Liberty durch die Allillusionsländer, so nennt sie unseren neuen Staat.
Ja. Können Sie mir sagen, wie ich zur Kabine von Dr. Svoboda komme?
Sie redet wie eine Maschine und ist dabei anhänglich wie der Lieblingshund von Dr. Pavlo, das verrückte Tier.
Nein.
Kommen Sie mich besuchen. Ich warte in meiner Bordkabine auf sie.
Vielen Dank.
Ihr Michael Svoboda.
Wladimir auf dem Weg in die Bordkabine von Dr. Svoboda.
Gehen Sie ins Hypodrom. Eine Million Dollar im Jahr. Chaplin verdient mehr. Sucht man dort Persönlichkeiten. Ein Riesensaal, 5000 Menschen, die Bühne ist breiter als die Rampe im Theater der Nationalen Volksarmee. Wie viele 100.000 Dollar kostet so eine Show? Für Provinzler ist es billiger. Die berühmte Schwimmerin Anne Kellermann zeigt mit ihrer Truppe das Unterseereich. Die Bühne wird in ein riesiges Aquarium verwandelt und in grünes Trikot gekleidete Frauen stellen spielende Nixen dar. Danach kommt die Nummer mit den gelehrten Hunden. Die hat Sladilaswki einstudiert.
Entschuldigen Sie, ich glaube, ich habe mich verirrt.
Na so was.
Von außen sieht es aus wie ein Zementwerk. Aber drinnen, da tobt das pralle Leben. Mit unserem Sowjetclub ist das gar nicht zu vergleichen.
Ich suche die Bordkabine von Dr. Svoboda.
Realistisch betrachtet habe ich den Anschluß da schon verpaßt. So richtig ungezwungen kann ich mich eigentlich nicht mehr freuen.
Wer sind Sie denn?
Wladimir Bombrowitsch.
Horrende Eintrittspreise, denk ich mal.
Ich bin der Heizer.
Sind Sie nicht der Kellner?
Manchmal wird die Bühne auch in eine alpine Eisbahn verwandelt. 4 bis 5000 Arbeiter zeigen ihre Meisterschaft im Schlittschuhlaufen, Rodeln oder Skifahren.
Sie sind hier in der Bodenversenkung Nummero 15, stellen Sie also keine Fragen.
Wie bitte?
Vor der Wirklichkeit gibt es die Symbole. Sie verstehen schon? Alles falscher Zauber.
Ach so.
Kennen Sie die berühmte Melodie der amerikanischen Soldaten: Its a long way to Tipperary?
Alles läuft nach Plan. Wenn Ilan Illnitsch die letzten Takte seiner Heimatschnulze abgepfiffen hat, ertönt das Nebelhorn und der Inspizient gibt den Jungs auf der Seitenbühne das rote Zeichen, die stürmen von links und besetzen die Rampe, währenddessen fährt mein Podest hoch und von der Brücke fällt ein roter Lichtkegel auf mich, Wladimir wirft mir vom rechten Portal aus eine Schaufel zu, sie fliegt im hohen Bogen durch die Luft, im Orchestergraben ertönt ein Trommelwirbel, ich fange die Schaufel auf und eine Sekunde lang herrscht Totenstille, dann gebe ich den Auftakt zur 38. Heizerinternationale.
Hello, bourgeois, nice to see you, you volkstümlicher Spießer.
Träum ich? Wer bist du denn?
Wladimir folgt der Amerikanerin. Ihm folgt der Kellner.
Zwischen Erlöserturm und Kathedrale kriecht eine Schlange über den roten Platz. Hipp Hipp Bolschewik. I’m a Bolschewik. Hipp Hipp. Alle Macht den Sowjets. Ein gewürfeltes Wort des Herrn unter der Tribüne wie König Mauselos von Halikanas, die Zukunft im Reich der roten Sternchen, kein Mensch zahlt hier Wegzoll, die Welt ist groß genug für alle Lebenden, einschließlich der Toten. Die Moskauer Metro saust um die Erdball, sieben Quader ineinander gesteckt um daraus den babylonischen Turm zu bauen, 400 Meter plus 70 Meter, Lenin hieß es später dann, der Anfang war fast ebenerdig, roter Granit, rosa Marmor, schwarzer Labrador, aus Armenien Karfunkelstein, davon steht Wache Nummer Eins. Adamsäpfel hüpfen zwei Treppen in die Tiefe hinunter ins Grab. Hipp Hipp Bolschewik, I’m a Bolschewik. Hipp Hipp. Woher kommt das Licht? Aus Wachsen Pergament ein Kopf, Triumph der Technik an dem die Schlange vorbeikriecht.
Darf ich Sie ein Stück begleiten?
Woher nur dieses Leuchten? Ha, die Kleine war.
Haben Sie einen Brief für mich?
Ein Kopf und zwei Hände über einer dunklen Decke, fordern die strikte Einhaltung aller Temperatur und Feuchtigkeitsfaktoren.
Nein, ich folge Ihnen ganz privat.
Die Schlange kriecht durch das Gewebe, irgendwas zwischen gelb und grau.
Warum?
Die Mumifizierung des Mussek. Die Methode der Konservierung ist Staatsgeheimnis. Kein über das Gesicht gelegtes Brustbild, ganz ohne Eingeweide wird er täglich zur Ikone gespritzt. Wo also ist dein Herz, Genosse Parteiführer? Hipp Hipp Bolschewik, I’m a Bolschewik. Hipp Hipp. Im roten Trauerzug marschieren schon Hammer und Meisel, der Steinhauer schnauft, da freut sich der Steinmetz, Bulgarien, Kuba, Smolensk, Boltera, Kimeroko, Berbia und in der Ukraine, 9 Meter hoch, 12 Meter breit, und 6 Meter tief, aus weisem Granit, dassehrseht.
Irgendwann muß der Erlöser kommen.
Über die kleinen redet er erst gar nicht.
Das sagten Sie bereits.
Alle aus weißem Marmor und ähneln einer Sphinx mit ausgebreiteten Flügeln, das Bilestal aus Bronze, blicklose Augen und schattenhaftes Lächeln, das Lächeln verwittert.
Sind Sie sicher, daß Dr. Svoboda Sie heute noch treffen?
Rotarmist vor Sonnenaufgang. An einer Brust klingeln die Orden, auf dem Schreibtisch zwei Telefone. 8 Meter hoch, 8 Meter breit, und 9 Meter tief.
Ich betrachte die jetzige Lösung nicht als endgültig.
Ich fürchte, mein Marx wird das nicht überleben.
Bald stirbt der Apparat. Was wird nach ihm kommen?
Im Kirchenschiff aus weißem Marmor riecht es nach Weihrauch und Knoblauchzehen, nach gerechtem und nach Ungerechtem Gewinn, am Kiosk verkauft der Pope Weihwasser, wir haben schwer gesündigt.
Trägheit, Schlendrian und Sabotage vielleicht.
Am Horizont die Wohnmaschinen der Vorstädte.
Denken Sie, ich bekämpfe das Kapital.
Vor ihnen blüht der Stammbaum der Romanows.
Das ist falsch.
Die Schlange windet sich wund um diese grauen Äste.
Ich begreife es nicht.
Da knallt der eiserne Rollvorhang im Kongreßpalast runter, Parteiführer und Goldgrund blicken in die Zukunft, ohne Gnade, wir leben nicht im Paradies, nur im Wunschland gibt es Ordnung, Reichtum, Zivilisation.
Dem Christus Dostojewskis gehört das nächste Jahrtausend.
Ihre Sorgen möchte ich haben. Auf den roten Läufern herrscht Geschäftigkeit, wie eh und je. Etwas kann ganz plötzlich verschwinden.
Auch ich nehme kein Trinkgeld.
Daraus schlagen die Devotionalienhändler Gewinn. Die Schlange kriecht so lange zu Boden.
Gibt es hier einen Postkasten?
Seit Rosengedenken haben wir noch nie einen Gärtner sterben gesehen, rufen die Rosen.
Meine Seele wurzelt in jener Tiefe, die nicht rechnet.
Und wer schnitt sich die Adern auf, um mit seinem Blut das Beet zu tränken? Ich bin ich, weil mein Hund mich kennt, sagt da die Dame aus Amerika und gleichzeitig stellt sich die Frage: Hat irgendein Franklin Roosevelt irgendeine Identität?
Und was machen Sie hauptberuflich?
Nebenan wird gehämmert, ein arbeitendes Parlament, kein Dokument belegt den Wunsch nach Einäscherung, wir enthüllen täglich Fälschungen.
Revolutionär. Kellner mach ich nur als Aushilfe.
Zwölf Bände in roten Leder gleich neben der großen Allillusionsausstellung, in der der Mensch das Maß aller Dinge ist.
Was unterscheidet ein Ufo von einer schwebenden Ikone?
Lenin hat es am Anfang auch nicht abgelehnt.
Der Treibstoff, nehm ich an.
Damals tagte hier die Kommintern. Zwei Molotowcocktails für eine Leiche, der Mann war nicht geistesgestört, sagt Prawda. Arme aller Länder, vereinigt euch. Hipp Hipp Bolschewik, I’m a Bolschewik, Hipp Hipp. Exuntropia liegt in einem gläsernen Sarg an der Kremlmauer, über die Bühne des Mausoleums jagt die Führung fluchtartig, wer spielt schon gern auf einem Totenschrein Theater. Wachablösung auf dem roten Platz, Blondinen mit knatternden Fahnen.
Sie wirken schlecht ernährt und unterbezahlt.
Hinter ihnen torkelt die Maiparade. An goldenen Schnüren hängen die flaschengrünen Uniformen.
So als hätten Sie schon lange keinen guten Film mehr gesehen.
Schwankend tanzen sie den Trauermarsch. Einmal zu jeder vollen Stunde, seit 1924 bis die Glocke vom Erlöserturm endlich die letzte Stunde schlägt, seit 37 Jahren 24 mal täglich bleibt die Leiche eine halbe Sekunde unbewacht, 112 Tage im freien Totenbett nach neuer Zeit, och was sollen mir die roten Sterne auch.
Auch der Sputnik hat der seelischen Perspektive der allgemeinen Weltsicht nichts geändert.
Auf einer gerippten Säule steht in 46 Meter Höhe der erste Mensch im Kosmos, ganz Titan, zu seinen Füßen der Müllcontainer.
Ganz im Gegenteil.
Stehen die Denkmäler vergangener Epochen.
Sie verstehen mich.
Bald reiten Blauhelme den Labrador, das ist das 30. Jahrhundert.
Ich suche einen Postkasten.
Die Gottesdienstzeiten sind an der Tür angeschlagen, soweit die Kirchen arbeiten, dahinter fliegende Ikone auf mehreren Etagen der Erde, Rolltreppen in Überschallgeschwindigkeit, aber auch wunderbar erhaltene Bären und Mammuts aus der Eiszone werden gezeigt.
Wladimir schließt sich dem roten Trauerzug an. Es endet in einer Katastrophe.
Die Schlange steht vor dem Lebensmittelmagazin. Hier herrscht der wahre Kommunismus. Die Straßen werden von 20 auf 60 Meter verbreitert, und auf dem Marx-Prospekt endete der Trauerzug in einer Katastrophe, mit Tausenden von Toten und Verletzen, und die Schlange frißt sich durch den göttlichen Supermarkt. Hipp Hipp Bolschewik, I’m a Bolschewik, Hipp Hipp.
Liebste Lilina, die Dreharbeiten richten hier größeren Schaden an als die Revolution selber. Es gibt Tote und Verletzte, die umliegenden Hospitäler sind überfüllt. Heute fing die Arbeit mit einem Radrennen über die Dächer Moskaus an, danach brachte ich eine Zarenstatue mit Stricken und Seilen zum Umstürz, die sich aber wenig später von selber wieder in ihrer ursprünglichen Gestalt aufrichtete, der Gulag schnarcht auf seinem Lager, währenddessen verhungert die Kuh, und ich spanne mich selber vor den Pflug. Später schlendern Wladimir und ich durch die Zurareska-ja, der Zauberverkäufer begegnet uns wieder und stellt erneut eine Denkaufgabe.
Haben Sie den letzten Film mit Selinski gesehen?
In seiner kleinen Flasche sitzt jetzt ein großer Affe.
Das Leben eines Hundes.
Wie ist er wohl hineingekommen?
Die Szene mit den Würstchen rührte mich zutiefst.
Endlich muß ich sagen: Dieses Rätsel wird Geschichte machen. Da werden wir auf dem Weg zum Kreml von einem roten Leichenzug überfallen.
Der echte Chaplin ist um Klassen besser.
Gefesselt wachen wir im Lesesaal der Rotarmisten wieder auf.
Aber zu teuer.
An der Wand hängt als hölzernes Relief die Karte Europas. Dreht man an einer Kurbel, so leuchten in chronologischer Reihenfolge rot die Punkte auf, an denen Lenin gelebt hat.
Danach grub er die von den Räubern vergrabene Brieftasche aus. Zum Glück.
Doch der Apparat funktioniert nicht, alle Punkte leuchten gleichzeitig.
Die Regierung kauft nur Ramsch ein. Alles Verschnitt.
Das ist der Geist der Revolution. Sagt der Kellner. Ja bitte.
Ein Brief, für Wladimir Bombrowitsch.
Aber zum Beispiel dieser Film über die Torfgewinnung als Sieg über den Brennstoffhunger.
Vielen Dank.
Sieh da, wie der Zug mit den rebellierenden Gefangenen nach Überschreiten der sowjetischen Grenze senkrecht nach oben durch das Bild fährt, direkt in die Sonne? Das ist aus Die Schöne und der Bolschewik. Ach ja, als der dekadente Graf seiner Geliebten nachts die Zähne in die Halsschlagader haut, zünden die Bauern sein Gut an. Moskau steht in Flammen.
Liebster Freund, sahen Sie den Walfisch an uns vorbeiziehen?
Ja, der kleine Hund verteidigt seine Knochen also mutig kläffend gegen die anderen Arbeitslosen.
Auf seiner Atemfontäne tanzte eine Funkelfee. Ihr weises Haar legte sich wie ein Schleier vor meine Perspektive, der Horizont verlor seine Umrisse und ich steckte im dicksten Nebel.
Es endet jedenfalls damit, daß drei sowjetische Bürger zum Mars fliegen und dort eine Revolution auslösen. Dort fand ich ein altägyptisches Rezeptbuch, es enthält eine Anleitung zur Mumifizierung der Pharaonen.
Billigste Exportartikel.
Drei blies das Horn und über den roten Stern zog ein Sternenbanner, ich sah die Sinfonie der Welten.
Aber danach fällt der kleine Hund dann leider selber in die Wurstmaschine.
Als der Himmel wieder klar war, erreichte mich ein Funkspruch aus Moskau, der Erdball ist rund, willkommen in der Steinzeit, lautete die verschlüsselte Botschaft. Vergessen Sie Hollywood, kommen Sie in den Funkelraum, unser Sternenreich ist doch die schönste reinste Illusion, beeilen Sie sich, ihr Michael Svoboda.
Wladimir auf dem Weg in den Funkelraum.
Halt, keinen Schritt. Hier sind Sie im Maschinenraum.
Ach ja, Sie sind der Heizer.
Ich bin Schauspieler.
In welchem Stück?
Ich bin ein Diener des Proletkults, unser Stück heißt Geschichte, ich spiele die Rolle der Zeit.
Kommt in ihrem Stück ein Postkasten vor?
Wenn Moskau in Flammen steht, brennen auch die Briefe.
Moskau in Flammen?
So heißt unser Stück.
Fackeln Sie die Bühne ab?
Wir spielen auf einem gläsernem Sarg, vier Personen treten auf, auf ihren Gewändern liest man die Leuchtziffern 1 9 0 und 5.
Hipp Hipp Bolschewik.
Sie nehmen nebeneinander Aufstellung und bilden so das Jahr 1905.
Sie ruft mich. Liberta, Süße.
Über die Längsseite des Sarkophags marschieren Soldaten auf und tragen eine der Länge nach gestreckte Rose, das Band ohne Ende verschwindet im Schloßportal. Darüber die Aufschrift: Waschfrau seiner Majestät. Auf der Szene erscheint ein überaus musikalischer Clown mit einer großangelegten, schief aufgesetzten Krone.
Hipp Hipp, Bolschewik.
Er singt, auf einer leeren Wodkaflasche klimpern. Den Clown verdeckend erscheint ein Manifest, von Gottes Gnaden, Wir Nikolaus der zweite usw. Polizeigeneral.
Sie folgt mir, will sich mit mir verabreden.
Der Justizminister schwingt seine riesenhafte Tatze und stempelt mit allen fünf Fingern übers Manifest. Auf dem Sarg spielt sich ein Tanzfest ab. Die Militärkappelle schmettern, Studenten, Fräuleins, Frauen, Weiber, Krankenschwestern, Serviererinnen, Amerikanerinnen, haben Sie nicht einen Termin bei Dr. Svoboda?
Dr. Svoboda kennt meine Prioritäten.
Wie Sie meinen. Zwei Tische voller Weinflaschen sind so aufgestellt, daß zwischen ihnen ein Zug von Häftlingen samt Eskorte hindurchmarschieren kann. Die Gesichter der Begleitsoldaten sind Hundeschnauzen. Die Häftlinge ziehen vorbei, wieder spielt die Musik, dann stellen sie die Gläser ab und bauen aus Kartonmanifesten ein riesiges Kartenhaus.
Was sagt sie nur?
Auf der ganzen Sargeslänge erscheinen Polizisten. Es zeigen sich der zwergenhafte Zar, die Zarin, und etliche Minister. Alle blasen die Backen auf und beginnen aus Leibeskräften zu pusten. In diesem Moment fliegt eine Bombe auf die Szene. Die Bombe explodiert und streut Flugblätter mit einer Proklamation, von verschiedenen Ecken und Enden laufen verschiedene Leute auf verschiedene Art durcheinander.
Ich bin ich, weil mein Hund mich kennt?
Ein Arbeiter klebt dem Schutzmann ein Flugblatt auf den Rücken. Gelächter. Die Polizisten klettern plump mit Säbeln und Revolvertaschen. Auf langen mageren stelzenhaften Beinen kommt riesenhaft ein Arbeiter heran. Flügelartig sind an seinen Ärmeln breite Bänder befestigt, mit der Aufschrift Streik. Die Maschinen stehen still.
Wau? Wau? Wau? Wau Wau Wau Wau Wau. Wau Wau Wau Wau Wau Wau Wau…
Streik. Die Maschinen stehen still. Nur die Amerikanerin spricht. Moskau in Flammen. Ganz Rußland spielt Theater. Von links nach rechts bewegen sich alle zwischen den stelzenhaften Beinen des Arbeiters hindurch. In der Mitte die Büste Napoleons, das Bett der Zarin ist überfüllt von bewaffneten Rotgardisten: unterste Lage der in Ketten gelegte Arbeiter, zweite Lage, das habgierige Beamtentum, dritte Lage die Popen, Mullas, Rabbiner, vierte Lage die Regierung, fünfte Lage Bourgeoisie und Grundbe-sitzer, an der Spitze der zwergenhafte Zar und einer riesenhaften Krone, darauf tanzt die Gestalt des Intelligenzlers, das Pferd galoppiert neben einem fahrenden Eisen-bahnzug, dahinter raucht eine Fabrik, der Arbeiter hebt die Hand, völlige Finsternis. Und noch eine Salve. Über dem Sarg erschient nur die Karte des Fünfjahreplans, da-rüber das Bild von Waldimir Illisch Juloanow, später genannt Lenins Gestalt mit weg-weisend ausgestreckter Hand. Auf den Ausrufern blühen jetzt die Leuchtziffern 1917. Riesenhafte Schatten eines Händepaars, das seine Fesseln zerbricht. Wir haben nichts zu verlieren. Auf dem Diwan räkeln sich Liberale mit ihren Teetassen, sie hal-ten Resolutionen bereit, der Pope segnet Gummiknüppel, Holzknüppel, Schlagringe, Maschinenpistolen der Schwarzhundertschaften. Rings um seine Werkbank Patro-nen und Waffen, der Passionsplatz in Moskau, hinter dem kümmerlichen Kirchlein kauern die Schauspieler, mit vergoldeten Zwiebeltürmen statt Köpfen, rundherum Betrunkene in Form von schwankenden Flaschen. Von beiden Seiten nähern sich Bergleute mit Lämpchen, Grubenhacke, Hammerschmiede und dem Vorschlagham-mer, 2000 Schneidereiarbeiter tragen 1 Nähnadel, 5000 Holzfäller 1 Axt, unter ihren Schritten flüchten die Kirchlein und die Flaschen nach allen Seiten auseinander. Auf dem Sarg erscheint der Sowjetclown, hinter ihm zieht ein Arbeiter mit Radau und Ge-klapper die Denkmäler Rußlands an einem Halfterband, in der Mitte das Puschkin-denkmal, die Volksmenge überflutet den Platz, ein Arbeiter mit einem Knaben bahnt sich einen Weg zum Monument und erklimmt es, berittene Kossacken springen auf den Sarg, die letzte Kugel trifft den Knaben, ein Gulack mit dem Tragbrett kommt herein, sein Bauchladen klappt auf und klafft blutig, die Arbeiter schließen sich in Rei-hen zusammen, die Werkzeuge ebenfalls, in einer Lücke zwängt sich Traktor, allen voran das Reiterbild Peter des Großen mit einem großangelegten Siegeskranz, er gleitet vom Kopf, hinter ihm die steinerne Katarina, Zar Paul der Erste springt vom Postament herunter und sichert sich einen großen Abgang, aus den Häusern fliegen Matratzen, Stühle, Tische, Passanten auf die Straße, sie reißen die Geschäftsschil-der herunter, sie sägen die Leitungsmasten ab, die Gegenstände häufen sich zur Barrikade, auf der Barrikade wird eine rote Fahne gehißt, von Ferne härt man die Marseilles. Dem in Bedrängnis geratenen Gulacken kommen vier Mann zur Hilfe: der römische Papst, McDonald, Peter Stewesant, Jicky der Platase und Beate Use bil-den einen Kreis, die Männer des Enteuzirkels entblößen ihre Schwänze und zeich-nen mit Säbeln und Revolver Hakenkreuze in die Luft, ihnen folgt Alexander der zweite, statt des Reichsapfels trägt er seinen Kopf auf dem Zepter. Der winzige Niko-laus sitzt auf einem störrischen Gaul. Senkt das Tier den Kopf, so erfolgt eine Deto-nation von hinten, Gaswolken und Schlammfluten überziehen das Reich, schließlich und endlich an den Schwanz des letzten zaristischen Hengstes geklammert, die Zarin, angeführt von schnurbärtigen Generalen, strömen marschierend parade-strammgedrillte Oberbefehlshaber auf den Sarg, zu beiden Seiten der militärischen Formation Marketender und Schnapsflasche, die Dornenkrone aus Würsten gebun-den windet sich singend um den Hauptmann voll Blut und Wunden. In den Kreis fällt eine Bombe, der Kreis bricht auseinander, die Bombe verstreut bunte Flugzettel mit Proklamationen, der ganze Zug setzt sich in Bewegung, die Fabrik brennt, die Kinder zählen die Kanonen, getroffene Arbeiter fallen, die ganze Rossaherde ab, voran der Führer mit dem Sprachrohr, ein Arbeiter schwing an einem Stab ein weißes…
Wladimir endlich im Funkelraum.
Hipp Hipp Bolschewik, I’m a Bolschewik, Hipp Hipp. Hello. Nice to see you.
Sind Sie der Sohn Schliemanns, auf den wir warten?
Wer sind Sie?
Die Admiralin.
Ich sehe vier.
Wir sind eins.
Ich suche einen Postkasten.
Schliemann hinterließ in Rußland einen Sohn, dem war es verboten, über den Atlantik zu reisen.
Warum?
Im Besitz des Knaben fand man eine Ikone, darauf war der Tempel Poseidons abgebildet. Sie trug die Inschrift: Die Ruinen von Atlantis sehen aus wie das Stadtzentrum von Nowosibirsk.
Ein Brief für Wladimir Bombrowitsch.
Jetzt nicht. Was machte der Arme in Punkto Atlantiküberquerung dann?
Er schwamm.
Verstehe.
Vier herrliche Wochen. So viele glückliche Stunden, und wir haben noch so viele vor uns. Wir dürfen und nicht verlieren.
Schon gut.
Ein Stern erlosch und zog das Sterben nach sich, der Mittelpunkt unserer Erde wurde von einem riesigen Planetoiden versenkt, hinter ihm die Reißnaht in der Atmosphäre, 4000km lang, 3000m breit und über 1000m tief trennt sie die alte und die neue Welt, der Himmel verfinsterte sich, jahrelanger Regen mit Schlamm vermischt, die Erde to-rkelte und jedermann lachte. Die Verhältnisse waren schon von der Sintflut bekannt. Und dennoch, der Planet hat ein Loch in die Erinnerung der Menschen geschlagen.
Das tut mir leid.
Bald bildete sich eine neue Sozietät. Ausgangspunkt des neuen Reiches ist eine großartige Metropole, von außen fast unüberwindlich, konzentriert sich alle Macht in ihrem innersten Kern, im Sitz des obersten Sowjet. Dort gibt es neben dem religiösen Zentrum auch eines der astronomischen und nautischen Wissenschaft. Das Reich war schon im Ursprung vielgestaltig. Man kolonisierte die Anrainer und errichtete so das erste Gebilde menschlicher Weltallmacht, in dem die Sonne nicht mehr untergehen kann.
Was bleibt dann noch zu wünschen übrig?
Ja. Doch bewegen sich die Aale bei ihren Leichzügen im Saragossameer so, als sei Atlantis nicht versunken, und auch die Vögel kennen kein Vergessen. Auf ihren Luftwanderungen umgehen sie unsichtbare Berge.
Der Brief.
Still.
Flugzeuge schützen die Fundstelle vor Neugierigen. Die UNO-Sondersitzung verlangt den freien Zugang für die Blockfreien. Doch haben moslimische Fundamentalisten bereits das Untersuchungszentrum in die Luft gejagt, und drohen mit einem Anschlag auf die Radiostation. Eine europäische Trophäenkommission versucht, die Fundstücke vor dem Paul-Ghetty-Museum zu retten. Die Satelliten übertragungsrechte hat ein Berliner Sender vor Jahren zu einem symbolischen Preis erworben. Sie hörten die letzte Meldung des enzyklopädistischen Weltfunks. Vergeßt die Apokalypse, beginnen wir mit der Genesis.
Liebster Freund, der Funkelraum ist besetzt, von Meeresjungfrauen. Da erreichte mich ein Telegramm. Der Parteiführer ist tot. Was passiert mit seiner Leiche? Die Witwe besteht auf Beisetzung, doch unser neuer Staat braucht Zeit.
Ich muß zurück nach Moskau.
Tief bewegt schaue ich auf die Gipfel des versunkenen Atlantis. Auch ist das Liebesspiel der Seepferdchen mit keinem menschlichen Akt an Poesie vergleichbar. Wie sie sich an den Schwänzen haltend, taumelnd auf den Meeresgrund sinken lassen. Ich warte auf dem Sonnendeck auf Sie. Ihr Michael Svoboda.
Jetzt können Sie funken.
Liebste Lilina, hört du die Wellen an den Seiten zupfen, die wie ein Netz gespannt sind, zwischen Europa und Amerika. Der Ozean sinkt, wir sinken, Trennung ist Dehnung. Und ehe das Band zwischen uns zerreißt, verschwinden Kontinente.
Back in the USSA.
Wladimir, die Amerikanerin, der Kellner und die Revolutionäre in der Menschenschlange.
Moskau-news. Science oder Fiction. Die Schlange kriecht über die Mitte des roten Platzes, wie immer pünktlich, Herr Gorbatschow schaut auf die Uhr, aus seinem Mantelfutter strickt Nikita Chrutschow das Haupt voll Blut und Wunden, und in einem Dorf im Gebiet Welograd umarmt Genosse Lenin ein rotbäckiges Mädchenkind. Unter ihm zwei Uhren und ein kleiner Enkel, die Ikone am Herzen. In Sarago bei Moskau stehen bärtige Orthodoxe zur Tausendjahrsfeier der Taufe Rußlands an einer langen Tafel. Die Schlange kriecht über das Abendmahl, während ein junges Paar aus Leningrad sich zärtlich in die Arme fällt, und das Arbeiterwohnheim für Zwangserholung in Gorki das Testbild auf Farbe schaltet. Auf dem Rücken des Mannes eine bunte Tätowierung. Christus am Kreuze, links die Engel, besonders rechts, auf kleine Wölkchen, darüber kyrillisch das Banner des Herrn.
Ich habe eine Botschaft.
Dank der Heimat für die glückliche Jugend. In Jerewan trägt der Milizionär den Schutzhelm über seiner Pelzmütze.
Ja, es ist wahr.
Seinen dicken Mantel schützt die kugelsichere Bleiweste. Und das Plexiglasschild widerspiegelt einen Stahlpfosten. Die Demonstranten sperren vor der russischen Stadt die Mäuler auf wie hungrige Jungvögel, und der offizielle Kandidat für den Posten des Generaldirektors blinzelt über die Ränder seiner Brille in zwei Mikrophone.
Mir ist der Heilige Rochus erschienen.
Die Mode von Tschernobyl.
Ich sah ein wundersam erleuchtetes Amphitheater.
In langer Gummikutte streckt ein Schwarzbebrillter das rote Lotsenfähnchen in den strahlenden Himmel. Die Räder des Lastkraftwagens sind mannshoch.
Auf einem Holzbrett stand er in seinem roten Pilgerkleid.
In Block vier stützt sich Mütterchen Rußland schon vor der Revolution auf einen Stock und Hauptplatz der Stadt Pripjad ist heute bereits ein Denkmal.
Darüber trug er einen goldenen Königsmantel.
Neun Meter hoch, zwölf Meter breit und sechs Meter tief.
Schaute ein kleines Hündchen hervor.
Das Aussichtsfernrohr blickt zurück auf Tschernobyl.
Auf der Kommandobrücke wütete der Ozean gegen eine Wasserwand mit Luftlöchern. So stark war der Regen.
Weiterhin optimistisch streckt der Kran den Arm in den Fünfjahresplan. Pelzbemützte Bauern beugen sich über einen Suppentopf. Auch Traktor steht an mit rauchendem Schornstein. Im Hintergrund versinkt vom Strommast kaum gehalten das Elektrizitätswerk im Schlamm. Im 30. Jahrhundert 50 Millionen Glühbirnen.
Der heilige Rochus wurde mit dem roten Kreuz auf der Brust geboren. In Rom heilt er Pestkranke.
Ein weißer Wolga besetzt mit 5 Personen transportiert zwei schwarze Särge auf seinem Dach, vor ihm die Kurve. Dezember.
Und ich sah lange Wellen.
Tage später ist es umgekehrt.
Kurze Wellen.
Särge im Überfluß.
Lange Wellen.
Nicht alle Opfer kann man bergen. Eine Frau schiebt einen Kinderwagen mit gebündeltem Inhalt über eine aufgeweichte Straße und der Säugling schwenkt seinen Blechnapf aus dem geschlossenen Sarg. Auf dem Fußballfeld des Stadions von Spitasx suchen die Menschen nach Angehörigen. Über den Rasen gebeugt hält sich ein Lebendiger das Haupt voll Blut und Wunden.
Als er selber von der Krankheit befallen war, flüchtete er in den Wald.
Die Kinderkadaver sind weiß, in einem bunten Kopftuch hält die zahnlose Frau in ihren Händen die zehn Brote, hinter ihr geht die Treppe bergab und mehrere Stockwerke sind ineinander gestürzt. Die Schlange kriecht durch die Trümmer.
Plötzlich dieses Wellental. Eine seltsame Vertiefung.
Der Militärhubschrauber in warmen Kinderkleidern streift die Hochspannungsleitung.
Wie die Aushöhlung eines Steinbruchs.
70 Millionen Glühbirnen bereits heute in Amerika. Gebrochen steht der Propeller in der verschneiten Landschaft, aus schlohweißen Engelshaarnestern blicken Altgläubige vorsichtig hervor, wir bestenfalls Geduldeten. Jelena streichelt über den kahlen Kopf des toten Sacharows.
Bald war er dem Hungertod nahe.
Alle Hunde kommen in den Himmel. Eine schwarze Schlange mit Pelz oder Strickmütze folgt einer rollenden Blechdose. Links außen der Mann mit dem Funkgerät, während zwei Träger den Verstorbenen im Rahmen halten, hält ein unbemützter Mensch einen Regenschirm über den offenen Sarg.
Aber dieses Licht.
Nagorni Karabach in folkloristischen Bleischürzen.
Stufen blinken unzählige Lichtchen übereinander, leuchteten lebhaft, sie blendeten mich.
Über ihre Pelzmützen trägt die Miliz Helme und ihre Salutschüsse treffen den Bärtigen direkt ins Gesicht. Ach, wie er so da liegt im Schnee, unter den Kettenrädern der Panzer.
Da schnappte ein sonst wohlerzogener Hund ein Brot vom Tisch des Herrn und lief davon.
Eskortiert von der Armee gelingt dem armenischen Dorfwang der Transit der Schafböcke, dem Soldaten wachsen stählerne Hörner und durch rote Sehschlitze blickt er auf das Ende seines Geweihs. Hinter dem Strommast detoniert die Blockade aus Glühbirnen.
Das wundersam erleuchtete Amphitheater schaukelte wie ein Luftschiff durch die Wogen.
In Kusbas streiken die Bergarbeiter. Schlafend träumen sie vom verschollenen Genossen. Über die Toten streckt Lenin den Arm vom Sockel. 14 Meter hoch, 12 Meter breit, 10 Meter tief. Rettet den Stalinismus.
Und am nächsten Tag wiederholte der Hund seinen Diebstahl. Machte sich glücklich mit der Beute auf den Weg.
Ein Mann in einer Pelzmütze hält rechts das Kreuz und links die Ikone.
Am dritten Tag schließlich folgte der Herr seinem Hund heimlich.
In Estland eine Kundgebung.
So entdeckte er den sterbenden Rochus unter einem Ahornbaum.
Ein junger Mann hält links das Hakenkreuz und rechts die Faust, ein altes Gemälde, die Kunstschätze Europas sichert die Trophäenkommission. Plakate brennen auf dem Scheiterhaufen.
Und was mich noch mehr verwunderte, war, daß die Lichter nicht etwa stillsaßen, sondern hin und wieder hüpften.
Zwei Kinder drehen sich um. Die halten runde Augen und lange Rüssel gegen den Ruß, aus dem Orenburger Kombinat tritt Gas aus, und Bagger walzen Ziegelhäuser nieder. Im Schattenriß galoppiert ein Pferd neben einer Lokomotive. Wer ist der schwarze Reiter, auf dem Fluß läßt sich die Schwerindustrie treiben. Bergarbeiter tragen den auf der Bahre gefesselten Barfüßler durch das Donezbecken.
Bunt bemalt wurde Rochus zum Heiligen der Pestkranken ernannt.
Auf einer Demonstration auf dem Puskinplatz berieten die Bürger mit der Miliz ihre Standpunkte, während am Kursker Bahnhof die Schlange durch Moskau kriecht für die Wurst.
Es blinkte wie aus einem Raumschiff. Mit einer Besatzung aus lauter leuchtenden Gestalten.
Das ist kein Straflager, nur die Kantine von Kolchos. Is the tragedy of reality.
Und er sagte: Heller als der rote Stern scheint mir der Sichelmond wahrhaftig.
Unter ihm sah ich Wladimir leibhaftig. Mit wegweisend ausgestreckter Hand zeigte er wie Pitomkin auf seine blühenden Dörfer, ganz Herr im Feldzug der fantastischen Täuschung. Der Liebhaber der Luftspiegelung gab so seine eigene Vorstellung. Noch bevor der rote Stern glühen konnte, war schon das rote Kreuz in die Erde gebrannt, und nach dem Engel Sibiriens zogen bald die internationalen Hilfsorganisationen durch das Land. Ich blicke auf die Ruinen von Atlantis. Sie sehen aus wie das Stadt-zentrum von Novosibirsk. Utopia ist fest in den Händen der Katastrophendienste. Das wundersam erleuchtete Amphitheater verschwand und mit ihm Wladimir, danach war mir, als würde ich im Stehen schlafen. Lilina, wo bist du, wo ist unser Sternen-städtchen?
Aus blauen Freizeitkleidern tritt Mütterchen Rußland mit einem Huhn unter dem Arm hervor.
Das Kino entführt uns nach anderswo.
Hoch lebe Wladimir Majakowski.
Tief darin wurzelt das Wesen ritueller Wiederkehr.
Unter ihr die Stiefel der Soldaten. Am Baikalsee liegt eine alte Frau im Tuch auf einem staatlichen Kopfkissen.
Wo bin ich?
Die weise Greise rollte Strümpfe über ihre Strümpfe. Unter ihr der numerierte Nachttopf.
Im Inneren der Kathedrale mit den 46 Sarkophagen. Darin haben 54 Zaren, Großfür-sten und Fürsten ihre letzte Ruhestätte gefunden, wie die bunten diamantbesetzten Eier, die den Zarenkindern in die Osternester gelegt wurden. Auch in die Mütze des Monarchen.
Zwei Milizen führen in Milisee eine Frau unterm Arm ab, barfuß am Morgen nach den Ausschreitungen kommt sie den Stiefelschritten gar nicht nach. Die Verletzten reißen sich den Verband vom Kopf, damit die Wahrheit ans Tageslicht kommt.
Ein sozialistisches Wunder. Man filmt die Filme mehrmals von der Leinwand ab, und stellt in den entsprechenden Szenen neue Gesichter vor die alten Köpfe. Die Massenszenen kann man meist behalten.
Kreuzförmig schwebt über der Menschenschlange ein weißer Sarg. Der Leichnam wechselt im Verlauf von drei Tagen mehrmals die Farbe. Ein Katholikus hält die Totenmesse für eine Heilige, und der Milizionär streckt die Hände schuldlos in den Himmel, der Platz in Baku wurde aus hygienischen Gründen um 4 Uhr morgens geräumt. Tote gibt es keine. In schwarzen Stein gehauen streckt Lenin wegweisend die Hand von seinem Sockel, über die städtische Reinigungsequick. 19 Meter hoch, 14 Meter breit, 12 Meter tief.
In Amerika gibt es ein Kino für Automobile. Im Kreml gibt es weiße Wölfe.
In kugelsicheren Westen erfolgt die Wachablösung der Milizen vor dem Müllcontainer.
Der erste Panrussische Kongreß der Zukunftsrapsoden. Die Brüste der Frauen werden von Luftballons gehalten. Die Männer tragen Sprungfedern unter ihren Schuhen.
Hach, was sollen mir Sichermond und rote Sterne auch. Hungerstreikende zelten unter einem Puschkinzitat.
Aber was passiert mit den Analphabeten?
Laßet uns beten.
Eine weiße Schwester schüttelt fassungslos den Kopf und ein anderer Mann kann gar nicht hinsehen. Der abgeschlagene Arm steckt noch im Mantel. Das Innenfutter ist aus reiner Schafwolle gegen die Kälte, zwischen Marx, Engels und Lenin nimmt die Haarpracht zunehmend ab, und ein Junge mit einem Fahrrad hütet die Gänse unter der strengen Aufsicht der Zentralregierung.
Schließlich hat Kino etwas mit Reisen zu tun. Nur gehen nicht wir auf Reisen, sondern über die Leinwand kommt die Reise zu uns. Immenser Materialbedarf denk ich mal. Gibt es da keinen Rohfilmzufuhrmangel?
Die Arme des beinamputierten Vaters stützen sich auf zwei Krücken. In seiner Hand trägt er das Einkaufsnetz. Der Sohn trägt die Kalaschnikow über die Schulter. Der große vaterländische Krieg war das Erlebnis seines Lebens.
Landschaft ist ein Strahlenbündel, das Universum eine Bühne der Planeten, und der Staub der Stadt verwandelt sich in einen hundertfarbigen Regenbogen.
An der Brust des Alten haften circa 30 Orden. Die Schlange kriecht zur 1000Jahrfeier der Taufe Rußlands in ein Kloster.
Och, der Radiotrust strahlt bis exantrope. Silberstaub.
Auf der Lacktasche der pilgernden Genossin tanzt ein Husar.
Neuerdings haben Kurzfilme Konjunktur. Der kürzeste war: Proletarier aller Länder, vereinigt euch.
Gottes Narren haben unter jedem Regime ein hohes Ansehen. Vitorta Landsbergis hält an jedes Ohr einen Telefonhörer und marschiert über die erste Strophe der Nationalhymne nach Hause. Er hat die Melodie im Kopf. Räumung des Leninplatzes.
Wo ist Dr. Svoboda?
Seit 1925 bleibt das Kloster am Baikalsee den Kühen überlassen, sich selbst die Jugend in Leningrad, Hände umklammern den Rand eines Gullys.
Marx in einem gotischen Lehnstuhl vor einer Europakarte sitzend. Bei uns gibt es die breitesten Leinwände der Welt. Die in Amerika sind breiter.
Im Stollen der Fernheizung wärmen sich die Kinder in der Tripperbar. Die neuein-gelieferten Säuglinge erstarren hinter den Gittern vor dem numerierten Nachttopf.
An den Küsten leben die Futuristen. Wie sie sich in die Brandung stürzen.
Jetzt darf der Stacheldraht allerdings nicht mehr fotografiert werden.
Hoch hebe Wladimir Majakowski.
Reißt ihm nicht die Gasmaske vom Gesicht. Mit runden Augen und langen Rüssel hebt der Mensch auf der städtischen Müllhalde Schneehöhlen aus, als Heizung dient ihm die Wärme des sich zersetzenden Abfalls.
Filme über die Geschichte der Sowjetunion sind dafür um so länger. Der Trauerzug der Bevölkerung vor dem toten Lenin endete mit einem Kilometer langen schwarzen Klebestreifen.
Auf dem Aralsee sitzen die Karakalpaken-Kinder im Trockenen.
Im Sternenstädten der Revolution ist sogar die Zeit rückläufig.
An der afghanischen Grenze sitzt ein Vater, vor ihm auf einem Pappschild die Zahl 51 8 63. Die letzten Einheiten ziehen vorüber, sein Sohn ist nicht dabei.
Und weil das Kino eine Reise ist, halten die Paare auch in den Sesseln Händchen. Was sie im Theater beispielsweise nicht tun.
Aus dem Hals des Mannes kriecht eine Schlange, ohne Gehirn hielt er 6 Tage durch.
Sie halten Hündchen?
In seinen Taschen steckte tonnenweise Kriegsgerät. Darunter auch ein Bündel Briefe. Hipp Hipp Bolschewik, I’m am Bolschewik. Hipp Hipp.
Ich suche einen Postkasten.
Wir spannen ein Segel vor das Planetensystem mitsamt Zentralgestirn und werden unser Erde wie ein Schiff im Sonnenwind durch das Universum schaukeln. Eine jahrmillionenlange Reise dorthin, wo ein neuer Stern Licht und Wärme für das Weiterleben spendet.
Wieviel Tonnen Tuch, wieviel Meter Nähmaterial?
Still.
Und hier eine Meldung des enzyklopädistischen Weltfunks. Das Erbe des sozialistischen Trojas ist gefunden.
Eine Explosion.
Augenzeugen berichten von der Landung einer prähistorischen Flugmaschine auf dem roten Platz. Die Trophäenkommission hat unter der Oberaufsicht der roten Armee den Schatz des Priamos sichergestellt. Das Gold Schliemanns befindet sich jetzt im staatlichen Museum der schönen Künste. Auf einer Bergwiese im Zweistromland wurde der Flügel einer sowjetischen Fliegerbombe entdeckt. Heller als der rote Stern scheint hier der Sichelmond wahrhaftig. Vier herrliche Wochen und so viele glückliche Stunden und wir haben noch so viel vor uns.
Roter Stern. Hörspiel von Simone Schneider. Regie: Ulrich Gerhardt. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks mit dem Sender Freies Berlin aus dem Jahre 1992. Redaktion: Herbert Kapfer.
Ulrich Matthes Wladimir Bombrowitsch
Michael König Doktor Michael Svoboda
Krista Posch Die Amerikanerin
Gustl Halenke Die Admiralin
Traudl Haas Nixen
Gunter Berger Der Kellner
Joachim Höppner Der Lautsprecher
Detlef Kügow 1. Berufsrevolutionär
Hans Wyprächtiger 2. Berufsrevolutionär
Lorenz Meyboden 3. Berufsrevolutionär
Jan Eberwein 4. Berufsrevolutionär
Michael Koser: Die Schule der Glücksritter (DRadio 2004)
Schaffner: Pittsburgh, hier Pittsburgh.
Elaine: Der Pennsylvania Special rollte gerade ein als ich den Bahnsteig betrat, ich fror ohne Hut und Mantel, der Schneeregen der Dezembernacht hatte mich durchnäßt, die Tasche war so schwer und ich wurde verfolgt, während ich am Zug entlang hastete, sah ich mich um, da kamen sie, zwei große Männer in dunklen Mänteln und klobigen Schuhen, in Panik stieg ich in den nächsten Wagen, ein Pullmansalon mit Privatabteilen und lief den Gang entlang, fängt ja gut an das neue Leben, dachte ich, plötzlich öffnete sich die Tür neben mir, eine Hand packte mich, zog mich ins Abteil.
Arsene: Legen Sie sich ins Bett, schnell.
Elaine: Meine Tasche!
Arsene: Die verstecken wir unterm Bett, ca va, unter die Decke, Mademoiselle, wickeln Sie sich bis zur Nasenspitze ein.
Elaine: Er war ein gutaussehender mittelgroßer Mann, nicht mehr jung, in einem eleganten blauen Anzug, ich gehorchte ihm ohne Angst, obwohl er die Tür verriegelte. Sein Blick, seine Stimme, seine bestimmte Art, alles wirkte vertrauenerweckend.
Arsene: Drehen Sie sich zur Wand, schlafen Sie, tief und fest.
Polizei: Machen Sie auf, Polizei.
Arsene: Wenn Sie darauf bestehen, seien Sie bitte leise, meine Frau schläft bereits, was wollen Sie?
Polizei: Wir suchen eine Diebin, eine junge Frau ohne Hut, mit einer großen Reisetasche.
Arsene: Bei mir?
Polizei: Sie ist in diesen Wagen gestiegen, haben Sie sie gesehen?
Arsene: Nein.
Polizei: Was dagegen, wenn ich in den Waschraum schaue.
Arsene: Tun sie sich keinen Zwang an.
Polizei: Ach, Fehlanzeige, entschuldigen Sie die Störung.
Arsene: Bitte.
Elaine: Ist er weg?
Arsene: Es scheint so, aber bleiben Sie noch im Bett vorsichtshalber, Sie sind also eine Diebin, Mademoiselle.
Elaine: Warum haben Sie mir geholfen?
Arsene: Ein Impuls, Mademoiselle, ich sah Sie aus dem Fenster des Abteils, Sie waren in Not, verfolgt von den Flics und sie haben grüne Augen, gestatten Sie, daß ich mich vorstelle, Raoul d’Andrésy, aus Paris, in Frankreich.
Elaine: Was? Au.
Arsene: Haben Sie sich wehgetan, Mademoiselle.
Elaine: Ja nein, ich glaubs nicht, Raoul d’Andresy, ja ich hab gehört, daß Sie in den Staaten sind, aber daß ich Sie treffe, auf diese Weise, daß Sie mich vor der Polizei, ausgerechnet Sie.
Arsene: Beruhigen Sie sich, Mademoiselle.
Elaine: Erst wenn Sie es mir gesagt haben.
Arsene: Was soll ich Ihnen sagen.
Elaine: Wie Sie wirklich heißen.
Arsene: Für wen halten Sie mich, Mademoiselle.
Elaine: Sie sind Arsene Lupin.
Elaine: Ich wußte es, ich kannte ihn, alle seine unglaublichen Abenteuer und seine Pseudonyme, Arsene Lupin, der Gentlemaneinbrecher, der Abenteurer, der berühmteste Glücksritter der Welt, seit ich als Kind die Berichte seines Biografen Leblanc gelesen habe, war ich ihm verfallen, ich schwärmte für ihn, folgte seinen Spuren in meinen Träumen.
Arsene: Übertreiben Sie nicht ein wenig, Mademoiselle, Sie haben mir Ihren Namen noch nicht genannt.
Elaine: Ich heiße Mary Kowalski, nein, ich heiße nicht mehr Mary Kowalski, ich bin nämlich dabei ein neues Leben anzufangen und dazu brauche ich einen neuen Namen.
Arsene: Versteht sich.
Elaine: Leider bin ich noch nicht dazu gekommen, mir einen zu suchen.
Arsene: Lassen Sie sehen eine hübsche Frau mit grünen Augen sollte Elaine heißen.
Elaine: Elaine, ein schöner Name.
Arsene: Sie dürfen ihn behalten, Mademoiselle, und nun erzählen Sie, was ist geschehen, wer sind sie.
Elaine: Ich sagte ihm alles, daß ich in Pittsburgh geboren und aufgewachsen bin, daß meine Eltern früh starben, daß ich in einer Bank arbeitete wo ich es bis zur Kassierin brachte, daß mich in diesem Jahr des Herrn 1926 drei schwere Schicksalschläge trafen, im August starb er, der große wunderbare Rudolf Valentino, seine Filme und Ihre Abenteuer Monsieur Lupin waren die Lichtstrahlen in einem eintönigen Dasein, die Verheißung eines wirklichen Lebens jenseits von Pittsburgh und dem Schalter der Bank, weil Valentinos Tod mich so sehr erschütterte, fühlte mein Verlobter sich vernachlässigt und gab mir den Ring zurück, Weihnachten wollten wir heiraten, und vor ein paar Tagen hat die Bank sich entschlossen im nächsten Jahr auf meine Dienste zu verzichten, ja da Monsieur Lupin, da faßte auch ich einen Entschluß.
Arsene: Ein neues Leben zu beginnen.
Elaine: Meinen Traum zu verwirklichen den Traum von einem Leben ala Arsen Lupin.
Arsene: Sie haben ihre Bank bestohlen.
Elaine: Heute abend habe ich den Inhalt der Kasse nicht wie sonst in den Tresor getan, sondern in meine Reisetasche, ein Kollege muß mich dabei beobachtet und die Polizei verständigt haben, war noch nicht lange zu hause, da kamen sie, mit Blaulicht und Sirene, ich hatte keine Zeit mehr den Koffer zu packen oder auch nur den Mantel anzuziehen, ich verschwand durch die Hintertür, fuhr mit einem Taxi zum Bahnhof.
Arsene: Den Rest kenne ich, Mademoiselle, was haben sie nun vor.
Elaine: Ich will nach Chicago, Monsieur Lupin, das ist die Hauptstadt der…
Arsene: Glücksritter, der Abenteurer, derer die sich nicht sklavisch den Gesetzen unterwerfen, der sog. Verbrecher.
Elaine: Alkoholschmuggler, Monsieur Lupin, Gangster, Al Capone.
Arsene: Und Millionäre mit mehr Geld als ihnen gut gut, darum Mademoiselle ist Chicago auch mein Ziel.
Elaine: Oh Monsieur Lupin, ich wage nicht, sie zu bitten, sie haben mir schon einmal so sehr geholfen.
Arsene: Und dabei ein klein wenig Verantwortung übernommen, sprechen sie nur Mademoiselle, was kann ich für sie tun.
Elaine: Ich hatte einen Wunsch, ein großen, einen dringenden, einen einzigen Wunsch, ich wollte mich ihm anschließen, an Arsene Lupins Seite, ein Leben jeneits der Normen und Gesetze zu beginnen, von ihm zu lernen, ihn bei seinen kühnen Feldzügen wider die Reichen und Mächtigen dieser Welt zu begleiten, als seine Schülerin, könnte es etwas schöneres geben.
Arsene: Ich beneide sie um ihren jugendlichen Enthusiasmus, Mademoiselle, zu meinem Bedauern sehe ich mich gezwungen, ihn ein wenig zu dämpfen, sie treffen sie mich um die Wahrheit zu sagen in einem nicht eben glücklichen Moment, sehen sie auch in mir einen Flüchtling, der New York auf schnellsten Weg verlassen muß, verfolgt von Inspektor Ganimard.
Elaine: Ganimard.
Arsene: Sie kennen ihn natürlich Mademoiselle, er ist stupide aber hartnäckig, und so fahre denn ich nach Chicago, ohne präzises Vorhaben, ohne Plan, ohne Geld.
Elaine: Ich habe Geld Monsieur Lupin, in meiner Tasche und wenn ich bei ihnen bleiben darf.
Arsene: Wieviel Mademoiselle.
Elaine: Mehr als 9000 Dollar.
Arsene: Für ein paar Tage dürfte es reichen.
Elaine: Ein paar Tage.
Arsene: Merken sie sich den ersten Grund- und Kernsatz der Glücksritterei, niemals knausern, wer das Geld anderer will, muß den Anschein erwecken er habe selbst genug, der wahre Abenteurer lebt stets auf großem Fuße, wenn wir morgen früh in Chicago aussteigen, werden wir das erste Hotel am Platz nehmen.
Elaine: Sie nehmen mich also mit, Monsieur Lupin, wie kann ich ihnen danken?
Elaine: Pünktlich um 9 Uhr 10 erreichte der Pennsylvania Special Chicago, Station, ruhigen Schrittes gingen wir durch die Sperre, Lupin und an seinem Arm ich, vorbei an den Kriminalbeamten, die alle Ausgestiegenen argwöhnisch musterten, ich trug einen kleinen Schleier am Hut und über einem eleganten, wenn auch konservativem Kostüm einen ebensolchen Mantel, die Reisetasche trug ich nicht, die karrte ein Dienstmann mit anderen Gepäckstücken, zu einem Taxi, unbeeindruckt von dem Schauspiel, das sich hinter uns entfaltete, eine ältere Dame in einem fliderfarbenen Neglige beugte sich weit aus einem Abteilfenster und.
Dame: Mein Hut, da Schaffner, Polizei.
Arsene: Zum Hotel Palmerhaus Chauffeur. Im Hotel werden sie wie ich eine Suite beziehen, Elaine, Sie sind Mrs Joan Belmont, ein in der New Yorker Gesellschaft nicht unbekannter Name, apropos, auch in Chicago dürfte es etwas geben, was man mit einigem Wohlwollen als Gesellschaft bezeichnen kann, man wird entzückt sein, Mrs Belmont und den Marquis zu empfangen.
Elaine: Sie sind Marquis, Arsene, das ist neu.
Arsene: Was wollen sie, meine übrigen Künstlernamen sind hierzulande alle bekannt und die Amerikaner lieben europäische Adelstitel, wir werden untadelige Empfehlungsschreiben vorzuweisen haben, aus New York, Paris, und wenn wir erst im Kreise der Nabobs von Chicago schwimmen wie die Hechte im Karpfenteich dann, Elaine.
Elaine: Ja Arsene.
Arsene: Dann werden wir dessen bin ich sicher in kürzester Zeit den Schlüssel finden der uns den Weg zu den Reichtümern dieser betriebsamen Metropole eröffnet.
Elaine: Er war sehr kalt und stürmisch in jenem Dezember 1926 in Chicago, aber das spürte ich kaum, wir flatterten von Soiree zu Empfang, von Ball zu Bankett, ich trug die herrlichsten Abendroben, nippte an illegalen Cocktails als sei ich mit ihnen aufgezogen worden, und genoß das schöne Leben in vollen Zügen, bis unsere 9000 Dollar rapide zur Neige gingen und ich begann mir Sorgen zu machen, doch mein Begleiter blieb gelassen, zu recht, denn nach etwa einer Woche bot sich uns besagter Schlüssel bei einer exklusiven Cocktailparty in einem exklusiven Palast am exklusiven Lake Shore Drive, der sogenannten Gold Coast von Chicago, Gastgeber war der Multimillionär Osgood P Quackenbush, der dritte.
Quackenbush: Hat mir mein alter Herr hinterlassen, Osgood P Quackenbush der zweite, den Schlachthauskönig hat man ihn genannt, ich bin umgestiegen, auf Finanzen, das ist zweifellos sauberer und lukrativer.
Arsene: Respekt, sagen sie Quackenbush war ihr Vater nicht auch als Kunstsammler bekannt.
Quackenbush: Oh ja, der alte hat gesammelt, alles mögliche, Bilder, Juwelen, oh, oh ich liebe Strauß, ja ich hab das ganze Zeug verkauft, interessiert mich nicht, ich sammle auch, aber was ganz anderes.
Elaine: Und was, Mr Quackenbush.
Quackenbush: Mordwerkzeuge, Mrs Belmont, Waffen berühmter Verbrecher, ein interessantes, wenn auch ausgefallenes Gebiet, im Lauf der Jahre hab ich mir ganz ordentlich was zusammengekauft, ich will mich nicht loben, aber besser als die schwarzen Museen in New York, London oder Paris ist meine Sammlung allemal, wollen sie mal sehen, Marquis?
Arsene: Mit Vergnügen.
Quackenbush: Na dann kommen sie, sie bleiben besser hier, das ist nichts für eine Dame.
Elaine: Mr Quackenbush, sie sind ganz und gar nicht uptodate, die moderne Frau kennt nichts Exquisiteres als das Grauen, die Gänsehaut, das sublime Gruseln, das den Körper vom Scheitel bis zur Sohle zum kribbeln bringt.
Quackenbush: Sie sind mir eine, ok kommen sie mit.
Elaine: Seine Schätze bewahrte Quackenbush in einer Stahlkammer auf, als er das Sicherheitsschloß öffnete, schaute Lupin ihm zu, scheinbar desinteressiert, wir traten ein, um uns beleuchtete Glasvitrinen mit Objekten verschiedenster Art gefüllt, dazwischen ein massiger, allerdings wie mir schien nicht eben hochmoderner Tresor.
Quackenbush: Mit Bargeld, Aktien, Geschäftspapiere, was der Mensch so braucht, uninteressant, sehen sie sich um, Marquis, Mrs Belmont, im Schrank rechts.
Elaine: Pistolen. Das ist doch nichts besonders, Pistolen habe ich schon viele gesehen in der Waffenkammer meines Mannes auf Long Island.
Quackenbush: Nicht diese, Mrs Belmont, da können sie Gift draufnehmen, sehen sie hier, die beiden Waffen mit denen der berüchtige Rasputin erschossen wurde, die Browning des Fürsten Jasupow und die Savage von Puejkewitsch. Genau.
Quackenbush: Und mit dieser Feile hat der Anarchist Lucheni Kaiserin Elisabeth von Österreich erstochen.
Elaine: Sissi, ist noch Blut dran.
Quackenbush: Und hier zwei ganz besondere Stücke aus ihrer Heimat, Marquis, der Massenmörder Laudru seine Opfer beseitigte, ich verdanke ihm übrigens einem hohen Beamten der Pariser Kriminalpolizei, den Schrankkoffer daneben auch, er enthielt die Leiche des Filmproduzenten Lumies, seinerseit ein aufsehenerregender Fall, aufgeklärt von Prof. van Dusen, mein alter Herr hat ihn gut gekannt, den berühmten Amateurkriminologen und diese kleine Pistole ist eine Neuerwerbung, auf die ich ganz besonders stolz bin.
Elaine: Sieht aus wie ein Spielzeug.
Quackenbush: Das ist sie, mit der Präsident Lincoln erschoß, ich hab sie meinem schärfsten Konkurrenten vor der Nase weggeschappt für 25000 Dollar.
Elaine: Soviel.
Arsene: Ihr schärfster Konkurrenz Quackenbush, wer ist das.
Quackenbush: George Stenson, praktisch mein Nachbar, drei Häuser weiter.
Arsene: Und dieser Stenson sammelt ebenfalls historische Mordinstrumente, ist er heute abend anwesend.
Quackenbush: Oh nein, der gute ist nicht coninform wie das bei ihnen heißt Marquis, wissen sie, er ist Bierbrauer.
Arsene: Ein ehrenwertes Gewerbe.
Quackenbush: Nicht bei uns, Marquis wir haben Prohibition, totales Alkoholverbot.
Arsene: Was sie nicht sagen Quackenbush, dieser Champagnercocktail in meinem Glas.
Quackenbush: Sie dürfen das nicht so eng sehen, Stanson produziert nicht nur Bier in 7 Brauereien, er läßt es auch von Gangstern vertrieben, Al Capone persönlich ist sein Partner.
Arsene: Tatsächlich.
Elaine: Und von wem beziehen Sie Champagner und Whisky, Mr Quackenbush.
Quackenbush: Nicht von diesen Italienern, Mrs Belmont, wer in Chicago auf sich hält kauft bei irischen Lieferanten, bei Max Moren und seinen Leuten.
Elaine: Sind das nicht auch Gangster?
Quackenbush: Ganz ohne geht es nun mal nicht, Mrs Belmont, in New York ist das sicher nicht anders oder?
Elaine: Beim Abschied gab Quackenbush uns das Geleit bis ans Tor seines großen Anwesens, wo der Chauffeur im gemieteten Packard auf uns wartete.
Quackenbush: Freut mich, wenns ihnen bei mir gefallen hat, war recht nett.
Arsene: Was ich übringens noch sagen wollte, Quackenbush, mir ist eingefallen, daß auch ich, obschon kein Sammler, eine kriminologische Reliquie mein eigen nenne.
Quackenbush: Ja was ist es denn.
Arsene: Ein Messer, das Messer mit dem Jean Paul Marat ins jenseits befördert wurde.
Quackenbush: Ist das wahr, das gehört ihnen?
Arsene: Dahinter steckt eine interessante Geschichte, vermutlich wissen sie, daß der Henkersknecht Leco den abgeschlagenen Kopf Corday, der Mörderin Maras auf dem Schafott hochhielt und ohrfeigte, er kam dafür ins Gefängnis, ja und dieser Henker besaß die Tatwaffe, in der Familie bis mein Vater, ein Bewunderer der Condesi sie erwarb von einem Nachfahren Leco, der als Stallbursche bei ihm arbeitete.
Quackenbush: Sagen sie Marquis, wären sie unter Umständen bereit, mir das Messer zu verkaufen.
Arsene: Ich weiß nicht, gewiß es bedeutet mir nicht allzuviel.
Quackenbush: Sie würden mir eine riesige Freude machen.
Arsene: Lassen sie uns ein anderesmal darüber weiterreden Quckenbush es ist spät.
Quackenbush: Ja.
Elaine: Am nächsten Morgen beim Frühstück machten wir einen Schlachtplan, das heißt natürlich Lupin plante und ich assistierte, so gut ich konnte.
Arsene: Sie stellen ihr Licht unter den Scheffel, sie assistieren nicht nur, sie inspieren mich und im nächsten Akt des von mir konzipierten kleinen Dramas werden sie die Hauptrolle übernehmen.
Elaine: Wenn sie mir das zutrauen, Arsene.
Arsene: Doch bevor es soweit ist, liegt noch ein gerüttelt Maß Arbeit vor uns, in den nächsten Tagen wird es für sie und für mich keine Gesellschaft geben, in der öffentlichen Bibliothek von Chicago, ein wohlbestücktes Haus wie ich höre, werden wir historische Forschungen anstellen und dann mon cheri, dann werden wir basteln.
Elaine: Basteln.
Arsene: Mit diesen unseren Händen, die für besseres geschaffen sind.
Elaine: Monsieur de Marquis.
Elaine: Zwei Wochen später, Weihnachten war vorüber, das neues Jahr hatte be-gonnen, ich war im Palmerhaus ausgezogen und hatte mich in einem bescheidenen, aber anständigen Hotel dem Great Moter in der Street eingemietet auf den Namen Lier, Elenor Lier, und dort hatte ich einen Brief, dem Fotografien und Kopien von Dokumenten beigelegt waren, abgeschickt an Mr Josef Stenson, Lake Shore Drive.
Elaine: Arsen, er hat angebissen.
Arsene: Kein Wunder, bei diesem Köder, was schreibt er.
Elaine: Liebe Mrs Lier, an Ihrem Angebot bin ich interessiert, ich schlage vor, daß wir uns treffen, damit ich das Objekt in Augenschein nehmen kann, seien sie am Sonnabend, dem 8. Januar 1927.
Arsene: Übermorgen.
Elaine: Um 10 Uhr abends im Dreamland Cafe an der 35. Straße.
Arsene: Er lädt sie nicht in sein Haus ein, schade.
Elaine: Fragen sie nach mir, ich bin dort bekannt, freundliche Grüße.
Elaine: Das Dreamland war ein Nachtclub von der nicht allzu vornehmen Sorte, es roch nach Schweiß, Tabak, geschmuggeltem Whisky, eine schwarze Kapelle spielte Ragtime, Blackbottom und den Modetanz der Saison, Charleston, dazu vergnügten sich untersetzte ältere Männer in zu engen Abendanzügen, der einen oder andere mit einer verdächtigen Beule unter dem linken Arm mit sehr jungen, sehr schlanken, sehr geschminkten Frauen in sehr kurzen Franzenröcken.
Elaine: Shoking.
Stetson: Mrs Lier, das ist noch gar nichts, da hätten sie Lauraine sehen sollen, als sie noch beim in New York getanzt hat, eine Straußenfeder, mehr nicht.
Mrs Stenson: Dann traf ich meinen Sugardaddy, verliebte mich unsterblich und seit unserer Hochzeit tanze ich natürlich nicht mehr. Gefällt ihnen die Musik, Mrs Lear.
Elaine: Wie mans nimmt, Mrs Stenson.
Mrs Stetson: King Oliver mit seiner Jazz Band, bläst ein scharfes Horn, der Junge.
Stenson: Baby, ich hab mit Mrs Leal was geschäftliches zu besprechen, du tanzt.
Mrs Stenson: Sugardaddy, du weißt doch ich mache mir nichts aus andern Männern.
Stenson: Geh schon Baby, aber nicht so eng.
Mrs Stenson: Wenn mein Sugardaddy unbedingt will.
Stenson: Loraine amüsiert sich so gerne, Mrs Liel, Musik, Menschen, Trubel, soll sie, sie ist etwas jünger als ich, vielleicht haben sie es bemerkt.
Elaine: Ach wirklich, Mr Stenson.
Stetson: Wie finden sie das Dreamland, Mrs Leal.
Elaine: In Piddletown haben wir so was nicht.
Stetson: Das will ich meinen.
Elaine: Da kam ich her, Piddletown, Vermont, da kam ich her, das sah man mir an, auf das Treiben reagierte sie mit einem Ausdruck, der teils mißbilligend war, teils ängstlich, die Ängstlichkeit war nicht nur gespielt, ich muß gestehen, ich atmete innerlich auf, wenn mein Blick auf den Herrn im untadligen Frack fiel, der dem Marquis so erstaunlich ähnlich sah und der mich im Auge behielt, aber so diskret, daß es niemandem auffiel, am wenigsten Mr Josef Stenson, er hatte nur Augen für die antiquierte Abendtasche, in der Mrs Liel, wie er wußte, ein interessantes Objekt aufbewahrte.
Stetson: Die Lincolnkugel.
Elaine: Ganz recht, Mr Stenson, das Geschoß, das Präsident Lincoln tötete.
Stetson: Zeigen sie mal her, aha, tja.
Elaine: Natürlich unter Glas.
Stetson: Natürlich, in ihren Besitz gekommen sie ist durch ihren Großvater.
Elaine: Wie ich ihnen schrieb, mein Großvater war Dr Charles, der junge Arzt, der zufällig im Theater war als auf Lincoln schoß und der dem Opfer erste Hilfe leistete, dafür durfte er später nach der Obduktion die Todeskugel an sich nehmen.
Stetson: Die Kugel, die in Lincolns Hirn eintrat.
Elaine: Wir haben sie in der Familie immer sehr in Ehren gehalten.
Stetson: Und warum wollen sie die jetzt verkaufen, Mrs Liel.
Elaine: Die Zeiten sind schlecht, Mr Stenson und ich würde gern Mr Petersens Drugstore übernehmen.
Stetson: 2000 Dollar Mrs Liel, sind sie damit einverstanden.
Elaine: Nein Mr Stenson, das ist nicht genug.
Stetson: Also gut 3000.
Elaine: Wissen sie, Mr Stenson, Mr Quackenbush hat mir 10000 Dollar geboten.
Stetson: Was Quackenbush, das könnte dem so passen, erst die Pistole und dann auch noch die Kugel, wieviel hat er ihnen geboten 10000, ich lege noch 1000 drauf.
Elaine: 11000 Dollar.
Stetson: Dafür kriegen sie einen erstklassigen Drugstore.
Elaine: Da hatte er recht, wir tauschten, Kugel nebst glänzend gefälschten Dokumenten gegen Barscheck, noch in dieser Nacht feierte Miss Liel, nun wieder Mr Sperment mit Marquis in dessen prunkvoller Suite im Palmerhaus.
Arsene: Auf sie, Elaine.
Elaine: Sie waren also mit mir zufrieden, Arsene.
Arsene: Begeistert, sie waren wunderbar, meine Gratulation brava bravissima.
Elaine: Sie machen mich verlegen.
Arsene: Und nun jetzt werden wir Mr Quackenbush reaktivieren, das ist meine Sache, will sagen, die des edlen Marquis.
Elaine: Auf sein Wohl.
Elaine: Am nächsten Abend geschah es, daß Mr Quackenbush, als er seine gewohnte Flüsterkneipe in der Madison Street aufsuchte, dort ganz zufällig auf den Marquis de Bri stieß.
Quackenbush: Gut daß ich sie treffe, Marquis, was tun sie.
Arsene: Ich trinke Tee, wie sie sehen, aus einer geschmackvollen chinesischen Tasse, Tee in Schottland gebrannt und die USA geschmuggelt, mir auch eine Tasse.
Quackenbush: Ich hab ein paar mal im Palmerhaus angerufen aber sie waren nie da.
Arsene: Ich bin unterwegs, mal hier mal da, was kann ich für sie tun, mein lieber.
Quackenbush: Das Messer, sie erinnern sich doch, das Messer, der Charlotte.
Arsene: Wir sprachen darüber.
Quackenbush: Und wollen sie verkaufen.
Arene: Ich will sie nicht auf die Folter spannen, erst neulich hab ich meine verwandte telegrafisch angewiesen, das gute Stück nach Chicago zu schicken, morgen oder übermorgen dürfte das Päckchen eintreffen, Quackenbush, eigentlich hätte ich ihnen das Ding gern zum Geschenk gemacht.
Quackenbush: Kommt nicht in Frage Marquis.
Arsene: Angesichts der jetzigen Währungsschwankungen muß ihn leider zustimmen, wenn der Dollar 40 Franc kostet, werden selbst Aristokraten zu Krämern.
Quackenbush: Würden sie 20000 Dollar akzeptieren.
Arsene: Lassen sie uns nicht feilschen Quackenbush, 30000 Dollar und das Messer gehört ihnen.
Quackenbush: 30000.
Arsene: Ich rufe sie an, au revoir.
Elaine: Zwei Tage später teilte der Marquis Mr Quackenbush telefonisch mit, die erwartete Sendung aus der Normandie sei eingetroffen.
Quackenbush: Mit dem Preis ich bin einverstanden, notgedrungen, wenn er mir auch etwas hoch vorkommt.
Arsene: Quackenbush, was sind ein paar Dollar unter Freunden, Gentlemen reden nicht über Geld, wann und wo wollen wir uns treffen.
Quackenbush: Bei mir morgen nachmittag.
Arene: Evian, ich lade sie in in meine Suite, zum Tee um 4 Uhr daccord.
Elaine: Um so aufgeregter wurde ich, Arsene blieb wie immer kaltblütig, sein rastloses Hirn hatte die bevorstehende Transaktion mit Quackenbush bereits abgehakt und arbeitete an neuen großen Taten.
Arsene: Kugel, Messer, 11000, 30000 das sind doch nur wie sagen sie kleines Vieh.
Elaine: Peanuts, Erdnüsse.
Arsene: Cherie, wir werden uns Zugang zu den Tresoren der ehrenwerten Herren Quackenbush und Stenson verschaffen und dann Elaine, doch davon später, unser Gast wird gleich eintreffen, ich halte es für besser, daß sie gehen, wir sollten nicht mehr gemeinsam auftreten.
Elaine: Warum nicht, erwarten sie Probleme.
Arsene: Nein aber sie wissen der kluge Mann baut vor, die kluge Frau natürlich auch.
Elaine: Ich möchte aber dabei sein, ich will lernen.
Arsene: Machen sie es wie der Liebhaber in der Komödie, verstecken sie sich im Schrank und lassen sie die Tür ein wenig offen stehen.
Elaine: Ich war kaum in meinem Versteck verschwunden, als die Tür zur Suite aufgerissen wurde, Quackenbush trat ein und mit ihm zwei kräftige Männer in schlecht sitzenden gestreiften Anzügen, die Hände in der Jackentasche.
Quackenbush: Die Männer hab ich mir ausgeliehen von meinem Whiskylieferanten Mr. Bucks More.
Arsene: Lieber Quackenbush, sie setzen mich in Erstaunen, sie betreten meine Räume ohne anzuklopfen, sie bringen zwei Gangster mit.
Quackenbush: Leibwächter, Marquis oder Torpedos wie man in der Alkoholbranche sagt, wissen sie ich hatte das Gefühl, einem weltbekannten Verbrecher sollte ich nicht allein und ohne Schutz entgegentreten.
Arsene: Verbrecher, was soll das bedeuten.
Quackenbush: Kommen sie rein, Monsieur Ganimard.
Ganimard: Bonjour Lupin.
Arsene: Ah Ganimard, Freund meiner Jugend, Leuchte und Zierde der Surete, nehmen sie doch Platz, machen sie es sich bequem, darf ich ihnen eine Erfrischung bringen lassen.
Elaine: Ein unauffälliger Mann mit Glatze und Walroßschnauzbart, das war also Ganimard, Inspector Ganimard, Lupins unerbittlicher Feind, mir stockte der Atem, bis nach New York hatte er den großen Abenteurer verfolgt und jetzt tauchte er auch noch in Chicago auf.
Arsene: Welcher glückhafter Fügung verdank ich die unerwartete Freude ihrer Anwesenheit, verraten sie mir, ich verließ sie in New York.
Ganimard: Und dann fiel mir vor wenigen Tagen eine alte Ausgabe der Chicago Tribune in die Hand und einen großen Bericht über eine Soiree im Hause Quackenbush, auf einer Fotografie waren einige illustre Gäste abgebildet, darunter der Marquis de Bri.
Arsene: In dem sie mit den geschärften Augen ihren teuren alten Freund Lupin erkannten.
Ganimard: Mr Quackenbush ist mir nicht unbekannt, war ich doch des öfteren in der glücklich Lage, ihm das eine oder andere begehrte Objekt zukommen zu lassen, ich nahm mit ihm Verbindung auf und voila hier bin ich.
Arsene: In voller Schönheit.
Ganimard: Von nun an bleiben wir zusammen, ich nehme sie mit, erst zu Polizei in Chicago und dann nach Paris, komm her mein Junge.
Arsene: Pfui Ganimard.
Ganimard: Ich laß dich nicht mehr aus den Augen, bis du in einem französischen Zuchthaus sitzt.
Quschenbush: Augenblick Ganimard, sie haben mir die Augen über den angeblichen Marquis geöffnet, gut und schön, aber mitnehmen können sie ihn nicht, das ist nicht drin, ich brauch ihn noch.
Ganimard: Mr Quackenbusch, Lupin gehört der Justiz, das Recht, die Gesetze.
Quackenbush: Recht, Gesetz, wir sind in Chicago.
Ganimard: Ich, ich protestiere im Namen der franzözischen Republik.
Quschenbush: Von mir aus Ganimard, protestieren sie, aber leise.
Ganimard: Ich ah.
Quackenbush: Halten sie doch die Klappe.
Elaine: Das tat der Inspektor mit allen Anzeichen des Unwillens, doch gegen zwei schlagkräftige Argumente in Nadelstreifen konnte er fern der Heimat nix ausrichten.
Arsene: Sie brauchen mich, sie brauchen Arsene Lupin den Abenteurer.
Quackenbush: Ich brauch den Dieb.
Arsene: Interessesant, sprechen sie sich aus.
Quackenbush: Joe Stenson, der Kerl hat mal wieder unverschämtes Glück gehabt und mir ein ganz seltenes Stück weggeschnappt, die Kugel die Lincoln umgebracht hat.
Arsene: Ist es die Möglichkeit.
Qusckenbush: Und diesmal laß ihn nicht durchgehen, die Kugel gehört mir, schließlich hab schon die Pistole.
Arsene: Warum trösten sie sich nicht mit dem Messer der Corday, da liegt es auf dem Tisch, ich hab mir solche Mühe geben.
Quackenbush: Ich will die Kugel, Lupin und sie werden sie mir verschaffen.
Arsene: Ich soll stehlen, also wissen sie Quackenbush, warum schicken sie nicht ihre Herren Torpedos.
Qusckenbush: Weil das eine Aufgabe für einen Spezialisten ist, Stensons Haus ist eine Festung, da kommt so leicht keiner rein oder raus.
Arsene: Schwierig, schwierig.
Ganimard: Mr Quackenbush, das dürfen sie nicht, ich werde.
Quakenbush: Das reicht, schmeiß ihn raus.
Ganimard: Wagen sie es nicht, Hand am mich zu legen, ich bin Inspektor der Surete, ich werde mich an meinem Konsuln wenden, au.
Arsene: Der gute Ganimar, er hat noch nie gespürt wenn er überflüssig war, gut ich werde für sie tätig, Quackenbush.
Quackenbush: Na also, da wäre da nur ein kleines Problem, wie kann ich sicher sein daß sie es auch wirklich tun und nicht einfach verschwinden, vielleicht sollten Morens Männer sie nicht aus den Augen lassen.
Arsene: Quackenbush, sie sind mißtrauisch wie eine alte Jungfer, unter Beobachtung kann ich nicht arbeiten, das würde meinen Stil ramponieren, Arsene Lupin ist ein Ehrenmann, alle Welt weiß das, sogar Ganimard, ich geb ihnen mein Wort, ich werde die Lincolnkugel, die zur Zeit in Stensons Besitz ist, an mich nehmen und an sie weiterreichen.
Quackenbush: Heute ist der 12. Januar, binnen einer Woche.
Arsene: Versprochen.
Elaine: Sie gingen und ich konnte endlich den Schrank verlassen, krumm im Rücken und trüb im Gemüt, die Sache war gründlich schief gegangen.
Arsene: Abwarten, Elaine, kein Grund zu Trübsal, Flexibilität eine der wichtigsten Eigenschaften des Glücksritters, als erstes werden wir Namen und Domizil wechseln, ein unscheinbares Haus in einem uninteressanten Stadtteil, zwei unauffällige Personen mit Allerweltsnamen.
Elaine: Und dann Arsene.
Arsene: Dann werden wir Stetsons Festung stürmen.
Elaine: Stürmen, das sagen sie so leicht.
Arsene: Was mich betrifft, ich werde einen todsicheren Trick einsetzen, den ich in Frankreich schon einige Male mit Erfolg angewendet habe.
Elaine: Und ich.
Arsene: Ich habe den Eindruck, Mrs Loren Stenson gehört zu den schwierigen Haus- herrinen, deren Personal häufig wechselt, wenn sie bei ihr vorstellig würden, Elaine mit allerbesten Referenzen, sie wären anwesend und könnten eingreifen, wenn es notwendig wird.
Elaine: Lorain nahm mich sofort, das lag zweifellos daran daß ich zuvor in Hollywood tätig war, bei so bekannten Filmstars wie Mary Pickford, Gloria Swanson, und ihr Pagapei mochte mich und so begab es sich, daß am abend des 15. Januar das neue Hausmädchen Helen einem Besucher die Tür öffnete, der ihr nicht unbekannt war.
Elaine: Inspektor Ganimard.
Stenson: Treten sie näher, Inspektor, nehmen sie Platz, Zigarette, ob ich ihnen auch einen Whisky anbieten darf, weiß ich nicht so recht, immerhin sind sie Polizist.
Arsene: In Frankreich, Monsieur nicht hier tun sie ihrer Gastfreundschaft kein Zwang.
Mrs Stenson: Schenken sie dem Herrn ein, Helen.
Elaine: Sehr wohl Madame.
Stenson: Sie haben mir geschrieben, Inspektor, sie hätten eine Information für mich von äußerster Wichtigkeit in bezug auf meine Sammlung kriminalistischer Raritäten, sind meine Schätze in Gefahr.
Arsene: Ein Schatz, die Pistolenkugel aus dem Kopf ihres großen Präsidenten Abraham Lincoln.
Stenson: Ach was ich wette, dahinter steckt Quackenbush.
Arsene: So ist es, Mr Quackenbush hat einen Experten beauftragt, die Kugel für ihn zu entwenden.
Stenson: Das sieht ihm ähnlich, na soll er, an meiner Alarmanlage wird sich sein Experte die Zähne ausbeißen.
Arsene: Gestatten sie mir, das zu bezweifeln, bei besagtem Experten handelt es sich nämlich um keinen geringeren als Arsene Lupin.
Mrs Stenson: Lupin, über den hab ich gerade was gelesen, Sugardaddy, in Life, das ist ein ganz gerissener Kerl, den kann nichts aufhalten, keine Stahltür, kein Alarm-system, überall kommt er rein und im verkleiden und maskieren ist er einsame spitze.
Arsene: Madame hat völlig recht, dieser dreiste Verbrecher hat es sogar gewagt, als hoher Beamter der Pariser Kriminalpolizei aufzutreten.
Mrs Stenson: Und charmant ist er, ein richtiger Frauenheld, stehen sie nicht herum, Helen, schenken sie ein.
Elaine: Sehr wohl Madame.
Arsene: Wenn ich ihre Sicherheitsvorkehrungen inspizieren dürfte Monsieur Stenson.
Stenson: Ich bitte darum, sie sind der Fachmann, sehen sie sich alles in Ruhe an.
Arsene: Merci Monsieur.
Stenson: Aber nicht mehr heute abend, bleiben sie über Nacht in einem unserer Gästezimmer, wissen sie was, würden sie uns die Freude machen bei uns zu wohnen, bis die Gefahr vorüber ist.
Arsene: Das heißt, bis wir den Burschen erwischt haben, mit Vergnügen Monsieur.
Mrs Stenson: Helen, richten sie das blaue Zimmer für den Herrn her.
Elaine: Sehr wohl, Madame.
Elaine: Am nächsten Abend wartete ich in meinem kleinen Dienstbotenzimmer unter dem Dach auf das verabredete Zeichen, ein dreimaliges Klopfen an der Tür, dem die gemeinsame Flucht aus dem Hause Stetson folgen sollte, leider schlief ich darüber ein, vielleicht lag es an der Nervenanspannung, vielleicht an Lorain Stenson, die sich nur zu gern damit beschäftigte ihr Hausmädchen zu beschäftigen, eine schrille Glocke riß mich aus rosaroten Träumen von mir und Arsene und den Niagarafällen, Madame befahl mich in ihr Boudoir, ein Blick auf die Uhr, es war zehn Minuten vor 3, mitten in der Nacht.
Mrs Stenson: Helen da sind sie endlich, wenn man sie mal braucht, dieser Verbrecher war hier, dieser.
Elaine: Lupin, Madame.
Mrs Stenson: Genau der, hier in unseren Haus, sei doch mal ruhig Cleopatra, ein Wunder, daß wir nicht alle in unseren Betten ermordet wurden, oh meine Nerven, bringen sie mir eine Flasche Bourbon.
Elaine: Gegen zwei Uhr, so erfuhr ich von Lorean und später von Lupin selbst war der Hausgast, der sich Ganimar nannte, aufgestanden, vorsichtig schlich er zu Stetsons Schatzkammer, er betrat sie, nachdem er die Alarmanlage abgeschaltet hatte und wollte gerade den Schrank öffnen der die ominöse Lincolnkugel enthielt als zwei Männer mit schußbereiten Revolvern durch die Tür kamen, der Hausherr und.
Arsene: Ganimar, schon wieder, also allmählich wirds langweilig, Sie sind ja wie das berühmte falsche fünf Franc Stück, übrigens sind sie sicher, daß sie wirklich Ganimard sind, nicht Lupin.
Ganimard: Mein Schnurrbart ist echt, und ihrer.
Arsene: Auh.
Ganimard: War nur angeklebt.
Arsene: Was für ein Glück, stellen sie sich vor, ich müßte ständig mit so einem Handfeger unter der Nase herumlaufen, Ganimard, Ganimard, sie haben gelauscht neulich im Palmerhaus, und dann sind sie zu Stetson petzen gegangen.
Stenson: Er hat mich angerufen, um mich zu warnen.
Arsene: Weil er mich doch noch in die Finger kriegen wollte, ist es nicht so, Freund meiner Jugend.
Ganimard: Als ich von Monsieur Stenson erfuhr, in seinem Haus gäbe es bereits einen Inspektor Ganimard, war mir alles klar, mit ihrer Maske haben sie sich aber keine große Mühe gegeben, Lupin, das soll ich sein.
Arsene: Was wollen sie, sie sind nun mal ein häßlicher Vogel.
Stenson: Was mache ich jetzt mit ihm, Lupin.
Ganimard: Sie machen gar nichts, Monsieur Stenson, das ist Sache der Polizei.
Stenson: In Paris mag das so sein, Inspektor aber nicht bei uns in Chigaco, nicht nur weil unsere Polizei unfähig und korrupt ist, wer kann nimmt das Gesetz in die eigene Hand, das ist gute amerikanische Tradition, ich werd ihnen sagen, was ich mache Inspektor, ich rufe meinen Freund und Partner Alfons Capone an, der schickt ein paar Leute vorbei, die nehmen Lupin mit und, goodby Arsene Lupin bzw. adieu.
Ganimard: Ich glaub nicht daß ich mich mit dieser Lösung anfreunden Inspektor.
Ganimard: Ich glaube nicht daß das eine gute Lösung ist, nein das glaub ich nicht, ich prostestiere.
Elaine: Das konnte Ganimard nicht, er protestierte wieder und ereiferte sich so sehr daß Stenson ihn schließlich aus dem Haus werfen ließ, armer Ganimard, aber vor allem armer Arsene, ich tat Lorain ein Schlafmittel in den Whisky, dann ging ich ans Werk, ich sollte eingreifen, wenn es nötig wurde, hatte mein Partner gesagt, jetzt war es nötig, sehr sogar, um drei Uhr fuhr eine schwarze Limousine durch die South Michigan Avenue, vor der Hausnummer 2300 hielt sie, Hotel Metropole stand an der Front des klotzigen siebenstöckiges Gebäudes, trotz der späten Stunde schlief hier anscheinend niemand, aus den hellerleuchteten Fenstern drang Musik und lautes Stimmengewirr.
Franky: Da sind wir.
Arsene: Was du nichts sagst, Genosse und wo sind wir.
Franky: Mr. Capones Hauptquartier, steig aus.
Elaine: Der Lift brachte sie in den 4. Stock, Lupin und seine beiden Wächter, sie gin-gen durch einen Gang der festlich geschmückt war, Blumen, bunte Papiergirlanden, amerikanische und italiensche Fahnen und ein mindestens 10 Meter langes Spruch-band, das in roten Lettern verkündete, 7 Jahre Prohibition, 7 Jahre Wohlstand.
Arsene: Die 7 fetten Jahre, was Genosse, und dann wirds mager, wie es schon in der Bibel steht.
Franky: Wieso Bibel, heute ist der 17. Januar, da feiern wir jedes Jahr seit sie 1920 den Alkohol verboten haben und außerdem hat der Boss heute Geburtstag, rechts geht’s rein.
Elaine: Hinter der Tür, die von zwei bulligen Torpedos mit Maschinenpistole bewacht wurde, lag ein Saal voller Menschen, Männer mit geölten Haaren in dunklen Anzügen und Gamschen, platinblonde Frauen in freizügiger Aufmachung drängten sich um einen feisten… er kaute grimmig auf einer riesigen Havanna herum, gestikulierte so heftig, daß der Diamant blitzte und funkelte wie ein Wetterleuchten.
Capone: Diese stinkenden irischen Schweine, ich reiche ihnen die Hand des Friedens und was tun sie, sie murksen mein guten Freund ab, Griechentheo, und das an meinen 28. Geburtstag, bene, dann eben wieder Krieg, Bierkrieg, diese verfluchten Nicks brauchen eine Lektion und sie sollen sie kriegen, von mir, wer ist dieser Kerl, Franky.
Franky: Den schickt ihnen Mister Stenson, Mr. Capone.
Capone: Richtig, so sehen also berühmte Verbrecher in Frankreich aus, klein, dünn nicht gerade imposant, hahaha.
Arsene: Es kann nicht jeder so fett und vollgefressen sein wie du mein Dickerchen.
Franky: Soll ich ihm die Fresse polieren, Mr Capone.
Capone: Laß ihn reden, Franky, Tote können mich nicht beleidigen, und du bist tot, Franzose, ja, du wolltest meinen Freund bestehlen, das darf man nicht.
Arsene: Seit wann hast du was gegen stehlen, Dickerchen, du bist doch selber der größte Dieb in Chigago.
Capone: Du irrst dich, Franzose, Capone ist kein Dieb, Capone nimmt keinem was weg, im Gegenteil, er gibt den Menschen was sie haben wollen, Schnaps, Bier.
Arsene: Manchmal eine Kugel oder den Baseballschläger.
Capone: Du hast Mut, Froschfresser, du verdienst einen anständigen Abgang, setz dich, iss pasta, trink vino, Franky und Jonny, ihr paßt auf ihn auf und wenn ich das Zeichen gebe, bringt ihr ihn raus und fahrt ihn ein bißchen durch die Gegend, ihr wißt ja bescheid.
Franky: Ok, Mr Capone.
Elaine: Jetzt erschien ich auf der Bildfläche, nicht Helen, nicht Elaine und schon gar nicht Mary Kowalski oder Mrs Lier, ich war Loren Stetson, während die wahre Eigentümerin des Namens im Tiefschlaf vor sich hin schnarchte, hatte ich mich an ihrem Schminktisch und in ihrem Kleiderschrank bedient, das Resultat war durchaus überzeugend, das fand nicht nur ich, das fand auch Mr Capone.
Capone: Mrs Stenson, bei mir, um diese Zeit.
Elaine: Oh Mr Capone, tun sie ihm nichts, nicht umbringen.
Arsene: Loraine, cheri, nein.
Elaine: Dieser Mann ist kein Dieb.
Capone: Aber ihr Mann hat doch.
Elaine: Mein Mann weiß nicht, was wirklich geschehen ist, heute nacht, Mr Capone, er hat sich bei uns eingeschlichen, um mich zu besuchen, und als mein Mann ihn erwischte, hat er sich als Einbrecher ausgeben, um meine Ehre zu schützen, Mr Capone, er wollte sich opfern.
Arsene: Geliebte, wie gern wäre ich für dich in den Tod gegangen.
Capone: Bella storia, bella romanza, wie in der Oper, wie von Maestro Verdi, ich beglückwünsche sie, Signora, und sie mein Freund, sie sind ein Kavaliere, ein wahrer Gentleman, da habt ihr zwei also dem guten Joe Stenson die Hörner aufgesetzt, haha.
Elaine: Sie sind auch ein Gentleman, Mr Capone.
Capone: Nehmen Sie ihn mit, Signora oder noch besser, Franky und Jonny bringt die beiden zurück.
Franky: Kleine Spazierfahrt, Mr Capone.
Capone: No Idiota, ihr setzt sie am Lakeshore Drive ab und zwar lebend, nehmt meinen großen Cadillac.
Franky: Die Prunkkarosse, den Panzerwagen.
Capone: Si, si.
Elaine: Danke, Mr Capone, sie sind ein Schatz, ich, ich muß sie umarmen.
Capone: Schon gut, schon gut Mrs Stenson, arrivederci.
Arsene: Adieu mein Dickerchen, bleib sauber.
Elaine: Wir hätten das freundliche Angebot gern abgelehnt, aber das ging natürlich nicht, so fuhren wir mit Capones berühmten schwarzen Panzercadillac Richtung Norden, Arsene und ich saßen im Fond, Jonny steuerte, Franky hielt als Beifahrer die Augen offen.
Franky: Hey Jonny, wir werden verfolgt, der rote Lincoln hinter uns, fahr schneller, der Lincoln beschleunigt auch, ganz klar das sind Morris Leute, die haben es auf Mr Capone abgesehen, wird euch schlecht bekommen, Freunde.
Elaine: Franky war ein guter Schütze, der Linclon wurde in einem der Vorreifen getroffen, schleuderte, rammte eine Straßenlaterne, blieb stehen.
Franky: Halt an Jonny, wollen doch mal sehen, wer da drin sitzt.
Arsene: Es ist Ganimard, er war schon hinter uns, als Franky und Johny mich zu Capone brachten, er will sich vergewissern, daß er auch wirklich um die Ecke gebracht wird, ob er wohl unsere beiden Freunde davon überzeugen kann, daß er nicht zu Morris Gangstern gehört, festhalten Elaine. Ah. Elaine.
Elaine: Ich habs mir geholt als bei Stenson alles ruhig war.
Arsene: Gut gemacht, ich hab Quackenbush mein Wort gegeben, daß ich ihm die Kugel bringe und Arsene Lupin pflegt sein Wort zu halten, Elaine, ich bewundere sie wie sie um mich zu retten Capone den berüchtigen Al Capone zum Narren gehalten haben, das war ganz außerordentlich, was kann ich ihnen noch beibringen, sie sind keine Schülerin mehr, sie sind Meisterin, eine examierte, diplomierte und summa cum laude promovierte Glücksritterin.
Elaine: Ein solches Lob aus ihrem Munde, Arsene, merci.
Elaine: Ich wartete im Wagen vor Quackenbush Haus, Lupin knackte das Türschloß, ging leise zur Schatzkammer und deponierte die angebliche Lincolnkugel in einer Vitrine, dabei ließ er sich Zeit, es dauerte ein gute halbe Stunde, bis er wieder vor dem Haus erschien, ich startete den Wagen, die Türen hatte ich verriegelt, als Arsene den Türgriff faßte, drehte ich mein Fenster um einige Millimeter nach unten.
Arsene: Öffnen sie, Elaine.
Elaine: Ach wissen Sie, Arsene, ich glaube, wir sind quitt, sie haben mich unter ihre Fittiche genommen, ich hab ihnen das Leben gerettet, vorhin habe ich Capone, ohne daß er es merkte, den Diamantring vom Finger gezogen, 50000 Dollar ist der wert, sagt man und die will ich eigentlich nicht mit ihnen teilen.
Arsene: Sie enttäuschen mich zutiefst, Mademoiselle.
Elaine: Nicht doch Arsene, ich bin bei ihnen in die Schule gegangen, in die Schule der Glücksritter und ich hab so gut gelernt, daß ich sogar sie, meinen Lehrer, aufs Kreuz legen kann, sie sollten stolz auf mich sein, adieu.
Arsene: Aurevoir Elaine, hahaha.
Elaine: Warum Lupin lachte, wurde mir erst am nächsten Abend klar, in St. Louis, als ich die Zeitung las, ein Einbrecher hatte Quackenbush Tresor geöffnet und rund 300000 Dollar erbeutet in Banknoten und Wertpapieren, und meine Beute, der Capone-Diamant, war eine Imitation und ganze drei Dollar wert, vielleicht hätte ich doch noch etwas länger in die Schule gehen sollen.
Arsène Lupin: Manfred Zapatka
Elaine: Katharina Zapatka
Osgood P. Quackenbush: Michael Hanemann
Joseph Stanson: Gerd Grasse
Lauraine Stanson: Katharina Burowa
Inspektor Ganimard: Wolfgang Condrus
Al Capone: Martin Engler
Frankie / Papagei: Götz Schulte
Polizist: Christian Gaul
Ältere Dame: Ingrid Tribowski
Redaktion: Torsten Enders
Michael Koser: Die Alzheimergang (DRadio 2002)
Stefan: Ich soll die Story erzählen, das haben Garbo und Harald und Hildchen so beschlossen, ich weiß nicht wie ich das finde, klar ich gehör auch zur Alzheimergang, bloß irgendwie doch nicht so ganz richtig, weil ich bin erst 19 und Alzheimer ist noch weit hoffe ich mal, aber wenn die anderen unbedingt wollen, okay.
Garbo: Hören Sie sich das mal an: Gerade im Bereich der Seniorenpolitik, sagte Dr. Waldhorn, muß sich sehr viel ändern, unseren älteren Mitbürgern, sagen wir es doch ganz deutlich, geht es zu gut.
Harald: Was zu gut? Ja.
Stefan: Der spinnt, der Waldhorn.
Hildchen: Och, vielleicht hat seine Mutter ja recht.
Harald: Der Sie immer die Karten legen, Hildchen, ja, und was sagt die alte Isolde Waldhorn.
Hildchen: Sie sagt, ihr Sohn sei ein, entschuldigen Sie den Ausdruck, ein Vollidiot.
Stefan: Dr. Jürgen Waldhorn, Sozialdezernent unserer schönen Stadt Willsum, und Bürgermeister, will er jedenfalls werden, als Wahlkampfthema hat er die alten entdeckt, als sag ich mal, Buhmänner und Buhfrauen, weil es gibt in Willsum viel mehr junge und mittlere, und die sollen ihn dann wählen.
Garbo: Aber haben sich unsere Senioren nicht einen schönen Lebensabend verdient? Auf diese Frage unseres Mitarbeiters sagte Dr. Waldhorn, das ist sentimentales Gerede, Politik ist eine Sache der Vernunft, und die Vernunft verlangt in der Seniorenpolitik eine strikte Kehrtwendung.
Stefan: Wir sind bei Garbo in ihrer kleinen Wohnung im Seniorenstift Abendsonne, wir sind zu viert und lesen Zeitung, den Willsumer Courier, kurz WC, ich bin der Stefan, zur Zeit Zivi, ich mach meinen Dienst im Stift, meistens kümmere ich mich um Garbo.
Garbo: Unseren älteren Mitbürgern, so fuhr Dr. Waldhorn fort, lege ich mit allem Nachdruck Bescheidenheit ans Herz.
Harald: Bescheidenheit, ja, natürlich.
Garbo: Statistisch betrachtet sind Rentner ab 72 nichts als Kostenfaktoren.
Hildchen: Nein.
Garbo: Ja, insofern sollten sie den Anstand besitzen, die gebeutelten öffentlichen Kassen nicht über Gebühr zu strapazieren.
Harald: Schweinerei.
Garbo: Es kommt noch schlimmer.
Garbo: Man nennt mich Garbo, das ist eine hohe Ehre für eine Schauspielerin, und in aller Bescheidenheit eine nicht gänzlich unverdiente, ich war gut, 40 Jahre am Stadttheater Willsum, ich habe alles gespielt vom Gretchen bis zur Irren von Chaillot, jetzt bin ich 70 und sitze im Rollstuhl, verheiratet? Nie, außer mit der Kunst, denn das Naturell der Frauen ist so nah mit Kunst verwandt, Goethe.
Garbo: Ich bestreite keinesfalls das Recht der Alten auf eine angemessene Grundversorgung, sagte Dr. Waldhorn.
Harald: Angemessen, Grundversorgung.
Garbo: Ein Dach über dem Kopf im Heim, auskömmliche Ernährung, von mir aus auch ein kleines Taschengeld, warum nicht, doch ein Leben im Luxus, in Saus und Braus, nicht mit mir.
Hildchen: In Saus und Braus, Luxus?
Harald: Ich faß es nicht, ein unverschämter Kerl.
Harald: Harald, 66 und noch ziemlich munter, auch wenn es hier und da mal so ein bißchen kneift, vor allem im Kreuz, kein Wunder, ich hab mein ganzes Leben hart gearbeitet, auf dem Bau, bei der Küstenschiffahrt, als Staubsaugervertreter und als Puppenspieler, eine Zeit lang auch als Privatdetektiv, zuletzt war ich im öffentlichen Dienst, Grünflächenbetreuer auf dem städtischen Friedhof wegen der Rente, Witwer.
Garbo: Wenn die Willsumer mich zu ihrem Bürgermeister wählen, dann, das verspreche ich, kommen alle Wohltaten für unsere Senioren unnachsichtig auf den Prüfstand.
Hildchen: Uh, was wird das werden.
Garbo: Und warum nicht auch einmal mutig neues andenken, muß ein Greis noch Auto fahren?
Harald: Also das ist unverschämt.
Garbo: Ja. Soll eine senile 80 jährige noch wählen dürfen?
Harald: Senil, jetzt reichts, sollen wir uns so eine Sauerei gefallen lassen?
Stefan: Nein, also, man sollte wirklich was unternehmen, man sollte was unternehmen.
Hildchen: Vielleicht, wenn ich einen Leserbrief an den Courier schriebe.
Hildchen: Getauft bin ich Hildegarde, ein schöner Name, finde ich, aber die anderen sagen immer nur Hildchen zu mir, wie alt ich bin? Wissen sie, das verrät eine Dame nicht, um die 75? Da will ich nicht widersprechen, ich war Sachbearbeiterin im Finanzamt, das hat mir viel Freude gemacht, überhaupt war früher alles schöner, heute geht es mir gar nicht gut, ich habe Blutdruck und Kreislauf und Lungenpiepen und eine schwache Blase.
Harald: Leserbrief, das bringt doch nichts.
Stefan: Drucken die gar erst nicht ab.
Garbo: Wieviele Briefe an den WC haben sie bis jetzt geschrieben Hildchen.
Hildchen: 49.
Garbo: Sehen Sie.
Harald: In saus und braus, ha, der sollte mal am eigenen Leib spüren in welchen Verhältnissen viele alte leben müssen.
Stefan: Genau.
Garbo: Nicht nur reden Freunde, tuen.
Harald: Ja tun, tja, und was, was denn.
Garbo: Wir, entführen, entführen Waldhorn.
HIldchen: Oh.
Garbo: Und behandeln ihn so, wie ein Alzheimerpatient im sog. Pflegeheim behandelt wird.
Hildchen: Aber das ist doch kriminell.
Harald: Na und.
Garbo: Nur so können wir was erreichen, wir gründen eine kriminelle Vereinigung, um einem altenfeindlichen Politiker eine Lektion zu erteilen.
Stefan: Ja, wunderbar, genial.
Garbo: Wir brauchen einen Namen, das ist äußerst wichtig.
Stefan: Klar, wegen der Presse.
Hildchen: Vielleicht kommen wir ja sogar ins Fernsehen.
Garbo: Ein Namen mit Schlagkraft und Öffentlichkeitswirkung.
Harald: Mit Power.
Stefan: Und voll witzig muß er sein.
Garbo: So etwas wie Rentnergang.
Harald: Rentnergang.
Garbo: Ja.
Harald: Ne, bißchen langweilig, nicht.
Stefan: GAF.
Harald: GAF?
Stefan: Graue Armeefraktion.
Garbo: Seniorenarmeefraktion, SAF.
Harald: SAF. AK, alte Knacker, sagen sie doch auch mal was, Hildchen.
Hildchen: Die die drei Greißlein.
Stefan: Drei, vier wenn schon, ich mach natürlich mit.
Garbo: Vier Greißlein, nein, AG, AG kennt jeder.
Harald: Und was soll das heißen.
Stefan: Altengang.
Harald: Altengang, das ist irgendwie lahm, aktive Greise.
Hildchen: Und Greisinnen.
Stefan: Alles grufti.
Garbo: Was halten sie von Alzheimergang.
Hildchen: Oh.
Garbo: Plakativ, ironisch.
Harald: Alzheimergang, ja, das hat was.
Stefan: Das ist Spitze, ein Knaller.
Hildchen: Ich weiß nicht, ist das nicht ein kleines bißchen zu menschenverachend.
Harald: Ach was und wenn schon.
Garbo: Hildchen, Sie sind überstimmt, ab jetzt sind wir die Alzheimergang.
Harald: Gut. Super.
Hildchen: Wenn sie meinen.
Garbo: Meine Dame, meine Herren, beisammen sind wir, fanget an, Goethe.
Stefan: Ganz recht, schließlich haben wir was vor, den großen Waldhornentführungs- und Lektionserteilungsevent, soweit ok, Frage, wie und wo.
Garbo: Wir holen ihn aus dem Rathaus, aus seinem Dezernentenbüro.
Hildchen: Zimmer 14, Erdgeschoß rechts, Anmeldung Zimmer 13, bitte anklopfen.
Stefan: Vor über 15 Jahren hat sie aufgehört im Rathaus zu arbeiten und kennt sich immer noch bestens aus, tja, unser Hildchen, keine Spur von Alzheimer.
Garbo: Für die Durchführung der Aktion brauchen wir zwei Personen und einen Rollstuhl, wann findet die Sprechstunde für Behinderte im Rathaus statt.
Hildchen: Freitag vormittag 10 bis 11.
Garbo: Morgen also, Eile ist geboten, Hildchen, sie werden im Rollstuhl sitzen.
Hildchen: Ich, wieso ich, wäre es nicht besser sie, Garbo.
Garbo: Ja, leider geht das nicht, die Rollstuhlinsassin muß laufen können.
Hildchen: Ja, und Harald?
Harald: Ich, keine Zeit, ich muß derweil meinen Campingwagen umrüsten zur Waldhornbewahranstalt.
Garbo: Also bleibt es bei Hildchen, Stefan, sie schieben.
Stefan: Klar mach ich doch.
Stefan: Dann geht Garbo in die Einzelheiten, ein total cooler Plan, angesagt und abgefahren, astrein. Nächster Tag, Freitag, ich schiebe Garbos Reserverollstuhl durchs Rathaus mit Hildchen drin, die ist nervös.
Hildchen: Stefan, ich bin nervös.
Stefan: Nur die Ruhe, Hildchen, so wir sind da, Zimmer 13, sie wissen ja Bescheid.
Hildchen: Ja, ja aber ich müßte mir mal dringend die Hände pudern, die Nase waschen.
Stefan: Hildchen und ihre Blase, aber das ist jetzt nicht drin, erst entführen dann pinkeln, ich seh mich um, außer uns kein Mensch auf dem Flur, ich zieh mal meine blaue Skimütze runter und rein ohne anklopfen, am Schreibtisch sitzt eine dünne graue Maus im Kostüm.
Stefan: Morgen morgen.
Sekretärin: Guten Tag, sind sie angemeldet.
Stefan: Stehen sie auf, los.
Sekretärin: Was.
Stefan: Los.
Sekretärin: Was wollen sie, was.
Stefan: Ich halte ihr die dicke Walterpistole vor die Nase, die ist von Harald, ein Souvenir aus seiner Zeit als Privatdetektiv, eine Nachbildung aus Plastik, aber das weiß die graue Maus nicht, sie tut was ich sage, ich nehm sie mit rein zu ihrem Chef, der blickt hoch und wundert sich.
Waldhorn: Elsa, was hat das zu bedeuten?
Stefan: Ganz ruhig, machen sie ihren Gürtel auf, lassen sie die Hosen runter und bücken sie sich, na wirds bald.
Waldhorn: Was?
Stefan: Er will nicht, aber er muß, bis es soweit ist, scheuch ich die graue Maus ins exklusive Dezernentenklo.
Waldhorn: Sie sind wohl nicht bei Trost.
Stefan: Waldhorn präsentiert seinen lilienweißen Fettarsch und macht ein Gesicht wie ein Vegetarier, der in eine Bockwurst beißt, ich hau ihm die Spritze rein, volle Dröhnung, dann darf er sich wieder anziehen, das schafft er gerade noch, bevor er sich auf den Perser legt und wegschnarcht, soweit alles klar.
Stefan: Der Kerl ist schwer, helfen sie mir, ihn in den Rollstuhl zu bugsieren, beide Beine, so geschafft, und jetzt die Decke, damit mumeln wir ihn schön ein, und den Hut nicht vergessen, sieht er nicht klasse aus, wie Adolf der Spasti.
Hildchen: Was sie so von sich geben, oh können wir jetzt endlich auf die Toilette.
Stefan: Moment, Moment, erst das Bekennerschreiben, tatatata, Beethoven.
Stefan: Auf Garbos Computer geschrieben, kurz und auf den Punkt, wir haben Dr. Waldhorn aus dem Verkehr gezogen, wenn er gelernt hat, daß alte auch Menschen sind kriegt Willsum ihn zurück, gezeichnet die Alzheimergang, Rächerinnen der Renterinnen und Heiminsassinnen, dreimal groß In, das ist Hildchen, die jetzt endlich verschwinden darf, auf öffentliche Rathausklo neben dem Ausgang. Vor dem Rathaus steht die Beulenpest, das ist der uralte Behinderten-Transporter vom Wohlfahrtsverband, mit dem ich sonst Garbo durch die Gegend kutschiere, Rollstuhl rein und weg vom Rathaus, so schnell es geht, raus aus der Stadt, Harald hat den umgebauten Campingwagen am Wald geparkt, die andern warten schon.
Stefan: Melde gehorsamst, alles planmäßig, keine besondere Vorkommnisse, wie seht ihr denn aus.
Garbo: Wir haben uns maskiert, ich bin die Kömödie, das ist ihre Maske, Hildchen, danke, die Tragödie, paßt genau.
Stefan: Und Harald ist der Zirkus oder was.
Harald: Zirkus, aus meinem Fundus, Echthaar, knallrot und dann noch die Pappnase.
Harald: Nur kein Neid, helfen sie mir, unseren Freund in den Wagen zu schleppen.
Stefan: Eine halbe Stunde später kommt Waldhorn zu sich, er stöhnt, er schüttelt sich ein bißchen, er macht die Augen auf.
Waldhorn: Wo bin ich, was ist los.
Garbo: Du bist im Pflegeheim, Opa.
Waldhorn: Unsinn ich bin nicht alt, krank auch nicht.
Harald: Total weggetreten der Opa, 80 ist er, Alzheimer hat er.
Waldhorn: Ich kann mich nicht rühren.
Garbo: Natürlich nicht, du bist festgeschnallt.
Waldhorn: Festgeschnallt, wozu festgeschnallt.
Harald: Damit du keinen Quatsch machst, Opa.
Stefan: Zum Beispiel weglaufen oder dich aufhängen.
Harald. Kuck mal der Fleck.
Garbo: Wir hätten ihn windeln sollen.
Harald: Wozu der Umstand, Opa kriegt einen Katheter rein und fertig.
Waldhorn: Machen sie mich sofort los.
Garbo: Vielleicht hat er Hunger.
Stefan: Hier Opa, hau rein.
Waldhorn: Wäh, was ist denn das.
Harald: Gutes Schappi.
Waldhorn: Hundefutter, pfui teufel.
Garbo. Kaviar möchte er, Austern, filet mignon.
Harald: Unverschämt und verfressen, hör mal zu Opa, hier wird gegessen was auf den Tisch kommt.
Stefan: Saus und Braus kannst du dir aus dem Kopf schlagen.
Garbo: Grundversorgung, was anderes gibt’s nicht.
Harald: Und wenn dir das nicht paßt Opa, dann kriegst du gar nichts, hast du das verstanden, ja.
Waldhorn: Also schluß mit lustig, meine Herrschaften, lassen sie mich auf der Stelle frei, was sie hier aufziehen, das wird sie teuer zu stehen kommen, Entführung, Körperverletzung, Nötigung, sie wandern alle in den Knast, auf Jahre.
Stefan: Dieser Opa reißt immer noch das Maul auf.
Garbo: Ich fürchte da müssen wir andere Maßnahmen ergreifen.
Harald: Brechen wir ihm ein Bein, damit er merkt, wie es ist, behindert zu sein.
Waldhorn: Nein.
Harald: Beide Beine, am besten wir bringen ihn gleich ganz um.
Garbo: Oh nein nicht übertreiben, Harald
Stefan: Plötzlich fängt er an zu zucken, der Waldhorn, er gurgelt, verdreht die Augen, läuft blau an, sein Unterkiefer fällt runter, dann ist er still, ganz still.
Stefan: Der markiert doch, oder.
Harald: Nein, nein, er ist uns abgekratzt, Herzanfall, so fett wie der Typ war.
Garbo: Abgekratzt, das ist menschenverachtend.
Harald: Quatsch menschenverachtend, egal, abgekratzt, krepiert.
Garbo: Er ist entschlafen.
Stefan: Hat den Löffel abgegeben.
Garbo: Was auch immer, Waldhorn ist tot und wir haben ihn auf den Gewissen.
Stefan: Blödsinn, auf dem Hals haben wir ihn.
Garbo: Das heißt seine Leiche.
Stefan: Die müssen wir entsorgen.
Harald: Ja das wird nicht einfach.
Garbo: Bestimmt sucht ihn schon die Polizei.
Hildchen: Und uns sucht sie auch.
Harald: Ja, also wir könnten ihn zerlegen in handliche Stücke und die fahren wir einzeln im Rollstuhl zu ihm.
Stefan: Oder wir verteilen sie auf die Schließfächer im Bahnhof.
Garbo: Zu komplizert und zu langwierig, inhuman und ekelhaft, das viele Blut, der Geruch.
Harald: Wie dann, wir können ihn nicht einfach in den Wald schmeißen.
Stefan: Und ihn ins Rathaus zurückbringen, das geht schon gar nicht.
Garbo: Wir tun das, was wir auch mit dem lebenden Waldhorn getan hätten, wir setzen ein Zeichen und legen ihn aus, mit einem Schreiben der Alzheimergang, etwa so, ich habe es vorgezogen frühzeitig abzuleben, um nicht später der Rentenkasse zur last zu fallen.
Harald: Und wo legen wir ihn aus.
Garbo: Wo nachts keiner ist und wo man ihn tagsüber findet.
Hildchen: Am Störkebekerdenkmal.
Stefan: Gute Idee, der berühmte Pirat steht auf einem künstlichen Hügel, hinter dem Teich, zwischen Büschen und Bäumen, ein echtes Kunstwerk, 100 % Bronze, vollbracht hat das gute Stück Hinrich Müller Willsum, Kunsterzieher am Gymnasium, gesponsert hat es der Krösus von Willsum, Wilhelm Waldhorn selig, Jürgens Vater, da liegt so ein Mann richtig.
Harald: Wir treffen uns am Denkmal, Stefan, um Mitternacht.
Garbo: Nacht muß es sein, wenn Friedlands Sterne strahlen, Schiller.
Stefan: Ok, dann werde ich sie mal nach Hause fahren, meine Damen.
Stefan: Hildchen steigt schon vorher aus, weil sie muß dringend auf den Friedhof und ihrer Freundin Gerda alles ganz genau erzählen, die liegt da seit gut zehn Jahren, nachts um 12 fahre ich bei Herrn Störtebeker vor, mit dem Rad, die Beulenpest steht wieder in der Garage beim Wohlfahrtsverband, Harald wartet schon, wir holen Waldhorn aus dem Campingwagen und legen ihn direkt vors Denkmal.
Harald: Ruhe in Frieden, bis morgen früh wenn Gott will, ach, mein Rücken also ich muß ins Bett, kommen sie mit, Stefan.
Stefan: Ich bleib noch ein paar Minuten sitzen, bißchen meditieren, zu Ruhe kommen, war ein aufregender Tag.
Harald: Weißgott, und äh unser Freund stört sie nicht?
Stefan: Ach wo, ich hab keine Angst vor Waldhörnern, schon gar nicht wenn sie tot sind, ich stecke mir eine Zigarette an, Hildchen würde sofort aufstand machen wegen Umwelt und Gesundheit, aber Hildchen ist ja nicht da, auf einmal sehe ich zwei Autoscheinwerfer, die kommen genau auf mich zu, ich kriech mit dem Rad hinter einen Busch, genau vor dem Denkmal hält das Auto, was soll ich ihnen sagen, es ist ein Leichenwagen, zwei schwarze Figuren steigen aus, greifen sich unseren Waldhorn, schieben ihn ins Auto und ab zurück Richtung Stadt, der ganze Horror dauert nur ein paar Sekunden, ich aufs Rad und hinterher, ich bleib dran, der Leichenwagen fährt nicht sehr schnell, am Friedhof wird er noch langsamer und dann hält er vor dem Bestattungsinstitut Pietät und Takt, da tragen sie ihn rein, den Waldhorn, die zwei Figuren, im Licht der Straßenlaterne erkenne ich sie, Peter Todel, Inhaber von Pietät und Takt und Marlies Waldhorn, Jürgen Waldhorns Frau, also eigentlich eher Witwe, ich pirsch mich näher ran, versteck mich in der dunklen Toreinfahrt vom Krematorium, nach 5 Minuten sind Thode und Marlies Waldhorn wieder draußen, ich kann hören, was sie sagen, das heißt zuerst sagen sie gar nichts, sie umarmen und küssen sich, nanu.
Peter: Marlies.
Marlies: Mein Peterchen, das ist unsere Chance, Peterchen, der taut nicht mehr auf.
Peter: Der liegt sicher im Sarg von Steuerberater Mienzen, montag ist die Bestattung.
Marlies: Und wir können ohne Probleme meinem alten Drachen von Schwiegermutter 1 Million aus der Nase ziehen.
Peter: Ohne Probleme, also ich weiß nicht.
Marlies: Das überlaß mal deiner Marlies, Peterchen, wir machen einen Superplan morgen.
Peter: Telefonisch.
Marlies: Spinnst du.
Peter: Also wir treffen uns, wo.
Marlies: Nicht bei mir, hier am besten, in deinem Büro, morgen früh um 9.
Peter: Morgen ist Sonnabend, da ist nichts los bei mir, gut, Marlies, mußt du wirklich schon gehen.
Marlies: Mein Mann ist entführt worden, hast du das vergessen, ich bin aufgelöst, außer mir, bis morgen Peterchen.
Peter: Ich liebe dich, Marlies.
Marlies: Ich dich auch, Peterchen, setz dich gleich ran, mach den Brief fertig.
Stefan: Ich wartete, bis beide weg sind und im Friedhof wieder Ruhe einkehrt unter dem bleichen Schein des Mondes, Goethe, würde Garbo sagen, apropos Garbo, ich strample wie Jan Ullrich zum Stift und klingele die drei anderen raus, die Alzheimergang hält Kriegsrat, nachts um 1.
Hildchen: Also Herr Tode und Marlies Waldhorn haben was miteinander, oh das finde ich interessant.
Garbo: Interessanter ist doch die Frage, wieso waren die beiden über unsere Aktivitäten informiert.
Harald: Allerdings, das kann doch kein Zufall sein, daß die kurz nach 12 beim Störtebekerdenkmal aufkreuzen, um den toten Waldhorn einzusammeln.
Stefan: Die wußten genau Bescheid, wann und wo.
Harald: Wer von uns hat nicht dichtgehalten, Stefan?
Stefan: Also ich hab keinem was gesagt.
Garbo: Ja ich auch nicht, und sie Harald.
Harald: Also ich kann mein Maul halten.
Hildchen: Warum sehen sie mich alle so an, von mir hat niemand was erfahren, außer Gerda natürlich.
Stefan: Ihrer Freundin Gerda auf dem Friedhof sagt Hildchen alles, das muß sein, das tut ihr gut, sagt sie, sie hat das mal im Fernsehen gesehen in einem alten Western, der Teufelshauptmann, da geht John Wayne immer zum Grab seiner Frau und erzählt ihr, na egal.
Stefan: Gerda wird wohl kaum was weitergesagt haben.
Harald: Da bin ich nicht so sicher, was haben sie ihr erzählt, Hildchen.
Hildchen: Na alles, daß wir Herrn Dr. Waldhorn entführt haben, daß er uns dabei leider weggestorben ist.
Garbo: Und daß wir ihn am Störtebekerdenkmal ablegen wollten um Mitternacht.
Hildchen: Ja natürlich.
Harald: Ja dann ist die Sache klar, ganz nah bei Gerdas Grab, eine Reihe weiter ist die Familiengruft der Waldhorns, jeden Mittag ist Marlies Waldhorn da am putzen, den Stein scheuern, Unkraut zupfen, darauf besteht die alte Isolde Waldhorn seit Jahren.
Garbo: Marlies hat mitgehört.
Harald: Ja, so laut wie Hildchen immer schreit.
Hildchen: Das muß ich doch, Gerda hört ja so schwer.
Stefan: Also Marlies Waldhorn ist genau informiert, und was macht sie, trauert sie, kein Stück, geht sie mit ihrem Wissen zur Polizei, auch nicht, sie geht zu ihrem Liebhaber, Peter Thode von Pietät und Takt, zusammen entführen sie Jürgen Waldhorn zum zweiten mal, um Isolde Waldhorn 1 Million abzutricksen.
Garbo: Eigentlich kein wunder so knapp wie die alte Sohn und Schwiegertochter hält.
Hildchen: So was macht man nicht, frau erst recht nicht.
Harald: Das ist unter Unternehmen, wir haben Waldhorn entführt.
Garbo: Aus idellen Gründen.
Stefan: Die zwei hängen sich einfach an, als Trittbrettfahrer.
Garbo: Schnöden Mammon.
Harald: Die Suppe werden wir ihn versalzen.
Garbo: Dazu müßten wir erst in Erfahrung bringen, was genau sie vorhaben, schwierig.
Harald: Och, das will ich nicht sagen, schließlich war ich mal Privatdetektiv, meine Ausrüstung ist sicher nicht mehr der letzte Schrei, inszwischen gibts bessere Sachen aber für unsre Zwecke reichts, schließlich haben wir es nicht mit der Russenmafia zu tun, Stefan, für uns zwei beide ist der Arbeitstag noch nicht vorbei, kommen sie mit.
Stefan: Wohin denn.
Harald: Erst zu mir und dann zum Institut Pietät und Takt.
Garbo: Und was wollen sie da, Harald.
Harald: Einbrechen meine liebe.
Stefan: Und zwar durchs Fenster, geht wie geschmiert, unter dem Schreibtisch in Thodes Büro klebt Harald eine Wanze, ein Kästchen so groß wie eine Zigaretten-schachtel, Mikrophon und Sender, schaltet sich morgen früh um 9 automatisch ein, hoffentlich, ich steh solange Schmiere. Am nächsten Morgen treffen wir uns schon um 8 bei Garbo, total verpennt, aber sonst gut drauf, bringt die Zeitung mit, den Curier, Riesenschlagzeile, Politiker entführt.
Garbo: In den Vormittagstunden des gestrigen Tages wurde Sozialdezernent Dr. Jürgen Waldhorn das Opfer einer Entführung, wie Elsa, seine Sekretärin berichtete etc sie hat Lärm geschlagen, gehört, die Toilette aufgebrochen, Polizei verständigt, die Kripodienststelle setzte eine Sonderkommission unter Leitung von Kommissar Kleingeld ein, bis jetzt ohne Ergebnis.
Stefan: Und unser Bekennerschreiben.
Garbo: Bekennerschreiben, Moment, das am Tatort vorgefundene Schreiben hält die Polizei wie verlautet für eine bewußte Irreführung, die Entführer, so Kommissar Kleingeld versuchten den Anschein zu erwecken, es handele sich bei ihnen um aufgebrachte Senioren, dies sei ein plumpes durchsichtiges Täuschungsmanöver, die Polizei gehe von einem terroristischen Hintergrund aus.
Harald: Ach ne.
Stefan: Sonnabend, morgens um 9 auf dem Friedhof, nicht weit von Kapelle und Krematorium, steht ein Rollstuhl, wie es der Zufall will, direkt an der Rückfront des Bestattungsinstituts Pietät und Takt, im Rollstuhl sitzt natürlich Garbo, sie trägt ein paar Kopfhörer, unter ihrem Schoß liegt ein Walkman, unter der Decke ist Haralds Empfänger versteckt, gerade ist die Wanze angesprungen.
Marlies: Der Brief, Peterchen, ist der Brief fertig.
Peter: Zwei Stunden hab ich am PC rumgeschnippelt und dann noch eine halbe Stunde geklebt.
Marlies: Hoffentlich mit Handschuhen.
Peter: Natürlich, das war gar nicht leicht, Marlies.
Marlies: Zeig mal her. Ihr Mann ist unserer Gewalt, sie können ihn zurückerhalten gegen 1 Mio, keine polizei sonst kriegen sie ihn stückchenweise, das ist unser Ernst, Muster anbei.
Peter: Hier ist das Ohr Marlies.
Marlies: Ih nimm das weg, pack das ein in Alufolie. Weiteres später die Entführer, gut so, damit geh ich zum alten Drachen und sag, ich hab beides, Brief und Ohr, heute früh im Briefkasten gefunden.
Peter: Was denkst du Marlies, wird sie dir das Geld geben.
Marlies: Die spuckt die Million aus, da bin ich sicher, und dann mein Peterchen sind wir reich.
Peter: Ach Marlies.
Marlies: Das Geld ist sie mir schuldig, sie hat nie was für mich getan, und für Jürgen auch nicht meinetwegen, nicht mal eine Lebensversicherung konnte er sich leisten.
Peter: Wir sollten das Geld in meinen Betrieb stecken.
Marlies: Vielleicht Peterchen.
Peter: Und wie gehts weiter.
Marlies: Das besprechen wir heut abend, wenn wir wissen wie die alte reagiert.
Peter: Wieder hier.
Marlies: Gleiche Stelle gleiche Welle, halb acht
Peter: Marlies.
Marlies: Mein Peterchen
Peter: Die alten, diese Alzheimergang.
Marlies. Ach die haben kein Ahnung was los ist, die zittern vor sich nicht, um die mußt dir keine Sorgen zu machen und um die Polizei auch nicht, komm her mein kleines großes Peterchen.
Peter: Ach Marlies.
Stefan: Drei Stunden später klingelt bei Hildchen das Telefon, sie wird in die Villa Waldhorn beordert, Isolde will sich die Karten legen lassen.
Garbo: Genau wie wir uns gedacht haben, Hildchen sie wissen was sie zu tun haben.
Hildchen: Ja, mir ist gar nicht wohl dabei, die Zukunft aus den Karten lesen, uh, ist eine ernst Sache, daß ich da.
Harald: Passen sie mal auf, Hildchen, sie haben uns da reingeritten weil sie auf dem Friedhof ihr Maul nicht halten konnten.
Hildchen: Harald bitte.
Garbo: Harald hat recht sie haben was gutzumachen Hildchen also los und viel glück
Hildchen: Ich sehe eine große Krise, vor ihnen liegt eine schwere Prüfung, Frau Waldhorn.
Isolde: Stimmt genau.
Hildchen: Es geht um viel sehr viel, um Leben und Tod.
Isolde: Und um eine Menge Geld.
Hildchen: Oh ich sehe Gefahr, vertrauen sie keinesfalls Ämtern, Behörden, von diesen geht ein starker negativer Einfluß aus, oh, was ist das.
Isolde: Was denn, was sehen Sie.
Hildchen: Ein Mann wird in ihr Leben treten, Frau Waldhorn.
Isolde: Was soll ich mit dem, ich brauch keinen Mann.
Hildchen: Dieser Mann ist nicht mehr jung, Frau Waldhorn.
Isolde: Auch das noch.
Hildchen: Doch wird er ihnen in ihrer Krise beistehen, vertrauen sie ihm.
Stefan: Am Nachmittag taucht ein unbekannter Besucher in der Villa Waldhorn auf, ein breiter älterer Herr in einem Anzug, der bessere Tage gesehen hat, wie sein Besitzer, mit einem Wort, Harald.
Harald: Meine Karte, gnädige Frau.
Isolde: Harald Schauermann, Privatdetektiv, was verschafft mir die Ehre.
Harald: Die Ehre ist ganz meinerseits, gnä Frau.
Isolde: Davon bin ich überzeugt, was wollen sie.
Harald: Gnädige Frau, ich bin Detektiv, in diesem Beruf weiß man, was andere nicht wissen, man hat sein Ohr wenn ich so sagen darf an der Polizei und der Unterwelt.
Isolde: So.
Harald: Ja.
Isolde: An der Unterwelt von Willsum, und was hört man da so.
Harald: Die Entführer ihres Sohnes fordern ein Lösegeld.
Isolde: Sie sind gut informiert, Herr Schauermann.
Harald: Das bringt wie gesagt der Beruf so mit sich.
Isolde: Eine Million wollen sie haben.
Harald: Aha, und werden sie zahlen, gnä Frau.
Isolde: Für Jürgen, diesen Vollidioten, eigentlich hat er es nicht verdient, aber Blut ist dicker als Wasser.
Harald: Sie sagen es gnä Frau.
Isolde: Ein Ohr haben sie ihm schon abgeschnitten.
Harald: Entsetzlich, die Polizei.
Isolde: Bleibt draußen.
Harald: Ganz ihrer Meinung doch ohne professionellen Beistand wird es nicht gehen.
Stefan: Das sieht Isolde Waldhorn auch so. Sie heuert Harald an, 150 Euro pro Tag und Spesen, sie zeigt ihm das Entführerschreiben und das Ohr, wenn die Entführer sich wieder melden will sie Harald sofort verständigen. Abends kurz vor 8 auf der Straße vor dem Institut Pietät und Takt, parkt Haralds alter Toyota, Harald hat die Sitzlehne zurückgestellt und macht ein Nickerchen so sieht es jedenfalls aus, in Wirklichkeit hört er mit, Marlies Waldhorn und Peter Thode arbeiten an ihrem Plan.
Marlies: Die alte halt angebissen, Peterchen.
Peter: Toll, und was ist mit der Polizei.
Marlies: Keine Polizei aber sich hat einen Privatdetektiv eingeschaltet.
Peter: Ach herrje, was machen wir denn da, alles abblasen.
Marlies: Kommt gar nicht in die Tüte, wir planen um, das ist alles, daß ich die Million in stockfinsterer Nacht einem Typ mit Maske übergebe, das läuft jetzt nicht mehr, etwas komplizierter müssen wir es schon machen.
Peter: Ja aber aber wie.
Marlies: So wirds gehen, ich bin morgen bei der alten und sage ich hab gerade einen Anruf gekriegt mit genauen Anweisungen für die Geldübergabe, die soll Montag stattfinden, am hellichten Tag auf dem Friedhof.
Peter: Und der Privatdetektiv.
Marlies: Den wird Isolde auf den Wolkenkratzer schicken.
Stefan: Der Wolkenkratzer ist das einzige Hochaus in Willsum, 8 Stockwerke, gewaltig, das Ding steht gleich am Friedhof und gehört Isolde Waldhorn.
Peter: Aber von da oben kann er den ganzen Friedhof überblicken.
Marlies: Da soll er auch mein Peterchen.
Peter: Versteh ich nicht.
Marlies: Paß mal auf, du hast doch eine Bestattung am Montag.
Peter: Ja, Steuerberater Mienzen, 14 Uhr.
Marlies: Richtig, wo Jürgen mit im Sarg liegt, bestens, wann bringt ihr den Sarg in die Friedhofskapelle.
Peter: Eine Stunde vorher.
Marlies: Um eins, gut also ich sag Isolde folgendes, ich soll Montag vormittag um 11 am Tor zum Friedhof sein mit der Million.
Peter: In 500er unmarkiert.
Marlies: Natürlich, in einer Alditüte.
Peter: Alditüte.
Marlies: Das ist ganz wichtig, und ein Handy soll ich mitbringen, für weitere Anweisungen, um 11 am Tor werd ich angerufen.
Peter: Von wem.
Marlies: Ach mein Peterchen, ich tue so also ob, dann geh ich mit dem Geld.
Peter: In der Alditüte.
Marlies: In der Alditüte damit geh ich zur Kapelle, ich geh rein, um die Zeit ist bestimmt keiner drin.
Peter: Montag um 11, kein Schwanz und dann.
Marlies: Ich schließ den Schrank hinten rechts auf.
Peter: Wo die Plastiklilien drin sind und die schwarzen Bänder.
Marlies: Genau, den Schlüssel krieg ich von dir, du hast doch einen zweiten.
Peter: Ja aber.
Marlies: Ich leg die Tüte in den Schrank und hol die Alditüte raus, die du nachts reingetan hast.
Peter: Ich nachts Alditüte, was ist denn da drin.
Marlies: Papier, mein Peterchen zurechtgeschnitten, 2000 Blatt Papier, jedes so groß wie ein 500 Schein.
Peter: Ich versteh.
Stefan: Wird aber auch Zeit, Marlies Waldhorn schließt den Schrank wieder zu und marschiert mit der Tüte voller Papier weiter über den Friedhof, unterwegs kriegt sie immer neue Anweisungen übers handy, eine richtige Schnitzeljagd, wie beim Kindergeburtstag, schließlich landet sie am Mausoleum der Grafen von Willsum in der hinteren Friedhofsecke.
Marlies: Da leg ich die Tüte hin und verschwinde und wenn du den Sarg in die Kapelle schaffst, Peterchen.
Peter: Hol ich die Geldtüte aus dem Schrank, tu sie in meine große schwarze Tasche bring sie ins Büro.
Marlies: Und da deponierst du die Millon in deinem Safe.
Peter: Marlies, du bist ein Genie.
Marlies: Da könntest du recht haben, Peterchen, wenn sie später am Mausoleum nachsehen, finden sie die Tüte mit dem Papier und wundern sich sehr.
Peter: Marlies, ich hab eine Idee.
Marlies: Ist es denn die Möglichkeit.
Peter: Sie würden sich noch viel mehr wundern, wenn sie eine leere Tüte finden.
Marlies: Sicher aber was mach ich mit dem Papier.
Peter: Es ist gar kein Papier drin.
Marlies: Sondern.
Peter: Blätter, alte Blätter, wie sie jetzt überall auf dem Friedhof herum liegen, die schüttest du aus.
Marlies: Hinter der Hecke, da kann man mich vom Hochhaus nicht sehen, dann liegt da nur noch eine leere Tüte, hokuspokus, Geld hat sich in Luft auflöst, das ist gut Peterchen und zur selben Zeit geht der liebe Jürgen in Rauch auf, innig vereint mit Steuerberater Mienzen.
Peter: Und wir sind Millonäre.
Harald: Das haben die sich so gedacht.
Stefan: Wir sind die Entführer.
Garbo: Diesen Opportunisten, wir werden ihnen das Handwerk legen.
Hildchen: Also ich weiß nicht, ist es nicht unmoralisch, sollten wir nicht lieber dafür sorgen, daß Frau Waldhorn, ich meine Isolde Waldhorn ihr Geld zurück bekommt.
Stefan: Die kann das verschmerzen, die hat genug.
Hildchen: Können wir es nicht wenigstens für einen guten Zweck.
Garbo: Das tun mir doch, wir verwenden es für uns, ein besseren zweck kann ich mir nicht vorstellen, jeder von uns bekommt eine viertel Million, 250.000 Euro.
Harald: Da lacht die Prostata, da quietscht der Rollstuhl.
Garbo: Langsam, meine Herrschaften, wir haben sie noch nicht.
Harald: Das ist doch nur noch Formsache, Garbo, wie siehts aus Stefan, haben sie heut nacht Zeit.
Stefan: Eigentlich wollte ich mit Melanie in die Disco, aber wenn die Gang ruft, was liegt an, Harald.
Harald: Wir brechen wieder ein.
Stefan: Institut Pietät und Takt.
Harald: Haargenau.
Stefan: Um die Wanze abzubauen.
Harald: Die kann noch bleiben, ich muß einen Wachsabdruck nehmen den Schlüssel.
Stefan: Für den Schrank.
Hildchen: In der Kapelle.
Garbo: Eine Alditüte brauch ich auch.
Stefan: Sonntag, Ruhetag, die Ruhe vor dem Sturm, Marlies Waldhorn erzählt ihrer Schwiegermutter das Märchen von der komplizerten Geldübergabe, Isolde Waldhorn ruft Privatdetektiv Harald an, der verabredet sich mit ihr und feilt ansonsten einen Schlüssel zu, die Sonderkommission der Kripo sucht nach Dr Jürgen Waldhorn oder einer heißen Spur und findet beides nicht, ich sammel im Stadtpark Blätter ein, abends treff ich mich mit Melanie, wir krachen uns extrem, ich mache alles wieder gut, nehm ich mir vor, nach dem großen Coup. Montag, es ist soweit, die Sonne scheint, goldener Oktober, wie es in der Fernsehwerbung heißt, um halb elf in der Villa Waldhorn, Isolde, Harald, Marlies und das Geld, hat es vorbeigebracht, der Sparkassendirektor, in grauer Vorzeit Isoldes Tanzstundenherr.
Harald: Hat er kein Fragen gestellt.
Isolde: Wäre ja noch schöner, ich bin seine beste Kundin.
Marlies: Ich hab gedacht 1 Mio ist viel schwerer.
Harald: Na ja 2500 in 200 10erpacks, haben sie das Handy.
Marlies: Hab ich.
Harald: Dann los, nur Mut, ich hab sie die ganze Zeit im Auge.
Isolde: Ich auch.
Harald: Aha, sie wollen mich begleiten gnädige Frau.
Isolde: Sie begleiten mich, Herr Schauermann, ich will mir die Sache selbst ansehen.
Harald: Höchstpersönlich, immerhin geht’s um ihren Sohn.
Isolde: Eine Mio, meine Million, kommen sie, wir nehmen den Mercedes.
Stefan: 5 nach 11, vom Flachdach des Wolkenkratzers spähen zwei Figuren runter zum Friedhof, Harald guckt durch seinen alten Zeissfeldstecher, Isolde durch ihr goldenes Opernglas, das braucht sie bei Premieren im Stadttheater, man hat ja Kultur, beide beobachten wie Marlies das Handy wegsteckt und den Friedhof betritt.
Harald: Sie geht nach rechts zur Kapelle, sie macht die Tür auf, geht rein.
Isolde: Glauben sie die Übergabe soll in der Kapelle.
Harald: Nein, nein, sie kommt schon wieder raus, immer noch mit der Tüte.
Isolde: Sie hat das Handy am Ohr.
Harald: Vermutlich schickt man sie weiter.
Stefan: So ist es oder so siehts aus, Marlies geht weiter zum Ententeich, zum Komposthaufen, zur waldhornschen Familiengruft, dann ist sie am Mausoleum der Grafen von Willsum, sie verschwindet hinter der Hecke, ganz kurz, nur 2,3 Sekunden sie taucht wieder auf und schreitet zügig zum Ausgang.
Isolde: Die Tüte, wo ist die Tüte, sie hat die Tüte mit dem Geld nicht mehr.
Harald: Die Tüte, sie muß sie am Mausoleum liegengelassen haben, das da ist sie.
Isolde: Wo.
Harald: Na direkt an der Hintertür, der braune Fleck zwischen den brauen Blättern.
Isolde: Ja, und was machen wir jetzt.
Harald: Wir warten, bis jemand kommt und das Geld holt.
Stefan: Sie warten, Tüte und Mausoleum immer vor der Linse, darum kriegen sie auch nicht mit, was weiter vorn an der Kapelle abläuft, ein gutausehender junger Mann mit Kinnbart, Stefan ist sein werter Name, schiebt einen Rollstuhl mit einer alten Dame genannt Garbo nicht hektisch in die Kapelle, ich stelle fest, kein Mensch drin, Haralds Nachschlüssel zum Schrank klemmt ein bißchen, aber dann dreht er sich doch, ich nehme die Alditüte mit den vielen schönen 500er raus, Garbo holt die Alditüte mit den vielen schönen Blättern unter ihrer Decke vor, wir tauschen, Schrank wieder zu und tschüß, am Friedhofstor steht eine Bank, da lassen wir uns nieder, Garbo macht ein Nickerchen, keine Nerven die Frau, es schlägt 12 vom Rathaus-turm, es schlägt viertel, es schlägt halb eins, Harald und Isolde sind immer noch auf dem Dach, aber nicht mehr lange.
Isolde: Die Tüte liegt noch da.
Harald: So ist es gnä Frau
Isolde: Und kein Mensch ist auch nur in die Nähe des Mausoleum gekommen, da stimmt was nicht, gehen sie mal runter, gucken sie nach, ich halt solange Wache.
Harald: Bin schon unterwegs gnä Frau.
Stefan: Harald geht zum Mausoleum, er bückt sich mühsam, kommt wieder hoch mit ach und krach, und mit der Aldi-Tüte, er hält sie hoch, dreht sie um, offensichtlich ist nichts drin, zurück zu Isolde.
Harald: Das Geld ist verschwunden, sehen sie selbst, die Tüte ist leer.
Isolde: Das gibt’s doch nicht.
Harald: Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.
Isolde: Ich dachte sie sind Experte.
Harald: Ich kann mir das einfach nicht erklären, seit ihre Schwiegertochter das Geld vor einer guten Stunde am Mausoleum abgelegt hat, haben wir es beobachtet, es hat die ganze Zeit da gelegen, niemand war in der Nähe.
Isolde: Es ist weg, mein Geld, meine Mio.
Harald: Mysteriös, fast übernatürlich, ihr Sohn ist übrigens nicht auftaucht.
Isolde: Es ist alles ihre Schuld, Herr Schauermann, sie haben versagt, auf der ganzen Linie.
Harald: Aber gnädige Frau, ich werde Nachforschungen anstellen.
Isolde: Gar nichts werden sie, sie sind entlassen, gehen sie mir aus den Augen.
Harald: Wie sie wünschen, ich werde mir erlauben, meine Rechnung zu schicken.
Isolde: Keinen Pfennig kriegen sie von mir, hauen sie ab.
Stefan: Der Toyota steht auf dem Parkplatz vor dem Friedhof, Harald setzt sich rein und wartet, Isolde Waldhorn wartet nicht, sie brettert nach Hause wie die Feuerwehr, und ruft Hildchen an, muß die Karten gelegt bekommen sofort, Hildchen hat den Anruf erwartet und macht sich gleich auf die Socken.
Hildchen: Oh weh noch mehr schwarze Schatten über ihnen, ich sehe Probleme, Krisen.
Isolde: Das können sie laut sagen.
Hildchen: Doch nicht verzagen, die Karten verheißen ein baldiges Ende der Unglücksträhne, freuen sie sich Frau Waldhorn, alles wird gut.
Isolde: Wirklich.
Hildchen: Sie werden zurückerhalten, was sie verloren haben.
Isolde: Mein Geld.
Hildchen: Und eine ihnen nahestehende Person.
Isolde: Wann krieg ich alles wieder, heute noch, morgen.
Hildchen: Geduld Frau Waldhorn, was sind einige Wochen unter dem Aspekt der Ewigkeit, und denken sie daran, lassen sie Behörden jeder Art aus dem Spiel, das könnte alles verderben.
Isolde: Wenn sie das sagen, schon oh 10 vor 2 ich muß los, zu einer Trauerfeier, mein Steuerberater.
Hildchen: Herr Mienzen, da wollte ich auch hin.
Isolde: Ich nehm sie mit.
Stefan: 2 Uhr mittags, die Friedhofskapelle läuft über, Steuerberater Mienzen war ein angesehener Mitbürger, halb Willsum ist da, auch die komplette Alzheimergang, Garbo im Rollstuhl an der Tür, beide Hände fest über der Wölbung der Decke auf ihren Knien gefaltet, ich steh neben ihr, in der hintersten Bank rutscht Hildchen hin und her die Blase nehm ich an, Harald hat ein Knopf im Ohr und auf dem Gesicht ein ausgesprochen unpassendes grinsen er hört nämlich gerade etwas sehr komisches.
Peter: Wo ist das Geld, ich frage dich wo ist das Geld ich frage dich.
Marlies: Das frag ich dich, ich hab die Tüte mit der Million in den Schrank geschlossen, wie wie es vereinbart haben.
Peter: Ach und wieso hab ich dann die Tüte mit den Blättern gefunden.
Marlies: Das behauptest du, weißt du, was ich denke mein liebes Peterchen, du hast das Geld und lügst mir was vor.
Peter: Ach, ich lüge.
Marlies: Du willst die ganze Million für dich.
Peter: Es ist genau andersrum, du willst mir nichts abgeben.
Marlies: Du hast das Geld aus dem Schrank genommen, gibs doch zu.
Peter: Du hast es nicht reingetan.
Marlies: Das ist nicht wahr, du hast die Mio.
Peter: Nein du.
Stefan: Harald nimmt den Knopf raus und hört auf zu grinsen weil die Trauerfeier fängt an, mit Musik, ave maria, uncool aber immernoch die Nr 1 in den friedhofcharts. Was ich mit meiner viertelmio mache, Melanie kriegt ein Armband, Echtgold und für mich kauf ich ein Motorrad, eine Wahnsinnsmaschine, für den Rest kaufe ich Aktien, hab mir vorgenommen mit 30 in Rente zu gehen, in dem Alter hat der Mensch noch was davon.
Harald: Also ich mach eine Weltreise, Amerika, Afrika, die Südsee, ich fahr mit dem Schiff in aller Ruhe und wenn’s mir wo gefällt, bleibe ich da bis ich sterbe, aber das hat noch Zeit.
Hildchen: Jetzt kann ich mir endlich das leisten, was ich mir seit Jahren so sehr wünsche, die Grabstelle direkt neben Gerda, und da laß ich einen großen Stein draufstellen, Marmor und Gold, gediegen und niveauvoll, die Inschrift wird lauten, hier wohnen zwei Freundinnen, im Tode vereint wie im Leben.
Garbo: Ein Elektrorollstuhl wär nicht schlecht und ein neuer superschneller Computer, und was übrigbleibt, das lege ich zurück und gut an, es gibt noch viel zu tun für die Alzheimergang, tu Geld in deinen Beutel, sagt Shakespeare, denn bereit sein ist alles.
Stefan: Der Sarg rollt feierlich nach hinten durch den Vorhang ins Krematorium, mit Steuerberater Mienzen, und mit Dr. Jürgen Waldhorn, Sozialdezernent von Willsum, hasta la vista Baby, viva die Alzheimergang.
Stefan: Matthias Walter
Garbo: Lieselotte Rau
Hildchen: Ingeborg Medschinski
Harald: Werner Rehm
Isolde Waldhorn: Elfriede Irrall
Jürgen Waldhorn: Hans Walter Klein
Marlies Waldhorn: Astrid Meyerfeldt
Peter Thode: Uwe Müller
Sekretärin: Shelly Kupferberg
Michael Koser: Film Noir (DRadio 2000)
Keine Fotos, keine Fotos, bitte, keine Kameras, lassen Sie den Mann doch in Ruhe, und keine Fotos. Hören Sie bitte auf zu fotografieren. Machen Sie Platz…
Film Noir
von Michael Koser
John: Als ich Malibu Beach erreichte war der Regen noch stärker geworden, Blitze zuckten über den Nachthimmel wie der Widerschein fernen Artilleriefeuers, ich hielt, fünf Minuten vor elf, ich war pünktlich, die Straße war leer, bis auf einen einsamen Buick weiter vorn an der Biegung unter einer windgeschüttelten Palme, und bis auf Arnolds Cadillac natürlich, er hockte vor dem Strandhaus wie eine riesige Kröte, ich hätte in guter Stimmung sein sollen, aber mein Gemüt war fast so dunkel wie der Himmel, Schatten der Vergangenheit oder eine Vorahnung, an diesem verregneten Abend des 9. November 1945 begann der Alptraum. Vor drei Stunden hatte Lana mich zu Hause angerufen.
John Garfield: Hallo?
Lana Arnold: Jonny Darling, was machst du?
John: Was ich seit Wochen mache, nichts, aber das sehr intensiv.
Lana: Und wie geht es der süßesten liebsten Prothese auf der ganzen Welt, Jonny.
John: Sie tut weh und sie sehnt sich nach dir Lana nach deinen Händen, kommst du.
Lana: Edward ist noch hier, er wird erst später zum Strandhaus fahren.
John: Schade.
Lana: Er will mit dir reden, Jonny, heute noch, er will dir eine Chance geben, endlich, für den nächsten Großfilm von Pandora Pictures, sollst du das Drehbuch schreiben, was sagst du.
John: Ich weiß nicht.
Lana: Um 11 im Strandhaus sei pünktlich Darling und danach rufst du mich gleich an.
John: Lana ist jung, blond und wunderschön, und sie ist Arnolds Frau. Eduard Arnold ist der Boss von Pandora Pictures. Wenn er lieber nachts arbeitet als am Tag, und lieber in einem Strandhaus als im pompösen Büro, dann haben seine Angestellten sich danach zu richten. Ich bin Autor bei Pandora, mein Name ist John Garfield, ich bin 26 Jahre alt, ich hab es weit gebracht, von Windom in Minnesota bis nach Hollywood, dazwischen war der Krieg, auf Guadalcanal habe ich mein linkes Bein verloren, mein Roman, „Die Dunkelheit der Tropen“, habe ich im Armeehospital geschrieben, schnell, wie im Fieber, das Buch war ein Erfolg, die Pandora hat es verfilmt, mir geht es gut, ich fahre einen Lincoln Continental, ich mache 800 Dollar die Woche, meine Drehbuchentwürfe verstauben auf meinem Schreibtisch in den Pandorastudios, mein zweiter Roman kommt nicht von der Stelle, mir geht es schlecht, nein, das ist nicht wahr, mir ginge es schlecht, wenn Lana nicht wäre, ihretwegen habe ich noch nicht aufgeben, obwohl ich immer wieder von Guadalcanal träume, von schwarzen aufgeblähten Leichen unter heißer Sonne, und von einer leeren weißen Seite, auf der nie ein Wort stehen wird. Ich ging zur Tür des Strandhauses, Licht fiel durch den Türspalt, und durch die Fenstervorhänge, innen spielte das Radio: Tanzmusik, ich klopfte, ich wartete, ich klopfte wieder, stärker, war Arnold nicht da? Ich stieß die Tür auf, Arnold war da, aber er konnte nicht an die Tür kommen, er lag mitten im Raum auf dem dicken uringelben Teppich vor der breiten Couch, die jede junge Schauspielerin bei Pandora kannte, er lag auf dem Gesicht, in einer Blutlache, in der rechten Hand ein Revolver, ein 38 Colt Banker Special, sein Nacken war noch warm. Ich dachte nicht an die entgangene Chance, ich hatte nur einen Gedanken, jetzt war Lana frei. Auf dem Schreibtisch vor dem großen Fenster zum Ozean stand ein Telefon.
Lana: Edward ist… tot? Ist das wahr, Jonny?
John: Ich weiß, was ich sage, Lana, im Südpazifik habe ich genug Leichen gesehen, er hat ein Loch in der Schläfe, eine Schußwunde.
Lana: Erschossen, ermordet?
John: Selbstmord, er hat den Revolver noch in der Hand, soll ich die Polizei rufen.
Lana: John, die Polizei konnte glauben.
John: Was? Lana.
Lana: Daß du Edward.
John: Daß ich, hahaha, daß ich Edward umgebracht habe, ist doch Unsinn.
Lana: Natürlich Unsinn, Jonny Darling, aber du bist im Strandhaus, bei Edward, und wenn die Polizei herauskriegt, daß du und ich.
John: Und was soll ich jetzt tun, Lana?
Lana: Komm zu mir, Jonny, ich brauche dich, ich liebe dich.
John: Ich dich auch, Lana, aber Edward.
Lana: Laß ihn einfach liegen, für morgen früh hat er Mister Raft ins Strandhaus bestellt, zu einer Produktionsbesprechung, soll der ihn finden.
John: Wenn du meinst, Lana.
Lana: Komm, Jonny Darling, komm zu mir, jetzt, auf der Stelle, so schnell du kannst. O Jonny.
John: Ich fuhr nach Beverly Hills, über die Küstenstraße und den Santa Monica Boulevard, so schnell ich konnte, außen war die Villa der Arnolds ein französisches Chateau en miniatur, innen ein üppig illustrierter Artikel aus Better Hopes, moderner Luxus a la america, Lana erwartete mich an der Tür in einem schwarzen Seiden- neglige und zog mich in ihr Boudoir.
Lana: Jonny, Jonny Darling.
John: Lana, liebste.
Lana: Nicht so laut, du weckst Dolores.
John: Und wenn, jetzt können es alle wissen.
Lana: Jonny Darling, bitte, du mußt vernünftig sein, nur noch kurze Zeit.
John: Lana, ah.
Lana: Jonny, Edward hat sich erschossen, ich kann es kaum glauben, warum, Jonny, warum hätte er das tun sollen.
John: Könnte er was gewußt haben, von uns, meine ich?
Lana: Ich weiß nicht, er hat sich nie etwas anmerken lassen, aber wir wissen von nichts, Jonny, dabei bleiben wir.
John: Wie du willst, Lana.
Lana: Versprich es mir, Jonny, du wirst nichts sagen.
John: Versprochen.
Lana: Und wenn man ihn morgen findet, werden wir sehr überrascht sein.
John: Ja, Lana, Lana.
Lana: Komm, zieh dich aus Jonny, zeig mir deine Prothese, laß mich sie anfassen.
John: Es war sehr spät, als ich nach Hause kam, in mein kleines Apartment am San Vincente Boulevard, ich konnte nicht schlafen, ich war aufgeregt, machte mir Sorgen, machte Pläne, dachte an Lana, schließlich nahm ich eine Tablette. Es war ein Gang, rechts und links Türen, hinten wo der Gang endete, war es dunkel, im dunkel lauerte die Gefahr, der Tod, das Dunkel kam näher… Ich wurde wach, es klingelte, das Telefon, ich fühlte mich nicht gut, ich hatte Kopfschmerzen, das Telefon nahm keine Rücksicht, es klingelte weiter, bis ich abhob.
John: Hallo?
Ella Rains: Sie müssen sofort kommen, John!
John: Ach Ella, was ist passiert?
Ella: Der Boss ist tot, John, und die Polizei ist hier.
John: Die Polizei?
Ella: Die Polizisten wollen Sie sprechen, John, werden Sie wach, und kommen Sie in Ihr Büro, schnell!
John: Ella Rains, mein Sekretärin, nicht nur meine, die Sekretärin aller Autoren bei Pandora, aber ich bildete mir ein, daß sie für mich besonders gern arbeitete, sie wartete in meinem Büro, als ich kam, sie und zwei Männer, die ich nicht kannte, beide waren groß, aber das war auch alles, was sie gemeinsam hatten, einer war schlank, sah gut aus, trug Kleidung, die eindeutig nicht aus dem Kaufhaus stammte, der andere, der seine massigen Schultern und seinen Bierbauch in einen schäbigen Anzug von der Stange gezwängt hatte, wirkte wie ein Preisboxer.
John: Wer sind Sie, was haben Sie in meinem Büro zu suchen?
Taylor: Miss äh.
Ella: Rains.
Taylor: Würden Sie uns bitte allein lassen, Miss Rains.
Ella: Wenn Sie mich brauchen, Jonny.
McLane: Los los, und machen Sie die Tür zu, wenn Sie draußen sind!
Taylor: Mister Jonny Garfield, nehme ich an, ich bin Detective Leutnant Robert Taylor, mein Kollege Detective Sergeant Barton McLane.
John: Der im teuren Anzug war der Chef, in der good cop bad cop Routine, die die beiden abzogen, spielte er den guten, den freundlich-sachlichen.
Taylor: Sie wissen weshalb wir hier sind, Mr. Garfield?
John: Arnold ist tot, Ella, Ms Rains hat es mir gesagt aber warum kommen sie zu mir.
McLane: Wir stellen hier die Fragen, Garfield.
Taylor: Wo waren Sie gestern abend, Mr. Garfield.
John: Zuhause.
McLane: Ach, wirklich.
Taylor: Den ganzen Abend, Mr Garfield, auch um, sagen wir, elf Uhr?
John: Seit sechs, da bin ich nach Haus gekommen.
Taylor: Und Sie sind nicht mehr weggegangen, Mr. Garfield.
John: Nein.
McLane: Und nachts, was haben Sie nachts gemacht.
John: Geschlafen.
McLane: Ach was, und wo.
John: In meinem Bett, natürlich.
McLane: Natürlich, Zeugen.
John: Natürlich nicht.
Taylor: Besitzen Sie eine Handfeuerwaffe, Mr. Garfield?
John: Ja, aber.
McLane: Pistole oder Revolver?
John: Pistole.
McLane: Typ?
John: Japanische Armeepistole, ein Nambu 32, ein Souvenir aus dem Pazifik.
McLane: Wo ist sie?
John: Hier im Schreibtisch.
Taylor: Würden Sie uns Ihre Pistole zeigen, Mr. Garfield?
John: Wenn’s sein muß.
McLane: Na, Garfield, wo ist sie.
John: Sie muß hier sein, in der Schublade.
McLane: Ist sie aber nicht.
John: Dann muß sie jemand rausgenommen haben.
McLane: Jemand? Sie haben sie rausgenommen, Garfield.
John: Unsinn, wozu.
Taylor: Wann haben Sie Ihre Pistole zuletzt gesehen, Mr. Garfield?
John: Ich weiß nicht, vor ein paar Wochen.
McLane: Was Sie nicht sagen, Ihre Fingerabdrücke.
John: Was?
McLane: Geben Sie uns Ihre Fingerabdrücke, oder haben Sie was dagegen?
Taylor: Sie würden uns die Arbeit sehr erleichtern, Mr. Garfield.
John: Dann gingen sie endlich, mit meinen Fingerabdrücken und mit meiner Schreib-maschine, meiner Underwood, ich fragte nach dem Grund, aber sie gaben mir keine Antwort, natürlich nicht, statt dessen rieten sie mir, die Stadt nicht zu verlassen, ganz langsam kroch etwas in mir hoch, was ich seit Guadalcanal sehr gut kannte, Angst, die Dunkelheit am Ende des Ganges, diese Wendung ging mir nicht aus dem Kopf, hatte ich sie irgendwo gelesen, vielleicht bei William Irish (Cornell Woolrich) oder James M. Cain.
Ella: John?
John: Ja, Ella was ist.
Ella: Glaubt die Polizei etwa, daß Sie, äh, daß Sie was mit dem Mord an Mr. Arnold zu tun haben?
John: Mord, Arnold ist ermordet worden?
Ella: Das hat er gesagt, der nette, Leutnant Taylor, warum haben die Ihre Schreibmaschine mitgenommen, John?
John: Wenn ich das wüßte, ich muß telefonieren, bitte Ella, wir sehen uns später.
Ella: Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, John.
John: Danke, Ella.
John: Ich mußte Lana sprechen, Dolores, das mexikanische Hausmädchen wollte mich nicht verbinden, aber ich bleib beharrlich und dann kam sie doch an den Apparat, Lana, meine Lana, die nicht allzusehr trauernde Witwe.
Lana: Du solltest nicht anrufen, Jonny, das ist leichsinnig.
John: Die Polizei war hier, im Büro.
Lana: Du hast doch nichts gesagt?
John: Natürlich nicht.
Lana: Gut, gut, bleib dabei, Jonny.
John: Lana, sie haben gesagt, Edward ist ermordet worden.
Lana: Wirklich? Das hat nichts zu bedeuten Jonny, die Polizei ist immer mißtrauisch.
John: Aber.
Lana: Bleib ruhig, Jonny, Darling, alles wird gut, ich liebe dich.
John: Ich dich auch, Lana, ich, Lana?
John: Ich versuchte zu arbeiten, aber das war unmöglich, ich rief noch mal bei Lana an, diesmal kam sie nicht ans Telefon, ausgegangen, sagte Dolores, schließlich verließ ich das Büro und die Pandorastudios, ziellos fuhr ich durch die Straßen, vor einem Kino am Sunset Boulevard hielt ich, ich sah mir die Nachmittagsvorstellung an, ein Doppelprogramm, Laura und Double Indemnity, schwarze Filme, als ich aus dem Kino kam, war es dunkel, ich ging in eine Bar, wie sie hieß, habe ich vergessen, ich trank einen zu trockenen Martini, und rief Lana an, sie war noch nicht zu Hause, vor dem Apartmenthaus am San Vincente Boulevard stand ein Streifenwagen, als sie mich sahen, stiegen sie aus, Detective Leutnant Taylor und Sergeant McLane.
Taylor: Wir haben auf Sie gewartet, Mr. Garfield.
McLane: Und das tun wir gar nicht gern, wo waren Sie?
John: Geht Sie das was an, was wollen Sie.
Taylor: Uns in Ihrem Apartment ein bißchen umsehen.
John: Um diese Zeit, na, kommen Sie morgen wieder oder besser gar nicht.
McLane: So nicht Freundchen, wir haben einen Durchsuchungsbefehl.
John: Ich mußte sie reinlassen, das Wühlen übernahm McLane, Taylor sah nur zu, der Sergeant ging nicht gerade behutsam vor, meine Bücher warf er auf den Fuß-boden, die Schubladen der Kommode drehte er kurzerhand um, nach dem Zimmer war die Küche an der Reihe, Geschirr klirrte und schepperte, dann suchte er im Bad.
John: Was zum Teufel suchen Sie eigentlich, Leutnant.
McLane: Zum Beispiel das hier.
Taylor: Die Pistole, Sergeant.
McLane: Die Pistole, Leut, im Wassertank, in Cellophan, an die Innenwand geklebt.
Taylor: Kein sehr fantasievolles Versteck, Mr. Garfield.
McLane: Ich denke, Sie sind Schriftsteller, da hätte Ihnen auch was Besseres einfallen können.
John: Ich verstehe nicht, meine Nambug.
McLane: Haarscharf und ganz genau.
John: Im Wassertank, vom Klo, wie, wie komm denn die dahin?
McLane: Nicht die leiseste Ahnung, was Garfield, aha.
Taylor: Vorsicht Serge, Fingerabdrücke.
McLane: Ich paß schon auf, Leut.
Taylor: Abgefeuert?
McLane: Ja, noch gar nicht lange her.
John: Das ist doch nicht möglich.
McLane: Die Mordwaffe, ganz klar.
John: Nein.
McLane: Und Sie haben sie abgefeuert, Garfield.
John: Nein!
McLane: Geben Sie es doch zu!
John: Nein, nein!
Taylor: Wir werden uns im Präsidium weiter unterhalten Mr. Garfield, Sie sind festge-nommen unter der Beschuldigung des Mordes an Edward Arnold, ich warne Sie alles was Sie sagen kann als Beweismittel gegen Sie verwendet werden, kommen Sie.
John: Eine grelle Lampe schien mir ins Gesicht, sonst war der Raum dunkel, ich sah sie kaum, die beiden, die mich weiter verhörten, ich hatte das Gefühl, in einem Alptraum gefangen zu sein und bemühte mich verzweifelt aufzuwachen, aber der Nachtmar nahm kein Ende.
Taylor: Sie waren letzte Nacht in Mr. Arnolds Strandhaus, Mr. Garfield.
John: Nein, nein.
McLane: Sie lügen, das ist dumm von Ihnen, Garfield, dadurch reiten Sie sich nur noch mehr rein.
Taylor: Sehen Sie, Mr. Garfield, wir haben Arnolds Terminkalender gefunden, im Schreibtisch, im Strandhaus, und da steht zum 9. November 11 Uhr abends Garfield, mit Ausrufezeichen.
McLane: Wir haben noch was gefunden, Garfield, Ihre Fingerabdrücke am Telefon.
Taylor: Mister Raft, der den Toten heute morgen entdeckte, war so umsichtig, uns von einer Zelle anzurufen, er habe, so sagte er uns, viele Kriminalfilme gedreht und kenne sich mit Fingerabdrücken bestens aus.
McLane: Sie waren im Strandhaus, Garfield, und da haben Sie Arnold erschossen, mit Ihrer Pistole.
John: Das stimmt nicht, Arnold ist mit einem Revolver erschossen worden, einem Colt Banker Special Kaliber 38.
Taylor: Wie kommen Sie denn darauf.
John: Ich war da, im Strandhaus.
McLane: Na also.
John: Ich habe die Waffe gesehen bei Arnolds Leiche.
John: Was blieb mir übrig, obwohl ich Lana versprochen hatte, es nicht zu tun, sagte ich die Wahrheit, daß ich eine Verabredung mit Arnold gehabt hatte, zum Strandhaus gefahren war und ihn dort tot aufgefunden hatte, ich sagte die Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit.
Taylor: Wen haben Sie vom Standhaus angerufen, Mr. Garfield?
John: Das spielt doch keine Rolle.
Taylor: Meinen Sie, sie haben keine Kampfspuren bemerkt?
John: Kampfspuren, nein, und in Arnolds rechter Hand war ein Banker Special, da bin ich sicher, deshalb war ich auch überzeugt, daß er Selbstmord begangen hat.
McLane: Das könnte Ihnen so passen, mein Gott, Garfield, was sind Sie für ein mieser Lügner.
John: Aber so war es!
Taylor: Nein, Mr. Garfield, so war es nicht, der Sessel war umgekippt auf dem Boden, und in seiner Hand hielt der Tote keine Waffe, keine Pistole, kein Revolver, keinen Banker Special, ein Colt Banker Special war im ganzen Strandhaus nicht zu finden.
McLane: Sie haben uns ein Märchen erzählt, Garfield, um Ihre jämmerliche Haut zu retten, aber das bringt Ihnen gar nichts, wir wissen ganz genau, was passiert ist.
Taylor: Sie waren um 11 am Strandhaus, Mr. Garfield.
John: Ja, aber.
Taylor: Arnold hat Ihnen die Tür geöffnet, er war mißtrauisch, einem Unbekannten hätte er kaum aufgemacht, Sie hatten eine Auseinandersetzung mit Arnold.
McLane: Und dann haben Sie ihn umgelegt, mit Ihrer Knarre, die Sie nur deshalb mitgebracht hatten.
John: Nein, warum, warum hätte ich das tun sollen, es gab doch kein Grund dafür.
Taylor: Wirklich nicht Mr. Garfield? Arnold, Lana du verdienst sie nicht, gib sie frei sonst.
John: Was, was ist das?
Taylor: Ein anonymer Brief, wir haben ihn in Arnolds Schreibtisch gefunden, unter dem Terminkalender.
McLane: Getippt auf Ihrer Maschine, Garfield.
John: Was, aber, aber nicht von mir.
McLane: Natürlich nicht, und erschossen haben Sie ihn auch nicht obwohl in seinem Schädel eine Kugel Kaliber 32 steckt, und ich wette die paßt genau in Ihre Nambu.
Taylor: Feierabend, Serge.
McLane: Ok, Leut, spät genug, bis morgen Garfield.
John: Sie steckten mich in eine Einzelzelle, nahmen mir Gürtel und Schnürsenkel weg, brachten mir was zu essen, ich kriegte nichts runter, schlafen konnte ich auch nicht, eine unsichtbare Schlinge zog sich um meinen Hals zusammen, immer enger, immer fester, ich verstand überhaupt nichts mehr, ich hatte keinen anonymen Brief an Arnold geschrieben, ich hatte den Revolver in seiner Hand gesehen, ich hatte ihn nicht mit meiner Pistole erschossen und die Waffe später im Wassertank versteckt. Oder doch? War meine Erinnerung falsch, litt ich an Amnesie, war ich verrückt. Ein Telefonat durfte ich am nächsten Morgen führen, ich rief Lana an, nicht zu Hause, sagte Dolores, ich fühlte mich sehr allein, um so größer war meine Freude, als mir am späten Nachmittag eine Besucherin angekündigt wurde, aber es war nicht Lana.
John: Sie sind es, Ella!
Ella: John, wie geht es Ihnen, werden Sie gut behandelt?
John: Sicher.
Ella: Haben Sie einen guten Anwalt?
John: Anwalt, was soll ich mit einem Anwalt?
Ella: Aber John, ist Ihnen nicht klar wie ernst die Sache ist, die Polizei hält Sie für den Mörder von Mr. Arnold, Sie sind so gut wie überführt, hat Leutnant Taylor mir gesagt, aber ich glaube das nicht, John, Sie haben Mr. Arnold nicht ermordet, das werde ich beweisen, John, ich werde mich für Sie einsetzen, ich werde nachforschen und den wahren Mörder ermitteln.
John: Nett von Ihnen Ella, aber lassen Sie lieber die Finger davon, das ist keine Arbeit für Sie.
Ella: Ich werde Hilfe haben, Sie werden sehen.
John: Vor Monaten hatte ich auf einer Party bei den Arnolds einen jungen Anwalt ken nengelernt, Carson hieß er, Jack Carson, er war auch bei der Armee gewesen und als dienstunfähig entlassen worden, sonst wußte ich nichts über ihn, er war bereit, meine Verteidigung zu übernehmen. Er oder irgendein anderer. Mir war alles recht.
Jack Carson: Kein Augenzeuge, immerhin, ist doch was, aber Indizien, sicher, nur Indizien, aber genug, mehr als genug, unter uns, Garfield, es sieht nicht gut aus für Sie, gar nicht gut, am besten, Sie bekennen sich schuldig.
John: Was?
Carson: Und wir plädieren auf zeitweilige Unzurechnungsfähigkeit.
John: Aber ich bin unschuldig.
Carson: Wenn Sie das sagen, Garfield.
John: Sie glauben mir nicht. Carson, Sie sind mein Anwalt.
Carson: Spielt doch überhaupt keine Rolle, ob ich Ihnen glaube oder nicht Garfield, was das Gericht glaubt, das ist wichtig, wir haben ja noch Zeit, denken Sie über meinen Vorschlag nach, ja?
John: Ich mußte über so vieles nachdenken: Arnold, das Strandhaus, Lana, die nicht ans Telefon kam, und die Beweismittel der Polizei, was ging vor, was geschah mit mir, ich fand keine Antwort, die Dunkelheit am Ende des Ganges kam näher, hatte mich fast schon erreicht, aber es gab ja noch Ella, ein paar Tage später kam sie wieder, und diesmal war sie nicht allein.
John: Leutnant Taylor!
Taylor: Sie wundern sich, Mr. Garfield? Ella, Miss Rains, hat mich überredet, sie zu begleiten.
Ella: Wir arbeiten zusammen, John, Bob Taylor und ich, für Sie.
Taylor: Ella ist hartnäckig, Mr. Garfield, und sehr überzeugend, Sie hat es tatsächlich geschafft, mich ein wenig unsicher zu machen, ein ganz klein wenig, sehen Sie, Mr. Garfield, Sie sind praktisch schon tot, alle Indizien, alle Argumente sprechen gegen Sie, wenn Sie Arnold wirklich umgebracht haben, dann haben Sie sich dabei sehr, sehr dumm angestellt, und dumm Mr. Garfield, sind Sie nicht, da bin ich mir sicher.
John: Endlich, ein Lichtstrahl drang durch die Dunkelheit, ein schmaler Lichtstrahl zugegeben, aber er war hell genug, mir Mut zu machen, Taylor wollte noch einmal meine Version der Ereignisse im Strandhaus hören, ich erzählte sie ihm, und jetzt sagte ich alles.
Ella: Da sehen Sie’s Bob, John ist unschuldig.
Taylor: Wenn er die Wahrheit sagt.
John: Es ist die Wahrheit, Leutnant, ich schwöre es Ihnen.
Taylor: Nehmen wir an, ich glaube Ihnen, dann hätten nicht Sie Arnold getötet.
Ella: Dann war es jemand anders.
John: Oder vielleicht doch Selbstmord.
Taylor: Mit Ihrer Pistole, die in Ihrem Apartment wieder auftaucht, unmöglich, es war Mord.
Lana: Mrs. Arnold, sie hat es getan.
John: Lana? Niemals!
Lana: O John sind Ihnen denn noch immer nicht die Augen aufgegangen, sie hat ihren Mann ermordet, und Sie, John, Sie spielen den Sündenbock.
Taylor: Ich bewundere Ihren Enthusiasmus Ella, bedauerlicherweise muß ich ihn ein wenig dämpfen, Mrs. Arnold kann ihren Mann nicht erschossen haben, falls Mr. Garfield.
John: John. John.
Taylor: Falls John die Wahrheit sagt, und davon wollten wir doch ausgehen.
John: Das Telefongespräch vom Strandhaus.
Taylor: Sehr richtig, John, als Sie anriefen, war Mrs. Arnold in Beverly Hills, weit weg vom Tatort.
John: Und die Leiche war noch warm.
Taylor: Mrs. Arnold war es also nicht.
Ella: Nicht persönlich, nicht eigenhändig, sie hatte Hilfe, einen Komplizen.
Taylor: Ein sehr interessanter Gedanke, Ella, haben Sie Beweise?
Ella: Gestern abend war ich in Beverly Hills, vor dem Anwesen der Arnolds, es war schon dunkel, ich wartete in meinem Wagen.
John: Worauf?
Ella: Ich weiß es selbst nicht, auf irgend etwas, etwas, daß Sie entlastet, John.
John: Sie sind ja eine richtige Miss Marple, Ella.
Ella: Mrs. Arnold brachte einen Mann zur Tür, ich habe sie deutlich erkannt, ihre blonden Haare, ihr helles Abendkleid.
Taylor: Den Mann auch?
Ella: Leider nicht, er trug einen Hut, hatte den Mantelkragen hochgeschlagen, die beiden umarmten und küßten sich, lange, heiß und leidenschaftlich.
John: Sie müssen sich irren.
Ella: Dann stieg der Mann in sein Auto und fuhr weg, ich wollte ihm folgen, aber bis ich meinen Wagen gestartet und gewendet hatte.
Taylor: War er verschwunden, haben Sie die Automarke erkannt?
Ella: Ein Buick, glaube ich.
Taylor: Das hilft uns nicht weiter, jeder zweite in LA fährt einen Buick.
John: Mir fällt was sein, an dem Abend, als ich Arnold fand, stand ein Buick an der Küstenstraße, nicht weit vom Strandhaus, ein Zufall, vermutlich.
John: Ich wollte es nicht glauben, Lana liebte mich, nicht irgendeinen unbekannten Buick Fahrer, Ella war überreizt, sie hatte Gespenster gesehen, damit beruhigte ich mich, ich verdrängte die nagenden Zweifel so gut ich konnte.
Carson: Das Gericht hat den Termin für die Verhandlung festgesetzt, Garfield, auf den 28. November.
John: So schnell. Das ist gut.
Carson: Wie man’s nimmt. Tja, Garfield, wie gehen wir vor, haben Sie Ihre Meinung inzwischen geändert?
John: Nein, ich bin unschuldig, dabei bleibe ich.
Carson: Sie machen es mir wirklich schwer, Garfield, Ihre Geschichte ist so, so wenig glaubwürdig.
John: Aber sie ist wahr, Carson, und Lana, Mrs. Arnold, wird sie bestätigen.
Carson: Das ist äußerst unwahrscheinlich.
John: Was soll das heißen, haben Sie sie etwa nicht vorgeladen?
Carson: Nein, hab ich nicht.
John: Herrgott, warum denn nicht?
Carson: Weil Mrs. Arnold bereits eine Vorladung hatte, von Staatsanwalt Kruger, sie ist Zeugin der Anklage.
Kruger: Sie sind Lana Arnold, geb. Turner, die Witwe von Edward Arnold.
Lana: Ja.
Kruger: Schwören Sie die Wahrheit zu sagen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
Lana: Ich schwöre.
Kruger: Mrs. Arnold, Sie kennen den Angeklagten, John Garfield.
Lana: Ja, ich kenne ihn.
John: Lana war die letzte im Zeugensstand, alle anderen hatten vor ihr ausgesagt. George Raft kühl und unbeteiligt, Leutnant Taylor knapp und sachlich, Sergeant McLane feindselig und gehässig, der Ballistiker, der Schreibmaschinenexperte, meine Pistole wurde vorgelegt, der anonyme Brief, die Belastungsmomente gegen mich türmten sich auf zu einer dunklen Halde, die mich zu begraben drohte, unter den vielen Neugierigen im Saal saß Ella Rains, sie lächelte mir zu, gab mir Hoffnung, und die brauchte ich dringend.
Kruger: Welcher Art war Ihre Bekanntschaft mit dem Angeklagten, Mrs. Arnold?
Lana: Wir sind, wir waren gute Freunde.
Kruger: Nur gute Freunde, Mrs. Arnold, nicht mehr?
Lana: Nicht auf meiner Seite, aber John, der Angeklagte.
Kruger: Ja, Mrs. Arnold.
Lana: Er war in mich verliebt, und er bildete sich ein, daß ich ihn ebenfalls liebte.
Kruger: Haben Sie ihn geliebt, Mrs. Arnold?
Lana: Nein!
John: Lana!
Richter: Ruhe im Saal! Fahren Sie fort, Mr. Kruger.
Kruger: Danke euer Ehren, Mrs. Arnold, haben Sie dem Angeklagten jemals Hoffnungen gemacht?
Lana: Nein, niemals, ich war verheiratet.
John: Lana war eine wunderschöne Witwe, ihr kleiner Schleierhut betonte ihr blondes Haar, sie war blaß und trug schwarz, was ihr ausgezeichnet stand, und sie log meisterhaft und mit Hingabe.
Kruger: Kommen wir zur Nacht vom 9. zum 10. November 1945, berichten Sie uns, was in dieser Nacht zwischen Ihnen und dem Angeklagten geschah, Mrs. Arnold.
Lana: Ja, ich war zu Hause. John rief mich an.
Kruger: Wann war das.
Lana: Etwa 10 Minuten nach 11.
Kruger: Was sagte der Angeklagte.
Lana: Er müsse mich sehen, sofort, es sei etwas passiert.
Kruger: Was war passiert, Mrs. Arnold.
Lana: Das hat er nicht gesagt, nicht am Telefon, erst später, aber ich war beunruhigt, ich wußte, daß John eine Verabredung mit meinem Mann hatte im Strandhaus, Edward hatte von mir erfahren, daß John, daß er mich bedrängte, mir zu nahe kam, er wollte mich zur Rede stellen.
Kruger. Und in Ihrer Sorge haben Sie sich bereiterklärt, den Angeklagten trotz der späten Stunde zu empfangen.
Lana: Ja.
Kruger: Er kam in Ihr Haus, Mrs. Arnold.
Lana: Ja kurz nach Mitternacht, er war sehr aufgeregt und dann hat er es mir gesagt.
Kruger: Was hat der Angeklagte gesagt, Mrs. Arnold.
Lana: Daß er Edward erschossen hat.
John: Nein. Das ist nicht wahr!
Richter: Ruhe, Angeklagter, Sie haben nicht das Wort, bitte Mr. Kruger.
Kruger: Danke euer Ehren, bitte fahren Sie fort, Mrs. Arnold, der Angeklagte gestand Ihnen, er habe Ihren Mann erschossen.
Lana: Ja, weil Edward mich nicht freigeben wollte, das habe er nicht anders erwartet, sagte John, und darum hat er seine Pistole eingesteckt, bevor er zum Strandhaus aufbrach.
Kruger: Vorsatz, eine schwere Anschuldigung, Mrs. Arnold.
Lana: Das ist mir bewußt, aber ich habe geschworen, die Wahrheit zu sagen.
Kruger: Sehr lobenswert, Mrs. Arnold, wie haben Sie auf das Geständnis des Angeklagten reagiert?
Lana: Ich war erschüttert, entsetzt, fassungslos.
Kruger: Nur zu verständlich, Mrs. Arnold.
Lana: Und ich hatte Angst, John fuchtelte mit seiner Pistole herum, ich redete ihm zu, sich zu stellen, aber er wollte nichts davon wissen, jetzt steht unserer Liebe nichts mehr im Weg, hat er gesagt, Edward ist tot, du bist frei, schließlich ist es mir gelungen, ihn ein wenig zu beruhigen und zum Gehen zu bewegen.
Kruger: Sie haben nicht die Polizei verständigt, Mrs. Arnold, warum nicht?
Lana: Ich wußte nicht, was ich tun sollte, schluchz, ich war so verwirrt, ich habe eine Schlaftablette genommen und als ich aufwachte.
Kruger: War der Mord bereits entdeckt, danke Mrs. Arnold.
Ella: Sie lügt, sie hat ihren Mann auf dem Gewissen, John Garfield ist unschuldig!
Richter: Ruhe. Ruuhe! Entfernen sie die Störerin.
John: Am nächsten Tag folgen die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger, Kruger forderte mich des vorsätzlichen Mordes schuldig zu sprechen, das hatte ich erwartet, Carson hätte sich seine Rede sparen können, er nannte mich einen tapferen Kriegshelden, einen Invaliden, der sein Bein der Nation geopfert hatte, einen hoffnungslosen Romantiker, dem seine Gefühle über den Kopf gewachsen waren, er appellierte an die Gutherzigkeit der Juroren.
Richter: Obmann der Jury, sind Sie zu einer Entscheidung gekommen.
Obmann der Geschworenen: Jawohl euer Ehren!
Richter: Wie lautet sie?
Obmann: Der Angeklagte ist des vorsätzlichen Mordes schuldig.
Richter: Ich verkünde das Urteil, der Angeklagte John Garfield wird zum Tode verur-teilt, er wird ins Zuchthaus Sankt Quentin überstellt, wo er gemäß den Gesetzen des Staates Kalifornien vom Leben zum Tode befördert wird die Verhandlung ist beendet.
John: Die Hinrichtung in der Gaskammer von Sankt Quentin sollte schon am 11. Dezember stattfinden, am Nachmittag um vier Uhr, man hatte es eilig. Am 7. Dezember bekam ich Besuch in der Todeszelle, Ella und Taylor.
John: Sind Sie weitergekommen?
Taylor: Oh ja doch, ein wenig, Ella hat einen konkreten Verdacht, was den Komplizen, den möglichen Komplizen von Mrs. Arnold betrifft.
John: Ja? Wer ist es, Ella.
Ella: Mister Raft.
John: George Raft, der Schauspieler?
Ella: In letzter Zeit habe ich ihn oft in den Pandorastudios mit Mrs. Arnold zusammen gesehen, und er könnte auch der Mann neulich nacht vor der Villa gewesen sein.
Taylor: Raft hat Arnold gefunden, am Morgen des 10. November.
John: Natürlich, das heißt, er hatte die Möglichkeit den Tatort, wie soll ich mich ausdrücken umzugestalten, ja, so muß es gewesen sein, Raft hat den Colt verschwinden lassen und einen Kampf vorgetäuscht, in dem er den Sessel umgeworfen und das Glas zerschlagen hat.
Taylor: Möglich, aber das erklärt nicht die übrigen Verdachtsmomente, daß die Mordwaffe Ihnen gehört, John, und in Ihrem Apartment versteckt war, daß der Drohbrief an Arnold auf Ihrer Underwood geschrieben wurde.
John: Das könnte auch Raft getan haben, in meinem Büro, abends, nach Dienstschluß, und die Pistole aus dem Schreibtisch genommen.
Taylor: Hatte er denn einen Schlüssel zu Ihrem Büro, John?
John: Nicht daß ich wüßte, aber Lana hat einen, und einen Schlüssel zu meinem Apartment.
Ella: Das ist es, Bob, das ist es, der Fall ist gelöst.
Taylor: Sie und Ihr Enthusiasmus, Ella, gar nichts ist gelöst, was wir haben sind Spekulationen, Hypothesen, wir brauchen Beweise.
Ella: Die werden wir beschaffen, Bob.
Taylor: Wir werden es versuchen.
John: Machen Sie schnell, es sind nur noch 4 Tage.
Taylor: Wir tun unser bestes, nicht wahr, Ella.
John: Ich war sehr nervös, aber nicht in Panik, die Dunkelheit, die mich zwischen zeitlich fast verschlungen hatte, wich wieder ein Stück zurück, ich vertraute Ella und Bob, ich hoffte. Am Abend des 10. Dezember wurde ich aus der Zelle geholt, Ella war am Telefon.
Ella: Oh John, es ist geschafft, nur noch eine winzige Kleinigkeit fehlt, und die klären wir heute Nacht, Bob, morgen früh sprechen wir mit der Staatanwaltschaft, dann sind Sie frei, oh John, ich bin ja so glücklich.
John: Ich wartete, die Nacht verging, der 11. Dezember brach an, der Morgen ging vorüber, der Vormittag, die Stunden verrannen, ich wartete, vor meiner Zelle Unruhe, Geräusche, die Gaskammer wurde für die Hinrichtung vorbereitet.12 Uhr. 1 Uhr. 2 Uhr, ich wartete, doch dann öffnete sich die Tür.
John: Bob, Sie sind allein, wo ist Ella?
Taylor: Sie wurde aufgehalten, und weil die Zeit drängt.
John: Natürlich, natürlich, wie stehen die Dinge, Bob?
Taylor: Bestens, der Fall ist geklärt, Sie sind unschuldig, John, den Mord an Arnold haben seine Frau und ihr Liebhaber begangen, dabei haben sie die Spuren so manipuliert, daß der Verdacht auf Sie fallen mußte, wollen Sie wissen, wie die beiden das angestellt haben, John?
John: Ja, sicher, aber die Zeit, jetzt ist es.
Taylor: 3 Uhr zwanzig.
John: Ja, und um vier.
Taylor: Keine Sorge John, alles ist geregelt, entspannen Sie sich, hören Sie zu, geplant haben das Unternehmen beide gemeinsam, aber bei der Ausführung operierten sie getrennt, sie hat den anonymen Brief an Arnold auf Ihrer Schreibmaschine geschrieben, John und sie hat auch die japanische Armeepistole aus Ihrem Schreibtisch genommen, beides geschah erst am Abend des 9.November, nachdem Sie das Büro verlassen hatten, danach übergab sie.
John: Lana, Lana Arnold.
Taylor. Brief und Pistole ihm.
John: George Raft.
Taylor: Im Auto, irgendwo auf der Straße, sie fuhr dann nach Hause.
John: Und rief mich an, um mich für 11 in Arnolds Strandhaus zu bestellen.
Taylor: Wovon dieser übrigens nichts wußte.
John: Ach, das Drehbuch für den nächsten Pandora Großfilm.
Taylor: Lüge, Phantasie, ein Köder für Sie, John, etwa um halb 11 tauchte er am Strandhaus auf, er parkte seinen Buick an der Küstenstraße, ging zum Strandhaus, klopfte, Arnold ließ ihn ein, die beiden Männer wechselten ein paar belanglose Worte, dann zog er die mitgebrachte Nambu aus der Tasche und erschoß Arnold, er trug natürlich Handschuhe.
John: Natürlich, Fingerabdrücke.
Taylor: In die rechte Hand des Toten legte er einen Revolver aus eigenen beständen.
John: Colt Banker Special Kaliber 38.
Taylor: Er ging, setzte sich in seinen Buick und wartete, die Tür zum Strandhaus hatte er freundlicherweise einen Spalt offen gelassen, kurz vor 11 kamen Sie, John, und als Sie eine viertel Stunde später wieder wegfuhren.
John: Zu Lana, so schnell ich konnte.
Taylor: Ging er zurück zum Strandhaus, er schloß auf, den Schlüssel hatte er bei seinem ersten Besuch eingesteckt, in aller Ruhe fabrizierte er die falschen Kampfspuren, danach zog er das Schubfach in Arnolds Schreibtisch auf, hier fand er, wie sie ihm gesagt hatte, den Terminkalender des Produzenten, zum 9. November 11 Uhr Abends trug er in passabler Imitation von Arnolds Handschrift ein.
John: Garfield, Ausrufungszeichen.
Taylor: Unter den Terminkalender legte er den anonymen Brief, bevor er ging, nahm er den Banker Special wieder an sich, er wußte, Sie, John würden von ihr lange aufgehalten werden, er konnte also zum Vincente Boulevard fahren und ohne Angst vor Entdeckung Ihre Pistole in Ihrem Apartment so verstecken, daß die Polizei sie schnell finden würde, den Schlüssel hat er natürlich von ihr bekommen, so ging es vor sich, John, na was sagen Sie?
John: Wie ein Blinder bin ich in die Falle getappt.
Taylor: Das kann man wohl sagen, John.
John: Haben Sie sie schon festgenommen, Bob.
Taylor: Festgenommen, wen?
John: Wen? Äh, die Täter. Lana und George Raft.
Taylor: Raft, wie kommen Sie auf Raft, John.
John: Aber er ist doch Lanas neuer Liebhaber, der Mörder von Arnold, der Komplize.
Taylor: Habe ich das gesagt?
John: Nicht?
Taylor: Ich habe seinen Namen kein einziges Mal erwähnt, warum auch, der Mörder, der Komplize, der Liebhaber, heißt nicht George Raft.
John: Nicht Raft, ich verstehe nicht, wer ist es, Bob, sagen Sie es mir!
Taylor: Mit Vergnügen, John, sein Name ist Taylor, Robert Taylor, Detective Leutnant Robert Taylor vom Los Angelos Police Department!
John: Sie!?
Taylor: Ich, machen Sie kein so verblüfftes Gesicht, John, die Sache ist ganz einfach, Edward Arnold ist tot, in wenigen Minuten werden Sie als sein Mörder hingerichtet, nach Ablauf der Trauerzeit werden Lana und ich heiraten, und die Pandora wird mir gehören, alles klar?
John: Ella, Ella weiß Bescheid, sie, sie wird.
Taylor: Sie retten, John, das glaube ich nicht, wissen Sie, Ella Rains ist wie sagt man in Grabreden, sie ist Ihnen vorausgegangen.
John: Ella ist tot?
Taylor: Ein bedauerlicher Unfall, in der letzten Nacht wurde sie von einem Auto überfahren, einem Buick, keine Zeugen, der Fahrer ist flüchtig, so was passiert, wenn man der Wahrheit zu nahe kommt.
Kruger: Mister Garfield, es ist soweit.
John: Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte kein Wort herausbringen, zwei Beamte nahmen mich in die Mitte, mehrere schwarzgekleidete Männer folgten, in feierlicher Prozession schritten wir den Gang entlang, dorthin, wo die Dunkelheit für immer über mir zusammenschlagen würde.
Film Noir von Michael Koser
John Garfield: Max Hopp
Lana Turner-Arnold: Astrid Meyerfeldt
Ella Rains: Judica Albrecht
Robert Taylor: Guntram Brattia
Barton McLane: Uwe Preuss
Jack Carson: Harald Pilar von Pilchau
Staatsanwalt Otto Kruger: Hans-Peter Hallwachs
Richter: Udo Kroschwald
Obmann der Geschworenen: Michael Klobe
Michael Koser: Schmetterling mit Hakenkreuzen (BR 1981) (nach Philip K. Dick: The Man in the High Castle)
Melville Abendsen: Tschuang – Tse träumt, er sei ein Schmetterling, er fliegt dahin, flattert mit den Flügeln und freut sich. Plötzlich wacht er auf und erkennt, er sei Tschuang Tse. Ist er nun Tschuang Tse, der träumte, er sei ein Schmetterling, oder ist er ein Schmetterling, der träumt er sei Tschuang Tse. Ahaha, wer kann das sagen. Ich bin Melville Abendsen, geboren 1918, als der erste Weltkrieg zu Ende ging, im zweiten Soldat, Guadalcanal, Medan, Guam, bei Iwojima verwundet, Besatzer auf Okinawa bis 1946, ich bin Schriftsteller, ich schreibe Science Fiction, ich, äh habe eine Idee im Kopf, eine Geschichte, die nicht in der Zukunft spielt, die gegenwärtig ist, zeitgenössisch und doch nicht von dieser unserer Zeit, ich will gewissermaßen zeitlich seitwärts gehen, fragen, was wäre wenn, wenn die anderen den zweiten Weltkrieg gewonnen hätten, Unmögliches erzählen, um die Schrecken des möglichen zu beschwören, zuerst also der Traum des Tschuang Tse, und dann, am besten ein Sprung, mitten hinein ins unmögliche, etwa so:
Steward: Meine Damen und Herren, im Namen der deutschen Lufthansa begrüße ich die in New York zugestiegenen Passagiere an Bord unseres Messerschmitt- Großraumflugzeugs Dürer auf seinem Linienflug Berlin – San Francisco, unsere Flugzeit wird nunmehr noch 2 Stunden betragen und wir werden in einer Höhe von 20km fliegen, sie können nun wieder rauchen wenn sie wollen, wir bitten sie aber weiterhin angeschnallt zu bleiben, danke.
Melville: Datum, warum nicht heute, also 24. April 1962, 9 Uhr vormittags.
Brecker: Zigarette?
Sundmann: Ich rauche nicht, danke.
Brecker: Fabelhaft, in zwei Stunden über einen Kontinent, in fünf Monaten zum Mars, deutsche Wertarbeit, darauf kann man stolz sein, Landsmann?
Sundmann: Schwede.
Brecker: Immerhin nordisch, sozusagen Rassenbruder.
Sundmann: Wenn Sie es so ausdrücken wollen.
Brecker: Fliegen Sie zum ersten Mal in die Pazifikzone?
Sundmann: Nein.
Brecker: Ich schon, geschäftlich unterwegs?
Sundmann: Ja.
Brecker: Welche Branche, wenn ich fragen darf.
Sundmann: Plastprodukte.
Brecker: Ach was, ich dachte wir haben das Monopol für Plaste, IG Farben.
Sundmann: Verkauft ab und zu Lizenzen, ans neutrale Schweden.
Brecker: So, ich bin Künstler, Bildhauer, ich habe gerade eine große Ausstellung in New York eröffnet, und jetzt habe ich eine in San Francisco, Kulturaustausch, Förderung von Freundschaft und Verständnis zwischen den Großmächten und so weiter, das Propagandaministerium bezahlt, Brecker, Axel Brecker.
Sundmann: Sundmann.
Brecker: Vielleicht kennen Sie meine Sachen, Monumentalplastiken, der Meldegänger oder der Geist des 9. November, in der Halle der Reichskanzlei, nein.
Sundmann: Moderne Kunst interessiert mich nicht, ich bin konservativ, Kubismus, Expressionismus.
Brecker: Lieber Herr Sundmann, ist entarted, chaotisch, plutokratisch, und vorbei, ein für allemal vorbei, gottseidank, denn was Herr Sundmann, soll die Kunst darstellen, das Ideal, nicht wahr, die ewigen Werte, Blut, Volk, Rasse.
Sundmann: Wenn Sie gestatten, Herr Brecker, ich möchte lesen.
Melville: Herr Brecker ist in jeder zeit immer nur Herr Brecker, aber Herr Sundmann sollte nicht nur Herr Sundmann sein.
Tagomi: Wer ist Herr Sundmann? Bedeutende Persönlichkeit, zweifelos, empfohlen von hoher Stelle, Tokyo, von zu hoher Stelle…
…
Tagomi: …Was immer geschieht, ist böse, dennoch hoffen und versuchen, warten, sehen, und warten, sehen, warten, sehen, warten, sehen.
Melville: Die Kulissen der Umwelt werden plötzlich weggezogen und Tagomi nimmt wahr, was dahinter ist, die Realität, Tagomi sieht, hört, riecht, fühlt eine unvorstellbar häßliche Silhouette kahler Wolkenkratzer, Autos über Autos, Menschen über Menschen, Schweiß, Gift, Aggression, Brutalität, entsetzliche Einsamkeit.
Tagomi: Wo bin ich, ist was, innere Wahrheit.
Melville: Tagomi hat seinen letzten Herzanfall, 25.April 1962, 7 Uhr 15, Cheyenne, mein alter ego, der alternative Abendsen tritt auf, nicht als deus exmachina, er weiß auch nicht wies weitergehen wird, aber er hat eine wirkliche Alternative beschrieben in seinem Buch, immerhin, mein Buch ist nicht viel, aber besser als nichts.
Julia Frink: Ihr Haus ist ein ganz normales Haus, Mr Abendsen, keine Festung.
Melville: Festung, ach der Klappentext und der arme Gag vom Verlag.
Frink: Haben Sie keine Angst, der SD will sie umbringen, ein Mörder war schon unterwegs zu Ihnen.
Melville: War? Was ist passiert?
Frink: Ich habe ihm die Kehle durchgeschnitten, glauben Sie mir nicht?
Melville: Doch, doch, ich glaube ihnen, Sherry?
Frink: Die andere Welt in Ihrem Buch, woher wissen Sie das alles, durch das Orakel.
Melville: Interessante Brosche, ein Talisman? Ja, durch das Orakel, Mrs. Frink, bei jeder Idee, jeder Figur, jeder Szene, bei allen Einzelheiten, habe ich das Iging gefragt, es hat Jahre gedauert.
Frink: Also hat das Orakel Ihr Buch geschrieben.
Melville: Das könnte man sagen, wissen sie, was das letzte Hexagram war, als das Manuskript fertig da lag, 61.
Frink: Jung fu, innere Wahrheit, das bedeutet, Ihr Buch ist wahr, Deutschland und Japan haben den Krieg verloren.
Melville: Vielleicht.
Frink: Sie müssen daran glauben, wenn es überhaupt so etwas wie Wahrheit gibt, dann ist sie im Buch.
Melville: Vielleicht, wollen sie daß ich Ihr Exemplar signiere?
Frink: Ich muß gehen.
Melville: Ich bring sie ans Tor.
Frink: Beim Schein der untergehenden Sonne schlagen die Menschen entweder auf den Topf und singen oder sie seufzen laut über das nahende alte.
Melville: Sie wissen, wer auf den Topf geschlagen und gesungen hat.
Frink: Nein.
Melville: Juan Tse, der chinesische Philosoph Juan Tse.
Frink: Der mit dem Schmetterling.
Melville: Sie kennen die Geschichte, wissen sie auch, daß sie kein Ende hat, ist er Tsuang Tse, der träumte, er sei ein Schmetterling oder ist er ein Schmetterling, der träumt, er sei Tuan Tse, der träumt er sei ein Schmetterling, der träumt er sei Tsuang Tse.
Frink: Und so weiter.
Melville: Alles ist dunkel, Julia, nichts ist wahr, was wir auch wählen, mit Sicherheit wissen wir nur eines, es ist die falsche Alternative, wohin gehen Sie?
Frink: Ich weiß nicht, vielleicht zu meinem Mann, ich habe vorhin versucht, ihn anzurufen, aber ich konnte ihn nicht erreichen.
Melville: Bitte, ich hab nicht…
Frink: Ich konnte ihn nicht erreichen.
Tagomi, Chef der japanischen Handelskommission: Aljoscha Sebald
Julia Frink: Katharina Lopinski
Frank Frink: Rüdiger Bahr
Joe Cinderella: Horst Sachtleben
Sundmann alias Oberst Hansen: Harald Leipnitz
Melville Abéndsen, Schriftsteller: Gert Günther Hoffmann
Mr. Childan: Siemen Rühaak (Antiquitätenhändler)
Graf Felix von Eckhart: Hans-Günter Martens
Bridageführer Blobel: Gerd Eichen
Yatabe alias Tedeki: Gerhard Becker
Axel Brecker, Bildhauer: Eric P. Caspar
Radiosprecher: Axel Wostry
Radiosprecher: Jürgen Jung
Miss Melikyan, Tagomis Sekretärin: Christine Merthan
Reinhard Heydrich: Wolf Goldan
Stewart: Gerhard Mohr
Lkw-Fahrer: Bernd Herberger
Charly: Kurt Goldstein
Matson, Boss der Eisengießerei: Christoph Lindert
Sekretär: Hans Peder Hermansen
Polizist: Michael Hoffmann
Telefonistin: Ute Mora
Michael Koser: Das Geheimnis von Craven-Hall (RIAS 1978) (nach Catherine Louisa Pirkis: The Murder of Troyte’s Hill)
Versetzen Sie sich nun im Geiste zurück, um ein gutes dreiviertel Jahrhundert, in die Zeit der Gasbeleuchtung und der Pferdedroschken und folgen sie mir in das Gerichtsgebäude einer kleinen englischen Stadt, wo gerade eine Totenschau abgehalten wird, ein Mord hat stattgefunden.
Richter: Und dann sahen Sie die Leiche.
Butler Hales: Jawohl euer Ehren, ich erblickte den dahingeschiedenen in seinem Blute liegen, inmitten dieser chaotischen Umgebung, es war abscheulich, wenn ich mir diesen starken Ausdruck gestatten darf.
Richter: So. Und was taten Sie dann?
Butler: Ich sagte oh!
Richter: Oh?
Butler: Jawohl euer Ehren, oh, ich erinnere mich genau.
Richter: Und dann?
Butler: Äh, dann dachte ich nach.
Richter: In der Tat. Und?
Butler: Ich äh ich dachte also nach, etwa 2 Minuten, würde ich sagen, dann kam ich zu der Überzeugung, dies sei ein Fall für die Polizei, daher beschloß ich mich nach Grenfell zu begeben und Wachtmeister Williams zu benachrichtigen.
Wachtmeister: Bei dem Toten handelt es sich um einen gewissen Alexander Henderson, allgemein bekannt als Old Sandy, 62 Jahre alt, Gärtner bei Mr. Craven auf Craven Hall, in dieser Eigenschaft bewohnte er eine Hütte im Park des besagten Mr. Craven, nicht weit vom Herrenhaus entfernt. Dort.
Richter: Dort fand ihn Mr. Cravens Butler, in leblosem Zustand, worüber er Sie informierte, das ist uns bereits bekannt, Wachtmeister, wir wollen von Ihnen wissen, ob Ihnen etwas besonders auffiel, als Sie die Leiche in Augenschein nahmen.
Wachtmeister: Gewiß euer Ehren, in dem Zimmer herrschte ein unglaubliches Durcheinander, ganz abgesehen von der Leiche, ein Tohuwabohu, gar nicht zu beschreiben.
Richter: Machen Sie uns die Freunde und versuchen Sie es trotzdem.
Wachtmeister: Ja euer Ehren, äh, das Bett war umgestürzt, desgleichen der Tisch und ein Stuhl, der zweite Stuhl stand auf dem Kleiderschrank, Laken und Bettdecke waren zusammengerollt und in den Kamin gestopft worden, Vasen und anderes Geschirr lagen in Scherben auf dem Fußboden, als ob eine Horde Affen gehaust hätte.
Dr. Johnson: Sofortiger Exitus war natürlich die Folge.
Richter: Natürlich, würde es Ihnen etwas ausmachen, Doktor Johnson, Ihre Aussage kurz zu wiederholen, wenn möglich so, daß sie auch für einen medizinischen Laien verständlich wird.
Dr.: Wie Sie wünschen, euer Ehren, ich möchte aber darauf hinweisen, daß laienhafte Formulierungen nicht gerade zur wissenschaftlichen Präzision beitragen.
Richter: Wir werden uns damit abfinden, Doktor, die Todesursache war also.
Dr.: Schlicht gesagt, ein Schlag auf den Schädel ausgeführt mit einem stumpfen Gegenstand und großer Körperkraft, die Lage des Toten auf dem Fußboden des Zimmers, direkt unter dem offenen Fenster, deutet darauf hin, daß er den Schlag erhielt, während er den Kopf aus dem Fenster steckte.
Richter: Interessant, und wann.
Dr.: Der Tod trat etwa 12 Stunden vor meiner Untersuchung ein, also zwischen 5 und 6 Uhr am frühen Morgen des 8. September 1901, darauf läßt auch die Tatsache schließen, daß der Tote lediglich mit einem Nachthemd aus himmelblauem Flanell bekleidet war.
Craven: Familienfaktotum könnte man sagen, treuer Diener, seit ich in Oxford war, als Student, wissen Sie, alte neue und vergleichende Philologie, damals fing ich an mit meinen Forschungen über die Ursprache der Menschheit, ich weiß nicht ob sie sich vorstellen können.
Richter: Gewiß Mr. Craven, äh hatte der Tote Ihres Wissens Feinde?
Craven: Feinde, wer?
Richter: Handerson natürlich.
Craven: Sandy, meinen Sie, Feinde, ganz bestimmt nicht, eine Seele von Mensch, allgemein beliebt.
Richter: Demnach glauben Sie nicht, daß der Täter in seinem Wirkungskreise zu suchen wäre.
Craven: Unsinn, völlig unmöglich, ein Landstreicher vielleicht oder ein Irrer.
Richter: Gestatten Sie mir zum Schluß dieser Totenschau einige notwendige Betrachtungen, der Fall liegt noch in den bewährten Händen der hiesigen Kriminalpolizei und ich bin sicher, daß Inspector Griffin, der die bisherigen Untersuchungen mit großer Umsicht geleitet hat, bald den Urheber dieser schändlichen Tat ermitteln und der gerechten Strafe zuführen wird, aber wie ich soeben erfahren habe, gedenkt der Polizeipräsident unserer Grafschaft einen Londoner Spezialisten hinzuziehen, angesichts gewisser angeblich merkwürdiger Umstände des Falles und angesichts der Tatsache, daß eine angesehene Familie wenn auch nur indirekt betroffen sei, wir halten dies, wir sagen es in aller Offenheit, für eine durchaus unnötige Maßnahme, ja noch mehr, für eine Verschwendung von Steuergeldern, denn kann wohl ein Zweifel daran bestehen, daß es sich beim Täter um einen Wahnsinnigen handelt, der durch eine Überprüfung der einschlägigen Anstalten in der Umgebung leicht zu ermitteln sein dürfte, für uns ergibt sich daraus wieder einmal die traurige Veranlassung, auf den gefährlichen Geist dieser unserer modernen Zeit, warnend hinzuweisen, auf die beklagenswerte Hektik des kaum begonnenen Jahrhunderts, die sich ausdrückt in Automobilen, Telefonen und weiß der Himmel noch was für entsetzlichen Erfindungen, auf die verfehlte Sucht nach neuem, die das bewährte alte verachten zu müssen glaubt, all dieses kann wie wir leider schon des öfteren festzustellen hatten, ungefestigte Charaktere in kriminellen Irrsinn stürzen, bedenken Sie dies meine Herren vom der Jury, wenn sie sich nunmehr zurückziehen um ihren Spruch zu beraten.
Inspektor Griffin: Mord durch eine oder mehrere unbekannte Personen, na das war zu erwarten, dann machen Sie mir mal eine Liste aller Sanatorien in der Grafschaft, damit wir sie in den nächsten Tagen abklappern können.
Wachtmeister: Schon dabei, Inspektor, was meinen sie, vielleicht haben wir den Burschen schon, bevor dieser Spezialist aus dem Zug steigt.
Inspektor: Ihr Wort in Gottes Ohr, Williams und in das des Herrn Polizeipräsidenten.
Gordon: Eine Dame möchte sie sprechen, Inspektor.
Inspektor: Eine Dame, Sie können gehen Williams, und Sie auch Gordon.
Miss Brooke: Inspektor Griffin?
Inspektor: Zu Ihren Diensten, Mam.
Brooke: Mein Name ist Brooke, Miss Loveday Brooke.
Inspektor: Erfreut, möchten Sie nicht Platz nehmen und vielleicht eine Tasse Tee?
Brooke: Danke aber zu einem Plauderstündchen bin ich eigentlich nicht gekommen, haben Sie mein Telegramm nicht erhalten?
Inspektor: Telegramm, was für ein Telegramm?
Brooke: Ich soll hier einen Fall lösen, mit dem Sie allein nicht fertig werden, den Mord an Alexander Henderson.
Inspektor: Moment mal, Brook. Brook ah, dann sind Sie ja der Spezialist aus London.
Brooke: Ich bin wie sie sehen die Spezialistin aus London, Sie dürfen den Mund wieder zumachen, Inspektor, haben Sie übrigens etwas dagegen wenn ich rauche.
Inspektor: Ja, ich meine natürlich nein, bitte entschuldigen Sie meine Verwirrung, ich habe natürlich keine Dame erwartet.
Brooke: Natürlich nicht, ein weiblicher Detektiv, der auch noch raucht, das ist ja wohl der Gipfel, die muß ein Mannweib sein, ein Blaustrumpf, eine Suffragette, wenn nicht noch schlimmeres, so nachdem ich Ihnen das Wort aus dem Munde genommen und das obligatorische Vorgeplänkel.
Inspektor: Aber ich bitte sie ganz und gar nicht.
Brooke: Sollten wir vielleicht mit der Arbeit anfangen, was bei der Totenschau ausgesagt wurde, können Sie voraussetzen, ich war da, klein und bescheiden, in der letzten Reihe, Sie haben mich sicher nicht gesehen.
Inspektor: Ich muß gestehen.
Brooke: Macht nichts, macht nichts, meinen Sie übrigens auch wie der in Ehren vergreiste Richter, daß der Täter ein Geisterkranker ist?
Inspektor: Ich weiß nicht so recht.
Brooke: Sehr schön, sehr schön, immer offen bleiben, das ist mein Motto, ein guter Detektiv geht ohne Vorurteil und vorgefaßte Meinung an seine Fälle, und Sie sind doch ein guter Detektiv.
Inspektor: Ich hoffe es.
Brooke: Ich auch, das würde unsere Zusammenarbeit nämlich sehr erleichtern, gut ans Werk Inspektor, äh zunächst will ich von Ihnen nichts weiter als ein paar Informationen, also erzählen Sie mir was von den Cravens auf Craven Hall.
Inspektor: Ja, aber, aber Sie glauben doch nicht.
Brooke: Ich glaube gar nichts, Inspektor, bitte.
Inspektor: Ja, die Cravens, immer noch eine der angesehensten Familien in der Grafschaft, heutzutage allerdings wie soll ich sagen, ein bißchen heruntergekommen, Craven Hall soll stark verschuldet sein, Mr. Craven senior haben Sie ja wohl bei der Totenschau erlebt, ein Gelehrter, zerstreut, weltfremd, schreibt seit Jahrzehnten an einem großen Werk über die Urlaute der Menschheit oder so ähnlich und interessiert sich für nichts anderes, Witwer, hat 2 Kinder, Cilia 18 und Walter 20.
Brooke: Warum sind die beiden nicht bei der Totenschau vernommen worden?
Inspektor: Ganz einfach, Cilia ist in Liverpool bei Bekannten.
Brooke: So, wann abgereist?
Inspektor: Am 7. September, einen Tag vor dem Mord, abends, in einem gemieteten Automobil, wir haben nachgefragt, routinemäßig, und der Chauffeur hat es bestätigt.
Brooke: Damit hätte Miss Craven ein Alibi.
Inspektor: Nicht, daß sie es brauchte, Cilia hätte nie die Kraft gehabt, Sandy den Schädel einzuschlagen, sie ist ein nettes Mädchen, hat so gar nichts von diesen modernen jungen Frauen die auf Tennisplätzen herumflirten und die Straßen mit dem Velociped unsicher machen.
Brooke: Danke sehr.
Inspektor: Ai, das war natürlich nicht persönlich gemeint.
Brooke: Geschenkt. Inspektor, geschenkt, weiter, Walter Craven.
Inspektor: Krank, Gelbsucht, er liegt isoliert von der Außenwelt in einem Seitenflügel von Craven Hall.
Brooke: Seit wann?
Inspektor: Warten Sie mal, ja, seit dem 7. September.
Brooke: Die Tochter verreist, der Sohn wird krank, genau zur gleichen Zeit, merkwürdig, finden Sie nicht.
Inspektor: Merkwürdig, reiner Zufall.
Brooke: Glauben Sie wirklich, woher wollen Sie wissen, daß Walter den kranken nicht nur spielt.
Inspektor: Auch wenn wir hier nicht bei Scotland Yard sind, so leicht lassen wir uns nicht an der Nase herumführen, Mr. Craven Junior hat ein ordnungsgemäßes ärztliches Attest vorgelegt, als er zur Totenschau bestellt wurde.
Brooke: Wer hat das Attest unterschrieben, der Hausarzt?
Inspektor: Ja, das nehm ich doch an.
Brooke: Aber sie wissen es nicht genau.
Inspektor: Nein.
Brooke: Dann prüfen sie es bitte nach.
Inspektor: Wenn sie unbedingt wollen.
Brooke: Ja, die Sache ist wichtig, es geht immerhin um Walter Craven Alibi.
Inspektor: Ach das Alibi, das steht sowieso fest. Jonny Hales, der Butler, ist bereit zu beschwören, daß in der fraglichen Nacht weder Walter noch sonst jemand Craven Hall verlassen hat.
Brooke: So, und woher weiß er das so genau?
Inspektor: Hales hat sein Zimmer direkt neben der Tür, die Scharniere quietschen entsetzlich, dazu kommt, daß der alte Hales wie so oft wegen seines Rheumas die ganze Nacht wachblieb, also niemand konnte in der Mordnacht aus dem Haus gehen ohne daß der Butler es hörte.
Brooke: Nicht schlecht soweit, aber eines haben Sie vergessen, oder einen, Hales selbst.
Inspektor: Kaum, würde er dann wohl allen anderem im Haus ein Alibi geben?
Brooke: Da könnten Sie recht haben, gut, legen wir Mr. Hales und das Problem der Alibis erst mal aufs Eis, fragen wir nach den Motiven, wer hätte einen Grund haben können, Sandy Henderson umzubringen? Hales?
Inspektor: Tja, soviel ich weiß kamen die beiden nicht gerade gut miteinander aus, nach Hales lag Sandy den ganzen Tag faul auf seinem Bett herum, ließ den Park verwildern und bekam dafür von Mr. Craven einen höheren Lohn als der Butler.
Brooke: Interessant wenns stimmt, aber kaum ein Mordmotiv, die übrige Dienerschaft
Inspektor: Nur noch Köchin und Zimmermädchen, und die kommen nicht in Frage, nicht kräftig genug.
Brooke: Akzeptiert, und was ist mit Craven senior?
Inspektor: Nix. Im Gegenteil. Mr. Craven hing sehr an Sandy, obwohl der unter uns gesagt ein alter Streithammel war, auch wenn er an allen Ecken und Enden gespart werden mußte, für Sandy Lohn war immer genug da.
Brooke: Und wenn man Hales glauben kann, war Sandys Lohn nicht gerade winzig, dann fehlt uns also nur noch ein Motiv für Walter Craven, den so plötzlich erkranken.
Inspektor: Der hat seine eigenen Probleme, die mit Sandy nichts zu tun haben. Walter ist sozusagen der begehrteste junge Mann in Grenfell und Umgebung, alle unseren würdigen Geldverleiher sind hinter ihm her, wie der Teufel hinter der armen Seele, er hat so viel Schulden, daß ich nicht weiß wie er da jemals wieder rauskommen will, das Familiensilber hat er schon versetzt.
Brooke: Und zurzeit liegt er krank danieder, unerreichbar für seine Gläubiger, äußerst praktisch, wie gehts jetzt weiter, ihr Polizeipräsident sagte etwas von einer Stelle bei Craven, von einer Möglichkeit ins Haus zu kommen.
Inspektor: Richtig, Craven sucht für seine wissenschaftlichen Arbeiten einen Sekretär, eine Guinee pro Monat bei freier Station.
Brooke: Sehr verlockend.
Inspektor: Vielleicht kann ich ihn von den Qualitäten einer Sekretärin überzeugen.
Brooke: Tun sie das Inspektor, ich logiere im Ochsenkopf, wenn mit Craven alles klar geht, treffen wir uns morgen vormittag sagen wir um 10 und sie begleiten mich dann nach Craven Hall, einverstanden.
Inspektor: Ein gewöhnlicher Räuber wars mit Sicherheit nicht, Sandys Sparbuch und 200 Pfund in Bar lagen unberührt in seinem Schrank, also vielleicht doch ein irrer, dieses verwüstete Zimmer, das kann doch kein normaler Mensch gewesen sein.
Brooke: Aber Inspektor, immer schon offen bleiben, denken sie dran, es gibt mindestens noch 2 andere Möglichkeiten.
Inspektor: Und die wären?
Brooke: 1. der Mörder will uns täuschen, will uns glauben machen, Sandy sei von einem Wahnsinnigen erschlagen worden, 2. der Mörder hat etwas bestimmtes gesucht und wollte alle Spuren seiner Suche beseitigen.
Inspektor: Und das, verehrte Kollegin, ist Craven Hall.
Brooke: Aha, von weitem ganz hübsch, frühes 17 Jahrhundert nehm ich an.
Inspektor: Kann sein ich versteh nicht davon, die franzosischen Fenster rechts von der Tür, das ist das Arbeitszimmer von Mr. Craven.
Brooke: Und Walters Krankenlager?
Inspektor: Irgendwo im linken Seitenflügel im 2. Stock glaub ich.
Brooke: Da wir gerade von Walter reden, haben Sie sich um sein Attest gekümmert.
Inspektor: Hätte ich fast vergessen, das Attest ist von Dr. Waters in Grenfell ausgestellt worden.
Brooke: Und?
Inspektor: Dr. Waters ist zwar etwas kurzsichtig, und nicht mehr der jüngste, aber er würde nie ein Gefälligkeitsattest unterschreiben, auch nicht für die Cravens.
Brooke: Das rote Dach da über den Büschen, das gehört wohl zu Sandy Hütte.
Inspektor: Richtig, wir sind da.
Brooke: Dann liefern sie mal die neue Sekretärin ab, wir sehen uns wie besprochen um 5 in ihrem Büro.
Hales: Inspektor.
Inspektor: Tag Hales, ich bringe ihnen Mr. Cravens neue Sekretärin, Miss Brooke, er weiß Bescheid.
Hales: Miss äh bitte folgen sie mir.
Brooke: Einen Moment noch, ein Wort im Vertrauen, Inspektor.
Inspektor: Ja?
Brooke: Fragen sie ihn, ob er in der Mordnacht, als er nicht schlafen konnte, irgend ein ungewöhnliches Geräusch gehört hat, leben sie wohl Inspektor, und vielen Dank für ihre Mühe.
Inspektor: Nicht der Rede wert, Miss, ach Hales?
Hales: Sir?
Inspektor: In der Nacht, in der Sandy umgebracht wurde.
Hales: Ja Sir.
Inspektor: Haben sie da irgendetwas Ungewöhnliches gehört?
Hales: Ungewöhnlich Sir?
Inspektor: Ja ein auffälliges Geräusch, ein Geräusch das man normalerweise sonst nicht hört.
Hales: Ah ich verstehe, Sir, ich glaube nicht, Sir, falls man nicht die Tatsache, daß Kapitän geheut hat, für ungewöhnlich halten wollte.
Inspektor: Käptain?
Hales: Mr. Cravens irischer Setter, Sir.
Inspektor: Ah ja, wann war das?
Hales: Wenn ich mich recht erinnere, Sir, gegen 5 Uhr morgens, das war übrigens wenn ich das hinzufügen darf, das letzte mal, das Cäptain sich vernehmen ließ, seit dem ist er verschwunden.
Inspektor: Was sie nicht sagen.
Brooke: Der kuriosen Zwischenfall mit dem Hund in der Nacht, elementar mein lieber Inspektor.
Inspektor: Wie meinen.
Brooke: Oh nichts von Bedeutung, walten Sie ihres Amtes, Hales.
Hales: Sehr wohl, Miss, wie ich bereits bemerkte, folgen Sie mir.
Brooke: Eine schlimme Sache, der Mord an Ihrem Gärtner, Hales.
Hales: So ist es, Miss, Ihr Zimmer, Miss, ein Dichterzimmer von Miss Celia, die sich zur Zeit in Liverpool aufhält, oh, oh ich muß um Entschuldigung bitten, Miss, wie ich bemerke ist noch nicht aufgeräumt, ich werde ihnen sogleich das Mädchen schicken.
Brooke: Lassen Sie nur, Hales, das mache ich schon selbst.
Hales: Wie es Ihnen beliebt Miss, Abendessen um 7 Uhr, pünktlich, Mr. Craven wünscht Ihre Anwesenheit, bis dahin muß ich sie sich selbst überlasen.
Inspektor: Zucker, Miss Brooke?
Brooke: Danke Inspektor.
Inspektor: Nein. Keine Sahne, danke.
Brooke: Ist Celia Craven blond?
Inspektor: Was, ja ich glaub schon, warum?
Brooke: Weil ich das hier auf dem Fußboden ihres Zimmers gefunden habe.
Inspektor: Aha. Eine Haarsträhne, blond, na und?
Brooke: Diese Strähne, lieber Inspektor ist gut 40 cm lang, so was schneidet sich ein Mädchen nicht aus Spaß ab oder durch Zufall.
Inspektor: Aber ich versteh nicht. Was schließen sie daraus?
Brooke: Vorläufig noch gar nichts, dazu müßte ich erst mehr über Walter Cravens Krankheit wissen.
Inspektor: Aber was hat denn das damit zu tun, und was wollen sie dauernd mit Walter, sie sind auf der falschen Fährte, Miss Brooke, glauben sie mir, was sie tun sollten.
Brooke: Was ich tun sollte, überlassen sie bitte ganz und gar mir, Inspektor, übrigens habe ich nicht nur diese Haarsträhne gefunden.
Inspektor: So, was denn noch?
Brooke: Einen toten Hund, genauer gesagt einen irischen Setter, dem jemand den Schädel eingeschlagen hat mit einem stumpfen Gegenstand.
Inspektor: Mr. Cravens Kaptain.
Brooke: Ohne Zweifel, er lag oberflächlich vergraben unter einem Gebüsch im Park, knapp 5 Meter von Sandys Hütte entfernt, wenn ich meiner Nase trauen kann, war er schon etwa 1 Woche tot, das heißt.
Inspektor: Das heißt, daß er wahrscheinlich in der Nacht vom 7 auf 8 September totgeschlagen wurde.
Brooke: Gegen 5 Uhr als Hales sein Todesheulen hörte und da nach Dr. Johnson Aussage Henderson in eben dieser Nacht auf eben diese Weise umgebracht wurde und zwar zwischen 5 und 6.
Inspektor: Läßt sich zwischen beiden Ereignissen ein Zusammenhang vermuten.
Brooke: Sehr gut Inspektor, die Frage ist nur, was für ein Zusammenhang.
Inspektor: Ja, ja, äh das ist wie sie so richtig sagen die Frage, vielleicht hat der Hund den Mörder gestellt?
Brooke: Könnte sein, nur war Captain leider uralt, zahnlos, halb blind und so gut wie taub, ich habe mich informiert, Fakten, Inspektor, Fakten, darauf kommt es an, Regel 2 des guten Detektivs, eine Tatsache ist mehr wert als 1000 Vermutungen, und deshalb sollten wir heute mit dem spekulieren aufhören.
Inspektor: Wüßte nicht, was ich lieber täte.
Brooke: Freuen sie sich nicht zu früh, Inspektor, Fortsetzung folgt bald, allerdings wohl besser nicht hier, man könnte sich fragen, was ich ständig in Grenfell und speziell ihrem Büro zu suchen habe.
Inspektor: Daran habe ich auch schon gedacht und mir was überlegt, was halten sie davon, um die Mittagszeit kommt der Briefträger mit der Post nach Craven Hall, ein zuverlässiger Mensch, tut der Polizei gern mal einen Gefallen, wenn sie mir was mitteilen wollen, schreiben sie es auf und geben sie es ihm mit, heimlich, ich mach es genauso, noch eine Tasse Tee?
Brooke: Ja gern.
Butler: Wünschen Sie noch Gemüse, Miss?
Brooke: Danke Hales.
Craven: Essen sie nur, Miss äh.
Brooke: Brooke, Loveday Brooke.
Craven: Essen sie doch, Miss Brooke, essen sie tüchtig das stärkt die kleinen grauen Zellen, und die brauchen wir, die brauchen wir bald, wenn wir anfangen gemeinsam an meinem großen Werk zu arbeiten, sie wissen doch worum es geht, oder, habe ich sie schon gefragt, welche Sprachen sie beherrschen, das ist wichtig, Miss äh Brooke, äußerst wichtig. Je mehr desto besser, desto besser, nicht wahr.
Brooke: Ich spreche außer englisch natürlich.
Craven: Natürlich. Natürlich.
Brooke: Französisch, italienisch, deutsch, verstehe spanisch, latein, altgriechisch, ach ja und ein bißchen hebräisch.
Craven: Und, und? Das ist alles? Miss Brooke, kein Sanskrit, Miss äh, die erhabene Sprache der alten Inder, wirklich nicht, chinesisch, gotisch, isländisch, kein bißchen, kein ganz kleines bißchen.
Brooke: Leider nein, Mr. Craven.
Craven: Ein Jammer, ja was machen wir denn da, sie können abräumen, Hales.
Butler: Sehr wohl, Sir.
Craven: Das gewaltige Werk Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Ms Brooke danke, das gewaltige Werk, die Krönung meines wissenschaft-lichen Strebens und Lebens verlangt nun einmal die Kenntnis aller wichtigen Idiome der Menschheit, die Urlaute, Miss Brook, die Ursprache, ist ihnen eigentlich klar, welch gigantischer Aufgabe ich mir gestellt habe, wissen sie in welcher Sprache Adam und Eva im Paradies miteinander konversierten, sie wissen es nicht, niemand weiß es, nur ich, ich weiß es oder ich werde es sehr bald wissen, denn die Urlaute, glauben sies mir, sind nicht verschwunden, sie stecken in jeder Sprache überall, man muß sie nur finden und erkennen, und wenn ich sie gefunden und erkannt habe, dann werden sie es alle bereuen, daß sie mich ausgelacht haben, alle, die eingebildeten Professoren und Doktoren, sie werden meinen Namen mit Ehrfurcht nennen, sie werden mein Werk bewundern, und es wird Jahrhunderte überdauern.
Butler: Sir?
Craven: Jawohl die Jahrhunderte.
Butler: Sir.
Craven: Was? Was, was gibts Hales?
Butler: Vielleicht möchten sie einen Blick in die Zeitung werfen Sir, die Liverpool News von heute.
Craven: Gut gut, geben sie doch her, Hales.
Butler: Bitte Sir ich erlaube mir ihre besondere Aufmerksamkeit auf diesen Artikel hier zu lenken.
Craven: Wieso, was, achso, in den Morgenstunden des gestrigen Tages haben sich eine große Menschenmenge am Pier A, um der Abfahrt der Edinburg Castle beizuwohnen, unter den Passagieren der Jungfernfahrt nach New York.
Butler: Sir?
Craven: Ja, ja verstehe, Hales, wer ist die junge Dame hier am Tisch, sie kommt mir irgendwie bekannt vor.
Butler: Miss Brooke Sir, Ihre neue Sekretärin.
Craven: Ach, wirklich, ja richtig, ich erinnere mich. Miss Brooke.
Brooke: Ja, Mr. Craven?
Craven: Heute brauche ich sie nicht mehr, bin nicht in der rechten Stimmung zur Arbeit, aber morgen abend nach dem essen da stellen sie sich bitte in meinem Arbeitszimmer ein, bereiten sie sich geistig darauf vor, daß ich ihnen das Vorwort meines großen Werkes diktieren werde, Sie dürfen sich zurückziehen, Miss äh.
Brooke: Brooke, Mister Craven.
Brooke: Dies, lieber Inspektor, ließ mir wie sie sich denken können, hinreichend Zeit, meinen eigentlichen Pflichten in Craven Hall nachzugehen, und wenn ich auch bislang noch nicht in die Geheimnise der Urlaute eindringen konnte, so ist es mir doch gelungen, eines der Geheimnisse von Craven Hall aufzudecken, wovon ich ihnen durch den getreuen Postboten hiermit sogleich Mitteilung mache, ich meine die mysteriöse Krankheit des jungen Mr. Walter, der ich wie Sie sich erinnern werden, von Anfang an mit gewissen zweifeln gegenüberstand, es wird sie interessieren zu hören, daß meine Zweifel sich als durchaus begründet erwiesen haben, heute vormittag war ich nämlich in einem unbewachten Augenblick so glücklich das sog. Krankenzimmer im Seitenflügel in Augenschein zu nehmen obwohl ich lediglich einen kurzen Blick auf das darin aufgestellte Bett werfen konnte, die Köchin hatte ihren Posten an der Tür nur für wenige Sekunden verlassen, blieb meiner geschulten Beobachtungsgabe keine wichtige Einzelheit verborgen, im Bett lag kein junger Mann sondern ein etwa 18 jähriges Mädchen mit gelbgeschminkten Gesicht und kurzgeschnittenen blonden Haaren, die Schlußfolgerungen, welche daraus zu ziehen sind, kann ich wohl getrost ihnen überlassen, in diesem Zusammenhang noch ein Hinweis, beschaffen sie sich die Passagierliste der Edinburg Castle, die vorgestern von Liverpool nach New York abgesegelt ist, es sollte mich nicht im mindesten wundern, wenn sie darin einen bekannten Namen fänden, doch nun zu wichtigerem, ich weiß, wer Hendersen erschlagen hat, nur eine Person kommt in Frage, alle übrigen sind aus einer Vielzahl von Gründen, die auch ihnen inzwischen klar sein müßten, eliminiert, letzte Gewißheit vor allem was das Motiv betrifft, hoffe mir ich noch am heutigen Tage zu verschaffen, dabei könnte ihre Hilfe unter Umständen von einigem nutzen für mich sein, stellen sie sich daher bei Anbruch der Dunkelheit hier ein, am besten mit einer kleinen polizeilichen Heeresmacht und verbergen sie sich im Park, behalten sie vor allem die französischen Fenster des Arbeitszimmers im Auge, sobald sie dort direkt hinter den Scheiben eine grüne Lampe aufleuchten sehen ist es angezeigt, daß sie mit gewisser Dringlichkeit das Zimmer betreten, ich verlasse mich auf Sie, wenn ich auch hoffe, daß der Fall durch die Kraft des Geistes allein und ohne rohe Gewalt gelöst werden kann, Ihre ergebene Loveday Brooke.
Craven: Was machen Sie denn da?
Brooke: Oh oh, Sie haben mich erschreckt, Mr. Craven, ich bereite unsere Arbeit vor, hier, sehen sie.
Craven: Was haben Sie in meinen Privatpapieren zu suchen, Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Ich mag das nicht, man könnte fast glauben, sie seien an meinen kleinen Geheimnissen interessiert, Leute, die meine kleinen Geheimnisse kennen, mag ich nicht, lassen Sie sich das gesagt sein.
Brooke: Ja, Mr. Craven, verzeihen Sie.
Craven: Wo waren wir stehengeblieben.
Brooke: Sofort, für das Problem der Reduzierung menschlicher Sprache auf die sechs Urlaute ist die Frage nach den emotionalen Grundsituationen von entscheidender Bedeutung, daß Schmerz, Leid, Lust, Freude, Mangel und Befriedigung ihren jeweiligen sprachlichen oder doch stimmlichen Ausdruck besitzen, davon darf ausgegangen werden, wenn auch experimentelle Bestätigung, soweit hatten sie diktiert, Mr. Craven.
Craven: Experimentelle Bestätigung, experimentelle Bestätigung, das ist es, das a und o, der letzte Beweis, auch die vergleichende Philologie ist eine exakte Wissenschaft und bedarf des Experiments, aber wie vorgehen, ja wie vorgehen?
Brooke: Tierversuche, haben sie schon daran gedacht, Mr. Craven, das wäre doch meiner bescheidenen Meinung nach ein guter Anfang, die Urlaute zu bestimmen.
Craven: Was, was war das Miss, Tierversuche, äußerst interessant, Sie sagen da etwas, woran ich selbst schon oft gedacht habe, wenn wie der selige Mr. Darwin uns glaubwürdig versichert, wir Menschen von Tieren abstammen, dann läßt sich erwarten, daß die Urlaute im Tierreich gewissermaßen vorgebildet sind. Angenommen, man fügt einem Tier Schmerzen zu, einem Affen oder einem.
Brooke: Oder man töten, da man einen Affen doch wohl nur selten zur Hand hat, zum Beispiel einen Hund.
Craven: Aha, Hund, glauben sie ja nicht Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Glauben Sie ja nicht, daß Sie als erste auf diese geniale Idee gekommen sind, nein, nein, Miss Brooke, ganz und gar nicht, ich Miss Brooke, jawohl ich habe.
Brooke: Sie wollen doch damit nicht andeuten, daß sie ein solches Experiment bereits durchgeführt haben, Respekt, Mr. Craven.
Craven: Ja, ja.
Brooke: Der arme Kapitän.
Craven: Gewiß, gewiß, aber die Wissenschaft verlangt Opfer.
Brooke: Der Mond schien hell, nicht wahr Mr. Craven, und Sie waren da draußen im Park, allein mit Captain, allein mit in ihrem großen Experiment, womit haben sie ihn erschlagen, Mr. Craven, mit einem Stück Holz?
Craven: Ich bitte Sie, das wäre eine höchst unwissenschaftliche Methode gewesen Miss Brooke, nein, nein, sehr sauber, sehr ordentlich, mit meinem Hammer, meinem Geologenhammer, hier, Miss äh, keine Angst, ich hab ihn danach sorgfältig abgewaschen.
Brooke: Und wie hat Captain reagiert, waren sie zufrieden?
Craven: Ja, wie mans nimmt, wie mans nimmt, bevor er starb hat er sehr schön geheult, sehr laut, sehr urtümlich, aber ich weiß immer noch nicht, wie ich diesen Laut in Buchstaben fassen soll, die Umsetzung, Miss äh, die Umsetzungen des stimmlichen ins schriftliche, ein großes Problem.
Brooke: Der Mond schien noch immer, und sie standen an der Gärtnerhütte, den Hammer in der Hand, und da ging ganz plötzlich das Fenster auf.
Craven: Pst, niemand darf davon wissen, das ist ein Geheimnis, so, jetzt kann uns keiner belauschen.
Brooke: Lassen sie doch die Vorhänge, Mr. Craven, wer soll uns schon vom Park aus beobachten?
Craven: Wer? Aber das wissen sie doch, er natürlich, nachts schleicht er draußen herum, und er grinst, und flüstert, ich weiß bescheid, Herr, ich kenne ihr Geheimnis.
Brooke: Und damals in der Nacht stand er plötzlich am Fenster.
Craven: Ja, ja, das tat er, er beugte sich vor und sah mich an, und ich dachte, blitzschnell dachte ich daran, daß er mein Geheimnis kannte, seit vielen, vielen Jahren, und daß ich ihn dafür bezahlen mußte, immer wieder und immer mehr, und dann dachte ich auf einmal an etwas ganz anderes, an mein Experiment, und daß ist meine Forschungen weit, sehr weit voranbringen könnte, wenn ich den Todeslaut eines Menschen, kein Hund, kein Tier, ein richtiger Mensch, und dann und dann.
Brooke: Dann haben Sie zugeschlagen.
Craven: Ja, ich hab zugeschlagen und Sandy fiel um, zurück in sein Zimmer, stumm, stumm, stellen sie sich vor, kein Wort, kein Laut, gar nichts, er fiel einfach um, das war alles, ich war maßlos enttäuscht, und traurig, ja traurig, als ich im Zimmer nach meinem Geheimnis suchte und alles durcheinander brachte, damit sie am nächsten Tag etwas zu raten hatten, da mußte ich immer daran denken, daß es eigentlich umsonst gewesen war, ganz umsonst, ja aber dann fiel mir etwas ein, ich konnte das Experiment ja jederzeit wiederholen, bei günstiger Gelegenheit natürlich, verstehen sie Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Meinen sie nicht auch, daß der Todesschrei einer Frau sehr viel elementarer sein müßte, als der eines Mannes, vom Hunde ganz zu schweigen.
Brooke: Mr. Craven.
Craven: Bleiben Sie stehen, was wollen Sie mit der Lampe am Fenster, Sie sind doch Wissenschaftlerin, Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Warum sträuben Sie sich so, denken sie an mein großes Werk.
Inspektor: Hände hoch, legen Sie den Revolver weg, Mr. Craven, Williams, die Handschellen, gehen sie zur Seite, Miss, alles in Ordnung, Miss Brooke.
Brooke: Keine Sorge Inspektor, Achtung.
Wachtmeister: Wir haben ihn Sir, für sein Alter ziemlich kräftig.
Craven: Hier wäre wohl ein Urlaut tiefsten Schmerzes angebracht, wenn ich nur wüßte wie.
Inspektor: Dieses Experiment mit den Urlauten, das ist ja wohl das merkwürdigste Mordmotiv, das mir jemals untergekommen ist.
Brooke: Ziemlich kurios, sogar für eine Spezialistin aus London, Cravens zweites Motiv, oder sein erstes, wie sie wollen, ist dafür um so gewöhnlicher, schlichte Erpressung, darauf hätten Sie übrigens schon längst kommen können, Inspektor, der übertrieben hohe Lohn, den Craven Sandy zahlte, ist ein deutlicher Hinweis, dem hätten Sie nachgehen sollen.
Inspektor: So, hätte ich, aber wer konnte wir denn bei einem Mann wie Mr. Craven darauf kommen, daß er was zu verbergen hatte, da wir gerade dabei sind, was hatte er zu verbergen?
Brooke: Hier, das hab ich vor der großen Auseinandersetzung in seinem Schreibtisch gefunden, unten den Privatpapieren, Cravens Geheimnis, hier bitte sehr, sie brauchen es wahrscheinlich für die Verhandlung.
Inspektor: Eine amerikanische Heiratsurkunde: Archibal Craven, Irma Labell, New York 1866, das war’s also, Bigamie.
Brooke: Ein überseeisches Abenteuer in seiner Jugendmaienblüte von dem niemand wußte nur der treue Diener Sandy Henderson, dann kam Craven zurück, wurde solide, heiratete, zeugte Kinder, lebte in ständigen Ängsten vor einem Skandal.
Inspektor: Und zahlte und zahlte, bis er sich mit einem Schlag von seinem Quälgeist befreite, die Urkunde, das war es doch sicher, was Craven in Sandys Zimmer gesucht hatte.
Brooke: Natürlich, und dabei hat er das Chaos angerichtet, das sie verwirren und auf eine falsche Fährte locken sollte.
Inspektor: Aber eigentlich haben wir doch von Anfang an recht gehabt, es war tatsächlich ein Irrer.
Brooke: Sicher Craven ist geisteskrank, kein Zweifel, aber daß sie ihn ohne meine Hilfe überführt oder auch nur verdächtig hätten, wage ich zu bestreiten.
Inspektor: Ja, wie auch immer, und jetzt muß ich ihnen noch eine dumme Frage stellen, ich hätte es gern gelassen, aber dazu bin ich ehrlich gesagt zu neugierig, wie sind sie überhaupt auf Mr. Craven gekommen und dann die Sache mit Walter.
Brooke: Langsam, langsam Inspektor, eins nach dem anderen, zunächst einmal, es gab durchaus Hinweise auf Craven, Sandys hoher Lohn zum Beispiel oder auch der Tod des Hundes, der mich auf das andere Motiv brachte, aber das entscheidende war, daß ich alle übrigen Personen die für die Tat in frage kamen, eliminiert konnte.
Inspektor: Das hatten sie mir schon vor der Festnahme geschrieben, aber ich verstehe immer noch nicht.
Brooke: Fangen wir mit Walter Craven an, der ohne es zu wollen alles getan hat, um unsere Arbeit zu erschweren und das nur weil er sich gerade am 7. September gedrängt fühlte, Craven Hall, England und vor allem seine Gläubiger für immer zu verlassen, damit letztere Herrschaften dabei nicht störend eingriffen, führte die Familie unterstützt von der Dienerschaft eine kleine Komödie auf, in Frauenkleidern und verschleiert, reiste der verlorene Sohn nach Liverpool, während seine Schwester sich die Haare abschnitt, das Gesicht gelb anmalte und den halbblinden Dr. Walters zu sich bestellte, der dann auch nichts ahnend, dem angeblichen Walter Cravan eine Gelbsucht bescheinigte, ich vermute, daß sie sich sehr ähnlich sehen.
Inspektor: Celia und Walter, aber ja, fast wie Zwillinge.
Brooke: Nach der glücklichen Ankunft Walters in Amerika hätte Celia vermutlich ihre Rolle aufgegeben.
Inspektor: Woher wußten Sie übrigens, daß Walter auf der Edinburg Castle zu finden war?
Brooke: Um ehrlich zu sein, das war eher ein Zufall, ein paar Bemerkungen, zwischen Craven Senior und Hales, die nicht für mich bestimmt waren, damit hatte Walter ein Alibi, als Sandy umgebracht wurde, war er in Liverpool, gut 50 Meilen von Craven Hall im Hotel, das haben Sie doch überprüft.
Inspektor: Ja das Alibi steht, Walter war also aus dem Rennen und Celia.
Brooke: Celia auch, aus dem einfachen Grunde, daß sie für den tödlichen Hieb zu schwach war, dasselbe trifft auf Köchin und Zimmermädchen zu.
Inspektor: Blieb nur noch Mr. Craven Senior und Hales.
Brooke: Hales kam von Anfang an nicht in Frage, ein korrekter Butler wie er, der seinen Beruf ernst nimmt, wäre absolut außerstande gewesen Sandys Zimmer in einer derartigen Unordnung zu hinterlassen, ist eine psychologische Unmöglichkeit.
Inspektor: So Fakten, Miss Brooke, Fakten, ein guter Detektiv.
Brooke: Geht mit der Zeit, irgendwann einmal wird es sich hoffentlich bis zur Polizei von Grenfell herumsprechen, daß es sich bei der Psychologie um eine durchaus ernstzunehmende Wissenschaft handelt, schon mal was von Lombroso gehört, Inspektor?
Inspektor: Apropos Hales, er hat doch ausgesagt, daß niemand, also auch nicht Mr. Craven, in der bewußten Nacht Craven Hall verlassen haben kann.
Brooke: Durch die Tür, Inspektor, wohlgemerkt, durch die Tür, und das trifft auch zu, aber es gibt auch noch eine andere Möglichkeit, die großen französischen Fenster im Arbeitszimmer, die bis auf den Fußboden gehen, leicht zu öffnen, leicht zu schließen, wenn man nicht wie es sie es vorzieht, direkt durch die Scheiben zu spazieren.
Schaffner: Grenfell, der Schottland Express von Glasgow über…
Inspektor: Soll ich ihnen nicht Ihre Taschen.
Brooke: Danke, danke Inspektor das kann ich selbst, alles klar Inspektor, oder haben Sie noch Fragen?
Inspektor: Keine Fragen mehr, aber gratulieren sollte ich ihnen wohl noch zu ihrem Erfolg.
Brooke: Aber Inspektor, ich bin gerührt.
Inspektor: Der allerdings fast ein bißchen zu schlagend ausgefallen wäre, wenn wir gestern abend nur 5 Sekunden später gekommen wären, gäbe es heute keine Spezialistin aus London mehr, zu meinem Leidwesen, muß ich sagen.
Schaffner: Einsteigen, Türen schließen, Abfahrt.
Brooke: Wenn sie 5 Sekunden später gekommen wären, Inspektor hätte ich Gelegenheit gehabt, ihnen etwas vorzuführen, was sie vermutlich noch nicht kennen, einen fernöstlichen Verteidigungsport namens Jiu-Jitsu, aber trotzdem vielen Dank.
Inspektor: Jiu was, gute Fahrt Kollegin.
Brooke: Danke und wenn sie wieder mal einen Fall haben, der ihnen Schwierigkeiten macht, schicken Sie mir einfach ein Telegramm: Loveday Brooke, London, Scotland Yard, das genügt.
Loveday Brooke: Uta Hallant
Inspektor Griffin: Peter Schiff
Richter: Friedrich W. Bauschulte
Craven Sr.: Henning Schlüter
Sein Butler John Hales: Erich Fiedler
Herbert von Boxberger u.a.
Regie: Robert Matejka
Michael Koser: Ping-Pong zur Ming-Zeit (Erotische Erzählung aus dem alten China) (RIAS 1977)
Kennen Sie Kung Fu? Kennen Sie Mao Tse Tung? Aber kennen Sie auch Ming Ping Pong?
Ming Ping Pong ist kurz gesagt nichts anderes als eine Abkürzung bzw. Kurzfassung des Titels dieser unserer Sendung, welcher in voller Länge lautet wie folgt:
Ping-Pong zur Ming-Zeit – Erotische Erzählungen aus dem alten China
Das Manuskript schrieb Michael Koser
Aber was, werden Sie nun fragen ist Ping Pong zur Mingzeit. Eigentlich um ganz ehrlich zu sein, nur der etwas reißerische Titel für eine Sendung über einen wichtigen Abschnitt der chinesischen Literaturgeschichte, mit Körperkultur oder gar Leistungssport hat unser Thema höchstens im übertragenen Sinne zu tun… Steht und fällt mit dem Text, dem Wort.
Fönis war die Tochter des Tsam Jü, aus Dung Ping in der Provinz Schanto, als sie noch ein Kind war, mischten ihre Eltern immer wohlriechende Substanzen in ihre Speisen und Getränke, so daß spätel, als sie herangewachsen war, ihr ganzer Leib duftete, und man ihr den Beinamen Palfüm gab.
Nun ja, und so weiter, die beste und interessanteste Lösung für eine Sendung über erotische Erzählungen aus dem alten China ist immer noch, da werden Sie uns zustimmen, das schlichte erzählen, daran wollen wir uns halten, aber bevor wir beginnen Ihnen die erste Geschichte zu erzählen, können wir nicht umhin in aller gebotenen Kürze etwas über China, die Ming-Zeit und chinesische Geschichten im allgemeinen zu sagen.
Die Ming Zeit, das heißt die Epoche in der die kaiserliche Ming Dynastie das Reich der Mitte beherrschte, dauerte nach unserer Zeitrechnung von 1368 bis 1644, sie war nach der unruhigen Ära der Mongolenherrschaft eine verhältnismäßig friedliche Epoche der chinesischen Geschichte.
Friede und Freude in China und in der Welt, unser Reich wird ewig sein wie die Sonne.
In der chinesischen Literaturgeschichte ist die Mingzeit die Periode des Realismus, in ihr entstanden die ersten großen Romane, beide Gattungen, Geschichte und Roman galten wenig in der literarischen Wertskala ihrer Zeit, wurden zum niederen Schrifttum gezählt, im Gegensatz zu Lyrik und Essay, daher schmückten sich die Erzählungen häufig mit eingestreuten Betrachtungen und vor allem mit Gedichten.
Der Rauch des Beckens löst sich schon auf, tief liegen die Schatten der Lampe, der Wandschirm hinter dem Bett bewegt sich, und auch der beschwerte Vorhang. Liebeslust ist vergleichbar mit Fischen, die sich im Wasser tummeln, nach Westen sich wendend kaum daß sie nach Osten geschwommen.
Im alten China gab es zwei Arten von Erzählungen, Novellen in der Schriftsprache, die nur wenige gebildete beherrschten, und Geschichten in der Umgangsprache des Volkes, sprachlich formal unterscheiden sie sich stark voneinander, wie etwa die lateinische Hochliteratur des späten Mittelalters von den Literaturen in den jeweiligen Volkssprachen, was den Inhalt betrifft sind sie gleich, sie erzählen von Mandarinen, von Räubern und Geistern, von Mönchen und da auch im alten China die Liebe als wichtiger Bestandteil des Lebens galt, von edlen und weniger edlen liebenden.
Das sei uns Stichwort für unsere erste Geschichte, sie stammt aus der Sammlung San Yan, das heißt drei Gespräche des Autors Feng Menglong, und wurde übersetzt von Kartar Fung, bei dieser Gelegenheit machen wir eine dankbare Verbeugung auch vor den anderen Übersetzern, ohne deren Mühe die Sendung nicht zustande gekommen wäre, Johanna Herzfeld, Wolfgang Bauer und Herbert Frank, und jetzt fangen wir an zu erzählen.
Brave Männer und ihre Gattinnen tun alles für die Nachkommenschaft, vergnügt und hilfsbereit meditieren Mönche in verschlossenen Zellen, wir wissen alle, daß geben seliger macht den nehmen, wo aber steht geschrieben daß nicht auch nehmen zum Glück beitragen kann, danach handeln wohl viele Mönche dieser Welt, vielleicht sogar die meisten, ein Kloster allerdings, der Tempel zum edlen Lotus, schien darin eine Ausnahme zu sein, deshalb hatte das Kloster großen Zuspruch und wohl auch deshalb, weil sich in ihm eine Halle befand, die man die Kindersegenhalle nannte, Guanyin, die Göttin der Barmherzigkeit, hatte dort ihre Residenz und zu ihr kamen aus den fernsten Provinzen die Frauen, denen Kindersegen versagt geblieben war, Guanyin war eine wahrhaft barmherzige Göttin, denn keine der Frauen ging ungetröstet nach Hause, haha, neun Monate nach dem Gebet hatte ihr Segen das Wunder vollbracht und kräftige Kinder krähten in den Wiegen, hehe, wie schnell machen doch solche Geschichten die Runde im Lande, eines Tages hörte auch der Statthalter Wan Dan von den Wundern Guanyins, und da er ein äußerst besonnener, mithin aber auch skeptischer Mann war, wollte er alles recht genau wissen.
Am besten ist’s wenn ich selbst einmal den Tempel besuche.
Gedacht getan, der Statthalter, vom Vater Abt mit allen gebührenden Ehren empfangen, inspizierte das Kloster aufs sorgfältigste, ohne jedoch etwas Ungewöhnliches oder gar Ungehöriges zu entdecken, so kehrte er zurück und dachte nach.
Kann denn eigentlich eine hölzerne Gottheit derartige Dinge vollbringen,
frage er sich und es bedurfte nicht allzulangen Nachdenkens, um sich darüber klarzuwerden, daß hier irgendeine Teufelei mit im Spiel zu sein schien, er gab den Auftrag, zwei der schönsten Blumenmädchen herbei zurufen.
Geht ins Kloster zum edlen Lotus, sobald die Zeit gekommen ist, da ihr in der Zelle schlafen sollt, wird jede von euch ein Gefäß mit Tinte unter dem Gewand verbergen, die eine wird rote, die andere schwarze Tinte mit sich führen, sobald sich euch eine Gottheit oder etwas dergleichen nähern sollte, beschmiert ihr unbemerkt den Kopf mit der Farbe.
Die Mädchen taten wie ihnen befohlen war, als eines der beiden, namens Yuan Mei des Nachts in der ihr zugewiesenen festverschlossenen Zelle lag, geschah folgendes: Plötzlich bewegte sich eine Platte des Fußbodens und wurde langsam weggeschoben, Yuan Meis Augen weiteten sich, als sie den kahlgeschoren Kopf eines Mönchs sah, der sich Stück um Stück nach oben schob.
Da schau, das ist also das große Tempelgeheimnis.
Bald darauf drängte sich ein nackter Männerleib an den ihren, auch fühlte sie eine erfahrene Hand an ihren Brüsten.
Ich bin ein Jünger Buddhas und von Guanyin zu euch gesandt,
sprach der Mönch und machte sich emsig ans Werk, trotz aller Wonne versäumt es Yuan Mai jedoch nicht, aus ihrer Tintenschale Farbe zu nehmen, mit der ihre liebkosenden Hände den kahlen Schädel fleißig einrieben, der Wonnespender war so tief beschäftigt, daß er nichts gewahr wurde, als er zum Ende gekommen war, machte er einem zweiten Mönch Platz, welcher die fromme Arbeit mit frischen Kräften fortsetze, zur gleichen Zeit erging es Lin Wan, dem zweiten Blumenmädchen ganz ähnlich, auch ihr erschienen zwei Wonnemönche, um Guanyins Segen weiter zu geben und um mit Tinte gezeichnet zu werden, zärtlich nahm der zweite Abschied.
Mache ich euch glücklich, ihr seht daß ich nicht so heftig bin wie der andere, ich bin ganz auf euer Empfinden eingestellt.
Am frühen Morgen erschien überraschend der Statthalter mit hundert bewaffneten Bütteln im Kloster und befahl dem Abt: Bringt mir die Namensliste euer Brüder, ehrwürdiger Meister.
Dann ließ er nach der Liste alle Mönche vor sich rufen und als sie erschienen waren, gebot er ihnen die Kappen abzunehmen, niemand wagte sich der Aufforderung zu widersetzen und so entblößten sich alle Häupter, da konnte man plötzlich zwei feuerrote Schädel in der Sonne leuchten sehen und nicht weniger deutlich hoben sich zwei weitere ab, die pechschwarz gefärbt waren.
Faßt die vier und legt sie in Ketten, sagt mir Halunken, warum ihr so farbige Schädel habt, wer hat sie euch bemalt.
Als er keine Antwort erhielt, ließ der Statthalter die Blumenmädchen vortreten, sie berichteten und die vier entdeckten Farbköpfe machten unermüdlich Kotau und erflehten die Gnade des Statthalters, der aber geriet in unbändigen Zorn, nannte sie vor Geilheit stinkende Hunde und räudige Wasserbüffel, dann sprach er zum Abt:
Ihr seid ein sehr kluger Mann, aber doch nicht so klug, daß ihr euch nicht hättet erwischen lassen, aus eurem Kloster habt ihr ein Freudenhaus gemacht und ehrbare Frauen habt ihr in den Schmutz gezogen.
Was nun folgte, kann man sich leicht ausmalen, der Abt mußte im Gefängnis schmachten, ihm wurde der Prozeß gemacht und er bereute bitter seine Leichtfertigkeit, schon lange bevor er dem Henker übergeben wurde, nur zwei kindliche Novizen, deren Unschuld allein schon durch ihre Jugend erwiesen war, blieben ungeschoren, verschont blieb auch der uralte zahnlose Weihrauchdiener, dem zu seinem Glück keine Frau mehr etwas anhaben konnte.
Das war unsere erste chinesische Geschichte, die so dürfen wir wohl annehmen, Ihnen weniger exotisch als vielmehr trotz der Göttin Guanyin merkwürdig vertraut erschien, von lüsternen Mönchen wimmelt es schließlich auch in der Novellenliteratur des Abendlandes, bei Boccaccio und seinen Nachahmern, bei der Königin Margarete von Navarra, bei Balzac, und da wir gerade bei diesem Thema sind, auch sonst bieten die Erzählungen aus dem alten China eine Fülle auch hier bekannter Typen und Gestalten, wovon Sie sich im weitern durch Stichproben überzeugen wollen, da ist etwa der edle Räuber:
Der Mandarin von Wuhim hat haufenweise Gold und Juwelen in seinem Amtssitz aufgestapelt, und all diesen Reichtum hat er auf unredliche Weise zusammen gebracht, erleichtere ihn doch mal um einen Teil seiner Besitztümer und verteile den unter die Armen.
Die lustige Witwe:
Das Schicksal hat uns zusammengeführt, er war Liebe auf den ersten Blick, du weißt ich bin Witwe, ich bin wieder frei, willst du dein Leben fürderhin mit mir teilen, dann geh zur Heiratsvermittlerin, wegen deiner Armut brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Geld habe ich selbst genug.
Die jungen unerfahren Liebenden:
Erst küßten sie sich zaghaft, doch wurden sie immer kühner, als sie merkten wie leicht es ist und gleichzeitig wie wunderbar die Zungen zu tauschen, aber so groß beider Sehnsucht auch war, sie wußten anfangs nicht, was nun weiter geschehen sollte, doch auch bei völliger Unberührtheit bricht die Liebe sich Bahn und so kam es wie es kommen mußte, beide fanden ohne fremde Hilfe zu einander.
Außerdem gibt es natürlich auch erfahrene Liebhaber, edle Helden, schöne Mädchen, finstere Bösewichte, im fernen Osten wie im nahen Westen, also sind, werden Sie fragen, die Chinesen gar nicht so ungeheuer anders wie es die Volksmeinung wahrhaben will, zumindest soweit es ihre Novellen betrifft, gewiß, einerseits, andererseits aber enthalten auch die erotischen Geschichten aus der Mingzeit hinreichend unbekanntes, verblüffendes, kurioses, eben typisch chinesisches.
Bei der umfassenden Darstellung der chinesischen Gesellschaft in den Novellen war die Erotik nur ein, allerdings, wichtiges Moment, Autoren und Leser waren nicht prüde, pornografisch interessiert waren sie allerdings auch nicht.
Was erscheint nun in den Geschichten der Mingzeit dem fremden Teufel, wie man im alten China den Barbaren aus dem Westen nannte, als eigentümlich chinesisch, da ist wohl an erster Stelle die große Bedeutung die literarisch geistiger Bildung zugemessen wird, Helden und Heldinnen der Novellen sind zwar auch schön und edel, vor allem aber klug und gebildet.
Ich habe das Studium der Konfuzianer zu meiner Beschäftigung erkoren und mich der Literatur verschrieben, alle vier Klassen des Schrifttums, kanonische Bücher Geschichtswerke, Philosophen und die schöne Literatur, habe ich von vorn bis hinten durchgeackert.
Eisvogel war die Tochter eines Bürgers aus Juanan, namens Liu, sie war schon früh von großer Klugheit und konnte das klassische Buch der Lieder und das Buch der Urkunden auswendig.
Sehr chinesisch ist auch die formalistische Höflichkeit, von der sich nicht einmal Grabräuber freimachen können.
Bevor er den Sarg öffnete, klopfte er daran und sprach:
Mein liebes Fräulein, entschuldigt bitte, was ich jetzt tun werde, ich nehme mir all eure Haare, denn ich kann sie bestimmt besser gebrauchen als ihr, macht mir also bitte keine Schwierigkeiten.
Fremd ist uns auch die reizvolle, leider kaum zu imitierende Lösung des alten Problems vom Mann zwischen zwei Frauen:
Beide Mädchen sagten: zwar sind wir nur geringe Personen, aber es tat uns dennoch immer wieder weh, daß wir die Zeit, ob Herbstmond oder Frühlingsblüte, nutzlos vergeudet haben und daß wir nicht dazu kamen die liebende Neigung zu befestigen, wir möchten mit euch das eheliche Lager teilen und auf ewig euch zu treuen Diensten sein, wenn ihr unserer Bitte folgt, werden wir beide euch heiraten.
Und sie lebten fortan, wie wir doch hoffen wollen, zu dritt glückselig beisammen, noch unvertrauter als offizielle problemlose Vielweiberei ist eine besondere Art chinesischer Geister die es gewaltig nach irdischer Liebe verlangt, darum geht es in der zweiten Geschichte, die wir in größerer Ausführlichkeit erzählen wollen, sie heißt Sjä-dau, die schöne Kurtisane.
Während der Regierungszeit des Mingkaisers Hongwu lebte in der Stadt Kanton ein junger Mann namens Jen, der Meni gerufen wurde, sein Vater Jenbeilu wurde als Inspektor des Schulwesens in die Stadt Fengdu versetzt und nahm seine Familie mit, Meni war ein schlanker junger Mann, immer guter Laune und seinen Altersgenossen in allen Dingen überlegen, er verstand ebenso schön zu schreiben wie zu malen, und spielte Gitarre und Schach gleich ausgezeichnet, bei all diesen Vorzügen war es nicht verwunderlich, daß der reiche Herr Tschang, der auf dem Lande lebte, ihn als Hauslehrer einstellte. Eines Tages wollte Meni seine Eltern besuchen, auf seiner Wanderung zur Stadt gelangte er zu einem Hain von Pfirsichbäumen die in voller Blüte standen, als er hielt um den Anblick zu genießen wurde er gewahr, daß sich zwischen den Zweigen eine schöne junge Dame zu verbergen trachtete, am nächsten Tag ging Meni absichtlich den gleichen Weg und diesmal ließ die Dame ihn in ihr Haus bitten.
Verbringt den Abend bei mir junger Herr.
Erlaubt mir nach eurem geehrten Familienamen zu fragen.
Der Name meiner unbedeutenden Familie ist Ping, mein Gatte, Herr Ping, ist leider kurze Zeit nach unserer Hochzeit gestorben und ich habe mich als Witwe in dieses Landhaus zurück gezogen, durch diese Heirat bin ich übrigens verwandt mit eurem hochgeschätzten Gönner Tschang.
Es entwickelte sich eine geistreiche Unterhaltung und, ohne daß sie es gewahr geworden, war die zehnte Abendstunde herangekommen, die schöne Dame geleitete Meni in ihr Schlafzimmer und sagte:
Schon seit langer Zeit lebe ich in diesem Haus in völliger Einsamkeit, nun hab ich heute Abend eure Höflichkeit und Liebenswürdigkeit kennengelernt, und ich kann mir nicht versagen, euch ein wenig meine Liebe zu zeigen, darum schlage ich euch vor, mir heute Nacht Gesellschaft zu leisten.
Das ist mein sehnlichster Wunsch, aber ich hätte niemals gewagt euch darum anzugehen.
Darauf entkleideten sie sich und gingen gemeinsam zu Bett, sie waren glücklich wie zwei im Wasser spielende Fische und vergaßen über ihrer Liebe die Welt um sich herum. Am nächsten Morgen beschenkte die schöne Dame Meni mit einem kostbaren Briefbeschwerer aus Jade, geleitete ihn zur Tür und sagte:
Wenn ihr nichts Besseres vorhabt, so kommt heute abend wieder. nehmt euch kein Beispiel an herzlosen und unzuverlässigen Menschen.
Einer solchen Ermahnung bedarf es bei mir nicht.
Sechs Monate vergingen ohne daß die Liebenden merkten wie die Zeit dahinfloß, sie betrachteten die Blumen und schauten zum Mond auf, sie sangen und schlürften Wein und versagten sich keinerlei menschliche Freude, aber das Unglück will es, daß das gute niemals von Dauer ist, so mußte auch für diese beiden liebenden das Ende ihres Glücks heran kommen, sein Vater und Herr Tschang entdecken zufällig, daß Meni seine Nächte weder im Elternhaus auf noch auf Tschangs Gut verbrachte, sie nahmen ihn streng ins Gebet, Meni sah ein daß es keinen Ausweg für ihn gab und berichtet von seiner Bekanntschaft mit der schönen Dame aus der Familie Ping, die eine Verwandte des Herrn Tschang sei, dieser sagte erstaunt:
Aber ich habe in dieser Gegend überhaupt keine Verwandten, und kein Zweig meiner Familie führt den Namen Ping, hinter deinem Erlebnis steckt sicher ein Spuk, ich rate dir dringend, vorsichtig zu sein und unter keinen Umständen noch einmal dieses Landhaus aufzusuchen.
Meni glaubte ihm nicht und besuchte am Abend, wie er es gewohnt war, seine schöne Geliebte, sie leerten einige Schälchen Wein miteinander und in der Nacht gaben sie sich ihrer Liebe hin, aber als der Morgen heraufdämmerte begann sie bitterlich zu weinen und sagte:
Wir werden auf immer getrennt werden.
Unter heißen Tränen nahmen sie voneinander Abschied, als Mengis Vater feststellte, daß sein Sohn wieder in jenem Haus übernachtet hatte, wurde er zornig und sagte zu Herrn Tschang:
Ich will mich von meinem zuchtlosen Sohn geführt selbst an jenen Ort bemühen und nachforschen.
Sie gingen zu dritt aus der Stadt und schlugen den Weg zum Pfirsichhain ein, als sie dort anlangten, reckten sie alle überrascht den Hals, rundum sahen sie nur glitzerndes Wasser und bewaldete Hügel, nichts weiter, vor ihnen ragte ein Dickicht mit Pfirsichbäumen auf, im Untergehölz schimmerte ein einfaches Grabdenkmal, das Haus war verschwunden, Herr Tschang schüttelte nachdenklich den Kopf.
Es wird erzählt, daß sich an dieser Stelle das Grab einer Kurtisane aus der Tang-Epoche befindet, Sedau war ihr Name, in einer späteren Generation erinnerten sich die Menschen der Worte des Dichters Jinku, zarte Pfirsichblüten bedecken Jaus Grab, und sie pflanzten an dieser Stelle mehrere hundert Pfirsichbäume an, damit sie zur Blütezeit darunter Lustwandeln konnte, die schöne Dame, der euer geschätzter Sohn begegnet ist, ist zweifellos Sedau gewesen, sie ist schon Jahrhunderte lang tot, aber ihr Geist ist anscheinend der gleiche geblieben, es ist ratsam, dieser Sache nicht weiter nachzugehen.
Meni studierte weiter und bestand auch die höchste Prüfung, mit der er den Grad eines Tshinshi, eines Doktor erwarb, er wurde nicht müde sein abenteuerliches Erlebnis zu erzählen, aber wie oft er auch an die schöne Geliebte dachte, er hat sie nicht wiedergesehen.
Die Geschichte, erotisch, aber eher elegisch als heiter, ist vorbei und auch mit unserer Sendung geht es dem Ende zu. Und am Himmel schwebt die Krähe, huscht der Hase dahin, auf Erden erscheinen die Menschen von heute, verschwinden die von gestern, wo einstmal Freude herrschte, ragt jetzt ein öder Hügel, in einem Augenblick wird Recht zu Unrecht, Sieg zur Niederlage, lerne jenseits von Lärm und Hast der Welt Ruhe zu finden.
Und jetzt wissen Sie, was Ping-Pong zur Ming-Zeit ist. Das wars. Ping Pong zur Ming-Zeit. Erotische Erzählungen aus dem alten China. Das Manuskript schrieb Michael Koser. Es sprachen: Almut Eggert, Rolf Marnitz, Klaus Nägelen, Henning Schlüter und Peer Schmidt. Aufnahmeleitung: Ingeborg Karn. Schnitt: Manfred Rabbel. Ton: Klaus Krüger. Regie: Dietrich Auerbach.
Michael Koser: Dies Blutbild ist bezaubernd schön (Ein Vampir-Hörspiel) (RIAS 1973)
Broker: Amsterdam, 17. Mai, 6 Uhr 15, in einer halben Stunde wird Prof. Vandenburg bei mir erscheinen, der international angesehene Experte auf dem Gebiet der okkulten Wissenschaften, er hat versprochen, mir meinen ersten Vampir vorzuführen, ich bin gespannt.
Prof.V: Wir sind da, Vorsicht, das ist der Sarkophag, fassen Sie mit an, der Deckel ist schwer, Sie haben doch das Kruzifix bei sich und den Knoblauch.
Broker: Natürlich. Im Sarg liegt ein älterer Mann, er wirkt entspannt, ruhig, als ob er schläft, ich habe das Gefühl, daß er mich durch die Wimpern hindurch beobachtet, seine Gesichtsfarbe ist ich würde sagen ausgesprochen gesund, die Lippen nein das ist geronnenes Blut in den Mundwinkeln, und dann zwei dunkle Linien bis zum Kinn.
Prof.V: Man muß nur daran glauben, wenn Sie den Pfahl festhalten würden, ginge es leichter, festhalten, er bäumt sich auf.
Broker: Blut spritzt auf, und jetzt, er zerfällt, er verwest vor meinen Augen, das Fleisch wird grün, löst sich von den Knochen, verschwindet, wird zu Stein.
Prof.V: So das wäre geschafft, Sie sind bleich, Mister Broker.
Broker: Das ist der Mond, ziemlich theatralisch das ganze, finden Sie nicht.
Varney: Das ist alles?
Carter: Ja, Mr. Varney, wenn Brokers Angaben stimmen, ist das Tonband vor einem guten Monat in Amsterdam aufgenommen worden.
Varney: Wann haben Sie es nach London bekommen?
Carter: Gestern von der Direktion des Hotels in dem Broker gewohnt hat, anscheinend hat er es in seinem Zimmer vergessen, als er abreiste.
Varney: Wann?
Carter: Am 18. Mai.
Varney: Wohin?
Carter: Unbekannt, wir haben seitdem nichts von ihm gehört, das ist ungewöhnlich, bei früheren Gelegenheiten hat uns Broker alle paar Tage informiert, ich mache mir Sorgen, Broker ist mein Autor.
Varney: Sie wollen ihn suchen?
Carter: Ja, wenn es Ihnen recht ist, werde ich nach Amsterdam fliegen, dieser Professor Vandenburg sollte aufzutreiben sein und kann mir vielleicht weiterhelfen.
Stewardeß: Madame, wir heißen sie an Bord herzlich willkommen… Amsterdam… Coffee or tea…
Prof.V: Das von den meisten Autoritäten empfohlene Mittel gegen Vampire ist natürlich der Essen-Pfahl, und ich habe nie etwas anderes benutzt.
Carter: Gewiß, um auf Broker zurückzukommen, Professor.
Prof.V: Oh ja natürlich, verzeihen Sie, Mr. Carter, wenn ich über meine Arbeit spreche vergesse ich alles anderes, Sie sind kein Adept.
Carter: Nein, wie ich schon sagte, ich bin ein Lektor, der seinen Autor sucht.
Prof.V: Ja, was Mr. Broker betrifft, ich hatte eigentlich erwartet, daß er nach unseren Erlebnissen in der Gruft seine Nachforschungen aufgeben würde, aber er war bei weitem nicht so beeindruckt wie wir, ich vermutet hatte, er wollte unbedingt am Ball bleiben, so sagen sie ja wohl.
Carter: Sie wissen, daß er einen Tag später abgereist ist.
Prof.V: Aber natürlich, mein Freund.
Carter: Wohin?
Prof.V: Daß Sie hartnäckig sind, wie unser Freund Broker, habe ich schon gehört.
Carter: Von wem?
Prof.V: Ist nicht von Bedeutung.
Carter: Sie wollen meine Fragen nicht beantworten.
Prof.V: Mr. Carter, ich weiß nicht, ob ich ihnen antworten darf, immerhin geht es hier um Geheimnisse, die nur für wenige bestimmt sind, die man nicht an den Straßenecken ausrufen kann, ich mache Ihnen einen Vorschlag, gehen Sie in Ihr Hotel zurück, warten Sie, es wird sich jemand mit Ihnen in Verbindung setzen, Sie werden neue Informationen erhalten, und können dann entscheiden, ob Sie Ihre Suche fortsetzen wollen, aber wenn Sie mir erlauben, Ihnen einen guten Rat zu geben, fliegen Sie nach London zurück, wir haben hier ein Sprichwort das sagt, wer sich in Gefahr begibt kommt darin um, übrigens, Sie haben doch ein Tonbandgerät in Ihrem Gepäck.
Frau: Dieses Tonband ist für Sie abgegeben worden von einer jungen Dame.
Carter: Hat sie ihren Namen hinterlassen?
Frau: Nein.
Carter: Danke.
Broker: Paris, 19. Mai, 23 Uhr, die zweite Etappe meiner Nachforschungen beginnt, ich werde an der Feier der geheimnisvollen schwarzen Messe teilnehmen und den berüchtigten AB Karl Melk kennenlernen, den Prof. Vandenburg für das Oberhaupt der Vampire in Frankreich hält, ich stehe vor dem alten Haus in der Avenue Huysmans, in dem Satanisten und Vampire ihre finsteren Rituale zelebrieren.
Mann: Losungswort?
Broker: Die Stunde der bleichen Eitergewässer ist gekommen.
Guru: Meister aller Untoten, der du austeilst die Wohltaten des Verbrechens, Verwalter der Sünden und Laster, Satan, wir beten dich an und erflehen für uns Ruhm, Reichtum und Macht.
Frau: Satan.
Broker: Der Raum, in dem ich mich befinde, ist voller Menschen, etwa 50 Personen, schätze ich, meist ältere Frauen, gut genährt, gut gekleidet, sie starren in Verzückung auf den schwarzen Altar, auf die Statue des Teufels mit den blutigen Reißzähnen, auf den häßlichen alten Mann, in blutroter Robe, der mit obszönen Gesten seine Litanei herunterbetet.
Guru: Meister Satan Dracula, großer Drache, deine treuen Diener flehen dich auf den Knien an, hilf uns bei Missetaten, auf daß menschliche Vernunft sie nicht ergründe.
Frau: Meister.
Broker: Qualmende Räuchergefäße auf dem Altar, trotzdem riecht es hier vor allem nach sehr menschlichem Schweiß, meine Augen tränen, der Gestank ist kaum zum aushalten.
Guru: Verbrennt Raute, Blätter von Bilsenkraut und Stechapfel, trocknet Myrrhe, das sind Gerüche angenehm Satan unserem Herrn und nun vermischt euch zur Ehre unseres Meisters.
Frau: Ah.
Broker: Jetzt scheinen die Gläubigen in eine Art Trance zu geraten, sie bewegen sich rhythmisch, sie fangen an, sich die Kleider vom Leib zu reißen, sie fallen übereinander her, komisch, Gruppensex, eine gutbürgerliche Massenorgie, ich hatte mir eigentlich etwas anders vorgestellt, etwas gefährlicheres, größeres als nur Ersatzbefriedigung zu kurzgekommener Muttchen, das war mir ein bißchen zu tief unten, hoffentlich bringt die nächste Spur mehr ein, Carmelia hat ein äußerst interessantes Treffen für mich arrangiert.
Stewardeß: International Airlines bitten alle Passagiere für Flug Nr. 333 nach Paris zum Ausgang B, ihre Maschine ist startbereit, Madame und Monsieur… O Champs Elysees. Kaffee, Tee?
Carter: Ich war in Paris, ich saß in meinem Hotelzimmer und dachte darüber nach, wie ich das alte Haus in der Avenue Huysmans finden könnte, allerdings gab ich mir keine große Mühe, einen Plan auszuarbeiten, wahrscheinlich rechnete ich damit, daß ich wie in Amsterdam ohne mein zutun einen neuen Hinweis bekommen würde, außerdem hatte ich noch ein zusätzliches Problem, wer war Carmelia?
Carter: Hallo?
Carmelia: Gehen Sie zum Hauptpostamt zur Abteilung für postlagernde Sendungen, Sie werden ein Päckchen finden, das auf Ihren Namen aufgeben wurde.
Carter: Mit einem Tonband?
Carmelia: Ja, wenn Sie es abgehört haben werden Sie wissen was Sie zu tun haben.
Carter: Wer sind Sie?
Carmelia: Ich heiße Carmelia.
Carter: Können wir uns treffen?
Broker: Paris 20. Mai 3 Uhr 45 morgens, im heißen Samowar, einem Lokal, das als Treffpunkt osteuropäischer Emigranten gilt, warte ich auf meine nächste Kontaktperson, es ist niemand anders als Graf Dracul aus dem berühmten Geschlecht der transsylvanischen Draculas.
Graf: Hört, in 15. Jahrhundert lebt der Dracul, töten tat er tausend Türken, 1000 Ungarn und Rumänen, Herr war er der Walachei, schön?
Broker: Sehr schön.
Kellner: Was darf ich bringen?
Graf: Sie haben, wie sagt man, Spesen, Mr. Broker?
Broker: Nur zu, bestellen Sie, was sie wollen.
Graf: Gut, ich will haben eine Bloody Mary, rot und warm.
Broker: Pink Gin.
Graf: Aha, sie kommen auf Geschmack, bißchen rosa ja, hören sie, Lieblingsstrophe von Heldenlied, seine langen spitzen Zähne schlug er in den Hals der Mädchen, schlürfte Blut aus ihren Adern, bis sie bleich darniedersanken, Furcht ergriff das ganze Land, ah, waren schöne Zeiten damals in Transsylvanien, Land meiner Väter.
Broker: Sicher, und heute?
Graf: Sakrada, heute Volksrepublik Transsylvanien hat weggenommen alle Länder, Schloß und Güter, leibeigene Bauern, ich bin vertrieben von Scholle, heimatlos in Fremde, sehr traurig, Mister Broker.
Broker: Aber ihre nächtlichen Aktivitäten, ich meine, sie sind hier und heute noch als Vampir tätig, wie damals?
Graf: Ach Mr. Broker, kein Geld, keine Leibeigenen, die stillhalten, keine Zähne, zu alt, alles vorbei, alles anders, kein Blut mehr, Mr. Broker, nur noch Bloody Mary.
Broker: Darf ich Ihnen noch etwas bestellen?
Graf: Ich danke, nein ich muß zu Hause sein wenn Sirene von Renoir ertönt.
Broker: Sie müssen in Ihren Sarg zurück?
Graf: Sie sind Romantiker, Mister Broker, nein, nein, früher einmal, jetzt geh ich in mein Bett, Fernsehen, hat mich gefreut, übrigens wenn Sie wollen Informationen über moderne Vampire, Sie sollten fahren nach Amerika, zu meinem reichen Vetter in New Transsylvania, Kalifornien.
Carter: New Transsylvania Californien, USA.
Mann: Rezeption?
Carter, Zimmer 99, buchen Sie für mich einen Flug nach San Francisco.
Stewardeß: International Airlines bitten alle Passagiere für Flug 666 nach San Francisco zum Ausgang C, ihre Maschine ist startbereit, ladies and gentlemen, we welcome you on bord. If you’re going to San Francisco. Coffee or Tea?
Mann: Willkommen in Newmans, der erfolgreichsten kleinen Stadt in den ganzen großen United States, ehe Sie etwas anderes unternehmen, sollten Sie sich ein Vergnügen gönnen, besuchen Sie Vampireland, die größte Attraktion in den ganzen großen United States, yes sir, lehrreich, spannend, amüsant, sollten sie nicht versäumen, in einer halben Stunden fahrt die nächste Kutsche.
Carter: Vampireland, Vampirland, das klang vielversprechend, alles was Broker erlebt und was ich auf den Tonbändern gehört hatte, konnte eigentlich nur Kulisse sein, eine uralte Geschichte, die dadurch nicht wirklicher wurde, daß irgendjemand sie aus verstaubten Büchern herausgesucht und neu aufbereitet hatte, worum es wirklich ging, konnte ich möglicherweise im Vampirland erfahren, was immer das sein möchte.
Carmelia: Ich darf sie auf unserer Rundreise durch Vampireland begrüßen, ich bin ihre Führerin und heiße Carmilla.
Carter: Carmelia, haben Sie mich in Paris angerufen?
Carmelia: Später, Mr. Carter, bevor unsere Fahrt zu Ende ist, werden Sie mehr wissen, jetzt lassen Sie mich meine Arbeit tun, bitte. Vampireland, meine Herrschaften wurde erst vor wenigen Jahren errichtet von der International Vampires Company, als originalgetreue stilechte Imitation der transsylvanischen Karpatenlandschaft mit ihren Wäldern und Bergen, mit ihren geheuren und weniger geheuren Bewohnern, die Anlage kostete 50 Mio. Dollar.
Frau: Wonderful!
Carmelia: Wir verlassen jetzt den Highway und fahren durch ein echt mittelalterliches Tor in Vampireland ein, Blende 8, 1 fünfzigstel, es wird dunkel, blutrot versinkt die Sonne hinter dem Kosovoberg, auf dem Sie vorn rechts Draculas Schloß sehen, die Wölfe, Kinder der Nacht, regen sich in ihren Schlupfwinkeln, sie wittern den geheimnisvollen Unbekannten, der Macht über sie hat, Fledermäuse sirren durch die schwüle Luft, das ist die Stunde, in der Dracula erwacht. Ah! Kein Grund zur Beunruhigung, es handelt sich nur um optische und akustische Spezialeffekte, für Sie programmiert und arrangiert von International Vampires Company.
Frau: Wonderful.
Carmelia: Meine Damen und Herren, wir haben nun unser Nachtquartier, den alten transsylvanischen Gasthof zur goldenen Krone erreicht, International Vampires Company wünscht Ihnen einen erholsamen Aufenthalt, angenehmes Gruseln und eine gute Nacht.
Frau: Wonderful.
Carmelia: Mr. Carter, Sie werden in Ihrem Zimmer außer Ihrem obligatorischen Knoblauchkranz ein Tonband finden.
Carter: Mit schönen Grüßen von Dracula?
Carmelia: Vielleicht.
Carter: Wonderful.
Broker: New Transsylvania 23. Mai, 18 Uhr 30, heute nacht werde ich Vampireland erkunden, auf eigene Faust, und wenn mehr dahintersteckt, als nur eine Touristenattraktion, werde ich es herausbekommen. Vor mir liegt Draculas Schloß, ein Horrorgedicht in bester amerikanischer Neugotik, wahrscheinlich aus Gips und Plastik, aber doch irgendwie beeindruckend.
Mann: Seien Sie willkommen, Sie werden erwartet.
Broker: Wieso, niemand weiß, daß ich hier bin.
Mann: Folgen Sie mir.
Broker: Ich bin in einem Zimmer, das offenbar für einen späten Gast hergerichtet wurde, für mich? Die Atmosphäre ist, wie soll ich sagen, nicht geheuer, ich bin kein Feigling, aber ich habe das Fenster verriegelt und die Tür abgeschlossen, Carmelia, Carmelia!
Carmelia: Meine Augen brennen in dich hinein und deine Kraft wird zu Wasser, ich liebe in deinem warmen leben und du sollst in meinem sterben.
Broker: Laß doch den Unsinn, deine Zähne.
Carmelia: Liebe braucht Opfer und Opfer sind blutig, ich vergehe vor Sehnsucht nach deinem warmen roten Blut.
Broker: Carmelia!
Carmelia: Mein Biß ist sehr süß und sehr bitter.
Carmelia: Mein Biß ist sehr süß und sehr bitter.
Carter: Das zieht bei mir nicht, Schluß damit.
Carmelia: Willst du dich nicht von mir beißen lassen.
Carter: Nein, vielen Dank, ich will wissen, was hier gespielt wird.
Carmelia: Sie reagieren genau wie Broker, das war vorauszusehen, wir wollten es wenigstens versuchen, Sie sind schwer zu beeindrucken, Mister Carter, nicht gerade ein Kompliment für meine vampirischen Fähigkeiten.
Carter: Tut mir leid, was jetzt?
Carmelia: Kommen Sie mit.
Carter: Wohin?
Carmelia: Zur Direktion von International Vampires, Sie wollten doch wissen, was los ist, wir gehen in den Keller und fahren durch einen Gang unseres unteririschen Kommunikationssystems in einer Druckluftkapsel, einer Art Rohrpost, in ein paar Minuten sind wir im Hochhaus.
Carter: Mr Varney.
Varney: Mr Carter.
Carter: Sie sind doch in London.
Varney: Was bedeutet ein Ort, was bedeutet ein Name, ich bin einer und ich bin viele, hier bin ich Mr Dracula, Chef der International Vampire Company, Generaldirektor und Besitzer der Aktienmajorität, einer der reichsten Männer im reichsten Land der Erde, sagen Sie nichts, Carmelia das Tonband, hören Sie, was ich Mister Broker zu sagen hatte, ich liebe es nicht mich zu wiederholen.
Broker: Das steckt also hinter der ganzen Horrorshow, Kapital, eine Firma.
Varney: Die Firma, Mister Broker, Geld ist Leben und Leben ist Blut, 3. Buch Moses Kapitel 17 der Zeit angepaßt, Voltaire, Sie kennen Voltaire?
Broker: Flüchtig.
Varney: Voltaire sagt: Die wahren Blutsauger wohnen nicht auf den Friedhöfen, sondern in wesentlich angenehmeren Palästen, ein wahres Wort, wir haben Paläste und Fabriken in allen Ländern, die Öffentlichkeit kennt uns nicht, wir schätzen es nicht, wenn jemand von außen uns zu nahe kommt, wie Sie, Sie haben sich von den für Sie arrangierten Aufführungen unserer Filialen nicht irreführen lassen, das spricht für Sie.
Broker: Danke.
Varney: Reißzähne, Sarkophage, transsylvanische Grafen und schwarze Messen, darüber ist die Zeit hinweggegangen, Feierabendhorror, weiter nichts, es gibt schlimmeres, Gasöfen, qualmende Schornsteine, tote Fische in den Flüssen, verhungernde Kinder, lebende Fließbandautomaten, das ist unser Horror, der neue Horror, Mr. Broker, daran verdienen wir.
Broker: Und sicher nicht schlecht.
Varney: Ganz recht, natürlich pflegen wir auch die Tradition, Vampireland und seine Ableger in Amsterdam und Paris sind Launen von mir, allerdings Launen, die Geld bringen, Sie sind alert und zielbewußt, Mr. Broker, wir können Sie gebrauchen, kommen zu International Vampires, verdienen Sie mit, werden Sie einer von uns, werden Sie Vampir.
Carter: Wie hat Broker sich entschieden?
Varney: Positiv natürlich, er ist jetzt einer meiner Stellvertreter, sehr tüchtig, ein Gewinn für die Firma, wollen sie ihn sprechen?
Carmelia: Verzeihung Mr. Dracula, ich fürchte Mr. Broker hat keinen Termin frei, die Arbeit an unserem neuen Projekt.
Varney: Ah ja, bedauerlich, was sie betrifft Mr. Carter, ich mache Ihnen das gleiche Angebot, entscheiden Sie sich schnell, Zeit ist Geld, Geld ist Leben usw.
Carter: Nein ich lehne ab, mit Dank, wenn sie wollen, aber unwiderruflich, ihre Firma gefällt mir nicht.
Varney: Schade, Sie sind ein Idealist, Mister Carter, ich respektiere ihre Entscheidung, leben sie wohl.
Carter: Sie lassen mich gehen?
Varney: Natürlich, wofür halten Sie uns, gehen Sie.
Carmelia: Gute Reise.
Carter: Im Wartesaal des Flughafens dachte ich nach über die fantastische Geschichte, in die ich geraten war und darüber, was ich jetzt tun sollte, zu Varna Dracula, zum Verlag konnte und wollte ich nicht mehr zurück, ich hatte mir einiges zurückgelegt, vielleicht sollte ich mich für ein halbes Jahr zurückziehen und das Buch schreiben, das Broker nicht mehr schreiben würde, es erschien mir wichtig, anderen mitzuteilen, was ich erfahren hatte, möglicherweise würde man mir sogar glauben, ich zweifelte allerdings daran, daß es etwas nützen würde, was hilft schon gegen Vampire, ein Buch, ich weiß nicht.
Stewardeß: International Airlines bitten alle Passagiere für Flug Nr. 999 nach London zum Ausgang B, ihre Maschine ist startbereit, ladies and gentlemen we welcome you on board.
Carmelia: Auf dem Flug von San Francisco nach London ist gestern gegen 19 Uhr Ortszeit eine mit 6 Besatzungsmitgliedern und 52 Passagieren besetzte Maschine der International Airlines über dem Nordatlantik abgestürzt, es muß damit gerechnet werden, daß keiner der Insassen den Absturz überlebte.
Varney: Gut gemacht, Carmelia.
Carmelia: Armer Mister Carter.
Varney: Er wußte zu viel, und jetzt wieder an die Arbeit.
Stan Broker: Martin Hirthe
Michel Carter: Michael Degen
Varney: Sigmar Schneider
Professor Vandenborg: Gerd Martienzen
Graf Dracul: Georg Braun
Carmelia: Christine Merthan
Stewardeß: Iris Hahnemann
Pförtner: Paul Hubschmid
Ordog: Dietrich Frauboes
Immer wieder angespielter Song im Hörspiel: Aphrodites Child – The Four Horsemen
Michael Koser: Tote singen nicht (Kriminalparodie) (auf Raymond Chandler) (RIAS/SWF 1971)
Phil Marlin: Das Haus war der gemeinsame Alptraum eines größenwahnsinnigen Architekten und eines Bauherrn, der zuviel Geld hatte, eine unwahrscheinliche Kreuzung aus gotischem Palazzo, maurischer Kathedrale und griechischem Eiscreme. Aber ich war ja nicht hier, um den Geschmack der oberen Zehntausend zu beurteilen. Mister Waterson ließ mich warten. Er konnte sich das leisten, er hatte eine Empfangshalle so groß wie das Landedeck eines Flugzeugträgers, einen fast echten englischen Butler, den er wahrscheinlich auf einer Antiquitätenmesse ersteigert hatte, und mehr Dollars als die übrige Stadt zusammen, und ich war bloß ein kleiner Fisch. Mein Auto war drei Jahre alt, mein Anzug war auch, und mein letzter Kontoauszug war das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt stand.
Waterson: Sie sind mir empfohlen worden, Mister Marlin, und ich habe Sie aus Los Angeles kommen lassen, weil es in unserer sauberen kleinen Stadt keine Privatdetektive gibt.
Marlin: Bourbon on the rocks.
Waterson: Bitte?
Marlin: Sie haben vergessen, mir was anzubieten, oder gibt es in Ihrer sauberen kleinen Stadt auch keinen Alkohol?
Waterson: Ich glaube nicht, daß mir Ihr Ton gefällt.
Marlin: Den kriegen Sie gratis, ich koste 100 Dollar pro Tag plus Spesen, dafür bekommen Sie einen verhältnismäßig unbestechlichen Detektiv, der regelmäßig zum Friseur geht und sich dreimal am Tag die Hände wäscht, wenn Sie einen Heiligen brauchen, hätten Sie dem Papst schreiben sollen, haben Sie einen Auftrag für mich oder nicht.
Waterson: Ja, ich werde mich bemühen, Ihr Benehmen zu ignorieren.
Marlin: Wenn Ihnen dabei wohler ist, also, ich höre.
Waterson: Es geht um meinen Schwager, den Bruder meiner Frau, William Chain, 28 Jahre er ist seit 4 Tagen verschwunden und sie sollen ihn auftreiben hier ist ein Foto.
Marlin: Warum gehen Sie damit nicht zur Polizei.
Waterson: Bill war, ist in letzter Zeit, wie soll ich sagen, etwas merkwürdig, seit er drüben verwundet und nach Hause abgeschoben wurde.
Marlin: Nicht ganz richtig im Kopf.
Waterson: Wenn Sie es unbedingt so ausdrücken wollen ja, wir fürchten, das heißt meine Frau fürchtet, daß er etwas anstellen könnte, etwas Kriminelles.
Marlin: Wo soll ich ansetzen, ich, ich brauche Informationen.
Waterson: Natürlich, ich habe Ihnen ein Hotelzimmer reservieren lassen, Sie halten sich dort auf, bis sich meine Frau mit Ihnen in Verbindung setzt, sie kennt Bill besser als ich und wird Sie informieren.
Empfangschef: Ihr Schlüssel, Sir, Zimmer 207.
Marlin: Danke.
Empfangschef: Sind Sie das erste Mal in San Pedro? Eine saubere, kleine Stadt, Sir, wir sind stolz darauf…
Marlin: Ja ja, das kenn ich schon, heben Sie sich das für den nächsten auf und schicken Sie mir in zehn Minuten eine Flasche Bourbon aufs Zimmer.
Marlin: Die Atmosphäre des Zimmers schlug mir entgegen, wie das zahnlose Grinsen einer uralten Frau, es stank nach Chlor und verborgenen Sünden, ich machte das Fenster auf und vertrieb mir die Zeit mit meiner Flasche. Ja?
Waterson: Lassen Sie die Finger vom Fall Chain. Wenn Sie wissen, was gut für Sie ist, verschwinden Sie aus der Stadt.
Marlin: Hören Sie mal gut zu…
Violet: Mister Marlin? Hier ist Violet Waterson!
Marlin: Ach so, wer weiß, außer Ihnen und Ihrem Mann, noch davon, daß ich hier in der Stadt bin.
Violet: Niemand, warum fragen Sie.
Marlin: Es ist nicht wichtig, was wollten Sie mir sagen, Mrs. Waterson?
Violet: Nicht jetzt, treffen Sie mich heute abend im Tijuana-Klub, gegen neun.
Marlin: Muß das sein.
Violet: Sie sind nicht sehr höflich, Mister Marlin.
Marlin: Ich habe einen Job.
Violet: Deshalb will ich mich ja mit Ihnen treffen, seien Sie pünktlich.
Kellner: Bitte Sir, Mrs. Waterson.
Marlin: Danke, bringen Sie mir einen Martini.
Kellner: Trocken, Sir?
Marlin: Wie die Sahara.
Kellner: Sehr wohl.
Marlin: Sind Sie nicht ein bißchen zu jung für Ihren Mann?
Violet: Danke, sehen Sie nicht ein bißchen zu gut aus für einen Privatdetektiv?
Marlin: Och, durch jahrelanges Bodybuilding entwickelte ich mich vom Schwächling zum kraftvollen Wunschtraum der Frauen, wo ist ihr Bruder?
Violet: Ich weiß nicht, bitte, Mister Marlin, Sie müssen ihn finden, bevor er noch mehr Unheil anrichtet.
Marlin: Unheil, was für Unheil, Mrs. Waterson?
Violet: Nennen Sie mich Violet.
Marlin: Was für Unheil, Mrs. Waterson?
Violet: Ich mach mir Sorgen um Bill, wissen Sie, ich hab mich immer für ihn verantwortlich gefühlt, obwohl er älter ist als ich.
Marlin: Warum haben Sie mich hierher bestellt?
Violet: Bill ist mit einem Mädchen befreundet, das bis vor kurzem im Klub gearbeitet hat, eine Tänzerin, Kokola Bern, so nannte sie sich jedenfalls, ein unmögliches Wesen, vulgär, ich hab nie verstanden, was Bill an ihr fand, geben Sie sich Mühe, meinetwegen, und wenn Sie was herausbekommen haben, rufen Sie mich an, ich bin immer für Sie zu sprechen, wenn Sie Bill gefunden haben, dürfen Sie mich zu Champagner einladen.
Marlin: Violet, ich mag Blonde, besonders wenn sie eine Figur wie Marilyn Monroe haben, als meine Knie nicht mehr zitterten, ging ich an die Bar, in einer viertel Stunde hatte ich die Adresse von Kokola Vern alias Maggie Pulaski.
Maggie Pulaski: Sie wandeln nicht auf dem Pfade des Lichts.
Marlin: Wie war das?
Maggie Pulaski: Ihre Aura ist unrein, Ihre Seele wälzt sich im Schlamm wie ein Tier, Sie sind der Versucher, der Dämon, der den Kindern des Lichts Fallstricke legt.
Marlin: Wo ist Bill Chain, Ihr Freund Chain, verstehen Sie mich?
Maggie Pulaski: Führe uns nicht in Versuchung, gehen Sie, verdunkeln Sie nicht durch Ihre Gegenwart das Licht, das nur den Reinen scheint, gehen Sie…
Marlin: Eine geladene und entsicherte 38er kann auch in einer zitternden Hand sehr überzeugend wirken, ich zuckte die Achseln und ging.
Marlin: Sie wandeln nicht auf dem Pfade des Lichts.
Empfangschef: Verzeihung, Sir?
Marlin: Sie sind der Dämon, der den Kindern des Lichts Fallstricke legt, sagt Ihnen das was?
Empfangschef: Ich wüßte nicht. – Oh, besten Dank, Sir.
Marlin: Kommt jetzt die Erleuchtung, wandeln Sie nun auf dem Pfade des Lichts?
Empfangschef: Könnte sein, die Vereinigung der Freunde des Lichts, eine Sekte, irgendwie östlich, glaube ich, indisch oder so, der Chef nennt sich Guru, wirkt sehr auf Frauen, ich habe gehört, daß er ganz gut davon leben kann.
Marlin: Ja, was es nicht alles gibt, in Ihrer sauberen, kleinen Stadt.
Marlin: In dieser Nacht träumte ich von Violet Waterson, es war ein wunderschöner Traum, in Breitwand und Technicolor.
Marlin: Ja?
Piet: Hä-hä-hä-hä-hä-hä-Hände hoch!
Toni: Halts Maul, Piet, ich würde an Ihrer Stelle die Hände hochnehmen, Mister Marlin, wir haben zwei Kanonen und können damit umgehen, wie man so sagt, sieh dir mal seine Brieftasche an, Piet, sieh mal an, ein Privatdetektiv, ein mieser Schnüffler, wie man so sagt, das hätte ich nicht von Ihnen gedacht, Mister Marlin, ich glaube, wir müssen Ihnen eine kleine Lektion erteilen, Mister Marlin, Sie schnüffeln hinter Bill Chain her, der Boss schätzt das nicht, Sie werden von hier verschwinden und wir werden Ihnen Beine machen, wie man so sagt, brat ihm eine über, Piet.
Piet: Au!
Toni: Halts Maul, Piet, Mister Marlin, Sie haben meinem Kumpel den Unterkiefer gebrochen, das gehört sich aber gar nicht.
Marlin: Hören Sie, mein Freundchen, ich bestimme jetzt, was sich gehört, ich habe eure Kanonen und ich kann auch damit umgehen, raus hier, los raus.
Toni: Mister Marlin, wir sehen uns noch.
Marlin: Ja, das werden wir ja sehen.
Marlin: Ich konnte mir denken, wer die beiden Figuren auf mich losgelassen hatte, und die silberne Kette aus Indien, die an Piets ungewaschenem Hals ebenso fehl am Platz war wie eine Jungfrau im Bordell, machte mich noch sicherer, es wurde Zeit, daß ich mir diesen Guru mal ansah, schlägt dich einer auf die rechte Wange, so tritt ihm dafür kräftig in den Bauch, wie man so sagt.
Guru: Wie war der Name?
Marlin: Chain, William Chain.
Guru: Und Sie glauben, daß er ein Erleuchteter ist, ein Jünger des Karma?
Marlin: Ich glaube, daß er zu Ihrem Verein gehört, wenn Sie das meinen, und daß Sie mir sagen können, wo er steckt.
Guru: Wer auf dem Pfade des Lichts wandelt, hat die unreinen Tiefen des Irdischen hinter sich gelassen.
Marlin: Das zieht bei mir nicht.
Guru: Drohen Sie mir, Mister Marlin?
Marlin: Sie haben mir doch diese beiden Witzbolde mit Kanonen auf den Hals gehetzt, das ist meiner Aura nicht gerade gut bekommen.
Guru: Sie versündigen sich an den Geheimnissen des Karma.
Marlin: Ach hören Sie doch auf, Sie sind hier nicht in Ihrem Tempel oder wie Sie das nennen, reden Sie Klartext, an Ihrer religiösen Masche bin ich nicht interessiert.
Guru: Ich habe Sie unterschätzt, Mister Marlin, wie Sie mit meinen, nun ja, Abgesandten fertig geworden sind, Kompliment.
Marlin: Ach, nicht der Rede wert, so was mach ich jeden Morgen vor dem Frühstück, außer Sonntags.
Guru: Ich könnte Sie gebrauchen, wenn wir die Sache zusammen deichseln, kann nichts mehr schief gehen, ich beteilige Sie, ein Millionengeschäft, Mister Marlin.
Marlin: Wo ist Chain?
Guru: Chain, Chain, Chain ist unwichtig, das wissen Sie doch, ich weiß, wer Sie bezahlt und warum Waterson so scharf darauf ist, seinen Schwager wieder in die Hand zu bekommen, überlegen Sie sich die Sache!
Marlin: Ich verstand überhaupt nichts mehr, aber ich hatte ein merkwürdiges Gefühl, Phil Marlins berühmte Vorahnung, deshalb fuhr ich den Wagen nur um die Ecke und wartete, nach einer halben Stunde erschien eine alte Bekannte, Miss Magie Pulaski, die da auf dem Pfade des Lichts wandelte, sie verschwand im Haus des Guru und kam nach kurzer Zeit mit einem Mann zurück, ich brauchte nicht auf das Foto zu sehen, um ihn zu identifizieren, mein Gefühl hatte recht gehabt, ich fuhr hinterher, wir hielten in einer ruhigen Straße am Stadtrand, Magie Pulaski ging mit Chain in einen Bungalow, ich wartete, die Minuten schichteten sich aufeinander wie zerschundene Autos auf einem Schrottplatz, schließlich kam Magie allein zurück, setzte sich in ihren Wagen und fuhr ab, ich suchte einen drugstore in der Nähe, um meinen Auftraggeber anzurufen: Es begann zu regnen.
Violet: Phil. Wie sieht er aus?
Waterson: Gute Arbeit, Marlin, wo steckt er?
Marlin: Das habe ich Ihrer Frau schon gesagt.
Waterson: Gut, warten Sie da, ich bin in einer halben Stunde bei Ihnen, übrigens, was für einen Wagen fahren Sie?
Marlin: Buick, grün, bißchen angerostet, warum?
Radio: …der befleckt noch furchtsam ist, der Detektiv in Geschichten dieser Art muß solch ein Mann sein, er ist der Held, er ist alles, er muß ein vollkommener Mann sein und ein gewöhnlicher Mann, und er muß doch ein…
Polizist Mac: Das ist er, Chef, grüner Buick.
Marlin: Wenn Sie sich meinen Wagen lange genug angesehen haben, können Sie mir vielleicht sagen, was Sie von mir wollen?
Polizist: Sie stehen im Parkverbot, Mister!
Marlin: Ich brech gleich in Tränen aus, wo ist denn das Schild?
Polizist: Wenn die Polizei sagt, daß Sie im Parkverbot stehen, dann stehen Sie im Parkverbot. Aussteigen!
Marlin: Moment mal, nehmen Sie Ihre verdammten Pfoten von meinem Wagen!
Marlin: Der Griff einer Polizeipistole an meinem Hinterkopf war das letzte, was ich spürte. Ich war Tarzan und hüpfte im Urwald von Ast zu Ast, ich rief den Kampfschrei der großen Menschenaffen und zertrat alle Bullen der Welt unter meinen großen Füßen, ich war der größte, und Violet Waterson sah bewundernd zu mir auf, wenn mir nur der Kopf nicht so weh getan hätte…
Polizeichef: Wird aussagen, was wir ihm beibringen. Ja, Marlin ist dran, bei dem Beweismaterial schickt ihn jede Jury in die Gaskammer. Der Guru? Marlin muß eben gestehen, daß er Chain in seinem Auftrag umgelegt hat, dann sind wir die ganze Bande los, wenn er nicht will, laß ich ihn auf der Flucht erschießen, sowieso sicherer, natürlich, gefälschte Aussage, kein Problem, die Papiere bring ich Ihnen, sobald ich Zeit habe, ok, danke.
Polizist: Chef, er wird wach.
Polizeichef: Dann werden wir uns doch mal um Mister Marlin kümmern.
Marlin: Ich lag in einem Zimmer auf einem weichen Berberteppich, meine Luger hatte ich in der Hand, ich brauchte nicht am Lauf zu riechen, um zu wissen, daß sie vor kurzem abgefeuert worden war, neben mir lag Bill Chain, tot, mit einem häßlichen Loch im Kopf, die Bullen waren auch da, allmählich wurde mir die Sache klar, ich hätte mich selbst zusammenschlagen können, wenn das nicht schon jemand anders für mich erledigt hätte.
Polizeichef: Nehmen Sie ihm die Pistole weg, Mac.
Marlin: Kann ich, kann ich eine Zigarette haben?
Polizeichef: Erst wenn Sie Ihre Aussage gemacht haben.
Marlin: Sie haben mich niedergeschlagen.
Polizeichef: Natürlich, schließlich haben wir Sie bei einem Mord erwischt, warum haben Sie Chain erschossen, der Guru hat Sie dafür bezahlt, stimmt’s?
Marlin: Erzählen Sie doch weiter, Sie, Sie wissen ja mehr als ich, haben sich doch schon alles zurechtgelegt.
Polizist: Da hat er recht, Chef.
Polizeichef: Wir haben sogar schon ein schriftliches Geständnis.
Marlin: Gute Arbeit.
Polizeichef: Sie waren heute morgen beim Guru und haben von ihm den Auftrag bekommen, Chain umzulegen, und das haben Sie dann auch gleich getan, mit Ihrer eigenen Kanone, Sie brauchen nur noch zu unterschreiben.
Marlin: Ach, machen Sie es selber, ich… auf eine kleine Urkundenfälschung kommt es doch sicher nicht mehr an…
Polizist: Ein Witzbold, Chef.
Polizeichef: Wie Sie wollen, Marlin, Plan Nummer zwei, Mac, nehmen Sie sich zwei Leute und fahren Sie Mister Marlin zum Präsidium, Sie sind persönlich für ihn verantwortlich, bei einem Fluchtversuch wird sofort scharf geschossen.
Polizist: OK, Chef, kleiner Umweg über den Wald, sicherheitshalber?
Polizeichef: Sie haben es erfaßt.
Marlin: Kann ich… kann ich jetzt eine Zigarette haben?
Polizist: OK, hier, halt mal an, steigen Sie aus, Marlin.
Marlin: Endstation Sehnsucht.
Polizist: Raus, wir haben nicht viel Zeit, los los, noch ein paar Schritte, wir wollen es uns doch nicht zu leicht machen.
Piet: Ha-ha-ha-hallo?
Toni: Halts Maul Piet, seien Sie beruhigt Mister Marlin das war fünf Minuten vor zwölf wie man so sagt, kommen Sie, unser Wagen steht gleich hier auf dem Waldweg.
Marlin: Erinnern Sie mich daran, daß ich Sie in meinem Testament bedenke, auch wenn Sie an Mundgeruch leiden… wohin?
Toni: Zum Boss natürlich, seine Heiligkeit, der Guru, will mit Ihnen die Karre aus dem Dreck ziehen, wie man so sagt, hahahaha…
Marlin: Haben Sie mal eine Zigarette für mich? Danke.
Guru: Spielen Sie Schach, Mister Marlin?
Marlin: Ja.
Guru: Ich hab mich manchmal gefragt, Mister Marlin, was sich wohl ein Bauer denkt, der auf dem Feld hin und hergeschoben wird, wenn er denken könnte, natürlich, sagen Sie es mir.
Marlin: Was hatte Chain gegen Waterson in der Hand?
Guru: Sieh da, Sie haben nachgedacht, Mister Marlin, es nützt Ihnen zwar nichts mehr, aber Sie geben sich Mühe, lobenswert.
Marlin: Danke, darf ich mich eins rauf setzen?
Guru: Waterson ist der heimliche Boss unserer kleinen sauberen Stadt, Mister Marlin, mit dem Polizeichef zusammen kontrolliert er alles was Geld bringt, Bars, Spielhöllen, das Rauschgiftgeschäft, was Sie wollen, Chain hatte keine Ahnung davon, aber als er vom Militär entlassen wurde, und bei Waterson wohnte, stieß er zufällig auf Unterlagen, interne Abrechnungen, Geschäftspapiere, er war entsetzt, moralisch entrüstet, glaubte immer noch an Sauberkeit, verstehen Sie, an den amerikanischen Traum, deshalb nahm er die Papiere an sich, um Waterson hochgehen zu lassen, zur Polizei konnte er damit natürlich nicht gehen, aber er hatte jemand, dem er sich anvertrauen konnte, einen geistigen Ratgeber, der ihn auf dem Pfade des Lichts zur Vollkommenheit führte.
Marlin: Und Sie sahen Ihre große Chance, Sie nahmen Chain bei sich auf, versteckt-en ihn und benutzten seine Papiere um Waterson zu erpressen, die fromme Hochst- apelei genügte Ihnen nicht mehr, Sie wollten in das ganz große Geschäft einsteigen.
Guru: Sehr gut, Mister Marlin.
Marlin: Aber Waterson war gerissener als Sie, er kriegte heraus, wo Chain steckte, und ließ ihn von der Polizei umlegen.
Toni: Tote singen nicht, wie man so sagt.
Marlin: Außerdem ließ er Beweismaterial fälschen, um Sie in den Mord an Chain zu verwickeln, Sie haben Ihr Spiel verloren.
Guru: Noch nicht, Mister Marlin, Toni, Piet, seht mal nach, wer da ist, will jetzt nicht gestört werden.
Toni: OK, Boss.
Guru: Noch nicht, Mister Marlin, ich habe Sie, und Sie wissen, wer Chain erschossen hat und warum, ich biete Waterson ein Geschäft an, wenn er mich beteiligt, liefere ich Sie der Polizei aus, als Leiche natürlich.
Polizeichef: Hände hoch!
Waterson: Was habe ich Ihnen gesagt, Chef, da sind Sie beide.
Polizeichef: Umlegen, Mister Waterson?
Waterson: Mit Mister Marlin würde ich mich gern noch ein bißchen unterhalten, aber den Guru brauchen wir nicht mehr, würden sie freundlicherweise…
Guru: Nein, nicht!
Waterson: Danke, damit sind Sie selbst auch überflüssig geworden, Chef, Sie wissen zu viel.
Polizeichef: Mister Waterson!
Marlin: Gratuliere, Mister Waterson, damit haben Sie alle Zeugen ausgeschaltet.
Waterson: Bis auf einen, Marlin, Sie wissen, daß mir gar nichts anderes übrig bleibt, als Sie auch noch zu erschießen.
Marlin: Im Moment konnte ich nichts anderes tun, als Waterson freundlich anzugrinsen, und unter dem Tisch mit dem Fuß nach dem schweren 45er-Colt des Polizeichefs zu angeln, mein Leben hing an meinem großen Zeh, wie schon so oft.
Waterson: Ich muß mich bei Ihnen bedanken, Mister Marlin, ohne Sie wäre mein Plan schiefgegangen.
Marlin: Es freut mich immer, wenn ein Auftraggeber mit mir zufrieden ist, empfehlen Sie mich bitte weiter.
Waterson: Sie waren mir äußerst nützlich, nicht weil Sie Bill Chain gefunden haben, das hätte notfalls auch die Polizei erledigen können, Sie sind der Sündenbock, der Mann, dem man alles anhängen kann, und diese Rolle haben Sie perfekt gespielt, Sie haben Chain aufgestöbert und mich informiert, damit ich mich um ihn und Sie kümmern konnte, und wenn der Guru nicht dazwischen gekommen wäre, lägen Sie jetzt als überführter Mörder im Leichenschauhaus, aber nicht wahr, aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Marlin: Sie waren aber auch nicht schlecht, Ihre Rolle als biederer Kleinstadtmillionär, der sich widerwillig mit einem Privatdetektiv abgeben muß, großartig.
Waterson: Angewandte Psychologie, mein bester, bevor ich Sie kommen ließ, habe ich mich über Ihre Methoden und Ihren Charakter genau informiert, Sie lassen sich von Ihren Auftraggebern nichts gefallen, außerdem sind Sie stur, wenn Sie einen Fall bearbeiten, führen Sie ihn zu Ende, Widerstand macht Sie nur noch verbissener, deshalb habe ich für Widerstand gesorgt, dieser Anruf gestern in Ihrem Hotel.
Marlin: „Lassen Sie die Finger vom Fall Chain“, hmh, das waren Sie.
Waterson: Ja, ich wußte, wie das auf sie wirken würde, und ich hatte recht, ich habe meistens recht, Marlin.
Marlin: Damit haben Sie es ja auch zum großen Kleinstadtgangster gebracht.
Waterson: Ganz recht, seien Sie mir nicht böse, wenn ich unsere interessante Unter-haltung jetzt beende, es ist noch so viel zu tun, ein neuer Polizeichef und… Violet!
Marlin: Sie stand in der Tür wie der Racheengel der Apokalypse, und ihr Schwert war ein Smith & Wesson Detective Special, ich langte nach dem Colt, aber das war nicht mehr nötig, sie wurde mit der Situation allein fertig, das ewig weibliche, wie man so sagt, aber Toni, der mir das Leben gerettet hatte, war tot, und Piet, und drei Bullen, und der Guru, und der Polizeichef, alle tot, und jetzt war Waterson fällig.
Violet: Er hat mich belogen, er hat versprochen, daß Bill nichts geschieht.
Marlin: Geben Sie mir Ihren Revolver.
Violet: Ich konnte doch nicht ahnen, daß er Bill umbringen wollte, und ich hab ihm noch dabei geholfen.
Marlin: Trösten Sie sich, ich auch, dann haben Sie mich also im Auftrag Ihres Mannes auf Magie Pulaski angesetzt.
Violet: Ja, ich sollte auf Sie aufpassen, damit Sie Bill auch bestimmt finden, er sagte, er wolle nur die Papiere zurück, er hat versprochen, daß Bill nichts geschieht.
Marlin: Bill, Violet, das war doch nur Theater, Sie wollten sicher gehen, ich sollte mit feuchten Dackelaugen hinter Ihnen herlaufen, damit ich nicht sehe, was rechts und links von mir geschieht, ja, gut ausgedacht, so war’s doch, ach, so war’s doch.
Marlin: Der Fall war erledigt, das Aufräumen konnten andere übernehmen, ich rief die Polizei in Los Angeles an und bestellte zwei Wagenladungen Staatsgewalt nach San Pedro, dann machte ich Bilanz, mein Honorar für zwei Tage und die Spesen waren in den Wind gehustet, und die versprochene Champagnerorgie mit Violet konnte ich im Frauengefängnis feiern, wenn Waterson mir wenigstens einen Vorschuß gegeben hätte.
Empfangschef: Sie wollen uns schon wieder verlassen, Sir, hoffentlich hat es Ihnen in unserer sauberen kleinen Stadt gefallen.
Marlin: Ja, ich brauch mich wochenlang nicht mehr zu waschen.
Empfangschef: Ich habe gehört, daß sich demnächst hier einiges ändern wird, glauben Sie das?
Marlin: Hm, vielleicht.
Empfangschef: Ach, wissen Sie, das ist uns schon ein paar Mal so gegangen, wenn ein Boss abtritt, steht der nächste schon von der Tür, verzeihen Sie, Sir, gute Reise.
Marlin: Phil Marlin war mal wieder der große Katalysator gewesen, der Mann, der seine Fälle auf einem Berg von Leichen beendet, hart, unbeeindruckt, ein Held, wie er im Buche steht, wenigstens bei Chandler, ich hing mir selbst zum Hals raus. Als ich aus der Stadt fuhr, hing der schmutzig-gelbe Himmel über mir wie das Fell einer ertrunkenen Siamkatze. Ich wollte nach Hause.
Phil Marlin, Privatdetektiv: Arnold Marquis
Mr. Waterson: Gerd Martienzen
Mrs. Violet Waterson: Barbara Schöne
Polizeichef: Klaus Sonnenschein
Gangster Pete: Norbert Langer
Gangster Toni: Joachim Pukasz
Der Guru: Moritz Milar
Maggie Pulaski: Eva Manhardt
Polizist Mac: Andreas Berg
Empfangschef: Georg Braun
Regie: Ulrich Gerhardt
Ray Bradbury: Ein langer Weg nach Hause (NDR/SDR 1989)
Charles: Es war ein langer heißer Tag gewesen, die Rechenmaschinen im Büro hatten gesungen wie Millionen metallischer Grillen, ein schrecklicher Tag, Mr Sternwall hatte mich angebrüllt, ich hätte Sternwill am liebsten umgebracht, eines Tages dachte ich auf dem Nachhauseweg, eines Tages wirst du diesen Mr Sternwill vom 10. Stock aus dem Fenster werfen, mein Herz ratterte wie eine aus dem Tritt geratene kaputte Rechenmaschine als ich endlich vor der Wohnungstür stand, was hatte doch der Doktor gesagt, ihr Herz hat ein bißchen Ruhe nötig, gönnen sie sich einen Urlaub, Urlaub, es war völlig unmöglich mit Lydia über Urlaub zu reden, jedes Mal wenn ich auf mein Herz zu sprechen kam, klappte ihr Mund zu wie eine Falle, nein, hinter der Wohnungstür hörte ich das Radio plärren wie immer und ich wußte, drinnen wartet sie, die Frau die ich einmal geliebt hatte, o mein gott, dieses ewige einerlei, rein in die Straßenbahn, raus aus der Straßenbahn, das Büro, die Arbeit, diese unendlich langweiligen Gespräche mit Lydia über halbgarem Essen, es war zum verrückt werden, manchmal dachte ich sogar daran Lydia umzubringen, die art und weise wie sie allen jüngeren Männern im Haus nachsah mit starren fibrigen Blick als ob sie Spielzeug wären das nur darauf wartete benutzt zu werden.
Travis: Oh hi Mr Guidney, hab gerade ihr Radio in Ordnung gebracht.
Charles: Radio, ich wußte gar nicht daß.
Travis: Ist wieder alles ok, auf wiedersehen, Mr Guidney.
Charles: Ich sah Travis nach, wie er den Flur hinunterging, dann trat ich in die Wohnung, Lydia saß breit hingefläzt auf dem Sofa geschmückt mit ihrer schreienden Rothaarperücke.
Lydia: Du bist aber spät dran.
Charles: Es ist doch erst fünf nach 6.
Lydia: Und morgen ist es 10 nach 6, und am abend drauf zwanzig nach, und es wird später und später und später.
Charles: Mein Herz Lydia.
Lydia: Dein Herz wieder mal dein verdammtes Herz, du bist kerngesund, Charly, das einzige was dir fehlt ist ein bißchen mehr Nachtschlaf.
Charles: Der Doktor sagt aber.
Lydia: Also ich kann zu meinen großen leidwesen nicht erkennen daß du nah daran bist tot umzufallen gott hab mich selig.
Charles: Ach du du willst doch nur ablenken, mich an der Nase rumführen, der junge Radiobursche dieser Travis ist wieder mal zu besuch da gewesen.
Lydia: Mach dich nicht lächerlich, Charli.
Charles: Das war zu viel, ihre Kälte brachte mich auf.
Charles: Kuck mal da eine Maus.
Lydia: Hi, wo.
Charles: Guck doch mal hin.
Lydia: Wo Charli.
Charles: Ihre schreckgeweiteten Augen irrten suchend umher, ich hatte wieder zum alten Trick gegriffen.
Lydia: Dafür zieh ich dir diese Woche 10 Dollar mehr von deinem Gehaltsscheck ab 10 Dollar oder du kochst du dir eine Woche lang dein Abendessen selbst wie letzten Monat.
Charles: Was sollte ich darauf antworten, die Ehe hat uns gemein und kleinlich werden lassen, das hätte ich vielleicht sagen können und komm Lydia wir verschwinden aus Los Angeles laß uns ein neues Leben beginnen, aber ich wußte ja es hatte kein Sinn, Lydia gehörte zu jener Sorte Frauen die einem aus purer Bosheit Sahne in den Kaffee schütten wenn man ihn am liebsten schwarz mag, und das Radio auf Orkanstärke stellen, wenn einem der Schädel brummt, wie hätte ich ihr meine Sehnsucht nach Ruhe, nach Urlaub, eingestehen können, sie hätte gesagt daß wir uns eine Reise um meiner Gesundheit willen gar nicht leisten können, da saß ich schon lieber da und sah mir beim sterben zu.
Lydia: Mach schon die Tür zu und häng deinen speckigen Hut auf.
Charles: Wozu, das nutzt jetzt auch nichts mehr, ich hab nämlich gerade jemand umgebracht.
Lydia: So wie heißt er denn.
Charles: Du scheint mich nicht zu verstehen, ich sagte ich hab gerade jemand umgebracht, umgebracht, abgemurkst, gekillt.
Lydia: Gekillt, wirklich.
Charles: Nun hatte ich die Sache angefangen, jetzt mußte ich sie auch zuende bringen, ein Rückzieher war nicht mehr drin, machs gut, redete ich mir zu, machts gut, gibs ihr, mach weiter.
Charles: Ich hab ihn direkt ins Herz getroffen, ganze Arbeit, ich konnte nicht anders, ich mochte seine Visage nicht, es war einer von diesen Leuten ohne Kinn, ich hab ihm das Herz durchs Rückgrat gepustet, er hat ganz verwundert geguckt.
Lydia: Ach nein.
Charles: Es war beinahe so, als hätte ich wirklich jemand umgebracht, ich stellte mir den Knall vor, das Blut, die Erregung, mein Herz pochte, und Lydia, ihren Mr Trevis und ihr Radio und ihre niederträchtige Grausamkeit hatte sie total vergessen, sie sah mir zu wie einem Roboter dessen Schlüssel sie verloren hatte, eins war mir klar, wenn ich mich jetzt verplapperte, konnte ich himmlischen Beistand brauchen.
Charles: Peng und ab in die Hölle, das hättest du sehen sollen, er knickte über meiner Knarre ein, wie eine Marionette, gott war das aufregend.
Lydia: Charlie.
Charles: Der Einfall kam mir heute morgen im Büro, Mr Sternwall brüllte mich an, und da hab ich mir gedacht, er sollte nicht so laut brüllen, ich kann das nämlich gar nicht leiden, und dann hab ich mir gedacht wozu ist er eigentlich noch auf der Welt, der wird allmählich alt und irgendjemand muß doch mal dafür sorgen daß er aufhört so herumzubrüllen irgendjemand aber wer, auf einmal ist mir dann die Idee gekommen.
Lydia: Du.
Charles: Ja ich, Mr Charles Guidney, der kleine ordentliche feige und blaße Angestellte Charles C. Guidney, Blut überall Blut.
Charles: Lydias Gesicht war wie es in 10 Jahren nicht mehr gewesen war, alle Gemeinheit war in diesem Augenblick aus ihm gewichen, sie war erschüttert, plötzlich war Lügen die schönste Sache der Welt.
Lydia: Aber die Waffe Charly, die Pistole du hast doch gar keine.
Charles: Och nichts einfacher als das, ich hab heute früher feierabend gemacht, auf der Main street kann man sich keine Waffe kaufen ohne Waffenschein, also hab ich mir eine geklaut, ne 22er, als der Händler einen Augenblick nach hinten ging hab sie mir geschnappt, dann ging ich zurück ins Büro und folgte Mr Sternwell die Treppe runter, in einer Seitenstraße hab ich ihn dann kaltgemacht, ja und nun bin ich auf der Flucht, wir müssen aus der Stadt verschwinden, Lydia verreisen.
Lydia: Wir.
Charles: Ja wir beide, natürlich oder.
Charles: Sie gab keine Antwort, wenn sie mich wirklich haßte, würde sie mich jetzt der Polizei übergeben, auf der Stelle, mein gott die Peinlichkeit wenn sie wirklich die Polizei riefe, ich würde in ihrer Gegenwart mit der Wahrheit herausrücken müssen und sie würde keifen und kochen und mich noch mehr hassen.
Lydia: Und was soll ich deiner Meinung nach tun.
Charles: Du meinst du willst mir helfen, du liebst mich noch so sehr daß du mit mir gehst.
Lydia: Was soll ich deiner Meinung nach tun.
Charles: Vielleicht durchschaute sie mich, vielleicht sah sie ganz neue Seiten an mir weil ich genug Fantasie bewiesen hatte mir eine derartige Geschichte auszudenken, vielleicht spielte sie dieses Spiel selbst gerne mit, ich mußte fast lachen.
Lydia: Also Charli, was soll ich deiner Meinung nach tun.
Charles: Ich packe die Koffer, du reservierst Plätze im Nachtbus nach San Diego, wir vergessen die ganze Geschichte in Mexiko 6 Monate lang, das wird toll Lydia.
Lydia: Wie du meinst Charly.
Charles: Und spute dich, viel Zeit haben wir nicht zu verlieren.
Lydia: Natürlich Charlie ich geh ja schon.
Charles: Etwas verblüfft war ich doch, sie liebt mich, sie hilft mir tatsächlich, sie geht mit mir, singend und lachend suchte ich Kleider zusammen und stopfte sie in die Koffer, dann rasierte ich mich, in aller Ruhe, die Rasiercremetube ließ ich absichtlich offen und gab mir auch gar nicht erst Mühe das Waschbecken zu säubern oder das Handtuch gerade aufzuhängen.
Lydia: Hier sind die Fahrkarten.
Charles: Du hast aber lange gebraucht.
Lydia: Tut mir leid.
Charles: Mach das nicht noch mal.
Lydia: Es waren zu viel Leute da.
Charles: Und bloß keine Ausreden.
Lydia: Wirklich ich kann von Glück sagen daß ich überhaupt Karten gekriegt habe.
Charles: Lydia.
Lydia: Der Bus fährt punkt 9.
Charles: Lydia du weißt nicht was das für mich bedeutet, daß du zu mir stehst.
Lydia: Ja Charly, ja.
Charles: Hörst du mein gott sie umstellen das Haus, wo ist mein Mantel, die Koffer, schnell die Hintertreppe runter, und ab durch die Seitenstraße.
Lydia: Der Streifenwagen ist vorbeigefahren Charly.
Charles: Ah so ja dann gehen wir wohl doch besser vorne raus, was ich nehme an es sieht ziemlich eigenartig aus wenn wir durch die Seitenstraße türmen.
Charles: Es ging schneller als ich gedacht hatte, 123 und wir waren unten trotz der schweren Koffer.
Lydia: Mr Kelly.
Kelly: Ah sieh an Mr und Mrs Guidney, schönen Tag auch.
Charles: Tag Officier.
Lydia: Oh bitte bitte Mr Kelly, Charley wollte den Mann doch gar nicht umbringen.
Charles: Was soll das, nimm dich gefälligst zusammen.
Lydia: Er wußte nicht was er tat, bitte bitte erschießen sie ihn nicht.
Kelly: Er wußte nicht was er tat, was denn.
Charles: Nichts Kelly nichts, das verstehen sie nicht.
Lydia: Charly er wird uns erschießen.
Kelly: Jetzt aber mal langsam.
Charles: Geh rein Lydia, geh rein, ist schon gut Lydia, o gott.
Kelly: Wovon reden sie eigentlich.
Lydia: Es ist Mr Sternwall, er war alt und gemein, und jemand mußte ihn mal erschießen und Charly hat es getan.
Charles: Jetzt ist es aber genug, Lydia du gehst rein und wartest bis ich komme.
Kelly: Also Mr Guidney.
Charles: Meine Frau hat es mit den Nerven, verstehen sie, sie sie sie glaubt ich hätte einen Mann erschossen, hab ich aber nicht.
Kelly: So.
Charles: Nein Sir hab ich nicht, war alles nur ein Witz.
Kelly: Nur ein Witz, aha und das hier, natürlich schaffen sie die Klamotten gerade zum trocknen in die Wäscherei rüber.
Charles: Klamotten.
Kelly: In ihren Koffern natürlich und dieses kleine grüne Papier das aus ihrer Tasche guckt, da wär also keine Busfahrkarte nach San Diego.
Charles: Officer ich sag ihnen doch meine Frau bringt alles komplett durcheinander.
Kelly: Darf ich dann vorschlagen, daß sie mich aufklären.
Charles: Rufen sie doch auf dem Revier an, fragen sie doch mal nach, ob in den letzten 3 Stunden irgendwelchen alten Männer getötet wurden.
Kelly: Also so beknackt bin ich nun auch wieder nicht Mr Guidney, vielleicht haben sie die sterblichen Überreste versteckt.
Charles: Also bitte Kelly sehe ich denn wie ein Verbrecher aus, kommen sie mal her.
Kelly: Aha.
Charles: Verstehen sie jetzt, wenn sie herauskriegt, daß alles ein ausgemachter Schwindel ist, trag ich den Kopf nie wieder oben, die zieht mir bei lebendigem Leib die Haut ab.
Kelly: Das ist natürlich eine andere Sache, aber keine Angst, ich werde ich Katze schon nicht aus dem Sack lassen.
Charles: Danke Kelly.
Kelly: Ich weiß genau wie ihnen zu mute ist, also meine Frau manchmal, naja, ich hoffe es macht ihnen nichts aus Mr Guidney, wenn ich trotzdem mal anrufe.
Charles: Na klar doch klar.
Kelly: Nur ne Frage, liegt was besonderes vor.
Charles: Was ist.
Kelly: Was, ein Mord natürlich, ja, was, wirklich, tatsächlich.
Charles: Na was ist denn nun Kelly.
Kelly: Ach hat er.
Charles: Es ist doch nichts oder.
Kelly: Ja wenn das so ist, mach ich.
Charles: Was denn Kelly.
Kelly: Er steht direkt neben mir, ok.
Charles: Nein Kelly nein, sehen sie mich nicht so an.
Kelly: Oh doch Mr Guidney, ich verhafte sie hiermit wegen Mordes an einem gewissen John Pastor, der vor einer halben Stunde an einer Schußwunde verblutend aufgefunden worden ist, erschossen mit einer 22 Pistole in einer Toreinfahrt, hinter ein paar Kehrrichtkübeln drüben in der Tempelstreet, das ist gerade mal 8 Ecken von hier, nah genug also um mich an, verdammt.
Charles: Was blieb mir anderes übrig, ich trat Mr Kelly genau in dem moment vors Schienbein als er die Handschellen hervorholte, dann gab ich ihm noch eins mit der Faust, Kelly blieb regungslos liegen, dann rannte ich zurück über die straße ins haus.
Lydia: Charly, wir können nicht entkommen, wir schaffen es nie.
Charles: Glaubst du.
Lydia: Wir waren verrückt es zu versuchen.
Charles: Jetzt ist alles ganz anders, warte auch mich Lydia, ich bin gleich zurück.
Lydia: Und die Busfahrkarten.
Charles: Die brauchen wir jetzt nicht mehr, bis nachher Lydia.
Lydia: Wo gehst du hin.
Charles: Ich weiß es nicht.
Lydia: Charly komm zurück, Charly.
Charles: Ein leben lang sture Mittelmäßigkeit, und nun auf einmal bum krach peng Jack the Ripper, die kalte Hand des Schicksals, ich blickte mich um, hier war es also passiert, vor einer halben Stunde, in diesem schäbigen Einkaufsviertel, in dem Lydia und ich oft einen Bummel gemacht hatten, Schnapsläden, Waffenläden, kleine Cafes, leere Parkplätze und dunkle Seitenstraßen, betrunkene Männer die ziellos umher torkelten du Narr sagte ich mir, die Bullen werden dir deine Geschichte jetzt auf keinen Fall mehr abkaufen, wie willst du die Busfahrkarten erklären, die gepackten Koffer, deine Flucht, die meisten Läden hatten ihre Schutzgitter schon geschlossen, nur ein paar Geschäfte hatten noch Licht.
Charles: Ich hörte hier solls ein bißchen Ärger gegeben haben.
Mann: Ja da drüben in der Seitenstraße.
Charles: Ein alter Mann, was, wer war er, wer hat ihn denn umgebracht.
Mann: Ich weiß nicht, ein oller Penner, was geht mich das an.
Charles: Haben sie irgendwas gesehen.
Mann: Ne, nichts hab bloß blaue Hemden und Sheriffsterne gesehen und Sirenen gehört.
Charles: Ich ging weiter und dachte angestrengt nach, du suchst einen alten Mann den du nie zuvor gesehen hast und den der ihn umgebracht hat, du mußt den wahren Mörder finden, bei einer Bevölkerung von anderthalb Millionen kann das doch kein Kunststück sein, mir war danach die Leute die mir entgegen kamen anzuhalten ihnen ins Gesicht zu sehen und sie zu fragen, haben sie etwa zufällig vor einer Stunde jemand umgebracht, nein na dann besten dank auch und den nächsten, Mister sind sie ein Mörder, ich ging in jeden Laden der noch offen war, aber niemand hatte was gesehen.
Verkäufer: Der tote, Jonny, nein, hat ne menge gesoffen, hat die ganze Zeit hier in den Einfahrten rumgelungert, hat da nachts auch geschlafen aber Grund den kalt zu machen hatte keiner hatte doch kein bißchen Geld, sagen sie haben sie ihn gekannt.
Charles: Ich, ich bin sehr nah mit ihm verwandt.
Verkäufer: Achso.
Charles: Da hatte ich mir ja was schönes eingebrockt, während ich nur so auf dem Nachhauseweg mit dem Gedanken gespielt hatte, Mr Sternwill, meinen Boß umzubringen, hatte ich meinem eigenen geregelten arbeitsamen Leben eine unvorhersehbare Wendung ins Chaos gegeben, dabei hatte ich doch niemand umgebracht, ich ärgerte mich über meine Schnapps-idee, ja nun du Schlauberger, sagte ich mir, wenn du nicht der Mörder bist, wer ist es dann.
Charles: Mr hat ihnen jemand heute ne Waffe abgekauft, ne 22.
Händler: Sie machen wohl nen Witz.
Charles: Ich meine es ernst.
Händler: Gehen sie mir doch nicht mit sowas auf den Geist, die Leute kaufen sich doch nicht jeden Tag eine Waffe, außerdem man braucht einen Waffenschein.
Charles: Vielleicht hat jemand darum gebeten, ihre Waffen ansehen zu dürfen, und wenns nur einer ist.
Händler: Ein Kunde oder zwei, ich weiß nicht mehr so genau.
Charles: Vermissen sie vielleicht eine Waffe.
Händler: Nein wieso denn, überhaupt nicht.
Charles: Allmählich wurde ich müde, immer die gleiche Antwort.
Charles: Vermissen sie vielleicht eine Waffe Mr.
Händler: Warten sie mal einen Moment, glaube nicht, aber 123456, nur 8, es müssen doch 9 sein, 1234 verdammt eine fehlt, eine 22er.
Charles: Erinnern sie sich noch, wer sie sich heute angesehen hat.
Händler: Klar doch sicher, nur eine Person, konnte die Waffe nicht kaufen, hatte keine Erlaubnis, ich bin dort hinten in den kleinen Raum gegangen und als ich wieder rauskam war niemand mehr da, muß die Waffe gebraucht haben, hat sie einfach geklaut.
Charles: Können sie die Person beschreiben.
Händler: Natürlich, natürlich kann ich das.
Charles: Und der Ladenbesitzer verbreitete sich in größter Ausführlichkeit über die Besonderheiten jener Person, die für das Verschwinden der Pistole verantwortlich war, ich weiß nicht, was plötzlich mit mir loswar, die Knie gaben unter mir nach, der Laden um mich herum löste sich auf, erst nach einiger Zeit gelang es mir, den Händler wieder klar ins Auge zu fassen.
Charles: Ein Mörder könnte also ihre Waffe stehlen, jemanden ein paar Ecken weiter erschießen und die Waffe zurückbringen, bevor sie merken, daß sie fehlt oder.
Händler: Sicher sicher ich nehm sie fast an, aber sie ist ja nicht zurück gebracht worden, ist immer noch weg.
Charles: Auf diese Weise könnte also jemand an eine Waffe kommen und sie benutzen, die Polizei würde sie nie und nimmer aufspüren, und der Waffenhändler würde ebenfalls nie und nimmer Verdacht schöpfen, die Polizei würde nicht auf den Gedanken kommen, Waffen zu überprüfen, die sie schon jahrelang hier haben, sie würde wahrscheinlich fragen, ob eine fehlt, oder ob sie irgendeine 22er verkauft haben, aber das wäre auch alles nicht wahr.
Händler: Ja ja vielleicht möglich wäre es ja fast.
Charles: Völlig erledigt machte ich mich auf den Heimweg, unterwegs fiel mir ein kleiner Laden auf, dessen Lichter noch an waren und in seinem Schaufenster befand sie etwas bestimmtes, Waffen für die man keine Lizenz benötigte, ich ging hinein, legte etwa Geld auf den Kassentisch und als ich wieder herauskam liebkoste meine Hand in der rechten Manteltasche eine Pistole.
Kelly: Ah das sind sie ja wieder.
Charles: Ich nehme an, sie kriegen ihren Mörder noch heute abend Kelly.
Kelly: Ein Glück für sie Freundchen daß sie aus eigenem Entschluß zurückgekommen sind, noch einmal entkommen sie mir nicht.
Charles: Darf ich mich zuerst noch von meiner Frau verabschieden.
Kelly: Naja meinetwegen, ich denke ich kann sie adieu sagen lassen.
Charles: Könnten sie draußen warten Kelly.
Kelly: Gut, Mr Guidney.
Lydia: Ach Charly, gut daß dir nichts passiert ist, ich hatte schon Angst, sie hätten dich erschossen.
Charles: Beinahe hätten sies und sie tuns vielleicht auch noch.
Lydia: Wir kommen bestimmt nicht davon, oh Charly warum hast du es nur getan.
Charles: Ich habs gar nicht getan.
Lydia: Was.
Charles: Ich habe gelogen, hast du denn nicht gemerkt daß ich von anfang an gelogen habe.
Lydia: Ich wieso nein nein hab ich nicht.
Charles: Und ist dir da nicht ein toller Einfall gekommen, meine teure Gattin.
Lydia: Ich verstehe nicht Charly.
Charles: Ich hab dich losgeschickt, Fahrkarten besorgen, du mußtest nur in diesem Laden vorbeischauen, der auch Waffen führt, nach einem bestimmten Artikel fragen, so daß der Besitzer für einen Augenblick den Raum verlassen mußte, die Waffe stehlen, die Tempelstreet entlanglaufen, einen von den dutzenden Säufern und Pennern aussuchen die dort in den Eingängen schlafen, den Mann erschießen, zum Busbahnhof weitergehen, die Fahrkarten kaufen und wieder heimkommen.
Lydia: Was redest du da.
Charles: Als du dann den Polizisten gesehen hast, hast du einen hysterischen Anfall vorgetäuscht, um mich ans Messer zu liefern, ein guter Plan, du hattest nur nicht bedacht, daß ich entkommen und mich bei den Waffenhändlern umtuen könnte, du hattest wahrscheinlich die Absicht, die Waffe morgen zurückzubringen, deine Aussage gegen mich wäre vernichtend gewesen, ich sei heimgekommen, hättest du gesagt und hätte dir erzählt, ich hätte jemanden umgebracht, du hast gehofft daß mich die Polizei bei der Festnahme vielleicht sogar erschießt, die Busfahrkarten, unsere gepackten Koffer, meine Vorgesetzten, die von nichts wußten, unsere Freunde, denen unsere Reisepläne nicht bekannt waren, all das wären verdammt gute Beweise gegen mich gewesen.
Lydia: Du fantasierst.
Charles: Ich auf Jahre im Gefängnis, womöglich sogar hingerichtet und du frei, frei mit deinen Busfahrkarten hinzufahren wo immer du willst, natürlich in Begleitung deines Freundes Travis, keine Langeweile mehr, was Lydia.
Lydia: Du bist verrückt, verrückt, total übergeschnappt.
Charles: Tut mir leid daß es so ausgegangen ist, wir hätten glücklich sein können, hätten noch mal von vorne anfangen können, selbst wenn dir klar war, daß ich dir das mit dem Mord nur vorgelogen hatte, du hättest mitspielen sollen, es wäre schön gewesen, aufregend, hast du mich all die Jahre so sehr gehaßt.
Lydia: Du bist ja wahnsinnig.
Charles: Dann Lydia komm her, dann sieh dir doch erstmal das hier an.
Lydia: Nein Charly.
Charles: Scharf geladen, so scharf wie deine 22er.
Lydia: Du willst.
Charles: Es ist aus Lydia.
Lydia: Charlie.
Charles: Aus, endgültig aus.
Lydia: Ja Charly, ja ich habs getan, ich habs getan, ich hab ihn umgebracht, aber nimm das Ding weg, nimm es weg bitte bitte.
Kelly: Ok Mr Guidney, lassen sie ihre Frau in ruhe, ab jetzt kümmere ich mich um sie, geben sie ihre Waffe her.
Charles: Ist nichts wert Kelly, nur eine Spielzeugpistole.
Lydia: Du Schwein, du Miststück.
Kelly: Ruhig Mrs. Guidney, ganz ruhig.
Charles: Balduin Baas
Travis: Adolphos Sowah
Lydia: Evelyn Hamann
Kelly: Franz-Josef Steffens
Mann: Douglas Welbat
Verkäufer: Hans Irle
1. Händler: Gerd Samariter
2. Händler: Gerlach Fiedler
Henry Slesar: Genau die richtige Art von Haus (WDR 1965)
Sally: Dadadabadada, hu-la…
Hacker: Sally.
Sally: Hu-la, lalala…
Hacker: Sally, bitte hören Sie gefälligst mit dem Geplärre auf, das macht einen ganz krank.
Sally: Ja, Mr. Hacker.
Hacker: Machen Sie mal ein Fenster auf, die Luft ist ja zum schneiden.
Sally: Das kommt von Ihrer Zigarre, Mr. Hacker.
Hacker: Reden Sie nicht, reden Sie nicht, bedienen Sie lieber das Telefon.
Sally: Ja, Mr. Hacker, hier Maklerbüro Hacker…ja…ja…bei 30 Grad im Schatten, nein, nein, Idiot.
Hacker: Sind Sie immer so höflich zu meinen Kunden?
Sally: War kein Kunde.
Hacker: Wer war’s denn?
Sally: Heizölfirma.
Hacker: Was wollte die denn?
Sally: Öl verkaufen.
Hacker: Was, Heizöl bei der Hitze, Idiot.
Sally: Hab ich doch gesagt, hida…badadada…
Hacker: Ein fremder Wagen.
Sally: Häh?
Hacker: Fährt ganz langsam, sehen Sie mal, New Yorker Nummer dem gelben Rechteck nach zu urteilen.
Sally: Sagen Sie bloß, wir kriegen Kundschaft.
Hacker: Sieht fast so aus, der, der scheint jemand zu suchen, tatsächlich, der hält vor unserm Haus.
Sally: Auch das noch.
Hacker: Na los, Sally, tun Sie so, als hätten Sie was zu tun.
Sally: Was denn Mr. Hacker, Whisky holen oder.
Hacker: Nein, was geschäftliches natürlich, spannen Sie einen Bogen in die Maschine und tippen Sie.
Sally: Was denn, richtig arbeiten.
Hacker: Und machen Sie das Radio aus, los, los.
Sally: Jajajajaja…
Hacker: Bewegen Sie sich ein bißchen.
Sally: Schön, schön spielen gut gehendes Geschäft.
Hacker: Ja, na, etwas schneller.
Sally: Was soll ich denn nur tippen, Mr. Hacker?
Hacker: Von mir aus das Alphabet vorwärts und rückwärts, Hauptsache, es hört sich nach Arbeit an.
Sally: OK.
Hacker: Na schneller, können Sie nicht ein bißchen schneller.
Sally: Ja.
Hacker: Ja.
Waterbury: Mr. Hacker?
Hacker: Ja, Sir. Hacker, Haus- und Grundstücksmakler, was kann ich für Sie tun?
Waterbury: Ich hab hier in dieser Zeitung Ihre Anzeige gefunden.
Hacker: Ja, ich setze jede Woche ein Inserat ein, hin und wieder inseriere ich sogar in der Times.
Waterbury: Soso.
Hacker: Ja, die, eine Menge Leute aus der Großstadt interessieren sich nämlich für Städte wie, wie unser kleines Ivy Corners, Mr.
Waterbury: Waterbury, darf ich mich setzen.
Hacker: Bitteschön.
Waterbury: Danke.
Hacker: Nehmen Sie Platz, Mr. Waterbury, ja, gerade diese kleinen idyllischen Städte sind jetzt sehr beliebt, hehehe, nicht wahr, stimmt’s Sally.
Sally: Sagten Sie was, Mr. Hacker?
Hacker: Ja, ich sagte was, ich sagte, daß grade Leute aus der Großstadt solche kleinen idyllischen Städtchen wie unseres sehr lieben.
Sally: O ja, Mr. Hacker, die Leute sind ganz versessen drauf.
Hacker: Ja, schon gut, Sally, schreiben Sie weiter.
Waterbury: Ich hab nicht viel Zeit, kommen wir gleich zum Geschäftlichen.
Hacker: Ist mir recht, Sir, ähm, Sally, Sally?
Sally: Ja, Mr. Hacker?
Hacker: Hören Sie endlich mit dem verdammten Geklapper auf.
Sally: Ja, Mr. Hacker.
Hacker: Also, ist es irgend ein spezielles Grundstück, für das Sie sich interessieren, Mr. W…
Waterbury: Waterbury, ja, es handelt sich um ein Haus, das am südlichen Stadtrand liegt, ganz genau gegenüber einem alten Bau.
Sally: Ach, das Kühlhaus.
Waterbury: Ja, was dieser Bau darstellt, weiß ich nicht, es steht leer.
Hacker: Südlicher Stadt, Sie meinen sicher das Kühlhaus, ja dieses, äh dieser leerstehend, leerstehende Bau ist das Kühlhaus, nicht wahr, Sally.
Sally: Ja, richtig.
Hacker: Und das andere, sagen Sie, war das ein Haus, etwa so ein altes Haus mit Säulen und.
Waterbury: Ja, es hatte Säulen.
Hacker: Und eine Veranda davor, so eine alte hölzerne Veranda und rund herum so ein verwilderten Garten, meinen Sie das Haus.
Waterbury: Die Beschreibung paßt genau, das ist das Haus, das ich meine, also, wie steht es damit, soweit ich mich erinnere, habe ich irgendwo eine Tafel „Zu verkaufen“ gesehen, aber 100prozentig weiß ich es nicht.
Hacker: Doch doch, da können Sie schon recht haben, also so ein Haus möchten Sie haben.
Sally: Wie wär’s denn mit dem Bungalow, Chef?
Hacker: Moment, gut, da könnte, da könnte ich Ihnen schon was anbieten, beispielsweise 6 Zimmer, 2 Bäder, Swimmingpool und einen sehr gepflegten Park.
Waterbury: Was faseln Sie da von Swimmingpool?
Hacker: Also kein Swimmingpool, bitte sehr, bitte, dann vielleicht äh ein Waldgrundstück, Blockhaus, 5 Zimmer, eigenes Jagd.
Waterbury: Mr. Hacker, hören Sie zu, ich habe Sie nicht nach irgendeinem Haus gefragt, sondern nach dem Haus mit den Säulen und der Veranda davor.
Hacker: Aber lieber Mr. Waterbury, das ist doch kein Haus für Sie.
Waterbury: Überlassen Sie das gefälligst mir.
Hacker: Bitte, bitte, schön, Sally, bitte die Akte Grimes, bitte bißchen schneller, ja, ich werde es Ihnen zeigen, Mr. Waterbury, aber ich garantiere Ihnen, daß Sie das Haus nicht kaufen werden.
Sally: Bitte sehr, Mr. Hacker, Grimes, hier ist die Akte.
Hacker: Na, dann wollen wir mal sehen. Aber vielleicht ist es am besten, Sie lesen es selber, Mr.
Waterbury: Ja gut, geben Sie her, aha, echter Kolonialstil, 8 Zimmer, 2 Bäder, automatische Ölheizung, geräumige Veranden, Bäume und Sträucher, Geschäfte und Schulen in der Nähe, aber was wollen Sie eigentlich, Mr. Hacker, hört sich doch alles wunderbar an.
Hacker: Ja, lesen Sie nur weiter.
Waterbury: Gepflegtes ruhiges Wohnviertel ohne Industrie, kein Gegenüber, Preis 75…75.000 Dollar, das, das, Sie sind wohl nicht recht bei Trost.
Hacker: Na, was habe ich gesagt, immer noch interessiert?
Waterbury: Steht das Haus auf einer Ölquelle oder was ist los damit.
Hacker: Ohoho, Sie meinen, weil es so teuer ist.
Waterbury: Na was wohl sonst, ja.
Hacker: Das ist es doch gerade, seit 5 Jahren habe ich das Haus an der Hand, nicht wahr, Sally.
Sally: Jaja.
Hacker: Seit 5 Jahren, ich will gern verkaufen, das ist doch mein Beruf, nur zu gern, davon leb ich doch, aber bisher hat sich noch kein Käufer gefunden, der bereit ist, ganze 75.000 Dollar für das Haus zu bieten.
Sally: Nicht einer.
Hacker: Keiner, mit einem Wort, aber Mrs. Grimes läßt einfach nicht mit sich reden.
Waterbury: So, sie läßt nicht mit sich reden, hat sie vielleicht einen besonderen Grund, wer ist diese Mrs. Grimes eigentlich.
Sally: Die Hausbesitzerin.
Hacker: Die Hausbesitzerin, ich glaube, ich glaube, es ist am besten, ich erzähle Ihnen mal alles von Anfang an.
Waterbury: Tun Sie das, Mister, wenn ich kaufen soll, muß ich alles genau wissen, ganz genau sogar.
Hacker: Mrs. Grimes, die Hausbesitzerin also, ist eine sehr nette alte Dame, vor 5 Jahren, als ihr Sohn starb, entschloß sie sich, das Haus zu verkaufen, nicht wahr, Sally, den Auftrag dazu gab sie mir, ich wollte gar nicht, wirklich nicht.
Sally: Das stimmt, das stimmt.
Hacker: Ich wollte gar nicht, nicht wahr, Sally, Mr. Waterbury, das hab ich ihr auch mitten ins Gesicht gesagt, der alte Kasten ist doch niemals 75.000 Dollar wert, Sie können es mir glauben, ich verstehe was von Häusern.
Sally: Also da können Sie ganz sicher sein, der Chef, der versteht was von Häusern.
Hacker: Ganz ganz sicher sein, keine 10.000 ist es wert.
Waterbury: So, keine 10, und sie will 75. haben.
Hacker: Ja, fragen Sie mich nicht, warum, das Haus ist nämlich wirklich alt.
Sally: Ein ziemlich alter Kasten, unter uns gesagt.
Hacker: Ja aber nicht so wie die anderen, die solide wie auf Fels gebaut sind, einfach alt ist es, nichts weiter, außerdem ist nie etwas gegen Termiten getan worden, in den nächsten paar Jahren kommt bestimmt ein Balken und dann klappt der nächste runter, zudem stehen die Kellerräume die halbe Zeit unter Wasser.
Sally: Na, da brauchen Sie keinen Swimmingpool, ne?
Hacker: Die erste Etage ist auf der einen Seite gut 20 cm abgesackt, und das Grundstück ist der reinste Urwald.
Waterbury: Ja, weshalb verlangt sie dann so viel dafür.
Hacker: Fragen Sie mich nicht, vielleicht Gefühl, für Tradition, seit dem großen Krieg ist das Haus im Besitz der Familie, kann sein, daß das der Grund ist.
Waterbury: Ja, das kann natürlich sein, ach, und dabei gefällt es mir so gut, es ist, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, es ist genau die richtige Art von Haus für mich.
Hacker. Ich weiß, was Sie meinen, ein freundliches altes Haus, und für 10.000 Dollar wäre es auch ein guter Kauf, aber 75, hahaha.
Waterbury: Ich fahr mal hin zu der alten, werd mal mit ihr reden.
Hacker: Ich werde bei Mrs. Grimes anrufen und sie auf Ihren Besuch vielleicht vorbereiten.
Waterbury: Meinetwegen, also bis später.
Waterbury: Genau die richtige Art von Haus ist das.
Grimes: Ah, Sie sind sicher Mr. Waterbury, Mr. Hacker hat Sie schon angekündigt.
Waterbury: Ja, der bin ich, guten Tag, Mrs. Grimes, wie geht es Ihnen?
Grimes: Ich bin zufrieden, wahrscheinlich möchten Sie hereinkommen.
Waterbury: Wenn ich darf, es ist nämlich schrecklich heiß hier draußen.
Grimes: Oh, aber bitte, mein lieber, bitte, kommen Sie, so, ich habe schon Limonade in den Kühlschrank gestellt, aber eins muß ich Ihnen gleich sagen, Mr. Waterbury, ich lasse mich auf keinen Handel ein, nein, zu diesen Leuten gehöre ich nicht.
Waterbury: Aber ich will doch gar nicht mit Ihnen handeln, Mrs. Grimes.
Grimes: So, bitte hier herein.
Waterbury: Danke.
Grimes: Bitte, Mr. Waterbury, nehmen Sie Platz, ich setze mich gleich wieder in meinen Schaukelstuhl, da sitze ich nämlich am bequemsten.
Waterbury: Darf ich Ihnen behilflich sein.
Grimes: Nein danke, das kann ich recht gut alleine, sonst ist ja auch niemand hier, der mit hilft.
Waterbury: Schön dunkel und kühl ist es hier, eine richtige Wohltat.
Grimes: Also, was führt Sie her, Mr. Waterbury.
Waterbury: Tja, ja da dann will ich es mal folgendermaßen ausdrücken, Mrs. Grimes, ich bin Geschäftsmann, Junggeselle dazu.
Grimes: O wie schön.
Waterbury: Ja, ich habe schwer gearbeitet und dabei ein hübsches kleines Vermögen gemacht, und jetzt möchte ich mich zur Ruhe setzen, am liebsten an einem Ort, wo es ganz ruhig ist, Ivy Corners gefällt mir, ja, vor einigen Jahren bin ich einmal hier durchgekommen, und zwar auf dem Wege nach, nach Albany, und damals habe ich mir gesagt, hier möchte ich leben, einmal so richtig ausspannen.
Grimes: Und.
Waterbury: Ja, und als ich heute durch diese Stadt fuhr und dieses Haus hier sah, da, da war ich begeistert, es scheint für mich genau richtig zu sein.
Grimes: Mir gefällt das Haus auch, Mr. Waterbury, und deshalb verlange ich auch einen angemessenen Preis dafür.
Waterbury: Einen angemessenen Preis, Sie müssen doch zugeben, Mrs. Grimes, daß ein Haus dieser Art heutzutage nicht mehr als.
Grimes: Mr. Waterbury, Sie schlimmer Sie, Sie sollen doch nicht mit mir streiten.
Waterbury: Aber liebe Mrs. Grimes.
Grimes: Jaja, Sie streiten mit mir, und in diesem Punkt, da bin ich nun etwas eigensinnig, ich habe einen Preis für das Haus festgesetzt, und wenn Sie den nicht bezahlen wollen, brauchen wir uns gar nicht mehr darüber zu unterhalten, dann sprechen wir vom Wetter.
Waterbury: Aber Mrs. Grimes, ich meinte doch nur, es wäre vielleicht.
Grimes: Kein Wort mehr von dem dummen Haus, mein Lieber, wollen wir ein bißchen in den Garten gehen?
Waterbury: Noch einen Moment, Mrs. Grimes, bitte, noch einen kleinen Moment, ich weiß, daß es verrückt ist, aber, also gut, Mrs. Grimes, ich bin einverstanden, ich zahle den Preis, ich zahle, was Sie verlangen.
Grimes: So, haben Sie sich das auch genau überlegt, Mr. Waterbury?
Waterbury: Ja, das habe ich, Geld habe ich genug, wenn Sie unbedingt Ihren Willen haben wollen, bitte, ich bin einverstanden.
Grimes: Sie wollen mir wirklich 75.000 Dollar bezahlen.
Waterbury: Da Sie darauf bestehen, nun gut, ich, das Haus gefällt mir nun mal, ja, es gefällt mir wirklich.
Grimes: Das freut mich, nun, die Limonade ist jetzt bestimmt kalt genug, ich hole Ihnen ein Glas.
Waterbury: Sehr freundlich.
Grimes: Und dann möchte ich Ihnen einiges über dieses Haus erzählen.
Waterbury: Puh, diese Affenhitze, auf die Dauer hält das kein Mensch aus.
Grimes: So, Mr. Waterbury, hier ist Ihre Limonade.
Waterbury: Vielen Dank.
Grimes: Ich habe noch Eiswürfel hinein getan.
Waterbury: Oh, danke, Mrs. Grimes, danke, sehr liebenswürdig, oh, das tat gut.
Grimes: Dieses Haus befindet sich seit 1802 im Besitz meiner Familie, rund 15 Jahre vorher war es gebaut worden, mit Ausnahme meines Sohnes Michel wurde jedes Mitglied meiner Familie in dem oben liegenden Schlafzimmer geboren.
Waterbury: Na ja, da hängt man natürlich an so einem Haus.
Grimes: Und außerdem liebe ich dieses Haus, verstehen Sie mich.
Waterbury: Natürlich, Mrs. Grimes, ich verstehe Sie ja so gut.
Grimes: Michels Vater starb, als Michel 9 war, damals hatten wir es sehr schwer, ich übernahm Näharbeiten, dann starb mein Vater, er hinterließ mir eine kleine Jahres-rente, von der ich heute lebe, nicht gerade großartig, aber ich komme zurecht, Michel vermißte seinen Vater sehr, vielleicht sogar mehr als ich es tat, und im Laufe der Zeit wurde er, Gott ja, wild ist das einzige Wort, das einem dabei einfällt, verstehen Sie.
Waterbury: Die Jugend.
Grimes: Ja, als er das Examen an der Highschool gemacht hatte, verließ er Ivy Corners und ging in die Stadt, gegen meinen Willen, Mr. Waterbury, gegen meinen Willen, damit kein Irrtum entsteht.
Waterbury: In dem Alter weiß man das Gute meistens noch nicht zu schätzen.
Grimes: Er war wohl so, wie viele junge Leute in dem Alter sind, voller Ehrgeiz, aber noch ohne jedes Ziel, was er in der Stadt anfing, weiß ich nicht.
Waterbury: Ja hat er Sie denn nie besucht.
Grimes: Er schickte mir regelmäßig Geld, Erfolg muß er also gehabt haben, 9 Jahre lang sah ich ihn nicht.
Waterbury: Jajaja, 9 Jahre, das ist wirklich eine recht lange Zeit.
Grimes: Ja, es war für mich nicht leicht, aber noch viel schlimmer war es, als er wieder nach Hause kam, und zwar wegen irgendwelcher Schwierigkeiten.
Waterbury: Oh, er hatte Schwierigkeiten.
Grimes: Ich hatte keine Ahnung, wie groß diese Schwierigkeiten waren, mitten in der Nacht tauchte er plötzlich auf, er sah viel dünner und älter aus als ich es jemals für möglich gehalten hätte, Gepäck hatte er keines bei sich, bis auf einen kleinen schwarzen Koffer.
Waterbury: Ja, ja und.
Grimes: Als ich versuchte, ihm diesen kleinen Koffer aus der Hand zu nehmen, hat er mich fast geschlagen, mich, seine eigene Mutter.
Waterbury: Na, das war aber wirklich sehr unrecht von Ihnen.
Grimes: Ja, Sie haben recht, es war nicht richtig, aber der Junge war wohl sehr verwirrt, ich habe ihn nachher zu Bett gebracht, als wäre er wieder ein ganz kleiner Junge, und dann hat er geweint, die ganze Nacht habe ich ihn weinen gehört.
Waterbury: Ach, der arme arme Junge.
Grimes: Aber er ließ mich nicht zu sich herein, er hatte seine Tür verriegelt, am nächsten Tag schickte er mich aus dem Haus, nur für ein paar Stunden, er hätte irgend etwas vor, sagte er, was es war, verriet er nicht, als ich dann aber gegen Abend heim kam, merkte ich, daß der kleine schwarze Koffer verschwunden war.
Waterbury: Was soll das heißen.
Grimes: Damals wußte ich es noch nicht, aber gar nicht viel später bekam ich es heraus, schrecklich schnell, in der folgenden Nacht kam ein Mann in unser Haus, ich weiß heute noch nicht, wie er überhaupt herein kommen konnte, merken tat ich es erst, als ich in Michels Zimmer Stimmen hörte, ich schlich an die Tür und versuchte zu lauschen.
Waterbury: Was, Sie haben gelauscht, ja und?
Grimes: Ich wollte doch herausfinden, in welchen Schwierigkeiten mein Junge steckte, aber ich hörte nur Stimmen, laute und drohende Stimmen, und dann.
Waterbury: Und dann.
Grimes: Und dann ein Schuß, als ich ins Zimmer kam, stand das Fenster weit offen, der Fremde war verschwunden, und Michel, Michel lag auf dem Boden, er war tot, erschossen, das alles geschah vor 5 Jahren, vor 5 langen Jahren, es dauerte eine ganze Weile, bis ich erfuhr, was passiert war.
Waterbury: Was haben Sie denn herausgekriegt.
Grimes: Die Polizei hat mir die ganze Geschichte erzählt, Michel und der andere Mann hatten ein Verbrechen begangen, ein schweres Verbrechen, viele viele tausend Dollars hatten sie gestohlen, fast eine halbe Million, eine halbe Million, Michel hatte das Geld genommen und war damit weggelaufen, weil er es für sich behalten wollte, er versteckte es irgendwo in diesem Haus, wo, das weiß ich bis heute nicht, dann kam der andere Mann zu meinem Sohn, um seinen Anteil zu fordern, als er feststellte, daß das ganze Geld verschwunden war, brachte er meinen Jungen um, aus Rache.
Waterbury: Und, und Sie haben das Geld nicht gefunden.
Grimes: Nein, Mr. Waterbury, nein, sehen Sie, Mr. Waterbury, deshalb habe ich das Haus zum Verkauf ausgeschrieben und viel zu viel Geld dafür verlangt.
Waterbury: Ja, viel zu viel, wieso, das verstehe ich nicht.
Grimes: Nein, Mr. Waterbury, verstehen Sie wirklich nicht, ich wußte, daß der Mörder meines Sohnes zurückkommen wurde, irgendwann einmal, irgendwann würde er kommen, um sich das Geld zu holen, das viele Geld, das noch immer hier in diesem Haus versteckt sein muß, ich wußte, eines Tages würde ein Mann kommen, um dieses Haus zu kaufen, er würde sich nicht abweisen lassen, auch ein hoher Preis, ein viel zu hoher Preis würde ihn nicht abschrecken, und ich habe recht gehabt, nicht wahr, Mr. Waterbury, 75.000 Dollar sind Ihnen nicht zu viel?
Waterbury: Die Limonade…die…die Limo…
Mr. Waterbury: Günther Ungeheuer
Mrs. Grimes: Annemarie Rocke-Marks
Mr. Hacker: Alfred Balthoff
Sally: Ursula Langrock
Jack Ritchie: Der Mitternachtswürger (BR 1992)
Kriminalhörspiel (von Marina Dietz) nach 3 Kurzgeschichten von Jack Ritchie
Brannigan: Ich frage sie, was hatten sie in der Tiefgarage zu suchen Mr.
Turnbuckle: Turnbuckle, Henry Turnbuckle, Privatdetektiv und nicht schwerhörig, Mrs Homa Schleidel hatte Grund zur Annahme, daß ihr Gatte nicht wie er behauptete, jeden Donnerstag abend im Kegelclub verbringt, er suchte in der Tat heute nicht diesen Ort auf, sondern das Hinterzimmer des Buchhandels nur für Erwachsene, wo er 1 Stunde und 23 Minuten bei einer Filmvorführung verweilte, gegen 21 Uhr 45 befand er sich dann auf dem Weg zurück zu seinem Wagen wo ich ihm meinem Auftrag gemäß unauffällig folgte, in der Tiefgarage richteten sich plötzlich ein halbes dutzend Taschenlampen auf meine Person, und mir wurde dringend geraten, keinen Mucks zu tun sonst würde man mir den Kopf wegpusten, gleich darauf war ich von mindestens 20 Mann in Polizeiuniform umringt, auf meine höfliche Frage was das zu bedeuten habe, erhielt ich keine Antwort sondern wurde unter erneuter Androhung von Gewalt hierher ins Polizeipräsidium verbracht.
Brannigan: Er will witzig sein, merken sies Wiggins, und er redet ganz schön viel.
Wiggins: Hat jemand schon Mr Turnbuckle über seine Rechte belehrt.
Brannigan: Eigentlich nicht in dem ganzen Trubel, also Sie haben das Recht zu schweigen, sie haben das recht, verdammt, wo ist denn diese Karte wo alles draufsteht, Wiggings, nun machen sie schon.
Wiggins: Sie haben das Recht.
Turnbuckle: Danke ich kenne meine Rechte.
Brannigan: Schau an, schau an.
Wiggens: Dann wollen sie sicher einen Anwalt Sir.
Turnbuckle: Ich bin sicher das wird nicht nötig sein.
Brannigan: Ein Spaßvogel.
Wiggens: Ich fürchte sie verkennen den Ernst der Lage.
Turnbuckle: Moment, lassen sie mich raten, sie meinen doch nicht etwa, ich sei der Mitternachtswürger.
Brannigan: Sie haben von ihm gehört.
Wiggins: Die Zeitungen waren ja voll davon.
Turnbuckle: Es gab bisher 6 Opfer, alles Männer zwischen 46 und 57 Jahre alt, sie wurden in der nähe ihrer geparkten Autos überfallen, in der Regel zwischen 20 und 22 Uhr, eigentlich wäre die Bezeichnung 21Uhr-Würger zutreffender, aber für die Presse nicht reißerisch genug.
Brannigan: Wiggins, die Reporter, gehen sie und halten sie uns die vom Leib, vorläufig noch.
Wiggins: Ich werde mich darum kümmern.
Brannigan: Ich versteh nicht, woher die so plötzlich Wind bekommen haben, ja was ist denn Wiggins, sind sie noch nicht weg, raus mit ihnen, sie Trauerweide.
Turnbuckle: Sünder müssen büßen, das find ich das faszinierendste, jeder Tote wurde mit diesen Worten auf der Stirn markiert, mit einem Gummistempel vermutlich.
Brannigan: Sie scheinen sich ja sehr für den Fall zu interessieren.
Turnbuckle: Es geht nichts über eine feine Mordserie.
Brannigan: Ja klar.
Turnbuckle: Ich meine natürlich das Rätsel, die Herausforderung, aber ich glaube ich rede zu viel.
Brannigan: Nein nein nein nein nein machen sie ruhig weiter.
Turnbuckle: Vor dem Mitternachtswürger hat die örtliche Polizei erstmal völligversagt.
Brannigan: He reiß dich zusammen Freundchen.
Turnbuckle: Verständlicherweise weil außer Geschlecht und ungefährem Alter kein Zusammenhang zwischen den Opfern sichtbar war, die verschiedensten Berufe, meistens verheiratet, respektable Bürger.
Brannigan: Sagen sie mal, sie sagen das so, als hätten sie was dagegen.
Turnbuckle: Aber nein, auch der Hersteller pornografischer Aufnahmen von kleinen Mädchen kann ein sehr respektabler Bürger sein, ebenso der Vertreiber dieser Literatur nur für Erwachsene, von so einem Geschäftsmann kam doch der Hinweis, er habe unter den ermordeten Männern 3 seiner Stammkunden wiedererkannt, wenn das mein Fall wäre, nur mal angenommen, würde ich in dieser Richtung weitere Nachforschungen anstellen, die vielleicht ergeben können, daß unter den Opfern 2 weitere Kunden.
Brannigan: Es waren drei.
Turnbuckle: Na sehen sie, ehrbare Bürger mit einer Neigung zu schmutzigen kleinen und in der Regel ungefährlichen Lastern, wenn sich nun aber der Mitternachtswürger, wenn er sich also berechtigt, möglicherweise sogar ausersehen fühlt, diese spezielle Sünde zu rächen.
Brannigan: Dann hält er jedenfalls die Polizei für verdammt dämlich, die einschlägigen Örtlichkeiten haben wir schon seit 2 Tagen unter Beobachtung und wir haben sie geschnappt.
Turnbuckle: Ja Sir, bitte wäre es vielleicht möglich das Fenster zu öffnen, also die Luft hier.
Brannigan: Ist ihnen doch nicht etwa zu heiß geworden.
Turnbuckle: Dürfte ich wenigstens mein Taschentuch, es steckt in meinem Mantel, der dahinten hängt, meine Rechte als Verhafteter.
Brannigan: Jajaja machen sie, machen sie, aber keine dummen Tricks.
Turnbuckle: Ich bitte sie Sir.
Brannigan: Was ist das, was haben sie denn da gerade so schnell wieder weggesteckt, holen sies wieder raus, raus raus raus und keine falsche Bewegung so und jetzt her zu mir.
Turnbuckle: Ja ich weiß wirklich nicht, ich bin sprachlos.
Brannigan: Das wäre aber glatt ein Wunder, geben sie mal her, ach schau an, schau an, ein Stempel, gehört das auch zur Ausrüstung eines Privatdetektivs, ach lesen sie doch das mal vor.
Turnbuckle: Sünder müssen büßen, darf ich mich setzen Sir.
Brannigan: Ja gute Idee setzen wir uns.
Turnbuckle: Ich muß ihnen wohl ein Geständnis machen, mein Name ist in der Tat Henry Turnbuckle, aber ich bin kein Privatdetektiv.
Brannigan: Das war mir klar.
Turnbuckle: In wirklichkeit gehöre ich der Polizei von Milwaukee an, wenn auch im Augenblick auf Fortbildungsurlaub und bevor sie mich wieder anbrüllen rufen sie bitte Captain Johnson an, das ist mein Vorgesetzter.
Turnbuckle: Natürlich wird jetzt Captain Brennigan mit dem reizbaren Temperament erst mal gehen und meine Angaben überprüfen, aber mein Problem ist damit nicht gelöst, mein Problem, vielleicht war es einfach das, Polizist sein und das in Milwaukee.
Ralph: Ist der Bericht da, ja und, ah Herzschlag ganz eindeutig, dann können wir Henrys raffinierte Giftmordtheorie vergessen, ist auch nicht der Stil der Leute hier, ok bis später, und was willst du mit diesen Zeitungsausschnitten, neue Kochrezepte.
Turnbuckle: Ralph, in den letzten 5 Monaten sind hier 4 Frauen eines gewaltsamen Todes gestorben, ich bin überzeugt, daß sie von ein und demselben Mann ermordet worden sind.
Ralph: Aber Henry, jedesmal wenn uns ein Serienmörder unterkam, dann ist er noch immer so aufmerksam gewesen, uns entweder vor oder nach dem Mord Briefe zu schicken.
Turnbuckle: Paß auf, jedes der Opfer war reich, nicht mehr ganz jung, verheiratet, und jedes mal hatte der Ehemann ein perfekte Alibi für die Tatzeit, Thompson ein Festessen, Whitecliff eine Bridgepartie, Kerny eine Vorstandssitzung und Tressel eine Partie Golf, diese Umstände werden in den Zeitungsberichten erwähnt, weil vermutlich im Fall von Gattenmord jeder automatisch den Ehemann verdächtigt und der Verdacht sollte wohl erst gar nicht aufkommen.
Ralph: Meine Frau ist beim Aquarellkurs und Henry hat mich zum Abendessen eingeladen ja machs gut.
Turnbuckle: Ralph, vier Morde an vier reichen Ehefrauen und vier Ehemänner mit perfekten Alibi das ist doch einfach vielzuviel zufall, um wahr zu sein.
Ralph: Und meinst du die sind alle von einem Verrückten umgebracht worden, der was gegen reiche Hausfrauen hat.
Turnbuckle: Aber nein Ralph, auch nicht von überraschten Einbrechern wie die Kolle-gen meinen, ich bin sicher dahinter steckt ein gekaufter, ein professioneller Mörder.
Ralph: Henry, mir ist auch etwas aufgefallen, jedes der Opfer wurde in einem Vorort ermordet, mit anderen Worten, das ist nicht unser Revier.
Turnbuckle: Ich rede mit Captain Johnson und zwar sofort.
Ralph: Gut, dann kannst mir heute abend erzählen was er gesagt hat.
Turnbuckle: Wir wollen doch den Kollegen auch noch ein bißchen Arbeit übriglassen, Henry hat er gesagt, haben wir vielleicht etwas gegen reiche Villenbesitzer, Eigentum ist Diebstahl, meint Marx, meint Turnbuckle das auch, hat er gesagt.
Ralph: Dein Gulasch schmeckt ausgezeichnet Henry.
Turnbuckle: Das hier ist kein Gulasch sondern ein Boeuf Stroganoff, und das Zitat ist nicht von Marx sondern von Trudeau, irgendwie tut er mir leid.
Ralph: Was wer.
Turnbuckle: Johnson ein Gefangener seiner Rolle als Vorgesetzter, vielleicht sogar heimlich hoffend, ein Mann wie ich bereit ganz allein.
Ralph: Was immer du vorhast Henry, erwarte nicht daß ich dir.
Turnbuckle: Ich sagte alleine Ralph, und morgen ist mein freier Tag.
Turnbuckle: Tja wie würde Henry Turnbuckel von Beruf Killer auf Mordkundenfang gehen, man platzt ja wohl nicht einfach in Büros oder Sitzungszimmer und erkundigt sich ob jemand seine Gattin aus dem weg geräumt haben möchte, zwangloser, privater muß das gehen, bei einem drink vielleicht, Männer unter sich, tja, hier Tresel hat sich zum Zeitpunkt als seine Frau ermordet wurde, auf dem Golfplatz des Radisoncountryclubs befunden, gibt es einen besseren ort fragt sich Henry der Killer, um sich bei den Reichen anzubiedern, ob so ganz zufällig alle betroffenen Gatten in dem selben Club, ach jetzt ist diese verflixte Pfeife schon wieder ausgegangen, 210.
Angestellter: Radison Country Club.
Turnbuckle: Ja guten abend, ich bin von außerhalb, ich sollte James Whiteclif in seinem Country Club treffen, nur hat Jimmy leider vergessen mir zu sagen welchem Club er angehört, ist denn bei ihnen ein James Whitecliff Mitglied.
Angestellter: Ja, soll ich ihn ausrufen lassen.
Turnbuckle: Nein danke, ich bin ja gleich da, ach übrigens ich glaube da ist noch einer meiner Freunde in ihrem Club, Franklin Coruny.
Angestellter: Ja den hab ich gerade an die Bar gehen sehen.
Turnbuckle: Ah vielen Dank, so jetzt haben wir schon drei, und morgen wird Henry der Polizist Henry den Detektiv direkt in die Höhle des Löwen schicken.
Barkeeper: Tut mir leid daß sie so lange warten müssen Mr.
Turnbuckle: Carsten, Edward Carsten.
Barkeeper: Carsten, unser Geschäftsführer müßte jeden Augenblick zurückkommen, möchten sie vielleicht was trinken in der Zwischenzeit.
Turnbuckle: Ja gern einen kleinen Sherry dry fino bitte.
Barkeeper: Oh da muß ich nachsehen, so was ist hier leider nicht sehr gefragt, nicht einmal mehr bei den Damen.
Turnbuckle: Ich glaube mich zu erinnern daß Mr Thompson gern einen Sherry nimmt.
Barkeeper: Matthew Thompson, nein der trinkt nur den feinsten Maltwhisky.
Turnbuckle: Aha Nr. vier.
Barkeeper: Was sagte sie.
Turnbuckle: Ach vielleicht können sie mir auch weiterhelfen, ich bin kein Mitglied, noch nicht aber es doch da bestimmt rigide Aufnahmebestimmungen.
Barkeeper: Oh nein keineswegs.
Turnbuckle: Nene, ich dachte eher, ich bin doch neu in der Gegend.
Barkeeper: Im Prinzip kommen nur alteingesessene Bewerber zum zug, aber ein bißchen müssen wir wohl auch mit der Zeit gehen, dieser Mr Netterly der letztes Jahr neu aufgenommen wurde, scheint schwer reich zu sein, war aber gerade erst von St Louis zugezogen, ist aber mittlerweile ein beliebter Gesellschafter und hält sich viel im Klub auf.
Turnbuckle: Im moment auch.
Barkeeper: Ja ich glaub er ist da drüben auf der Veranda, da haben wir sie ja unsere letzte Flasche, Cream Sherry.
Turnbuckle: Ach wenn sie doch lieber einen Malt Whisky.
Netterly: Ihnen liegt doch irgendwas auf der Seele alter Junge.
Turnbuckle: Wie kommen sie denn drauf.
Netterly: Sie starren zwischendurch ins leere, seufzen zum steinerweichen, und nicht mal ihr Drink scheint ihnen zu schmecken, immer noch der gleiche seit einer Stunde, also was ist los.
Turnbuckle: Wenn sie mich so direkt fragen, es ist wegen meiner Frau.
Netterly: Aja.
Turnbuckle: Sie treibt sich mit einem andern rum, ich weiß nicht wer er ist, ich weiß nur daß es ihn gibt, und es gibt wohl mehr als nur den einen.
Netterly: Haben sie schon mal an Scheidung gedacht.
Turnbuckle: Scheidung, sie kennen doch unsere Gesetze, das Aas würde mich ausnehmen wie eine Weihnachtsgans, als ich sie kennenlerne, habe ich sie praktisch in der Gosse aufgelesen, meine Familie mochte sie nicht, niemand mochte sie, ich wollte ja nicht hören, jetzt isses zu spät.
Netterly: Nanana.
Turnbuckle: Was würde ich nicht tun um sie wieder loszuwerden, manchmal kommen mir so wahnsinnige Ideen wie ein Gewehr zu nehmen und ihr eine Kugel durch den Kopf zu jagen.
Netterly: Das halte ich für keine gute Lösung ihres Problems, es sei denn sie sitzen gerne hinter Gitter.
Turnbuckle: Sie kennen nicht ganz zufällig so jemand den man anheuern könnte, daß er meine Frau umbringt.
Netterly: Das ist doch wohl nicht ihr ernst.
Turnbuckle: Und ob ich würde jedem glatt 50000 Dollar bezahlen, der das endlich besorgt, es muß doch irgendwo irgendsojemand geben und den werde ich weißgott ausfindig machen, schönen Tag noch.
Netterly: Moment, bleiben sie sitzen, sie sollten mit sowas kein scherz treiben.
Turnbuckle: Das tu ich auch nicht, weiß gott nicht.
Netterly: Der Alkohol kanns ja wohl nicht sein.
Turnbuckle: Nein, 50000 in bar.
Netterly: Tja vielleicht wüßte ich wirklich jemand.
Turnbuckle: Ausgezeichnet und wer.
Netterly: Ich.
Turnbuckle: Ich hab natürlich im moment leider nicht so viel Geld bei mir.
Netterly: Das hab ich auch nicht erwartet.
Aber ich kann es besorgen, wir treffen uns dann heute nachmittag um 2 wieder hier.
Netterly: Ich werde sie erwarten.
Ralph: Henry, ich sollte dir nicht helfen und eigentlich tu ich es ja auch nicht, aber ist das was du wolltest.
Turnbuckle: Genau ein Tonbandgerät das haarscharf und auffällig in die Brusttasche meiner Jacke paßt.
Ralph: Das Mikrophon steckt hier im Botton des internationalen Rotarylubs, gott schütze dich mein Sohn.
Turnbuckle: Ach Mr Netterly haben sie vielleicht die genaue Uhrzeit.
Netterly: Genau 2 Uhr und eine halbe Minute.
Turnbuckle: Danke, ach jetzt hab ich die Datumsanzeige erwischt, diese modernen Apparate aber auch, heute ist doch der 15. September.
Netterly: Der 15. September 1979.
Turnbuckle: Also dann zum geschäftlichen, sie haben es sich doch nicht etwa anders überlegt.
Netterly: Neinnein.
Turnbuckle: Sie haben immer noch vor, Mrs Edwarda Carston, meine Ehefrau für mich umbringen.
Netterly: Ja.
Turnbuckle: Und sie wollen dafür 50000 Dollar haben.
Netterly: 50000 sie sagen es.
Turnbuckle: Gut, Mr Netterly ich verhafte sie.
Mr Carston, ich verhafte sie wegen Anstiftung zum Mord an ihrer Ehefrau, widerstand ist zwecklos, hinter ihnen stehen noch zwei Kollegen in zivil, Mr Netterly hat mit einem versteckten Tonbandgerät die gesamte Unterhaltung aufgezeichnet, noch mal vielen dank für ihre Wachsamkeit und ihre mutige Mithilfe, Mr Netterly.
Netterly: War mir ein vergnügen, sowas darf doch nicht frei herumlaufen.
Turnbuckle: Meine Herren ich glaube wir sind alle Opfer eines Mißverständnisses, ich habe keine Frau und heiße auch nicht Carson, in wirklichkeit bin ich zufällig Sergeant bei der Kriminalpolizei von Milwaukee, ein Kollege also, hier meine Dienstmarke.
Interessant und wer sagt mir daß diese Brieftasche mit der Marke nicht gestohlen ist und selbst wenn sie wirklich dieser Turnbuckle sind, wieso treiben sie sich dann in unserem Revier herum, sind sie der Meinung daß wir mit unserer Arbeit allein nicht fertig werden.
Turnbuckle: Im moment sind ungefähr 3 dutzend neugierige Augen auf uns gerichtet, können wir das nicht an ein ruhigeren Plätzchen besprechen.
Turnbuckle: Ehrlich gesagt ich hatte von den Kollegen etwas mehr Selbstbewußtsein erwartet, aber anstatt mit mir zu verhandeln haben sie Captain Johnsen hergeholt.
Ralph: Henry mach bitte die Musik etwas leiser.
Turnbuckle: Und morgen melden sie sich zur Entgegennahme einer angemessenen Disziplinarstrafe in meinem Büro, Turnbuckel.
Ralph: Ach was Johnson wird dir schon nicht den Kopf abreißen, du hast schließlich auch gute Arbeit geleistet in der Vergangenheit, der Fall Derows, der Pizzamörder, die Carrtrid Juwelen.
Turnbuckle: Freut mich daß du das auch so siehst.
Ralph: Und du hast uns mit deiner art zu denken schon oft auf eine Spur gebracht, die haarscharf neben der richtigen lag, gibt Henry ein paar Fakten und etwas Zeit und er wird einen Sturm entfesseln, sag ich immer.
Turnbuckle: Du sagst auch immer, als Henry noch zu Schule ging hat er aus einem einzigen Knochen ein Dinosaurier rekonstruiert.
Ralph: Genau, nur das das eigentlich ein Pterodactylus war.
Turnbuckle: Das mußtest du natürlich auch Vivian Derows erzählen.
Ralph: Bei der warst du doch sowieso untendurch nachdem du ihren Lieblingsonkel als Erpresser entlarvt hast oder beinahe hättest, er deduziert und deduziert 98% eines Sachverhalts und dann stolpert er immer über die restlichen 2 %.
Turnbuckle: Mein lieber Ralph, ein übersensibler Freund könnte jetzt glauben eine feine Ironie zu spüren.
Ralph: Ja Henry Turnbuckel Holmes und die restlichen 2 %
Turnbuckle: Ralph es wir kommen der Tag des Gerichts.
Ralph: Du erinnerst mich an etwas, meine Frau wartet mit dem abendessen.
Turnbuckle: Henry der killer.
Ralph: Was.
Turnbuckle: Turnbuckle.
Ralph: Henry du hast es wieder mal geschafft.
Turnbuckle: Nicht so laut, weißt du eigentlich wie spät es ist.
Ralph: Henry, der Ehefrauenmörder du hast ihn uns ans Messer geliefert.
Turnbuckle: Also doch dieser widerliche Natterly.
Ralph: Nein, Ben Casterbridge.
Turnbuckle: Ben Casterbringe.
Ralph: Also paß auf, also du im country club abgezogen warst, ging Captain Johnson noch mal schnell an die Bar, er erkannte den Barkeeper, und es fiel ihm ein, daß er immer noch auf Bewährung draußen war, und wenn du unter bewährung stehst gibt es einen job den du nicht annehmen darfst.
Turnbuckle: Nämlich Barkeeper.
Ralph: Johnson gab sich also zu erkennen, der Barkeeper wurde weiß wie die Wand, fing an zu zittern, ne richtige überreaktion, also dachte johnson, da könnte noch mehr dahinter stecken und knöpfte ihn sich vor, der Mann verhaspelte sich von hinten bis vorne, rutsche ihm sein paar sachen raus und zum guten schluß plauderte er.
Turnbuckle: Alles klar und der Barkeeper heißt Ben Casterbridge.
Ralph: Nein Charly Stevens.
Turnbuckle: Und wer bitte ist Ben Casterbridge.
Ralph: Er und Steven waren Zellenachbarn in Wooto und kamen ungefähr zur gleichen Zeit raus, sieht so aus als erzählten die Leute gewöhnlich ihrem Barkeeper mehr als ihrem Psychiater, also Steven sammelte die Informationen und gab sie an Casterbridge weiter, der erledigte den Rest, genau wie du es vermutet hast, ach übrigens der Captain sagt, du kannst die Meldung morgen früh in seinem Büro vergessen, es ist alles vergeben, Henry, hey freust du dich gar nicht, Henry, Henry antworte wenn ich mit die rede, ich habe sie etwas gefragt, Mr Turnbuckle.
Wiggins: Mr Turnbuckle, Mr Turnbuckel ich frage sie ob sie etwas möchten, Kaffee, Zigaretten.
Turnbuckle: Nein nein nein danke.
Wiggins: Wie haben sie das eigentlich mit dem Tag des Gerichts gemeint.
Turnbuckle: Wie bitte.
Wiggins: Sie sagten doch oder sollte ich mich verhört haben.
Turnbuckle: Ausgezeichnet Henry jetzt sitzt du also auf dem Kommissariat unter dem dringenden Verdacht 6 Liebhaber von pornografischer Literatur liquidiert zu haben und redest auch noch mit dir selbst.
Wiggins: Ich glaube ich öffne mal das Fenster, die Luft hier.
Turnbuckle: Vielen dank Sergeant Wiggins.
Turnbuckle: Armer Kerl, sein Blick läßt auf Neigung zu nervösen Kopfschmerzen schließen, irgendwie erinnert er mich, auch einer von den getretenen und beleidigten, die irgendwann wenn das maß voll ist.
Wiggins: Ja wenn das maß voll ist.
Turnbuckle: Ach nichts, könnten sie vielleicht das Radio einschalten.
Wiggins: Gern bis Captain Brannigan zurück ist.
Turnbuckle: Simon und Garfunkel hört man heute nicht mehr oft.
Wiggins: Musik für Tunten und Haschbrüder.
Turnbuckle: Bitte.
Wiggins: Sagt Captain Brannigan, er hält nicht viel von Poesie.
Turnbuckle: Finden sie nicht auch daß das Leben oft eine ganz schön krumme Sache ist und es in Versuchung bringt es gerade zu biegen.
Wiggins: Ein gefährlicher Gedanke finden sie nicht auch.
Turnbuckle: Jetzt reiß dich bloß zusammen, Henry sonst erzählst du ihm noch alles, aber angefangen hat das wirklich ganz harmlos, damals vor einem viertel Jahr, Ralph und ich im Frühdienst dann der Anruf.
Ralph: Danke Doc nur ein einziger Messerstich hat den sofortigen Tot herbeigeführt.
Turnbuckle: Fingerabdrücke auf der Mordwaffe.
Ralph: Keine.
Turnbuckle: Wiliam, Morison, sie können ihn dann wegtragen.
Ralph: Ums Geld scheint es nicht gegangen zu sein, Ringe, Uhr, volle Brieftasche, alles da.
Turnbuckle: Jetzt war ein Kaffee recht 6 Uhr 30, da schau her was da unter der Leiche gelegen hat.
Ralph: Ein Zahnstocher, na ausgezeichnet, es hat schon Fälle gegeben, wo Einbrecher überführt werden konnten weil sie in Äpfel Gebißabdrücke hinterlassen.
Turnbuckle: Hier sind keine solchen Abdrücke drauf, Ralph dieser Zahnstocher wird uns zu unserem Mörder führen.
Ralph: Warum nimmst du an daß er dem Mörder gehört.
Turnbuckle: Ralf das ist alles ein Sache von Beobachtung und Schlußfolgerung, hast du dir die Leiche gut ansehen.
Ralph: Also bitte komm.
Turnbuckle: Ist dir da nicht aufgefallen, daß das Opfer entweder makellose Zähne hatte oder.
Ralph: Bei seinem Alter von 57 wird wohl ein künstliches Gebiß gewesen sein.
Turnbuckle: Und verhält es sich nicht so daß Menschen die künstliches Gebiß tragen auf die Hilfe von Zahnstochern verzichten können.
Ralph: Henry du erschließt mir das völlig neue Welten.
Turnbuckle: Ralf, dein Witz hat was verzweifeltes.
Ralph: Wir müssen jetzt die Küchenchefin des Hotels vernehmen eine Mrs.
Henderson: Henderson, Maggie Henderson, stört es sie wenn ich schon mit dem Kuchenbacken anfange.
Turnbuckle: Nein nein das leben geht weiter.
Henderson: Unsere Gäste stehen früh auf.
Ralph: Wieviele Gäste haben sie hier im Hotel.
Henderson: 28, im moment alles Stammgäste.
Ralph: Sie fanden den Toten als sie heute morgen in die Küche kamen.
Henderson: Ja.
Ralph: Bis wann haben sie gestern abend gearbeitet.
Henderson: Bis um 8 bis alles wieder sauber ist wird es so spät.
Turnbuckle: Moment ihr arbeitstag hat 15 stunden.
Henderson: Nein, nach dem frühstück und mittagessen hab ich ein paar stunden frei.
Turnbuckle: Ich darf wohl annehmen daß gestern als sie nach hause gingen noch keine leiche auf dem boden lag.
Henderson: Ich hab im vierten Stock ein Zimmer ich kam um halb 6 uhr und da hab ich es gesehen.
Ralph: Haben sie was angefaßt.
Henderson: Nein nein ich hab gleich die polizei gerufen.
Ralph: Wie lange arbeiten sie schon für Mr Latimer und sein Hotel.
Henderson: 22 Jahre.
Turnbuckle: Und was wird das wenn fertig ist.
Henderson: Rosinenkuchen mit Zimt.
Ralph: Wer bekommt eigentlich das Hotel nachdem der Besitzer tot ist.
Henderson: Mein Bruder denke ich, er hatte sonst keine Verwandten.
Ralph: Und wo ist dieser Bruder.
Henderson: In der Pension nebenan.
Turnbuckle: Warum wohnt er nicht hier.
Henderson: Wir sind belegt.
Turnbuckle: Nur deshalb.
Henderson: Mr Latimer und sein Bruder kamen nicht besonders gut miteinander aus.
Turnbuckle: Wenn sie sich nicht vertrugen, warum hat sich der Bruder dann ausgerechnet im Nebenhaus eingemietet.
Henderson: Das weiß ich nicht.
Ralph: Hatte Mr Latimer auch seine Wohnung hier im Haus.
Henderson: Ja er bewohnt eine Suite im 3 Stock.
Ralph: Aus welchem Grund könnte er nach 8 uhr abend noch mal in die Küche gegangen sein.
Henderson: Das hat er oft gemacht, er sieht gern nach dem rechten.
Turnbuckle: Latimer kam also nach 8 herunter, wir haben weder Einbruchspuren noch die Spuren eines Kampfes gefunden, Latimer muß den Besucher gekannt haben, und es spricht einiges dafür, daß unser Mörder jemand aus diesem Hotel ist.
Henderson: Haben sie noch Fragen an mich, das Frühstück, die Gäste warten.
Ralph: Frühstück und wer serviert uns Rührei mit Schinken.
Turnbuckle: Du hättest Maggie Henderson nicht so anzustarren brauchen, sie trägt auch eine Zahnprothese, also muß es einer der Gäste sein.
Ralph: Ich seh aber keinen mit nem Zahnstocher im Mund.
Turnbuckle: Ralph.
Ralph: Toast mit Butter wäre auch was.
Turnbuckle: Ralf was geht mit einem Zahnstock einher.
Ralph: Kleines Steak, echte Zähne.
Turnbuckle: Davon abgesehen.
Ralph: Ich gebs auf.
Turnbuckle: Weitere Zahnstocher, ein regelmäßiger Benutzer von hölzernen Zahnstochern muß ständig einen Vorrat bei sich haben.
Ralph: Du meist also wir sollen alle durchsuchen und wer Zahnstocher hat ist unser Kandidat.
Turnbuckle: Nein Ralph, das wäre ziemlich mühselig, wir könnten rein logisch die Anzahl der Verdächtigen weiter verringern, im Zeitalter der Gleichberechtigung sieht man auch Damen bei dieser unästhetischen Beschäftigung, aber kannst du dir eine Frau vorstellen die ein Bündel Zahnstocher bei sich trägt.
Ralph: Na gut, dann scheiden Frauen und Männer mit Zahnprothesen aus, was machen wir jetzt, allen Männern in den mund schauen.
Turnbuckle: Das wird nicht nötig sein, tatsächlich kann ich in diesem moment schon unseren Mörder bestimmen, Ralph beiß jetzt bitte nicht in das Tischtuch, sondern hör mir zu wenn du einzelne Zahnstocher mit dir führest wo würdest du sie aufbewahren.
Ralph: Also wenn ich mirs gründlich überlegen in der Tasche.
Turnbuckle: Richtig aber nicht in der Gesäßtasche, denn das würde das hinsetzen zu einem gefährlichen Abenteuer machen, bei den vorderen Hosentaschen würde man noch traumatischere Verletzungen riskieren, bei den Jackettaschen zerstochene Fingerkuppen, also was ist der ideale Aufbewahrungsort für eine chaotische Horde Zahnstocher.
Ralph: Ich hab Hunger.
Turnbuckle: Die Weste, Ralph, ihre Taschen sind ausreichend eng, so daß diese kleinen Schlingel weder durcheinandergeraten noch herausfallen können, außer vielleicht bei einer ungewöhnlichen heftigen Bewegung.
Ralph: Ich verstehe und da nur einer von den Gästen eine Weste trägt, nämlich dieser große Kerl mit den gelben Zähnen und dem ausgesprochen unangenehmen Grinsen, nehme ich an, daß wir ihm jetzt ein paar Fragen stellen müssen ok.
Latimer: Horace Latimer, ich bin sein Bruder, als ich die Polizeiautos hier reinkurven sah, kam ich natürlich rüber um zu sehen was los ist.
Turnbuckle: Wie kamen sie und ihr Bruder miteinander aus.
Latimer: Gar nicht.
Turnbuckle: Sie sind recht offen.
Latimer: Sie hätten ja doch gemerkt, tatsächlich haben wir vergangene Woche das erste mal seit 20 Jahren wieder miteinander geredet.
Turnbuckle: Wieso gerade letzte Woche.
Latimer: Ich war pleite ich hab meine Anstellung verloren und hätte ein kleines Darlehen gebraucht.
Turnbuckle: Und.
Latimer: Er gab mir 50 Dollar und den Rat auf weitere 20 Jahre verschütt zu gehen.
Ralph: Sie verloren ihre Stelle, sagten sie, was war das für eine Tätigkeit.
Latimer: Ich hab bei einer Bootslinie auf dem See gearbeitet, hatte da ne kleine Auseinandersetzung mit einem 3.Offizier und hab ihn versehentlich bißchen angeritzt
Ralph: Sie haben ihren Bruder 20 Jahre lang nicht gesehen, und wurden von ihm nicht mit offenen Armen empfangen, warum haben sie dann sich ausgerechnet in der Pension gegenüber eingemietet.
Latimer: Als ich von Vik wegging, wollte ich noch einen trinken in einer Bar hier in der Nähe, da hab ich gehört daß die einen Barkeeper zur Aushilfe suchen und nahm den Job, und die Pension dadrüben ist die billigste weit und breit.
Turnbuckle: Hatten sie schon mal Probleme mit der Polizei.
Latimer: Ein oder zweimal.
Turnbuckle: Irgendwas schwerwiegendes als angeritzte dritte Offiziere.
Latimer: Vor ein paar Jahren wurde ein Freund von mir erstochen, sie wollten es mir anhängen, aber mein Alibi war bombensicher, ich war bei meiner Freundin Elsie als Jack getötet wurde, sie war bereit das vor Gericht zu beschwören.
Ralph: Und wo waren sie gestern abend, Bier zapfen.
Latimer: Ich hatte Tagschicht, ich war im Bett.
Ralph: Allein.
Latimer: Nein mit Elsie.
Turnbuckle: Oh mir steckt ein Sesamkorn zwischen den Zähnen, sie haben nicht zufällig einen Zahnstocher bei sich.
Latimer: Doch hab ich, geht aufs Haus.
Turnbuckle: Danke Mr Latimer.
Ralph: Verdammt, ich glaub auch daß er es war, wahrscheinlich um das Hotel zu kriegen, aber wenn wir gegen einen Verdächtigen nichts anders in der Hand haben als deine Zahnstocher, schauen wir ziemlich alt aus.
Turnbuckle: Warte, ich gehe noch mal in die Küche, ich hab das Gefühl da finde ich was.
Ralph: Kombination.
Turnbuckle: Intuition.
Ralph: Na prima.
Turnbuckle: O Mrs Henderson, ihr Kuchen duftet ja köstlich, ist er schon fertig.
Henderson: Sie können gerne nachschauen, aber wenn sies genau wissen wollen, müssen sie ihn anpieken.
Turnbuckle: Stimmt, mit einer Stricknadel, haben sie eine.
Henderson: Hygienischer ist es mit einem Zahnstocher, nehmen sie den.
Turnbuckle: Mrs Henderson.
Henderson: Ich hab deswegen immer ein paar in der Schürzentasche.
Turnbuckle: Au verdammt, jetzt hab ich mir die Finger verbrannt.
Henderson: Geben sie her, geben sie her, ja ich hab gesehen, wie sie vorhin den Zahnstocher untersuchen, ihr polizisten und wissenschaftler findet doch sowieso alles raus, also kann ichs gleich hinter mich bringen.
Turnbuckle: Aber warum, warum haben sie ihn umgebracht.
Henderson: Viktor wollte ein Mädchen heiraten, daß er bei der Hoteliertagung in Shyboygan kennengelernt hat, sie ist Kellnerin in einer oben ohne Bar, ich bin seit 22 Jahren hier Köchin und seit 21 Jahren mit Viktor verlobt, gestern abend spülte ich noch ein paar Sachen, als er in die Küche kam, er hatte was getrunken, wie immer wenn er sich Mut machen will, und kam sofort zur Sache, und sagte er wird sie heiraten, weil er verrückt nach ihr ist.
Turnbuckle: Und da griffen sie in einem Anfall wahnsinniger Eifersucht nach dem Brotmesser.
Henderson: Oh entschuldigung, nein nein ich glaub ich hab ihn umgebracht weil er wollte daß ich das Hotel verlasse, er wollte mich nicht mehr in seiner nähe haben, nicht mal als Köchin, er hatte Angst sie könnte das mit uns erfahren und böse werden.
Turnbuckle: 22 Jahre, hat er ihnen nie einen Heiratsantrag gemacht.
Henderson: Nein, er sagte immer er wird mich heiraten wenn ich schwanger bin, an mein 40 Geb als er wieder mal ein bißchen zu viel getrunken hatte da verplapperte er sich und es kam heraus daß er sich vor Jahren sterilisieren hatte.
Turnbuckle: Sie hätten auf der stelle gehen sollen.
Henderson: Ich weiß o der Kaffee ist fertig, es ist mir wirklich zimlich egal was mit mir wird, schlimm ist nur daß ich gegenüber Mandy versagt habe.
Turnbuckle: Wendy.
Henderson: Meine Nichte, die Tochter meiner Schwester, ich hab ihr seit ihr Mann gestorben war die ganze zeit mit geld ausgeholfen damit sie ein bißchen besser leben kann, Mandy war wirklich gut in der Schule, sie hat jetzt angefangen Sexualmedizin zu studieren, Andrologie, nein Männerleiden, ach das Kind, jetzt wird sie nie Ärztin werden, weil ich nichts mehr für sie tun kann, Kaffee, darf ich ihnen einschenken.
Turnbuckle: Sehr gern vielen dank, tja wirklich schade, ich denke aufgrund ihres langjährigen eheähnlichen Verhältnisses mit Viktor sind sie nach unserem Gewohn-heitsrecht seine Frau mit allen Konsequenzen gewesen, und hätten demnach gute Chancen das Hotel zu erben auch gegen die Ansprüche eines entfremdeten Bruders.
Henderson: Ach so, ja was solls, ich habe Viktor getötet und ich glaube nicht daß ein Mörder von seiner Tat auch noch profitieren darf.
Turnbuckle: Wie schrecklich wahr, und so wird Viktors Bruder das Hotel bekommen, Mandy wird sich am besten gleich auf eine Ausbildung als Krankenschwester vorbereiten, und während sie in Taschita hinter Gitter sitzen wird Viktors Bruder 5 Dollar Zigaretten rauchen und sich an die neue Köchin ranmachen.
Henderson: Ja das Leben ist manchmal eine zimlich krumme Sache.
Turnbuckle: Dann muß ich sie jetzt aufs Polizeipräsidium mitnehmen, ein Glück für uns daß sie geständig sind, wir haben nämlich keine brauchbaren Beweise gegen sie.
Henderson: Keine Sorge ich werde behilflich sein.
Turnbuckle: Das sagen sie jetzt, aber ich frage mich, was passieren wird wenn wir erst im Präsidium sind, dort widerrufen sie möglich ihr Geständnis, sie könnten behaupten, durch Einschüchterung dazu gezwungen worden zu sein, oder noch schlimmer, sie hätten überhaupt nie jemanden gegenüber irgendwas gestanden, sie könnten auf den Gedanken verfallen angesichts der Beweislage einfach abzuwarten und ihre Zahnstocher loszuwerden, also dann machen wir uns auf den Weg und nehmen ihr Geständnis auf.
Henderson: Was für ein Geständnis.
Turnbuckle: Sehen sie, ich wußte doch daß es so kommen würde.
Henderson: Möchten sie ein Stückchen Kuchen.
Turnbuckle: Drei wenn sich das machen läßt, eins für mich.
Henderson: Und zwei für ihren hungrigen Freund da draußen.
Turnbuckle: Unlösbare Fälle machen ihn besonders hungrig.
Wiggins: Hungrig, sagten sie hungrig Mr Turnbuckle, ich kann ihnen selbstverständlich belegte Brote holen lassen.
Turnbuckle: Was, nein danke Sergeant Wiggins.
Wiggins: Und sie wollen immer noch keinen Anwalt.
Brannigan: So Wiggums, ich brauch sie jetzt nicht mehr, und nun zu ihnen, ja nun gehen sie schon Wiggums, machen sie sich woanders nützlich, tja ihr Captain Johnson nimmts wohl eher von der humorigen Seite, zur rechten zeit am unrechten Ort und immer in Schlamassel, das ist typisch Henry, und er hat bestätigt, daß sie sich vor einem viertel Jahr auf eigenen Wunsch vom Dienst beurlauben ließen um wieder Student zu spielen.
Turnbuckle: Ich beabsichtige eine Arbeit über polizeiähnliche Organisationen zu schreiben, die Tätigkeit als Privatdetektiv war so eine Art Praktikum.
Brannigan: Ja sehr erfolgreich wie man sieht, gehört das auch zum Praktikum einen Stempel wo draufsteht Sünder müssen büßen in der Tasche rumzutragen.
Turnbuckle: Weiß hier noch jemand außer ihnen daß sie vorhin das ding bei mir gefunden haben.
Brannigan: Nein.
Turnbuckle: Sehr gut, vielleicht glauben sie jetzt einem ehemaligen Kollegen, dieser Stempel war nicht in meiner Manteltasche, bevor ihre Leute mich in der Garage abgefangen haben, danach wurde ich von ihnen allerdings dauernd rumgeschubst und befingert.
Brannigan: Wollen sie sich beschweren.
Turnbuckle: Gott behüte nein, ich ziehe daraus lediglich die Schlußfolgerung, daß nur ein Angehöriger dieser Personengruppe mir den Stempel in die Tasche praktiziert haben kann.
Brannigan: Aber warum sollte jemand auf so eine Schnappsidee kommen.
Turnbuckle: Der Mitternachtswürger hat bemerkt daß sie ihm auf den Fersen sind, und er nutzte die durch meine Verhaftung gebotene Gelegenheit einen anderen zu belasten.
Brannigan: Wollen sie etwa damit sagen daß einer meiner Leute.
Turnbuckle: Die Logik erlaubt leider nur diesen einen Schluß Captain Brennigan.
Brannigan: Wie wärs denn dann mit mir.
Turnbuckle: Nein sie muß ich ausschließen, sie hatten keinerlei Gelegenheit.
Brennigan: Wegen ihrer Logik soll ich also jetzt ein dutzend diensttuender polizisten überprüfen.
Turnbuckle: Das wird nicht nötig sein, ich habe einen anderen Vorschlag, machen sie jetzt so schnell und so gründlich wie möglich im ganzen Haus bekannt, daß man statt des Würgers versehentlich einen Kollegen geschnappt hat, dann laden sie mich als Entschädigung in die Kantine ein, nur zum schein, ich zahle mein Sherry natürlich selbst, meinen Mantel lassen wir hier hängen, und ich stecke den Stempel jetzt wieder in die Tasche, einen kleinen Privatdetektiv zum Sündenbock zu machen ist eine sache, einen polizisten eine andere, ich bin sicher während unserer abwesenheit wird derjenige der mir den Stempel in die Tasche getan hat, versuchen ihn unbemerkt wieder herauszuholen.
Brannigan: Ok aber nur weil Captain Johnson gesagt hat trotz allem hätten sie manchmal so einen Riecher, Higgings, Mccarseon, Endemy, wißt ihr wen ihr mir da eingefangen habt, der Kerl ist polizist, ja polizist, sagt es ihn nur weiter den anderen Kollegen, diesen Pfeifen die an diesem Einsatz beteiligt waren, ein Kollege.
Turnbuckle: Mein Kopf.
Wiggins: Mr Turnbuckle.
Turnbuckle: O Sergeant Wiggums.
Wiggins: Ich wollte ihnen nur gratulieren, sie sind ja jetzt ein freier Mann, hier ihr Mantel, ich darf ihnen hineinhelfen.
Turnbuckle: O danke nein, ich wollte ja eigentlich nur.
Wiggins: Bittesehr, moment ihr Gürtel, er hat sich verdreht.
Turnbuckle: Sergeant Wiggums, oh nein.
Wiggins: Was bitte sir.
Turnbuckle: Ich gestehe daß ich eine Sekunde lang noch glauben wollte, es bereite ihnen vielleicht ein kleines Vergnügen unter dem vorwand, seinen Mantel zurechtzurücken, einen andern Mann heimlich zu befingern.
Wiggins: Was erlauben sie sich.
Brannigan: Keine falsche Bewegung Wiggums und den Stempel da auf den Tisch schau an, Wiggins die alte Trauerweide, manchmal hab auch ich so einen Riecher.
Wiggins: Sünder müssen büßen, oja es wird kommen der Tag des Gerichts, der Herr ließ Pech und Schwefel regnen über Sodom und Gomorra.
Eben und diese Drecksarbeit sollte man ihm besser selbst überlassen.
Brannigan: Sonst noch was Wiggums.
Wiggins: Ja einen Anwalt.
Ralph: Und Henry, Captain Johnson ist völlig aus dem Häuschen, wegen deinem Erfolg mit dem Mitternachtswürger, er hat gemeint, nachdem dein incognito als Privatdetektiv sowieso geplatzt ist, ob du dir das noch mal überlegen willst mit dem studieren.
Turnbuckle: Es gibt Zeiten da denke ich das ganze Universum ist eine Illusion, und ich bin der einzige dem man nichts davon gesagt hat.
Ralph: Weißt du was, meine Frau ist dieses Wochenende auf einem Yogakurs, ich bin in einer halben Stunde bei dir, dann erklärst du mir das noch mal in aller Ruhe.
Henry Turnbuckle: Jochen Busse
Ralph: Michael Hinz
Captain Brannigan: Michael Mendl
Sergeant Wiggins: Herbert Weicker
Barkeeper: Michael Schwarzmeier
Netterly: Jochen Striebeck
Maggie Henderson: Ilse Neubauer
Horace Latimer: Hartmut Becker
Kriminalpolizist und Angestellter: Hubert Mulzer
An- und Absage: Beate Himmelstoß
Der letzte Detektiv (br-online.de/kultur-szene/thema/jonas/index.xml) (ca. 2003):
Er heißt Jonas. Nur Jonas. Er lebt im frühen 21. Jahrhundert in
Babylon, der Supermetropole der Vereinigten Staaten von Europa. Er
hat einen Beruf, den es eigentlich nicht mehr gibt. Er ist Privatdetektiv.
Er pflegt die Eigenschaften seiner klassischen Vorbilder:
Ehrenhaftigkeit. Sturheit. Unverschämtheit. Witz. Ein bißchen
Sentimentalität. Seine Fälle sind hart. Und wirklich. Es geht um kleine
Leute und große Interessen.
Dann ist da noch Sam. Jonas’ Taschencomputer. Unentbehrliche Hilfe
und unausstehliche Plage. Sam spricht. Er redet und labert und
schnattert und bewegt sich quer durch alle Sprachprogramme.
Außerdem ist er ein Chaos-Pilot im Datennetz. Ein Geisterfahrer auf
der digitalen Autobahn.
Das ist “Der letzte Detektiv” – Michael Kosers SciFi-Krimiserie. Die
erfolgreichste Hörspielserie der Unterhaltungsabteilung nach der
“Dickie Dick Dickens” – Serie der 50er-Jahre. Seit 1984 im Krimi-
Programm in Bayern2Radio.
Der geistige Vater: Michael Koser
Der Autor und seine Ideen
Ich bin oft gefragt worden, welche Grundidee hinter
meiner Reihe “Der letzte Detektiv” steckt. Das ist
sehr schwer zu beantworten (und deshalb tue ich’s
auch nicht). Aber es gibt für mich so eine Art Motto,
das über der ganzen Reihe steht. Korrektur: zwei
Mottos (oder heißt es Motti?).
1. “I’ve seen the future, brother – it is murder!” sang
Leonard Cohen 1992.
2. Sagte Bob Dylan 2001 in einem “Spiegel”-Interview: “Wir leben in
einer Welt, in der Science Fiction längst Realität geworden ist. Sie
wird beherrscht von Disney. Überall künstliche Shopping-Paradiese
und Themenparks.”
Wer ist besser geeignet etwas zu Michael Koser zu sagen, als seine
“Kinder”. Wir haben ein Gespräch zwischen Jonas und Sam
mitverfolgt, in dem sich die beiden zu ihrem geistigen Vater äußern.
Jonas: Ein Auftrag, Sammy. “Michael Koser”. Sagt uns das was?
Sam, ich warte!
Sam: Moment, Chef. Alter Computer ist doch kein D-Zug, – PIEP
“Koser, Michael. Autor.” PIEP
Jonas: Ein Schreiberling?
Sam: PIEP “Für das Radio. Spezialist für Krimi-Reihen. Professor van
Dusen’, 1978 bis 1999,77 Folgen, Ab 1984 Der letzte Detektiv” PI…
Jonas: Stopp, Sammy! Der letzte Detektiv bin ich! Jonas. Nur Jonas.
Sam: Woraus folgt, messerscharf und aschklar, daß es sich bei
besagtem Koser um den Papa meines innigst geliebten Jonas
handelt, n’est-ce pas?
Jonas: Mein Vater?
Sam: Strikt im geistigen Sinne. PIEP “Nachdem sein erstes
Reihenkind, Professor van Dusen mit Namen, sich als Erfolg erwiesen
hatte, entschloß sich sein Schöpfer, mit der Gegenwart auf Kriegsfuß
stehend, dem Amateur-Kriminologen aus der Vergangenheit den
letzten Detektiv der Zukunft zuzugesellen. Und so kam zur Welt
Jonas…” PIEP
Jonas: …und Sam. Redender Computer. Assistent und Nervensäge.
Sam: O0000h! Das tut weh!
Jonas: Mein Vater! Ich kann’s nicht fassen! Ist er mir ähnlich, dieser
Koser? Ruhig? Ein bißchen melancholisch? Ironisch?
Sam: Könnte man sagen.
Jonas: Sportlich? Ein Mann der Tat?
Sam: Eher weniger. Ein Bücherwurm. Ein Stubenhocker. Er wohnt
nicht in Babylon, sondern in Babels-.., PIEP “Verzeihung” PIEP …in
Wilhelmshaven, wo wenig passiert. Er erlebt nicht selbst, er läßt
erleben. Jonas und Sam zum Beispiel. Durch 40 bunte Abenteuer hat
er uns bisher gescheucht. Und damit ist es beileibe noch nicht
abgemacht.
Jonas: Von mir aus. Jonas ist bereit.
Sam: Sammy dito. – PIEP “Anmerkung: Michael Koser ist auch ein
Prophet! Hat er doch schon 1984 den EURO als europäisches
Zahlungsmittel ersonnen!” PIEP. Das war zu einer Zeit, als noch kein
Schwein und kein Finanzminister auch nur im Traum an so was
dachte! Ob er auch mit seinen anderen, manchmal recht düsteren
Zukunftsvorstellungen richtig liegt, wird sich zeigen.
Jonas: Bald.
Sam: Kann sich nur noch um ein paar Jahre handeln…
Die Sprecher der beiden Hauptfiguren
Wer leiht Sam und Jonas seine Stimme?
Jonas: Bodo Primus spielt die Rolle des
Detektivs seit der ersten Folge weg.
Sam: Seit der 5. Folge ist Peer Augustinski
für die Stimme des Computers Sam
verantwortlich. Zuvor wurde Sam von
Joachim Wiechmann gesprochen.
Wir haben die Figuren Jonas und Sam mit der Tatsache konfrontiert,
daß sie erst durch die Sprecher zum Leben erweckt werden. Aber
lesen Sie selbst, wie die beiden darüber denken, und was Sam und
Jonas über ihre Lebensspender wissen.
Sam: “Sozusagen: Der letzte Detektiv auf der Suche nach der
Sprachkultur im Kontinuum der Automedien, zur Zeit hart den
kriminellen Erstsilbenbetonern auf den Fersen. Den Konsens- und
Radikal- und ldealsprachbetonern und Banausen. Und all denen, die
die Schwingungen ihrer Stimmbänder für Sprechen halten.”
Jonas: Versteh ich nicht. Jonas ist kein Intellektueller. Klingt aber
irgendwie bedeutsam. Wer hat das gesagt, Sammy?
Sam: Primus. Bodo Primus.
Jonas: Aha. Und wer ist Bodo Primus?
Sam: Ach, du mein armer, lieber Jonas. Null Ahnung von nix, wie
immer. So kenn ich ihn, so hab ich ihn gern. Bodo Primus – der bist
du!
Jonas: Waas?
Sam: Präziser: Derjenige, welcher meinem Herrn und Meister, der da
genannt wird “Der letzte Detektiv”, durch seine stimmlichen und
schauspielerischen Talente Leben verleiht. Denn zunächst einmal,
nicht wahr, ist Jonas eine Figur auf dem Papier, ein Papier-Jonas
sozusagen. Dafür, daß Jonas lebt, spricht, sich bewegt, agiert – dafür
sorgt in erster Linie Bodo Primus. Und das macht er wunderbar.
Jonas: Glaub ich dir aufs Wort, Sammy. – Ich frag noch mal: Wer ist
Bodo Primus? Wenn er nicht Jonas ist, mein ich. Fakten, Sammy.
Daten. Kurzer Lebenslauf.
Sam: Bitte sehr, bitte gleich. Geboren 1938. In den 60er-Jahren vor
allem am Theater. Köln, Düsseldorf, anderswo. Seit 1962 auch im
Radio. Seit 1970 frei bei verschiedenen Hörfunk- und TV-Sendern im
deutschsprachigen Raum. So. Und jetzt – einen Tusch, Herr
Kapellmeister. Peer Augustinski. Ja, willst du denn nicht fragen, wer
das ist?
Jonas: Nicht nötig, Sammy. Peer Augustinski ist dein Bodo Primus.
Wie Bodo Primus mein Peer Augustinski ist. Sams Sprecher. Spieler.
Lebensspender. Verkörperer.
Sam: Zweites Ich.
Jonas: Hast du überhaupt ein erstes, Sammy? Du bist schließlich ein
Computer.
Sam: Na und? Ich hab vielleicht mehr Ich als du!
Jonas: Glaubst du? – Peer Augustinski , Sammy. Daten. Fakten.
Sam: Kurzer Lebenslauf. Okay, okay. Geboren 1940. Musikstudium.
Schauspielschule. Seit 1964 am Theater. Seit 1975 im Fernsehen.
Stichwort “Klimbim” – eins von vielen. Außerdem Synchronsprecher.
Und – last, but ganz und gar nicht im mindesten least – Sam. Sam der
Große. Der Einmalige.
Jonas: Weißt du was Sammy? Die Sprecher, die Jonas und Sam
verkörpern, müssen was ganz Besonderes sein. Große Könner. Tolle
Typen.
Sam: Da sprichst du ein wahres Wort gelassen aus, mein Alter.
Die Figur Jonas
Er lebt im 21. Jahrhundert. In einer Zeit der vorgegebenen Systeme
und festen Rahmen. Aber er paßt in kein System. Er fällt aus dem
Rahmen.
Er ist Nostalgiker. Er blickt zurück. Ins 20. Jahrhundert. Er hat einen
Beruf den es eigentlich nicht mehr gibt. Er ist Privatdetektiv. Er pflegt
die Eigenschaften seiner klassischen Vorbilder. Ehrenhaftigkeit.
Sturheit. Unverschämtheit. Witz. Ein bißchen Sentimentalität.
“Ich bin Jonas, nur Jonas”
Jonas über sich, seine Vorbilder, seine
Aufträge.
Aber er ist mehr als ein Anachronismus. Seine Fälle sind Fälle des 21.
Jahrhunderts. Zwischen kleinen Leuten und großen Interessen.
Zwischen Illusion und Realität. Und auch die Realität ist oft genug
falsch – Simulation, Manipulation. Jonas schlägt sich durch. Nicht
bravourös, selten erfolgreich. Aber so anständig wie möglich.
Steckbrief: Jonas, der letzte Detektiv
Nicht mehr jung. Um die 40. Groß, aber kein Riese.
Gutaussehend, aber kein Schönling.
Durchtrainiert, aber kein Bodybuilder.
Ansonsten eher unauffällig.
Oft melancholisch.
Lacht selten.
Kleidung: Trenchcoat
Waffen: Smith & Wesson. Laserstrahler.
Neurofreezer.
Seine Beziehungen
Viele – am Anfang gab es eine Dauerbeziehung: Judith Delgado.
Schön. Dunkel. Etwas jünger als Jonas. Hohes Tier bei der
Sicherheitsverwaltung. Er benutzt sie als Informationsquelle. Sie
benutzt ihn zur Förderung ihrer Karriere. Dennoch große Liebe. Als
Judith umgebracht wird nimmt Jonas Rache! Dann gabs da noch
Neon. Afroamerikanerin. Journalistin. Begleitet Jonas in Afrika. Und
Nofretete. Ägyptische Agentin. Mysteriös.
“Valerie, kurz Val”
Und dann gab es noch Valerie. Jonas bezieht Stellung zu
seiner Beziehung zu ihr.
Seine Gegner
Immer wieder neu. Großer Verschleiß …
Frau Professor Caligari: Leiterin von ZIP. Zentral-Institut für
Populationsforschung. Tritt in mehreren Fällen auf. Alt. Kalt.
Professionell. Hat die Aufgabe, die Überbevölkerung zu reduzieren.
Mit allen Mitteln.
Generalissimus Stalin: Der Nomaden-Häuptling residiert in einem
alten T-54, den sein Stamm durchs Niemandsland schleppt.
Ines Lamour: Die schöne und gefährliche Nervenärztin und Memory-
Klauerin.
Artur Artus: Chef von Camelot Fashions und Mittelalter-Freak. Zieht
sich so an, hat sich so eingerichtet.
Der Computer des letzten Detektivs
Er ist zweiteilig: Ein fester Speicher im Büro und als ständiger
Begleiter ein Taschengerät. Und er fällt, wie sein Herr, aus dem
Rahmen.
Steckbrief: Der Computer Sam
Der Computer des letzten Detektivs. Ein
Taschengerät, etwa so groß wie ein Handy. Sieht
auch so aus. Jedenfalls wenn er abgeschaltet ist.
Angeschaltet fährt Sam aus, was so gebraucht
wird: Augen, Mund, Ohren, Arme, Hände, Beine,
Rollen, Kompaß, Teleskop, Sirene, Kneifzange
und vieles mehr.
In voller Aktion sieht Sam aus wie eine Hightec-
Puppe.
Sam kann mehr als reden. Vor allem kann er denken. Vor, zurück und
um die Ecke. Und Ratschläge geben. Ein unentbehrlicher Helfer in
kniffligen Situationen.
“Sam ist mehr als ein Witzbold”
Jonas beschreibt Sam, seinen Computer und unschätzbare
Hilfe in allen Situationen.
Meist ist Sam eher enervierend. Arrogant. Streitsüchtig.
Rechthaberisch. Von seiner geistigen Überlegenheit fest überzeugt
und abfällig, was menschliche Intelligenz betrifft. Ungeduldig. Nur zu
gern bereit, seinem Herrn über den Mund zu fahren. Still wird er nur,
wenn er sich tödlich beleidigt fühlt. Oder wenn Jonas droht, ihn
verschrotten zu lassen. Was er nie tun würde. Jonas und Sam, Akteur
und Denkmaschine, haben dafür ein zu enges, ein fast symbiotisches
Verhältnis.
“Besser klaren Kopf bewahren”
Ein Dialog zwischen Jonas und Sam gibt Aufschluß über
deren inniges Verhältnis.
Die Welt des letzten Detektivs
Jonas lebt irgendwann im 21.
Jahrhundert. Sein Büro-Apartment
(22 qm) liegt mitten in Babylon.
Babylon liegt mitten in Europa.
Babylon ist mehr als eine Stadt,
mehr als eine Metropole. Babylon
ist eine urbane Ballung. Ein
unübersehbares Konglomerat.
Eine fast apokalyptische
Wucherung.
Über endlosen Vorstädten, mehr oder weniger heruntergekommenen
Wohnvierteln, über Slums, Trümmerlandschaften und den
abgeschotteten Siedlungen der Reichen und Mächtigen, über
Geschäftsstraßen, Verwaltungszentren und den Wolkenkratzern der
Wirtschaft, über Illusions-Parks, über Lokalen wie dem “Armen
Schlucker” und dem “Casablanca” – Jonas Stammkneipe – wölbt sich
ein Klima-Dom, und der ist fast immer kaputt.
“Um uns, unter uns – Babylon”
Der Erzähler beschreibt die düstere Atmosphäre Europas
im 21. Jahrhundert.
“Die ehemaligen Servicesysteme unter dem Reservat”
Der Erzähler beschreibt die Entstehung der Unterwelt und
geht auf deren Bewohner ein.
Unter Babylon liegen industrielle Produktionsstätten, ausgedehnte
Schutzbunker-Systeme aus dem vorigen Jahrhundert und, noch tiefer,
gigantische Kloaken mit Recycling-Anlagen und Biogas-Generatoren.
Babylons Regierungsform
In Babylon leben viele Millionen
Menschen – zu viele Menschen,
für die es zu wenig Arbeit gibt.
Jeder kriegt die Volksrente, keiner
muß hungern. Aber der soziale
Nutzenstatus, der unter anderem
die Größe des Wohnraums
festlegt, bemißt sich nach Art und
Entlohnung der geleisteten
Tätigkeit. Ein Privatdetektiv hat
nur einen geringen Nutzenstatus.
Babylon wird regiert und reguliert von einer großen, aber nicht allzu
effizienten Bürokratie. Ihre Organe, in erster Linie die zahlreichen
Gliederungen der Polizei, konkurrieren mit den privaten Truppen von
Industrie und Wirtschaft – und mit der “Korporation”, dem organisierten
Verbrechen.
“Die Korporation, früher mal Mafia”
Der Erzähler beschreibt die Entstehung der
Nachfolgeorganisation der Mafia: “Die Korporation”.
Die Landschaft rund um Babylon
Außerhalb von Babylon liegt die Wildnis – ausgelaugt, unregierbar,
unreguliert, ohne Gesetz. Jenseits der Wildnis existieren kleinere
Städte, babylonische Ableger wie Babelshaven am völlig verseuchten
Nordmeer.
Die Mehrzahl seiner Fälle löst Jonas in und um Babylon. Ab und zu
muß er reisen: nach Afrika – ins Niemandsland an der Grenze zur
dritten Welt – nach Costuguana in Lateinamerika, Nachschub-Basis für
Kokain und Ersatzorganen – in die chaotischen Nahoststaaten
Merdistan und Kusbekistan.
Die Welt des letzten Detektivs ist unserer Welt in vielem ähnlich – und
in vielem anders als sie. Größer. Technischer. Elektronischer.
Komplizierter. Atmosphärisch grauer. Heruntergekommener. Vielleicht
ist die Welt des letzten Detektivs die letzte Welt.
Neue Fälle für Jonas und Sam:
Donaukurier 19.08.2008 um 20:30 Uhr
Bremen (DK) “Machen wir ein Ende.” So klingt das Finale des “Letzten Detektivs”. “Das sagt aber nicht Jonas, sondern ein Mitglied der Anti-Jonas-Koalition, die die ganze Zeit versucht hat, sich dieses lästigen Detektivs zu entledigen”, erklärt Michael Koser (70), Autor von mehr als 150 Hörspielen und Schöpfer dieser Figur, die sich mit “Jonas. Nur Jonas. Besser einen guten Namen als drei miese” vorzustellen pflegt. Mitte der 80er Jahre hat Michael Koser seinen furchtlosen, melancholischen Privatermittler vom Schlage eines Philip Marlowe oder Sam Spade auf die Verbrecher Babylons losgelassen. Einer düsteren, seelenlosen Hightech-Metropole.
Geschwätziger Computer
Jonas lebt in der Zukunft. In einer Zukunft, in der das Ökosystem längst kollabiert ist, in der Bürgernummern die Namen abgelöst haben, der Sozialstatus (der Nutzen für den Staat) die Wohnklasse regelt, Großkonzerne regieren und man sich hauptsächlich von synthetischen Nahrungsmitteln ernährt. Im Jahr 2009 tritt Jonas erstmals in Erscheinung. Nur 25 Jahre lag diese Zukunft von der Gegenwart entfernt, als Michael Koser im Orwell-Jahr 1984 seinen Detektiv über dessen ersten Fall brüten ließ. Dabei lernte Jonas Judith kennen, die bald seine ZB (“zeitweilige Beziehung”) werden sollte und bei Sam regelmäßig Eifersuchtsanfälle auslöste. Sam ist ein Computer. Ein Supercomputer. Leider wurde er mit zu vielen Sprachprogrammen gefüttert, was zu einer Überkonfiguration führte, sodass seine Genialität in Sachen Datenbank-Informationsbeschaffung bisweilen mit einer gewissen Schwatzhaftigkeit einhergeht.
40 Folgen lang klärte “der letzte Detektiv” von Babylon im Bayerischen Rundfunk kniffelige Fälle, recherchierte, de-ckte auf, überschritt gesetzliche und bisweilen moralische Grenzen – bis die Serie 2001 ein abruptes Ende fand. Und Autor Michael Koser die Entwürfe für vier Fortsetzungen plus Abschlussfolge verärgert in die Schublage legte.
Kurzzeitig spielte er mit dem Gedanken, diese Notizen ins Internet zu stellen, “damit die Fans sehen, wie es hätte weitergehen können”, erzählt er. Er hat es nicht gemacht. Und hatte deshalb noch Material für neue Geschichten zur Verfügung. Denn: Es gibt zwei nigelnagelneue Folgen von Jonas. Auftraggeber ist diesmal allerdings nicht eine Rundfunkanstalt, sondern eine Privatperson. Martin Bahr ist ein großer Jonas-Fan, und seine Anwaltskanzlei hat bereits zwei Hörspiele (“Das Canossa Virus” und “Ixplorer 5003”) produziert. Ihm gelang es, die Originalsprecher von Jonas, Sam und Judith, nämlich Bodo Primus, Peer Augustinski und Karin Anselm wie auch Regisseur Werner Klein, der die Serie ab Folge 17 begleitet hatte, für sein Herzens-Projekt zu gewinnen. “Das war schon wichtig”, sagt Michael Koser. “Ein Hörspiel mit anderen Stimmen – das hätte ich mir nicht vorstellen können.”
Er sagte zu – und holte seine Mappe mit den alten Aufzeichnungen hervor. “Comeback” und “Abgesang” heißen die beiden neuen Folgen, die Ende des Monats in Hamburg aufgenommen werden – und ab Mitte Oktober im Internet kostenlos downloadbar sind.
Wovon die Fälle handeln, will Michael Koser nicht verraten. Nur so viel: “Die Jonas-Saga wird tatsächlich weitergeschrieben.” Beide Folgen finden nach den zuletzt im Bayerischen Rundfunk gesendeten statt – und werden auch mit früheren Krimis verknüpft. Mittlerweile schreibt man das Jahr 2016 und Jonas ist mit zunehmendem Alter auch resignierter geworden. Michael Koser: “Es stürzt furchtbar viel auf ihn ein. Negatives, mit dem er kaum fertig wird.”
Ein eigenes Universum
War es schwer, nach einer Pause von acht Jahren das Duo wieder auf Fährtensuche zu schicken? “Ich hatte tatsächlich nach der Zusage ein bisschen Sorge, ob es überhaupt gehen würde nach dieser doch verhältnismäßig langen Zeit”, gesteht der Autor. “Aber es klappte erstaunlich gut und schnell. Ich hatte ein eigenes Universum gebaut für meine Helden. Dort war noch Platz. Und ich fand die Tür, durch die ich gehen musste, um diesen Platz zu besetzen.”
Er freut sich, dass er nun die Möglichkeit erhält, doch noch den Schlusspunkt zu setzen, den er sich vor einem knappen Jahrzehnt für seinen “letzten Detektiv” ausgedacht hat. “Die abschließende Folge hat sich fast von selbst geschrieben.”
Und es sind definitiv die letzten Jonas-Fälle? Michael Koser lacht. “Mit solchen Aussagen bin ich inzwischen vorsichtig geworden. Es ist natürlich immer noch möglich, Zwischenräume auszufüllen in der Jonas-Saga.” Bei einer anderen Hörspiel-Figur, Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, “Wissenschaftler von Weltruf und nicht minder renommierter Amateur-Kriminologe”, der von 1978 bis 1999 Rätsel der Vergangenheit löste, hatte Michael Koser listenreich einen Weg für weitere Geschichten auch nach dessen Tod gefunden. “Außerdem ist nicht so ganz klar, was aus Jonas nun wird.” Dann unterbricht er sich: “Ich glaube, ich verrate zu viel.”
Ein bisschen Spannung muss schließlich sein. Mitte Oktober geht Jonas wieder auf Ganovenjagd: Unter jonas-nur-jonas-und-sam.de findet man Näheres über den nostalgischen Detektiv und seinen redseligen Computer Sam. Außerdem Bilder, Musik und ein Making-of-Video der Produktion.
Von Anja Witzke
ZDF heute Nachrichten: Hörspieldetektiv Jonas kehrt zurück – ins Internet. Private Produktionen online zu stellen, liegt im Trend. Von Stefan Gnad (2008):
In den 70er und 80er Jahren war Der letzte Detektiv eine Hörspielserie im Radio. Nun kehren Privatschnüffler Jonas und sein Computer Sam zurück- möglich macht dies ein Privatmann, der die Folgen kostenlos ins Netz stellt.
Martin Bahr ist langjähriger Fan der Serie, die sich bis heute anhaltender Beliebtheit erfreut. Die letzten beiden Teile zu produzieren und die düstere Science-Fiction-Reihe, die ihn und Tausende andere Hörspielfans vor den Radiogeräten fesselte, endlich abzuschließen, ist dem 36-Jährigen eine hohe Summe wert, die er aus eigener Tasche für die Produktion hinblättert.
Damit geht nun eine Radio-Legende zu Ende. Als akustischer Film Noir war die Hörspielreihe von Autor Michael Koser bewußt als Hommage an den Kinoklassiker „Casablanca“ und die großen hard boiled Krimiautoren Raymond Chandler und Dashiell Hammett („Der Malteser Falke“) angelegt.
Wie seine Vorbilder Sam Spade und Philip Marlowe arbeitet Joans als Privatdetektiv. In der fiktiven Großstadt Babylon des Jahres 2016 löst er als letzter seiner Zunft Kriminalfälle. Als Endzeit-Szenario war „Jonas“ nicht unblutig und schon beim Start im Orwell-Jahr 1984 visionär, nicht nur was die künftige Währung in den „Vereinigten Staaten von Europa“ anging: Euros. Nun folgt mit Verspätung die Fortsetzung, die zugleich das Finale ist.
Die Szenerie in den Hamburger Fährhaus-Tonstudios hat etwas von einem Familientreffen. Alle sind sie gekommen, um die Kult-Serie feierlich abzuschließen. Bodo Primus in der Rolle von Jonas und Peer Augustinski als Stimme seines so genialen wie schwatzhaften Taschencomputers Sam, Karin Anselm, („Tatort“) aber auch Größen der deutschen Sprecher und Synchronisationsszene… versprechen ein bis in die Nebenrollen hochkarätig besetztes Endspiel.
Sogar Michael Koser, Autor von „Jonas“ und der nicht minder erfolgreichen Hörspielreihe „Prof van Dusen, die Denkmaschine“ ist nach Hamburg gereist. Der 70-Jährige hat das Finale seit Jahren fertig in der Schublade liegen, jedoch selbst nicht mehr an ein Ende seiner Serie geglaubt. 2001 war er nach 40 Jonas Folgen im Streit vom Bayerischen Rundfunk geschieden.
„Plötzlich war da eine neue Leitung und hat als erstes den Jonas abgeschafft“, erzählt Koser. „Der ist uns zu teuer, hieß es, wir brauchen das Geld für unser Musil-Projekt, so etwas können wir uns leider nicht mehr leisten. Man hat mir zwar angeboten, den letzten Jonas noch zu produzieren, aber ich war so verärgert, daß ich das dann auch nicht mehr wollte.“
Entsprechend skeptisch war der Bremer, als letztes Jahr das Telefon klingelte und am anderen Ende der Anwalt aus Hamburg war, mit dem Vorschlag, die letzten Folgen aus eigener Tasche zu finanzieren. Den Autor zu überzeugen, war nur ein Problem, weitaus komplizierter war es, die Rechte vom Bayerischen Rundfunk zu bekommen.
Doch auch diese Hürde wurde genommen. Nun bringt das alte Team unter der bewährten Regie von Regisseur Werner Klein (Hessischer Rundfunk, Regisseur seit Folge 17) das zu Ende, was einst Aufgabe und Renommierprojekt des öffentlich rechtlichen Rundfunks war. Die Folge Comeback steht schon im Netz – am 1. November kann man sich die nächste Folge Abgesang der Kult-Saga samt „Making of“ kostenlos von der Seite… herunterladen.
Interview mit Michael Koser, Deutschlandradio, 28.01.2006 (Lange Nacht über die Geschichte des RIAS):
Horst Wendt: Hörspielproduktionen spielen seit Jahrzehnten eine große Rolle, der RIAS hatte sehr viele Preise dafür erhalten. Und eines der berühmtesten Hörspiele hat den etwas barocken Titel „Prof. Dr. Dr. van Dusen“, genannt die Denkmaschine. Autor: Michael Koser. Wir haben ihn am Telefon. Guten Abend, Herr Koser.
Michael Koser: Guten Abend.
Horst Wendt: Ich grüße Sie. Hatte diese Sendereihe, also “Dr. Dr. van Dusen”, ein literarisches Vorbild?
Michael Koser: Sie hatte tatsächlich ein literarisches Vorbild, nämlich eine Figur, die von einem amerikanischen Autor um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erfunden wurde. Die ganze Geschichte fing damit an, daß ich ein paar Geschichten von diesem Jacques Futrelle, so hieß er, bearbeitet habe, für den RIAS, und sollte eigentlich gar keine Erweiterung haben, aber die hatte es denn, weil die Hörer sich an dieser Figur sehr interessiert zeigten. Es gab keine Geschichten mehr von Futrelle die für die Funkbearbeitung geeignet waren und so hab ich mich also hingesetzt und eigene Geschichten geschrieben und insgesamt wurden es dann glaub ich, 77 Stück.
Horst Wendt: Was ist nun eigentlich der Anlaß und der Inhalt dieser Sendereihe, ist das mehr eine Persiflage auf historische Detektivberühmtheiten, auf Geschichten, der Titel läßt das ja fast vermuten.
Michael Koser: Es balanciert so ein bißchen zwischen der Persiflage oder der Parodie auf den klassischen Detektiv, der alles kann und alles weiß, und echten Krimigeschichten, damit die Spannung nicht verloren geht.
Horst Wendt: Und wie ist der Erfolg zu erklären, was denken Sie?
Michael Koser: Das…das erste ist mit Sicherheit so diese Seriengeschichte. Da ist eine Figur, zwei Figuren, denn der große Detektiv hat seinen Schlappenschamis immer bei sich, den Reporter Hatch, der von nichts ne Ahnung hat, und diese Figuren werden den Hörern dann nach einiger Zeit sehr vertraut. Außerdem muß, denke ich, die Machart auch den Leuten gefallen haben.
Horst Wendt: Wie würden Sie die charakterisieren?
Michael Koser: Ja, nicht so ganz ernst, immer mit etwas Ironie, und manchmal auch mit doppeltem Boden.
Horst Wendt: Schreiben Sie noch?
Michael Koser: Ja.
Horst Wendt: Weiter an dieser Reihe?
Michael Koser: Äh, indirekt ja, denn, äh, aus Prof. van Dusen ist inzwischen eine Comicreihe geworden, und da habe ich dann einiges zu tun, denn man kann natürlich Hörspiele nicht 1:1 in ein ganz neues Medium übersetzen, das heißt also, ich muß die Texte neu durchgehen, mit dem Zeichner besprechen, und das ist einiges Interessante.
Horst Wendt: Nun sind Sie ja seit Jahrzehnten ein sehr renommierter Hörspielautor, haben Sie den Eindruck, daß für das Hörspiel nach wie vor sehr großes Interesse besteht, und vielleicht auch gar wächst?
Michael Koser: Hörspiel ist so eine Art Kult, denke ich, und insofern kann es sich auch gut behaupten.
Radiobericht über Michael Koser, Deutschlandradio Kultur, 21.10 2010:
Sprecher: So, wir kommen zu den Hörspielmachern und unter diesen ist der Bremer Autor Michael Koser einer der Altstars. 150 Hörspiele hat er für verschiedene öffentlich-rechtliche Hörfunksender geschrieben, Jonas der letzte Detektiv, Cocktail für Zwei, und die sog. Generation der Kassettenkinder die ist mit seinen unterhaltsamen Krimis abends eingeschlafen und hat dabei auch noch viel gelernt über Geschichte, Geografie, Physik und Chemie, und jetzt wird seine erfolgreichste und längste Radiokrimireihe Prof. Dr Dr Dr Augustus van Dusen neu aufgelegt, und Lars Rosentreter bringt uns nun diese Serie nahe, eine historische Hörspielgröße.
Van Dusen: Um mich her sehe ich nur verständnislose Gesichter, mit einer Ausnahme, der Mörder versteht mich aufs Wort.
Sprecher: Der Mörder ist Michael Koser, Jahrgang 1938, er lebt in Bremen, die Tatwaffe: Kugelschreiber, Papier und Schreibmaschine, das Opfer ist Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, Kosers Lebenswerk.
Koser: Der hat schon einen großen und erheblichen Teil meines Lebens bestimmt und er hat auch in dieser Zeit und auch jetzt noch dafür gesorgt, daß auf den Brötchen immer Butter ist.
Sprecher: Zu Kosers Profil läßt sich so viel sagen: Er hat nie in seinen Hörspielen gesprochen, anders als Hitchcock in seinen Filmen, er schreibt heute Kinderbücher und textet für Comics, er trinkt Wasser zum Interview, sammelt Hüte und hat ein Haus voller Bücher. Das sollte reichen.
Koser: Ich bin eher zurückhaltend und ich habe auch nie viel Wind um mich gemacht.
Sprecher: Ganz anders als seine selbstgefällige Figur van Dusen, seit 1978 spielt er bei Koser die Hauptrolle. Die Denkmaschine, für die nichts unmöglich ist.
Van Dusen: Sie meinen, ob ich mich allein durch die Kraft meines Geistes aus einem Gefängnis befreien kann. Selbstverständlich mein Guter.
Sprecher: Der amerikanische Schriftsteller Jacques Futrelle, der 1912 beim Untergang der Titanic starb, hat sich den Professor ausgedacht. Rücksprung.
Van Dusen: Einige dunkle Punkte, die ihnen eigentlich ins Auge springen sollten, harren nämlich noch der Aufklärung.
Sprecher: 1961 wohnt Michael Koser am Prenzlauer Berg in Berlin, er studiert Geschichte und erlebt sie plötzlich selber mit.
Koser: Ich saß also im Osten und meine Uni war im Westen, das war kein guter Zu-stand und deswegen bin ich mit Hilfe von Freunden über die Mauer und nach West-berlin gegangen, weil mir klar war, das wird eine Geschichte, die lange dauern wird.
Sprecher: Schon während des Studims arbeitet Koser als Radioautor, erst für den Schulfunk, dann Feature. 1973 erhält er den renommierten Kurt Magnus Preis.
Meine Damen, meine Herren, hochverehrtes Publikum. Vor ihrem Ohr und ihrem Geiste wird sich nunmehr entrollen: Ein weltgeschichtliches Spektakel.
Koser: Es hieß das neue Hörspiel, und war sehr beliebt, nicht bei den Hörern aber bei den Machern und dann war mir das doch ein bißchen zu windig.
Sprecher: Michael Koser sammelt alte Krimis, auf Entdeckungstour durch Berliner Trödelläden findet er die van Dusen Geschichte von Jacques Futrelle, er schreibt sie als Hörspiel um.
Crippen: Ja wer ist denn nun der Gaslichtmörder.
Van Dusen: Da sie es nicht sind, Mr. Crippen, bleibt nur noch einer übrig. Achtung Caruso, er will zur Tür.
Caruso: Keine Sorge, Prof. an mir kommt er nicht vorbei.
Sprecher: 77 Folgen sind es geworden, alle spielen um 1900, historisch korrekt recherchiert bis ins kleinste Detail.
Hatch: Ja moment ich muß erst den Satz zuende schreiben.
Sprecher: Vor 10 Jahren, mit 62, macht Koser dann Schluß mit van Dusen.
Van Dusen: Er hat mich unterschätzt, und das, meine Herren, brach ihm buchstäblich das Genick.
Sprecher: Im Internet leben Kosers Figuren weiter, die Fans schreiben Kompendien über Plots, Sprecher, Musik. Prof. van Dusen ist ein Widergänger, was zum anfangs erwähnten Mord zurückführt. Ja die Denkmaschine starb, durch die Hand von Koser, nicht in der letzten Folge, sehr viel früher.
Koser: Wir wußten überhaupt nicht genau, wie kommt die ganze Geschichte an, und daraufhin habe ich, auch damit ich das nun endlich mal weiß hab ich ihn umgebracht.
Sprecher: Es hagelte Protest, also mußte Koser weitere Fälle aus dem Hut zaubern. Jetzt da die Serie wieder aufgelegt wurde, können neue Hörer in den Van Dusen Kosmos vordringen.
Sprecher: Und wenn sie Lust haben mit vorzudringen in diesen Kosmos von Prof Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, morgen den 22. Oktober erscheinen die ersten 4 Fälle bei Folgenreich Highscore Music, also zugreifen.
Gespräch mit Michael Koser anläßlich seines 65. Geburtstags (24.04.2003):
Held einer vergangenen Welt
… oder warum Augustus van Dusen Kult ist
von Ulrich Griebel (MDR-Kultur – Triangel 4/2003 Das Kulturmagazin von MDR FIGARO)
Professor Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen ist ein Universalgenie. Nicht nur, daß er einer der größten Wissenschaftler seiner Zeit ist – seine Zeit, das ist die um 1900 – er ist auch ein berühmter Detektiv und gehört in eine Reihe mit Sherlock Holmes, Hercule Poirot oder Lord Peter Wimsey. Seine universellen Kenntnisse in den Naturwissenschaften – außer Physik, Biologie, Chemie hat er auch sämtliche Bereiche der Humanmedizin studiert, kennt sich in Geologie, Archäologie, Ägyptologie sehr gut aus – wendet er gezielt zur Klärung der unterschiedlichsten Kriminalfälle an. Wobei der die Bezeichnung „Detektiv“ als zu profan ablehnt und sich lieber “Kriminologe, Amateurkriminologe“ nennt. Er ist die Titelfigur in der Kriminalhörspiel-Reihe von Michael Koser, die im „Krimi zur guten Nacht“ bei MDR KULTUR einmal im Monat, meist am letzten Sonntag, zu hören ist. Am 24. April feiert Michael Koser seinen 65. Geburtstag. Bis zu seinem 23. Lebensjahr war er DDR-Bürger, lebte ab 1961 in Westberlin, nun seit vielen Jahren in Wilhelmshaven. Studiert hat Koser Geschichte, Germanistik und Politische Wissenschaften, danach begann er zu schreiben. Neben der van-Dusen-Reihe haben ihn vor allem die Hörspielserien „Der letzte Detektiv“ und „Cocktail für Zwei“ bekannt gemacht. Aus Anlass seines Geburtstages führte Ulrich Griebel das folgende Gespräch mit ihm.
Griebel: Herr Koser, die van-Dusen-Hörspiele spielen um 1900. Historische Krimis sind ja relativ selten, wie sind Sie darauf gekommen, gerade solche Krimis zu schreiben? Und war die Idee für die Serie gleich da?
Koser: Ich muss ein bisschen ausholen. Ich habe mich immer für Krimis interessiert, habe alte Krimis gesammelt, nicht nur Conan Doyle, sondern auch unbekanntere Autoren, und hatte auf einmal in den siebziger Jahren die Idee, aus dieser Sammlung irgendetwas Radiomäßiges zu machen, weil ich ja beim Radio gearbeitet habe. Ich suchte ein paar alte Krimigeschichten aus, die mir gut gefielen, und habe dann dem RIAS Berlin angeboten, aus diesen Geschichten Krimi-Hörspiele zu machen. Eine dieser Geschichten ging um Professor van Dusen. Professor van Dusen ist ja nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen, sondern der ist Produkt des amerikanischen Autors Jacques Futrelle. Und ich habe eine van-Dusen-Geschichte zu einem Krimi-Hörspiel verarbeitet, ziemlich frei. Ich war nie ein guter Bearbeiter. Und ich habe nie die Sachen genau übernommen, sondern habe das dann so gemacht, wie ich das für gut und für richtig hielt. Und diese eine Geschichte kam sehr gut an. Und daraufhin habe ich dann weitere van-Dusen-Geschichten bearbeitet, insgesamt fünf, die von Futrelle geschrieben wurden. Dann gingen die Geschichten aus. Futrelle hat zwar eine ganze Menge Geschichten geschrieben, aber die allermeisten sind entweder generell nicht gut oder nicht gut audiomäßig umzusetzen. Und dann habe ich angefangen, mit der Figur, die ja nun schon mal da war, zu spielen und ihr eigene Geschichten zu schreiben. Und auf einmal hatten wir eine Hörspiel-Reihe, ohne daß das irgendwie von Anfang an jemand wollte oder geplant hatte.
Griebel: Aber es fällt ja auf, daß jede einzelne Folge sich ganz konkret an einem ganz gestimmten Handlungstag oder an zwei Tagen abspielt und das Bezug genommen wird auf frühere Folgen. Das heißt, man hat den Eindruck, sie sind in chronologischer Reihenfolge geschrieben worden. Das ist offenbar aber nicht der Fall.
Koser: Es war so: Die ersten 24 Folgen sind chronologisch geschrieben und hintereinander produziert und gesendet worden. Mit der 24. Folge starb Prof. van Dusen in San Francisco 1906 beim Erdbeben. Er versank in die Erde, und seine letzten Worte waren: „2 + 2 ist 4“. Und das war ein so schöner Tod, daß ich den nicht wieder rückgängig machen wollte. Diese 24. Folge war überhaupt als Testfolge gedacht. Nicht nur ich, auch der Sender, die Redakteurin, der Regisseur, wir wussten nicht so gut, wie die ganze Geschichte überhaupt ankommt. Sie war damals ungefähr drei Jahre gelaufen. Und daraufhin hatte ich die Idee, die mein großer Kollege Conan Doyle ja auch schon mal hatte, den Helden einfach umzubringen. Und ich wollte sehen und hören, ob es darauf irgendwelche Reaktionen bei den Hörern gibt. Ich dachte, wenn die Serie bisher gut angekommen ist, dann müssen sie sich melden und müssen sich irgendwie dazu äußern. Das taten sie dann wie wir es nie geglaubt und für möglich gehalten hatten. Und der Haupttenor war: „So geht das nicht! Die Serie darf nicht aufhören, sie muss weiter laufen. Und da nun aber van Dusen tot war, blieb mir nichts anderes übrig, als ihm neue Geschichten zu schreiben, die zeitlich vorher passiert sind. Das war ziemlich eng, denn der erste Fall, der auch so betitelt ist, „Professor van Dusens erster Fall“, spielte 1898, und der letzte Fall, der Tod von Dusens, wie gesagt 1906. Es waren also acht Jahre. Und da dacht ich, gut, dann machen wir noch ein paar Folgen, die kriegen wir noch irgendwo reingequetscht in diese Zeitspanne. Ja, und dann wurden es noch 53 Folgen, die alle in dieser eng umgrenzten Zeit spielen. Deswegen – nicht nur, weil der Professor so ein kluger Mensch ist, sondern auch, weil ich zeitlich etwas unter Druck war – muss er seine Fälle immer ganz furchtbar schnell lösen. Meist schafft er es ja in ein bis zwei Tagen, dann ist die Sache ausgestanden, und er kann sich wieder anderen Dingen widmen, vor allen Dingen seiner atomarem Strukturtheorie, an der er immerzu herumknabbelt. Ich weiß übrigens selbst nicht, was das ist. Ich bin schon von den Hörern gefragt worden, worum es da geht. Ich kann immer nur auf den Professor selber verweisen.
Griebel: Eine immer wieder interessierende und irritierende Frage: Was ist nun eigentlich an den wissenschaftlichen, kriminologischen, kriminaltechnischen und naturwissenschaftlichen Problemen und Lösungswegen, die er da benutzt, fiktiv, und was ist real?
Koser: Also normalerweise sind die wissenschaftlichen und vor allem die kriminologischen Dinge, die vorkommen, real, Das heißt, sie beziehen sich auf tatsächlich wissenschaftliche Dinge, die zu dieser Zeit gerade im Schwange waren bzw. erfunden wurden. Manchmal eilt der Professor ein bisschen voraus, so daß er schon den Computer erfindet, allerdings ohne es praktisch zu demonstrieren. Das ist ein Gag. Aber gerade die Kriminaltechnik, die darin vorkommt, beruht auf Tatsachen. Da habe ich also dann wirklich dicke Bücher gewälzt, damit das alles stimmt. Ein paar Fehler sind mir auch unterlaufen, naturwissenschaftliche Fehler. Ich bin selbst kein Naturwissenschaftler und schwimme eigentlich immer doch ziemlich herum und muss dann Fachleute fragen oder Bücher konsultieren. Und da kann es natürlich schon einmal passieren, daß die eine oder andere Sache daneben geht. Darauf haben mich die Hörer aber dann immer sofort aufmerksam gemacht.
Griebel: Die Sprache in der Van-Dusen-Serie ist anders als in anderen Krimis. Nun gut, die Handlung spielt nun fast schon eine oder zwei Generationen vor uns. Es ist der Versuch, die Sprache der damaligen Zeit einzufangen. Aber wo kriegt man die Sprache der Zeit her? Selbst wenn sie denn so gewesen wäre, was ich gar nicht glaube, sondern ich glaube, daß das auch eine Kunstebene ist.
Koser: Ganz sicher.
Griebel: Aber woher haben Sie den Grundtenor, den Grundton für die Sprache in den van-Dusen-Krimis?
Koser: Nun, ein bisschen aus alten Krimis, Krimis die so am Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts geschrieben wurden, wo die Detektive so etwas waren wie Supermänner und immer vom hohen Thron herab ihre Erkenntnis preisgaben. Da kommt das ein bisschen her, am Anfang jedenfalls. Auch der Prof. van Dusen bei Futrelle drückt sich etwas gestelzt aus. Aber das hat sich nachher selbständig gemacht. Und das liegt auch an Friedrich W. Bauschulte, der ihn spielt, ich habe mir immer ihn vorgestellt und habe ihm dann diese Sachen in den Mund geschrieben. Es ist dann einfach auch für mich ein Spaß geworden. Und die Sprache ist ja im Lauf der Folgen, glaube ich, immer elaborierter und gestelzter und künstlicher geworden. Ich hätte von Anfang an gedacht, daß die Hörer das gar nicht so gerne haben, aber gerade diese Sprache – das habe ich gemerkt – kommt gut an. Im Gegensatz dazu habe ich natürlich den Hutchinson Hatch gesetzt, der ja ein wenig anachronistisch ist. Also der spricht nun gar nicht die Sprache des beginnenden 20. Jahrhunderts, der Belle Époque, sondern er spricht eigentlich die Sprache von heute. Das sollte er auch ganz bewusst, damit der Professor so ein Gegengewicht bekommt, damit das nicht nur alles mit Fremdworten und furchtbar langen und komplizierten Sätzen gespickt ist – absolut rundfunkungeeignet, hätte man früher wahrscheinlich gesagt. Hatch ist an sich meine Lieblingsfigur. Prof. van Dusen habe ich nie leiden können. Und auch im Lauf der Jahre habe ich mich eigentlich nie richtig führ ihn erwärmen könne. Er ist so künstlich, und er ist so kalt und so weit weg und so distanziert. Also ich habe einfach keine Begeisterung für ihn entwickeln können. Dagegen Hatch ist ein Mensch wie du und ich. Er darf auch Angst haben. Er darf Hunger haben. Er darf sich beschweren. Er darf eigentlich ganz normal reagieren. Aber wenn Hatch alleine da wäre, wäre es natürlich keine Geschichte.
Griebel: Wie sehen Sie die Umsetzung Ihrer Manuskripte durch die Regie, die Schauspieler, den Einsatz von Musik und Geräuschen?
Koser: Was die Regie angeht, Rainer Clute war ja von Anfang an dabei – mit einer Ausnahme: Der erste van Dusen, der überhaupt produziert wurde, wurde von einem anderen Regisseur gemacht. Dann hat Rainer Clute übernommen und ist die ganze Zeit dabei geblieben. Und ich war eigentlich immer seht angetan von seiner Umsetzung. Daß er die ja auch etwas altmodischen Geschichten auch in einer altmodischen – im positiven Sinne – Verpackung serviert hat, daß er sich Zeit gelassen hat, den Schauspielern Zeit gelassen hat, daß er sehr viel Musik verwendet hat, sehr besondere Musik, was ja so eine Art Markenzeichen für ihn war. Also es gibt wenig Dinge, die ich auszusetzen habe. Wir haben uns, glaube ich, nie gestritten in dieser ganzen Zeit der Zusammenarbeit, hatten manchmal natürlich Meinungsverschiedenheiten. Wir haben alle Manuskripte besprochen, vor der Produktion gemeinsam besprochen, und auch die Besetzung. Ich habe mitgeredet, auch wenn das natürlich in erster Linie seine Sache war. Und ich fand, daß Rainer Clute ein Glücksfall für die ganze Reihe ist. Und van Dusen wäre nicht das, was er ist, wenn es diesen Regisseur nicht gegeben hätte.
Griebel: Die vielen Fälle, die Prof. Van Dusen zu lösen hat, sind von ganz unterschiedlicher Machart. Die sind mal logisch-kriminalistisch aufgebaut, mal sind sie mehr abenteuerlich angelegt. Aber was die Kreuzworträtselfälle betrifft, die also dem Hörer die Möglichkeit des Mitdenkens und des Mitkombinierens geben – Sie sind so aufgebaut, daß man auch wirklich drauf kommen könnte. Wollten Sie, daß der Hörer mitgehen kann, bestimmte Schritte mitvollziehen kann und vielleicht auch dem Professor schon mal – obwohl er ja der berühmteste Amateurkriminologe der Welt ist – ein bisschen vorauseilen kann?
Koser: Es gehört eigentlich zu den Spielregeln des klassischen Krimis, daß man dem Leser/Hörer nichts verschweigen darf. Also man darf, man kann ihn zwar auf eine falsche Fährte locken. Aber man muss ihm alle Fakten liefern, die auch der Detektiv hat. Und ich habe mich bemüht, das auch zu tun. Ich glaube, nicht in allen Fällen, manchmal habe ich ein wenig unterdrückt oder verheimlicht. Ich hoffe allerdings, daß niemand dem Professor so auf die Schliche gekommen ist, daß er vor ihm die Sache herausgekriegt hat. Im Grunde soll der Hörer sich zwischen dem Professor und Hatch befinden. Hatch ist ja ein netter Dussel. Also er kriegt so gut wie nie was raus und steht immer hilflos da, wenn der Professor irgendwo kryptisch irgendwas äußert. Und ich habe immer gehofft, daß der Hörer zwar dann besser ist als Hatch und schon so ein bisschen sieht, wo der Hase hinläuft, aber die genauen Dinge, die Einzelheiten, die Details, die Spuren und wie sie von wem gelegt wurden, dann doch als Überraschung erfährt. Mitarbeiten gerne, aber bitte nicht rauskriegen.
Griebel: Mich interessiert die Rolle von Satire und Ironie in den Stücken. Ist das von vornherein der Blickwinkel gewesen, unter dem Sie die Figuren gesehen haben, unter dem Sie die Geschichten gesehen haben? Oder ist das sukzessive im Laufe der Folgen hinzugekommen?
Koser: Das war von Anfang an da, auch beim Professor. Van Dusen bei Futrelle ist eine Figur, die der Autor tatsächlich ernst genommen hat. Er ist tatsächlich ein großer Wissenschaftler. Und ich habe ihn von Anfang an ein bisschen überzogen. Also es kommen parodistische Züge hinein. Allerdings habe ich mich bemüht, zu balancieren – das ist ganz schwer – einerseits zwischen dem Parodistischen und andererseits zwischen dem wirklichen Krimi. Also eine Parodie alleine ist nicht spannend, kann gar nicht spannend sein. Ein Krimi muss es sein. Aber die Umstände, die Figuren sind überzogen. Satire kommt auch hinein, „Dr. Tschu Man Fu“ ist eine antikolonialistische Satire. Das kommt immer wieder, habe ich jetzt gemerkt beim Weiterlesen, hatte ich gar nicht so beabsichtigt, war aber tatsächlich so. Also es kommen halt auch mal gesellschaftskritische Dinge rein. Im Grunde sollten die Geschichten für alles offen sein. Ich habe mich bemüht, sehr viele Mythen der Trivialliteratur – und ich habe mich damit immer beschäftigt, auch wissenschaftlich – in die van-Dusen-Reihe einzubauen, aber nicht ernst und gewichtig daherschreitend, sonder eben locker, ironisch, satirisch, parodistisch, ohne daß die Geschichte, der Krimi, der Plot darunter leidet.
Griebel: Häufig ist es ja so, daß Hörspielleute, Radioleute insgesamt, wenig über die Wirkung ihrer Arbeit erfahren. Das wird über den Sender ausgestrahlt und ist weg. Mal gibt es Umfragen, aber relativ selten. Was wissen Sie über die Wirkung der van-Dusen-Serie? Wenn man heutzutage, da die Serie eigentlich abgeschlossen ist und nur noch in einigen Sendern wie bei uns in der Wiederholung läuft, ins Internet guckt, findet man eine Menge. Auf das Stichwort van Dusen wirft die Suchmaschine sehr viele Seiten aus. Das bedeutet, irgendwie lebt die Serie noch. Und es muss Fans geben, die sich weiter damit beschäftigen und sogar Arbeit in solche Internet-Auftritte stecken. Allgemein gefragt, was wissen Sie über die Wirkung zu den Zeiten, als die Serie noch in Arbeit war, und über die Wirkung heute?
Koser: Es gab damals öffentliche Veranstaltungen, im großen Sendestudio des RIAS, das immer knüppeldicke voll war. Vorher hatte das auch keiner so richtig erwartet. Was kommt beim Hörspiel denn schon groß zusammen, aber es kamen Hunderte von Leuten. Dann wurde tatsächlich – und das hat es, glaube ich, beim Rundfunk, beim Hörspiel noch nie gegeben – ein Fan-Club gegründet, den es immer noch gibt, der im Internet sehr aktiv ist. Es gab Telefonate, es gab Post. Jetzt gibt es hauptsächlich E-Mails. Es gibt eine eigene van-Dusen-Website. Dann haben Fans, ohne mich vorher zu fragen, auch unter meinem Namen eine Website eingerichtet. Auch habe das dann hinterher sanktioniert. Das war schon in Ordnung. Es gab und gibt also erstaunlich viele Reaktionen. Der Seriencharakter hängt sicher damit zusammen. Auf ein einzelnes Hörspiel würde man so einen Response nicht kriegen, auch nicht erwarten können. Viele Fans haben mir gesagt, geschrieben, daß sie van Dusen als Lebenshilfe sehen, daß, wenn van Dusen sagt „Nichts ist unmöglich“, daß das für sie dann auch die Maxime ihres Handelns wurde. So habe ich das nie gedacht, an sich ist dieser Spruch natürlich rein überzogen. Oder sie sagen, sie hätten unglaublich viel gelernt über Geschichte und Geographie, weil ja diese Dinge immerzu eine Rolle spielen. Sie hätten dann nachgeschlagen. In van-Dusen-Kompendien, die man im Internet nachlesen und sich runterladen kann, ist dann jede einzelne Geschichte genau darauf untersucht worden, wo sie spielt, wann sie spielt, welche historischen Figuren darin vorkommen usw. usf. – eine Arbeit, die ich ganz erstaunlich finde, die das weit überschreitet, was ich vor diesen Sendungen gemacht habe, obwohl ich nun auch als Historiker anständig recherchiert habe, bevor ich irgendwas geschrieben habe.
Griebel: Würden Sie sagen, van Dusen ist unter den Krimis noch mal eine besondere Kategorie, was die Wirkung betrifft?
Koser: Ich glaube, daß es im modernen Rundfunk, also im Rundfunk noch dem 2. Weltkrieg, keine Reihe von 77 Folgen gegeben hat von jeweils einer Stunde oder einer knappen Stunde, die sich über einen so langen Zeitraum halten konnten. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn es eben nicht diese Hörerbegeisterung gegeben hätte und immer noch gäbe. Ich weiß, daß Deutschland-Radio immer noch von den Fans betrommelt wird, van Dusen fortzusetzen oder doch wenigstens zu wiederholen.
Griebel: Und daß es ein großes Bedürfnis gibt, Folgen, die die Fans nicht mitschneiden konnten, als sie gesendet wurden, nun irgendwie veröffentlicht zu sehen auf käuflichen Tonträgern. Aber das hängt ja wohl immer noch an irgendwelchen rechtlichen Fragen?
Koser: Ja, das wird mir dann gesagt vom Deutschland Radio, die ja verantwortlich sind für Professor van Dusen als Nachfolgesender von RIAS Berlin. Ich habe natürlich darauf gedrückt, und die Fans verlangen das ja auch immer wieder, daß es van Dusen in einer Höredition gibt als CD-Sammlung zum Beispiel. Der Sender erklärt, daß es zu schwierig sei und zu teuer. Es gäbe zu viel recht abzulösen, speziell Musikrechte. Das sei nicht praktikabel. Und deswegen könne er leider keine CDs veröffentlichen, entweder allein oder zusammen mit einem Hörverlag. Ja, ich kann leider als Autor nichts dagegen machen. Ich würde mich freuen, wenn es nun endlich mal klappen würde.
Griebel: Ich würde gerne noch etwas zu Ihrer Biographie als Autor erfahren. Ich weiß, daß Sie hauptsächlich fürs Radio gearbeitet haben und nur ganz selten ausgebüxt sind in andere Bereiche.
Koser: Also ich bin zum Radio gekommen, ohne daß ich es selber unbedingt wollte. Das war eine Zufallsgeschichte. Ich hatte studiert, schrieb an meiner Doktorarbeit, und mein Doktorvater wurde angesprochen von einem Sender, dem Süddeutschen Rundfunk, ob er nicht über sein Fachgebiet Schulfunksendungen machen wolle. Und das wollte er nicht, aber er hat dann seine Doktoranden damit beauftragt. Und dann schrieb ich zwei Sendungen, und auch andere schrieben welche. Und die Redakteurin beim Süddeutschen Rundfunk sagte mir dann: „Was Sie geschrieben haben, war das weitaus Beste. Hätten Sie nicht Lust, noch mehr für uns zu machen?“ Ja, ich hatte schon Lust. Das war schönes Geld damals für einen Studenten, der vom Stipendium lebte und von Arbeiten in den Ferien. Und dann schrieb ich also Schulfunk, das machte mir Spaß, dann kam ich zu anderen Sendern, schrieb weiterhin Schulfunk, krempelte mit ein paar Autoren den Schulfunk beim RIAS total um. Wir haben da die alten Zöpfe abgeschnitten, rausgeschmissen und neue Sachen gemacht, neue Hörspielformen, Featureformen eingebracht. An Hörspiel dachte ich relativ spät. Das kam erst in den siebziger Jahren. Auf Aufforderung eigentlich von Redakteuren und Regisseuren schrieb ich dann mal ein Hörspiel, das war so ein Kunsthörspiel, wie es damals üblich war, mit Musik, eine Art Rock-Oper, die großen Erfolg hatte, bei fast allen Sendern lief. Und dann schrieb ich noch sowas. Und dann hatte ich keine Lust mehr. Das waren so Geschichten ohne richtigen Anfang, ohne richtiges Ende. Ich verstand sie selber nicht und die Hörer wahrscheinlich auch nicht. Aber das war damals das, was en vogue war im Hörspiel. Und dann schrieb ich eine Zeit lang überhaupt keine Hörspiele, nur Features, bis ich auf die Idee kam, Krimis zu schreiben. Das war Ende der Siebziger, da wurde van Dusen geboren. Dann habe ich in den achtziger Jahren den „Letzten Detektiv“ erschaffen, der seitdem im Bayerischen Rundfunk läuft und es auch schon auf 40 Folgen gebracht hat. Ich habe festgestellt, daß mir die Serienproduktion liegt. Das heißt, wenn ich mir Figuren ausdenke und Handlungsräume und Zeiten, daß ich es schade finde, mit einer Geschichte das ganze Pulver zu verschießen, und dann bemühe ich mich Dinge so zu entwickeln, daß sich mehrer Folgen tragen. Daß es allerdings 77 Folgen werden wie bei van Dusen, das war nie vorhersehbar.
Griebel: Sind Sie mit dem Medium Radio als Arbeitsfeld ausgelastet, ausgefüllt, zufrieden? Sie haben nicht die Absicht, irgendwann aufzuhören damit?
Koser: Nein, obwohl ich mich auch in anderen Medien ein bisschen umgesehen habe, z. B. beim Fernsehen. Ich habe eine Buchserie herausgegeben. Und gerade in diesem Jahr habe ich ein Buch zu Ende geschrieben, was ich gerade bei einem Verlag unterzubringen suchen, ein Jugendbuch übrigens. Aber ich war immer beim Radio. Ich war sehr gern beim Radio. Ich habe – das zeigen ja auch die van-Dusen-Geschichten -, ich habe so etwas wie eine Cinemascope-Phantasie. Das heißt, ich denke mir sehr komplizierte, sehr aufwändige Geschichten mit vielen Personen aus, die man im Film zum Beispiel nur mit großer Mühe vielleicht in Hollywood mit Computertricks umsetzen könnte. Und beim Rundfunk geht das alles ganz einfach. Mit ein paar Geräuschen im Hintergrund und ein paar Stimmen und ein bisschen Musik kann man die tollsten Dinge machen. Und die Hörer können sich das dann richtig vorstellen. Deswegen bin ich dabei geblieben, bis heute. Und ich will auch dabei bleiben, so lange der Rundfunk sich nicht so ändert, daß meine Geschichten nicht mehr gewollt werden.
Ich war nicht böse, daß die Reihe eingestellt wird (Hörwelt 9/98)
Michael Koser, Jahrgang 38, ist seit 20 Jahren Autor der van Dusen-Krimireihe. Im HÖRWELT-Gespräch äußert er sich über seine Zeit mit dem Superhirn – und seine neue Serie Cocktail für zwei.
Herr Koser, Sie sind derjenige, der es wissen muß: Was hält das Schicksal im 77. Fall für Prof. van Dusen bereit?
Koser: Ein großer Teil wird in Wilhelmshaven spielen, das habe ich mir schon lange vorgenommen. Seit 15 Jahren wohnte ich jetzt hier, und die Freude wollte ich mir einfach machen. Viel mehr möchte ich über die Handlung nicht sagen. Es sind einige Überraschungen drin, und die sollen auch Überraschungen bleiben. Den meisten Spaß werden sicher die haben, die die ganze Saga kennen. Einige alte Bekannte tauchen auf, und überhaupt zitiere ich mich fleißig selbst. Ich hatte ein bißchen Endzeitstimmung beim Schreiben, aber eine fröhliche.
Hat van Dusens letztes Stündlein nun unwiderruflich geschlagen?
Koser: Ja und nein, ich kann das schwer sagen. Ich bin nicht der Sender, und der bestimmt das im Endeffekt. Aber vermutlich ist Schluß – obwohl ich mich dieses Mal gehütet habe, ihn endgültig von der Szene zu nehmen. Wenn aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen van Dusen doch wiederauferstehen sollte, dann könnte er das tun.
Er fällt also nicht in die Schlucht?
Koser: Nein, dieses Mal geht er mit der Titanic unter.
Werden Sie ihn als regelmäßigen Begleiter nicht vermissen?
Koser: Das tue ich jetzt schon manchmal. Manchmal habe ich Ideen, die nur zu van Dusen passen, nicht zu Der letzte Detektiv und nicht zu Cocktail für Zwei. Aber mehr Folgen müssen es auch nicht unbedingt sein. Ich war nicht furchtbar böse, daß die Reihe eingestellt wird…
Sprechen wir also ein wenig über ihre neue Serie, die im September anlaufen wird, Cocktail für Zwei. Ihr Heldenduo ist dieses Mal ein Pärchen, und es erlebt seine Abenteuer in den zwanziger Jahren.
Koser. Ich hatte die Idee schon länger im Kopf, und die zwanziger Jahre schienen mir zu passen. Es sollte anders werden als die van Dusen-Reihe und Der letzte Detektiv, leichter und eleganter. Und ich bin dieses Mal auf die andere Seite gewechselt, auf die Täterseite. Die Helden sind Hochstapler, Ganoven, Glücksritter. Sie heißen Felix und Cora. So kann ihre Firma als Felix & Co auftreten.
Was mag das für eine Firma sein?
Koser: Sie sind Expropriateure en gros und en detail. Sie nehmen Menschen und Institutionen aus, die viel Geld haben, ein bißchen wie Robin Hood. Nur daß sie nicht daran denken, das Geld jemand anderem zu geben als sich selbst.
Gibt es typische Merkmale ihrer Gaunereien?
Koser: Die beiden spielen Rollenspiele, sie denken sich komplizierte Geschichten aus und übernehmen diverse Figuren, um ihre Opfer dazu zu bringen, ihr Geld herzugeben. In einer Folge der zweiten Staffel geben sie sich zum Beispiel als Coco Chanel und der Präsident der Französischen Republik aus. Und verkaufen einem amerikanischen Schrottkönig den Eifelturm.
Felix und Cora werden von Maren Kroymann und Cornelius Obonya gesprochen. Haben sie als Autor auch einen Einfluß auf die Auswahl der Sprecher?
Koser: Ja, ich habe schon mitgeredet, und es war auch nicht ganz leicht, die Richtigen zu finden. Das müssen ja Leute sein, die das Komödiantische allein mit der Stimme transportieren können, ohne Mimik, ohne Gestik, ohne Maske und Kostüme. Beiden macht es viel Spaß, in die jeweiligen Rollen zu schlüpfen. Und das merkt man.
Der Fall van Dusen: Eine O-Ton-Collage (Deutschlandradio Berlin 1999)
Die einleitenden Worte des Regisseurs Rainer Clute zum Radio-Feature Der Fall van Dusen (deutschlandfunk.de/van-dusens-groesster-fall-100.html)
Seit dem Start der heiteren historischen Krimireihe 1978 hat Michael Kosers Prof. Dr. Dr. Dr. August van Dusen, genialer Wissenschaftler und leidenschaftlicher Amateur-Kriminologe, mit seinem treuen Begleiter und Chronisten Hutchinson Hatch rund um die Welt für die Lösung unlösbarer Fälle gesorgt und dabei Jahr für Jahr eine ständig wachsende Hörergemeinde in Atem gehalten.
Bevor Professor van Dusen in der zweiten Stunde der Langen Nacht mit seinem letzten und größten Fall endgültig in den verdienten radio-kriminologischen Ruhestand entlassen wird, hat Sylvia Rauer, die an der Seite von Regisseur Rainer Clute mehr als die Hälfte aller Fälle der „Denkmaschine“ als Regieassistentin betreute, noch einmal in offiziellen Archiven und privaten Erinnerungen gestöbert. In der Langen Nacht auf der Spur der Radiolegende August van Dusen sprach sie mit dem Autor und dem Regisseur, besuchte die Hauptdarsteller Friedrich W. Bauschulte und Klaus Herm, befragte die Taufpatin der Reihe, Ursula Drews, bemühte die Stimmen der Kritik und traf sich mit Fans der ersten Stunde.
Samstag, 24. Juni 1978: der erste Hörspiel-Produktionstag des ersten van Dusen-Krimis! Ein Tag, auf den sich die ganze Energie der Beteiligten konzentrierte, denn bis die Produktion beginnen konnte, galt es viel zu regeln. Das Vorspiel der geplanten Reihe verlief eher schleppend. Michael Koser, Autor dieser Hörspielreihe, fand keinen großen Anklang in der Hörspiel-Dramaturgie von RIAS Berlin. Sehr viel positiver reagierte dafür der damalige Abteilungsleiter des Unterhaltungs-Programm, Hans Rosenthal, dessen serienerprobte Redaktion sich dieses neuen Vorhabens sehr gerne annahm. Nun fehlte noch der geeignete und interessierte Regisseur. Michael Koser trat an mich heran und überzeugte mich sehr schnell von seiner Idee. Wir beide kannten uns als Autor/Regisseur-Gespann à la Holmes/Watson, Miss Marple/Mr. Stringer oder ähnliches.
Die Wahl fiel nach einiger Überlegung auf Friedrich W. Bauschulte, damals Ensemble-Mitglied des inzwischen geschlossenen Schiller-Theaters und außerdem „die Stimme“ einiger prominenter Schauspieler in der Synchronisations-Arbeit. Er wurde Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, genannt die „Denkmaschine“, Klaus Herm, zunächst tätig beim Schiller-Theater, dann als freier Schauspieler, wurde Hutchinson Hatch, der rasende Reporter des „Daily New Yorker“, van Dusens ständiger Begleiter und Assistent sowie – last but not least – akribischer Chronist der Abenteuer seines berühmten Professors.
Unser Produktions-Team wuchs nach relativ kurzer Zeit zu einem sehr gut eingespielten Ensemble zusammen, zu dem von Anfang an ein festes technisches Team gehörte, das im Laufe der Jahre nur wenig verändert wurde. Kurz nach Start der Serie stieß Silvia Rauer zu uns, zuerst als Regie-Assistentin und inzwischen als unentbehrliche Co-Regisseurin.
Einige der damals in der allerersten Zeit unter großem zeitlichen Streß und in Improvisationslaune produzierten Hörspiele gehören auch heute noch zu meinem Lieblingskrimis, so zum Beispiel „Whisky in den Wolken“ oder „Rotes Blut uns weißer Käse“. Dieses Hörstück war auch der Beginn eines immer wichtiger werdenden Musikanteils. Der in den Schweizer Alpen spielende Krimi war ausschließlich mit Madrigal-Musik angereichert, für die damalige Zeit eine sehr ungewöhnliche Wahl, da die durchschnittliche Krimi-Musik sich eher im „Tatort“-Genre bediente.
Die van Dusen-Musik hat inzwischen eine eigene Fan-Gemeinde gefunden, die ihre Interessen Hand in Hand mit dem seit Jahren in Berlin bestehenden van Dusen-Fan-Club vertritt. Immer wieder wurde ich gebeten, für eingefleischte Fans die Quellen der „Soundtrack“-Musiken anzugeben oder Soundtracks zusammenzustellen. Leider: es gibt keine Soundtracks von van Dusen-Krimis. Die Quellen sind hingegen jedermann zugänglich: es ist das, was wir ganz allgemein mit „Klassischer Musik“ bezeichnen. Wir benutzen also keine eigens komponierte Musik, aber die ist immer, zumeist aufwendig, bearbeitet. Und sie gehört zum Text, der sie inspiriert hat. Ohne den Text verliert sie wahrscheinlich entscheidend an Wirkung.
Die Lange Nacht einer Radiolegende. Auf vielfachen Hörerwunsch wiederholen wir heute diese Sendung aus dem Jahre 1999.
Fan: Könnte man nicht mal ne ganze lange Nacht mit dem Prof. van Dusen machen.
Bauschulte: Prof Dr Dr Dr Augustus van Dusen ist ein großes, ein gewaltiges Thema.
Der Fall van Dusen: Eine O-Ton-Collage von Sylvia Rauer und Clarisse Cossais
Koser: Ich weiß gar nicht wie ich drauf gekommen war, ich sammle ja selber Krimis, auch alte Krimis.
Sprecher: Michael Koser.
Koser: Und ich hatte die Idee, ob man nicht aus aus alten Krimigeschichten, so aus der Sherlock Holmes Zeit, Hörspiele machen könnte.
Drews: Dann kam Koser mit seinem Krimi und die Hörspielabteilung wollte den Krimi nicht.
Sprecher: Ursula Drews, damals zuständige Redakteurin der Unterhaltungsabteilung
Drews: Und das hat denn Herr Rosenthal sofort zugegriffen und hat gesagt nun kann ich dir ne Planstelle bei mir besorgen und dann machste gleich den Krimi.
Clute: Obwohl ich schon 9 Jahre beim RIAS gearbeitet hab, war ich aber erst relativ kurze Zeit als Regisseur tätig, ungefähr 4 Jahre.
Sprecher: Rainer Clute
Clute: Und ich wurde angesprochen, von Robert Matejka und Michael Koser, die beide auf mich zukamen und fragen, ob denn möglich wäre diese neue Reihe, die Michael Koser plante, Professor van Dusen, zu produzieren.
Bauschulte: Ich glaube mich zu erinnern, daß die erste vom Auerbach gemacht worden ist, und dann in der nächsten Woche gleich drauf die vom Rainer Clute, in ganz kurzen Abständen.
Sprecher: Friedrich W Bauschulte (1923-2003)
Bauschulte: Und dann war ich also eigentlich sehr verwundert was das nun sollte, ob das ein Probelauf war für die beiden oder was, ich weiß es nicht, es waren beide, nein, Auerbach war länger beim Sender als Rainer Clute.
Koser: Und beide, beides waren sehr gute und sehr schöne Produktionen, aber Rosenthal entschied sich dann für Clute als ständigen Regisseur, Rainer sagte damals ja.
Clute: Es war dann die interessante Frage zu entscheiden der Besetzung, und jeder kam mit zwei unterschiedlichen Besetzungsvorstellungen, die am Anfang ganz unvereinbar schienen, die aber immer näher rückten und schließlich haben wir auch da einen Kompromiss gefunden und am Ende der Reihe kann man es ja so sagen, auch ganz neidlos, der Professor van Dusen, Friedrich W. Bauschulte ist Dietrichs Auerbachs Eingabe in diese Serie und Klaus Herm, der Hutchinson Hatch ist mein Teil, was ich besetzungsmäßig dazugegeben habe.
Herm: Na für mich hat es wie immer angefangen.
Sprecher: Klaus Herm (1925-2014)
Herm: Daß sie mich angerufen haben, wir haben ein Hörspiel, ob ich Zeit hätte, und haben mir das Manuskript geschickt und ich fand es von vornherein also sehr witzig, muß ich sagen, also gleich von anfang an, dachte, das ist prima.
Koser: Ja, das wissen ja alle, das ist eine Figur von Futrelle, von Jack Futrelle und der Prof. van Dusen ist so was wie ein ganz kleiner Klassiker in der Krimigeschichte, in allen umfangreicheren Enzyklopädien und Geschichten steht er drin, also Futrelle mit seinem Professor van Dusen.
Clute: Michael Kosers Hintergrund als Autor, als Schriftsteller, ist die Geschichte, er ist studierter Historiker, und es ist sicherlich sein Anliegen gewesen und sein Spaß gewesen beim Schreiben auch historische Gegebenheiten zu verquicken, das heißt etwas, was in der Geschichte stattgefunden hat, ganz realistisch stattgefunden hat zu benutzen, um drumherum einen Krimifall zu stricken.
Koser: Und dann hab ich weitergemacht, noch 3 Geschichten, schöne Geschichten von Futrelle rausgesucht und geschrieben, und dann, Futrelle hat zwar eine ganze Menge Geschichten geschrieben, so etwa 50 oder 60 über Prof. van Dusen, aber die anderen kamen mir alle so als nicht geeignet zur Rundfunkbearbeitung vor, und wahrscheinlich hätte die ganze Geschichte dann aufgehört, wenn ich nicht bei irgend einem Ferienaufenthalt in Frankreich an der Atlantikküste plötzlich die Idee gehabt hätte, warum ich dann diesen Professor nicht nehmen sollte und ihm eigene Geschichten erfinden.
Clute: Ich glaube daß Michael Koser einfach saugute Manuskripte schreibt, daß er wirklich sehr gute Dialoge schreibt, das ist eine Kunst, die durchaus nicht jeder beherrscht und das ist ein Verdienst, das er ganz unbestritten hat, daß er Dialoge schreibt, die wirklich überhaupt nicht papieren klingen, nie, die sich einfach sehr gut spielen lassen im besten Sinne.
Koser: Da mußte erstmal die Rechtslage geklärt werden, das darf man ja nicht so ohne weiteres, die Figur eines anderen nehmen, aber da Futrelle mit der Titanic 1912 untergangen war, war seine Figur rechtsfrei, als ich dann plötzlich merkte, Mensch ich kann das ja selbst machen, da hatte ich wieder richtig Spaß dran und in diesen Ferien in Frankreich am Atlantik in der Nähe von Bordeaux hatte ich schon so die Stationen der Weltreise im großen und ganzen schon alles aufgeschrieben.
Clute: Van Dusen war in Amerika, in New York tätig die ersten Folgen, hatte sich dann auf eine Weltreise begeben und diese Fälle, die Michael Koser geschrieben hat bewegten sich wirklich an einer Kette, die zwangsläufig entstand, er fuhr mit dem Schiff nach England, dort hat er einige Fälle erlebt, ist dann über Frankreich, über Westeuropa, war auch in Deutschland, hat auch Berlin kurz tangiert, bis nach Rußland, ist dann über Südeuropa, die Türkei, ganz kurz in Ägypten gewesen, ist über Fernost, Singapur wieder zum Pazifik gekommen, ist dann bei der Überfahrt über den Pazifik nach Amerika gestrandet, das Schiff ist untergegangen, man hat sich auf eine Insel gerettet, das war der vorletzte Krimi, Robinsons Insel, ist dann von dort natürlich auch irgendwann wieder gerettet worden, ist zurück gekommen in die Vereinigten Staaten nach San Fransciso, und das war dann eben die Nr. 24, die Erde hat ihn wieder.
Koser: Bis zum Tod, den hatte ich mir damals auch schon ausgedacht, als eine Möglichkeit das zu beenden und daß es 1906 sein sollte mit dem Erdbeben von San Francisco, das stand also von Anfang an fest, weil ich immer gedacht habe, Gott, wie lange macht man so eine Reihe, und äh das wurde dann insgesamt auf 24 Folgen erst mal angepeilt, und ich dachte das wird wahrscheinlich reichen und wenn wir soweit kommen, dann lass ich ihn sterben und nicht nur um einen schönen Abschluß für die Reihe zu haben, sondern auch als Test, denn Rosenthal sagte mir, aber ja da kommen Anrufe, und den Leuten gefällt das soweit ich das feststellen kann und mir gefällt das auch, und, aber irgendwann reichte mir das auch nicht mehr, ich wollte gern mal wissen für wen man das eigentlich macht, und ich dachte wenn ich ihn jetzt sterben lasse und wenn tatsächlich Leute so was hören, vielleicht melden sie sich darauf hin, wenn sie so ein bißchen geschüttelt werden.
Krause: Gut erinnern kann ich mich noch an den Tod des Professors, als er im Januar 1982 für mich so überraschend starb.
Sprecher: Andreas Krause vom Prof Dr. van Dusen Fanclub
Krause: Ich hörte das Hörspiel und für mich war eigentlich klar, er wird nicht sterben, es wird ihm nichts passieren, aber dann passiere dann das für mich so unfaßbare, und ich kann mich noch gut erinnern, auch an die Gefühle, als ich in die Wohnstube ging, meine Mutter schaute fernsehen, und ich sagte zu ihr, Mutti, Professor van Dusen ist tot. Für mich war das unfaßbar.
Drews: Was glauben Sie, wie viele Hörer mir dann geschrieben haben wie man das ändern könnte, wie man ihn wieder aufleben lassen könnte, da hatten die unheimlich viel Vorschläge wie man das machen kann.
Krause: Ich habe meinen ersten van Dusen mit 15 gehört und ich muß sagen daß mich nichts so lange in meinem Leben begleitet hat wie die Prof van Dusen Serie, ich habe keinen verpaßt, ich habe immer den Urlaub entsprechend gelegt, was nicht so schwer war, weil wir ein 6 Wochen Intervall damals hatten, da konnte man planen, aber über die Zeit jetzt, ich bin 32 Jahre, hat mich nichts so lange begleitet.
Drews: Wir hätten doch nie geglaubt, als er den hat sterben lassen, daß da Leute, sicher 1 2 3 vielleicht aber daß da über 300 Zuschriften kommen, also das hätte ich nie erwartet und auch so bösartig, also wirklich sehr böse, als sei ich schuld an dem ganzen, ja ja ich wäre eine Mörderin, hat der eine geschrieben.
Koser: Ja, Tränen am Telefon, gab es wirklich, Beileidskarten in schwarz kamen an, Mütter riefen zornig an, ihre Kinder heulten und wollten nicht mehr schlafen gehen, weil Prof. van Dusen tot sei, also die wildesten Reaktionen, weit über alles hinaus, was wir uns vorgestellt oder erhofft haben, ich hab natürlich gehofft daß was kommt, nicht, aber nicht so viel und so individuell und so spezifisch, nicht nur daß Leute schrieben, schade, daß es nicht mehr weitergeht, sondern Briefe, seitenlange Briefe, die beschrieben, wie ganze Familie, immer, ich weiß gar nicht wann der damals lief, also zu der bestimmten festen Sendezeit immer am Radio saßen und sich das anhörten und sich schon dann freuten auf die nächste Folge.
Clute: Und das war eigentlich der Zeitpunkt, wo uns klar war, wir haben da eine Legende geschaffen.
Drews: Da haben wir dann überlegt, wie wir das machen und da fiel eben Koser ein, wir können ja eine Rückblende machen von dem Hatch.
Clute: Wir hatten schon den 25. Krimi produziert, genauso wie Hatch es als Erzähler vorbereitet hatte, wir gingen natürlich über diese Zeit 1906 nicht hinaus, van Dusen war auch tatsächlich gestorben, er wurde auch in der Weise nicht wiederbelebt daß man da einen Trick fand wie er dieses Erdbeben doch überlebt hatte, sondern Hatch erfüllte seine Ankündigung, daß er eben in der Zeit, in der Spanne, die die beiden gemeinsam erlebt hatten, 1899 bis 1906, immer wieder einzelne Fälle hervorholte und sie dann erzählte.
Koser: Und jetzt und das war mir sogar eigentlich noch lieber als vorher, jetzt war ich also tatsächlich frei, ich hatte also 8 Jahre in denen ich also herumirren konnte und den Professor auch plazieren konnte, wann und wo ich wollte.
14. November 1902, Freitag, ein Tag wie jeder andere. Am frühen Nachmittag verläßt Prof. van Dusen sein Haus in der 35. Straße West, Manhattan, New York City, wie an jedem anderen Tag, er sieht nicht nach rechts, er sieht nicht nach links, er sieht in das offene Buch vor seiner Nase, wie jeden Tag… (Es tickt bei Prof.v.D.)
London 16. November 1903, am frühen Abend, typisches englisches Herbstwetter. Regen, Kälte, Nebel. Während Big Ben die 6. Stunde schlägt, geschieht im vornehmen Hotel Savoy am Victoria Embankment folgenes: Ein Kellner, in der Hand ein Tablett mit einem Sektkühler, einer Flasche und einem Glas, stürzt in das Büro des Hoteldirektors, bleich wie der Tod… (Prof. v.D. Ein Mörder bei Madame Tussaud)
Mitten in Europa liegt das deutsche Kaiserreich, mitten in Deutschland liegt Berlin, mitten in Berlin liegt die Straße unter den Linden und mitten auf dieser Straße befanden sich am 24. Juni 1904 unter hunderten von Menschen zwei amerikanische Weltreisende, Prof Dr Dr Dr Augustus van Dusen die Denkmaschine zubenannt und meine Wenigkeit, Hutchinson Hatch, es war ein herrlicher Tag… (Prof. v.D. Zocker…)
Es war in Sofia im Herbst des Jahres 1904. Der Prof. hatte einen ungeheuerlichen Fall aufgeklärt, in den Kronprinz Boris verwickelt gewesen war und deshalb lebten wir als Ehrengäste des fürstlichen Hofes wie die Maden im Speck… (P.v.D… G.Dracula)
In der zweiten Januarhälfte des Jahres 1906 hatten wir, der Professor und ich, unsere Weltreise beendet und waren in San Francisco gelandet, van Dusen hatte sich gleich in seine wissenschaftlichen Forschungen verkrochen, nur zweimal war er daraus aufgetaucht, Mitte Februar, um mich vor dem Irrenhaus zu retten, siehe Fall Hatch und etwa 10 Tage später um Dampf abzulassen… (Prof.v.D. u.d. 7 Detektive)
Koser: Und dieses Echo auf den Tod von van Dusen führte dann auch dazu, daß wir eine öffentliche Veranstaltung machten wollten und zwar sollte die Reihe dann fortgesetzt werden, das heißt der nächste Fall sollte nicht zuerst im Radio laufen, sondern er sollte zuerst auf dieser öffentlichen Veranstaltung vorgeführt werden und wir haben das bekannt geben und haben dann mal gewartet, wer da kommt, der Sendesaal im RIAS war voll, das ging quer durch von Kindern bis Omas und Opas, und, aber jüngere Leute vorherrschend.
Herm: Ja das habe ich gar nicht für möglich gehalten, durch diese öffentliche Veranstaltung wurde mir das überhaupt erst bewußt, und natürlich freut einen das, das ist klar, dann war es, wie der Berliner sagt, nicht unbedingt in den Sand gepupt.
Hörer: Ich hätt gern gewußt, warum Sie den Professor so abrupt und plötzlich haben sterben lassen?
Wie lange brauchen Sie ungefähr für so ein Drehbuch?
Wo werden denn die Geräuschaufnahmen hergenommen, kommen die hier aus dem RIAS Archiv?
Wie lange brauchen Sie, bis eine solche Sendung aufgenommen ist?
Wer ist verantwortlich und werden diese Musikaufnahmen für die einzelnen Kriminalhörspiele extra produziert?
Wie suchen Sie die Sprecher aus, sagen Sie einfach, der kann gut, so stell ich mir irgendwie die Sprecherrolle vor oder?
Was mögen Sie so sehr an Prof van Dusen und seinen Fällen?
Brüning: Es ist eigentlich das beste daran, daß man ne ganze Menge aus der Zeit erfährt, in denen diese Geschichten spielen.
Sprecher: Jens Brüning, Autor und Hörspielkritiker.
Brüning: Es tauchen immer irgendwelche Figuren auf, die zu ihrer Zeit, so um die Jahrhundertwende 19 auf das 20. Jh. eine Rolle gespielt haben und berühmt waren oder berüchtigt, und da wird sehr viel Unterfutter gegeben, das finde ich immer sehr schön, das hat mir da am meisten Spaß gemacht dabei.
Hickethier: Es ist eine andere Form der Spannung.
Sprecher: Knut Hickethier, Medienwissenschaftler und Hörspielkritiker
Hickethier: Es ist nicht, daß man in irgendeine Erregung gerät, daß man also nicht mehr weiß was macht man denn jetzt sondern es ist eigentlich mehr dieses na wie kommt er denn da wieder aus und was passiert denn jetzt und wie kriegen sie denn nun den Bogen wieder, und die Spannung an dem wie der Erzählfaden geflochten wird, wie die Figuren sozusagen sich bewegen, wie das zwischen den Figuren abläuft, das ist dann viel interessanter und es ist nicht die normale Thriller Spannung, die man sich denken könnte.
Bauschulte. Na ja, das war ja das schöne an van Dusen, daß es eine so gewaltlose, was die Aktivitäten angeht, Serie war.
Sprecher: Friedrich W. Bauschulte, van Dusen Darsteller
Bauschulte: Es wurde immer nur davon geredet, daß da irgend jemand umgebracht worden ist oder daß das passiert ist oder daß das passieren könnte, nicht.
Drews: Es ist ja auch umgebracht worden schon.
Sprecher: Ursula Drews
Drews: Aber nicht so brutal und nicht so, aber umgebrucht wurde da auch, das kann man nicht sagen, aber es war immer so so appetitlich umgebracht, es war nie so sensationell umgebracht, es wurde nicht gesagt jetzt haben wir dem die Kehle durchgeschnitten oder so sondern es war immer…
Gemütliches Morden.
Drews: Die besondere Qualität war, daß es nicht ein üblicher Krimi war, sondern daß es ein Krimi war mit einer ganz besonderen Sprache, das hat mich so fasziniert.
Bauschulte: Da waren vielleicht ein paar Sätze dabei, mit denen ich, weil er nun auch eine besondere Diktion hatte, ja und das hat der Koser ja phänomental durchgehalten über die ganzen Folgen ja, daß er so fast in gedrechselter Art sprach um auch die Zeit mitspielen zu lassen, in der das ganze spielte, das war ja sehr gut und dadurch entstanden natürlich einige Bandwurmsätze, die so einfach nicht aus dem Gehege meiner Zähne wollten und da habe ich schon zuhause gesessen und habe geübt hier, laut vor mich hin und hab geflucht und gesagt, muß er das denn so kompliziert schreiben, soll er es doch einfacher sagen, aber das sind äußerlichkeiten.
Bauschulte: Mein lieber Hatch, lassen Sie uns eine Pfingstexkursion nach… Gebiß im Gehege meiner Zähne sitzen geblieben. Exkursion. Wir müssen das leider noch mal machen. Mein lieber Hatch, lassen Sie uns eine Pfingstexkursion nach Greenwich Village unternehmen.
Herm: Das kann er aber nicht schneiden. Hoppla.
Bauschulte: Wieso kann er das nicht schneiden, das ist doch seine Sache. Trotzdem möchte ich die ganze Szene noch mal machen.
Herm: Nein nein.
Leitner: Es ist einfach so die Mischung eigentlich aus Krimi also Spannung und Geschichte.
Sprecher: Gabriela Leitner, ein Fan.
Leitner: Und Humor, na und dieses Zweiergespann ist einfach göttlich.
Koser: Man hätte auch zum Beispiel die Geschichten so schreiben können, einen neutralen Erzähler für die Zwischentexte und, aber ich denke es war ein sehr guter Griff, den den Hatch zu nehmen gerade so als als Gegensatz, nicht, es ist ja so ein bißchen wie Don Quichotte und Sancho Panza, die beiden.
Leinter: Hatch ist einfach der, auf den man wahrscheinlich am ehesten steht, weil man sich mit dem auch am ehesten mit dem identifiziert mit dem kleinen Doofen, der eben nicht Prof Dr Dr sowas ist.
Koser: Der Hatch ist eigentlich ja nur reingeholt worden, weil ich dringend jemand brauchte, der die Sachen erzählt, nicht, das hatte rein praktische Gründe, van Dusen selbst konnte das nicht, natürlich, er mußte beleuchtet werden, er kann sich zwar ab und zu mal selbst beleuchten, aber nicht im Laufe einer Erzählung und dann hat einfach so der technische Fortgang erfordert, daß irgendjemand die Sachen erzählt, man kann nicht alles in Szenen bringen, das ist völlig unmöglich, das wird dann auch krampfhaft, gerade solche Geschichten wie die van Dusen Geschichten, wo sehr viel passiert, und auch manchmal Ort- und Zeitsprünge sind.
Sie sind doch Prof van Dusen dieser Superschnüffler aus Amerika. Sir. Stehen Sie auf Fremder, gehen Sie in sich und ziehen sie am besten auch gleich die Schuhe aus, sie befinden sich in Gegenwart von Prof Dr Dr Dr Augustus van Dusen, dem berühmten Wissenschaftler und großen Amateurkriminologen, der da genannt wird die Denkmaschine und ich bin sein Prophet, wollte sagen sein Assistent und Chronist, Hatch, Hutchinson Hatch… (Prof. v.D. läßt die Sau raus)
Herm: Diese etwas Begriffstutzigkeit, die er ja auch manchmal hat, och wo man sagt, naja, er ist ein bißchen bedäppert kann er sein, dann aber auch die Art von Pfiffigkeit, nicht, er hat ja dann eine ganz andere Art von Realität, na, und er ist, muß man sagen auch der Praktiker und das hat mich also gereizt, aber auch so daß man denkt och, das ist ein kleiner doofer, und das ist er gar nicht so sehr. Ich mag überhaupt Rollen, die der Hörer, der Zuschauer erstmal unterschätzt, sagt, das ist ein lieber oder der hat eine kleine Meise, das ist ja soweit ist es nicht mit seiner Intelligenz und plötzlich durch irgendne situation ach mensch da ist ja doch was dran, also das sind sowieso immer die interesantesten Rollen.
Leitner: Ich denke wir sind eben auch keine Wissenschaftler und insofern identifi-zieren wir uns eher mit dem kleinen Trottel, der da immer gucken muß, zuerst wo er was zu essen her kriegt und wo er seinen Whiskey organisiert kriegt oder der sich eine dicke fette Havanna wünscht, also mehr so auf diese leiblichen Sachen abfährt.
In Paris hatte Prof. van Dusen sich was angewöhnt, jeden Morgen machte er einen kurzen Spaziergang im Bois de Boulogne, in aller Herrgottsfrühe, auf nüchternen Magen, und ich mußte natürlich mit, auch an diesem 8. März 1904, einem Dienstag, es war kühl, noch nicht richtig hell und mir knurrte der Magen. Ihre Gesichtszüge mein lieber Hatch weisen einen gewissen vergeistigten Ausdruck auf, ein höchst ungewöhnliches Phänomen, woran denken sie. Ich, an nichts, Prof, an gar nichts. Das glaube ich ihnen aufs Wort, mein lieber Hatch. Ich hatte doch an was gedacht, an Kaffee, heiß und duftend, an knusprigen Toast, an ein weichgekochtes Ei, frische Butter, goldgelben Honig, an normannischen Käse und Schinken aus Bayonne, kurz an ein ordentliches Frühstück und an die gute Havanna danach, aber das ging den Prof. nichts an, er macht sich bekanntlich nicht viel aus Frühstück, und aus Mittagbrot und Abendessen auch nichts, von Zigarren ganz zu schweigen, was er braucht sind Luft, Logik, Wissenschaft und ab und zu ein bißchen Kriminologie. Amateur-kriminologie, mein lieber Hatch. Ist recht Professor… (Prof. v. D. u. d. Fall Zola)
Koser: Der klassische Detektiv muß immer so einen leicht trotteligen Menschen neben sich haben, dem er sagen kann, mein lieber Hatch, oder mein lieber Watson, Sie kennen meine Methoden, zählen sie 2 und 2 zusammen, alle wichtigen Fakten sind in Ihrem Besitz, Sie müßten jetzt eigentlich wissen, wie es abgelaufen ist und wer es war, und das tun die großen Detektive ja so rasend gern, so was zu sagen und deswegen brauchen sie jemand, zu dem sie das sagen können.
Herm: Seine Arroganz ist ja auch so schön künstlich, nicht, das ist ja auch wunderbar von Koser geschrieben, nicht, in dem Sinne nimmt man ihn finde ich auch gar nicht so ernst, nicht, das ist ja auch der Reiz der Figur, wie das der Bauschulte macht.
Bauschulte: Kläuschen war ja überhaupt im Grunde die wichtigere Person für das Hörspiel, für die Geschichte, er hat ja den roten Faden gesprochen und dargestellt, van Dusen stand ja fest.
Herrliches Wetter, Professor. Mein lieber Hatch, obzwar sie sich seit nunmehr gut 5 Jahren der Ehre und des Vorzugs erfreuen dürfen, Umgang mit meiner Person zu pflegen, befleißigen sie sich, wie ich zu meinem Bedauern immer wieder konstatieren muß, weiterhin hartnäckig einer vagen durch und durch impräzisen und platterdings unwissenschaftlichen Ausdrucksweise. Aber Prof. ich habe doch bloß gesagt herrliches Wetter. Ganz recht, mein lieber Hatch und was hätten sie sagen sollen. Weiß ich doch nicht Prof., ich bin schließlich kein Meteorologe, na ja so einer der das Wetter vorhersagt und dann wird es doch ganz anders. Nicht nur ein Meteorologe, mein lieber Hatch, auch ein in wissenschaftlichen Belangen nicht gänzlich unaufgeschlossener Laie würde sich folgendermaßen ausdrücken: wir befinden uns im Wirkungsbereich eines sog. dynamischen oder auch warmen Hochdruckgebietes, durch welches aus subtropischen Breiten Warmluft in diese gewöhnlich vom Klima weniger begünstigten… (Prof. v. D. läßt die Sau raus)
Möller: Im Grunde genommen ist es eine Figur, in die man selber auch mal hinein schlüpfen möchte und vielleicht auch mal selber den Kotzbrocken raushängen lassen möchte.
Sprecher: Wolfgang Möller vom Prof. Dr. van Dusen Fanclub.
Möller: Aber man traut sich das nicht, oder man ist einfach nicht der Typ dafür, aber man kann das nachvollziehen.
Bauschulte: Van Dusen war ein Kotzbrocken, in meinen Augen, ein richtiger Kotzbrocken.
Krause: Ja das ist es ja gerade, das konträre, nicht, der Professor weiß nun mal einfach mehr, und da kann man nun mal nicht standhalten, das wäre anmaßend, er ist nunmal Prof van Dusen, und Hatchinson Hatch, das haben wir alle so ein bißchen in uns, deshalb schlägt mein Herz mehr für den Professor.
Clute: Das wird daran liegen, daß er eigentlich ein richtiger gentleman ist, obwohl er aus den USA zu stammen scheint, da soll es aber auch solche geben, er hat Lebensformen, die, ja der kann mit Messer und Gabel essen, der hat wahrscheinlich immer einen Bowlerhat auf oder etwas vergleichbares, also auf keinen Fall eine Baseballcap und blickt durch, und das ist natürlich auch eine Identifikationsmöglichkeit, so einen richtigen Durchblick hat, der für alles eigentlich einen Ausweg weiß, ist auch nicht schlecht zum identifizieren oder zum liebhaben.
Herm: Ist doch wunderbar, daß es so einen perfekten Menschen gibt, ist doch herrlich und deswegen lieben auch ihn die Hörer glaube ich, man sehnt sich doch nach Perfektheit, man sehnt sich doch danach, daß man so intelligent ist, daß man alles erforscht und erfaßt, und immer sich richtig benimmt, danach sehnt man sich doch, daß eine Figur entsteht, gott behüte im Hören, der das alles kann und das ist doch wunderbar.
Leitner: Vielleicht ist man auch ein bißchen neidisch, weil eben der Professor, im Prinzip weiß er ja alles.
Sprecher: Thomas Leitner, ein Fan
Leitner: Wenn er von dem Sachgebiet nicht so viel Ahnung hat, dann kann er sich das doch wieder zusammenreimen, und er hat ja so eine große Allgemeinbildung, daß da kaum Lücken entstehen, so daß er da, er hat im Prinzip auf alles eine Antwort zumindest solange es logisch und wissenschaftlich zu erklären ist.
Clute: Also ich glaube, ich würde mit dem nicht durch Berlin laufen, das wäre mir zu anstrengend, ich find ihn besser im Radio.
Koser: Wenn ich von Anfang an gewußt hätte, daß es 77 Folgen werden, frage ich mich manchmal, ob ihm ich da nicht die Möglichkeit einer Entwicklung gegeben hätte, aber eigentlich denke ich darf das nicht passieren, daß so bestimmte mytische Figuren und das sind ja die großen Detektive, auch Sherlock Holmes oder Hercule Poirot oder so, die verändern sich ja auch so gut wie gar nicht, sie bleiben auf dem gleichen Level stehen, auf dem sie angetreten sind.
Koser: Das ist eigentlich das gute mit meiner Zusammenarbeit mit Rainer und mit euch, das ich immer das Vertrauen hatte, von Anfang an, und mir nie Sorgen gemacht habe, daß da was gutes bei rauskommt, ich hab das einfach losgeschickt und hab dann auf die Kassette gewartet.
Clute: Es hat sehr wenige technische Kollegen gegeben die sich in diesen 20 Jahren diese van Dusen Reihe geteilt haben, das war am Anfang Gerd Poolman und Sören Pehrs und ich hatte die Bitte geäußert, mit sanftem Druck, daß ich bereit bin, bei den Toningenieuren eine alternative zu haben, aber was den Techniker anging, da möchte ich daß wirklich durchgehend ein Techniker zur Verfügung steht und das war in dem Fall Manfred Rabbel, der ein unglaublicher Gewinn auch gewesen ist für diese Serie, er hat wirklich auch immer wieder eine sehr spezielle Form von Humor bewiesen, der immer wieder, was auch bei den besten freunden im Team oder auch entstehen kann, irgendwo ist immer mal Streß und irgendwann liegen Nerven blank und irgendwann hat man alle faxen dicke und möchte eigentlich nur einen Koller kriegen und das waren immer genau die Punkte wo Manfred Rabbel zur rechten Zeit am rechten Ort war und die Stimmung wieder aufs Normalmaß brachte, wo sie auch hingehörte, er ist vor einigen Jahren leider sehr sehr jung und sehr plötzlich und unfaßbar für alle die ihn kannten, gestorben und auch das ist ein Grund vielleicht an dieser Stelle in Dankbarkeit an ihn einen ganz kleinen Augenblick zu denken. Nach Manfred Rabbel kam dann Inge Görgner als Technikerin, Inge Görgner ist ausschließlich dann auch die Technikerin gewesen, die van Dusen betreut hat über viele Jahre.
Görgner: Ja das besondere war einfach so, ich betrachte das von meiner Arbeitsweise her, daß es einfach, so diese Arbeit in dem Team, das ich fest kannte, die einfach gut zusammengearbeitet haben, wo man gemerkt hat, jeder weiß genau was er machen soll, aber jeder kann auch übergreifend arbeiten.
Clute: Als Toningenieur kam Georg Fett neu ins Team.
Fett: Ich bin der Toningenier von 47 Folgen, das ist bei einer Gesamtzahl von 77 Folgen also fast zwei drittel aller Folgen.
Clute: Georg Fett ist aus dem Team vor wenigen Jahren ausgeschieden, für ihn ist Thomas Monnerjahn nachgerückt und als jüngste Technikerin im Team kam dann Sabine Winkler dazu. Bei den Regieassistenten gabs am Anfang einen bunten Wechsel, das war eigentlich so ein momentanes Geschäft bis zum Eintritt von Sylvia Rauer in diese Serie.
Rauer: Ich hab 1983 zum ersten Mal als Regieassistentin einen van Dusen betreut.
Clute: Und Sylvia kam, sah und siegte, und blieb, sie kam und blieb.
Koser: Ja, es entsteht natürlich im Lauf der Jahre bei einer solchen Reihe so ein Zuhausegefühl, ist ein Gefühl der absoluten Vertrautheit, das bezieht sich nicht nur auf die Sprecher, sondern natürlich auch auf das Team und für mich ist das zumindest eine Zeit lang eine sehr angenehme Art zu arbeiten.
Clute: Was dann als erstes von meiner Seite aus sukzessive dazu kam und an Wichtigkeit gewann, das war Musik, das ist nun meine Möglichkeit mit Musik umzugehen, Musik dramaturgisch einzubringen, mit Musik Geschichten im Subtext zu erzählen, wenn man bei Musik von subtext sprechen kann. Dann erinnere ich mich an einen Krimi, das war rotes Blut und weißer Käse, das war so ein bißchen der Durchbruch einer eigenständigen Musik. Eine van Dusen Musik als solche gibt es nicht, es haben oft Leute gefragt, die fest davon ausgingen, daß die Musik zu den van Dusen Hörspielen natürlich komponiert wird und speziell hergestellt, das war für mich immer relativ ehrenvoll, weil dann ist das genau aufgegangen, was ich mir überlegt habe, mit den Musiken, daß sie natürlich, obwohl keine einzige Musik für van Dusen jemals komponiert worden ist, es so klingen soll und sich anhören soll, als sei es genau auf den Punkt abgestimmt, was es ja auch ist, und es sollte eben die Musik auch eine perfekte Ergänzung zum Wort sein.
Leitner: Was ich eigentlich auch wirklich ganz ganz toll finde und das hat eher was mit denen im Studio zu tun, nicht mit dem Manuskript, ist die Auswahl der Musik, also die finde ich immer ganz toll, also da ist auch, wie heißt das mit dem weißen Käse, rotes Blut und weißer Käse, also die Musik ist, die find ich auch so passend, man kann sich wirklich vorstellen, wie die da auf den ich glaub in der Schweiz spielt das, auf irgendwelchen schweizer Wiesen elfengleich sich bewegen, das finde ich auch ein ganz besonderes Merkmal dieser Reihe.
Ah, das ist eine Luft, was meine Herren, weich wie Samt, klar wie ein Bergquell, rein wie ein frischgebadetes Baby. Kaum Kohlenmonoxid, keine Schwefelverbindungen. Die schiere Gesundheit, meine Herren, Natur… (Prof.v.D. rotes Blut u. weißer Käse)
Clute: Der Krimi spielte in der Schweiz auf irgendner Alm, mit skurrilen Typen und als Musik fiel mir dazu, was erstmal damit überhaupt nichts zu tun hat, Madrigale. Madrigale aus der Vorbarockzeit, teilweise, in einer etwas modern aufgepeppten Fassung durch die zweite Formation der swingels singers, das war irgendwie auch ein gewisses Wagnis, wo ich ziemlich sicher bin, ist, daß im klassischen im klischee sinne klassische Musik mit Krimi traditionell bis dahin nichts zu tun hatte, und das änderte sich ab diesem Moment, daß wirklich klassische Musik, ganz echt klassische Musik oder zumindest klassische Musik mit einem bißchen einem verschrägenen Arrangement oder wie mans nennen will, zum Markenzeichen wurde für die Untermalungen der van Dusen Krimis.
Brüning: Das war eigentlich dasjenige, was mich dafür sehr eingenommen hat, daß es nicht so eine 0815 Produktion ist, daß da nicht Papier in Ton umgesetzt wird, sondern da sehr viele unterschiedliche Ebenen noch mit dazukommen, die zwar auch schon auf dem Papier stehen, aber die dann teilweise auch noch durch die Regie ergänzt werden, die Musik zum Beispiel, die steht ja meistens überhaupt nicht auf dem Papier, wie ich gelernt habe, sondern die entsteht dann irgendwie im Verlauf der Produktion.
Hickethier: Mir hat die Art sehr gut gefallen, ich muß sagen, ich liebe vielleicht sogar mein Lieblingsgenre, ich liebe die konkreten Hörspiele am meisten, also Hörspiele, in denen einfach ganz realistische Szenen vorkommen, ich sage manchmal, der Laie könnte sich denken die haben einfach ein Mikrophon hingestellt und dann wurde das aufgenommen, und das wars dann, daß es so nicht ist in Wirklichkeit ist ja klar aber es soll hinterher so klingen, als wäre es einfach nur eine Beobachtung mit dem Mikrophon und alles ist so passiert wie mans hört.
Clute: Das war von Anfang natürlich an eine Schwierigkeit oder ein spezieller Anreiz auch für die Produktion, die Krimis um Prof. van Dusen sind alle historisch, das heißt die Produktion ist natürlich gehalten, sich was das drumherum angeht auch an diese Zeit zu halten, es geht natürlich nicht, daß wir jetzt irgendwelche Straßengeräusche haben, wo also beispielsweise ein Flugzeug über die Straße hinwegfliegt, das wäre anachronistisch, und da sind wir natürlich gehalten, genau zu sein, bei Eisenbahnfahrten wird natürlich Prof. van Dusen nicht im TEE durch die Lande donnern, sondern eben in der guten alten Dampflok allenfalls, und das war nun immer ein großer Anspruch.
Krause: Das ist eben der Vorteil bei den Hörspielen um diese Serie, daß ich die Augen schließen kann und ich bin dabei, ich bin mit Professor van Dusen auf Reisen.
1001 Nacht, das war das Stichwort, das Abenteuer, das vor uns lag, glitzerte tatsächlich wie ein buntes orientalisches Märchen und es war so fantastisch, daß ich es nicht glauben würde, wenn ich es nicht selber erlebt und mit eigenen Augen gesehen hätte. Wir stiegen das Fallreep herunter oder wie die Treppe am Schiff heißt und als wir die Füße auf festen Boden setzten, legte die Musik noch einen Zahn zu, jetzt fühlten wir uns doch ein bißchen genervt, und wollten gerade das weite suchen, bzw ein Rischka, als ein umfangreicher vollbärtiger Inder in Turban und rotem Seidengewand die Hand hob, die Musik brach ab… (Prof. v.D. u.d. Schatz des M.)
Clute: Bis zum vorletzten Krimi sind alle Krimis an einem einzigen Tag aufgenommen worden, alle Szenen zumindest, in seltenen Fällen ist Klaus Herm an einem anderen Tag noch mal gekommen, um den Erzähler aufzunehmen, was sich sehr ausgeweitet hat im Laufe der Geschichte dieser Krimisreihe sind die Mischungen, die sehr viel komplizierter geworden.
Rauer: Wir sind eigentlich der Akribie des Autors im realistischen, manchmal sogar naturalistischen erzählen gefolgt, sowohl bei der Besetzung als auch bei der Musik als auch eben im Geräusch, so daß das Geräusch und die Atmosphären im Grunde sogar eine eigene Rolle gekriegt haben im Laufe der Zeit, und das war auch mal so ein Fall, bei dem spielte eine wichtige Rolle der Transport von kravonischen Hirsch-käfern in einer Botanisiertrommel und in einer Szene oder bei einem Verschwinden mußten diese Hirschkäfer davonfliegen, und wie um Gottes Willen soll ich nun an das Geräusch von einem Flügelschlag von Hirschkäfern rankommen, das war ganz klar, daß es im Archiv nicht irgendwie unter 532 im Regal stehen würde, und eins wo ich mir am meisten vorstellen konnte, das habe ich dann auch mit ins Studio gebracht und das haben wir dann auch tatsächlich für diese Käfer verwendet, das war das Schnabelklappern eines Klapperstorches, der hat dann unsere Hirschkäferflügel abgegeben und es hat auch kein Mensch nachher gemerkt, daß das ein klappernder Klapperstoch war, sondern das klang in dem Moment, weil es szenisch so angedeutet angesprochen war, klang es so wie wegfliegende Hirschkäfer.
Clute: Und das war dann auch ein Verdienst von Silvia Rauer, daß sie zum Beispiel immer wieder Gelegenheit genommen hat, solche Geräusche zu archivieren in ihr sog. van Dusen Privatarchiv, und aus ihrem unendlich großen Karton immer wieder zur rechten Zeit die richtigen Geräusche herausgeholt, die wir sonst mühsam hätten herstellen müßten, auch das war sicherlich sehr hilfreich für die Produktion.
Clute: Van Dusen ist eine Legende geworden, innerhalb der Zeit, die er im Medium Rundfunk verbracht hat, in den 20 Jahren, und es schmeckt mir natürlich sehr und ich fühle mich geehrt auch, daß ich an dieser Legende einen vielleicht nicht unwesentlichen Anteil habe, aber eine Legende ist ja nicht etwas, was man herstellt, auch nicht etwas was man selbst definiert, ich denke eine Legende definiert sich durch die Rezipienten, und uns ist in der jetzt schon mehrfach erwähnten 24er Staffel, das heißt den ersten 24 Folgen bis zum Tod van Dusens beim Erdbeben in San Francisco 1906, nicht bewußt gewesen, daß wir eine Legende produzieren, wir haben auch nicht das Gefühl gehabt.
Hickethier: Und daß sich dann herausstellte, es gibt sogar einen Fanclub, daß da also Eigeninitiativen, nicht eben von unserem Funkhaus, damals noch RIAS, heute Deutschlandradio Berlin, initiiert wird, sondern daß die Hörer einen dazu zwingen das fortzusetzen, das war natürlich eine ganz besondere Freude, weiterhin solche Aufnahmen machen zu können, wenn man weiß, da gibt es welche, die warten schon auf die nächste Folge, dann macht es noch mehr Spaß.
Krause: Man war natürlich neugierig, gibt es auch andere, man selber war ja van Dusen Hörer, aber gibt es andere Hörer, mit denen man sich austauschen kann, die auch so akribisch sammeln, und Bescheid wissen, und dann gab es die 2. öffentliche Veranstaltung, damals noch vom RIAS Berlin, dort haben sich einige van Dusen Hörer abgestimmt, sich zu einer späteren Zeitpunkt noch einmal zu treffen und dieses Treffen hat dann auch stattgefunden und der erste van Dusen Fanclub wurde gegründet.
Görgner: Freut mich auch, daß es so eine riesen Fangemeinde hat und daß es halt so einfach 20 Jahre, das ist schon für die Rundfunkgeschichte eine ziemlich lange Zeit, aber ich glaube das liegt auch an der Kontinuität einfach, weil der Michael Koser da immer ganz genauso weiter geschrieben hat und weil die Machtart dann doch immer irgendwo immer ein bißchen gleich geblieben ist.
Koser: Ein paar Fehler sind auch drin, muß ich ja zugeben, wenn auch nicht alles, was die Fans da moniert haben, tatsächlich Fehler sind, da haben sie sich auch mal gerirt, die Fans haben sich ja überhaupt zum Teil eine furchtbare Arbeit gemacht, es gibt mehrere van Dusen Kompendien, die die Fans zusammengestellt haben, wo sie zu jedem Fall ganz haarklein und akribisch alle historischen, geografischen Fakten, die darin vorkommen, aufgelistet haben, Längen- und Breitengrade, wo die Geschichte spielt, die historischen Figuren, die drin vorkommen erläutert haben, mit lexikalischer Hilfe. Das find ich schon toll.
Krause: Wir haben uns da eine ganze Menge Mühe gegeben um diese Serie von Michael Koser.
Möller: Wir wollen ja eigentlich jetzt den van Dusen Fanclub in einen sog. Koser Fanclub umdirigieren, weil wir denken wir möchten eigentlich alle Aktivitäten, die Herr Koser so in seiner Vergangenheit und in seiner Zukunft beschreitet, möchten wir eigentlich begleiten, er hat sich also uns gegenüber immer als ein sehr fairer und vor allem williger Partner gezeigt und ich denk auch welcher Autor hat so einen Fanclub.
Krause: Ich denke, er weiß auch, was er an uns hat.
Hickethier: Ich glaube so eine Reihe muß irgendwann mal aufhören und wenn man sagt man hört am besten dann auf wenn es am schönsten ist, ist es sozusagen richtig aufzuhören, daß die Einfälle wirklich zuende sind, oder daß die Lust wirklich zu Ende ist, das glaube ich nicht.
Möller: Unser Ziel haben wir nicht erreicht, das Ziel war eigentlich 80 Folgen in 20 Jahre, denn damit wären wir einem Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde nicht vorbeigekommen, der wäre uns dann sicher gewesen, nun müssen wir mal schauen, was noch wird.
Koser: Ja das ist ein ganzer Sack voller Gefühle, voller gemischter Gefühle, eine gewisse Erleichterung gehört dazu, daß ich die beiden, und speziell natürlich den Professor tatsächlich los bin, auch bedauern natürlich, vorallendingen wenn ich jetzt eine schöne Idee habe für einen Fall und die kommen auch jetzt noch, die nur van Dusen lösen kann und sonst niemand auf der ganzen Welt und ich hab ihn nicht mehr und tatsächlich ja tatsächlich fehlt er mir doch, fehlen sie mir beide ein bißchen.
Herm: Ja wohlwissend daß alles irgendwann ein Ende hat, ne, ist es ja traurig, ist übertrieben, es ist schon ein kleiner Verlust ist es, würde ich sagen, es war diese ganzen Jahre durch irgendwo eine feste Größe, aber alles geht zu ende, nicht, das ist klar. Ich bin froh und ich bin auch letzenendes dankbar, daß man sowas langes wieder durchziehen konnte.
Leitner: Also ich denk, die Spannung hat schon nachgelassen, es ist nicht mehr so, daß ich jetzt nun 5,6,7,8 neue Folgen im Jahr brauch.
Möller: Ich hätte es gut gefunden, wenn es noch mehr gegeben hätte.
Hickethier: Eigentlich könnte man sich nur wünschen, daß wenn nun wirklich die allerletzte van Dusen Sendung kommt, daß es vielleicht eine neue gibt mit einer anderen Figur, die ähnlich erfolgreich und ähnlich langlebig ist, die sich wieder neu etabliert.
Clute: Autoren können ja sowieso nicht aufhören zu schreiben, das ist ja ein großes Problem für Autoren und wenn sie dann immer noch auf der Höhe ihrer Kunst bleiben, dann ist es ja um so besser und ich glaub der Michael Koser ist einer, da muß man den Bleistift extra noch totschlagen, wenn der mal gestorben sein sollte, was wahrscheinlich in den nächsten 50 Jahren nicht passiert, hoffe ich jedenfalls, und dann erst hört das auf, was da aus dem Mann rauskommt, also es wird schwierig sein, den abzuhalten, irgendwelche Dinge zu verfassen, die interessant und gut sind.
Drews: Das hat der Koser sich ja immer sehr hübsch ausgedacht, das muß ich sagen, es ist eigentlich schade, daß er nun aufhört.
Herm: Das ist besonders, über 20 Jahre, glaube ich, ist es noch nie gewesen, also gibt es auch nicht, ich will es nicht beschwören oder so, aber ich glaube das ist einmalig, das glaub ich schon.
Bauschulte: Ja van Dusen das wars.
Herm: Und damit wollen wir schließen oder wie.
Bauschulte: ein Leben für den Rundfunk oder ein Stück vom Leben für den Rundfunk
Hatch: Prost Professor.
Prof. van Dusen: Prosit, mein lieber Hatch.
Michael Koser: Professor van Dusen:
Prof. van Dusen: Eine Unze Radium (RIAS 1978)
Wie Sie wahrscheinlich wissen Mr.Hatch ist Radium ein rätselhaftes praktisch noch unerforschtes Element. Rätselhaft, praktisch unerforscht. Warum Mr Hatch, warum sendet Radium Strahlen aus. Ja warum. Und welche Wirkung haben diese Strahlen. Wirkungen Strahlen. Diese Fragen vor allem gilt es zu beantworten Mr Hatch. Meinen Bericht über den höchst merkwürdigen Fall der verschwundenen Unze Radium kann ich bei aller Bescheidenheit kaum besser beginnen als mit dem Gespräch, das ich damals für meine Zeitung, den Daily New Yorker mit Prof. Dexter vom physikalischen Institut führte, Gespräch ist allerdings nicht der rechte Ausdruck, Prof. Dexter ein Wissenschaftler von der leicht begeisterten Sorte, hielt mir einen Vortrag
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Prof. van Dusen: Das sicherste Gefängnis der Welt (RIAS 1978)
Ich, meine Herrschaften, ich, Prof. Augustus van Dusen, Dr. der Philosophie, der Naturwissenschaften, der Medizin usw usw Mitglied diverser Akademien und zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften ich erklär hiermit feierlich daß einem wahrhaft intelligenten Menschen nichts wohlgemerkt nichts unmöglich ist. Hört hört. Ich habe gesprochen. Mit dem wahrhaftintelligenten Menschen meinen Sie ja wohl in erster Linie sich selbst nicht wahr Prof. Selbstverständlich, mein bester, kenne dich selbst. Ah. Solon, 6. Jh. vor Chr. Darauf muß ich was trinken, Ober noch eine Flasche Champagner. Die Geschichte, die ich Ihnen erzählen möchte, begann an einem Frühlingsabend bei Chirico in der 5thAvenue wo sich eine kleine aber erlesene Gesellsch
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Prof. van Dusen: Mord bei Gaslicht (RIAS 1978)
Ja, Moment, ich muß erst den Satz zu Ende schreiben, ja bitte? Hallo? Ja? Spreche ich mit Mr. Hatch, Mr Hutchinson Hatch vom Daily New Yorker? Ja und wer sind Sie. Oh natürlich verzeihen Sie, Henley ist mein Name, Weldon Henley, erinnern Sie sich noch an mich? Ah ja ich erinnerte mich an ihn aus den guten alten Zeiten, als ich noch freier Mitarbeiter bei der eleganten Welt war und die Spalte Klatsch mit Hatch schrieb, Sie wissen schon, wer mit wem wo wann wie lange und bei meinen ungeheuer anstrengenden Recherchen auf Mitternachtsparties und dergleichen war ich des öfteren auch auf Mr. Weldon Henley gestoßen, daß er mir einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen hatte, kann ich zwar gerade nicht behaupten, aber aufge
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Prof. van Dusen: Der Mann, der seinen Kopf verlor (RIAS 1979)
Wie so viele Fälle in der ruhmreichen Laufbahn von Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, genannt die Denkmaschine begann auch dieser damit daß James, van Dusens getreues Faktotum, an die Tür des Labors klopfte, hinter der sich sein Herr mit chemischen, vielleicht auch physikalischen oder biologischen, auf alle Fälle epochalen Untersuchungen beschäftigte, es war an einem kühlen Herbstnachmittag, genauer am 20. September 1902. Ja? Herr Professor. Wie oft habe ich ihnen schon gesagt James daß Sie mich während der Experimente auf gar keinen Fall stören dürfen. Ja ich weiß Herr Prof. Nabitte. Entschuldigen sie Herr Prof aber der Herr läßt sich nicht abweisen. Welcher Herr. Der Herr an der Tür, Herr Prof, der Herr der sie un
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Prof. van Dusen: Stirb schön mit Shakespeare (RIAS 1979)
Verschwunden? Ja Prof, spurlos verschwunden. Hm. In Luft aufgelöst, und das praktisch vor meiner Nase. Nun ja. Und vor 300 Zuschauern. Ach das klingt schon anders, hat man die Polizei verständigt. Natürlich und Detective Sergeant Caruso ist auch schon fleißig am suchen, aber er wird nichts finden, der Fall ist so rätselhaft, so unerklärlich, daß nur einer ihn lösen kann, Prof Dr Dr Dr Augustus van Dusen genannt die Denkmaschine und deshalb bin ich hier. Sehr schmeichelhaft mein lieber Hatch, ich glaube Ihr Fall interes siert mich, erzählen Sie mir die Geschichte. Ja. Die ganze Geschichte mit allen Einzelheiten von Anfang an. Also ich war gestern abend im Theater. Die ganze Welt ist Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spiele
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Prof. van Dusen: Die Perlen der Kali (RIAS 1979)
Man schrieb den 7.Mai des Jahres 1903, es war Frühling in NewYork, im Central Park blühten die Krokus- se, die Wolkenkratzer am Timessquare schossen in die Höhe und in der Wallstreet vermehrten sich die Doll ars auf wunderbare Weise, nicht daß von all dem viel zu sehen gewesen wäre, es nämlich dunkel, genauer eine halbe Stunde vor Mitternacht, ganz davon abgesehen, daß der New Yorker Frühling mich gerade jetzt ziemlich kalt ließ, denn ich war dabei, meine geliebte Vater- und Heimatstadt für längere Zeit zu verlassen. Alle Besucher von Bord bitte. Mein Name ist Hatch, Hutchinson Hutch, Reporter beim Daily New Yorker, dem Weltblatt der Weltstadt und wenn Sie jetzt fragen warum ich mich vom Broadway verabschiede um die
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Prof. van Dusen: Whisky in den Wolken (RIAS 1979)
Hoch, da, da geht er hoch, sehen Sie doch, Prof, er steigt, er steigt. Ja was haben Sie denn erwartet, natür-lich steigt er, er muß ja steigen. Und wie er steigt Prof, jetzt muß er schon 500m hoch sein mindestens 600, 700, das geht ja wie die Feuerwehr. Die physikalischen Eigenschaften des Wasserstoffgases wie ich soeben auszuführen gedachte als Sie mich unterbrachen bedingen doch. Um Gotteswillen, eine Explosion an Bord, eine Stichflamme, das Gas, das Gas hat sich entzündet, der Ballon steht in Flammen, er stürzt ab, oh Gott, wie, wie konnte das geschehen, Prof. Das, mein lieber Hatch muß und wird untersucht werden, nehmen Sie den Hut ab, was wir hier mitansehen ist nicht nur das Ende eines großen wissenschaftlichen Unternehmens
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Prof. van Dusen: Wettbewerb der Detektive (RIAS 1979)
Wenn jemand behauptet der Fall des verschwundenen Ministers sei der ungewöhnlichste in der langen ruh- mreichen Laufbahn von Prof Dr Dr Dr Augustus van Dusen genannt die Denkmaschine, dann werde ich bestimmt nicht widersprechen, und der Prof. selbst wohl auch nicht, dabei fing alles ganz harmlos an, ich saß in unserem Londoner Hotel dem Savoy am Kamin und studierte die Times vom Tage. Irland Einfuhrzoll für Getreide, nicht viel los in der Politik, ah Hofnachrichten, 9 September 1903, seine Majestät König Ed-ward der 7. hält sich zurzeit in Schloß Roche Abbey bei Doncaster auf, um die dortigen Galopprennen mit seinem Besuch zu beehren, dem gehts gut, auch Innenminister Lord Chesterfield befindet sich nicht in Lon
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Prof. van Dusen: Ein Mörder bei Madame Tussaud (RIAS 1979)
London 16. November 1903, am frühen Abend, typisches englisches Herbstwetter, Regen, Kälte, Nebel, wä- hrend Big Ben die sechste Stunde schlägt, geschieht im vornehmen Hotel Savoy am Victoria Embankment folgendes: ein Kellner in der Hand ein Tablett mit einem Sektkühler, einer Flasche und einem Glas stürzt in das Büro des Hoteldirektors, bleich wie der Tod. Herr Direktor Mr Bunny Sir. Was soll denn das wiederum heißen, seit wann ist es im Savoy Sitte, ohne Anmeldung und ohne anzuklopfen in das Büro des Direktors einzudringen. Aber, aber Herr Direktor. Sie sind doch Kellner bei uns, wie ich sehe, Name. Max, Max Ni-cholas Zimmerkellner im vierten Stock, aber aber hören Sie doch Herr Direktor. Und Sie sind, wie ich eben
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Prof. van Dusen: Lebende Bilder – toter Mann (RIAS 1979)
Calais, Calais, der Expreß nach Paris fährt in Kürze ab, beim Einsteigen bitte beeilen. Ah Frankreich Prof la belle France, das Land der Kultur und der Lebensfreunde, Jack Offenbach, die Kathedrale von Chartres, Emil Zola, Tivolibouexiere, Champagner, Trüffel, Schnecken mit Knoblauch. Wie ich schon des öfteren Ge-legenheit hatte festzustellen mein lieber Hatch, Sie besitzen einen bemerkenswerten Sinn für das unwesent-liche. So. Zum Express nach Paris bitte einsteigen und die Türen schließen, der Zug fährt ab. Was hätte ich denn Ihrer Meinung nach erwähnen sollen, Prof. Vor allem doch dieses, daß sich in Frankreich zur Zeit ein für unsere gesamte Zivilisation bedeutungsvoller, ja wegweisender Prozeß vollzieht, ich meine die Verbind
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Prof. van Dusen: Sein erster Fall (RIAS 1979)
Einer, zwei, drei, vier, fünf, sechs sieben. Am frühen Morgen hatten wir Paris verlassen, die Grenzkontrolle lag hinter uns und jetzt fuhren wir quer durch das deutsche Reich, ich langweilte mich ungeheuer, der Zug hatte keinen Speisewagen und draußen gabs nichts zu sehen, nur Wiesen und Wälder, abundzu einen Kirch-turm oder einen Ochsen auf dem Feld. Was um alles in der Welt treiben sie denn da, Hatch. Siebzehn, ich zähle die Ochsen draußen auf dem Feld, achtzehn. Ochsen zählen sie, ohne Frage eine Tätigkeit die Ihnen angemessen ist, mein lieber Hatch, darf ich dennoch darum bitten, daß sie das einstellen, sie stören mich. Was soll ich denn tun Prof, mir ist langweilig. Nehmen sie sich ein Beispiel an mir, arbeiten sie. Prof. Dr.
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Prof. van Dusen: Stimmen aus dem Jenseits (RIAS 1980)
Kennen Sie Bad Emsingen, nein, na dann lassen Sie sich mal was aus dem Baedeker vorlesen, Band Mittel- deutschland, Ausgabe von 1903, ja hier, im Herzen des Fürstentums Schleuß-Reitz-Wittgenstein, inmitten grüner Wälder und ausgedehnter Weinberge, liegt Bad Emsingen, mit 2000 Einwohnern nach der Haupt-stadt Wittgenstein die größte Ortschaft des Fürstentums, Kenner deutscher Badeorte werden hier zwar die internationale Atmosphäre vermissen, wie sie etwa Kissingen oder Baden-Baden auszeichnet, wer jedoch Ruhe sucht und Linderung von Leiden des Verdauungs- und Nervensystems, wird beides in Bad Emsingen finden, das heilkräftige Wasser der Fürstenquelle wird allgemein gerühmt, der gepflegte Kurpark und die
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Prof. van Dusen: Wer stirbt schon gern in Monte Carlo (RIAS 1980)
Mesdames, faites vos jeux, rien ne va plus, dixneuf rouge impair passe. Wieder nix dann auf ein neues. Mes dames, faites vos jeux, rien ne va plus, huit noir pair manque. Danke mein Freund, hier für die Bank. Merci Monsieur de Marquis. Sagenhaft Marquis, 6000 Franc und das heute abend schon zum 12 mal oder. Zum 13, Milord. Sagenhaft, gestern eine runde viertel Million, heute, wieviel haben Sie heute gewonnen. Genau 78 000 Franc, bisher. Sagenhaft. Dem glücklichen Milord schlägt keine Stunde, Sie haben ja auch nicht ge-rade Pech gehabt. Mein Gott Marquis die paar 1000 Franc nicht der Rede wert. Mesdames, faites vos jeux. Montecarlo mehr brauche ich nicht zu sagen, Sie wissen bescheid, Säulen und Samt, Kristallüster, Gold auf
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Prof. van Dusen: Rotes Blut und weißer Käse (RIAS 1980)
Ah das ist eine Luft, was meine Herren, weich wie Samt, klar wie ein Bergquell, rein wie ein frisch gebadet- es Baby. Kaum Kohlenmonoxid, keine Schwefelverbindungen. Die schiere Gesundheit meine Herren, Natur atmen sie, atmen sie tief durch. Eine gute Havanna wäre mir lieber. Aber Hatch. Nein keine Sorge Prof, ich verkneife mir meine unnatürlichen Gelüste. So ist es recht Mr. Hatch, lassen sie alles hinter sich, was den Menschen an der wahren Entfaltung seines ichs hindert, Nikotin und Alkohol, einschnürende Kleidung, die Konventionen der sog. Gesellschaft, das nervenzerfetzende Chaos der großen Städte. Ach New York, hätten Sie mich bloß nicht erinnert, Dr. Pontifex, Broadway, Times Square, Central Park, die Freiheitsstatue, wie
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Prof. van Dusen: Zocker, Zossen und Zinnober (RIAS 1980)
Mitten in Europa liegt das deutsche Kaiserreich, mitten in Deutschland liegt Berlin, mitten in Berlin liegt die Straße unter den Linden, und mitten auf dieser Straße befanden sich am 24. Juni 1904 unter hunderten von Menschen zwei amerikanische Weltreisende, Prof DrDrDr Augustus van Dusen, die Denkmaschine zu benannt und meine Wenigkeit Hutchinson Hatch, es war ein herrlicher Tag, die Passanten trugen Musselin kleider sofern weiblich und falls männlich Flanellanzüge und Panamahüte, die Sonne schien und über die Straße zog die Wache mit klingendem Spiel, die Luft roch nach Sommer, nach Blüten, Kiefernharz, Staub und Schweiß, nach Bier und nach Knackwurst mit Mostrich, aber was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht w
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Prof. van Dusen: Duell der Giganten (RIAS 1980)
In Rußland ist alles anders, als wir gestern aus Berlin abfuhren war es der 19. Juli 1904, und heute in Ruß- land hatten wir nicht etwa den 20. Juli, nein wir waren ganze 13 Tage zurück und schrieben erst den 7. Juli 1904, und warum, weil die Russen immer noch einen Kalender aus dem Altertum haben und den haben sie, weil sie unbedingt anders sein wollen als alle andern. Sankt Petersburg hier Sankt Petersburg, Warschauer Bahnhof, Endstation, alles aussteigen. Das war vielleicht auch der Grund, weshalb der Fall, der uns in St. Petersburg erwartete, sich so sehr von den Fällen unterschied, mit denen es Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen genannt die Denkmaschine, ansonsten zu tun hatte, nicht weil es um die Kronjuwelen des Zaren ging
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Prof. van Dusen: Das Gefängnis des Grafen Dracula (RIAS 1980)
Glauben Sie mir, Prof. van Dusen darf man keinen Moment aus den Augen lassen, ein einziges Mal habe ich es getan und prompt rutschte der große Mann bis über die Ohren in die Bredouille aus der er sich dann ganz allein herausarbeiten mußte, ohne seinen getreuen Freund und Helfer Hutchinson Hatch, es war in Sofia, im Herbst des Jahres 1904, der Prof. hatte einen ungeheuerlichen Fall aufgeklärt, in den Kronprinz Boris verwickelt gewesen war und deshalb lebten wir als Ehrengäste des fürstlichen Hofes wie die Maden im Speck, ich fing an mich zu langweilen und als sich mir die Gelegenheit zu einer Spritztour über die Gren ze bot griff ich sofort zu, in Mazedonien war damals der Teufel los, bulgarische Banditen, serbische Komita
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Prof. van Dusen: Im Harem sitzen heulend die Eunuchen (RIAS 1981)
Konstantinopel, Konstantinopel ist die Königin der Städte, hat mal jemand gesagt, und dieser jemand hat gar nicht so unrecht, Konstantinopel ist wunderschön, wenn man nicht allzunah rangeht, gute drei Wochen waren wir jetzt schon hier wir hatten alle Sehenswürdigkeiten besichtigt, die HagiaSophia, die Eyüpmosmo schee, das Kloster der heulenden Derwische, den alten Sultanspalast und jetzt war uns langweilig, präziser gesagt mir war langweilig, der Prof. langweilt sich bekanntlich nie, er arbeitete fleißig, vielleicht an seiner atomaren Strukturtheorie oder an einer neuen Erfindung, während ich aus dem Fenster unseres Salons im Pera Palace Hotel lehnte und die Aussicht beguckte, die hauptsächlich aus dem städtischen Zentralfriedhof
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Prof. van Dusen: Der Fluch des Pharao (RIAS 1981)
Luxor meine Herrschaften, wir sind in Luxor gelandet, zur Besichtigung der altägyptischen Tempel von Theben hier aussteigen. Merkwürdig. Was ist merkwürdig Prof. Benedict. Wieso ich seh ihn nicht. Ja das ist ja gerade das merkwürdige, mein lieber Hatch, ich sehe ihn nämlich auch nicht, dabei habe ich ihn sehr nachdrücklich gebeten uns an der Landungsstelle abzuholen, das fängt ja gut an. So wie es anfing, sollte es auch weitergehen in der Geschichte vom Fluch des Pharao und von den drei Leichen im Tal der Könige, damit meine ich nicht, daß sich aus einer Touristenreise ein komplizierter Kriminalfall entwickelt, das ist normal wenn Prof DrDrDr Augustus van Dusen die weltberühmte Denkmaschine durch die Lande zieht, er
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Prof. van Dusen: Hatch will heiraten (RIAS 1981)
Ich weiß gar nicht, ob ich sie Ihnen überhaupt erzählen soll, die Geschichte von der Prinzessin aus Rurita-nien und von der merkwürdigen Hochzeit an Bord der Ormuz, ein richtiger Kriminalfall ist sie eigentlich nicht und deshalb hat sie in meiner Chronik der Abenteuer von Prof v. Dusen an sich auch nichts zu suchen aber dann frage ich mich was würde wohl der Prof dazu sagen. Mein lieber Hatch was haben sie gegen die Geschichte. Ach wissen Sie Prof. Wenn ich recht verstehe, ist sie Ihnen nicht kriminell genug. Genau Prof. Mein lieber Hatch, da kann ich sie beruhigen, Dummheit ist doch auch kriminell, ganz zu schweigen von Betrug, Vortäuschung falscher Tatsachen. Eigentlich habe ich mehr an Mord und Totschlag gedacht. Mord
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Prof. van Dusen: Der Kopfjäger von Singapur (RIAS 1981)
Ahaha und auch das dürfte Sie interessieren, meine Herren, in den drei Jahren seit meinem Amtsantritt ist der Ananasexport der Kolonie um 17,6 Prozent gestiegen, haha, um 17,6 Prozent meine Herren. Was Sie nicht sagen. Gewaltig. Ja nicht wahr, noch ein Glas Portwein. Ich weiß nicht. Danke Sir Francis, aber ich fürchte, es ist bereits 2 Uhr. Ja. Sir Francis? Ja Gates? Inspector Boggles, Sir Francis, er wünscht sie zu sprechen. Aber Gates, ich habe mir jede Störung strikt verbeten, einen Gast wie Prof. van Dusen hat man schließlich nicht alle Tage. Och zu gütig, Sir Francis. Habe ich ihnen nicht befohlen, mich auf gar keinen Fall mit dienstlichen Angelegenheiten zu behelligen. Sir Francis. Antworten Sie, Gates, habe ich oder habe
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Prof. van Dusen: Doktor Tschu Man Fu (RIAS 1981)
Prost Prof. Auf mein Wohl und auf Ihres natürlich auch mein lieber Hatch. Ah Champagner. Ja. Nie wieder Ziegeltee mit Mehl und ranziger Butter, keine stinkenden Yaks mehr, keine getrockneten Kamelfladen, auf die Zivilisation. Auf die Wissenschaft mein lieber Hatch. Die Wissenschaft war schuld ich meine an unserer Expedition nach Zentralasien, Prof van Dusen hatte in tibetanischen Lamaklöstern die Mysterien orientali-scher Medizin studiert, Akupunktur z.B., wissen Sie was das ist, wenn Sie Kopfschmerzen haben, piekt man Ihnen eine silberne Nadel in den großen Zeh und dann sind die Kopfschmerzen weg oder auch nicht, die Reise war sehr anstrengend gewesen, aufregend auch durch einen außergewöhnlichen Kriminalfall im Klos
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Prof. van Dusen: Robinsons Insel (RIAS 1981)
Neptun bin ich der Herr und Meister des Ozeans und seiner Geister, es ist daher mein gutes Recht, die Tauf zu halten recht und schlecht so wie es schreibt die Sitte vor wenn man fährt über den Äquator. Bravo. Char mo. Danke sehr, vielen Dank, danke. Das poetische Kunstwerk, das sie eben gehört haben, stammt nämlich von mir, ich darf mich vorstellen, Hutchinson Hatch, Reporter, Verseschmied nur bei besonderen Anlässen bei einer Äquatortaufe zum Beispiel, was wäre so eine Taufe ohne den Meeresgott Neptun, und was wäre Neptun, ohne einen Monolog in geschliffenen Versen. So will ich denn zur Taufe schreiten, und euch ein kühles Bad bereiten, denn Untertauchen das muß sein. Untertauchen wie dumm. Also wissen Sie Lord Chip
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Prof. van Dusen: Die Erde hat ihn wieder (RIAS 1982)
Ruhe, Ruhe oder ich lasse den Saal räumen, fahren Sie mit der Befragung Ihres Zeugen fort Herr Staatsan- walt. Also eine Bombe, Prof. Kleinstein. So ist es. Begründen Sie diese Feststellung. Einspruch euer Ehren, die Antwort wäre eine reine Schlußfolgerung des Zeugen und insofern unzulässig. Einspruch stattgegeben. Mein Zeuge ist als wissenschaftlicher Sachverständiger durchaus qualifiziert. Einspruch stattgegeben. Mr. Hamburger. Stellen wir die Frage anders, Prof Kleinstein, was haben Sie entdeckt, als Sie im Auftrag der Polizei den Tatort untersuchten. Nun, Spuren von Natriumnitrat, von Kollodium, von Nitroglykol. Und Nitr oglykol, Natriumnitrat und Kollodiumwolle sind die Hauptbestandteile von Ammongelit, ist das so richtig
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Prof. van Dusen und der Zirkusmörder (RIAS 1982)
Popeye ist tot, Popeye ist tot Prof. Wer ist tot. Popeye Prof. Und wer, wenn Sie mir die Frage gestatten, ist Popeye. Aber Prof, Sie kennen Popeye nicht, gehen Sie denn nicht in den Zirkus. Ich bitte Sie, derart kind-lichen um nicht zu sagen kindischen Vergnügungen kann ein seriöser Mensch wohl nur wenig abgewinnen. So, nun ja also Popeye ist ich meine war eine unserer größten Attraktionen, Popeye der schlaue Schimpan-se, denkt und handelt wie ein Mensch. Ein Schimpanse, ein Menschenaffe der Spezies pantroglodytes, mein lieber Mr. Mr. Bailey, James Bailey, Direktor und Miteigentümer des Zirkus Barnum & Bailey, der größten Show der Welt, drei Manegen, 1000 Mitarbeiter, gigantische Tiershow, Monstrositätenkabinett. Und wenn
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Prof. van Dusen rettet die Venus von Milo (RIAS 1982)
März 1904, Vorfrühling, Vorfrühling in Paris, wer irgend konnte ging spazieren an der Seine, im BoisdeBo ulogne, nur einer nicht ProfDrDrDr Augustus van Dusen bekannt als die Denkmaschine dabei hätte er eine kleine Erholung gut brauchen können, erst vor kurzem hatte er nämlich den komplizierten Fall des teuflisch en Cinematografenmörders erfolgreich abgeschlossen und jetzt wandelte er schon wieder auf kriminologi-schen Pfaden, das heißt genaugenommen wandelte er nicht, er saß, er saß und starrte auf den Bildschirm eines hochmodernen Röntgenstrahlapparats. Was glauben Sie, Prof. Ich glaube nicht, Monsieur Popelotte, ich weiß. Um so besser, was wissen Sie. Man hat Ihnen etwas, wie sagt man in Unterweltkreisen, mein lieb
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Prof. van Dusen und der schreckliche Schneemensch (RIAS 1982)
Wie hat es eigentlich genau angefangen, wie hat es eigentlich genau angefangen, unser unglaubliches Ab-enteuer in Tibet, der Fall, der in meinen Aufzeichnungen den Titel trägt Prof. van Dusen und der schreck-liche Schneemensch, jedenfalls nicht mit dem schrecklichen Schneemensch, hm, der kam erst später nach dem Typ der plötzlich in unserem Lager auftauchte. Hallo sie da. Mitten in der Wüste. Hören sie mal alter Knabe. Es war am Abend des 20. September 1905, wir hatten gegessen, falls man das essen nennen kann, Ziegeltee mit Fett und Gerstenmehl wie jeden Abend, und wie jeden Abend duftete es lieblich nach ranziger Yakbutter und angeschmorten Kamelfladen, letztere pflegen die Mongolen als Brennmaterial zu benutzen
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Prof. van Dusen auf dem Hochseil (RIAS 1983)
Hört den Meister, der Meister ist alles, ihr seid nichts, ihr seid Werkzeuge, ihr seid willenlos, für euch zählt nur eins, der Wille des Meisters. Drei Menschen stehen erstarrt, gebannt vor einem vierten, und dieser vier te ist ein Mann im Schatten, ein Mann mit gewaltigem schwarzen Bart und unheimlich stechenden Augen, Ort des Geschehens, ein Zimmer in einem Wohnhaus, irgendwo in Athen, Zeit 29. August 1904, am späten Abend. Ihr wißt was ihr zu tun habt, jeder einzelne von euch, Diavolo. Ja Meister. Elastico, Elastico ah ja richtig, Elastico ist ja bereits drüben am Tatort, Fatima. Jawohl, Meister. Merlini. Meister, ich höre und gehorche. Es wird Ihnen aufgefallen sein, meine Damen und Herren, ich selbst, Hutchinson Hatch weithin
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Prof. van Dusen: Wo steckt Prof. van Dusen? (RIAS 1983)
Mein lieber Hatch, vor mir so weit das Auge reicht die tiefblauen Wasser des Golfs von Neapel, zur rechten Sorrent und die vielbesungene Insel Capri, zu linken die majestätische Silhouette des Vesuv der seine schm-ale Rauchfahne über den gleichfalls tiefblauen Himmel zieht, bei solch grandiosem Panorama mag es ver-zeihlich sein, daß ein ansonsten eher nüchterner Wissenschaftler und nicht zu vergessen Amateurkriminolo-ge ein wenig ins schwärmen gerät, o bella Napoli. Der Brief des Prof. erreichte mich am 13. Juli 1904 in einem kleinen Tessiner Gasthof nahe dem Monte Paradiso, ein interessanter Fall lag hinter uns, in meiner van Dusen Chronik trägt er den Titel Rotes Blut und weißer Käse, vielleicht erinnern Sie sich und vielleicht
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Prof. van Dusen und der grundlose Mord (RIAS 1983)
Erhebet euch von euren Sitzen, das hohe Gericht betritt den Saal, Sie bleiben stehen Angeklagter, Ihr Name ist Frederick Oconnor. Jawoll. Frederickoconnor sie werden beschuldigt am 6.Juli 1903 in seiner Majestät Hauptstadt London Sir Philip Evan-Burnes heimtückisch und mit Vorbedacht ermordet zu haben, erklären sie sich für schuldig oder für nicht schuldig. Nicht schuldig. Mylord. Hä, ja dann wollen wir mal anfangen, äh wer hat das Wort. Der Vertreter der Anklage, Mylord. Wirklich, äh also das Wort hat der Vertreter der Anklage, äh der Anklage, wie heißt er denn. Sir James Bladderstone, Mylord. Äh wie, Bladderstone, merk-würdiger Name, na ja bitte, Sir James Bladderstone. Mylord, meine Herren Geschworenen, Mord, vorsätzli
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Prof. van Dusen gegen das Phantom (RIAS 1983)
Ein wunderschöner Märzmorgen im Jahre des Herrn 1904, die Sonne war gerade aufgegangen und schien herab auf Meereswellen, Strand, Klippen und auf zwei Figuren die über den noch feuchten Sand dahinspazi erten, es waren sie werden es sich gedacht haben Prof DrDrDr Augustus van Dusen allerorten gerühmt als Wissenschaftler als Kriminologe kurz als die Denkmaschine und meine Wenigkeit Hutchinson Hatch, wenig er gerühmt aber doch ganz zufrieden, das heißt im allgemeinen, diesmal war ich ausgesprochen sauer denn ungerührt von der schönen Umgebung hielt der Prof mir wieder mal eine Moralpredigt. Wie oft mein lieber Hatch habe ich es Ihnen nun schon sagen müssen. Na bestimmt einige hundert Mal. Nikotin auch in kleinen
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Prof. van Dusen und das Auge des Zyklopen (RIAS 1984)
Ruhe Maureen O Shaughnessy genannt die Sirene, Sie sind festgenommen. Aus welchem Grund nehmen Sie mich fest. Diebstahl, sie stehen im dringenden Verdacht heute abend im Hause von Mr Osgood P Quacken-bush dem diesen gehörigen Rubin Auge des Zyklopen entwendet zu haben. Das müssen sie beweisen. Haha, Carusos Gesicht hätten Sie sehen sollen, Prof, so lang, er hätte sich bequem mit seinen Plattfüßen selbst drauftreten können und als die Sirene dann schließlich abgeführt wurde, stand er da wie ein Häufchen Un-glück und sagte immer wieder, was mach ich bloß, was mach ich bloß, ich bin verantwortlich für das Auge des Zyklopen und jetzt ist das Ding weg, es war zu schön. Mein lieber Hatch. Ja Prof. Habe ich mich nicht
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Prof. van Dusen und der fliegende Teppich (RIAS 1984)
Zählen Sie 2 und 2 zusammen, mein lieber Hatch, vorbei, Prof, ein für alle mal vorbei, weißt du was das macht, zwei und zwei. Ja weiß doch jeder vier. Vier, ich will dir mal sagen, zwei und zwei ist fünf. Ach was. Oder sechs oder drei oder 77, nur nicht vier, niemals. Ist ja recht Kamerad, trinken wir noch einen. Natür- lich trinken wir noch einen, Herr Wirt. Ja. Whisky für mich und meinen Freund. Whisky gibts hier nicht, hab ich doch schon dreimal gesagt, na, zwei Absinth, am besten lasse ich die Flasche auch gleich da. Oh, das ist ja scheußliches Zeug. Nimms, wie es kommt, Kamerad, spül alles runter, Prost. In der Stadt Oran an der nordafrikanischen Küste liegt die zu recht weithin unbekannte Hafenkneipe zum karierten Kakadu, und
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Prof. van Dusen hilft Scotland Yard (RIAS 1984)
Woran es liegt, weiß ich nicht, vielleicht an Big Ben oder an ScotlandYard oder einfach an der Atmosphäre London, London, das weiß jeder, London ist die Weltmetropole der Kriminologie und wenn sich in London eine Persönlichkeit aufhält die man wohl mit fug und recht als Weltmeister der Kriminologie, der Amateur-kriminologie bezeichnen darf, dann ergibt das eine erlesene Mischung, Kaviar für Krimikenner sozusagen, denken sie an den grundlosen Mord, an die Verbrecherjagd im Wachsfigurenkabinett der Madame Tussau-ds, denken sie vor allem an den Fall des geheimnisvollen Mörders der seine Tat vorher ankündigte, aber da fällt mir ein an den Fall können sie ja gar nicht denken weil sie ihn noch nicht kennen, das muß anders wer
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Prof. van Dusen und der Schatz des Maharadschas (RIAS 1984)
Es war am frühen Morgen des 3. April 1905, seiner großbritannischen Majestät Passagierschiff Ormuz unt er Kapitän Bleker lief in den Hafen von Bombay ein. Da liegt es vor uns Prof, Indien, das Land der Geheim nisse, das Land der Wunder. Für den Wissenschaftler mein lieber Hatch gibt es keine Wunder. Für den Jou rnalisten um so mehr, ich bin gespannt, was wir hier erleben werden. Interessanter als das, was sie gerade hinter sich haben, kann es kaum sein, ich sage nur Prinzessin Lascaris von Ruritanien. Prof. Besagte Prinz essin war gar keine, das wissen sie wenn sie das Kapitel meiner van Dusen Chronik kennen, das den Titel trägt Hatch will heiraten, der Titel sagt alles, ich hatte mich wie ein rechter Blopskopp verhalten und wenn
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Prof. van Dusen im wilden Westen (RIAS 1985)
Barranca, hier Barranca, beim Einsteigen beeilen und die Türen schließen. Trostloses Nest. In der Tat… Prof. Mein lieber Hatch, was gibt es denn. Sehen Sie mal zur Tür, ein Indianer, ein richtiger Indianer, in unserem Abteil. Und deshalb stören Sie mich beim lesen in meinen Forschungen. Hugh ich heilige Pfeife des Friedens, welche dem großen Geist wohlgefälligen Rauch zum Himmel sendet, großes Häuptling der Pueblos, hugh. Ja sehr erfreut, Prof. van Dusen. Prof doch nicht so. Hugh, er Prof. Dr.Dr.Dr.Augustus van Dusen, großer Wissenschaftler und Kriminologe. Amateurkriminologe, bitte. Großer Wissenschaftler und Amateurkriminologe, welcher unter allen Bleichgesichtern bekannt und berühmt ist als die Denkmaschine
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Prof. van Dusen und der Vampir von Brooklyn (RIAS 1985)
Ach Sie sinds kommen Sie rein, bleiben Sie nicht an der Tür stehen, was haben Sie denn auf dem Herzen ah nein. Am 20. Juli 1902 schlug der Vampir von Brooklyn zum erstenmal zu… Ah da sind Sie ja pünktlich wie immer, unser Tee wartet schon, was haben Sie denn auf einmal, ah. Der zweite Mord des Vampirs geschah am 24. Juli… der dritte am 26. Juli. Guten Tag, entschuldigen Sie die Verzögerung ich hatte Angst, es könn te dieser dieser Vampir sein aber als ich Sie durch den Spion gesehen habe, treten Sie näher leisten Sie mir ein bißchen Gesellschaft, nein, nein. Und so ging es weiter, Schlag auf Schlag, der vierte Mord, der fünfte Mord, und am 5. August schließlich mordete der Vampir von Brooklyn zum sechsten Mal, sechs Morde in
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Prof. van Dusen und die blutige Botschaft (RIAS 1985)
Eigentlich war es ja mehr als ein Fall, eigentlich war es ja mehr als ein Fall, es war sogar eine ganze Rei-he von Fällen, mit denen wir es damals in Berlin zu tun hatten, das blutige Verbrechen im Hotel Kaiserhof zB, die rätselhaften Vorgänge im Reichsschatzamt, das Abenteuer im unheimlichen Irrenhaus, natürlich auch die Affäre um den Kriminalassistenten im Waschkorb und aber ich will hier noch nicht alles verraten, nur soviel, alle diese Einzelfälle waren so verzahnt so miteinander verbunden, daß sie schließlich und end-lich doch nur einen einzigen Fall ergaben aber was für einen meine Damen und Herren. Ah! Ein Zimmermä
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Prof. van Dusen auf der Hintertreppe (RIAS 1985)
Am Abend des 10.August 1903 gegen 8 Uhr, London EastEnd, finstere Gegend und finsteres Wetter, Regen, leichter Nebel, Dämmerung, leere Straßen, nur abundzu das Rasseln einer Droschke, der Ruf eines blinden Bettlers und die Schritte zweier Männer die unter Regenschirmen zielbewußt voranstreben plötzlich bleiben sie stehen, etwa 20 Meter vor ihnen spielt sich eine merkwürdige Szene ab, drei Gestalten in langen weißen Mänteln schleppen einen unförmigen Sack zu einer Kutsche am Straßenrand. Prof. Hm. Der Sack zappelt. Dies ungewöhnliche faktum mein lieber Hatch ist mir nicht entgangen. Hilfe. Und um Hilfe ruft er auch der Sack. Ohne jeden Zweifel. Wissen sie was Prof in dem Sack steckt ein Mensch. Was sie nicht sagen mein lie
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Prof. van Dusen: Schall und Rauch (RIAS 1986)
Guten Abend meine Damen und Herren, Sie kennen mich oder besser gesagt, Sie kennen meine Stimme, ich bin Hutchinson Hatch, der mehr oder weniger rasende Reporter aus NewYork ansonsten Chronist Assistent und Begleiter von Prof DrDrDr Augustus van Dusen, dem großen Wissenschaftler und genialen Kriminolo- gen. Amateurkriminologe, mein lieber Hatch, Amateurkriminologe, allmählich sollten sie es wissen. Ach Verzeihung Herr Prof, natürlich dem genialen Amateurkriminologen, der in Ost und West, in Nord und Süd und überall sonst bekannt ist als die Denkmaschine, die Geschichte, die ich Ihnen heute erzählen will, ge-hört zu den kleineren Fällen des großen Prof, aber dem großen ist alles groß und gerade die Affäre um den
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Prof. van Dusen trifft Kaiser Wilhelm (RIAS 1986)
Bis heute ist sie ein strenggehütetes Geheimnis geblieben die sensationelle ja geradezu unglaubliche Affäre um den deutschen Kaiser Wilhelm den zweiten, die sich im Sommer des Jahres 1904 auf der ostfriesischen Insel Norderney zugetragen hat, in der Öffentlichkeit kursierten damals nur vage Gerüchte, über eine ge-wisse delikate Angelegenheit, in der Prof. van Dusen seiner Majestät unter die Arme greifen konnte, mehr wußte niemand, außer den direkt Beteiligten natürlich, aber jetzt ist es soweit, vor ihren Ohren meine Dam en und Herren, werde ich die Wahrheit, die volle Wahrheit enthüllen, über einen der kuriosesten Fälle des großen Kriminologen und über eine raffinierte Intrige, die beinahe den Lauf der Weltgeschichte verändert
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Prof. van Dusen: Dritte Runde für van Dusen (RIAS 1986)
Der Expreß von Bukarest nach Konstanza donnerte durch die Nacht, vorbei an galarischen Dörfern, an Maisfeldern und Schafweiden über die große Donaubrücke bei Cernavoda und weiter in die platte Steppen-landschaft der Dobrudscha, es war am 13. Oktober 1904 gegen 10 Uhr abends, wir hatten ein ganz anstän-diges Abendessen hinter uns und unterhielten uns noch ein bißchen vor dem schlafengehen, Prof van Dusen war bester Laune und das kommt wie sie wissen nun wirklich nicht jeden Tag vor, er hatte gerade die theo-retischen Grundlagen für eine völlig neuartige Rechenmaschine entwickelt, nebenbei nur so aus Spaß. Com puter, Computer, so möchte ich das Gerät nennen. Hört sich sehr interessant an, Prof. Hhm. Erzählen Sie
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Prof. van Dusen und der Leichenräuber (RIAS 1986)
Mr H.Hatch! Mach den Mund zu Tommy und die Tür auch von außen. Mr Hatch der Chef will Sie sprechen Mr Hatch. So das wird ja wohl noch ein bißchen Zeit haben, der Artikel hier muß nämlich um 5 fertig sein also zieh ab, und komm in einer Stunde wieder. Sofort hat Mr. De Witt gesagt, sie sollen alles stehen und liegen lassen, der Chef ist sauer, Mr Hatch und wissen sie wer bei ihm ist, Detective Sergeant Caruso. Ach du dicker Vater. Die Woche fing ja gut an, heute war nämlich Montag, Montag der 31. Oktober 1898, kein blauer Montag, eher ein schwarzer, der Chef und Caruso, bißchen viel auf einmal aber jammern half nichts wenn Mr DeWitt Chefredakteur des DailyNewYorker pfeift dann hat Reporter Hutchinson Hatch zu erschei
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Prof. van Dusen und der Mafiamord (RIAS 1986)
Ich schlief, und ich träumte, einen prophetischen Traum, wie sich herausstellen sollte, ich saß in einem ital- ienischen Restaurant. Aufessen, essen Sie auf, Mr. Hatch. Vor mir auf dem Tisch stand eine Schüssel Spagh etti, so groß wie die Kuppel vom Capitol. Aufessen, essen Sie auf, Mr Hatch. Diese gewaltige Menge sollte ich ganz allein aufessen. Aufessen, essen Sie auf, Mr Hatch. Mein Chefredakteur saß mir gegenüber. Auf wachen, wachen Sie auf, Mr Hatch, aufwachen, wachen Sie auf, Mr Hatch. Nein nein, ich kann nicht mehr. Bitte Sir wachen Sie auf, Sie werden am Telefon verlangt. Das war natürlich nicht der Chefredakteur, das war Henry, mein kombinierter Kammerdiener, Butler und auch Chauffeur wenn ich keine Lust habe meinen
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Prof. van Dusen und die verschwundenen Millionäre (RIAS 1987)
Es war die Hochzeit des Jahres, ganz New York redete darüber und ganz New York war dabei, das Fußvolk stand draußen und reckte die Hälse, die geladenen Spitzen der Gesellschaft saßen drinnen in der kleinen aber feudalen St.Paulskapelle am Broadway der ältesten Kirche der ganzen Stadt, Gold Silber und Juwelen glitzerten, Orchideen dufteten, Unsinn, Orchideen duften nicht, aber sie waren jedenfalls da, wie alles was Rang und Namen hatte, denn Bräutigam und Braut gehörten unbestritten zur absoluten creme de la creme, zu den oberen 400, wie man in New York sagt. Willst du, Hutchinson Jefferson Hatch, die hier anwesende Penelope De Witt, zu deinem dir ehelich angetrauten Weibe nehmen, sie lieben und ehren bis daß der Tod
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Prof. van Dusen und der schwarze Ritter (RIAS 1987)
Sie wollen mir doch nicht erzählen, Prof, daß Sie sich für einen englischen König aus dem Mittelalter inter essieren oder für eine historische Ausstellung, Sie doch nicht Prof, da kenn ich Sie besser, Sie sind Prof Dr Dr Dr Augustus van Dusen, der weltberühmte Wissenschaftler und Amateurkriminologe, Sie sind die Denk-maschine. Und Sie mein lieber Hatch sind zur Zeit mein Chauffeur, darf ich sie ersuchen sich dieser Tatsa-che zu erinnern, den Strom ihrer belanglosen Rede einzudämmen und ihre Aufmerksamkeit auf die Landstr-aße zu richten. Ach wissen Sie Prof, ich kann Automobilfahren und gleichzeitig reden, das macht mir nichts aus. Aber mir mein lieber Hatch haben Sie also die Güte sich mit geschlossenem Mund auf die Lenkung des
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Prof. van Dusen in Marokko (RIAS 1987)
Tanger, Marokko, geheimnisvoller Orient, Land der Wunder und Mysterien, Stätte blutiger Intrigen und haarsträubender Abenteuer. Was reden Sie da wieder für ein Unsinn, mein lieber Hatch, wie selbst Ihnen bekannt sein dürfte, liegt Tanger keinesfalls im Orient im Osten, vielmehr im Westen, gen Sonnenuntergang im Maghreb wie der Araber sagt, ferner. Aber Prof, seien Sie doch nicht so kleinlich, das ist doch nur der Aufmacher, die Schlagzeile sozusagen, damit die Leute herhören. Ein billiger journalistischer Trick, mein lieber Hatch, unangemessen und unnötig, immerhin geht es um ein neues Kapitel der van Dusen Chronik, seit langem erwartet die Menschheit eine präzise wahrheitsgetreue Schilderung unserer Erlebnisse in Maro
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Prof. van Dusen: Ein Dinosaurier für Prof. van Dusen (RIAS 1987)
Hören Sie meine Herren hören Sie den Pfiff der Lokomotive, welch lieblicher welch erhabener Klang. Lieb-lich na ich weiß nicht. Im übertragenen Sinne natürlich, symbolisch wenn sie verstehen was ich meine, scha uen Sie aus dem Fenster unseres luxuriösen mit allen Errungenschaften modernster Technik ausgestatteten Pullmanwagens, hier in dieser Wüstenei, wo noch unlängst die wilde Rothaut ihr Leben vertändelte in sinn- loser, wohl gar blutiger Muse, in dieser Wüstenei, meine Herren, eilt heute ein amerikanisches Dampfroß zielstrebig fürbaß, ein Bote, ein Wahrzeichen des unaufhaltsamen Fortschritts. Es ratterte durch den Süden des Bundesstaates Wyoming, das amerikanische Dampfroß, rechts und links eintönige Prärie, am Horizont
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Prof. van Dusen und der Fall Hatch (RIAS 1987)
Hutchinson Hatch, der Assistent und treue Chronist Prof. van Dusens, sitzt in der Klemme, genauer gesagt in einer Gefängniszelle, welche geheimnisvollen Machenschaften brachten ihn hinter Gitter, hören Sie Prof van Dusen und der Fall Hatch, von Michael Koser. Ok Doc, was sagt der Fachmann. Nun, eine abschließ-ende Diagnose wird sich natürlich erst in der Folge einer extensiven Anamnese stellen lassen, doch bereits nach kursorischer Examination des Patienten stehe ich nicht an, die evidente Manifestation einer akuten Psychose zu konstatieren, welche Psychose so werden Sie fragen, Lieutenant, lassen Sie mich Ihnen diese Antwort geben, wir sehen uns mit jenem spezifischen Syndrom konfrontiert welches gewisse sich progressiv
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Prof. van Dusen läßt die Sau raus (RIAS 1988)
Prof. van Dusen ist bekanntlich ein abgeklärter Mensch, der über den Dingen des Alltags steht, doch wenn er mal so richtig geärgert wird, dann, hören Sie Prof. van Dusen läßt die Sau raus, von Michael Koser. Wir machten ein paar Tage Ferien, Prof. van Dusen und ich und die hatten wir auch dringend nötig, hinter uns lag eine anstrengende Automobiltour durch England und nicht zu vergessen die mindestens genau so anstr-engende Affäre um den Siegelring des Königs Artus und um den geheimnisvollen schwarzen Ritter. Es war Sonnabend der 6.Juni 1903, wir saßen beim Frühstück und fühlten uns wohl, es war rundherumschön. Herr liches Wetter Prof. Mein lieber Hatch obzwar sie sich seit nunmehr gut 5 Jahren der Ehre und des Vorzugs
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Prof. van Dusen und die 7 Detektive (RIAS 1988)
Happy birthday to you, happy birthday to you, happy birthday Professor… Ich wäre Ihnen sehr verbunden mein lieber Hatch, wenn Sie Ihren Gesang einstellten. Aber Prof, was haben Sie denn dagegen, daß ich ein bißchen singe, um mir Mut zu machen. Wenn die Musik Ihnen als moralisches Tonikum unentbehrlich ist so tun Sie mir doch wenigstens den Gefallen, ein anderes Lied zu wählen, ich habe nicht Geburtstag und ich. Aber gleich Prof, es ist zehn vor zwölf, seien Sie nicht so pingelig. Und vor allem lege ich nicht den mindes-ten Wert auf die Anerkennung oder gar feierliche Begehung der jährlichen Wiederkehr eines lediglich vom Zufall bestimmten Datums wie es die Geburt eines Menschen darstellt und sei dieser auch eine so eminente
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Prof. van Dusen fährt Schlitten (RIAS 1988)
Frage: was tut unser verehrter Herr Oberbürgermeister, Antwort: nichts oder doch, er grinst, anscheinend glaubt er, die schwerwiegenden Probleme unserer Metropole schlicht und einfach ausgrinsen zu können, und das haben Sie geschrieben Mr. Hatch. Sieht ganz so aus Chef, erstens steht unter dem Artikel groß und deutlich Hutchinson Hatch. Und zweitens. Natürlich der Stil rasant witzig dynamisch intelligent so schreibt nur einer beim guten alten Daily New Yorker oder finden Sie nicht Chef. Ich will Ihnen sagen was ich finde MrHatch ich finde das Maß ist voll diesmal sind Sie zu weit gegangen, schlimm genug daß sie sich dauernd mit der Polizei anlegen aber jetzt auchnoch mit dem Herrn Oberbürgermeister, am liebsten würde ich Sie f
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Prof. van Dusen fällt unter die Räuber (RIAS 1989)
Montenegro meine Damen und Herren ist nicht das kleinste Land der Welt, es gibt noch kleinere, Liechten-stein zum Beispiel oder Monaco oder Andorra, aber wenn Montenegro auch nicht groß ist, hat es doch einiges zu bieten, ein weltbekanntes Insektenpulver, eine Haupt- und Residenzstadt mit sage und schreibe 3000 Einwohnern, viele Ziegen, ein paar Bären und Räuber, speziell von denen kann ich Ihnen ein Lied singen, meine Damen und Herren, und damit fange ich jetzt an. Es war am 16. August des Jahres 1904 an einem heißen Sommermorgen, eine große schwarze Kutsche quälte sich die Serpentinen über der dalma-tinischen Stadt Katoro hoch, hinten hing ein Schild, Thomas Cook und Söhne, Tagesausflug in die wildrom
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Prof. van Dusen: Im letzten Moment (RIAS 1989)
Prof. van Dusen in der Todeszelle, das ist ein Kapitel für sich, was sage ich Kapitel, ein ganzer Roman, ein Roman der anfängt mit der Flucht aus dem sichersten Gefängnis der Welt, Sie kennen die Geschichte meine Damen und Herren und der zuende geht an jenem tragischen Aprilmorgen im Gefängnis von SanFrancisco, aber dazwischen gab es im Leben des großen Kriminologen noch eine Todeszelle, die bekannteste von allen die Todeszelle von Sing Sing. Donnerstag 8. Mai 1902, ein Uhr mittags. Haben Sie gehört Kelly, noch 30 Stunden, 30 Stunden sind schnell vorbei, Kelly. Lassen Sie mich in Ruhe. Ruhe, Sie kommen nicht mehr zur Ruhe, Kelly, Sie müssen immer wieder daran denken, sich vorstellen, wie es sein wird, morgen abend, wie
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Prof. van Dusen und der Mord im Club (RIAS 1989)
Der Lesesaal des Clubs, bitte leise meine Herren, einige unserer betagteren Mitglieder pflegen sich nach dem Mittagessen hierher zurückzuziehen, um einen Whisky zu sich zu nehmen, um in Ruhe die Times zu studieren. Um ein Nickerchen zu machen, das ist eher ein Schlaf- als ein Lesesaal, Mr. Wallace, Leichen-halle wäre auch nicht verkehrt. Hatch. Wenn diese ehrwürdigen Mumien nicht so vernehmlich schnarchten würde man nicht glauben daß sie noch am Leben sind, der hier zum Beispiel in der Ecke zwischen Zimmer-palme und Kamin, wenn ich den mal kurz anstupse, dann fällt er doch tatsächlich aus dem Sessel. Warum sollte er auch nicht, mein lieber Hatch, der Mann ist tot. Tot. Tot. Tot. Kein Zweifel Wallace. Aber ich habe
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Prof. van Dusen spielt Weihnachtsmann (RIAS 1989)
Denn dies, mein lieber Hatch, steht doch wohl gänzlich außer Zweifel, das neue Jahrhundert, welches nun mehr Einlaß heischend vor der Tür steht. Vor der Tür, aber das neue Jh. ist doch schon da, Prof, seit fast 1 Jahr. Hm Sie irren wie alle Welt irrt, das 20.Jh. beginnt nicht mit dem Jahr1900, bei diesem handelt es sich vielmehr um das letzte Jahr des 19.Jh sondern mit dem Jahr 1901, es wird also in genau 8 Tagen und wie spät ist es? 7 Min. nach 9. Es wird also in 8 Tagen, 2 Std. und 53 Min. anbrechen, und es wird ein Jh. der Wissenschaft sein, ein Jh. der Technik, ein Jh. des Fortschritts. Ich hatte Prof v. Dusen im chem.Institut der Uni. besucht wo er wie jedentag bis in den Abend gearbeitet hatte und jetzt wanderten wir durch dunkle ver
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Prof. van Dusen sieht doppelt (RIAS 1990)
Ihr Frühstück meine Herren. Endlich, stellen Sie es ab auf den Tisch, ein Glas Tee, einen Zwieback für Sie Prof, und für mich Kaffee, Toast, Butter, Moment warten Sie, Sie kriegen noch was. Nicht nötig, wünsche guten Appetit die Herren. Ein Kellner der kein Trinkgeld will, so was hab ich noch nicht erlebt, na mir solls recht sein, guten Appetit Prof. Danke, mein lieber Hatch, Ihnen guten Appetit zu wünschen, hieße Eulen nach Athen tragen. Da haben Sie recht, Prof, mir schmeckts immer, sagen Sie mal Prof. Hm? Kann eine Kaffeekanne ticken? Bitte? Die dicke Kanne hier auf dem Tisch die tickt, komisches Land dieses Kravonien, Kellner nehmen kein Trinkgeld, Kaffeekannen ticken. Stellen Sie die Kanne ab Hatch, erheben Sie sich, öffn
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Prof. van Dusen und der dritte Mann (RIAS 1990)
In der Nacht vom 4. zum 5.Februar 1904 lag dichter Nebel über England, Nebel über der Stadt Dover über dem dortigen Grandhotel. Sir, Mr Hatch. Was ist? Mr Hatch, Sir, bitte machen Sie auf. Wie spät. 3 Uhr Mr Hatch. Nachts. Natürlich, Mr. Hatch, Besuch für Sie, Sir. Ach soll wieder verschwinden. Zwei Herren, Mr. Hatch, aus London. Kein Interesse. Aber das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Mr. Hatch, Sie wissen ja nicht, daß man. Smiley, Inspektor Smiley von Scotland Yard, Sie sind mein Besuch aus London. Zur Hälfte, Mr. Hatch, zur Hälfte, ich freue mich, Sie wiederzusehen. Ich aber gar nicht, Inspektor, ich hab nämlich was gegen Leute, die mich mitten in der Nacht aufwecken. Ungewöhnliche Ereignisse erfordern ungewöhnliche
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Prof. van Dusen auf dem Totenschiff (RIAS 1990)
Sagen Sie mal Mr. Hatch. Ja? Wie gefällt sie Ihnen denn so? Wer, Mr. Kettle? Na wer schon, die Kaiserin von China natürlich. Ach na ja, ganz neu ist sie ja nicht mehr und wenn ich mir überlege was in den letzten Tagen so alles passiert ist, irgendwie unheimlich. Wissen Sie Mr. Hatch, schön war sie nie die alte Kaiserin und gemütlich auch nicht, aber das müssen Sie ihr lassen, die Verpflegung ist ordentlich. Und die Bar erst, Seniore, bestens bestückt, Salute Senior Hatch. Salute. Salute Zahlmeister. Ah, ah ah. Tot? Tot, Mr. Hatch, Nummer vier. Das vierte Opfer, der vierte Mord an Bord der Kaiserin von China unterwegs im Nordpazifik auf der Route Yokohama SanFrancisco, zuerst Mr.Darby dann Frau vonPahlen, Mr.Phipps der Funker und
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Prof. van Dusen in geheimer Mission (RIAS 1990)
Prost, Professor. Prosit, mein lieber Hatch. Auf unsere nächsten 60 Fälle, Prof. Unsere Fälle, mein lieber Hatch… Während die abendliche Dämmerung schwer und düster auf die kravonischen Fluren hernieder sinkt, stampft und dampft er unbeirrbar voran, der von Sagen, Mythen und Legenden umwitterte Orientex-preß, umwittert, ich weiß nicht, umwabert, umwoben, ja das ist gut, der von Legenden umwobene Orientex-preß. Mein lieber Hatch. Romantik gewiß, doch es ist die Romantik des Fortschritts, der Technik, die Roma ntik dieser unserer modernen Zeit. Hatch. Ja Prof. Haben Sie die Güte, Ohren und Geschmack der Mitwelt nicht durch die lautstarke Deklamation Ihrer verquollenen Prosa zu insultieren. Verquollene Prosa, das ist
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Prof. van Dusen und das Geheimnis der Pyramide (RIAS 1991)
Die sensationelle, über alle Maßen erstaunliche Affäre um das Geheimnis der Cheopspyramide begann am Vormittag des 14. Dezember 1904 im Hauptbahnhof von Kairo. Hilfe, ein Arzt, Hilfe, Hilfe. Hören Sie Prof, Ihr Typ wird verlangt, Sie sind doch Arzt. Mein lieber Hatch, ich bin Prof Dr Dr Dr Augustus van Dusen. Naturwissenschaftler, Amateurkriminologe, Denkmaschine, wissen wir, Prof, aber. Außer Physik, Chemie, Biologie etc. etc. habe ich sämtliche Bereiche der Humanmedizin studiert, zu Bologna, Heidelberg, Paris, Salamanca. Hilfe, ein Arzt um Gotteswillen. Einem so dringenden Appell konnte van Dusen sich nicht ver-schließen, er brach die beliebte Selbstbeweihräucherung ab auch wenn es schwerfiel und wandelte gemesse
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Prof. van Dusen besucht seine Bank (RIAS 1991)
Und was soll ich Ihnen sagen, Professor, tote Hose, total tote Hose. Mein lieber Hatch, ich darf Sie daran erinnern, daß Sie zu Prof. Dr Dr Dr Augustus van Dusen sprechen. Wissenschaftler, Amateurkriminologe, Denkmaschine, als ob ich das nicht wüßte, ich sitze in Ihrem Salon, Prof, trinke Ihren Whisky, apropos auf ihr Wohl. In diesem Falle ersuche ich sie sich der ansonsten von ihnen gepflegten vulgären Ausdrucksweise tunlichst zu enthalten. Vulgär? Sie erwähnten, wenn ich mich recht erinnere, ein dahingeschiedenes Bein-kleid. Tote Hose, meinen Sie, das ist nur so eine Redensart, Prof. Ah so. Ich wollte sagen, es war nichts los, absolut nichts, kein Mord, keine Brandstiftung, nicht mal ein mickriger Raubüberfall, ich hätte mich in den
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Prof. van Dusen treibt den Teufel aus (RIAS 1992)
Das Abenteuer um den schwarzen Magier, der vom Teufel geholt wurde, und zwar aus einem hermetisch verschlossenen Raum im Leichenschauhaus, dieses rätselhafte, unheimliche, und über alle Maßen makabre Abenteuer begann in einem gar nicht makabren Ambiente im Chambre Separee bei Delmonico an der Fifth Avenue, es war am Sonntag, dem 6. Januar 1901, spätabends um, ja genau das war der casus knaxus. Wie spät ist es Oskar? Genau 2 Minuten vor 12 Uhr, Mr. Hatch. Um elf wollte sie hier sein Oscar. Wenn sie mir die Bemerkung gestatten, Mr. Hatch, nach meiner unmaßgeblichen Erfahrung pflegen sich Damen, die mit einem Herrn verabredet sind nichteben selten zu verspäten. Mit mir nicht Oscar der Champagner wird war
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Prof. van Dusen: Ohrenzeuge Prof. van Dusen (RIAS 1992)
Es ist schon erstaunlich, meine Damen und Herren, wie viele van Dusen Fälle in einem fahrenden Zug an-fangen, vielleicht hat das ja einen tieferen Sinn, die Eisenbahn als Symbol der Technik, des Fortschritts und so, vielleicht liegts aber auch nur daran daß wir beide, Prof van Dusen und ich öfter mal reisen, von einem Ort zum andern, wie an diesem 31. Juli 1902, wir hatten New Mexico, Wyoming, den Yellowstone National-park kurz den fernen Westen unseres großen Landes hinter uns und fuhren gen Osten zurück in die Heimat. New York, Mutter der Metropolen, schönste aller Städte, was meinen Sie, Prof. Wie bitte Hatch? Ob man wohl schon was sehen kann, Wolkenkratzer, Smog über Manhattan? Mein lieber Hatch wir befinden uns im
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Prof. van Dusen: Augustus im Wunderland (RIAS 1992)
Wer sind Sie? Ich, ich bin Prof. Dr.Dr.Dr. Augustus van Dusen… Gebrülstig wars, die schloimen Düxe sich in dem Burden gröll verschlotzten, gar mieslich frümpelten die Flüxe und die Mohm-Ralben krotzten. Wie bitte? Und die Mohm-Ralben krotzten. Aha, sie pflegen sich mit Psychopathologie abzugeben, Kollege Jellypot. Wie kommen Sie darauf Kollege van Dusen? Weil Sie uns mit den Ejakulationen eines offensichtli-ch wahnwitzigen traktieren. Aber werter Kollege, wo denken Sie hin, was ich zum Vortrag brachte, ist ein Kunstwerk, ein Poem. Jabberwocky von Lewis Carroll. Ah Sie kennen Jabberwocky Mr. Hatch, Hutchinson Hatch, Begleiter, Assistent und Chronist von Prof. van Dusen. Nun, Mr. Hatch, da Sie Jabberwocky kennen
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Prof. van Dusen beschwört einen Geist (RIAS 1992)
Auf Ihr Wohl, Professor, auf Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, die Denkmaschine, den größten Wissen schaftler und Amateurkriminologen den die Welt je gesehen hat, nicht schlecht Prof, gar nicht schlecht, das muß man Ihnen lassen, Sie trinken zwar selbst nicht, aber Ihre Hausbar, erstklassig, zum Wohl, ihre Tür-klingel, Prof wer kann das sein, am Pfingstsonntag morgens viertel nach neun? Zu solch einer ungehörigen Stunde, mein lieber Hatch, pflegt mich nur eine einzige Person heimzusuchen, und diese Person war schon da, nämlich meine Wenigkeit, Hutchinson Hatch, einerseits Journalist beim Daily New Yorker, andererseits Begleiter, Assistent und Chronist von Prof. van Dusen, ich hatte kurz mal meine Nase reingesteckt zwecks
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Prof. van Dusen: Es tickt bei Prof. van Dusen (RIAS 1993)
14. November 1902, Freitag, ein Tag wie jeder andere, am frühen Nachmittag verläßt Prof. van Dusen sein Haus in der 35.Straße West Manhattan NewYorkCity wie an jedem andren Tag er sieht nicht nach rechts er sieht nicht nach links, er sieht in das offene Buch vor seiner Nase, wie jeden Tag und wie jeden Tag hebt er die linke Hand mit dem Regenschirm, die Droschke, die wie immer ein Haus weiter gewartet hat, fährt vor, wie jeden Tag, der Prof. steigt ein, vertieft in seine Lektüre, wie jeden Tag, der Kutscher schließt die Tür, diesmal vielleicht ein wenig sorgfältiger als sonst, die Droschke fährt die 35. Straße entlang, nach Osten, wie jeden Tag, Richtung Universität, so, meine Damen und Herren, beginnt es, das unglaubliche Abenteuer
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Prof. van Dusen und das Gold von Mexiko (RIAS 1993)
Ja, die Sache mit dem mexikanischen Gold, das war schon eine tolle Geschichte, meine Damen und Herren und vor allem die Geschichte von Hutchinson Hatch, Assistent, Begleiter, Chronist, und insofern eher eine Nebenfigur, aber diesmal nicht, diesmal spielte ich die Hauptrolle. Wie bitte? Jedenfalls zuerst, später tau- chte natürlich Prof van Dusen auf, und das war gut so, was hätte der Fall sonst auch in der unsterblichen van Dusen Chronik zu suchen, also wie gesagt eine tolle Geschichte, meine Freundin Penny entführt, ich selbst niedergeschlagen, schwarz angemalt, beschossen, verfolgt, schließlich mußte ich sogar tauchen, im Atlantik mit einem neumodischen Sauerstoffapparat. Mein lieber Hatch. Weiß schon Prof, wie erstattet man
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Prof. van Dusen und die schwarze Fünfpenski (RIAS 1993)
Achtung zum Eilzug der Great Eastern Railway nach Cromer über Jensford, Baltimor, Ipswich, Norwich bitte einsteigen und die Türen schließen. Ein unmögliches Verbrechen, sagten sie Inspektor. Keineswegs Prof, deshalb hätte ich Sie nicht aufgestört und mitgenommen, mit einem unmöglichen Verbrechen wird Scotland Yard schon allein fertig. Glauben sie Inspektor, in diesem Falle vermag ich nicht einzusehen. Es geht um zwei, Prof, zwei unmögliche Verbrechen, absolut rätselhaft völlig unerklärlich. Und Scotland Yard ist total von den Socken. Sozusagen Mr. Hatch sozusagen. Sehr schön, berichten sie Inspektor. Cromer war unser Ziel und Cromer falls sie es nicht wissen meine Damen und Herren, Cromer ist ein netter kleiner Bad
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Prof. van Dusen: Ufos über Prof. van Dusen (DLR 1994)
Der Zug war voll, ach voll ist gar kein Ausdruck, total überfüllt war er, überall Männer, Frauen, Koffer, Kinder, vor allem Kinder, Kinder zu Hunderten laut und beweglich und klebrig von wegen der Eistüten und Lutschbonbons, vermutlich die Sprößlinge mormonischer Großfamilien, mit den lieben Eltern unterwegs zum Yellowstone Nationalpark, Prof van Dusen hatte sich entnervt in den letzten freien Waschraum geflü-chtet und die Tür verriegelt, mir war nicht nach Wasser pur, ich kämpfte mich mit Knie und Ellbogen durch bis an die Bar im Salonwagen und hier kam ich mit dieser netten jungen Frau ins Gespräch. Hutchinson Hatch, sagen Sie bloß, Sie sind der Hutchinson Hatch. Ich kenne jedenfalls keinen anderen. Der Journalist
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Prof. van Dusen und der Fall Zola (1/2) (DLR 1994)
In Paris hatte Prof. van Dusen sich was angewöhnt, jeden Morgen machte er einen kurzen Spaziergang im Boisdeboulogne in aller Herrgottsfrühe auf nüchternen Magen und ich mußte natürlich mit auch an diesem 8.März 1904 einem Dienstag es war kühl noch nicht richtig hell und mir knurrte der Magen. Ihre Gesichts-züge mein lieber Hatch weisen einen gewissen vergeistigten Ausdruck auf, ein höchst ungewöhnliches Phä-nomen, woran denken sie. Ich, an nichts Prof, an gar nichts. Das glaub ich ihnen aufs Wort. Ich hatte doch an was gedacht, an Kaffee heiß und duftend, an knusprigen Toast, an ein weichgekochtes Ei, frische Butter, goldgelben Honig, an normannischen Käse und Schinken aus Bayonne, kurz an ein ordentliches Frühstück
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Prof. van Dusen und der Fall Zola (2/2) (DLR 1994)
Falls Ihnen nicht mehr ganz präsent ist, was im ersten Teil der Story so abgelaufen ist, meine Damen und Herren, fasse ich das wichtigste für Sie noch mal kurz zusammen. Der Ort ist Paris, die Zeit März 1904, anderthalb Jahre vorher, in der Nacht vom 28. zum 29. September 1902 ist der große Romanautor Emil Zola gestorben, angeblich an einer Kohlenmonoxidvergiftung, ein Unfall heißt es offiziell, aber die franzö-sischen Schriftsteller vermuten politischen Mord und beauftragen Prof. van Dusen den Fall Zola neu aufzu rollen, damit beginnt ein Abenteuer, das in der an außergewöhnlichen Fällen reichen van Dusen Saga einzi gartig dasteht, in einer Verbrecherkneipe am Montmartre geraten wir, der Prof und ich, in eine Razzia, wir
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Prof. van Dusen spielt das Mörderspiel (DLR 1994)
Der erstaunliche Mörderspielfall, der seinerzeit in der New Yorker Gesellschaft größtes Aufsehen erregte, gehört ohne Zweifel zu den ganz besonderen Episoden in der großen van Dusen Chronik, vielleicht weil der Mord der aus dem Spiel entstand, durch seine wahrhaft außergewöhnliche Raffinesse einmalig in der Krimi nalgeschichte ist, ganz sicher aber auch deshalb weil der Prof seine Untersuchungen in dieser Affäre länge re Zeit ohne Hutchinson Hatch durchführen mußte, trotzdem brauchte er auf einen Assistenten nicht ganz zu verzichten, sofern man Detective Sergeant Caruso als solchen bezeichnen kann, wie dem auch sei, meine Damen und Herren, eine Geschichte, eine Detektivgeschichte insbesondere erzählt man, sie wissen es, von
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Prof. van Dusen und das Zeichen der Sieben (DLR 1994)
Ich machte die Tür auf, und da lag er, ein toter Mann… Ein toter Mann, auf dem Fußboden, im Salon, in meiner Suite im feudalen Hotel Savoy, ich schloß die Augen, wartete ein paar Sekunden, machte sie wieder auf, die Leiche war immer noch da, ein graubärtiger Mann in Hemdsärmeln und schwarzer Hose, auf der Stirn war die Zahl sieben in seine Haut geschnitten, ich kannte ihn, vor wenigen Stunden erst hatte ich ihn gesehen, lebend, ich muß Alarm schlagen dachte ich, schnell zum Empfang raus durch den Korridor um die Ecke, plötzlich tat sich vor mir eine Tür auf, eine wohlbekannte Tür, die Tür zur Suite von Prof. van Dusen. Hallo mein lieber Hatch. Prof. Was ist ihnen. Sie sind schon zurück aus Cambridge. Ja. Wollten sie nicht er
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Prof. van Dusen auf Hannibals Spuren (1/2) (DLR 1995)
Wie fängt ein van Dusen Fall an meine Damen und Herren, natürlich mit dem Anfang werden Sie sagen, so gehört es sich, so erwarten sie es und so hat es der große Amateurkriminologe seinem Chronisten und Assi stenten immerwieder eingeschärft… keine Regel ohne Ausnahme, die außergewöhnliche schier unglaublich e Affäre um das mörderische Elefantenrennen quer durch die Alpen fängt schon vor dem Anfang an, mit ein em sog. Prolog, nicht im Himmel wie beim Kollegen Goethe, sondern in womöglich noch erhabeneren Regi onen, in den luxuriösen Räumlichkeiten des exklusiven Globetrotterclubs zu London. Es ist Sonntag, der 29. November 1903, kurz nach zehn Uhr abends, Sir Patrick Lafferty, der allseits bekannte Abenteurer und
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Prof. van Dusen auf Hannibals Spuren (2/2) (DLR 1995)
Ich kann mir zwar nicht vorstellen, meine Damen und Herren, daß Sie schon alles vergessen haben, was im ersten Teil dieser denk- und merkwürdigen Geschichte vor sich ging, aber zur Sicherheit will ich doch lieb er das wichtigste für Sie kurz zusammenfassen, also, im November 1903 schlossen Sir Patrick Lafferty und Mr Basil Blott im Globetrotter Club zu London eine Wette darüber ab, wer im nächsten Jahr von ihnen auf Hannibals Spuren mit einem Elefanten über die Alpen ziehen und als erster Italien erreichen würde, Prof. van Dusen und ich waren Zeuge der Wette, und wir waren auch am 22. Mai 1904 in Grenoble beim Start zum Alpenübergang, der sich so ganz anders entwickelte als ich erwartet hatte, ein Mord geschah, die myst
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Prof. van Dusen und das Phantom der Oper (DLR 1996)
In die Oper, haha, ich, das ist nicht Ihr Ernst, mein lieber Hatch. Ich bin nur der Bote, Prof, die Einladung stammt von Mr. Grau. Grau, sie meinen den Intendanten der Metropolitan Opera, mein lieber Hatch. Den Boss der Met, genau den, Prof, ich habe ihn vorhin im Club getroffen, er hat mir sein leid geklagt und dann hat er sie heute abend zur Vorstellung gebeten, mich natürlich auch. Mein lieber Hatch, entsinnen sie sich des Mordfalls Lawrence King. Na klar Prof, Titel in der Chronik, Prof van Dusen beschwört einen Geist, Mai 1901. Dann rufen sie sich gefälligst meine abschließenden Worte ins Gedächtnis zurück in welchen ich mich über die mit dem Begriff Oper assoziierte Aura des Irrationalen, der Täuschung, des Scheins ausließ
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Prof. van Dusen: Die Mauer muß weg (DLR 1997)
Es war ein Sonntag hell und klar so sagt der Dichter und er hat wie so oft nur zum Teil recht, sicher es war ein Sonntag, Sonntag der 20. November 1904, aber es war schon 5 Uhr nachmittags, also nicht mehr ganz hell und die Klarheit ließ auch zu wünschen übrig denn ein kräftiger Wind pustete dicke Staubwolken durch die Gegend, das ist so üblich in Alexandria meine Damen und Herren sie können es im Baedeker nachlesen und jetzt wissen sie auch, wo wir uns befinden nämlich in der berühmten ägyptischen Hafenstadt, genauer im Hotel Miramar in unserer Suite. Mein lieber Hatch. Hmh. Mein lieber Hatch, es hat geklopft. Wird der Tee sein Prof. Aber es war nicht der Tee, es war das Schicksal beziehungsweise die Kriminologie, das heißt
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Prof. van Dusen: van Dusens größter Fall (Die lange Nacht einer Radiolegende) (DLR 1998)
Meine Damen und Herren, es ist soweit, endlich kann ich es enthüllen, das große Geheimnis, das mir seit langem auf der Seele liegt, in einem äußerst wichtigen Punkt hat sich die monumentale van Dusen Chronik na sagen wir an der Wahrheit vorbeigemogelt, doch jetzt ist die Zeit gekommen, jetzt werde ich reden, ich werde die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit nichts als die Wahrheit und ich verspreche ihnen sie werden staunen. Es war am 7. April 1912, am Ostersonntag und es war in Berlin der deutschen Haupt- und Kaiser-stadt, sie werden fragen, was sucht Hutchinson Hatch, New Yorker Journalist und weiland kriminologisch-er Assistent in der alten Welt, Antwort offiziell war ich hier als Sonderkorrespondent des Daily New Yorker
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Hutchinson Hatch und die Stimme aus dem Jenseits (Erzählung, profvandusen.com 2009)
Heute morgen habe ich einen sehr interessanten Artikel im Daily New Yorker, meiner Zeitung, gelesen, ich sage meine Zeitung, weil sie mir seit vielen Jahren gehört, zusammen mit fünf, sechs anderen, von den Zeit schriften gar nicht zu reden, und weil ich lange Zeit ihr Chefreporter war, mit dieser regelmäßigen Tätig keit habe ich aufgehört, immerhin bin ich siebzig, aber ab und zu schreibe ich noch was, und wehe, die Redaktion wagt es, daran herumzumäkeln! Ansonsten genieße ich den Ruhestand und freue mich des Lebens in meiner schicken Frank-Lloyd-Wright-Villa über dem Hudson: weiß, nur Geraden und rechte Winkel – die schiere Mathematik, darum habe ich sie auch »Zwei plus zwei gibt vier« genannt oder kurz
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Professor van Dusen im Spukhaus (Highscore Musik 2015)
Hallo und willkommen zurück, nein das ist nicht gut, wie wärs damit, hochgeschätzte Freunde, es sind nun einige Jahre ins Land gegangen, seitdem, um Gotteswillen viel zu hochtrabend, streng dich an, Hutchinson Hatch, du wirst es doch nicht verlernt haben, also gut letzter Versuch, treffen Sie gerne alte Freunde, ich wette Sie tun es, ich wünschte mir würde dieses Glück in einem ganz bestimmten Fall noch einmal zu teil werden, Sie alle wissen längst von wem ich rede und sie fragen sich zu recht mit welcher Geschichte ich sie heute unterhalten möchte, ist denn nicht schon alles erzählt, alles gesagt worden was ihn betrifft, ich habe lange geschwiegen, das ist wahr, aber das bedeutet nicht, daß es da nicht noch einige Abenteuer gegeben
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Professor van Dusen reitet das trojanische Pferd (PvD.sucht die Arche Noah) (Highscore Musik 2015)
Mit der Peitsche zeigte der Kutscher nach vorn, wo sich am Horizont die Konturen eines flachen Hügels ab zeichneten. Truva. Truva? Ich denke wir fahren nach Troja. Truva mein lieber Hatch ist die türkische Bezei chnung des Ortes, den wir als Troja kennen. Aha der Hügel war also das berühmte Troja, Stadt der Mythen und Legenden, Schauplatz des bekanntesten Krieges der Weltgeschichte, gestern waren wir, Prof. van Dus en und ich, mit dem planmäßigen Dampfschiff von Konstantinopel nach Canakkale an den Dardanellen ge fahren, wo wir in einem schäbigen Hotel, dem einzigen der Stadt übernachtet hatten, nach einem Frühstück das diesen Namen nicht verdiente hatten wir ein Fuhrwerk nebst Kutscher gemietet und waren stundenlang
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Michael Koser: Der letzte Detektiv:
Der letzte Detektiv: Testmarkt (BR 1984)
Sie war ein paar Jahre jünger als ich, um die 35, dunkles Haar, dunkle Augen, eine wohlgefällige Figur, in einem von diesen weißen Overalls, die nach gar nichts aussehen, und mehr kosten, als ein Detektiv im Monat verdient, in der 40-Quadratmeterklasse schätzte ich, auf dem Klientenstuhl in meinem Büro plus Apartment, 22 Quadratmeter und ein paar Zerquetschte, wirkte sie wie ein aufgeblühter Kirschzweig in einer alten Bierflasche, ich bin sentimental, ich mag Kirschblüten. Mein Name ist Delgado, Judith Delgado. Judith, das gefällt mir, ein Mensch, dessen Name mit J anfängt, kann nicht ganz schlecht sein. Ich heiße Jonas, nur Jonas, wie der Typ mit dem Walfisch in der Bibel, viele Leute wundern sich darüber daß ich nur
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Der letzte Detektiv: Safari (BR 1984)
Der Löwe war kein echter Löwe, natürlich nicht, seit Jahren gab es keine Löwen mehr auf der Erde und in einer Raumstation schon gar nicht, aber echt oder nicht, der Löwe war da, und er sah gefährlich aus, so gefährlich, daß Jonas vorsichtshalber erst mal rannte und sich einen hohen Baum suchte, Kokospalme oder Bandiang, was weiß ich, auf Bäumen haben Löwen nichts zu suchen, das wußte ich, und das wußte auch der Löwe, zu meinem Glück. Ich wartete, bis mein Puls wieder unter Schallgeschwindigkeit war, und dann versuchte ich Sam über Funk zu erreichen. Sam! Sammy! Wo steckt der verrückte Blechkanister? Sam! Hat mein Herr und Meister gerufen? Gerufen? Gebrüllt habe ich, hör zu, du Spottgeburt von Chips und Eisen
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Der letzte Detektiv: Reservat (BR 1984)
Es war einmal eine Zeit da gab es Privatdetektive, harte Männer, gerecht, nie um eine Antwort oder um einen Ausweg verlegen, und wenn es sie nicht in Wirklichkeit gab, dann doch wenigstens in Büchern und Filmen. Heute im frühen 21. Jahrhundert gibts nur noch einen von der Sorte. Mich. Ich bin Jonas. Jonas, der letzte Detektiv. Nicht so hart, auch nicht immer gerecht, dafür fällt mir manchmal keine Antwort ein, und nach einem Ausweg muß ich oft lange suchen. Aber ich tue, was möglich ist, mehr kann man nicht verlangen. Was Frau Marcus-Pallenberg von mir wollte, war nicht möglich. Oder doch? Sie müssen ins Reservat. Ein Vorschlag, Frau Marcus-Pallenberg, kaufen Sie sich ein paar starke Männer die mich fesseln
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Der letzte Detektiv: Schlachthaus (BR 1984)
So fangen die meisten meiner Fälle an: Ein Typ sitzt in meinem Büro, rutscht auf dem Stuhl rum, und weiß nicht so recht, ob er mir überhaupt erzählen soll, weshalb er gekommen ist. Wie gesagt, so fangen die meisten meiner Fälle an, dieser nicht. Darf ich Ihnen jetzt die Speisekarte vorlegen, mein Herr? Ich warte noch. Gestatten Sie mir die Bemerkung, mein Herr, Sie warten bereits eine halbe Stunde, wenn Sie schon nicht essen wollen dann vielleicht wenigstens noch einen Whiskey? Danke, wissen Sie falls meine Verabre- dung nicht kommt muß ich die Rechnung selber zahlen und bei Ihren Preisen. Verstehe, in diesem Fall muß ich Sie darauf aufmerksam machen daß Ihr Tisch benötigt wird. Ach wann? In wenigen Minuten mein Herr
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Der letzte Detektiv: Requiem (BR 1985)
Alles neu macht der Mai, macht die Seele froh und frei. Sam halt den Schnabel Sammy. Aber Chef, Sam hat keinen Schnabel, Sam ist kein Vogel, Sam ist ein Computer, laß das Haus, kommt hinaus, bindet einen Strauß. Und Computer, die nicht gehorchen, kommen auf den Schrottplatz, so, jetzt kann ich mal was sagen, zur Richtigstellung sozusagen. Es war nämlich gar nicht Mai, nicht mal ein bißchen, im Gegenteil, es war Herbst, trüber grauer Spätherbst, 7. November 2009, und alles neu, das stimmt auch nicht, jeden-falls nicht ganz, gut ich hatte mir was Neues zum Anziehen geleistet, einen antiken Trenchcoat Marke Bog-ie, nicht billig, aber edel, meinte Judith, und für den guten Sam war ein funkelnagelneuer Vocoder drin ge
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Der letzte Detektiv: Kidnapper (BR 1985)
Robodocs gehen mir auf die Nerven darin bin ich altmodisch, nicht nur darin mir stinkt so einiges in dieser unserer Zeit aber Robodocs ganz besonders, darum suche ich mir einen echten menschlichen Medizinmann wenn die vorgeschriebene Jahresinspektion fällig wird, das heißt, dieses Mal, im Mai 2010, war es eine Medizinfrau, vielleicht hätte ich doch lieber zum Robodoc gehen sollen, was Frau Dr. Simon mir sagte gefiel mir nämlich gar nicht. Sie gefallen mir nicht Jonas. Machen Sie sich nichts draus, ich gefall vielen nicht. Äußerlich ist ja alles in Ordnung so weit, aber innen. Magen? Ganz richtig. Ihr Magen, akute Ulkus-gefahr, rauchen Sie, Nikotin? Nein. Nehmen Sie sonst irgendwelche Drogen? Äh Alkohol? Also, also wenn
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Der letzte Detektiv: Schmiergeld (BR 1985)
Ich machte die Tür auf und da saß er mitten in meinem Büro auf meinem besten und einzigen Klientenstuhl, er war klein, und trug grau, das offizielle grau der Politiker und Geschäftsleute, eine graue Maus, unauf-fällig, abgesehen von einer Kleinigkeit, er war tot, sein Gesicht war blau angelaufen, die Zunge hing ihm aus dem Mund, die Augen standen weit offen, das gefiel mir nicht, welcher Detektiv findet schon gern eine ermordete Leiche in seinem Büro? Erwürgt mit einer Drahtschlinge, fachmännische Arbeit, zwei Täter, einer hält den Mann fest, der andere zieht zu. Wie weiland die Thugs, eure mäßige Belesenheit dürfte sie kaum kennen, eine indische Mördersekte, welche vorzugsweise in Bengalen florierte, zu Ehren ihrer Göttin
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Der letzte Detektiv: Niemandsland (BR 1985)
Ich konnte mich nicht rühren, ich war gefesselt und geknebelt, ich hatte Angst, ich wartete, die Tür ging auf und herein kam, nein, kein Mann mit Pistole, eine Frau mit Laserstrahler, Frau Professor Caligari, sie zielte auf meine Stirn, ich starrte in ihre Augen und in die Mündung, drei Löcher, schwarz wie der Tod, ihr Finger am Abzug bewegte sich, wurde weiß, aber es zischte nicht, es klingelte, wieder und wieder, und da wachte ich endlich auf, ich schüttelte den schweren Kopf, um den schweren Traum zu verscheuchen und gri ff zum Fon. Ja? Jonas? Jonas. Jonas, nur Jonas. Privatdetektiv? Ja. Der letzte. Ein Fossil. Ein Dinosauri-er. Nur nicht so groß und so schrecklich. Dafür bin ich zu müde. Und wer sind Sie? Mein Name ist Sesam.
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Der letzte Detektiv: Sündenbock (BR 1986)
Uhuhuhuh, uhuhuhuh! Acht Uhr früh, und es krähte der Hahn. Uhuhuhuh, uhuhuhuh! Ein Hahn war es nat ürlich nicht, wo gibt’s denn heutzutage noch Hähne? Im zoologischen Garten, Herr Oberstabsveterinär, hinten rechts, neben den Schweinen, oink. Weiß ich doch, Sammy. Ein armer alter Hahn ohne Schwanz, wenn der überhaupt noch kräht, dann bestimmt nicht am Morgen, sondern nachts, da träumt er vielleicht von Würmern und von seinen Hennen, mein Kräher war Sam. Uhuhuhuh, uhuhuhuh! Wachet auf, wachet auf! Es krähte der Hahn. Morgenstund hat Gold im Mund, erhebe dich du schwacher Geist, der du noch in die Kissen beißt, early to bed and early to rise is healty, wealty and wise, uhuhuhuh! Das reicht, Sam. Uhu
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Der letzte Detektiv: Todestour (BR 1986)
Jonas. Was ist? Zeit zum Aufstehen? Ruhe, kein Wort, keine Bewegung, Sie befinden sich im Bereich akuter polizeilicher Notstandsmaßnahmen. Verhalten Sie sich ruhig, dann passiert Ihnen nichts. Ich verhielt mich ruhig, das fällt mir nicht schwer, wenn sechs Typen mit Laserstrahlern auf mich zielen, sechs Typen in schwarzen Kampfanzügen und schwarzen Schutzhelmen, bei solchen Weckern kann ein sensibler Mensch schon das Flattern kriegen, zum Glück bin ich nicht sensibel, und außerdem Kummer gewohnt, normaler- weise weckt mich Sam, aber ich war sauer, Judith war bei mir, ausnahmsweise und Judith war von meinem Weckdienst gar nicht begeistert, das sah ich ihr an, und ich sah noch was, durch meinen leeren Türrahmen
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Der letzte Detektiv: Spielwiese (BR 1986)
Hallo… Ja, am Apparat. Tot? Ja. Viertelstunde. Danke. Miles Archer, mein Partner, ermordet, wenn der Partner eines Mannes umgebracht wird, erwartet man, daß er was unternimmt, aber das war schwierig, ich hatte so viel zu tun, so viele Leute wollten was von mir, Mister Joel Cairo, zum Beispiel. Ich versuche, ein Schmuckstück wiederzubeschaffen, das – sagen wir – verlegt wurde, ich dachte und hoffte, Sie könnten mir helfen. Es ist eine Statuette, eine schwarze Figur eines Vogels, Mister Spade. Mister Spade war ich. Sa- muel Spade, ein blonder v-förmiger Satan oder so ähnlich, auf der Suche nach dem Malteser Falken, Birgit war übrigens auch da. Kann ich dich mit meinem Körper kaufen, Sam? Ich denk darüber nach. Oh, ich bin
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Der letzte Detektiv: Inselklau (BR 1986)
Was haben Sie verloren? Eine Insel, nein moment das stimmt nicht. Hab ich mir doch gleich gedacht. Zwei Inseln, nein, also eigentlich drei. Sind Sie sicher, nicht vielleicht vier? Drei Inseln, verloren, weg, versch-wunden, wie finden Sie das? Also ich… Laß doch, Jonas, der Mann ist betrunken. Nicht doch, betrunken ist man im Dipsomaten, oder im Casablanca, aber nicht hier. Das Maritim ist ein hochfeudales Hotel. In Westerport bei Babelshaven. Wer in der Bar vom Maritim trinkt, ist bestenfalls angeheitert. Der Mensch neben uns war angeheitert, ziemlich angeheitert, kein Wunder, wo er doch drei Inseln verloren hatte. Ja wohl, drei Inseln, weg, und ich steh da. Sie sitzen, um genau zu sein. Sind Sie fromm? Was? Nein nicht be
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Der letzte Detektiv: Megastar (BR 1989)
Mein Büroapartment, 22 Quadratmeter und ein paar Zerquetschte, war das reine Krankenhaus, die undefi nierbare Topfpflanze, Jo’s nachträgliches Geschenk zum Geb., ließ alles hängen was sie hatte, mein Magen gab schrille Signale aus dem Untergrund, und Sam war erkältet, sagte er. Ha-Hatschi, was muß der arme Sammy leiden. Schluß damit, Sam, du bist ein Computer, du kannst gar nicht erkältet sein. Kann ich wohl. Kannst du nicht. Doch, und ich werde es beweisen, wenn eure logische Hypopotenz gestatten, a) Computer können schneller denken als Menschen. OK. b) Computer können also mehr als Menschen. Ja. c) Wenn Co-mputer mehr können dann können sie notwendigerweise auch genauso viel wie Menschen. Aha ja. Mensch
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Der letzte Detektiv: Supernova (BR 1989)
Es war Montag der 12.September 2011, das Datum habe ich mir gemerkt, man kriegt ja nicht jeden Tag ein en Brief von einer Leiche. Montagmorgen, Zeit, die Wochenpost aus der Box zu holen, den Weg hätte ich mir sparen können, dachte ich, als ich wieder zu Hause war, das Übliche: Werbung, 2-D, 3-D, holograph-isch, eine Mahnung der Girozentrale, endlich mein Konto aufzufüllen, widrigenfalls und so weiter, das üb-liche. Papierkorb. O bitte, Exzellenz, nicht Papierkorb, eine veraltete Vokabel, altmodisch, abgestanden, altbacken, antiquiert, ach, der moderne Mensch benutzt einen Shredder, und drückt sich entsprechend aus. Ok Sammy schmeißen wir das Zeug halt in den Shredder. Könnte eure drognodetische Zurückgebliebenheit
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Der letzte Detektiv: Schneewittchen (BR 1989)
Es war ein toter Tag, ein Tag, an dem die große Stadt Babylon so grau und so kalt wirkte wie ein krepierter Elefant, ein Tag, an dem nichts passiert, dachte ich. Das war ein Irrtum. Ich war in den Trödelladen gega-ngen weil mir die alte Postkarte im Schaufenster aufgefallen war, eine Fotographie, 2D, schwarz weiß, alt-modisch, so altmodisch wie Jonas. Ein kleiner Mann mit Hut, die Oberlippe schief hochgezogen, Revolver in der Hand und über dem Mann, von links unten nach rechts oben, ein schwarzer Schriftzug. Eine Rarität mein Herr, das authentische, handgeschriebene Autogramm des Schauspielers Humphrey Bogart, Mitte des vorigen Jahrhunderts mehr als 60 Jahre alt. 65 genau, das ist ein Bild aus Big Sleep 1946. Der Herr ist ein
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Der letzte Detektiv: Störfalle (BR 1989)
Plötzlich war er da, er stand mitten in meinem Büro, sehr jung, sehr verlegen und starrte mich an, mit ries engroßen Kalbsaugen, ich hätte die Tür verrammeln sollen, oder noch besser verreisen, weit weit weg von Babylon, aber meine Kristallkugel war außer Betrieb an diesem 10. Januar 2012. Herr Jonas? Sie sind doch Herr Jonas? Ich glaub schon, außerdem stehts draußen an der Tür. Ja, Herr Jonas, ich, äh, ich finde Sie toll. Sie sind ein Held, ja, Sie sind der größte, echt, total der größte. Hör mal zu, Kleiner, Jonas ist alles mögliche, eine 1-Mann-Show, Jongleur, Clown, Feuerspucker, Degenschlucker, der Mann auf dem fliegen-den Trapez, der Mann, der durch den brennenden Reifen springt, für 100 Euros pro Tag und Spesen, aber
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Der letzte Detektiv: Eurodschungel (BR 1990)
Er fing schon mies an, dieser 3. Mai 2012, Jacob hatte vor, seinen Schuppen umzutaufen, nicht mehr Casa blanca sollte er heißen, sondern… Wie soll dein Schuppen jetzt heißen? Babylon, Cafe Babylon. Cafe? Du weißt doch gar nicht, was Cafe ist, Jacob. Na und? Cafe hat was, Nostalgie, Klasse. Es gab immer noch den alten Synth-Whisky, mies und teuer, es war immer noch das alte Casablanca, ich fühlte mich wie zu Hause, müde und mies. Ja? Ja, Moment, für dich Jonas. Sie können eine Nachricht hinterlassen, sprechen Sie nach dem Pfeifton, tüt, oder pfeifen Sie nach dem Sprechton, wie Sie wollen. Jonas? Von mir aus kön-nen Sie auch summen oder singen. Sind Sie Jonas, der Detektiv? Ich mußte es zugeben, Jonas, nur Jonas.
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Der letzte Detektiv: Eurobaby (BR 1990)
Bamballa. Kennen Sie Bamballa? Eine Hafenstadt in Sahel, Nordost-Afrika. Trocken, heiß, staubig, trübsel ig, und über dem Ganzen ein durchdringender Duft nach Kamelmist und abgelatschten Sandalen. Äh! Das letzte. Ja, Gottes linke Achselhöhle. Das Loch gleich neben der Hölle. Des Teufels fauler Stockzahn. Der Arsch der Welt. Sam. Mein Computer und ständiger Begleiter, redet viel, weiß alles. Ja. Nur nicht, wie man aus diesem verfluchten Nest rauskommt. Ich saß fest, seit einer Woche, ich hatte einen Job in Merdist-an gehabt, das ist der sympathische Staat im Orient, der seine Bürger mit öffentlichen Massenfolterungen bei Laune hält, ich sollte ein Kind aus Merdistan holen für seine Mutter in Babylon, ihr merdistanischer Ex
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Der letzte Detektiv: Euromüll (BR 1990)
Jonas, hilf mir, Jonas, bitte, bitte hilf mir! Hilf! Jonas! Hilf! Jonas, bitte bitte hilf mir! Jonas bitte. Jonas bit te hilf mir, Jonas! Judith ruft mich. Sie ist in Gefahr. Sie braucht Hilfe. Wo ist Sie? Wo bin ich? Ich wachte auf. Ich war in Afrika, ich hatte geträumt, aber da rief immer noch jemand. Jonas! Hilfe! Hilf mir Jonas. Hilfe! Machen Sie auf, Jonas, schnell! Nicht Judith. Die war zu Hause in Babylon. Ein Mann. Jonas, laß das, Jonas jetzt steh doch auf! Da ist einer an der Tür! An der Tür. Vor unserem Bungalow, in der Hotelan- lage am Meer, unter Palmen, mitten in der Nacht. Ein Radaubruder. Wußte der nicht, daß Jonas Urlaub hatte? Jonas! Um Gottes Willen, Hilfe! Hilfe! Ah! Nein, ich will das nicht, ich hab frei. Was ist Jonas? Ach
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Der letzte Detektiv: Euroblues (BR 1990)
Judith ist tot, damit sollte ich anfangen, aber das kann ich nicht, ich fange an mit dem 20. Juni 2012, dem Tag, an dem ich Judith zum letzten Mal lebend gesehen habe, bei mir, in meinem Büroapartment. Wir schreiben das 21. Jahrhundert, eine Zeit der Pläne und Grenzen, der Rahmen und Programme, in dieser Zeit lebte ein Mann, der anders ist als die anderen, der in keinen Rahmen paßt und in kein Programm, der seinen Weg geht, einsam, integer, furchtlos, es ist, Tusch Majestro please, Jonas, Jonas, the last detective hahaha. Bravo, du solltest dir angewöhnen, deine Tür abzuschließen, Jonas. Judith! Bist du sicher, daß du zu mir willst? Stör ich? Ich hab das Gefühl ich bin hier in eine Sitzung des Vereins für gegenseitige Beweih
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Der letzte Detektiv: Attentat (BR 1991)
August 2012. Hochsommer, brütende Hitze, die Klimaregulierung war kaputt, wie immer, Babylon die gro ße Stadt, stank zum Himmel, ein gigantischer Misthaufen, verrottet, verwest, verfallen und trotzdem begehrt, manche reißen sich sogar darum, alle fünf Jahre wenn die Wahl zum Bürgermeister ansteht. Harry Hauer. Nur Harry Hauer. Ihr Kandidat. Neu. Harry Hauer. Wer hat sich hochgearbeitet vom Volksrentner zum Multimilliardär? Harry Hauer. Wen braucht Babylon? Harry Hauer. Wer wird Bürger meister? Harry Hauer. Wen wählen Sie? Harry Hauer. Nur Harry Hauer. Harry Hauer. Nur Harry Hauer. Ihr Kandidat. Neu. Unverbraucht. Harry Hauer… Wen wählen Sie? Überall Wahlrobots und Slogomaten.
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Der letzte Detektiv: Westfront (BR 1991)
Was ist los mit dir Jonas, du sitzt da, sagst nichts, machst ein Gesicht wie Chefinspektor Brock im Spätdien st, trinken tust du auch nicht, was hast du? Ich mach mir Gedanken, Jacob. Ach was, worüber? Über Philip Marlowe, warum er immer im Trenchcoat rumgelaufen ist, in Kalifornien, wo es nie geregnet hat, damals. Im 20. Jahrhundert. Ich sag dir was, Jonas, du bist von der Rolle. Sah ganz so aus. Vielleicht lags daran, daß Judith gerade ein viertel Jahr tot war, oder daß mein letzter Fall schon zwei Monate zurücklag. Wie auch immer, mit Jonas war nicht viel los, mit dem Casablanca auch nicht, außer Jonas nur zwei Gäste, alter Mann, junge Frau, hinten in der Nische. Weißt du was ich glaube, Jonas? Ich glaube, du wirst alt
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Der letzte Detektiv: Wunderland (BR 1991)
Ein Klient kommt ins Büro, ein ordentlicher Fall bei einem ordentlichen Privatdetektiv fängt so an, so muß es sein, so steht es in den Büchern, nicht beim letzten Detektiv, meine Fälle fangen meist woanders an, im Casablanca zum Beispiel, dieser Fall fing ordentlich an, in meinem Büro, nur eins war nicht in Ordnung, der Klient hätte eine Klientin sein müssen, wunderschön, geheimnisvoll, und möglichst blond. Nett haben Sie es hier, Herr Jonas, so, so übersichtlich. Schauen Sie, Damen und Herren, staunen Sie, vor Ihnen erstre ckt sich in seiner ganzen unfaßbaren Weite von sage und schreibe 22 Quadratmeter das Büroapartment von Jonas dem letzten Detektiv. So lebt Jonas, Damen und Herren, so arbeitet Jonas, sind Sie hier um mein
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Der letzte Detektiv: Paranoia (BR 1991)
Zwei Knaben gingen durch das Korn… Nicht schon wieder. Der eine bluß das Klappenhorn. Nein. Doch, er konnts zwar nicht gut blasen, doch blus ers einigermaßen. Freut euch des Lebens. Ja wahrlich freuet euch und abermals freuet euch, denn siehe, Großmutter wird mit der Sense rasiert. Ole. Hahaha. Sam hatte sich einen Virus eingefangen, den berüchtigten Klapphornvirus, weiß der Teufel, wo er sich rumgetrieben hatte, Sam ist mein Computer, klein, aber laut, eine Nervensäge schon ohne Virus, und mit Virus gar nicht mehr auszuhalten. Und ferner steht geschrieben im Buche des Klapphorns: zwei Knaben suchten emsiglich am Baum nach einem Apfel, sie fanden keinen Apfel nicht. Der Baum das war ne Pappel, hallo. Was sagten Sie
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Der letzte Detektiv: Pharao (BR 1993)
Das Ministerium für Kultur war noch dasselbe schäbige Gebäude, nicht weit vom van-Dusen-Platz, aber hinter dem schäbigen Schreibtisch im schäbigen Büro saß nicht mehr Dr. Gödel Escherbach, Gott hab ihn selig, jetzt saß da eine Frau wie eine Stahlfeder: grau, hart, dünn, gespannt. Cornelia Schrödinger, M.A., Dezernentin für Museen und kulturellen Austausch, setzen Sie sich, Herr Jonas. MA? Magister Artium, ein akademischer Titel, Medienwissenschaft Universität Babylon, und wo haben Sie studiert, Herr Jonas? Uni Feuerland, Nahkampf und Guerillatechnik. Der antarktische Krieg, ich verstehe, zur Sache Herr Jonas, im November 2010 vor rund zweieinhalb Jahren haben Sie für uns einen Auftrag ausgeführt, sie haben damals
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Der letzte Detektiv: Nachtcafe (BR 1993)
Sie wimmelten um uns herum, kratzten an der Plexikuppel, drückten sich die verschorften Nasen platt, stier ten auf unseren Tisch, unsere Teller, Steaks, echtes Rindfleisch, unbezahlbar, sie zeigten uns ihre dürren Rippen, ihre aufgetriebenen Bäuche, ihre offenen Wunden, ihre Eiterbeulen, und sie schrieen, sie schrieen vor Hunger, sie schrieen nach unseren Abfällen, der bullige Typ neben mir warf ihnen was zu, einen abgenagten Knochen, durch die elektronisch gesicherte Klappe, sie stürzen sich drauf, fielen übereinander her, schlugen sich blutig. Hahahaha, das macht Laune und Appetit, Hunger ist der beste Koch, sagten schon Opa und Oma im guten alten 20. Jahrhundert, na, ihr Klappergestelle, noch ein Stück? Kusch später
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Der letzte Detektiv: Strafkolonie (BR 1993)
Mir gings gar nicht gut, Jacobs neuer Whisky, beste Schmuggelware aus Singapur, sagte er, gestern abend hatte ich das Zeug im Casablanca getestet, ich fühlte mich wie die uralte Mumie eines uralten Pharao und ich sah auch so aus, aber den kahlköpfigen Mann, der mir in meinem Büroapartment gegenüber saß, störte das nicht, im Gegenteil. Sehr schön, zerknittert, unrasiert, Augen blutunterlaufen, Ringe drum herum, bleiben Sie so, Herr Jonas, so sind Sie genau richtig für den Job. Welchen Job? Den Sie für mich erledigen werden, Herr Jonas. Werd ich das, worum gehts denn? Sie werden meine Außenstände eintreiben, so was machen Sie doch, oder? Klar, mach ich, wenn sich nichts Besseres bietet, ich bin Detektiv, Privatdetektiv.
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Der letzte Detektiv: Ufo (BR 1993)
Er stand auf seines Daches Zinnen und schaute mit trüben Sinnen auf Babypsilon die große Stadt. Die Sicht aus meinem Fenster im 16. Stock war gut, ausnahmsweise, klar und scharf lag das nächtliche Babylon unter mir, rin riesiger Flickenteppich, im Westen die Ghettos der Reichen, in gedämpftes Goldgelb, ruhig, gediegen, grell und aufdringlich das Zentrum, das Amüsierviertel, knallbunt flackernd, strahlend weiß die geballten Hochhäuser der Wirtschaft, steif und steril, dazwischen in unregelmäßigem Hell-dunkel die nor- malen Wohnbezirke, im Südosten ein großes schwarzes Loch: das Reservat, rundum, am Horizont, die Wildnis, eine dauernde dunkle Drohung, darüber, als heller Kontrapunkt: ein Ufo, ein rotierender Diskus
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Der letzte Detektiv: Weihnachtsmärchen (BR 1995)
Sti-hille Nacht, hei-lige Nacht, Coco hat in die Hose gemacht. Altes Ferkel. Coco lacht, daß es kracht, hah ahahaha, Spaß muß sein, Kinder, aber jetzt sind wir mal ein bißchen ernst ausnahmsweise. Ich nicht. Kin-derweihnachten steht vor der Tür, das Fest der Liebe, was ist Liebe? Liebe ist nicht nur das, was die Großen nachts im Bett machen, wenn sie glauben, ihr schlaft schon. I pfui Teufel. Liebe ist Fühlen, mit-fühlen, mit den vielen armen Kindern, die keine Geschenke kriegen, mit den Kindern in der Drittwelt, die krank sind, die Hunger haben, Liebe ist Geben. Ne ne! Nehmen. Gebt, Kinder, soviel Euros, wie ihr könnt, schickt sie an mich an euren Freund Coco, den Clown mit dem goldenen Herzen, Network HoloTV Babylon
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Der letzte Detektiv: Virtuella (BR 1995)
Sie kennen das, aus hundert Romanen und tausend Filmen, der Privatdetektiv sitzt in seinem Büro, dreht Däumchen, bohrt in der Nase, plötzlich geht die Tür auf – und wer kommt rein? Richtig, eine tolle Frau, atemberaubend, geheimnisvoll, blond, angezogen wie das Titelblatt von Lifestyle. Sie sah mich an, herausfordernd, abschätzend, sie setzte sich, schlug die Glitzerbeine übereinander, vielleicht ein bißchen klein geraten, und ein bißchen ungelenk, sie war erst dreizehn. Dreizehn einhalb, hallo, wie geht es Ihnen? Gestern ging es noch, und selbst? Danke der Nachfrage, Sie sind der Detektiv? Ich bin Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv, Enkel von Sam Spade und Philip Marlowe, Spezialist für aussichtslose Fälle, für Fälle
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Der letzte Detektiv: Kopfjäger (BR 1995)
Der Klimadom war kaputt, endgültig, die Schleusen des Himmels hatten sich geöffnet. Babylon soff ab, Sint flut. Weltuntergang. Großalarm. Tatü Tata… Das Wasser stieg und stieg. Als es mir in Mund und Nase lief, wachte ich auf. Kein Wasser, keine Sintflut. Ein Traum. Aber der Alarm war noch da. Unüberhörbar. Innervierend. Sam, natürlich, Sammy, wer oder was sonst. Halts Maul. Wie spät? Drei Uhr 17 Minuten und 9 Sekunden wenns beliebt, Tatü Tata! Mitten in der Nacht machst du einen widerlichen Radau. Was ist los. Alarmstufe Rot, Genosse. Knallrot. Feuerrot. Priorität 1a. Jetzt nimm endlich ab, das Fon. Tatü Ta. Jajaja jaja. Jonas nur Jonas der letzte Detektiv, wenn Sie mich wegen irgendwelchem Pipifax geweckt haben wird
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Der letzte Detektiv: Unterwelt (BR 1995)
Ih, eine Ratte! Es war keine Ratte, es war Sam, Samobil, genauer gesagt, nach dem Kopfjägerfall hatte ich ihm gekauft, was er sich schon lange gewünscht hatte: ein Mobilitätssystem für Minicomputer, Software, Räder, Getriebe, Motor, maßgeschneidert, Sam war begeistert, Jonas weniger, ein Computer, der spricht, ist schlimm genug, ein Computer, der spricht und durch die Gegend düst, ist schlimmer, ein Computer, der spricht und düst und mit seinem Herrn fangen spielt ist das letzte. Na los, krieg mich doch krieg mich doch bin ein bißchen flotter, krieg mich doch, krieg mich doch, bin ein kleiner Otter. Du Lahmgesäß. Sofort kommst du her, Sam, bei Fuß. So nicht, denn wahrlich, Sammy ist kein Pfiffi, keine Töle, kein Hundevieh
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Der letzte Detektiv: Blackout (BR 1998)
Ich wachte auf wie jeden Morgen, soweit nichts Besonderes, aber wenn ich aufwache liege ich im Bett, nor malerweise, diesmal nicht, diesmal lag ich im Eingang eines Hauses an einer Straße, war ich schon mal auf der Straße aufgewacht? Ich konnte mich nicht erinnern, ich konnte mich an nichts erinnern, an gar nichts, ich richtete mich auf, kam auf die Beine, sah mich um. viele Fahrzeuge auf der Straße, und Menschen, Menschen über Menschen, alle in Bewegung, eifrig, zielstrebig, leicht verblödet, ich stand nur da, nicht eifrig, auch nicht zielstrebig, aber verblödet, nicht nur leicht, völlig, total, ich wußte nichts mehr, ich wußte nicht, wo ich war, nicht, wie ich hergekommen war, und vor allem nicht, wer ich war, in meinem
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Der letzte Detektiv: Drachentöter (BR 1998)
Was trägt die fashionbewußte, zeitgeistige, up-to-date Babylonierin demnächst im Ocean-Park? CamFash zeigt es Ihnen, meine Damen, schauen Sie her, Sie auch, meine Herren, sind unsere Andro-Models nicht eine wahre Augenweide? Es geht los mit Modell Franzi, ein Superbadeanzug im Stil der naughty nineties, provokant hohes Bein, unauffällig eingearbeiteter Wonderbra. 19. Oktober 2014, Kaufhaus Wunderland, Tigrisplatz, Babylon, Camelot Fashions der größte Textilkonzern in Europa, führte Bade- und Freizeitmode vor, natürlich Computer-Design, keine Haute Couture, natürlich Androidinnen, keine menschlichen Mo-dells, großer Andrang, sehr viele Frauen, viele Männer, ein paar Transis, und mitten drin Jonas. Wie das
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Der letzte Detektiv: Knochenarbeit (BR 1998)
Es war kein Treibhaus. Es war eine Terrasse. Aber sie war heiß und hell und grün, wie ein Treibhaus. Und der Mann im Rollstuhl war wie General Sternwood, uralt, halbtot, mit einem Gesicht wie eine zerknitterte Maske. Er war natürlich nicht General Sternwood, er war Senior Hector de la Serna, wir waren auch nicht in Los Angeles, sondern in der Siedlung Bon Retirdo, auf der schönen Insel Palmera im Mittelmeer, wo sogenannte Senioren aus ganz Europa auf den Tod warten wenn sie es sich leisten können, und ich war nicht Philip Marlowe. Sie sind Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv. In Babylon. Auch auf Palmera, das kann ich Ihnen versichern, hätte ich Sie sonst kommen lassen? Das hatte er, Airticket Babylon-Alicante
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Der letzte Detektiv: Invasion (BR 1998)
Ich hätte nicht aus der Mine fliehen sollen, Herr Jonas, das ist mir klar, ich hätte nicht nach Babylon komm en sollen, aber ich mußte einfach, ich mußte wissen, was mit meinem kleinen Bruno ist, ob er die Invasion überlebt hat. Die was? Die Invasion, die Aliens, die aus dem Weltraum gekommen sind, in ihren Raum-kreuzern, die hier alles kaputtgeschossen haben. Haben sie das? Ja, dann sind sie gelandet und haben die Erde besetzt, aber das wissen Sie doch so gut wie ich, Herr Jonas. Da bin ich mir nicht so sicher. Sie war nicht mein Typ. Sehr groß, grob, unschön, trotzdem wimmelte ich sie nicht ab, als sie sich zu mir setzte, im Casablanca, ich hörte ihr zu, warum weiß ich nicht, vielleicht hatte ich eine Vorahnung, sie hieß Lili, sagte
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Der letzte Detektiv: Traumschiff (BR 2001)
Sechs Uhr zehn, die Sonne ging auf über Babylon, das stand im Kalender, zu sehen war es nicht, seit Mon aten streikten die städtischen Putzbrigaden, der Klimadom war dicht, total verdreckt, darunter taten 20 Millionen Babylonier das, was sie immer taten: standen auf, gingen schlafen, liefen herum, gingen arbeiten, brachten sich um, machten Liebe, machten gar nichts, machten weiter, der 21. September 2015, ein Tag wie jeder andere, nicht für Sam, heute war sein Geburtstag, sagte er. Hey, heute ist mein Geburts tag, jawoll, der Tag des Herrn, der Tag des Herrn Samuel, happy birthday to me, happy birthday to me… Quatsch, Computer haben keinen Geburtstag. Ach? Und wo, so frage ich euer Ehren, gezielt, dezidiert und
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Der letzte Detektiv: Totentanz (BR 2001)
Noch ein Bier, Gringo? Immer mit der Ruhe, ich hab ja noch was. Hör zu, Gringo, du sitzt jetzt schon zwei Stunden vor einem Bier, bei solchen Gästen geh ich Pleite, hau ab, Gringo, verpiß dich. Der Wirt erinnerte mich sehr an seinen Kollegen Jakob vom Casablanca, genauso umgänglich, genauso liebenswürdig, erstaunlich, wo die beiden doch viele tausend Kilometer auseinander waren, die Cantina saluti pesetas stand nicht in Babylon, sondern in Puerto Porco im freundlichen Ländchen Costaguana in Südamerika, Sa m sagte Costamerda, er war nämlich der Landessprache mächtig, und fand es hier genauso schön wie sein Herr. Sammy will nach Hause. Jonas auch, Sam, ich werd dich wohl verkaufen müssen. Verkaufen? Hör
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Der letzte Detektiv: Wildwest (BR 2001)
Als das in Babylon erfolgreichste und beliebteste Holoformat des vergangenen Jahres hat sich noch vor Schwarze Dahlie, der Serienmörder der Woche die von Supermedia produzierte Kain-und-Abel-Show erwiesen, eine schlichte Grundidee: fünf Freiwillige werden zusammengesperrt und eliminieren sich gegenseitig, bis nur noch eine Person übrig bleibt, und eine aufwendige Produktion in wechselnden Szenarien, erwähnt seien hier nur die römischen Gladiatorenspiele im Amphitheater, der Wüstenplanet oder die Schlacht von Stalingrad, diese Mischung kam offenbar an, damit hat wieder einmal Supermedia den begehrten Big Brother gewonnen. Glückwunsch, Beringer, das war doch Ihre Idee, die Kain-und-Abel
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Der letzte Detektiv: Mafia (BR 2001)
Abends war ich im Casablanca gewesen, allein, ich hatte an Jamaro gedacht, kein Wunder, daß ich in der Nacht von ihr träumte, ein erotischer Traum wars leider nicht, außer vielleicht für einen Bondage-Fan, Jonas ist keiner. Hilf mir, Jonas, sie haben mich gefangen, die Russen und ihr schwarzer Teufel, im Aero-port, zuviel Technik, ich war nicht stark genug, und jetzt halten sie mich fest, fefesselt, unter Drogen, du mußt mir helfen, Jonas. Jamaro, indianische Medizinfrau, Schamanin, vor einem halben Jahr waren wir uns begegnet, drüben, in Costaguana, die Totentanz-Geschichte, wir waren uns nahegekommen, sehr nahe, bis Jonas nach Babylon zurückflog. Jamaro blieb dem Mörder ihres Stammes auf den Fersen, dem schwarz
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Der letzte Detektiv: Comeback (Kanzlei Dr. Bahr 2008)
Die Mitternacht zog näher schon in stummer Ruh lag Babylon. In stummer Ruh, nimm dir ein Beispiel dran Sammy, und was heißt Mitternacht, es ist fünf nach 8, früher Morgen. Das war nicht die Zeitansage, du Banane äh Banause, das war Pöesie, Poesie, Dichtkunst, du verstehen. Sam, mein Computer, ein Sonder-modell, besonders verbal, extrem verbal, er kann seine Klappe nicht halten, auch wenn er keine hat, er nervt, andererseits, was wäre mein Leben ohne Sam, entspannter, ruhiger, und viel viel uninteressanter, wer will das schon? Belsatzar von Heinrich Heine, ein unsterbliches Meisterwerk, Jehova, dir künd ich auf ewig Hohn, ich bin der König von Babylon. Schluß mit dem Knattergemine, geh ans Fon. Oh da bemüht
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Der letzte Detektiv: Abgesang (Kanzlei Dr. Bahr 2008)
Sie war jünger als ich, um die 40, dunkles Haar, dunkle Augen, eine wohlgefällige Figur in einem dieser Outfits, die nach nichts aussehen und mehr kosten als ein Detektiv im Monat verdient, in meinem schäbigen Büroapartment wirkte sie wie ein Kirschblütenzweig in einer alten Bierflasche. Mein Name ist Judith. Judith? Sie sehen mich an, als ob Sie mich kennen, kenne ich Sie? Sie hieß Judith, und so sah sie auch aus. Was war das? Eine Halluzination? Dejavu Monsignore. Deschawas? Ach vergiß es. Dabei hatte er so mies angefangen, dieser 1. Mai 2017. Der Geburtstag eines gewissen Detektivs. Ich war früh geweckt worden. Im Prinzip keine schlechte Sache, weil ich böse geträumt hatte. Ich war draußen, in PH 1, kroch durch Röh
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Michael Koser: Cocktail für Zwei:
Kongo King Blue (DLR 1998)
Wenn ich die frühe Karriere unseres Glücksritterduos Felix und Cora Revue passieren lasse, ihre ersten Unternehmungen in Rußland und London, das Berliner Tangoabenteuer, den Coup in Monte-Carlo, die Affäre um den Hohenzollernhort, dann frage ich mich, womit fange ich an, mit dem Anfang natürlich, sagt der chronikalisch korrekte Pedant, so gehört es sich, so muß es sein, wirklich, die zwanziger Jahre in denen unsere Geschichten spielen, waren alles mögliche, golden, schmutzig, wild, mondän, krisenhaft, glorreich, schrill, pedantisch und korrekt waren sie nie, ich glaube ich beginne mit dem Abenteuer an der Riviera, bl-aues Meer und Sonnenschein, Kinostars, Luxus, großes Geld und große Gauner, der ideale Einstieg in die
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Tango Berlin (DLR 1998)
Als das Jahr 1920 sich dem Ende zuneigte, als die Tage kürzer und kälter, die Nächte länger und heißer wurden, schüttelte ganz Berlin sich im Shimmyfieber, ganz Berlin nein, im vornehmen Hotel Kaiserhof trotz te das Orchester dem Zeitgeist und spielte weiterhin Tango, zur Freude eines erlesenen Publikums, es war Hochsaison, Sonntag, der 10. Oktober 1920, mitten in der Nacht. Eben hab ich etwas Hochinteressantes gehört, Freund Felix. Von wem, teuerste Cora. Von dem kleinen kravonischen Botschaftsattache, mit dem ich gerade getanzt habe, der mit den breiten Schultern und den schönen schwarzen Haaren. Und dem Hohl raum darunter. Mag sein, aber die Fassade ist imposant, das müssen sie zugeben. Was haben Sie denn nun
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Kaiserpunsch (DLR 1998)
An einem schönen Sommerabend im Jahr der großen Hitze, präziser am Donnerstag, dem 11. August 1921 gegen 9 Uhr, ritt ein elegantes Paar auf zwei eleganten Brauen über den einsamen Strand des eleganten Badeorts Schevenig, es war noch sehr warm, die Dämmerung hatte soeben erst eingesetzt und die Reiter, die man in ihrem eleganten Hotel kannte als Sir Mortimer und Lady Gwendolyn Grenfellpetinkton waren auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Was vermissen Sie, Freund Felix. Das Salz in der Suppe, Spann ung, Gefahr, Risiko, Abenteuer. Das exquisite Gefühl auf dem Drahtseil über dem Löwenkäfig Tango zu tanzen. Genau das, teuerste Cora, für eine geruhsame Existenz in Filzpantoffeln sind Felix und Co nicht ge
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Bloody Mary (DLR 1998)
Bisher meine Damen und Herren haben Sie mit mir Felix und Cora an die CotedAzur begleitet, nach Berlin und zum Versteck des Hohenzollernhorts, jetzt wird es Zeit, zu den Ursprüngen zurückzukehren, als alles begann, es war einmal ein Krieg, ein Weltkrieg, er sollte der letzte sein und war doch nur der erste, in die sem Krieg gab es einen Offizier der Felix hieß und zum Geheimdienst seines Landes gehörte und es gab auf der Gegenseite eine Spionin namens Cora, nun geschah es, daß beide sich trafen und aus Feinden zu Freun den wurden, da sie der Ansicht waren, für einen frühen Tod seien sie viel zu schade, verließen sie die Front unter Mitnahme erheblicher Summen die nicht ihnen gehörten sondern ihren jeweiligen Generalstäben und
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Eiffel sour (DLR 1999)
Das Jahr 1922 war angebrochen und die Welt drehte sich immer schneller, Landru der schwarzbärtige Frauenmörder verlor Bart und Kopf, mit großem Getöse tagte zu Genua eine internationale Konferenz, die die Weltwirtschaft sanieren sollte, ein gewisser Josef Stalin wurde Generalsekretär der kommunistischen Partei Rußlands, der französische Ministerpräsident Briand mußte zurücktreten und Monsieur Poincare übernahm seinen Posten, das alles ist bekannt, das alles steht in den Geschichtsbüchern, daß der Eifelturm, das weltberühmte Wahrzeichen der Stadt Paris gestohlen wurde, das steht nicht in den Geschichtsbüchern, am Nachmittag des 9. Mai 1922 nahm diese schier unglaubliche Geschichte ihren Anfang. Von hier aus ist
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Surabaya Sling (DLR 1999)
Es war ein schöner Junitag im Jahre 1922, die Sonne strahlte als gäbe es weder Weltkriege noch Friedens- verträge, die Vögel die nichts wußten von Wirtschaftskrise und Inflation sangen aus vollem Hals und durch die von keiner Erhebung beeinträchtigte Plattheit der norddeutschen Tiefebene dampfe behäbig ein Bum-melzug, sofern er nicht, wie es sich des öfteren als unumgänglich erwies, in einem der zahlreichen kleinen Bahnhöfe eine Verschnaufpause einlegte. Willsum hier Willsum, beim aus und einsteigen beeilen bitte. Was für ein Nest, teuerste Cora, so winzig, so ruhig, so ganz und gar uninteressant. Glauben sie Felix, je kleiner die Laus, desto fetter der Schmaus. Oh kravonisches Sprichwort. Ganz recht, hätten sie nicht Lust, diesem
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Germanengold (DLR 1999)
Wir sind von Kopf bis Fuß auf Wagner eingestellt, denn das ist unsere Welt und sonst gar nichts. Heil dir Holde. Heil dir Held Herman. Was gibts zu schmausen. Semmeln, Wurst, Käse, Eier, wie immer. Trefflich, trefflich, schenk ein den Kaffee aus keramischer Kanne, schweig stille Loki du arger Wicht. Pst gleich krie-gst ein Wursti. Herman der Cherusker und Thusnelda saßen am Frühstückstisch, dieser stand in der Villa Walhall und diese wiederum stand an der Poschingerstr. im vornehmen Münchner Stadtteil Bogenhausen, eigentlic h hieß Herman Alois Wichtel und so sah er auch aus, trotz seiner wenig imposanten Statur, seiner auswärts gebogenen Knie, seiner spärlichen mausblonden Haare hielt er sich für die leibhaftige Wiedergeb
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Titanic Smash (DLR 1999)
Titanic, alle reden immer nur von der Titanic dabei waren es zwei zwei Schiffe. Es war vor Jahren gewesen noch während des Kriegs, in Amsterdam, Felix hielt sich incognito im neutralen Holland auf, der Grund tut nichts zur Sache, in einer finsteren Kaschemme im Hafenviertel war er mit einer gewissen wichtigen Kon-taktperson verabredet, der Mann ließ auf sich warten, er kam übrigens nie, er trieb ein Messer im Rücken in einer abgelegenen Gracht, doch dies nur nebenbei, während er wartete gab Felix einem betrunkenen See mann einen Ginebra aus, und der revanchierte sich mit einer höchst erstaunlichen Geschichte. Zwei Schiffe zwei Schwestern, fast Zwillinge, erst die Olympic, dann die Titanic, eine sah aus wie die andere, darum ist
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Michael Koser: Sonstige Hörspiele:
Einmal Utopia – hin und zurück (RIAS 1970) (nach Robert Sheckley: A Ticket to Tranai)
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Kein Job mehr für die Roboter (RIAS 1970) (nach Brian Aldiss: But who can replace a man)
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Reservat. There are no Truths outside the Gates of Eden (RIAS/SWF 1970) (Werkstatt des Hörspiels)
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Tote singen nicht (Kriminalparodie auf Raymond Chandler) (RIAS/SWF 1971)
Das Haus war der gemeinsame Alptraum eines größenwahnsinnigen Architekten und eines Bauherrn, der zuviel Geld hatte, eine unwahrscheinliche Kreuzung aus gotischem Palazzo, maurischer Kathedrale und griechischem Eiscreme, aber ich war ja nicht hier, um den Geschmack der oberen Zehntausend zu be-urteilen, Mister Waterson ließ mich warten, er konnte sich das leisten, er hatte eine Empfangshalle so groß wie das Landedeck eines Flugzeugträgers, einen fast echten englischen Butler, den er wahrscheinlich auf einer Antiquitätenmesse ersteigert hatte, und mehr Dollars als die übrige Stadt zusammen und ich war bloß ein kleiner Fisch, mein Auto war drei Jahre alt, mein Anzug war auch, und mein letzter Kontoauszug war
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John Bomb jagt Dr. Pop (Kriminalparodie auf Ian Fleming) (SWF/RIAS 1971)
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Was hilft gegen Vampire? (RIAS 1972)
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Zwei Messer stecken, ach, in einer Brust (RIAS 1972) (Ein Werwolf-Hörspiel)
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Der geheimnisvolle Fall der Weihnachtsgans (RIAS 1972) (nach Arthur C. Doyle: Sherlock Holmes, Der blaue Karfunkel)
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Ach und Krach (RIAS 1973)
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Müllschlucker (SWF 1973)
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Verfahren (Ein Denk-Spiel über Autos) (RIAS 1973)
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Yeti in Dichtung und Wahrheit (RIAS 1973)
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Dies Blutbild ist bezaubernd schön (Ein Vampir-Hörspiel) (RIAS 1973)
Amsterdam, 17. Mai, 6 Uhr 15, in einer halben Stunde wird Prof. Vandenburg bei mir erscheinen, der international angesehene Experte auf dem Gebiet der okkulten Wissenschaften, er hat versprochen, mir meinen ersten Vampir vorzuführen, ich bin gespannt. Wir sind da, Vorsicht, das ist der Sarkophag, fassen Sie mit an, der Deckel ist schwer, sie haben doch das Kruzifix bei sich und den Knoblauch. Natürlich, im Sarg liegt ein älterer Mann, er wirkt entspannt, ruhig, als ob er schläft, ich habe das Gefühl, daß er mich durch die Wimpern hindurch beobachtet, seine Gesichtsfarbe ist ich würde sagen ausgesprochen gesund, die Lippen nein das ist geronnenes Blut in den Mundwinkeln, und dann zwei dunkle Linien bis zum Kinn
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Von rechts nach links: Super Tarzan Special Agent Love Story Space Captain Lonesome Gun (Ein utopisches Hörspiel) (RIAS 1974)
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Heil im Siegerkranz – Satire auf den Geist der Gründer (RIAS 1975)
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Jahrmarkt der Vergangenheit. Heute war’s – Satire auf das Gestern von morgen (RIAS 1975)
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Ping-Pong zur Ming-Zeit (Erotische Erzählung aus dem alten China) (RIAS 1977)
Kennen Sie Kung Fu, kennen Sie Mao Tse Tung, aber kennen Sie auch Ming Ping Pong? Ming Ping Pong ist kurz gesagt nichts anderes als eine Abkürzung bzw. Kurzfassung des Titels dieser unserer Sendung, welcher in voller Länge lautet wie folgt: Ping-Pong zur Ming-Zeit, erotische Erzählungen aus dem alten China. Das Manuskript schrieb Michael Koser. Aber was, werden Sie nun fragen ist Ping Pong zur Mingzeit, eigentlich um ganz ehrlich zu sein, nur der etwas reißerische Titel für eine Sendung über einen wichtigen Abschnitt der chinesischen Literaturgeschichte, mit Körperkultur oder gar Leistungssport hat unser Thema höchstens im übertragenen Sinne zu tun… Steht und fällt mit dem Text, dem Wort. Fönis war
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Loch Ness (RIAS 1977)
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Ufos (RIAS 1978)
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Das Geheimnis von Craven-Hall (RIAS 1978) (nach Catherine Louisa Pirkis: The Murder at Troyte’s Hill)
Versetzen Sie sich nun im Geiste zurück, um ein gutes dreiviertel Jahrhundert, in die Zeit der Gas-beleuchtung und der Pferdedroschken und folgen sie mir in das Gerichtsgebäude einer kleinen englischen Stadt, wo gerade eine Totenschau abgehalten wird, ein Mord hat stattgefunden. Und dann sahen Sie die Leiche. Jawohl euer Ehren, ich erblickte den dahingeschiedenen in seinem Blute liegen, inmitten dieser chaotischen Umgebung, es war abscheulich, wenn ich mir diesen starken Ausdruck gestatten darf. So, und was taten Sie dann? Ich sagte oh! Oh? Jawohl euer Ehren, oh, ich erinnere mich genau. Und dann? Äh, dann dachte ich nach. In der Tat, und? Ich äh ich dachte also nach, etwa 2 Minuten, würde ich sagen, dann
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Die Iden des März (RIAS 1981) (Carl Martell: Report vor Ort – Sensationen von gestern für Leute von heute)
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Die Wikinger in Vinland (RIAS 1981) (Carl Martell: Report vor Ort – Sensationen von gestern für Leute von heute)
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Schmetterling mit Hakenkreuzen (BR 1981) (nach Philip K. Dick: The man in the high castle)
Tschuang Tse träumt, er sei ein Schmetterling, er fliegt dahin, flattert mit den Flügeln und freut sich, plötzlich wacht er auf und erkennt, er sei Tschuang Tse, ist er nun Tschuang Tse, der träumte, er sei ein Schmetterling, oder ist er ein Schmetterling, der träumt er sei Tschuang Tse, ahaha, wer kann das sagen, ich bin Melville Abendsen, geboren 1918, als der erste Weltkrieg zu Ende ging, im zweiten Soldat, Guadalcanal, Medan, Guam, bei Iwojima verwundet, Besatzer auf Okinawa bis 1946, ich bin Schriftsteller, ich schreibe Science Fiction, ich, äh habe eine Idee im Kopf, eine Geschichte, die nicht in der Zukunft spielt, die gegenwärtig ist, zeitgenössisch und doch nicht von dieser unserer Zeit, ich will gewissermaßen
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Zwei Leichen im Orient-Express (nicht gesendet, profvandusen.com)
Guten Morgen, Professor, wachet auf, wachet auf, es krähte der Hahn, Morgenstunde hat bekanntlich Gold im Munde. Wie spät? Sieben Uhr durch, Professor, und die Sonne scheint. So, geben Sie mir mein Notiz-buch. Sagten Sie Notizbuch? Ja doch, gestern abend, kurz vor dem Einschlafen, hatte ich einen höchst interessanten Gedanken im Zusammenhang mit meiner atomaren Strukturtheorie, von der Sie ohnehin nichts verstehen, da, auf der Ablage, etwas schneller, wenn ich bitten darf. Bitte sehr, Professor. Fällt Ihnen nichts auf, Professor? Nein. Und heute nacht haben Sie auch nichts gemerkt? Wie Sie wissen, mein lieber Hatch, erfreue ich mich eines gesegneten Schlafes, auch auf Reisen, was ist geschehen? Sehen Sie
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Das schaudererregende Abenteuer im Orient-Express (WDR 1982)
Guten Morgen Homes, früh im Bett und früh heraus glaube mir das zahlt sich aus. Was ist die Uhr. Präzise 7 mein lieber Homes und die Sonne scheint. So geben sie mir mein Spritzbesteck. Aber Homes sie haben do ch versprochen. Verschonen sie mich mit ihren spießbürgerlichen Moralpredigten was wissen sie schon da von wie sehr ich meine 7%Lösung brauche, da auf der Ablage, nun geben sie schon her. Wenn sie darauf bestehen. Ja. Fällt ihnen nichts auf Homes. Nein. Und heute nicht haben sie auch nichts gemerkt. Wissen Sie mein lieber Watts ich erfreue mich selbst auf Reisen eines passablen Schlafes, was ist geschehen. Werf en Sie einen Blick aus dem Fenster. Ah wir stehen. Sehr scharfsinnig, 7 Uhr, sollten wir nicht schon seit Stu
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Im Wald, da sind die Räuber (RIAS 1982) (Carl Martell: Report vor Ort – Sensationen von gestern für Leute von heute)
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Festgemauert in der Erden (RIAS 1982) (Carl Martell: Report vor Ort – Sensationen von gestern für Leute von heute)
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Die lange Nacht des jungen Werthers (RIAS 1982) (Michael Koser: Report vor Ort – Sensationen von gestern für Leute von heute)
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Der Weltuntergang findet nicht statt (RIAS 1982) (Carl Martell: Report vor Ort – Sensationen von gestern für Leute von heute)
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Als die Römer frech geworden (RIAS 1983) (Carl Martell: Report vor Ort – Sensationen von gestern für Leute von heute)
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Film Noir (DLR 2000)
Keine Fotos, keine Fotos, bitte, keine Kameras, lassen Sie den Mann doch in Ruhe, und keine Fotos, hören Sie bitte auf zu fotografieren, machen Sie Platz… Als ich Malibu Beach erreichte, war der Regen noch stärker geworden, Blitze zuckten über den Nachthimmel wie der Widerschein fernen Artilleriefeuers, ich hielt, fünf Minuten vor Elf, ich war pünktlich, die Straße war leer, bis auf einen einsamen Buick weiter vorn an der Biegung, unter einer windgeschüttelten Palme, und bis auf Arnolds Cadillac natürlich, er hockte vor dem Strandhaus wie eine riesige Kröte, ich hätte in guter Stimmung sein sollen, aber mein Gemüt war fast so dunkel wie der Himmel, Schatten der Vergangenheit oder eine Vorahnung an diesem verregneten Abend
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Die Alzheimergang (DLR 2002)
Ich soll die Story erzählen, das haben Garbo und Harald und Hildchen so beschlossen, ich weiß nicht wie ich das finde, klar ich gehör auch zur Alzheimergang, bloß irgendwie doch nicht so ganz richtig, weil ich bin erst 19 und Alzheimer ist noch weit hoffe ich mal, aber wenn die anderen unbedingt wollen, okay. Hören Sie sich das mal an: gerade im Bereich der Seniorenpolitik, sagte Dr. Waldhorn, muß sich sehr viel ändern, unseren älteren Mitbürgern, sagen wir es doch ganz deutlich, geht es zu gut. Was zu gut? Ja. Der spinnt, der Waldhorn. Och, vielleicht hat seine Mutter ja recht. Der Sie immer die Karten legen, Hildchen, ja, und was sagt die alte Isolde Waldhorn. Sie sagt, ihr Sohn sei ein, entschuldigen Sie den Ausdruck, ein
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Die Schule der Glücksritter (DLR 2004)
Pittsburgh, hier Pittsburgh. Der Pennsylvania Special rollte gerade ein, als ich den Bahnsteig betrat, ich fror ohne Hut und Mantel, der Schneeregen der Dezembernacht hatte mich durchnäßt, die Tasche war so schwer und ich wurde verfolgt, während ich am Zug entlang hastete, sah ich mich um, da kamen sie, zwei große Männer in dunklen Mänteln und klobigen Schuhen, in Panik stieg ich in den nächsten Wagen, ein Pullmansalon mit Privatabteilen und lief den Gang entlang, fängt ja gut an das neue Leben, dachte ich, plötzlich öffnete sich die Tür neben mir, eine Hand packte mich, zog mich ins Abteil. Legen Sie sich ins Bett schnell. Meine Tasche. Die verstecken wir unterm Bett, cava unter die Decke Mademoiselle wickeln sie sich
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Hörspielarchiv im Internet: https://hoerspiele.dra.de/
Jonas. Nur Jonas. Und Sam.
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Abgesang
Jonas: Sie war jünger als ich. Um die 40. Dunkles Haar. Dunkle Augen. Eine wohlgefällige Figur in einem dieser Outfits, die nach nichts aussehen und mehr kosten, als ein Detektiv im Monat verdient. In meinem schäbigen Büroapartment wirkte sie wie ein Kirschblütenzweig in einer alten Bierflasche.
Judith 2: Mein Name ist Judith.
Jonas: Judith?
Judith 2: Sie sehen mich an, als ob Sie mich kennen. Kenne ich Sie?
Jonas: Sie hieß Judith, und so sah sie auch aus. Was war das? Eine Halluzination?
Sam: Dejavu, Monsignore.
Jonas: Deschawas?
Sam: Ach vergiß es.
Jonas: Dabei hatte er so mies angefangen, dieser 1. Mai 2017. Der Geburtstag eines gewissen Detektivs. Ich war früh geweckt worden. Im Prinzip keine schlechte Sache, weil ich böse geträumt hatte. Ich war draußen, in PH 1, kroch durch Röhren, stand auf dem blutigen Dach, 600 m hoch, saß in einer überfüllten Kneipe, versoff meine Gutscheine. Ein Proll unter vielen. Das Leben war vorbei. Erinnerung. Oder Zukunftsvision? Gestern hatte das Amt für freie Berufe mich erinnert, daß ich nur noch zwei Monate Zeit hatte, einige tausend Euro zu verdienen, ansonsten drohte Ausweisung aus Babylon, in die Prekariats-Heimstatt. Das war kein Albtraum.
Sam: Happy birthday, lieber Jonas, happy birthday to you.
Jonas: Du mich auch, Sammy.
Sam: 50 Jahre sind es wert, daß man ihn besonders ehrt. Er lebe hoch, höher, am höchsten.
Jonas: 50. Auch das noch. Ist doch kein Alter für einen Detektiv. 30 OK, 40 geht noch. Fit und erfahren, eingedellt, Narben an Körper und Seele, oder 70 von mir aus, keine Exen mehr, dafür Kopfarbeit auf dem Sofa. Altersweise. Aber 50?
Sam: Hörst du das Fon, welch lieblicher Ton, ein Glückwunsch.
Jonas: Es war kein Glückwunsch, es war die Kündigung. Mein Viertel wurde saniert, mein Haus abgerissen. In einem Monat mußte ich raus aus meinem Büroapartment. Das Casablanca war schon seit Wochen geschlossen.
Sam: Und nun gerade: Happy Birthday!
Jonas: Halt die Backen, Sammy. Nachrichten.
Sam: Jawohl. Euer Wunsch o Herr sei mir Befehl.
Nachrichtensprecher: Im Sicherheitsrat der UN. Bekanntlich beansprucht China jedes chinesische Restaurant, wo immer es sich befindet, als Hoheitsgebiet, inklusive einer…
Jonas: Weiter.
Nachrichtensprecher: Unruhen in PH 1, die durch energisches Eingreifen der Grenztruppen beendet wurden. Die genaue Zahl der Toten und Verletzten ist nicht bekannt. Wie…
Jonas: Weiter.
Nachrichtensprecher: Hat sich trotz Bemühungen der Aktion Lebensabend die Zahl hilfsbedürftiger Senioren weiter alarmierend erhöht. Und nun zum Wetter. Babylon registriert heute den 209. Regentag in Folge. Damit sind wir vom Rekord des Jahres 2014 nur noch 20 Tage…
Jonas: Na wunderbar. Dauerregen. 50. Geburtstag. Kündigung. PH 1. Graue Gegenwart. Schwarze Zukunft. Jonas steckte voll drin, im Babylon Blues. Aber dann kam sie. Judith. Nicht meine Judith. Nicht Judith Delgado. Natürlich nicht. Judith Delgado war seit 5 Jahren tot. Aber sie hieß Judith. Und sie sah aus wie Judith Delgado. Es war doch nicht alles mies, dachte ich. Doch dann sagte sie mir, wohin sie mich schicken wollte.
Judith 2: Ins Niemandsland.
Jonas: Will ich nicht. Mach ich nicht.
Judith 2: Sie müssen, Herr Jonas. Es geht um Nicolas, meinen Mann. Nicolas Toulemonde, Vizebischof der apostolischen Kirche.
Sam: Vize was?
Judith 2: Das ist sein Beruf.
Jonas: Halt den Rand, Sam. Hochanständiger Job.
Judith 2: Gewiß, aber auch, wie soll ich mich ausdrücken, vorhersehbar. Langweilig. Und darum unternimmt Nicolas zum Ausgleich Abenteuerreisen.
Jonas: Ins Niemandsland.
Judith 2: Vor einer Woche ist er aufgebrochen.
Jonas: Ohne Sie?
Judith 2: Er fährt immer allein. Ich mache mir nichts aus Strapazen, aus Hunger und Durst und Blasen an den Füßen.
Jonas: Sehr vernünftig. Ihr Mann ist also ins Niemandsland aufgebrochen, wann genau.
Judith 2: Am 24. April. Morgens. Am Abend hat er sich kurz gemeldet über Satellitenfon. Gut angekommen, alles in Ordnung.
Jonas: Angekommen, wo?
Judith 2: In Besalam. Zwischen Wildnis und Niemandsland, wo die Abenteuerkarawanen starten.
Jonas: So. Und dann?
Judith 2: Nichts mehr. Kein Anruf, keine Nachricht. Bis gestern.
Jonas: Haben Sie nicht versucht, ihn anzurufen.
Judith 2: Ja natürlich, immer wieder hab ich’s versucht, aber ich hab nicht mal seine Mailbox erreicht. Ja, und dann kam gestern nachmittag dieser Anruf.
Jonas: Von ihrem Mann.
Judith 2: Von seinem Fon. Aber es war nicht Nicolas. Ein Fremder. Mit Drittweltakzent. Er gehört zu den Freiheitskämpfern des Orients. Hat er gesagt.
Jonas: Freiheitskämpfer des Orients. Nie gehört.
Judith 2: Ich habe das Gespräch selbstverständlich aufgenommen.
Kidnapper: Wir Freiheitskämpfer haben gefangen Bischof Toulemonde, wenn wir nicht bekommen drei Millionen Euro in Diamanten als Spende für Freiheitskampf wir werden töten Bischof Toulemonde.
Judith 2: Drei Millionen. Wann und wie soll ich…
Kidnapper: Planquadrat SW 170-2. Dort in Wüste großer roter Felsen, sieht aus wie Kamel. An diese Felsen wir warten Spende bis 4. Mai abend. Wenn Sonne untergeht und Diamante nicht da, wir werden zerschneiden Bischof und verteilen in Wüste. Verstanden.
Judith 2: Ja, aber…
Judith 2: Aufgelegt. Ich war geschockt, das werden sie verstehen, Herr Jonas.
Jonas: Sehr erschüttert schien sie allerdings nicht zu sein. Aber vielleicht war das Charakterstärke und Beherrschung. Alle Judiths sind starke Frauen.
Judith 2: Als ich mich ein bißchen beruhigt hatte, rief ich die Firma an, die Nicolas Reise organisiert hat.
Jonas: Name?
Judith 2: Extrem. Der ultimative Kick.
Jonas: Adresse?
Judith 2: Markgrafenboulevard 727.
Jonas: Was haben Sie erfahren.
Judith 2: Nichts. Der zuständige Sachbearbeiter hatte keine Ahnung. Er wollte sich schlau machen und mich dann zurückrufen.
Jonas: Hat er?
Judith 2: Bis jetzt nicht. Dann dachte ich an die Polizei.
Sam: Ha, die Bullen? Kannst du vergessen, Schwester.
Judith 2: Was ist das?
Jonas: Mein Computer. Sam. Redet viel, weiß dummes Zeug.
Sam: Nanana.
Jonas: Aber ab und zu hat er recht. Draußen im Niemandsland ist die babylonische Polizei machtlos.
Judith 2: Das hat mir Chefinspektor Brock auch gesagt.
Jonas: Sieh an, wir kennen Brock, was Sammy?
Sam: Ja, gewiß doch euer Gnaden. Hat der gute Chefinspektor nicht des öfteren in unseren Fällen figuriert, hmh?
Judith 2: Brock hat mir geraten, mich an Sie zu wenden, Herr Jonas, Sie könnten das Lösegeld überbringen, sie kennen das Niemandsland, hat er gesagt, sie waren schon mehrmals da.
Jonas: Dreimal. Und ich habe keine schönen Erinnerungen an die Trips. Beim letzten Mal war’s am schlimmsten.
Sam: Fall Invasion, o Grödaz.
Jonas: Grödaz?
Sam: Ja, Grödaz. Größter Detektiv aller Zeiten. Dummie. Juni 2015.
Jonas: Das reicht mir. Noch mal muß ich da nicht hin.
Judith 2: O doch Sie müssen, Herr Jonas, weil ich Sie darum bitte. Außerdem zahle ich. 5 Prozent vom Lösegeld.
Sam: Fünf Prozent… sind 15.000 Euro.
Jonas: 150.000 du Dödel.
Sam: Siehst du, ein erkleckliches Sümmchen, Herr Rechnungsrat. Statuserhaltend gewissermaßen. Umzugsverhindernd.
Judith 2: Was meint er?
Jonas: Ah, nicht so wichtig.
Sam: Importane.
Judith 2: Brock hat noch mehr gesagt, Herr Jonas. Sie sind ein anständiger Mensch, und für den Job ist keiner so geeignet wie sie.
Sam: Ja das stimmt, ja ja ja.
Jonas: Mußte Jonas wirklich nochmals ins Niemandsland. Nur weil seine Auftraggeberin Judith hieß und aussah wie Judith Delgado, die erste und einzige Liebe eines älteren Detektivs. Vielleicht.
Jonas: Ich werde darüber nachdenken und sie anrufen, heute noch, nachdem wir ein paar Nachforschungen angestellt haben. Sammy und ich.
Judith 2: Danke, Herr Jonas.
Sam: Ja, denn wie spricht der weise Bosequo? Vorsicht ist der weibliche Elternteil des Keramikbehälters.
Jonas: Oder so ähnlich. Judith ging, und Jonas scheuchte Sam durch alle Datenbanken, zugängliche und weniger zugängliche. Ergebnis:
Sam: Sie ist echt, unsere JuTou.
Jonas: Wer?
Sam: JuTou. Kurz und prägnant für Judith Toulemonde, oder auch Judith zwo.
Jonas: Es gibt sie also wirklich.
Sam: Ja, die Dame ist astrein, Herr Oberförster, wie auch ihr Ehegespons, Nicolas Toulemonde, Vize der apostolischen Kirche, hochangesehene Bürger Babylons beide und betucht, ja, Haus im Golden Ghetto, höchster Sozialstatus.
Jonas: Schön für sie. Es wurde Zeit für einen Ausflug zum noblen Markgrafenboulevard, wo eine ganze Etage in einem noblen Hochhaus von der Firma Extrem belegt war. Ein gertenschlanker türkisgelockter Jüngling ließ sich herab, Jonas zu empfangen. Nösel hieß er. So stand es auf dem Schild an seinem lavendelfarbenen Armanijäckchen. Er musterte mich wie ein Angler einen alten Stiefel, der sich an seinen Haken verirrt hatte.
Nösel: Sie wollen doch wohl keine Reise bei uns buchen Herr äh… In diesem Falle gestatten sie mir den gutgemeinten Hinweis, daß die dafür erforderlichen Mittel weit über ihren Möglichkeiten liegen dürften. Wenn ich sonst noch was für sie tun kann.
Jonas: Sie können.
Nösel: Ach wirklich?
Sam: Wetten, der Typ heißt mit Vornamen Schorsch, oder Scholastikus.
Nösel: Wie meinen.
Sam: Nösel äh Schnösel. Paßt wie der Pickel auf den Arsch.
Nösel: Ich muß doch sehr bitten.
Sam: Ja dann bitten sie mal.
Jonas: Entschuldigen Sie meinen Computer, Herr äh Nösel, er ist ein wenig ungehobelt, wie sein Herr. Soll ich Ihnen ein Geständnis machen. Ich bin ein exzentrischer Milliardär, wenn man mich ärgert, werde ich grob, sehr grob, saugrob, und dann könnte ich Ihnen zum Beispiel äh einige Knöchlein in ihrem eleganten Leib zerschlagen. Strafe und Schadenersatz zahle ich aus der Westentasche.
Jonas: Er wußte nicht, ob er mir glauben sollte. Aber als vorsichtiger Mensch tat er es. Und war bereit meine Fragen zu beantworten. Ja, Vizebischof Toulemonde hatte bei Extrem eine Reise gebucht, in den besonders wilden südöstlichen Zipfel des Niemandslands, nicht weit von der Mauer. Nein, er wußte nicht, was mit dem Kunden geschehen war, auch der von Extrem gestellte Reiseleiter war verschwunden. Ja, er hatte von Frau Toulemonde erfahren, daß eine Gruppe namens Freiheitskämpfer des Orients behauptete, den Vizebischof entführt zu haben.
Nösel: Im Übrigen muß ich Sie, wie bereits auch Frau Toulemonde nachdrücklich darauf hinweisen, Herr äh, daß eine wie auch immer geartete Haftung der Firma Extrem für die Folgen unvorhergesehener unglücklicher Zwischenfälle auf den von uns vermittelten Abenteuerreisen laut Vertrag völlig ausgeschlossen ist. Dieser Ausschluß gilt selbstverständlich auch für etwaige Entführungen und vergleichbare Mißgeschicke.
Jonas: Freiheitskämpfer des Orients, kennen Sie diese Gruppe, ist sie bei früheren Extrem-Reisen schon mal in Erscheinung getreten?
Nösel: Noch nie, Herr äh… Wie kennen andere Organisationen, die Taliban, die Waffen-SS, die goldene Horde etc. die in der gleichen Branche tätig zu werden pflegen.
Jonas. Entführung und Erpressung von Lösegeld.
Nösel: Äh, ja. Dies zu verhindern zahlt Extrem besagten Gruppierungen gewisse Anerkennungshonorare.
Jonas: Schutzgelder meinen Sie.
Nösel: Wenn sie es so ausdrücken wollen, Herr äh.
Jonas: Und die rote Armee, ist die nicht auch im Niemandsland aktiv?
Nösel: Nicht mehr, Herr äh… Soweit uns bekannt ist, hat sich die rote Armee vor einem Jahr weit in den Norden, in die wilde Tundra zurückgezogen.
Jonas: Das war beruhigend. Denn die rote Armee, und speziell ihr Häuptling Generalissimus Stalin hatten mit Jonas noch ein Hühnchen zu rupfen. Das mußte nicht sein. Zu Hause rief ich Chefinspektor Brock an, um ihm ein paar Fragen zu stellen, aber das war nicht mehr möglich.
Frauenstimme: Chefinspektor Brock wurde ein Opfer des unermüdlichen Einsatzes der Sicherheitsbehörden für die Bürger Babylons. Bei einer Routine-Razzia heute Nacht im Reservat ist er aus dem Helikopter gestürzt und an den Folgen des Sturzes verstorben.
Jonas: Auch das noch. Meine Wohnung war gekündigt. Ich hatte kein Geld und keinen Sozialstatus, das Casablanca war zu. Dauerregen, 50. Geburtstag, und jetzt hatte Brock den Löffel abgegeben. Mein bester Feind. Mein einziger Freund. Wieder legte sich der Babylon-Blues über Jonas, so laut und so intensiv, als ob mir jemand Babylon unbedingt vermiesen wollte. Wie auch immer, Babylon war mir vermiest. Ich wollte raus, von mir aus sogar ins Niemandsland. Ich rief Judith an, und sagte ihr, ich würde ihren Auftrag annehmen.
Judith 2: Herr Jonas, ich bin hocherfreut.
Jonas: Den Herrn lassen Sie weg. Einfach Jonas, nur Jonas. Haben Sie das geforderte Lösegeld?
Judith 2: Kein Problem. 3 Millionen Euro in Diamanten liegen bereit.
Jonas: Dann bringe ich die Klunker für sie ins Niemandsland.
Judith 2: Nicht für mich, Jonas, mit mir. Ich komme mit.
Jonas: Haben Sie sich das gut überlegt, Judith, es wird gefährlich werden, strapaziös, vielleicht holen Sie sich sogar Blasen an den Füßen.
Judith 2: Ich bestehe darauf. Wann reisen wir ab?
Jonas: Sobald wie möglich, und das war sehr bald. Geld spielte keine Rolle. Noch am Abend flogen wir nach Bezalam. Von da ging’s am nächsten Morgen weiter auf der Erde, aber nicht zu Fuß, wir mieteten den besten Wüstentruck, der zu haben war, Kettenfahrwerk, stabile Panzerung, großer Benzinvorrat in Zusatztanks, genügend Platz für alles, was der Mensch so braucht, wenn er vorhat, tagelang durch die Wüste zu ziehen. In diesem Fall zwei Menschen. Jonas fuhr. Judith saß neben mir, sehr schön anzusehen, in ihrem Safari-Overall von Dolce & Gabana. Gelbe und rote Wüstenfarben. Das Niemandsland war so, wie ich es in Erinnerung hatte, ziemlich tot, orange und grau, dazwischen Farbtupfer, schwarz, rot, giftgrün, Ruinen, Reste, Rost, geschmolzener Sand, Felsen. Tagsüber war es heiß, und nachts kalt, so kalt, daß Judith fror und zu mir in den Schlafsack kroch. Zweiter Reisetag, 3. Mai, wir erreichten Planquadrat SW170-2. Die Strahlen der untergehenden Sonne beschienen ein seltsames Gebilde am Horizont. Einen riesigen roten Felsen, der aussah wie ein liegendes Kamel, ein länglicher Kopf auf einem ebensolchen Hals. Dann ein großer runder Höker.
Sam: Ein Höker? In diesem Falle, hochgeschätzte Kommilitonen, handelt es sich keinesfalls um ein Kamel oder auch Trampeltier, der Wissenschaft bekannt als camelus bacterianus, vielmehr um ein Dromedar, camelius dromedarius.
Judith 2: Danke für die Vorlesung, Prof. Sam.
Sam: O gern geschehen Gnädigste.
Jonas: Ich glaube kaum, daß die sog. Freiheitskämpfer auf zoologische Finessen Wert legen. Dromedar oder Kamel, dieser Felsen ist unser Ziel.
Judith 2: Wir sind also angekommen.
Sam: Hurra!
Jonas: Noch nicht ganz, gleich wird’s dunkel, wir sollten hier lagern und morgen früh weiterfahren, bei Helligkeit, damit wir sehen können, wer oder was uns erwartet.
Judith 2: Einverstanden. Halt an Jonas.
Jonas: In einer Höhle schlugen wir unser Lager auf. Nach dem Essen holte Judith eine Flasche aus ihrem Gepäck. Echt Whisky. Scotch. Old Forrester. Jonas Lieblingswhisky. Wenn er ihn kriegt, was selten genug vorkommt. Wir stießen an.
Judith 2: Auf Kamele.
Sam: Und Dromedare.
Judith 2: Auf Jonas.
Jonas: Auf Judith.
Sam: Auf Sam.
Judith 2: Auf den Erfolg unsere Mission.
Jonas: Auf den Erfolg. Der gefährlichste Teil kommt aber erst. Morgen.
Judith 2: Du hast ja so recht, Jonas, und du hast nicht die mindeste Ahnung, wie recht du hast. Trink aus.
Jonas: Ich wachte auf. Die ersten Sonnenstrahlen fielen in die Höhle. Das Feuer war ausgegangen. Mein Kopf tat weh. Mir war kalt. Kein Schlafsack. Ich kam auf die Beine, mühsam, und humpelte nach draußen. Keine Judith. Kein Wüstentruck. Kein Laserstrahler am Gürtel, und vor allem kein Sam, nicht in meiner Tasche, nicht auf dem Boden. Was war passiert? Ich sah mich um. Nur Niemandsland bis zum Horizont. Keine Bewegung. Kein Mensch. Kein Fahrzeug. Dann sah ich doch was, Kettenspuren vom Truck. Sie führten nach Osten, Richtung Kamelfelsen. Im grobkörnigen Sand gut zu erkennen. Ich ging ihnen nach. Die Spuren führten in einen Canyon. Ich folgte ihnen. Langsam. Es wurde enger. Die steilen Wänden rückten näher zusammen. Vor mir eine Kurve. Ich ging noch langsamer und spähte vorsichtig um die Ecke.
Stalin: Kiche. Jonas, galupschik, dawolowatsch, willkommen.
Jonas: Stalin.
Stalin: Bada. Generalissimus Stalin. Du überrascht, Arschloch, häh?
Jonas: Ich überrascht. Hinter der Kurve wurde der Canyon weiter. Überall Menschen, vor mir, hinter mir, über mir, zottige zerlumpte Gestalten, bewaffnet mit Keulen und Macheten. Nomaden. Hunderte, ein ganzer Stamm, Flüchtlinge aus der Drittwelt. Freaks, Mutanten, die rote Armee. So nannten sie sich. In der Menge stand unser Truck, und daneben noch ein Gefährt, eine Art gigantischer Bollerwagen, aus Holz und Metall, eine Plattform auf 6 gewaltigen Rädern. Darauf ein Blockhaus, eine Pauke mit Pauker, ein rotlackierter Thron, und auf dem Thron ein alter Bekannter.
Stalin: Du nicht gedacht Wiedersehen Generalissimus Stalin, hä? Arschloch Jonas.
Jonas: Eine unerwartete Freude, weiß Gott. Hast du dir ein neues Fahrzeug zugelegt, alter Gauner, was ist mit dem T54.
Stalin: Äh, Problem mit Tank. Immer Problem. Kein Diesel. Darum Tank verkauft.
Jonas: An wen? Wer ist denn noch blöder als ihr?
Stalin: An Stamm in Zewa, Norden. Alslutscher, Trankstinker, behandelt T54 als Gott. Nun, wir haben gebaut neue Auto.
Jonas: Ein Prachtstück. Und wie geht’s selbst, Generalissimus.
Stalin: Spazibo. Wunderbar. Täubchen. Vetterchen. Hab ich doch endlich Arschloch.
Jonas: In den zwei Jahren hatte Stalin sich kaum verändert. Er sah immer noch aus wie ein sibirischer Dorfschullehrer. Schmal, weißhaarig, Drahtbrille, grüne Schirmmütze, Russenbluse, vollgesteckt mit bunten Abzeichen und Medaillen. Zerschlissene Reithose, Stiefel, und im Kopf noch klar. Er hatte nicht vergessen, daß Jonas ihn damals reingelegt hatte.
Stalin: Was wir mit dir machen, Arschloch, hä? Eingraben in Sand, alle Rotarmisten auf dich pissen, bist du tot. Dich kochen in Kessel ganz ganz langsam und dann dich essen.
Judith 2: Ihre Wiedersehensfreude, verehrter Generalissimus, sollten sie ein wenig später Ausdruck verleihen, vorher hab ich noch mit Jonas einiges zu klären.
Stalin: Karacho.
Jonas: Judith. Sie stand auf der Plattform, direkt neben Stalins Thron. Wie eine Gefangene sah sie nicht aus. Während die Nomaden Jonas griffen und festhielten, stieg sie herunter, kam näher, und stellte sich vor mich.
Judith 2: Weißt du Jonas, die Sache war ein wenig anders geplant, aber Stalin wollte nicht warten, er ist vorgeprescht, weil er dich unbedingt allein in die Finger kriegen und nicht mit andern teilen wollte. Im Grunde kein Problem, soll Stalin dich eliminieren, meinen Auftraggebern wird das auch so recht sein.
Jonas: Deinen Auftraggebern?
Judith 2: Ahnungslos wie er noch immer ist. Richtig süß. Ich werde dir eine Geschichte erzählen, Jonas, so viel Zeit muß sein. Immerhin hast du mit mir den Schlafsack geteilt, das verdient Belohnung. Also setz dich und hör zu. Es war vor mehr als einem viertel Jahr, im Januar, da trafen sich im Club Caligari zu Babylon fünf Personen, die vieles verband, hohe Position, Macht, Reichtum. Vor allem aber der Hass auf einen Detektiv, der im Lauf der Jahre immer wieder ihre Pläne durchkreuzt hatte.
Plotz: Ich bitte um Ruhe. Die konstituierende Sitzung des Sonderkomitees Aktion Jonas ist eröffnet. Anwesend sind:
Paretzky: Dr. Sandra Paretzky, Bürgermeisterin von Babylon.
Waldorf: Astoria Waldorf, Vorstandsvorsitzende der Firma Multipharm, Leiterin der babylonischen Industrie- und Handelskammer.
Frank: Generalmajor Frank, Oberkommandierender der Geheimdienste und der Sicherheitskräfte.
Kasbek: Kasbek von der Korporation.
Plotz: Als Vertreter der sogenannten Unterwelt.
Kasbek: Bitte. Der organisierten Extralegalität.
Plotz: Wie Sie wollen. Anna Platz. BIO Global. Wir alle haben schwerwiegende Gründe gegen Jonas, den sogenannten letzten Detektiv vorzugehen.
Er ist ein Störenfried.
Krebsgeschwür.
Eine Pestbeule.
Plotz: Und nicht zu vergessen ein Kostenfaktor. Schon früher haben einzelne von uns versucht, Jonas auszuschalten, ohne Erfolg, jetzt tun wir uns zusammen, das Maß ist voll, erst vor wenigen Tagen hat Jonas eine von langer Hand vorbereitete bevölkerungspolitische Aktion des Club Caligari in PH 1 verhindert, daher ist dieses Komitee zusammengetreten, dessen Vorsitz ich übernommen habe. Denn so großen Schaden Jonas Ihnen allen zugefügt haben mag, ich Anna Plotz, sitze durch seine Schuld gelähmt im Rollstuhl und habe darum das größte Recht auf Rache.
Jonas muß weg!
Plotz: Jawohl, Jonas muß weg, Jonas muß verschwinden, Jonas muß sterben. Um dieses Ziel zu erreichen, bündeln wir unsere Ressourcen, wir sind bereit, finanzielle Opfer zu bringen, in unbegrenzter Höhe. Wir werden alle psychologischen und kreativen Kräfte, die uns zur Verfügung stehen, gegen Jonas einsetzen, sie sollen Szenarien entwerfen, die zum erfolgreichen Abschluß führen.
Abschuß.
Plotz: Sehr witzig. Jonas muß verschwinden, darin sind wir uns einig. Die Frage ist wie.
Judith 2: Es wurde diskutiert und debattiert, delegiert und konsultiert, und bald begannen sich Leitlinien und Konturen abzuzeichnen.
Also keine Falle, kein maskierter Killer im Hinterhalt, keine schnelle Kugel in den Rücken?
Nein nein nein, Jonas ist ein besonderer Gegner, und verdient einen besonderen Abgang, eine große Oper, wenn Sie so wollen, kein mickriges Tralala.
Eine elaborierte Elimination ist doch viel befriedigender, viel interessanter.
Macht mehr Spaß, meinen Sie, General.
Wie dem auch sei, die äh, Elimination sollte keinesfalls in Babylon stattfinden, hier hat Jonas ein Heimspiel, er kennt sich hat, hat überall Freunde.
Wir müssen ihn weglocken, so weit weg wie möglich.
Judith 2: Also ins Niemandsland, wo es am wildesten ist, hier, ein paar Kilometer entfernt, wartet ein Sonderkommando auf dich, Jonas. Killer der Korporation, Spezialisten vom Geheimdienst, ausgesuchte Sicherheitsexperten aus Großkonzernen, dazu als Sahnehäubchen gewissermaßen der eigens für dich aus dem hohen Norden angeforderte Generalissimus Stalin mit seiner Roten Armee.
Stalin: Dada. Wir hören, wir kommen, wir fangen Arschloch Jonas, wir machen tot Arschloch Jonas.
Judith 2: Geduld, Generalissimus, bald kriegen sie ihn und können mit ihm machen, was sie wollen, meine Geschichte ist gleich zu Ende. Über das Problem, wie Jonas ins ferne Niemandsland zu locken sei, zerbrachen sich diverse Experten, Kreative, Psychologen, Motivationsforscher, die gutbezahlten Köpfe. Schließlich schlugen sie zwei sich ergänzende Szenarien vor.
Erstens: Jonas wird psychischem Druck ausgesetzt, er wird
Weichgekocht.
In eine praktisch ausweglose Situation gebracht, sein Umfeld bricht zusammen, er verliert die Wohnung, den Sozialstatus, das Stammlokal, den Freund.
Außerdem wird er 50, am 1. Mai, das dürfte ihn zusätzlich deprimieren.
Zweifellos. Zweitens. Frau Delgado, Judith Delgado, hohe Beamtin in der Sicherheitsverwaltung, 2012 verstorben, Jonas große Liebe.
Ja, die Frau seines Lebens.
Auf den Knopf müssen wir drücken.
Wir schaffen eine zweite Judith. Eine Schauspielerin, die der Delgado ähnelt. Den Rest macht Plastiface. Wir geben ihr reale und virtuelle Existenzen.
Um die Dateien kümmere ich mich.
Diese Frau wird bei Jonas auftauchen, ihm was erzählen, er wird verwirrt sein, verliebt, womöglich, auf jeden Fall weniger argwöhnisch.
Judith 2: Wie’s weitergeht, weißt du. Es war eine interessante Aufgabe. Und daß sie jetzt zu Ende geht, tut mit fast ein bißchen leid. Generalissimus, Jonas steht zu Ihrer Verfügung.
Stalin: Konetschko. Wirklich. Dawei!
Jonas: Judith stieg in den Truck, und startete. Bevor sie losfuhr, lehnte sie sich aus dem Seitenfenster. In der linken Hand hielt sie was hoch: Sam.
Judith 2: Leb wohl, Jonas, in der kurzen Zeit, die dir noch vergönnt ist. Sag deinem Herrn Tschüß, Sammy. Und auf Nimmerwiedersehen.
Sam: Nein, o harsche Trennung, grausames Geschick. Jonas, was wird aus ihm werden, ohne Sam. Und was wird aus Sammy ohne seinen Jonas. Sind wir getrennt für immer…
Stalin: Dawei Dawei!
Jonas: Die Rotarmisten nahmen ihre Plätze ein, vorn an der Deichsel, an den Querstangen rechts und links. Jonas wurden die Hände gefesselt, dann band man ihm ein Seil um den Bauch, das andere Ende hielt Generalissimus Stalin höchstpersönlich fest.
Stalin: Wir haben gewartet auf dich, zwei Jahr, Arschloch, wir weiter warten, ein Tag, zwei Tag, dieser Platz nix gut. Nur Dawei. Kollegen. Dawei. Dawei! Jucha.
Jonas: Die Riesenräder begannen sich zu drehen, knarrend und quietschend setzte der Bollerwagen sich in Bewegung. Die Nomaden zogen und schoben aus Leibeskräften. Der Pauker paukte. Stalin hatte seinen Thron verlassen und sich hinten auf die Plattform gesetzt, um Jonas zuzusehen. Der bemühte sich Schrittzuhalten. Ab und zu zog Stalin kurz am Seil, dann schlug Jonas hin, und wenn er sich nicht schnell genug aufrappelte, wurde er über Sand und Steine geschleift, zum großen Vergnügen des Generalissimus. So verging der Tag.
Stalin: Halt! Stoi! Hier machen wir Lager. Ruh dich aus, Arschloch, freu dich, morgen machen wir dich tot, langsam, ganzen Tag. Wir haben Zeit, hahahaha.
Jonas: Nette Aussichten. Natürlich kriegte ich nichts zu essen. Den abgearbeiteten Rotarmisten ging’s kaum besser. Stalin schlug sich den Bauch voll, und legte sich dann zur Ruhe, im Blockhaus. Auch die Nomaden schliefen. Sogar die Wächter, die auf Jonas aufpassen sollten. Jonas schlief nicht, er machte sich Sorgen, außerdem hatten sie mich auf jede Menge Steine gebettet, scharfe spitze Steine. Die Nacht verging langsam, sehr langsam, plötzlich hörte ich was, an meinem linken Ohr. Ein Flüstern, das mir vorkam wie die Trompeten der Kavallerie oder ein Chor von rettenden Engeln. Dabei war es nur einer.
Sam: Erwache, mein Jonas, denn siehe, hier bin ich.
Jonas: Sam!
Sam: Ja wer denn sonst du Trantüte. Entfleucht bin ich der falschen Schlange der armen Computerklauerin. Wie gut daß ich meine Rollen dabei hatte. Gerollt bin ich durch brennendheißen Wüstensand, trotzend allen Gefahren, allen Strapazen. Bis ich ihn erreicht habe, meinen Herrn und Meister, meinen Jonas, mein ein und alles.
Jonas: Machs halblang Sam.
Sam: Nichts halblang. Jauchzet und frohlocket. Hurra. Hurra. Sam der Computer ist wieder da. Ah. Freust du dich denn gar nicht.
Jonas: Doch Sammy.
Sam: Und nun, teurer Freund, wird alles alles gut.
Jonas: Na hoffentlich. Sehr weit mußte Sam übrigens nicht durch den Wüstensand rollen, Judith traute dem Generalissimus nicht und war ihm gefolgt, nur wenige Kilometer entfernt hatte sie ihr Lager aufgeschlagen, mit dem Sonderkommando des 5er Komitees, das sie unterwegs aufgesammelt hatte.
Sam: Sie wartet ab, die schnöde Verräterin, bis mein Jonas seinen letzten Atemzug getan. Wenn hier was dazwischenkommt, greift sie ein mit ihren Spezialisten, denn vernimm, o Sultan, sie weiß haarscharf was hier abgeht, hat sie doch vor ihrem Aufbruch am gestrigen Tag eine hochsensible Minikamera ausgesetzt, und diese, o du mein ahnungsloser Engel umschwirrt dich bei Tag und in der Nacht.
Jonas: Jetzt auch.
Sam: Na klar jetzt auch.
Jonas: Dann sieht sie, daß wir miteinander reden.
Sam: Sieht und hört. Und nicht nur sie. Auch die rachsüchtigen 5 zu Babylon sind mit der Minicam verbunden, auf daß sie die Unbilden und das Ende ihres Todfeindes so recht von Herzen genießen können.
Jonas: Kannst du die Minicam abschalten Sam.
Sam: A little bit, Sir. Hier und da, ab und zu. Mit Mühe. Denn wisset: Sam hat nicht mehr all zu viel Saft.
Jonas: Das war ein Problem. Wo sollte ich hier im tiefsten Niemandsland einen Akku finden, oder eine Steckdose. Darüber mußte ich nachdenken, später. Jetzt war nur eins wichtig: von hier zu verschwinden. Sam blockierte die Minicam, mit Ächzen und Stöhnen und leisem Protest. Jonas scheuerte derweil Handfesseln und Seil durch, an Sams scharfer Kante, was seinen Protest noch verstärkte, weil es angeblich kitzelte. Und dann ab in die Büsche, die es hier natürlich nicht gab. Der Tag brach an. Jonas trabte durch die Landschaft gefolgt von der Minicam. Ich konnte sie sehen, wie ein Kolibri flatterte sie über mir, immer außer Reichweite, sie stieg und sank und kreiste, auf der Suche nach dem interessantesten Winkel, dem scharfen Bild.
Sam: Hä, geht nicht mehr, Meister, Sam muß die Minicam loslassen, seine Kraft ist verpafft äh verpufft meine ich.
Jonas: Dann können sie uns sehen, orten und verfolgen. Wir müssen weg, Sammy, weiter, wohin?
Sam: Nur einen Ausweg gibt es, hoher Herr, nur eine Richtung steht dir offen, die Wege nach Nord, West und Süd sind versperrt, durch Judith und die Rote Armee.
Jonas: Also nach Osten. Dann mal los.
Sam: Gemach Chef, wenn’s doch nur so einfach wäre. Im Osten erhebt sich die Grenzmauer, und dahinter, ah, tief im Herzen des Niemandslandes, dort wo noch niemals nicht kein wißbegieriger Fuß eines Babyloniers trat, hinter jener großen Mauer, auf welcher zu unserem Schutze die wackeren Grenztruppen stehen, auf nimmermüder Wacht, am Tag und in der Nacht, dort liebe Kinder erstreckt sich das erschreckliche tote Land.
Jonas: Das tote Land, ein Gebiet totaler radioaktiver Verseuchung. Seit vor einigen Jahren die östlichen Kernkraftwerke in Kettenreaktionen hochgingen. Während der sog. kleinen Atomkriege zwischen Indien und Pakistan, zwischen Iran und seinen Nachbarn. Gegen das tote Land war das Niemandsland eine städtische Parkanlage, sagte man. Lemuren und Monster sollte es dort geben. Aber niemand wußte genaues, niemand war je dagewesen.
Sam: Hä, so sieht’s aus, euer Lordschaft, wollt ihr im Kessel gekocht bzw. im Sand verbuddelt und totgepullert werden, oder euch ins tote Land bewegen. Thats the question. Hörst du der Pauke tiefen Ton, die rote Armee, da ist sie schon. Auch Judith ist nicht mehr weit.
Jonas: Dann schon lieber das tote Land. Judith und Stalin überlebe ich ganz sicher nicht, das tote Land, wer weiß.
Sam: Jaja. Jaja. Mein Jonas ist ein Wandersmann, das steckt im so im Blut, drum wandert er so schnell er kann und schwenket seinen Hut, fallera…
Da rennt er durch den Sand.
Schade, ich hatte mich schon gefreut, mir ausgemalt, was dieser Stalin mit Jonas anstellen würde. Fantasievoller Bursche.
Eine Treibjagd ist doch auch ganz nett, Frau Plotz, und aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. An der Mauer werden sie Jonas stellen, da geht’s nicht weiter.
Und dann kommen wir zu unserem Schauspiel. Dauert nicht mehr lange. Cocktails, jemand?
Jonas: Jogging im heißen Niemandsland ist kein Vergnügen, besondern nicht wenn Sam dazu singt. Und eine nervige Minicam dir um den Kopf schwirrt, ganz zu schweigen von blutdürstigen Killern nicht weit hinter dir. Vergnügen oder nicht, Jonas trabte weiter, bis es nicht mehr ging, dafür sorgte die Mauer. Schwarz und dräuend, 30 m hoch und bewacht, nicht von wackeren Grenztruppen. An der Grenze zum toten Land sind Roboguards eingesetzt. Fehlerlos. Unbestechlich, sie schlafen nie und lassen nicht mit sich reden.
Roboguard: Halt, nicht weiter, das war die erste und letzte Warnung, der nächste Schuß trifft.
Jonas: Und da sind sie auch schon, Stalin und Judith. Was nun.
Sam: Spricht Zeus, die Götter sind besoffen.
Jonas: Red keinen Stuß, Sam, denk dir was aus.
Sam: Ist Sam ein Magier, wächst ihm ein Kornfeld auf der flachen Hand?
Karla: Jonas, hierher!
Jonas: Karla, meine Lieblingsterroristin, Chefin der babylonischen Stadtguerilla. In den vergangenen Jahren waren wir uns mehrmals über den Weg gelaufen, zuletzt Sylvester 2016. In der Wildnis. Wir hatten die Angewohnheit, uns zu helfen, was nicht hieß, daß ich ihr trauen konnte. Jetzt war sie hier, im Niemandsland, am Fuß der Mauer, sie steckte den Kopf aus einem Loch im Felsen, und winkte mir zu.
Karla: Komm her, Jonas. Beeil dich.
Jonas: Augenblick Karla. Sam?
Sam: Was steht zu Diensten?
Jonas: Die Minicam, kannst du sie noch mal blockieren?
Sam: Na, mal sehen, Kumpel, Leben ist schwer für ‘nen kleinen Computer.
Jonas: Streng dich an, Sammy.
Sam: Was tu ich denn wohl, du Obergurke. Melde gehorsamst, Herr Oberleutnant, Minicam blockiert. Aber lang schaff ich’s nicht.
Jonas: Jonas kroch durch das Loch im Felsen. Zu Karla. Dahinter war ein niedriger Gang, abgestützt durch Metallstreben, ein aufgegebenes Bergwerk, aus der alten Zeit, als hier Menschen lebten und arbeiteten. Karla ging voran und leuchtete, mit einer starken Taschenlampe. Gut für uns, aber auch gut für die Minicam. Sie war uns gefolgt, unter die Erde, wir konnten sie nicht abschütteln, nur blockieren. Was Sam immer schwerer fiel.
Jonas: Geht’s noch Sammy.
Sam: Soso lala.
Jonas: Halt durch.
Sam: Ja, Sam tut was er kann. Sam gibt alles.
Karla: Stop. Hier beginnt ein Schacht, da müssen wir runter.
Jonas: Nur zu. Karla hatte alles bei sich, in ihrem Rucksack, Seile, Steigeisen, Wandhaken. Wir kletterten. Tiefer, immer tiefer, die Luft wurde schlecht, Sam stöhnte, dann war der Schacht zu Ende, und es ging waagerecht weiter, die Luft blieb schlecht. Zum Glück gab es hier keine Ratten, wie in der babylonischen Unterwelt. Wieder ein Schacht, diesmal nach oben, wieder klettern, Stunden um Stunden, so kam es mir vor, bis wir über uns Licht sahen. Ich zog mich hoch und war draußen. Die Minicam folgte, in vorsichtigem Abstand.
Sam: Ich kann nicht mehr. Sam muß aufgeben, kein Strom. Hast du mal ein Watt Mister.
Jonas: Woher nehmen Sammy. Karla, wo sind wir? Karla?
Sam: Weg. Verschwunden. Wie die Wurst im Spunde. Spinde. Terroristin. Mal da mal weg, einfach so. Denn unergründlich sind ihre Wege. Amen.
Ah, Bild und Ton sind wieder da.
Ziemlich unscharf. Und wackelig.
Die Radioaktivität. Jonas ist im toten Land.
Sieht so aus. Irgendwie muß er über die Mauer gekommen sein.
Eher unten durch.
Ins tote Land werden sie ihn nicht verfolgen, unsere Leute und Stalin.
Das können wir von ihnen auch nicht verlangen.
Heißt das, Jonas ist uns entwischt?
Kein Stück. Im toten Land wird er krepieren. Langsam und unschön.
Und wir sind dabei. Wunderbar.
Jonas: Jonas stand auf einem schmalen Streifen Land, Felsen besser gesagt. Über ihm eine brennende rote Sonne, rechts die Mauer, die von hier noch bedrohlicher wirkte als vom Niemandsland. Auf der linken Seite ein riesiger See, bis zum Horizont. Gewaltige Öllachen schwammen auf dem trüben Wasser. Sie schimmerten in allen Regenbogenfarben. Ab und zu blubberten Blasen aus der Tiefe und zerplatzen an der Oberfläche, mit infernalischem Gestank. Nicht sehr einladend. Ich dachte an Fall Euromüll. Die Giftmülldeponie in Afrika. Aber ich dachte nicht lange, dazu war keine Zeit.
Sam: Man schießt, Genosse.
Jonas: Auf uns, Sammy, die Roboguards auf der Mauer.
Sam: Willst du warten, bis sie sich auf dich eingeschossen haben, Stupido.
Jonas: Nicht unbedingt, aber was.
Sam: Schiffahrt tut not, Herr Vizeadmiral. Unser Kuzunft, Zukunft liegt auf dem Wasser. Steche in See.
Jonas: Ungern Sammy.
Sam: Ja, fällt dir was besseres ein?
Jonas: Leider nicht.
Jonas: Am Ufer lagen verrottete Plastikteile, ich griff mir einen leeren Behälter, groß und rund wie ein Baumstamm, noch einigermaßen in Schuß, damit sprang ich in den See, ein leiser müder Platsch, Jonas strampelte mit den Beinen, und kam so schnell weg vom Ufer, auf daß die Roboguards eifrig ballerten. Sollten sie. Ich strampelte weiter und weiter, Stunden vergingen, vielleicht Tage, hinter mir verschwand die Mauer, vor mir erschienen Berge, in weiter Ferne. Plötzlich packte mich was am Bein, eine Hand, eine Flosse, ein Wesen mit Menschenaugen und einem Fischmaul voller scharfer Zähne tauchte aus der Brühe auf, es war nicht allein, das Wasser geriet in Bewegung, mehrere Fischmenschen schnappten nach Jonas, der schlug aus und schlug um sich, es waren zu viele. Sie hätten mich unter die Oberfläche gezerrt, aber es wurde flacher, die Fischmenschen blieben zurück. Ein Stoß, mein Behälter saß fest, in schwarzem Sand. Jonas watete an Land und stolperte weiter.
Können Sie was sehen, General.
Grau in Grau.
Die Signale der Minicam werden immer schwächer.
Von Fischmenschen zerfleischt, das wär’s doch gewesen.
Abwarten.
Ah, wir haben wieder Bild.
Aber keinen Ton.
Mein Gott, wo sind wir, wie sieht’s denn da aus?
Jonas: Knallbunt giftgrün signalrot gallegelb der Boden bestand aus geschmolzenem Plastik, spitze Zacken scharfe Kanten, das Gehen war mühsam wohin ich ging wußte ich nicht, immer weiter nach Osten, immer tiefer ins tote Land, das mit jedem Schritt toter wurde. Ich blieb stehen. Am Weg ragte eine hohe Eisenstange auf. Verrostet und zerfressen. Darin hing die ausgestopfte Haut eines Menschen mit zwei Köpfen.
Sam: Zweifellos eine Warnung, Meister.
Jonas: Für mich?
Sam: Ja, und wer sonst noch vorbei kommt.
Jonas: Warnung. Wovor?
Sam: Weiß nicht. Spielen nicht mehr mit, die kleinen grauen Zellen. Sammy verblödet. Demenz. Alzheimer.
Jonas: Sam, du redest irre.
Sam: Sag ich ja. To… Total irre. Total Irrsinn. Sammy muß aufgetankt werden, dringend.
Jonas: Es geht nicht, Sammy. Versuch durchzuhalten.
Sam: Gib mir Strom, Meister, nur ein ganz kleines bißchen. Bitte.
Jonas: Noch einer mußte dringend aufgetankt werden. Seit Tagen hatte ich nichts in den Magen gekriegt. Ich merkte, wie ich immer schwächer wurde und immer schwerfälliger voranstolperte, bis ich weit vor mir was sah und sofort wieder zu Kräften kam.
Jonas: Da, Sammy, ein Haus. Da steht Ca-sa-blanca. Das Casablanca. Da gibt’s Strom, Sammy und Synthwhisky und was zu essen. Gleich, Sammy, gleich sind wir da. Ohh, oh oh… Das Casablanca ist weg. Einfach weg.
Sam: Ja, schon mal was von Fata Morgana gehört. Glotzkopf. Vater Morgana. Mutter Morgana. Oma Opa Onkel Morgana. Ganze Familie Morgana.
Jonas: Jetzt drehst du endgültig durch, Sammy.
Sam: Na und. Keine Kraft. Kein Saft. Sam wird dahingerafft.
Jonas: Sammy.
Sam: Nein hilft alles nichts, Chef. Sammy muß sterben.
Jonas: Nein, Sammy, nein.
Sam: Ist noch so jung. So jung.
Jonas: Computer können nicht sterben.
Sam: Wetten daß doch. Leb wohl Meister.
Jonas: Sammy.
Sam: War schön mit dir, echt super. Vergiß Sammy nicht. Und und begrab mein Herz an der Biegung des Flusses.
Jonas: Du hast kein Herz, Sammy.
Sam: Wetten daß doch. Sammy hat Gefühle. Sammy ist ein Mensch.
Jonas: Du übertreibst.
Sam: Vielleicht ein bißchen. Klingt aber schön. Irgendwie richtig schön. Und tschüß.
Jonas: Tschüß Sammy. Natürlich war ich traurig, sehr sogar, aber nicht nur. Ganz tief unten regte sich ein völlig anderes Gefühl. Ein Gefühl der Erleichterung, der Befreiung, endlich Ruhe. Ich stolperte weiter, und irgendwann muß ich dann eingeschlafen sein. Als ich aufwachte, war alles anders. Die Luft, das Land, die Farben. Um mich nicht mehr das bunte Gift des toten Landes. Ich sah Grün. Gesundes, lebendiges Grün, Bäume, viele Bäume. Lianen und Orchideen. Ein richtiger Urwald. Affen turnten durch die Zweige, Vögel sangen, unter meinen Füßen war Erde, braune Erde. Träumte ich?
Jamaro: Hier Jonas, hier ist dein Weg.
Jonas: Jamaro?
Jamaro: Folge mir.
Jonas: Aber du bist doch tot.
Jonas: Jamaro ging voraus, undeutlich, schattenhaft, zwischen den wuchernden Pflanzen kaum zu erkennen. Dann wurde es vor uns heller, immer heller. Jamaro winkte mir zu, und verschwand. Ich trat aus dem Wald ins Licht. Vor mir eine wunderschöne Landschaft, braune Hügel, grüne Wiesen, goldene Felder, vom tiefblauen Himmel schien eine freundliche gelbe Sonne, und in der Ferne sah ich eine Stadt, Häuser, Giebel, Türme, Wetterfahnen. Babylon? Aber diese Stadt war kleiner, ohne Klimadom, und viel schöner. Babylon, wie es vielleicht einmal war, wie es hätte sein können. Ich ging auf die Stadt zu, und aus der Stadt kam mir jemand entgegen. Ich blieb stehen. Ich steckte mitten in einem Wunder, aber ich konnte es nicht glauben. Judith. Judith Delgado. Keine Doppelgängerin mit Plastiface und Mord im Herzen. Judith, meine Judith, sie lief auf mich zu, und auch ich begann zu laufen.
Judith: Jonas.
Jonas: Judith.
Judith: Endlich bist du da, ich warte schon so lange. Komm.
Jonas: Wohin?
Judith: Nach Babylon natürlich. Da wirst du gebraucht. Philip Marlowe wartet auf dich, Sam Spade, Nestor Burma, die freuen sich mit dir zu arbeiten. Und ich freu mich, weil du nun endlich da bist. Komm.
Noch immer kein Bild.
Die Minicam ist endgültig hinüber.
Was ist mit Jonas.
Er ist zusammengebrochen. Das war das letzte, was wir gesehen haben.
Der kommt nicht mehr hoch.
Jonas sind wir los. Oder meine Dame, meine Herren?
Ich schlage vor die Aktion Jonas für erfolgreich beendet zu erklären, was meinen sie.
Etwas unbefriedigend, aber wie die Dinge liegen. Einverstanden.
Von mir aus. Machen wir ein Ende.
Das war Abgesang. Eine Folge der Science-Fiction-Krimiserie Jonas. Nur Jonas. Und Sam. Von Michael Koser. Nähere Informationen und die Folgen zum kostenlosen Download finden Sie unter jonas-nur-jonas-und-sam.de. Eine Produktion der Kanzlei Dr. Bahr. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Karin Anselm, Katja Brügger, Gisela Ferber, Uwe Friedrichsen, Stefan Gnad, Thomas Karallus, Vanida Karun, Andrea Lienau, CHRIzzz Morgenroth, Klaus Nietz, Deef Pirmasens, Christian Stark, Angelika Thomas, Henning Venske, Peter Weis und Elena Wilms. Ton und Technik: Marcus Giersch und Christoph Guder. Aufgenommen im Tonstudio Fährhauston in Hamburg (2008). Regie: Werner Klein.
Jonas. Nur Jonas. Und Sam.
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Comeback
Sam: Die Mitternacht zog näher schon, in stummer Ruh lag Babylon.
Jonas: In stummer Ruh, nimm dir ein Beispiel dran, Sammy, und was heißt Mitternacht, es ist fünf nach 8, früher morgen.
Sam: Das war nicht die Zeitansage, du Banane, äh Banause, das war Pöesie, Poesie, Dichtkunst, du verstehen.
Jonas: Sam, mein Computer. Ein Sondermodell. Besonders verbal. Extrem verbal. Er kann seine Klappe nicht halten. Auch wenn er keine hat. Er nervt. Andererseits, was wäre mein Leben ohne Sam. Entspannter. Ruhiger. Und viel viel uninteressanter. Wer will das schon?
Sam: Belsatzar von Heinrich Heine. Ein unsterbliches Meisterwerk. Jehova, dir künd ich auf ewig Hohn, ich bin der König von Babylon.
Jonas: Schluß mit dem Knattergemine, geh ans Fon.
Sam: Oh, da bemüht sich ein kleiner Computer um ein winziges Quäntchen Bildung für seinen total unterbelichteten Herrn und Meister, und was ist der Dank, Knattergemine sagt er.
Jonas: Sam, geh ans Fon.
Sam: Ja, man hört und gehorcht, o Beherrscher der Gläubigen.
Jonas: Wer ist dran.
Sam: Stadtverwaltung Babylon, Amt für freie Berufe.
Jonas: So? Stell durch. Akustik, kein Bildfon.
Sam: Jawohl, kein Bildfon.
Computerstimme: Einen wunderschönen guten Morgen, Herr Jonas. Sie werden hiermit nachdrücklich aufgefordert, zwecks Erneuerung Ihrer Lizenz als privater Detektiv, persönlich im Amt für freie Berufe, Babylon Mitte-Ost, Piazza Sewastopol, vorstellig zu werden, und zwar unverzüglich, widrigenfalls Ihnen die Lizenz entzogen wird, was wiederum Ihre soziale Rückstufung ins Prekariat erforderlich macht, mit allen daraus resultierenden Konsequenzen. Das Amt für freie Berufe wünscht Ihnen noch einen angenehmen Tag, Herr Jonas.
Jonas: Normalerweise springt Jonas nicht, wenn irgendein Amtsschimmel wiehert. Aber hier ging’s um alles. Um den Job, den Sozialstatus, die Existenz. Also sprang ich. Unverzüglich. Die wichtigen Behörden in Babylon liegen um den Ernst-August-Platz. Hier ragt das Rathaus in den Himmel, die Sicherheitsverwaltung, das Wirtschaftsministerium. Das Amt für freie Berufe ist total unwichtig. Noch unwichtiger als die Prekariatsverwaltung, mit der sich das Amt eine frühere Kirche teilt. Die Prekariatsverwaltung macht sich im Kirchenschiff breit. Die freien Berufe haben sie in den Turm gequetscht. Unten die Ärzte, Mensch, Tier und Zahn, darüber die Rechtsanwälte, dann die Künstler, ganz oben sonstige. Fahrstuhl Fehlanzeige.
Jonas: Hi.
Bürokrat: Können Sie lesen. Eintritt nur nach Aufruf, steht an der Tür. Sind Sie aufgerufen?
Jonas: Genaugenommen bin ich angerufen. Von Ihnen. Sie wollen was von mir.
Bürokrat: So. Name?
Jonas: Jonas.
Bürokrat: Vor- oder Nach?
Jonas: Beides.
Bürokrat: Also Jonas Jonas.
Jonas: Nein. Nur Jonas. Sie gestatten, daß ich Platz nehme.
Bürokrat: Wenn Sie einen Stuhl finden. Bürgernummer?
Jonas: Ich setzte mich auf den Schreibtisch. Und verriet ihm meine Bürgernummer. Der Typ war grau. Von den Haaren über Gesicht und Anzug bis zu den Schuhen. Staubgrau. Er hockte in seinem grauen Sessel wie angewachsen. Auch das Büro war grau. Graue Aktenregale, graue Akten. Echtes Papier. Grauer Schreibtisch. Darauf ein grauer Laptop. Asbach Uralt. Zwanzig Jahre mindestens.
Bürokrat: Beruf?
Jonas: Detektiv. Privat.
Bürokrat: Ah richtig. Der letzte. Außer Ihnen steht keiner mehr in meinen Akten. Und was machen Sie so als Detektiv?
Jonas: Ich detektiviere.
Bürokrat: Aha. Nicht sehr erfolgreich, wie es aussieht. Im laufenden Jahr 2016 haben Sie keinen einzigen Euro verdient. Und heute ist schon der 30. Dezember.
Jonas: Es war ein schwieriges Jahr, ereignisreich. Fall Wildwest. Fall Mafia. Beide kompliziert, gefährlich sowieso. Allerdings nicht gerade einträglich. Was kann Jonas dafür, wenn man ihn kidnappt, oder wenn seine Auftraggeberin ihn umbringen will. Aber darüber wollte ich mit dem grauen Sesselfurzer nicht diskutieren. Ich wollte ihn den Kopf voran in seinen grauen Papierkopf stopfen. Das verkniff ich mir. Ich tat nichts, ich sagte nichts.
Bürokrat: Unter diesen Umständen, Herr Jonas, ist es mir nicht möglich, Ihre Lizenz zu erneuern, das heißt, Sie verlieren Ihren Sozialstatus, der war bisher, lassen Sie mal sehen, war unterer Mittelstand, Volksrente plus Eigeneinkommen zwischen 5 und 10000 Euro. Sie steigen ab ins Prekariat, nur Volksrente, und das heißt, Sie werden demnächst Babylon verlassen und in die Prekariats-Heimstatt Nummer Eins umgesiedelt.
Jonas: Kurz PH 1, draußen in der Wildnis. Ein paar hundert Kilometer südlich von Babylon. Volkstümlich Prollhalde, oder Donut. Wegen der Form. Ein riesiger Ring um einen Innenhof, 300 Stockwerke hoch, in jedem Stock 3000 Bewohner. Macht nach Adam Riese 900.000. Das reichte natürlich nicht. PH 2 und 3 waren schon im Bau. In Babylon gab es immer mehr. Prekariatsangehörige. Prolls. Volksrentner. Ohne Arbeit. Ohne Zusatzeinkommen. Die anderen fühlen sich gestört. Der obere Mittelstand. Die Reichen und Superreichen. Babylon ging das Problem offensiv an. Seit einem Jahr wurde die Stadt gesäubert. Unter dem Motto: Macht Babylon sicherer, sauberer, schöner. Prolls mußten raus. In die Wildnis. In die neuen Prollhalden. Da waren sie unter sich und störten nicht mehr. So weit so schlecht. Jonas wollte in Babylon bleiben.
Bürokrat: Das können Sie, Herr Jonas, dazu müssen Sie allerdings noch in diesem Jahr ein gewisses Einkommen erzielen.
Jonas: Ich soll in zwei Tagen ein lukrativen Fall an Land ziehen. Wie stellen Sie sich das vor?
Bürokrat: Das ist doch nicht meine Aufgabe, Herr Jonas. Auf Wiedersehen.
Jonas: Jonas hatte den Kopf voll und ganz andere Sorgen. Trotzdem fiel mir die Frau auf, die am Fuß der Treppe stand. Sie war nicht grau, sie war bunt: rote Haare, rote Schuhe, gelber Businessanzug, grünes Hemd. Sie sah gut aus. Außerdem sah sie mich an und hielt mich am Ärmel fest.
Carmen: Sie haben ein Problem, Herr Jonas.
Jonas: Eins?
Carmen: Ich glaube, ich kann Ihnen helfen. Prekariatsoberrätin Sakalauskas.
Jonas: So sehen Sie nicht aus.
Carmen: Ich möchte Ihnen ein Vorschlag machen. Kommen Sie mit.
Jonas: Sie führte mich nicht in ihr Büro. Sie führte mich zu einem der alten Beichtstühle an der Wand. Holzimitat, verblaßt und verzogen, innen hing noch immer ein Hauch von Weihrauch und Sündenschweiß. Jonas war nicht nach beichten, obwohl er ausgesprochen sündige Gedanken hatte, als die attraktive Beichtmutter ihm im engen Kabuff sehr nahe kam.
Carmen: Hier sind wir ungestört. Hören Sie zu. Wie ich von meinem Kollegen im Turm erfahre, brauchen Sie einen Fall? Und wir brauchen einen Detektiv.
Jonas: Wir?
Carmen: Die Prekariatsverwaltung. Wir haben ein Problem mit PH 1.
Jonas: Ach was. Sie auch?
Carmen: Der Leiter der Heimstatt, mein Kollege Prekariatsrat Arnold ist anscheinend verschwunden. Vor drei Tagen war die elektronische Verbindung von PH 1 zu uns unterbrochen: Video, Fon, Email, nichts ging mehr. Und als etwa 4 Stunden später die Verbindung stand, sahen wir auf unseren Monitoren nur Flure und leere Wohnkapseln. Kein Zentralbüro. Kein Arnold. Unsere Anrufe nimmt keiner an, unsere Emails werden nicht beantwortet. Wir sind besorgt. Irgendwas geht in PH 1 vor. Und wir wissen nicht was.
Jonas: Warum wenden Sie sich nicht an die Sicherheitsverwaltung?
Carmen: Zwecklos. Außerhalb der Stadtgrenzen hat die babylonische Polizei keinerlei Befugnis. Die Wildnis gehört zum Aufgabenbereich der Grenztruppe, aber die hat in letzter Zeit so viel um die Ohren, nach dem letzten großen Mauerdurchbruch am Weihnachtstag müssen die Grenzer noch immer illegale Drittweltler jagen. Außerdem wären sie für unser Problem wohl kaum geeignet. Das ist eine andere Sache.
Jonas: Wie wär’s mit dem Geheimdienst?
Carmen: An den haben wir uns natürlich gewendet, aber da kriegten wir eine glatte Abfuhr. Prolls gehen uns nichts an, wurde uns gesagt. Da müßt ihr euch schon selbst drum kümmern. Und weil wir in der Prekariatsverwaltung keine Exekutivabteilung
Jonas: Schicken Sie Jonas. Den letzten Detektiv. Sie wissen, was ich koste. 200 Euro pro Tag und Spesen.
Carmen: Unmöglich, Herr Jonas, die Prekariatsverwaltung hat kein Geld, und auch kein Konto für Sonderausgaben. Passen Sie auf: Spesen brauchen Sie nicht. Der Transport ist frei. Sie werden in PH 1 untergebracht und verköstigt. Und als Honorar kriegen Sie Bonuspunkte.
Jonas: Was heißt das?
Carmen: Wenn Sie den Auftrag für uns übernehmen und erfolgreich durchführen, werde ich meinem Kollegen im Amt für freie Berufe Anweisung geben, Ihnen eine Lizenz für 2017 auszustellen, im Zuge der Amtshilfe. Einverstanden?
Jonas: Einverstanden, sagte ich. Nicht mit Begeisterung, aber was blieb mir übrig. Besser eine Stippvisite in PH 1 mit Rückkehrgarantie als demnächst für immer dorthin.
Carmen: Herr Jonas ich freue mich.
Jonas: Nur Jonas reicht. Und wie heißen Sie? Oder muß ich weiterhin Frau Prekariatsoberrätin Sakalauskas sagen?
Carmen: Carmen.
Jonas: Das klingt doch viel hübscher als Sakalauskas, und paßt besser zu Ihnen. Also, Carmen. Wie geht’s jetzt weiter.
Carmen: In der nächsten Stunde schicke ich Ihrem Computer zu, was Sie brauchen werden. Die Pläne von PH 1, Organisationsstruktur, etc. etc. Und natürlich Ihr offizielles Überstellungsdokument. Das zeigen Sie in unserem Busbahnhof vor. Sie wissen wo.
Jonas: Die frühere REUBA-Truckstation am südlichen Stadtrand. Kenn ich.
Carmen: Gut. Heute Nacht um 11 fährt der Prekariatsbus nach PH 1 ab. Seien Sie pünktlich.
Jonas: Heute noch. So eilig haben Sie’s?
Carmen: Je eher Sie fahren, Jonas, desto eher sind Sie zurück. Sie werden mir persönlich Bericht erstatten. Ich freue mich darauf. Viel Glück, Jonas.
Jonas: Als ich nach Hause kam, hockte Sam auf dem Tisch und schmollte. Weil ich ihn nicht mitgenommen hatte, und weil ihm der neue Auftrag überhaupt nicht gefiel.
Sam: Scheiß Spiel euer Ehren, raus in die Wildnis zu den igitt, Prolls. Und was kommt raus? Nichts. Null Komma Garnichts. Kein müder Euro, kein blasser Cent.
Jonas: Bonuspunkte, Sammy. Damit Jonas in Babylon bleiben kann und weiter arbeiten. Hör auf zu nöseln. Hast du das Material von der Prekariatsverwaltung?
Sam: Hab ich.
Jonas: Druck das Überstellungsdokument aus, und dann hilf mir bei den Vorbereitungen. Was zieh ich an?
Sam: Na was schon, gnä Frau? Prolluniform. Jogginganzug, aus billigem Plastik, und ein hoffnungsloser Ausdruck in den Augen.
Jonas: OK, Anzug wird geordert, Ausdruck wird geübt. Was brauch ich noch?
Sam: Sam natürlich. Indem daß mein Jonas ohne den selben nichts weiter ist denn ein tönend Erz bzw. eine klingende Schelle.
Jonas: Wie dem auch sein, wie du bist, als Handgerät kann ich dich jedenfalls nicht mitnehmen.
Sam: Hm?
Jonas: Das würde bei den Prolls auffallen, geklaut würde es auch. Sammy, du wirst verkleinert.
Sam: Oh nein, nicht wieder als Zahn in meines Jonas Mund, o noway.
Jonas: Daccord, daccord, ich habe heute noch Kopfschmerzen, wenn ich dran denke, Fall Strafkolonie vor dreieinhalb Jahren, ich laß dich auf Kugelschreibergröße schrumpfen.
Sam: Ein so gigantisch Hirn in einem winzigen Stift, muß dies denn wirklich sein?
Jonas: Es muß, Sam. Was brauchen wir aus der Hausapotheke?
Sam: Ein Röhrchen Exsalt wäre dringlich zu empfehlen. Als Gegenmittel. Bekanntlich wird in PH 1 Speis und Trank so allerlei zugesetzt. Lithium zur Ruhestellung, Steril zur Erschwerung der Fortpflanzung.
Jonas: Also Exalt. Eine Waffe. Ist mein Laser aufgeladen?
Sam: Ja, warum nicht gleich ne Feldhaubitze, Herr General. Einfuhr von Feuerwaffen in PH 1 strengstens verboten, aber auch aller aller allerstrengstens.
Jonas: Ohne seinen Laser und seine alte Smith & Wesson Detective Special fühlte Jonas sich nackt. Aber ein paar Tage würde es gehen. PH 1 war kein sehr gefährliches Pflaster, nicht wie das Niemandsland oder das Reservat. Dachte ich. Und lag voll daneben. Der überfüllte Prollbus rumpelte durch die nächtliche Wildnis, über eine Piste voller Steine und Schlaglöcher. Der Innenraum war dunkel, die Passagiere hockten stumm auf den harten Bänken, sahen aus dem Fenster, starrten vor sich hin. Die meisten schliefen, auch die Kinder, die zu Beginn der Fahrt noch kreischend herumgerannt waren. Jonas machte die Augen zu. Er wußte, wie es draußen aussah: totes Land in toten Farben, vergiftet und zerstört, für immer. Jonas schlief. Früh am Morgen waren wir da. Der Bus hielt neben einer grauroten leicht abgerundeten Betonwand, die bis in die Wolken ragte. Willkommen in PH 1. Wir trotteten durch das einzige Tor in der Wand, dahinter ein breiter Gang mit vielen offenen Türen. Jonas ließ sich durch eine der Türen treiben, in einen Empfangsraum. Dem Typ hinter dem Schreibtisch zeigte er sein Überstellungsdokument.
Stadtguerillero: Alles klar, Genosse, hier sind deine Gutscheine, die kannst du in den PH-Läden im ersten Untergeschoß einlösen. Oder in den Kneipen, gleich daneben. So, und jetzt kriegst du noch deinen Wohnchip. Single?
Jonas: Soweit ich weiß.
Stadtguerillero: Kleinkapsel 295-719. Der nächste.
Jonas: Wo ist das, wie komm ich dahin?
Stadtguerillero: 295. Stock. Ganz oben.
Jonas: Soll mir recht sein. Wo ist der Fahrstuhl?
Stadtguerillero: Fahrstuhl? Kaputt.
Jonas: Dann hätt ich lieber ne Wohnkapsel weiter unten.
Stadtguerillero: Haha, und ein paar Kulis zum Hochtragen, was? Mein Gott, Genosse, du bist doch noch knackig. Treppensteigen ist gesund, und denk doch mal an die tolle Aussicht. Der nächste.
Jonas: Der Typ vom Empfang sah nicht nach öffentlichem Dienst aus, eher irgendwie militärisch. Outfit in Tarnfarben, Stirnband, Zottelbart a la Fidel, und eine gutgeölte Kalaschnikow in der Armbeuge. Ein Söldner? Ein durchgeknallter Bürokrat. Darüber dachte ich nach, als ich nach oben stieg. Ich hatte viel Zeit, gut 4 Stunden. Ein guttrainierter Treppenläufer wäre schneller gewesen. Jonas war in Form. So einigermaßen, aber kein Treppenläufer. Eine halbe Stunde kam noch drauf, ausruhen und Finden der Wohnkapsel. Mit meinem Chip öffnete ich die Metalltür, und wunderte mich. Die Kapsel war besetzt.
Mann: Hi, Kumpel, da bist du ja endlich. Hast dir mächtig Zeit gelassen. Na, besser spät als nie.
Jonas: Das ist doch Kapsel 295-719.
Mann: Aber haargenau, Kumpel. Und?
Jonas: Das ist meine Kapsel, Kumpel. Raus.
Mann: Deine Kapsel, Kumpel? Hähähä, klar ist das deine Kapsel, aber weißt du was, du brauchst keine Kapsel mehr.
Jonas: Ach ja, verschwinde, Kumpel. Aber ganz schnell.
Mann: Immer mit der Ruhe, Kumpel. Erst muß ich meinen Job erledigen.
Sam: Dann schmeiß ich dich raus.
Mann: Glaubst du, du schaffst das?
Sam: Ja haha.
Jonas: Noch so ein Durchgeknallter. Kein typischer Proll. Er trug einen Overall aus silbergrauer Ballonseide. Auf der Brust ein Logo: zweimal der Buchstabe C in schwarz. Was sollte das heißen?
Mann: Möchtest du wissen, Kumpel, was?
Sam: Alarm. Tatü Tata. Feind greift an.
Jonas: Wo Sammy?
Sam: Na wo, hinter dir, du Traumtänzer. Ein hinterlistiger Hinterlist äh Hinterhalt, dreh dich um.
Jonas: Durch den Flur kam der Zwilling des Typs in der Kapsel. Silberner Overall, CC auf der Brust, in der rechten ein Laserstrahler. Das machte mir Sorgen. Noch mehr Sorgen machte mir der Typ in der Kapsel. Weil er auch einen Laser zog. Jonas mußte was unternehmen, dringend. Ich machte einen großen Schritt in die Kapsel und zog die Tür hinter mir zu. Gleichzeitig ein schulmäßiger Thai-Kick gegen die rechte Hand des Besetzers, sein Laser flog durch die Luft, und verschwand hinter der Pritsche. Sein Besitzer tauchte ab und krabbelte. Ich nahm den Stuhl und zerlegte ihn auf seinem Kopf. Er legte sich zur Ruhe, gut so. Ich griff mir den Laser und verriegelte die Tür. Gerade noch rechtzeitig. Typ Nr. 2 war da und trat gegen die Füllung.
Sam: Hier ist unseres Bleibens nicht länger, o Gefährte meiner Jugend.
Jonas: Du hast ja so Recht, Sammy. Hier drin ist es eng, die Luft ist schlecht und der will mich killen.
Sam: Nicht lange mehr, und es wird ihm einfallen, daß er im Besitz eines Laserstrahlers ist, und dann wird er beginnen die Tür zu demolieren, will sagen, mein Meister hat nur noch ganz einige wenige, einige ganz wenige, egal, Minuten sich vom Acker zu machen.
Jonas: Wohin Sam, und wie? Durch die Wand geht’s nicht raus.
Sam: Fenster.
Jonas: Nicht zu öffnen. Und die Scheibe stabil, bruchsicher.
Sam: Mit Hand, Fuß oder Stuhl ist das Glas nicht knackbar, euer Merkwürden, mit einem Laser jedoch, denn siehe, auch wir haben einen solchen.
Jonas: Gute Idee. Ich laserte ein Loch in die Scheibe, gerade groß genug für einen schlanken Jonas. Der kroch durch und wartete draußen, beide Füße auf einem schmalen Sims, linke Hand am Fensterrahmen, rechte mit dem Laser in Augenhöhe. Durch die kaputte Tür stolperte der zweite Typ. Ehe er die Lage peilen konnte, drückte ich ab. Er fiel auf seinen Zwilling und blieb liegen.
Sam: Sagen Sie mal, Herr Oberförster, ist das nicht eine wunderbare Aussicht, atemberaubend geradezu, ah, die Wildnis, eine Symphonie in rot und grau und gelb und schwarz, auch nicht das kleinste bißchen Grün stört den erhabenen Gleichklang. Unser heißgeliebtes Babypsilon als Schmuddelfleck am Nordhorizont. Rechts die Superkräne über den Baustellen von PH 2 und PH 3, ist es nicht bonfotionös, o daß unsereiner malen könnte.
Jonas: Genau was ich jetzt brauche Sam. Ich hänge draußen an PH 1 in einer Höhe von 600 Meter, mindestens, der Wind pfeift, und du sülzt mir die Ohren voll mit der schönen Aussicht, die kannst du dir sonst wo hin stecken.
Sam: Arschgeige, Banause, Dumpfbacke, Unästhet.
Jonas: Ich will hier weg, ich will rein, ich bin keine Fliege.
Sam: Bleib auf dem Sims, Chef, jetzt langsam nach rechts, ganz langsam, ganz ruhig, nicht nach unten sehen, o Gott mir wird schlecht.
Jonas: Jonas krabbelte seitwärts, immer an der Wand lang, extrem vorsichtig, die Füße rutschten zentimeterweise über den Sims, die Hände krallten sich in die Wand. Hinter den Fenstern, die ich passierte massenhaft Prolls, stumpfsinnige Glotzer, neugierige Nasenquetscher, wie im Aquarium, dann war ich da, wo ich hinwollte, am Regenrohr.
Sam: Up, up and away, oder wie die alten Römer sagten, excelsior, steig, mein Jonas, steig, steig hoch, 296. Stock, 297. 298. 299. 300.
Jonas: Und da verließen sie uns. Oder wie die alten Römer sagen: Nonplusultra. Das heißt Sense, Ende der Fahnenstange.
Jonas: Ich wollte aufs Flachdach, aber das ging nicht, es sprang zu weit vor, ein professioneller Akrobat hätte es geschafft, vielleicht. Jonas war bestenfalls Amateur. Was jetzt. Ausruhen wäre schön gewesen. Ging aber auch nicht. Der Typ im silbernen Overall war zu sich gekommen und steckte seinen unschönen Kopf aus meinem Fenster, fünf Stockwerke tiefer. Ich hielt mich mit den Pobacken fest und mit einer Hand, mit der anderen zog ich meinen Laser aus dem Gürtel, und schoß. Ich traf nicht, aber der Typ verschwand, soweit OK, richtig weiter half mir das aber auch nicht. Plötzlich baumelte was vor meinem Gesicht. Ein Seil, von oben, vom Dach.
Mira: Halt dich fest, wir ziehen dir rauf.
Sam: Halleluja. Wenn die Not am Größten, ist Gottes Hilfe am nächsten. Nicht wahr Monsignore. Schnapp dir das Seil, oder willst du hier überwintern?
Jonas: Lieber nicht. Ich griff zu, erst mit der einen, dann mit der zweiten und wurde aufs Dach gezogen, über den Vorsprung, das war schwierig, weh tat es auch, wegen der Abschürfungen, aber schließlich stand Jonas oben, und sah, wer ihn gerettet hatte: ein blonder Hüne, er hatte sich das Seil um die rechte Schulter gewickelt, den linken Arm hielt er unter einem bunten Tragetuch, das er sich um den Hals geknotet hatte, und in dem Tuch, ein Kind, ein Mädchen, nein eine junge Frau, schwarzhaarig, sie trug eine Brille und ein rotes Tanktop. Mehr brauchte sie nicht, sie hatte weder Arme noch Beine. Ein Torso.
Mira: Willkommen auf dem Dach, Fremder.
Jonas: Danke.
Mira: Gut, daß wir dich gesehen haben. Ist es hier oben nicht schön, so ruhig. Die anderen kommen nicht rauf, weil sie Angst vor Hautkrebs haben. Wir haben vor nichts Angst, weil wir schon alles mitgemacht haben. Ich bin Mira, Miss Landmine Kosovo 2015, mein Freund und Helfer heißt Rußlan, Mister HIV russische Föderation 2014. Aber inzwischen geht’s ihm viel besser, nicht Rußlan?
Jonas: Ein seltsames Paar, aber nicht unsympathisch. Schon weil sie Jonas hochgezogen hatten. Sie redete, er schwieg, und überließ ihr alles, offenbar auch das Denken. Wie war Jonas an die Außenwand unterm Dach geraten? Wollte Mira wissen. Zwei Killer sind hinter mir her, sagte ich, in silbernen Overalls mit einem schwarzen Doppel-C auf der Brust.
Mira: Killer? Bei uns in PH 1. Unerhört, dagegen muß was unternommen werden. Rußlan, wir fahren gleich runter ins Zentralbüro und melden die Sache. Du kommst mit, Fremder.
Jonas: Jonas, so heiße ich. Nur Jonas. Sag mal, Mira, ist das Zentralbüro nicht ganz unten, im Erdgeschoß?
Mira: Genau. Zum Fahrstuhl, Rußlan.
Jonas: Der ist doch kaputt.
Mira: Ach was, das erzählen sie den Neuankömmlingen. Die Fahrstühle sind nicht für jeden, nur für besondere Bewohner. Wir haben ein Chip, Rußlan und ich.
Jonas: Da kommt einer der Killer!
Jonas: Er war aus einer Tür aufgetaucht, etwa 100 m entfernt, ein alter Bekannter, silbergrau und schwarz, ich hob den Laser, aber ehe ich abdrücken konnte, schlug Rußlan mir den Arm hoch.
Mira: Nicht gleich schießen, Jonas, wir machen das hier anders. Bring mich zu ihm rüber, Rußlan. Jonas, du wartest hier.
Jona: Jonas sah aus der Ferne zu, wie Mira mit dem Silberoverall redete. Der hörte zu, zuckte die Achseln, drehte sich um und verschwand durch die Tür. Sehr merkwürdig. Ansonsten lief es gut, für Jonas und seinen Auftrag. Wir waren im Fahrstuhl unterwegs zum Zentralbüro. Wo der PH-Chef residierte. Prekariatsrat Arnold. Oder doch nicht?
Mira: Arnold gibt’s nicht mehr, Jonas, wir haben ihn vor vier Tagen abgeschafft.
Jonas: Abgeschafft. Was heißt das?
Mira: Revolution, heißt das, Genosse Jonas, Aufstand der Unterdrückten und Entrechteten. Es lebe die Revolution. Es lebe die Stadtguerilla.
Jonas: Sieh an, die Stadtguerilla steckt also dahinter.
Mira: Jawohl, wir haben die Führung der ausgebeuteten Massen übernommen. Unsere Erfahrung eingebracht, unseren revolutionären Elan. Weißt du, Jonas, du hast ja keine Ahnung, wie es in PH 1 zuging. Arnold hat regiert wie ein König. Wie ein Diktator. Mit seinen Guerillas hat er alle terrorisiert, von jedem Gutschein nahm er Prozente, jedes Privileg, Urlaubsscheine für Babylon, Fahrstuhlbenutzung ließ er sich bezahlen. Keine hübsche Frau war vor ihm sicher. Wer nicht tat, was Arnold wollte, dem ging’s schlecht.
Jonas: Und Arnolds vorgesetzte Dienststelle? Die Prekariatsverwaltung in Babylon.
Mira: Hatte keine Ahnung, oder interessierte sich nicht für das, was in PH 1 los war. Wie auch immer, jetzt hat die Stadtguerilla die Macht übernommen. Seit Monaten haben wir unsere Leute eingeschleust. Wir haben Schlüsselpositionen besetzt.
Jonas: Der Typ am Empfang, mit der Kalaschnikow.
Mira: Einer von uns. Eine neue Zeit bricht an für PH 1, Genosse Jonas, eine bessere Zeit.
Jonas: Schön wär’s. Was ist mit Arnold passiert?
Mira: Revolutionäre Gerechtigkeit. Es war nicht leicht, ihn in unsere Gewalt zu bekommen, er war umgeben von Leibwächtern, und in der Monitorwand im Zentralbüro konnte er praktisch in jeden Winkel von PH 1 kucken. Aber er machte den Fehler, sich eine von uns ins Bett zu holen, und da kriegte er eine andere Art Nahkampf, als er sich vorgestellt hatte, wir haben ihn und seine Leute vor ein revolutionäres Tribunal gestellt und abgeurteilt. Sie wurden aufs Dach gebracht, und mußten durch ein Spalier wütender Prolls Spießrutenlaufen. Alle wollten mal zuschlagen oder zustechen. Hast du oben nicht die Blutlachen gesehen? Ja und dann haben wir sie vom Dach geworfen. 300 Etagen. Bis er unten ankommt, hat der Mensch viel Zeit in sich zu gehen.
Jonas: Das Zentralbüro von PH 1 war so groß wie ein Fußballfeld. Hallenfußball. Kein Fenster, eine Längswand bestand nur aus Monitoren, davor ein Stadtguerillero am Schaltpult, schräg im Raum ein riesiger Schreibtisch. Sah aus wie Echtholz, und im Sessel dahinter eine Frau, die ich kannte.
Jonas: Karla?
Karla: Jonas, so sieht man sich wieder.
Jonas: Du bist also immer noch Chefin der Stadtguerilla.
Karla: Generalsekretärin des Politbüros, ja.
Jonas: Ich dachte, du hättest dich in Südamerika zur Ruhe gesetzt, mit der Tasche voller Diamanten, die du mir auf dem Traumschiff geklaut hast in der Karibik, vor über einen Jahr.
Karla: Ja, die Diamanten, 100 Millionen Euro, alle ausgegeben für die Weltrevolution.
Jonas: Hast du noch immer nicht genug vom Revolutionsgeschäft, Karla?
Karla: Das ist kein Geschäft, Jonas, das ist eine Aufgabe, eine Lebensaufgabe.
Jonas: Wenn du meinst.
Karla: PH 1 ist nur eine Zwischenstation. Morgen ist Babylon dran.
Jonas: Und dann die ganze Welt.
Karla: Du warst schon immer ein Skeptiker, Jonas, einer der am Rand steht und Witze macht. Wir haben was vor, sehr bald, ein ganz großes Ding, und dann wird man sehen, die Stadtguerilla lebt noch und wie.
Mira: Es lebe die Revolution.
Sam: So eine Scheiße.
Karla: Mira, ist meine beste Helferin, ein tolles Organisationstalent und clever. Kommen wir zu dir, Jonas, was suchst du in PH 1, ha, wer schickt dich?
Jonas: Niemand, sagte Jonas, ich wohne hier, Babylon hat mich rausgeschmissen, als Proll, reiner Volksrentner, ohne zusätzliches Einkommen.
Karla: Hahaha, armes Schwein. Bringt dein Detektivgeschäft nichts mehr ein?
Jonas: Nicht genug.
Karla: Du bist zu anständig, Jonas, das war schon immer dein Fehler. Hmh, was sollen wir jetzt mit dir machen. Mira und Rußlan, durchsucht ihn.
Mira: Ein Laser, Gutscheine, Chip für Wohnkapsel, billiger Kugelschreiber, Kleinpackung Exsalt, ein paar Centmünzen.
Karla: Kein Kleincomputer?
Mira: Nein.
Karla: Was hast du mit Sam gemacht, Jonas?
Jonas: Verschrottet. Er wurde immer unzuverlässiger, machte nur noch Fehler.
Karla: Er ruhe in Frieden. Irgendwie mochte ich die kleine Nervensäge.
Sam: Siehste.
Mira: Wir sollten Jonas liquidieren, Karla.
Jonas: Charmant.
Karla: Ich weiß nicht.
Mira: Eine Vorsichtsmaßnahme, damit er unser Projekt nicht stört.
Karla: Nein, wir werden dich einsperren Jonas, nur ein paar Stunden, bis unser Ding gelaufen ist.
Jonas: Die Gefängniszellen lagen ganz unten, im 3. Untergeschoß, neben den Versorgungsanlagen, den Generatoren, der Abwasseraufbereitung, der Ventilation usw. Das Loch, in das sie Jonas steckten, war winzig, meine Wohnkapsel war dagegen eine Villa. Ein Eimer, eine harte Pritsche für einen Zwerg. Das war’s. Ich hatte nicht vor zu bleiben, nicht mal ein paar Stunden. Es wurde Zeit, den Kugelschreiber ins Spiel zu bringen. Der war sauer.
Sam: Unzuverlässig hat er gesagt, mein einer und einziger Jonas. O welche Schmach.
Jonas: Mein Gott Sam, ich hab gelogen, damit Karla nicht nach dir suchen läßt. Los, an die Arbeit, was läuft hier?
Sam: Unzureichende Daten Hochwürden.
Jonas: Was für ein Ding haben Karla und die Stadtguerilla vor?
Sam: Unzureichende Daten.
Jonas: Dann müssen wir sie uns besorgen, die Daten, das heißt wir brechen aus. Frage wie. Fenster gibt’s nicht, Tür geht nicht, kein Laser mehr. Aha. Oben an der Decke, ein Gitter. Was ist das Sam? Du hast doch den Bauplan von PH 1 intus? Was ist das für ein Gitter?
Sam: Belüftungssystem, euer Heiligkeit.
Jonas: Na bitte. Jonas stieg auf den umgedrehten Eimer, drehte zwei Schrauben raus, mit einer 10-Centmünze, nahm das Gitter ab. Schlangenmensch Jonas paßte gerade so durch. Dann schlängelte ich mich durch einen Querstollen, bis zu einem vertikalen Schacht, den turnte ich hoch, ins 2. Untergeschoß, wo ich Stimmen hörte. Jonas ist Detektiv, das heißt neugierig, von Berufs wegen. Ich robbte in die Richtung und landete über einem großen Schlafsaal. Viele Feldbetten, belegt mit dunkelhäutigen Frauen und Männern, alle apathisch, offenbar chemisch ruhig gestellt. Sie starrten stumpf vor sich hin, wie Zombies. An der Tür stand Karla. Sie sprach mit einem Mann, hochgewachsen, bärtig, dunkelhäutig, aber nicht apathisch.
Karla: Sag ihnen, sie sollen sich bereit machen, in einer Stunden werden sie abgeholt und zum Bus gebracht. Hier sind die Urlaubsscheine. Damit kommen sie ganz offiziell nach Babylon. Am Busbahnhof wird die Stadtguerilla sie übernehmen und auf die festgelegten Ziele verteilen. Alles klar?
Jonas: Karla ging. Zwei Stadtguerillas warteten vor der Tür und begleiteten sie durch den Flur. Jonas folgte, oben, im Belüftungsstollen, ein paar Meter zurück, und daher sah er sie vor Karla und ihren Leuten, zwei Typen in silbergrauen Overalls, Doppel-C auf der Brust, Sie tauchten plötzlich aus einem Seitengang auf und erschossen Karlas Leibwächter. Dann nahmen sie Karla ins Visier. Das konnte Jonas nicht zulassen. Durch das Gitter unter sich brüllte er:
Jonas: Hände hoch!
Jonas: Die Typen zuckten zusammen, drehten sich um, eine Sekunde, genug für Karla. Ihr Laser zischte zweimal, die Typen fielen um und blieben liegen. Jonas hatte indessen seine 10 Cent aktiviert und das Gitter abgeschraubt, dann ließ er sich in den Flur fallen.
Karla: Jonas, wie kommst du hierher?
Jonas: Ach weißt du Karla, in kleinen Löchern krieg ich Platzangst. Danke.
Karla: Danke?
Jonas: Danke Jonas, du hast mir das Leben gerettet. Hättest du sagen sollen. Was sind das für Kerle, die Silbergrauen?
Karla: Keine Ahnung.
Jonas: Jedenfalls wollten sie dich umbringen Karla, und mich vorhin auch schon mal.
Karla: So, ich hab jetzt keine Zeit mir darüber den Kopf zu zerbrechen.
Jonas: Klar, dein großes Projekt. Du willst Selbstmordattentäter nach Babylon einschleusen.
Karla: Woher… Ach natürlich, du hast sie gesehen. Im Schlafsaal. Jawohl Jonas, wir bringen sie nach Babylon, ins Zentrum der Unterdrückung und der Ausbeutung. Wir von der Stadtguerilla haben viele Jahre dagegen gekämpft, ohne Erfolg, aber jetzt haben wir uns mit der orientalischen Befreiungsfront zusammengetan, gemeinsam werden wir Babylon einen nachhaltigen Schlag versetzen. Nach dem letzten Mauerdurchbruch sind sie aus der Drittwelt zu uns gekommen, 100 wandelnde Bomben, 100 Fanatiker voll bis zur Halskrause, Semtex. Überall, wo es möglich ist, im Magen und Darm, unter der Haut, den Muskeln, in Fettgewebe ist Sprengstoff eingelagert, heute abend werden wir sie in Babylon verteilen.
Jonas: Die Stadtguerilla hatte eine lange Liste. Das Rathaus sollte hochgehen, die Sicherheitsverwaltung, Superkran Atlas, das Chips-Hochhaus und das Moxcenter, der Turm zu Babel natürlich, und sogar das Kulturministerium am van-Dusen-Platz.
Karla: Unter anderem. Heute um Mitternacht, pünktlich zum Jahreswechsel drückt jemand von uns in unserem geheimen babylonischen Hauptquartier auf den roten Knopf. Guten Rutsch, Babylon. Prosit Neujahr 2017.
Jonas: Jonas fand das alles gar nicht gut. Das wußte Karla. Sie hielt mir ihren Laser vor die Nase und nahm mich mit ins Zentralbüro. Wo Mira und Rußlan warteten.
Karla: Mira, wir haben ein Problem. Jonas weiß Bescheid. Auch wenn er hier und da mit uns sympathisiert, im Grunde ist er ein inkonsequenter Kleinbürger und wird versuchen uns zu hindern, aus der Zelle bist du ausgebrochen, daher wirst du jetzt unter strenge persönliche Bewachung gestellt. Mira und Rußlan, ihr bringt ihn nach nebenan und paßt auf ihn auf. Um Mitternacht laßt ihr ihn frei.
Jonas: Nebenan, das war ein kleiner Raum mit einem Sofa, einem Tisch und diversen Sesseln, eine Art Konferenzzimmer, Rußlan fesselte Jonas, sehr professionell, Arme nach hinten, Ober- und Unterschenkel zusammen, schlecht für die Durchblutung, aber handlich. Rußland legte mich auf dem Sofa ab, setzte sich mit Mira in einen Sessel, zog seinen Laser und paßte auf. Die Zeit verging, Rußlan und Mira wirkten müde, manchmal machten sie sogar die Augen zu, warum auch nicht, Jonas konnte nicht weglaufen. Jonas konnte überhaupt nichts tun. Aber da war ja noch Sam, der Kugelschreiber in meiner Brusttasche, der tat was. Er ging auf Wanderschaft.
Sam: Hey.
Jonas: Sammy. Was ist?
Sam: Komm näher, laß den Kopf hängen, was glaubst du was Sam entdeckt hat.
Jonas: Entdeckt. Wo?
Sam: In Miras Computer. Rußlan trägt ihn in seiner Hosentasche spazieren.
Jonas: Und?
Sam: Minderwertiges Modell, praktisch Analphabet der Kollege, falls man ihn so nennen kann. Der letzte Husten, der, nicht du, dennoch und trotzalledem ist Sammy mal reingewandert, was tut ein kleiner wackerer Computer nicht alles für seinen inniggeliebten Herrn, und was hab ich gefunden an jenem finsteren Ort?
Jonas: Sag’s schon, Sammy, komm zu Potte.
Sam: Erstens eine umfangreiche Geheimdatei betitelt CC.
Jonas: Ach was. Kannst du sie knacken?
Sam: Sam knackt alles, das weißt du doch. Dürfte jedoch etliche Stündchen dauern.
Jonas: Zu viel. Und zweitens?
Sam: Zweitens. Ein höchst präziser Plan von PH 1, ganz wie der in Sam abgespeicherte, mit einem entscheidenden Unterschied. Genau mit 100 entscheidenden Unterschieden. Denn dies, o Scheich ist die Anzahl der roten Kreuze, welche überall im Plan angebracht sind. Ein Demolutionsexperte, und ist Sam nicht ein Experte, erkennt sofort, Sprengladungen, angebracht an den kreuzweise markierten Punkten, würden ganz PH 1 zum Einsturz bringen.
Jonas: Was sollte das nun wieder bedeuten. Jonas hatte so eine Ahnung. 100 Kreuze, 100 Attentäter. Ich gab Sam einen Auftrag, er sollte den Hauscomputer kontakten und die Intercomleitung zwischen Zentralbüro und Konferenzraum aktivieren. So konnte Karla hören, was hier gesprochen wurde. Hoffentlich war sie an ihrem Schreibtisch, das wäre gut für sie, für Jonas, und für 900.000 Prolls in PH 1. Alles weitere hing von Jonas ab. Er mußte Mira die Würmer aus der Nase ziehen. Das ging besser als erwartet. Jonas fiel vom Sofa. Mira wachte auf.
Mira: Oh, runtergefallen. Selber schuld. Jetzt kannst du da liegen bleiben.
Jonas: Mir ist langweilig.
Mira: Na und. Und auch.
Jonas: Spielen wir ein Spiel, Spielen wir fragen und antworten, ich fang an. Meine erste Frage lautet: Wer oder was ist CC? Keine Antwort, auch gut. Nächste Frage, warum wollt ihr beiden Karlas wandelnde Bomben dazu benutzen, PH 1 in die Luft zu sprengen.
Mira: Ich weiß nicht, wie du das rausgekriegt hast, Jonas, aber das spielt eigentlich keine Rolle. Du bist eine Leiche auf Urlaub. Sobald Karla ausgeschaltet ist, bist du dran. Warum sollte ich dir also nicht deine Fragen beantworten. CC steht für Club Caligari, so benannt zu Ehren der seligen Frau Prof. Caligari, du kanntest sie, Jonas, du hast ihre Pläne vereitelt und sie schließlich umgebracht.
Jonas: Das war schon mehr als 6 Jahre zurück. Fall Testmarkt, Fall Schlachthaus, Fall Kidnapper. Caligari hatte sich auf ein Thema konzentriert, die Reduzierung der Überbevölkerung durch Reduzierung der Bevölkerung.
Mira: Mit zugegeben noch recht kruden Methoden. Wir vom Club Caligari haben sie erheblich verfeinert.
Jonas: Wer ist Mitglied in diesem Club? Du nehm ich an. Rußlan.
Mira: Wir sind stolz darauf, obwohl wir nur Rädchen im Getriebe sind. Club Caligari ist eine extrem geheime Organisation, der die Spitzen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in Babylon angehören. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, das Prekariat zu beseitigen, eine viel zu große Schicht nutzloser Fresser, die nur öffentliche Gelder verschlingen und nichts zum Sozialprodukt beitragen. Der CC erfuhr von Karlas Projekt Prosit Neujahr Babylon, der Geheimdienst, der die Stadtguerilla seit langem beobachtet, hat uns informiert. Tja, hier bot sich uns eine geradezu geniale Gelegenheit, Prolls in großer Menge zu eliminieren, und die Urheberschaft der Stadtguerilla und orientalischen Fanatikern in die Schuhe zu schieben.
Jonas: Genial.
Mira: Nicht wahr. Meine Wenigkeit hat den Plan ausgearbeitet. Ich habe Karla vorgeschlagen, die lebenden Bomben in PH 1 zu lagern, demnächst, das glaubt die gute Karla, wird ein Bus sie nach Babylon bringen, doch in Wahrheit wird dies geschehen: Unsere Leute, die wir hier versammelt und in Untergeschoß versteckt haben, in Lagerräumen, die nicht videoüberwacht sind, werden Karla und die Stadtguerillas töten und dann die Selbstmordattentäter im Gebäude verteilen, und wenn um Mitternacht ein ahnungsloser Typ in Babylon auf den Knopf drückt.
Jonas: Bumm. Aber nicht für Babylon, für PH 1. Genial.
Mira: Ach, du wiederholst dich, Jonas.
Jonas: Die Typen in Silbergrau, eure Leute?
Mira: Exakt. Wir haben, wir haben vom Geheimdienst erfahren, daß, daß die Prekariatsverwaltung dich angeheuert hat, Jonas, und und da haben wir gleich zwei Killer auf dich angesetzt.
Jonas: Dann verstehe ich nicht, wieso du mich gerettet hast, Mira. Vorhin auf dem Dach. Auf dem Dach.
Mira: Eine Laune. Wollte sehen, was du für einer bist. Wußte ja nicht, wußte ja, wußte ja, wir würden dich kriegen, jederzeit, wann immer wir es wollen. Was… was.
Jonas: Keine Ahnung. Mira konnte nicht mehr reden, Jonas auch nicht. Und obwohl ich mich bemühte, die Augen offen zu halten, sah ich nichts, nur Schatten, die immer dunkler wurden, immer größer, ich verlor das Bewußtsein. Ich wachte auf, mit einem Brummschädel, aber ich konnte mich bewegen, die Fesseln lagen zerschnitten auf dem Boden, Mira und Rußlan waren nicht mehr da, ich hinkte rüber ins Zentrallabor, Karla und ihre Leute, alle weg. Ich sah auf die Monitorwand, die orientalischen Attentäter waren auch verschwunden, die silbergrauen CC-Typen waren noch da, allerdings mausetot. Das sah ich nicht auf einem Monitor, das sagte mir Sam, der war auch noch da.
Sam: Ein Tusch, Herr Kapellmeister. Trara. Ein bißchen Gas bringt Sam nicht um.
Jonas: Gas?
Sam: Ja, Giftgas, durch Karla in die Lagerräume geleitet, nachdem sie euer Gnaden Gespräch mit Miss Mira vernommen hatte. Menschen sind ja so schwach, so unzulänglich, eine Prise Giftgas, und siehe, sie waren einmal. Computer dagegen sind stark, ohne Fehl und Tüdel, äh Tadel.
Jonas: Hör auf dich in die Hühnerbrust zu werfen. Erklär mir lieber warum ich noch lebe. Karla hat doch sicher auch ins Konferenzzimmer Gas eingeleitet.
Sam: Hat sie, Herr Kammerjäger, jedoch kein tödliches Gift, vielmehr ein sanftes Betäubungsgäslein. Alldiweil besagte Dame in ihrem schwarzen terroristischen Herzen ein winziges warmes Plätzchen hat für einen gewissen Detektiv, ne pas?
Jonas: Mag sein, Karla ist also weg, mit ihren lebenden Bomben, im Bus nach Babylon. Wie spät Sam?
Sam: Mit dem Gongschlag ist es, oink, 19 Uhr 23 Minuten.
Jonas: Wir müssen hinterher Sammy, sie aufhalten. Wie? Gibt’s noch einen Bus?
Sam: Mit Neffen, äh Nichten. Wir fliegen, Kommandante, gegen England, sieh auf den Monitor.
Jonas: Im kreisförmigen Innenhof landete ein Helikopter, silbergrau, schwarzes Doppel-C am Rumpf. Kein Zwei-Personen-Winzling: Ein großes Gangship, bestückt mit Raketen und zwei schweren MGs.
Sam: Schneller geht’s nicht, Genosse.
Jonas: Ich vermute, der Helikopter soll die Typen vom Club Caligari abholen, bevor hier alles in die Luft geht. Zwei Piloten, die müssen wir ausschalten.
Sam: Null Problemo. Wir gehen nach unten, da liegen genug CC-Uniformen herum, wir suchen uns einen Typ, der eine ähnlich maskuline Statur aufzuweisen hat, wie Jonas, ziehen ihn aus, nehmen seinen Laser, und dann heia Safari.
Jonas: 20 Minuten später startete der Helikopter, mit neuen Piloten, und flog in die Wildnis, immer der Piste nach, Richtung Babylon. Es war schon ziemlich dunkel, als ich ihn sah, den Bus, ein Stück voraus, ich überholte ihn, knipste den Scheinwerfer an und knallte ihm eine Rakete vor die Motorhaube. Der Bus hielt. Jonas nahm über sein Bordradio Verbindung mit Karla auf.
Karla: Jonas, wie kommst du in diesen Helikopter?
Jonas: Erzähl ich dir vielleicht ein andermal. Jetzt haben wir keine Zeit.
Karla: Was willst du?
Jonas: Dein Projekt ist gestorben, Karla, du wirst den Bus wenden und mit den lebenden Bomben in die Wildnis fahren, immer weiter, bis ich halt sage, verstanden.
Karla: Und wenn ich mich weigere, wenn ich weiter Richtung Babylon fahre.
Jonas: Dann setze ich die nächste Rakete direkt in den Bus. Und alle gehen hoch, auch du und deine Stadtguerillas. Das muß nicht sein.
Karla: Gut, wir wenden.
Jonas: Und dann fährst du nach Südosten, dem Helikopter nach, weit weg von Babylon und von PH 1.
Karla: Verstanden.
Jonas: Noch was, Karla, falls du vorhast, euren Knopfdrücker in Babylon zu erreichen, laß es, Sam war in deinem Computer und hat die Verbindung gekappt.
Jonas: Eine halbe Stunde vor Mitternacht ließ ich den Bus halten, in einem Felsental, wo er keinen großen Schaden anrichten konnte. Karla und ihre Leute durften aussteigen, die Selbstmordattentäter blieben im Bus. Der Helikopter schwebte über der Szene. 10 Meter oder so, Jonas behielt alles im Auge.
Jonas: Was ist mit Mira und Rußla?
Karla: Die Verräter? Die sind noch im Bus.
Jonas: Steigen sie nicht aus?
Karla: Können nicht, wir haben Rußla die Beine gebrochen.
Jonas: Auch gut. Und jetzt lauft. Ihr habt einen mühsamen Weg vor euch. Durch die Wildnis.
Karla: Könntest du mich nicht im Helikopter mitnehmen, Jonas?
Jonas: Könnte ich. Aber ich will nicht. Als ich das letzte Mal mit dir im Helikopter flog, mußte ich abspringen in die karibische See. Lauf du nur, eine lange Wanderung fördert die Gehirntätigkeit, und das hast du nötig.
Karla: Danke.
Jonas: Keine Ursache, beeilt euch. Es ist jetzt, Sam?
Sam: 23 Uhr und 49 Minuten.
Jonas: Du weißt ja, was demnächst hier passiert, Karla.
Sam: Hehe.
Jonas: Karla und Gefolge verschwanden zwischen den Felsen, so schnell sie konnten. Jonas stieg auf 300 m und ließ den Helikopter über dem Bus kreisen, bis 3 Minuten vor 12. Dann flog ich ab, Richtung Babylon, mit Vollgas.
Sam: 7,6,5,4,3,2,1, zoro. Happy new year Boss…
Jonas: Turmhohe Flammen hinter uns, der Sternenhimmel wurde ausgelöscht durch eine gigantische schwarze Wolke. Ich fühle mich nicht gut, 100 lebende Bomben waren in Feuer und Rauch aufgegangen, Mira und Rußla auch, aber was hätte ich anderes tun können. Außerdem hatten sie es so gewollt, und verdient sowieso. Ich war müde und kaputt. Jonas ist nicht mehr 20, auch nicht mehr 30 oder 40, in den letzten 24 Stunden hatte ich kaum geschlafen, nichts gegessen, statt dessen ein intensives Sportprogramm, Treppensteigen, kriechen durch enge Höhlen, klettern, von Fesseln und Laserstrahlern gar nicht zu reden. Ich hatte genug. Am Nachmittag war Jonas wieder zuhause. Falls man ein schäbiges Büroapartment von 22 qm Zuhause nennen kann. Und auch Sammy bezog wieder sein gewohntes Gehäuse.
Sam: Ach, das tut gut, jetzt kann ein kleiner Computer sich doch mal wieder so richtig recken und strecken. Ah, welche Wohltat.
Jonas: Raum ist in der kleinen Hütte, Sam. Ruf die Prekariatsverwaltung an.
Sam: Soll ich? Heute? Am Neujahrstag. Spinnst du total.
Jonas: Also am nächsten Tag. Jonas erstattete seiner Auftraggeberin Bericht. Persönlich. Wie besprochen. Diesmal nicht im engen Beichtstuhl, in ihrem Büro. Und sie war auch nicht mehr Carmen, sie war Prekariatsoberrätin Sakalauskas. Was ich ihr mitteilte, schien sie wenig zu beeindrucken.
Carmen: Revolution, Stadtguerilla, Club Caligari, eine erstaunliche Geschichte. Kaum zu glauben.
Jonas: Ich habe Ihren Auftrag ausgeführt und dabei Babylon vor einem massiven Anschlag bewahrt. Und PH 1 vor der Zerstörung.
Carmen: Das sagen Sie. Haben Sie Beweise, eindeutige, stichhaltige gerichtsfeste Beweise? Also nicht. Das macht die Sache sehr, sehr schwierig. Hmh, ich werde sehen, was sich tun läßt. Sie hören von uns.
Jonas: Ich hörte, zwei Wochen später. Per Fon.
Computerstimme: Und deshalb gewähren wir Ihnen in Anerkennung geleisteter Dienste einen Aufschub bis zum 30. Juni 2017. Sie haben also ein halbes Jahr Zeit durch die Akquirierung des erforderlichen Zusatzeinkommens dafür Sorge zu tragen, daß Ihre Lizenz als privater Detektiv und damit Ihr Sozialstatus erhalten bleiben. Sollte Ihnen das nicht gelingen, Herr Jonas, verzagen Sie nicht, nicht jeder ist zu höherem berufen. Sie werden in eine Prekariats-Heimstatt umziehen. Dort erwartet Sie ein durchaus angenehmes Leben, sofern Sie keine überzogenen Ansprüche stellen. Das Amt für freie Berufe wünscht Ihnen noch einen schönen Tag. Auf Wiederhören.
Das war Comeback. Eine Folge der Science-Fiction-Krimiserie Jonas. Nur Jonas. Und Sam. Von Michael Koser. Nähere Informationen und die Folgen zum kostenlosen Download finden Sie unter jonas-nur-jonas-und-sam.de. Eine Produktion der Kanzlei Dr. Bahr. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Thomas Karallus, Vanida Karun, Werner Klein, Deef Pirmasens, Angelika Thomas, Henning Venske und Elena Wilms. Ton und Technik: Marcus Giersch und Christoph Guder. Aufgenommen im Tonstudio Fährhauston in Hamburg (2008). Regie: Werner Klein.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Mafia
Jonas: Abends war ich im Casablanca gewesen. Allein. Ich hatte an Jamaro gedacht. Kein Wunder, daß ich in der Nacht von ihr träumte. Ein erotischer Traum war’s leider nicht. Außer vielleicht für einen Bondage-Fan. Jonas ist keiner.
Jamaro: Hilf mir, Jonas! Sie haben mich gefangen, die Russen und ihr schwarzer Teufel! Im Aeropuert(o). Zuviel Technik. Ich war nicht stark genug. Und jetzt halten sie mich fest. Gefesselt, unter Drogen. Du mußt mir helfen, Jonas.
Jonas: Jamaro, indianische Medizinfrau. Schamanin. Vor einem halben Jahr waren wir uns begegnet. Drüben, in Costaguana. Die Totentanz-Geschichte. Wir waren uns nahegekommen. Sehr nahe. Bis Jonas nach Babylon zurückflog. Jamaro blieb dem Mörder ihres Stammes auf den Fersen. Dem schwarzen Schamanen aus Sibirien, der für die Kompania arbeitete. Die Russen-Mafia.
Jamaro: Ich soll auch für sie arbeiten. Sie wollen mich zwingen. Alle meine Geheimnisse wollen sie mir entreißen. Und wenn sie sie haben, werden sie mich töten. Komm, Jonas, komm zu mir! Hilf mir, Jonas! Bitte!
Jonas: Jamaro?
Jamaro: Bitte.
Jonas: Wo bist du, Jamaro? – Jamaro?
Jonas: Am Fon war nicht Jamaro. Es war Juno Belinda. Darling Belinda. Chefin des Sicherheitsdienstes Safety First. Wir kannten uns schon lange. Seit dem Antarkti-schen Krieg. Zuletzt hatten wir im Fall Attentat zusammen gearbeitet. August 2012.
Belinda: Es ist ein wunderschöner Morgen, Jonas, die Sonne scheint, die Vögel singen.
Jonas: In Babylon? Glaub ich nicht.
Belinda: Ist auch nicht wahr. Aber darauf kommt’s ja nicht an.
Jonas: Sondern?
Belinda: Auf die Haltung. Die innere Einstellung. Das positive Denken.
Jonas: Was willst du, Belinda?
Belinda: Dir was Gutes tun. Ich hab einen Job für dich.
Jonas: Danke. Für einen Sicherheitsdienst arbeite ich nicht. Ich bin Detektiv. Freier Detektiv.
Belinda: Der letzte. Ich weiß. Und auch noch stolz drauf. Krieg dich wieder ein, Jonas. Ich will dich nicht bei mir anstellen. Nur ein kleiner Aushilfsjob. Weil meine Leute zur Zeit alle anderweitig zu tun haben.
Jonas: Lieber nicht.
Belinda: Oh, der Herr sind total ausgebucht. Auftragsdatei voll bis zum Stehkragen – oder, Sammy?
Sam: Was? Äh, äh, äh, bitte Sam aus der Sache gütigst ausklammern zu wollen, Gnädigste. Ein Computer hört und gehorcht. Sonst nix.
Jonas: Was du nicht sagst, Sammy.
Sam: Genau das.
Belinda: Also, hör mal zu, Jonas. Ein paar Tage Ferien im Süden. Flug erster Klasse nach Palermo. Da mietest du dir eine Luxuskarosse. Oder von mir aus einen Helikopter. 5000 Euros Taschengeld.
Jonas: Es ging um den nächsten Eurogipfel. Alle drei Jahre treffen sie sich. Nicht die Politiker-Pappnasen und Plastikköpfe, die im Holo auftreten. Die echten Leiter und Lenker. Die Strippenzieher. Wirtschaft. Banken und Börsen. Forschung. Industrie. Medien und Kommunikation. Sie ziehen Bilanz. Und legen fest, wo’s in Zukunft langgeht.
Belinda: In fünf Tagen ist es soweit. Am 3. April 2016. Nicht in Davos oder Bilderberg, wie sonst, sondern im Centro Venti Venti. Dem hochmodernen neuen Kongreßzentrum in Sizilien. Und weil sich der Gipfel da zum ersten Mal trifft, haben die Teilnehmer aus Babylon mich beauftragt, die Sicherheitsvorkehrungen zu checken. Für einen Experten wie dich ist das eine Kleinigkeit.
Jonas: Ich werd mir’s überlegen.
Belinda: Was gibt’s da groß zu überlegen?
Jonas: Du hörst von mir, Belinda.
Sam: Greif zu, Knallschote. Dein Konto ist fast so leer wie deine Birne.
Jonas: Langsam, Sam. Bei meinen letzten Ausflügen in südliche Gefilde bin ich gewaltig auf die Nase gefallen. Ich sag nur Traumschiff. Und Knochenarbeit.
Sam: Wah, Schnee von gestern.
Jonas: Schnee, im Süden?
Sam: Egal. Ein neuer Fall, ein neues Glück. 5000 Euros, Mensch!
Jonas: Und dann Jamaro. Sie hat mich gerufen. Sie braucht Hilfe. Das war kein normaler Traum, Sammy.
Sam: Ganz recht, Herr Specht. Herr Schluckspecht. Das war ein alkoholischer Alb- und Katertraum, erzeugt vom sogenannten Whisky, welchen sich der Herr und Meister im Casablanca gestrigen Abends in Unmengen zugeführt habet äh bzw. eingeflößt hat, gelle?
Jonas: Davon war ich nicht so ganz überzeugt. Aber ansonsten hatte Sam recht. Sam hat meistens recht. Sam ist mein Computer. Er ist nicht nur schlau, er ist auch der Rede mächtig. Weniger vornehm ausgedrückt: Sam ist ein Quatschkopf. Eine Quasselstrippe. Sein Hersteller hat ihn seinerzeit mit Sprachprogrammen voll-gestopft. Und dann kräftig geschüttelt. Ein Versuchsmodell. Nie in Serie gegangen. Was besseres konnte Jonas sich nicht leisten. Damals, als er sich selbständig machte. Seitdem haben wir uns aneinander gewöhnt. Mehr oder weniger. Ich rief Belinda an. Und sagte zu. – 24 Stunden später flog ich den Leih-Helikopter über den Golf von Castellamare. Nordwest-Sizilien. Unter mir lag das Centro Venti Venti. Eine künstliche Insel mitten im Golf. Mit dem Festland verbunden durch einen schnur-geraden Damm. Der endete am Haupttor in der Mauer, die um die ganze Insel lief. Direkt vor dem Tor der Heliport. Ich landete. Stieg aus. Das Tor ging auf.
Juri Samarkand: Sieh da. Der große Sicherheitsexperte aus dem großen Babylon. Willkommen im Centro Venti Venti. Ich bin der Manager. Juri Samarkand. Äh, nennen Sie mich Juri. Und ihr Name ist äh?
Jonas: Jonas. Nur Jonas.
Juri Samarkand: Richtig. Jonas. Frau Belinda hat Sie angemeldet. Ich soll Sie herumführen, Ihnen alles zeigen, was Sie sehen wollen, äh und was wollen Sie sehen, Jonas?
Jonas: Ihre Sicherheitsmaßnahmen.
Juri Samarkand: Versteht sich. Eine pure Formalität, das versichere ich Ihnen. Unser Zentrum ist state of the art. Wir haben alles, was neu und gut und teuer ist: DNA Scanning, Voice Scanning, Retina Scanning, Face-Structure Scanning, Bodyheat Scanning, Monitor-Überwachung auch der entlegensten Ecken, überall Sensoren, überall Robodogs, kusch! Alles systhemisch integriert, rechnergesteuert und chaostheoretisch kalibriert, versteht sich.
Jonas: So. Und wenn Ihr Rechner abstürzt?
Juri Samarkand: Unmöglich.
Jonas: Versteht sich. Aber wenn doch?
Juri Samarkand: Äh dann, mein Lieber, greifen wir zurück auf die rustikalen Methoden der guten, alten Zeit. Mauer und Stacheldraht rundum, menschliches Wachpersonal mit Sturmgewehren, Laserstrahlern, Neurofreezern. Äh, kommen Sie.
Jonas: Wohin?
Juri Samarkand: Ich zeig Ihnen unsere Sicherheitszentrale. Mitten auf der Insel, im Tower, ganz oben. Da kriegen Sie den besten Eindruck.
Jonas: Die Insel war groß, und weitgehend grün. Hinter Tor und Mauer lag ein Park. Echtrasen. Echtbäume. Darüber ragte das Kongreßgebäude auf. Und darüber der Tower. Wir mußten nicht laufen. Wir fuhren. Standesgemäß, in einem offenen Golf-Cart.
Juri Samarkand: Den Golfplatz haben wir weiter hinten. 18 Loch. Das hier ist unser genuin sizilianischer Orangenhain. Im Sommer sollten Sie mal kommen, Jonas. Apfelsinen in allen Farben, so groß wie Bowlingbälle.
Jonas: Genmanipuliert?
Juri Samarkand: Hm, exklusiv für uns in Holland maßgeschneidert. Immer das Neueste, immer das Beste – das ist unser Motto.
Jamaro: Jonas! Du bist gekommen.
Jonas: Jamaro!
Jamaro: Hilf mir, Jonas! Hol mich raus! Jonas.
Jonas: Wo bist du, Jamaro?
Jamaro: Jonas!
Juri Samarkand: Äh, wie meinen Sie, Jonas?
Jamaro: Jonas!
Jonas: Ich habe nur laut gedacht.
Jonas: Sie war laut und klar, Jamaros Stimme in meinem Kopf. Diesmal konnte es nicht Jacobs Whisky sein. Fast mechanisch folgte ich dem Manager ins Kongreßgebäude. In den Lift, der uns zum obersten Stockwerk des Tower brachte. In die zentrale Sicherheitsanlage der Insel. Computer. Schaltpulte. Und Bildschirme. An allen Wänden Bildschirme. Dunkel und tot. Bis Juri Samarkand sie einschaltete.
Juri Samarkand: Wenn wir Gäste haben, ist die Anlage natürlich besetzt. Und dann aktivieren wir auch unsere Kuppel. Unsere wirkungsvollste Sicherheitsvorrichtung. Sie müssen sich das etwa so vorstellen wie den Klimadom über Babylon. Nur viel, viel moderner und effektiver. Wenn die Kuppel aufgebaut ist… so, dann kommt niemand und nichts rein oder raus. Kein Attentäter, kein Geschoß, keine Bombe, kein Laserstrahl.
Jamaro: Jonas! Hilfe! Hier bin ich!
Jonas: Wieder Jamaro. Und diesmal hörte ich sie nicht nur. Ich sah sie auch. Auf einem der Bildschirme. Sie lag auf einer Pritsche. Gefesselt. In einem kahlen Raum ohne Fenster. Neben ihr stand Utschym Schetan. Der schwarze Schamane aus Sibirien. In seiner speckigen Arbeitskleidung. Mit einem Menschenknochen drosch er auf seine Trommel aus Menschenhaut. Dabei sah er in die Kamera. Und fletschte seine graugelben Zähne. Dann war er weg. Mitsamt Jamaro. Samarkand hatte die Bildschirme abgestellt. Einen Laserstrahler aus der Tasche gezogen. Und auf Jonas gerichtet.
Juri Samarkand: Ich habe das Gefühl, Sie sind nicht bei der Sache, Jonas.
Jonas: Jamaro ist hier. Auf der Insel. In Ihrem Centro. Wo haben Sie sie versteckt?
Juri Samarkand: Sie werden lästig, Jonas. Platz, Smert! Paß gut auf ihn auf! Wenn er sich bewegt, beißt du! Wie gesagt, Jonas, Sie sind lästig. Ein Ärgernis. Wir haben gewisse Pläne, was den Eurogipfel betrifft, und würden es vorziehen, dabei nicht von verliebten, telepathisch alarmierten Detektiven gestört zu werden. Also haben wir Maßnahmen getroffen, uns Ihrer, mein Lieber, bereits im Vorfeld zu entledigen, und zwar.
Jonas: Ich nahm Juri den Laser ab. Er war überrascht.
Juri Samarkand: Smert! Faß, Smert!
Jonas: Und noch mehr überraschte es ihn, daß Robodog Smert gar nicht daran dachte, Jonas an die Kehle zu springen. Statt dessen machte er Männchen.
Jonas: Braver Hund! Und jetzt fall tot um!
Juri Samarkand: Ich versteh das nicht.
Jonas: Mein Computer. Während Sie herumgetönt haben, ist er in Ihrem System spazierengegangen. Und hat ihren Fiffi umprogrammiert. Ist doch viel netter so. Gut gemacht, Sammy.
Sam: Merci. Man dankt. Ganz einfach war es nicht, das muß ich sagen, doch Sammy kennt kein Zittern und kein Zagen. Analog, digital, das ist ihm egal. Er hackt und knackt und packt und zwackt und kackt.
Jonas: Das reicht, Sam. Wir müssen weg. Den Herrn hier nehmen wir mit. Als Geisel.
Juri Samarkand: Sie kommen nicht weit, Jonas. Die Wachen sind alarmiert.
Sam: Holdiodidö.
Jonas: Da hatte er recht. Leider. Als wir zum Tor zurückfuhren, sah ich sie. Mindestens 20. Schwerbewaffnet. Ein Ausweichmanöver war dringend angesagt. Ich klopfte Juri auf den messerscharfen Scheitel. Old Shatterhands berühmter Jagdhieb. Kurz, aber schmerzhaft. Dann sprang ich ab. Und wedelte wie ein Slalomläufer um die Orangenbäume.
Jonas: Welche Richtung, Sammy?
Sam: Nach hinten. Da geht’s raus.
Jonas: Ich will aber nicht raus. Ich muß zu Jamaro.
Sam: Ja, viel Freude wird die Lady an meinem Jonas haben, wenn er sich ihr als tote Leiche präsentiert. Merke: Erst das Leben, dann die Liebe. Es gilt, Prioritäten zu setzen. Zahllose wilde Wächter wollen dir was. Mensch, hau ab. Verschwinde wie die Wurst im Spinde, hihi hihi. Um Jamaro kannst du dich später kümmern, hihi hihi.
Jonas: Das nahm ich mir vor. Ganz fest. Und lief. Nicht zum Tor. Von da kamen die Wächter. Zurück. Vorbei am Kongreßgebäude. Und am Golfplatz. Bis es nicht mehr weiter ging. Ich stand vor der Mauer.
Sam: An der Mauer, vor der Mauer steht ne dumme Pflanze, gell Chef?
Jonas: Und jetzt, Sammy?
Sam: Jetzt, äh, ja, äh.
Jonas: Rüberklettern?
Sam: Was? Ne, Einspruch, Euer Ehren. Kraxeln ist ja soo anstrengend. Und total sinnlos. Weil, die Kuppel ist noch immer aktiviert.
Jonas: Dann schalt sie ab, verdammt noch mal.
Sam: Is nich drin, Meista. Nich uff die Schnelle. Hochkompliziertes System. Det braucht Zeit, ja, und haben wir Zeit?
Jonas: Ach. Ich dachte, Sam hackt und knackt…
Sam: Gut Hack will Weile haben.
Jonas: Keine Sprüche, Sam. Rat und Tat. Das ist ein Befehl.
Sam: Befehl. Jawoll. Sieh nach unten.
Jonas: Tu ich. Und?
Sam: Ja, was erblicken Dero Scharfsicht entzündete äh entzückende Augen?
Jonas: Häh? Meine Schuhe.
Sam: Gott, ist der lahm! Unter den Schuhen!
Jonas: Äh, da ist ein Gullydeckel.
Sam: Aha. Heb ihn hoch, roll ihn weg.
Jonas: So. Und jetzt seh ich eine senkrechte Röhre. Mit Sprossen, da.
Sam: Da steigst du munter, schnell mal runter.
Jonas: Ungern, Sammy. Huch, hier riecht’s aber nicht gut, du.
Sam: In der Tat, Sir. Wir scheinen wieder einmal in einem Fall von extrem schlechtem Odeur verstrickt zu sein.
Jonas: Ja, ich hab’s wörtlich gemeint, Sam. Hier, hier drin stinkt’s.
Sam: Jajaja.
Jonas: Oh, und es wird immer schlimmer.
Sam: Ja klar.
Jonas: Es wird immer schlimmer.
Sam: Ja, verläuft doch unter uns der Hauptwasserkanal, welcher Abfälle und sonstige menschliche Hinterlassenschaften auf direktem Weg ins Meer befördert.
Jonas: Du, ich hab so ne Ahnung, was jetzt kommt.
Sam: Ja, Luft an, Nase zu, und dann: Sprung ab, marsch, marsch!
Jonas: Es gab keine Wahl. Außerdem ist Jonas daran gewöhnt, von Sam durch die Scheiße gejagt zu werden. Allerdings noch nie so lange wie diesmal. Ich war nah am Ersticken, als ich auftauchte. Weit draußen im Golf von Castellamare. Gut einen Kilometer vor der Insel. Ich schnappte nach Luft. Und versuchte, mich notdürftig abzuspülen. Dann schwamm ich in Richtung Festland. Nicht gerade schnell. Bis ich was hörte. Motorengeräusch. Ein Boot von der Insel. Es kam direkt auf mich zu. Das gefiel mir nicht. Ich legte einen Zahn zu. Aber das Boot war schneller. Plötzlich noch ein Motorengeräusch. Ein zweites Boot. Vom Festland. Maschinenpistolen ratterten übers Wasser. Das Boot von der Insel drehte ab. Fuhr zurück. Das andere kam näher. Was ging hier vor?
Sam: Unzureichende Daten, Hochwürden. Insofern: Nix Genaues weiß man nicht.
Jonas: Unsere Rutschpartie durch den Schiet hast du offenbar gut überstanden.
Sam: Ja, Halle-halleluja. Dank dem Herrn Jonas, der in seiner unendlichen Güte seinem Sam einen absoluten undurchdringlichen Mikrofaser-Anzug spendiert und ihn sowohl wasser-, abwasser-, als auch wasserabwehrdicht gemacht hat. Was man von anderen Anwesenden nicht unbedingt behaupten kann.
Jonas: Du stinkst trotzdem.
Sam: Ja, auch Exzellenz stinken zum hohen Himmel, und was Durchlaucht da in den Haaren hängt, wuäh, igitt, pfui Teufel.
Basta: Hallo!
Pronto: Ahoi!
Basta: Kommen Sie ins Boot.
Pronto: Und halten Sie die Hände so, daß wir sie gut im Blick haben.
Sam: Ach du liebes Meingottchen, wie sehen die denn aus?
Jonas: Berechtigte Frage. Die beiden jungen Männer, die mich in ihr Boot zogen, trugen Anzüge, so schwarz wie ihre geölten Haare. Mit breiten weißen Streifen. Dazu Gamaschen. Schwarzweiße Schuhe. Weiße Krawatten zu schwarzen Hemden. Und antike Maschinenpistolen Typ Thompson. Ein historisches Outfit. Voll durchgestylt. Voriges Jahrhundert, 20er, 30er Jahre. Gangster. Chicago. Al Capone. Humphrey Bogart.
Jonas: Seid ihr aus einem Museum entsprungen? Oder wird hier ein Film gedreht?
Basta: Später.
Pronto: Die Nonna wird Ihnen alles erklären.
Jonas: Die Nonna? Ihre Frau Großmutter?
Basta: Sie will Sie sehen.
Pronto: Wir bringen Sie zu ihr.
Jonas: Die Großmutter der beiden Typen residierte offenbar auf dem Festland. Wir landeten in einer einsamen Bucht an der Westseite des Golfs von Castellamare. Vom Steg führte ein steiler Fußweg den Berg hoch. Oben stand ein Haus. Ein unschöner weißer Kasten. Mit einer gewaltigen Aussicht auf den Golf. Meine Begleiter schoben mich durch die Tür. Innen wartete eine alte Frau. Sehr alt. Weißhaarig. Nicht groß, aber breit. In einem schwarzen Taftkleid.
Nonna: Sehr gut, Basta. Sehr gut, Pronto. Wer ist der Mann?
Jonas: Ich kann selbst reden. Jonas ist der Name. Nur Jonas.
Nonna: Nur Jonas? Aus Babylon?
Jonas: Ja.
Nonna: Sie sind der letzte Detektiv!
Jonas: Haben Sie was dagegen?
Nonna: Keineswegs. Ich bin hocherfreut. Ihr Ruhm ist bis nach Sizilien gedrungen. Willkommen! Willkommen bei der Familie Malavita. Ich bin Donna Benedetta Malavita.
Basta: Die Nonna.
Pronto: Die Patin.
Nonna: Mein Gatte, Don Antonio Malavita. Meine Nichte Alessandra.
Jonas: Jetzt sah ich sie erst, in einer dunklen Ecke des Zimmers. Ein schlafender Greis im Rollstuhl. Auf dem Schoß eine Maschinenpistole. Daneben eine unscheinbare Frau unbestimmten Alters. Auch in schwarz.
Nonna: Alessandra kümmert sich um Don Toni. Seit er vor 30 Jahren bei Familienstreitigkeiten in New York schwer verletzt wurde, ist er an den Rollstuhl gefesselt. Er kann nicht mehr gehen.
Basta: Nicht mehr reden, nicht mehr hören, nicht mehr denken.
Pronto: Aber schießen kann er noch.
Nonna: Meine Urenkel kennen Sie bereits. Gianluca und Leoluca Malavita.
Basta: Genannt Basta und Pronto.
Pronto: Die tödlichen Twins.
Nonna: Geht wieder auf eure Posten!
Basta: Si, Nonna.
Pronto: Bene.
Jonas: Die beiden stellten sich ans Fenster. Und sahen hinaus. Auf den Golf. Wegen der schönen Aussicht? Das konnte ich mir nicht vorstellen.
Nonna: Wir beobachten die Insel. Das Centro Venti Venti.
Jonas: Warum?
Nonna: Wir wissen, daß dort in wenigen Tagen der Eurogipfel stattfinden wird. Und wir wissen auch, daß die Russen das Zentrum übernommen haben. Weil sie einen großen Coup im Schilde führen.
Jonas: Die Russen-Mafia?
Nonna: Äh, wenn wir Freunde bleiben wollen, Jonas, dann nennen Sie die russische Kompania nicht Mafia. Niemals. Es gibt nur eine Mafia. Die echte, die wirkliche, die historische, die einzige. Die Cosa Nostra. Und das sind wir.
Basta: Das heißt, der Rest.
Pronto: Was von der Mafia noch übrig ist.
Nonna: Und das ist, wie Sie sehen, Jonas, nicht eben viel. Eine Familie. Sie haben uns dezimiert, die Russen, sie haben uns aus dem Geschäft gedrängt, unsere Firmen übernommen, uns aus Amerika vertrieben, und jetzt kommen sie auch noch hierher, nach Sizilien.
Basta: In unsere Heimat.
Pronto: Unseren eigenen Hinterhof.
Nonna: Das lassen wir uns nicht bieten. Wir behalten sie im Auge und, was immer sie vorhaben, wir werden einschreiten!
Basta: Wir werden ihnen die Suppe versalzen.
Pronto: Und kräftig reinspucken.
Jonas: Die Kompania im Centro, mit Jamaro, ich muß meine Auftraggeberin anrufen!
Jonas: Die Kompania hat den Tagungsort unterwandert, sagte ich Belinda. Der Gipfel ist gefährdet. Sie nahm die schlechte Nachricht ausgesprochen cool auf.
Belinda: Das kriegen wir schon hin. Wo steckst du, Jonas?
Jonas: Über dem Golf. In einem Bungalow in äh wie heißt das hier?
Nonna: Monte Speziale.
Jonas: Am Monte Speziale.
Belinda: Gut. Bleib da. Rühr dich nicht. Warte auf meinen Anruf. Ich werde das Nötige veranlassen. Bis dann.
Jonas: Arrivederci, Belinda. Ich hatte nicht vor, ihren Anweisungen zu folgen. Jamaro war im Centro. Gefangen. In Gefahr. Ich mußte zurück zur Insel. So schnell wie möglich. Vielleicht würden die Malavitas mir helfen. Ich wollte das mit der Nonna besprechen. Aber es kam was dazwischen.
Basta: Ein Helikopter, Nonna!
Pronto: Von der Insel!
Basta: Mit Raketen!
Pronto: Und MG!
Nonna: Die Russen. Sie greifen uns an.
Basta: Jetzt sind sie über uns!
Pronto: Sie wollen auf dem Dach landen!
Nonna: Wir setzen uns ab. Plan B. Mach die Klappe auf, Alessandra.
Allesandra: Si, Mama.
Nonna: Basta und Pronto, ihr tragt den Rollstuhl mit Don Toni.
Basta: Si.
Pronto: Bene.
Nonna: Kommen Sie, Jonas.
Jonas: Unter der Falltür im Boden führten Stufen nach unten. In einen Felsenkeller. Und da fing ein Gang an. In den Berg. Mit leichter Neigung nach unten. Das war unser Fluchtweg. Nach etwa 200 Metern hielten wir. Die Nonna öffnete eine in die Felswand eingelassene Stahltür. Hinter ihr war eine Monitor-Anlage. Die Nonna schaltete sie an. Auf dem Bildschirm erschien der Bungalow. Von außen. Der Helikopter war gerade auf dem flachen Dach gelandet. Bewaffnete steigen aus. Die Nonna nickte zufrieden. Und drückte auf einen roten Knopf.
Basta: Hurra!
Pronto: Eins zu null für uns!
Basta: Die Russen haben ihren Helikopter verloren!
Pronto: Und 10 Mann, mindestens!
Jonas: Ihr Haus ist aber auch draufgegangen.
Nonna: Das macht nichts. Es war häßlich. Und wir brauchen es nicht mehr. Die Feindseeligkeiten sind eröffnet. Weiter! Wir haben noch einen langen Weg vor uns.
Jonas: Etwa 5 Kilometer. Durch den Berg. Immer schräg nach unten. Und dann waren wir angekommen. In einem gutbestückten Weinkeller. Darüber lag ein weiter, heller Raum. Bunte Teppiche auf blauen Fliesen. Massive Echtholzmöbel. An den Wänden Heiligenbilder in schreienden Farben. Und eine überlebensgroße Madonna aus bemaltem Gips. Direkt neben ihr hingen Waffen: Maschinenpistolen. Und Handgrananten. Es roch nach Wein und Weihrauch, nach Friedhof, Knoblauch und Olivenöl. Vor dem riesigen Fenster eine große Terrasse. Palmen in Tonkübeln. Und ein Automobil. Ein antiker Cadillac in schwarz und gelb.
Basta: Großonkel Als berühmte Panzerlimousine. 1928.
Pronto: Nonna hat sie aus Chicago mitgebracht.
Nonna: Sie befinden sich in der Villa Malavita, Jonas. Am Standrand von Castellamare. Stammsitz und Hauptquartier der Familie Malavita. Nun, was sagen Sie?
Jonas: Eindrucksvoll. Ich kann ihn spüren. Hier weht er.
Nonna: Wer?
Jonas: Der Wind der Geschichte.
Jamaro: Jonas! Hilf mir! Hast du mich vergessen?
Jonas: Nein, Jamaro. Signora Malavita, ich muß ins Centro!
Nonna: Nennen Sie mich Nonna, wie die anderen.
Jonas: Die Russen halten da eine Freundin von mir fest.
Nonna: Die wollen Sie rausholen. Und dazu brauchen Sie unsere Hilfe.
Jonas: Allein werde ich’s kaum schaffen.
Nonna: Wir tun uns zusammen, Jonas, Sie helfen uns, wir helfen Ihnen. Was schlagen Sie vor?
Jonas: Ein Kommando-Unternehmen. Ein kleiner Stoßtrupp dringt ein. Holt Jamaro. Kommt mir ihr zurück.
Nonna: Basta und Pronto, ihr geht mit Jonas.
Basta: Aber sicher.
Pronto: Mit Vergnügen.
Jonas: Frage: Wie kommen wir ins Centro?
Nonna: Na, hat ihr schlauer kleiner Computer das Sicherheitssystem noch immer nicht geknackt?
Jonas: Sam?
Sam: Sam arbeitet dran.
Nonna: Also noch nicht.
Sam: Oma, du hast ja keine Ahnung. Das ist Elektronik, capisc’? Hochmoderne Technik. Schwerstarbeit. Da muß ein kleiner Computer mächtig transsibirien Korrektur transpirieren.
Jonas: Halt die Backen, Sam, knack weiter.
Sam: Ja.
Nonna: Also machen wir’s auf unsere Art. Wissen Sie, Jonas, hier, wo wir zuhause sind, hier sind wir noch wer. Wir werden respektiert, wir haben Einfluß und Verbindungen. Zu den hier ansässigen Firmen zum Beispiel, die das Centro Venti Venti beliefern.
Jonas: Am nächsten Morgen fuhr ein E-Laster über den Damm zur künstlichen Insel. Viveri stand dran, und Traffico all Ingrosso. In der Fahrerkabine saßen Basta und Pronto. In weißen Kitteln. Darunter Maschinenpistolen. Die Ladung bestand aus diversen Lebensmitteln. Aus Handgranaten. Dynamitstangen. Und aus Jonas. Der auch eine MP hatte. Auf der Höhe des Heliports, wo noch immer mein Helikopter wartete, führte eine Rampe nach rechts. Am Haupttor vorbei. Zum Lieferanteneingang. Basta winkte freundlich. Der Wächter drückte auf einen Knopf. Das Tor ging auf. Wir fuhren ein. In die Sicherheitsschleuse. Von hier ab mußten wir uns den Weg freisprengen. Und freischießen.
Basta: Das war der Wächter.
Pronto: Er ruhe in Frieden.
Jonas: Basta, Dynamit an die Innentür.
Basta: Si.
Jonas: Pronto, gib Feuerschutz.
Pronto: Berto.
Juri: Hallo, Jonas. Ich heiße Sie zum zweiten Mal im Centro Venti Venti willkommen. Wir sind auf Sie vorbereitet. Unsere parapsychologische Wunderwaffe, der Schamane aus Sibirien, hat Ihre Gedanken gelesen und uns gewarnt.
Jonas: Juri Samarkand. Nicht leibhaftig. Auf einem Bildschirm, der plötzlich hell geworden war. Seine elegante Erscheinung wurde durch einen Kopfverband erheblich beeinträchtigt. Was Jonas erfreute. Aber das war auch der einzige Grund zur Freude.
Juri: Ihr törichter Drang, die Indianerin zu befreien, macht Sie für uns zu einem immer massiveren Störfaktor, Jonas. Darum haben wir beschlossen, obwohl wir Jamaro gern an der Seite des Schamanen für unsere Ziele eingesetzt hätten, das Objekt Ihrer Begierde ein für allemal zu beseitigen. Utschym Schetan! Fang an!
Utschym: How.
Jonas: Juri trat zurück. Ich sah Jamaro. Sie lag auf der Pritsche. Anscheinend bewußtlos. Der schwarze Teufel tanzte wie ein tapsiger Bär um sie herum. Und trommelte. Jamaro fing an zu zittern. Zu zucken. Plötzlich öffnete sie die Augen. Sie sah mich an. Bäumte (Beugte) sich auf. Blut strömte ihr aus Mund und Nase. Sehr viel Blut. Sie fiel zurück. Und lag da. Ganz still. Mit offenen Augen.
Juri: Gut gemacht, Utschym Schetan.
Utschym: How.
Juri: Jamaro ist tot.
Jonas: Nein.
Juri: O doch. Tot wie ein Türnagel. Sie sehen, Jonas: Ihr weiterer Aufenthalt auf unserem Gelände ist zwecklos.
Jonas: Nein!
Jonas: Ich sah rot. Ich feuerte auf den Bildschirm. Auf Wände und Türen. Bis ich einen heftigen Schlag auf den Kopf kriegte. Von hinten. Und zusammenbrach. Ich wachte auf. In der Villa Malavita. Der Kopf tat mir weh. Aber das war nichts gegen den Schmerz tief innen.
Jonas: Jamaro ist tot. Sie haben sie umgebracht, der schwarze Teufel und Samarkand.
Basta: Sie sind ausgerastet, Jonas.
Pronto: Wir mußten Sie beruhigen.
Basta: Nichts für ungut.
Pronto: Das Unternehmen haben wir abgebrochen.
Jonas: Ich mußte ihnen recht geben. Trotz meiner Trauer. Und meiner Wut. Wir wären alle drei draufgegangen. Jetzt konnten wir das tun, was getan werden mußte. Ich dachte nicht an Belinda. Nicht an meinen Auftrag. Ich dachte nur an Rache. Rache an Jamaros Mördern. Die Malavitas waren einverstanden. Sie wollten die verhaßte russische Konkurrenz vernichten. Wir hielten Kriegsrat. Die Nonna. Jonas. Und Sam.
Sam: Ein Tusch, Herr Kapellmeister! Tatatatui. Meine Daumen und Hirn, es halt geschnackelt, System ist geknackelt, na Oma, wat sachste nu?
Nonna: Ihr Computer ist recht laut, Jonas.
Sam: Wat bin ich?
Jonas: Da sind Sie nicht die erste, die das feststellt. Und sensibel ist Sam, weiß Gott, auch nicht gerade.
Sam: Ja, aber schlau. Und gerissen. Und einmalig clever. Sozusagen genial. Und absolut und total ganz und gar unentbehrlich.
Jonas: Leider, aber wie auch immer, jetzt kommen wir rein. Ins Centro.
Nonna: Sie meinen, Frontalangriff? Durchs Tor und über die Mauer?
Jonas: Was denn sonst?
Nonna: Wir bleiben draußen und lassen die Russen kommen. Wir räuchern die Bande aus. Ihr Sam wird die Schutzkuppel aktivieren.
Sam: Wat werd’ ich?
Jonas: Deaktivieren, wollten Sie sagen.
Nonna: Na, er wird sie aktivieren. Und aufrechterhalten.
Sam: Na, Peanuts. Macht Sammy mit links.
Nonna: Oben in der Kuppel ist ein Loch.
Sam: Yes, für den Ausstoß von CO2. Kohlendioxid. Sehr ungesund. Nur 25 cm Durchmesser.
Nonna: Da wird Gas eingeleitet. Reizgas, Tränengas, Mace. Was die Polizei so hat.
Jonas: Die Polizei?
Nonna: Die brauchen wir natürlich. Aber das ist kein Problem. Wie es der Zufall will, ist Großneffe Salvatore Malavita Chef der Polizei von Palermo.
Sam: Ja ist es denn die Possibility?
Nonna: Wir warten ein paar Stunden. Dann gehen wir rein. Mit Gasmasken. Wir sammeln die hilflosen Russen ein und lassen sie verschwinden. D’accordo?
Sam: Akkordeon?
Jonas: Am frühen Nachmittag lief sie an. Die Operation Rattenjagd. Die Russen saßen auf der Insel. Und fühlten sich sicher. Unter der undurchdringlichen Kuppel. Bis der Polizei-Helikopter kam. Mit einem Schlauch. Und einer gigantischen Gasflasche. Als die leer war, wurde das Loch abgedichtet. Der Helikopter flog zurück nach Palermo. Um die Insel waren Boote postiert. Voll mit Carabinieri. Falls die Russen versuchten, durchs Abwasser zu fliehen. Wie Jonas. Vor dem Haupttor standen wir. Jonas. Und die Mafia: Die Nonna. Basta und Pronto. Nichte Allesandra, und Don Toni im Rollstuhl. Er schlief nicht, ausnahmsweise. Er streichelte seine MP. Und lachte. In freudiger Erwartung. Die Nonna sah auf die Uhr.
Nonna: Zwei Stunden. Das sollte reichen.
Jonas: Denk ich auch. Kuppel deaktivieren, Sam.
Sam: Zu Befehl. Piep. Kuppel ist deaktiviert.
Jonas: Dann sollten wir die Gasmasken, Moment. Was ist das?
Basta: Das Tor! Es geht auf!
Pronto: Und zwei kommen raus.
Jonas: Juri Samarkand, und der schwarze Schamane.
Juri Samarkand: Sie wundern sich, uns gesund und munter vor sich zu sehen, unbeeinträchtigt von ihrem hinterhältigen Gasangriff? Sehen Sie, mein Freund Utschym Schetan war so freundlich, uns beiden mit seinen speziellen Fähigkeiten die giftigen Schwaden vom Leib zu halten. Es war gar nicht leicht, und man sollte annehmen, er sei jetzt schwach und erschöpft. Aber ich kann ihnen versichern, das ist nicht der Fall. Ganz und gar nicht.
Utschym: How.
Nonna: Erschießt die beiden.
Sam: Jessesmaria.
Jonas: Es ging nicht. Die Maschinenpistolen versagten. Alle. Der Schamane hatte Macht über sie. Er trommelte. Juri grinste. Mir fiel was ein. Was Jamaro mir früher mal gesagt hatte. Im Regenwald von Costaguana.
Jonas: Messer! Über Messer hat er keine Macht. Basta! Pronto! Stecht zu!
Basta: Bene.
Pronto: Machen wir.
Jonas: Es stimmte. Der Schwarze hatte keine Macht über Messer. Aber er hatte Macht über Menschen. Basta und Pronto… wollten auf Juri und den Schamanen losgehen, aber sie konnten nicht, sie wendeten sich gegeneinander…
Juri Samarkand: Das kommt davon. Mein Beileid, verehrte Signora Malavita, ihre ohnehin winzigkleine Familie ist nun noch mehr zusammengeschrumpft. Seien Sie froh, wenn wir es dabei bewenden lassen. Leben Sie wohl. Ach, äh, Ihren zugelaufenen Detektiv, den überlassen Sie besser uns. Wir nehmen ihn mit, als Geisel und Schutzschild.
Jonas: Ob ich wollte oder nicht, ich mußte ihnen folgen. Zu meinem Leih-Helikopter auf dem Heliport. Sie fesselten mich. Und banden mich an ein kurzes Seil. Das machten sie am Helikopter fest. Sie stiegen ein. Juri setzte sich ans Steuer. Der Helikopter startete. Flog eine große Kurve über den Golf. Jonas hing unten dran. Drehte sich. Pendelte hin und her. Unter mir sah ich Bewegung. Der Bann des Schamanen war offenbar aufgehoben. Die Nonna beugte sich über ihre toten Urenkel. Don Toni im Rollstuhl sah dem Helikopter nach. Hob seine MP. Zielte kurz. Und drückte ab. Ein Ruck. Der Schuß hatte das Seil durchtrennt. Jonas fiel. Klatschte ins Wasser. Ging unter. Kam hoch. Ging wieder unter. Kam noch mal hoch. Bevor ich ganz ertrunken war, fischten mich die Carabinieri auf. Derweil verschwand der Helikopter mit Juri und dem Schamanen am nördlichen Horizont. Am Abend saßen wir in der Villa Malavita zusammen. Don Toni schlief wieder. Den Schlaf des Gerechten und Zielsicheren. Behütet von Alessandra. Die Nonna und ich, wir hatten nur einen Gedanken.
Nonna: Vendetta.
Jonas: Rache.
Nonna: Für Basta und Pronto.
Jonas: Für Jamaro.
Nonna: Wir werden sie töten, Samarkand und den Schwarzen.
Jonas: Das werden wir, Nonna. Aber dazu müssen wir sie erst haben.
Nonna: Wir werden sie finden.
Jonas: Sicher, bloß wo?
Sam: Hach, da sitzen sie und zermartern ihre mickrigen Gehirne. Menschen! Warum fragt ihr nicht Superhirn Samuel, Computer, extraordinaire?
Jonas: Willst du uns erzählen, du weißt, wo die beiden stecken, Sammy?
Sam: Nun, äh man hätte diesbezüglich, unter Umständen, gewissermaßen, sozusagen, irgendwie so eine Art Idee.
Jonas: Raus damit.
Sam: Leute, tretet rings heran, hört euch die Geschichte an, hört, was bald zu Babylon.
Jonas: Kurz, Sam, bitte, und in Prosa, für deine Gedichte oder was du dafür hältst hab ich im Moment keinen Nerv.
Sam: Banause. 8. April 2016 Eröffnung Themenhotel Metropole in Babylon. Betreiber ist Strohfirma für Kompania, munkelt man.
Nonna: Das ist mir bekannt. Man ist deshalb vor einiger Zeit an unsere Familie herangetreten. Wegen Onkel Als Panzer-Cadillac. Den wollte man gern für das neue Hotel kaufen.
Jonas: Warum denn das?
Sam: Metropole, Dummi. Themenhotel, Weichkeks. Das Thema ist Al Capone. Gangster, Mafia, Chicago, Prohibition, Roaring Twenties. Und wo hatte Omas berühmter Onkel Alphonse sein Hauptquartier? Na? Hotel Metropole, Chicago, Michigan Avenue.
Nonna: Wir haben den Wagen natürlich nicht hergegeben.
Sam: Wenn also die Kompania hinter dem neuen Hotel in Babylon steckt und wenn Gospodin Juri Samarkand sowas wie der Hotelier der Kompania ist, dann, allerwertester Jonas, herzliebste Omama.
Jonas: Dann eröffnen sich uns gewisse Möglichkeiten.
Sam: Na bitte.
Jonas: Eine Woche später. Babylon. Markgrafenboulevard. Das neue Themenhotel Metropole wurde festlich eröffnet. Der übliche Auftrieb. Nur geladene Gäste. Nur sogenannte Prominenz. Die Bürgermeisterin natürlich. Holo-Stars. Der Serienmörder der Woche. Superbosse. Bischöfin und Erzdruide. Angesagte Drogen-Designer. Der Hochadel. Und Jonas. Sam hatte mir eine Einladung besorgt. Wie? Das müssen Sie ihn schon selbst fragen. Computer haben ihre kleinen Geheimnisse. Ich war also da. Wanderte herum. Es gab Echtwhisky. Stilecht aus Teetassen. Cocktails aller Art. Echtchampagner. Das echtmenschliche Personal machte auf Gangster und Charleston-Girls. Echtmusiker spielten Uraltjazz. Nostalgiker Jonas fühlte sich gut. Und vergaß fast, weshalb er gekommen war. Bis er Belinda traf.
Belinda: Jonas, was machst du denn hier?
Sam: Jonas, was machst du denn hier?
Belinda: Oh, der alte Sam.
Jonas: Ich trinke. Echten Scotch. Sowas kann ich mir zuhause nicht leisten. Dein Wohl, Darling Belinda.
Belinda: Du bist eingeladen?
Jonas: Nein. Aber du natürlich. Du bist sogar ein ganz spezieller Ehrengast, nehm ich an.
Belinda: Meinst du? Warum?
Jonas: Weil das Hotel der Kompania gehört. Und du gehörst auch der Kompania.
Belinda: Haha, ich? Wie kommst du denn auf die Idee?
Jonas: Drei Gründe. Erstens. Gleich nachdem ich dich angerufen und dir gesagt hatte, wo ich stecke, haben die Russen den Bungalow der Malavitas angegriffen. Zweitens. Die Kompania hat das Centro Venti Venti unterwandert, hatte ich dir gesagt. Du hast nichts unternommen. Der Gipfel wurde nicht abgesagt. Warum hast du die Warnung nicht weitergegeben?
Belinda: Das muß ich glatt vergessen haben. Und drittens?
Jonas: Es gab gar keinen Auftrag für dich, die Sicherheitsvorkehrungen in Sizilien zu checken. Sam hat sich mal in deinen Daten umgesehen.
Sam: Ja grüß Gott, gnädige Frau, wie geht’s, wie steht’s, wie schauts, kiß die Hand, bussi bussi.
Belinda: Du mich auch, Sam. Kreuzweise.
Sam: Jawohl.
Jonas: Warum hast du mich nach Sizilien geschickt, Belinda?
Belinda: Wegen dieser Indianerin.
Jonas: Jamaro?
Belinda: Wir wußten, daß sie mit dir in Verbindung stand. Telepatisch. Unser Schamane hat ihre Hilferufe abgehört. Wir machten uns Sorgen, du könntest durch Jamaro zuviel erfahren, womöglich überraschend eingreifen und unseren großen Coup stören. Wir wollten dich vorher aus dem Verkehr ziehen. Zu unseren Bedingungen. In aller Gemütsruhe.
Jonas: Darum hast du mich Juri Samarkand auf dem Tablett serviert. Mich ans Messer geliefert.
Belinda: Gott, wenn du es so melodramatisch ausdrücken willst.
Jonas: Der große Coup worum ging’s da eigentlich, Kidnapping der Gipfelteilnehmer.
Belinda: Ah, nicht doch. Das ist Altmafia-Stil. Überholt. Uninteressant. Die Gipfelteilnehmer sollten abgehört werden.
Jonas: Wanzen?
Belinda: Ach was. Jeder Gipfelmensch hätte seine Sicherheitsexperten mitgebracht, und die hätten jede Wanze gefunden.
Jonas: Also mental. Telepatisch. Durch den Schwarzen Schamanen. Und Jamaro sollte auch dazu gezwungen werden.
Belinda: Genau, Jonas. Und da bist du ganz allein draufgekommen? Ohne Sam?
Sam: Oh da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich, doch wie spricht Volkes Stimme, pock, pock, pock, pock, auch ein blindes Huhn trinkt mal einen Korn, hick.
Jonas: Sam, halt die Klappe. Ich verstehe, Belinda. Wenn die Kompania weiß, welche Weichen in den nächsten Jahren gestellt werden, kann sie die richtigen Aktien kaufen, die richtigen Immobilien, in die richtigen Branchen investieren.
Belinda: Und so weiter. Elegant, nicht wahr? Und viel einträglicher als Kidnapping. Komm mit, Jonas. Ich will dir was zeigen.
Sam: Nana.
Jonas: Belinda ging voraus. Zu einem Lift, der nur mit Sonder-Paßscheibe funktionierte. Belinda hatte eine. Wir fuhren nach unten.
Jonas: Aus eurem großen Coup ist ja nun nichts geworden, Belinda.
Belinda: Das verdanken wir dir, Jonas, und diesen sizilianischen Dorftrotteln. Mit denen rechnen wir später ab. Was dich betrifft, Jonas.
Juri Samarkand: Willkommen im Metropole, Jonas. Ich bin der Manager, Juri Samar… was rede ich da, äh das wissen Sie doch. Es scheint mein Schicksal zu sein, Sie immer wieder willkommen heißen zu müssen. Äh, treten Sie nur näher. Meinen Freund Utschym Schetan kennen Sie ja bereits.
Jonas: Sam. Gehirnblockade.
Sam: Wüßte nicht, was es da viel zu blockieren gäbe, Kumpel. Piep. Okay. Blockade steht.
Jonas: Om mani padme hum.
Sam: Om mani padme hum.
Jonas: Samarkand. Ein bewaffneter Bodyguard. Und der Schamane. Sie saßen hinten. An der Wand der großen Halle. Offensichtlich eine Garage. Vor einer anderen Wand standen drei antike LKW. Alte Autoteile lagen herum. Es roch nach Öl und Benzin.
Belinda: Ein historisch getreuer Nachbau der Garage in der North Clark Street, Chicago. Wo das berühmte Massaker am St. Valentinstag stattfand.
Juri Samarkand: 1929, am 14. Februar. Al Capone – Ihnen ist das zweifellos bekannt, Jonas – Capone hat sich damals seiner schärfsten Konkurrenten entledigt.
Jonas: Om mani padme hum, Om mani padme hum.
Sam: Om mani padme-he, Om mani padme-he.
Jonas: Immer wieder sagte ich leise das buddhistische Mantra auf. Vorsichtshalber. Falls Sams Blockade meiner Hirnfrequenzen nicht 100prozentig wirkte. Und der Schamane doch den einen oder anderen meiner Gedanken lesen konnte. Danach sah es allerdings nicht aus. Utschym Schetan wirkte verunsichert. Er schüttelte den Kopf. Rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Schließlich griff er sich die Trommel. Und klopfte ein bißchen darauf herum.
Juri Samarkand: Das wird der Höhepunkt unserer Einweihungsfeierlichkeiten, Jonas. Eine szenische Darstellung des Massakers. Dafür hätten wir gerne Al Capones Original-Automobil benutzt, aber da die Besitzer sich nicht davon trennen wollten, haben wir’s nachbauen lassen. Besetzt wird es von ein paar schauspielerisch begabten Exekutivorganen in unseren Diensten. Wir erhoffen uns eine umwerfende Performance, einen grandiosen Event.
Belinda: Und daran, finde ich, sollten wir Jonas teilhaben lassen.
Juri Samarkand: Jonas teil… ahaha, als Opfer, ausgezeichnete Idee, meine Liebe. Aber nicht bei der eigentlichen Vorführung. Wenn unsere prominenten Gäste hier sein werden, um die Show mitzuerleben. Das könnte zu Problemen führen. Zu unwillkommenen Fragen.
Belinda: Bei der Generalprobe. Jetzt gleich. Da sind wir ganz unter uns. Deshalb habe ich ihn doch hergebracht.
Juri Samarkand: Sehr gut. Boris, gehen Sie raus auf den Hof, wo der Cadillac steht. Bei der Probe sollen unsere Gangster ihre Tommyguns mit scharfer Munition laden. Eigens für Jonas.
Boris: Si Commodore.
Jonas: Bodyguard Boris entschwand nach hinten. Wo eine Rampe nach oben führte. Inzwischen wurde der Schamane immer unruhiger. Er ahnte, daß gleich was schlimmes passieren würde. Jonas wurde an die gegenüberliegende Garagenwand gestellt. Juri grinste. Belinda lächelte. Ich stand da. Om mani padme hum. Eine Minute verging. Eine sehr lange Minute. Dann drückte Juri auf einen Schalter an der Wand. Über der Rampe leuchtete ein grünes Licht auf. Onkel Als Panzer-Cadillac rollte die Rampe herunter. Blieb stehen. Die Türen öffneten sich.
Juri Samarkand: Da! Da steht Jonas! Erschießt ihn!
Jonas: Zwei Gestalten waren aus dem Wagen gestiegen. Zwei Frauen in schwarz. Die Nonna. Und Nichte Alessandra. Ihre Maschinenpistolen richteten sie nicht auf Jonas. Sondern auf Juri. Auf Belinda. Und auf den Schamanen.
Juri Samarkand: Idioten! Nicht hier! Da drüben! nein, ah…
Belinda: Ah, ah…
Jonas: Sie feuerten. Bis die Magazine leer waren. Don Toni im Cadillac ballerte begeistert mit. Juri und Belinda lagen auf dem Betonfußboden. Wie zwei Haufen blutiger Lumpen. Utschym Schetan nicht. Er stand noch. Irritiert. Verwirrt. Aber unverletzt.
Nonna: Der Kerl ist kugelfest!
Jonas: Sowas hatte ich mir gedacht. Und ein Messer eingesteckt. Ich ging durch die Halle. Vorbei am Cadillac. An den Malavitas. Zum Schamanen. Ich sah in seine bösen schwarzen Augen. Ich dachte an Jamaro… Ich ging über die Rampe. Durch den Hof. Im Schatten lagen Leichen in Gangsteranzügen. Männer der Kompania. Die Malavitas hatten sie getötet, um ihre Rollen zu übernehmen. Ich ging weiter. Durch eine Unterführung. Eine dunkle Gasse. Und stand plötzlich auf dem Markgrafenboulevard. Hell. Laut. Bunt. Voller Menschen. Voller Leben.
Jonas: Om mani padme hum. Das war’s, Sammy.
Sam: Jaja, dideldum, gut gelaufen, Chef. Wie geplant und berechnet. Die Bösen sind tot. Wir haben überlebt, jajaha, alles bestens.
Jonas: Happy End, Sammy, hm, trotzdem fühle ich mich mies. Wegen Jamaro? Wegen Belinda? Oder weshalb?
Sam: Ja, das ist der Blues, Alter.
Jonas: Und was tut man dagegen?
Sam: Ja, was tut man dagegen. Pillen. Schnaps. Drugs. Durchdrehen. Schlafen. Den Löffel abgeben. Puhu, huhuhu huhuhuhu huhuhuhu, huhuhuhu…äh
Jonas: Jonas schaltete Sam ab. Und ging nach Hause.
Das war Mafia. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Kornelia Boje, Nils Clausnitzer, Jens Holger Kretschmer, Doris Schade, Mark Oliver Schulze und andere (Irina Wanka, Jürgen Donien, Helmut Gillitzer-Felber). Ton und Technik: Günter Heß und Daniela Röder. Assistenz: Martin Trauner. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 2001 in Dolby Surround. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Wildwest
Holo: Als das in Babylon erfolgreichste und beliebteste Holoformat des vergangenen Jahres hat sich noch vor Schwarze Dahlie, der Serienmörder der Woche die von Supermedia produzierte Kain-und-Abel-Show erwiesen. Eine schlichte Grundidee: fünf Freiwillige werden zusammengesperrt und eliminieren sich gegenseitig, bis nur noch eine Person übrig bleibt, und eine aufwendige Produktion in wechselnden Szenarien, erwähnt seien hier nur die römischen Gladiatorenspiele im Amphitheater, der Wüstenplanet oder die Schlacht von Stalingrad. Diese Mischung kam offenbar an. Damit hat wieder einmal Supermedia den begehrten Big Brother gewonnen.
Waldorf: Glückwunsch, Beringer, das war doch Ihre Idee, die Kain-und-Abel-Show. Beringer!
Beringer: Äh, was?
Waldorf: Sie hören mir nicht zu.
Beringer: Verzeihen Sie, teuerste Waldorf, ich war in Gedanken.
Waldorf: Und woran dachten Sie so intensiv?
Beringer: An Jonas.
Waldorf: Den letzten Detektiv?
Beringer: Ich denke oft an Jonas, sehr oft, ich hasse ihn, er hat mich reingelegt, er hat mich blamiert, gedemütigt.
Waldorf: Mich etwa nicht? Diese Weltkriegsgeschichte zum Beispiel. Wann war das? 2013?
Beringer: Im Oktober 2012. Vor drei Jahren und vier Monaten.
Waldorf: Wie würde Jonas sich wohl in der Kain-und-Abel-Show machen. Gut, nehme ich an.
Beringer: Würden Sie auf ihn wetten, Waldorf?
Waldorf: Auf seinen Sieg? Warum nicht. 10 Millionen Euros?
Beringer: 20.
Waldorf: Auch gut. Jonas wird sich allerdings kaum freiwillig für die Show melden.
Beringer: Das lassen Sie meine Sorge sein. Immerhin bin ich der Produzent der Show.
Holo: O großer Adolf Beringer von Supermedia. Exzellent. Eminenz. Durchlaucht.
Beringer: Schon gut. Stell fest, wo Jonas sich zur Zeit aufhält. Jonas, nur Jonas, der sogenannte letzte Detektiv.
Jonas: Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv, hielt sich an diesem 12. Februar 2016 in der Luft auf. Hoch über dem Atlantik, im Flieger nach Babylon, mit Sam, seinem redegewandten ratspendenden Supertaschencomputer.
Jonas: Good by, America.
Sam: Und tschüs, Traumschiff und Totentanz. Nie mehr Parapsychologie, nie mehr Schamanin.
Jonas: Adios, Jamaro.
Sam: Astalavista baby. Vergiß sie, du Traumtänzer, kuck nach vorn. Babypsilon, wir kommen. O Babylon, City of light, city of magic.
Jonas: Ansichtssache, Sammy. Auf jeden Fall wird das Leben etwas ruhiger werden, vorhersehbarer, normaler.
Sam: Glaubste?
Jonas: Ein gewaltiger Irrtum. Aber ich hatte ja keine Ahnung von der Kain-und-Abel-Show und von dem, was Beringer und Waldorf ausgeheckt hatten. Deshalb schwante mir auch nichts böses, als mich die junge Frau ansprach im Aerodrom von Babylon. Ansprach ist nicht ganz richtig, weil sie Jonas anrempelte.
Jespersen: O, tut mir leid.
Jonas: Und dann anhimmelte.
Jespersen: Aber, das, das kann doch nicht wahr sein, Sie sind Jonas, der letzte Detektiv, unverkennbar. Ich hab Sie im Holo gesehen und dabei hab ich mir gedacht, den würdest du gern mal kennenlernen und jetzt fall ich über Sie.
Jonas: Was wollen Sie, ein Autogramm?
Jespersen: Am liebsten würde ich mich mit Ihnen hinsetzen, was trinken, reden, leider habe ich überhaupt keine Zeit, ein dringender Termin. Wissen Sie was, Sie wohnen doch irgendwo im Osten.
Jonas: Ost-Zentral.
Jerspersen: Wunderbar. Ich nehm Sie mit und bring Sie nach Hause in meinem Helikopter. Da können wir uns unterhalten.
Jonas: Der Helikopter gehörte Supermedia, der großen Holoproduktion, so stand’s dran.
Jespersen: Ja, ich bin im Hologeschäft. Produktionsassistentin. Meine Karte.
Jonas: Jytte Jespersen. Zweimal J. Sehr gut.
Jespersen: Sagen Sie Jytte zu mir. Ein Whisky? Kein Synth, echter Scotch.
Jonas: Oh.
Jespersen: Gingin, auf unsere Bekanntschaft, Jonas. Und auf Ihr Wohl.
Jonas: Danke.
Jespersen: Ich bin gerade unterwegs zu unseren Studios, den neuen, in der Wildnis, östlich von Babylon, wo wir alle unsere Shows drehen. Noch ein Whisky?
Jonas: Ich, ich weiß nicht, was ist los mit mir, im Whisky, was war im Whisky?
Jespersen: Machen Sie sich keine Gedanken, alles ist in Ordnung, ja, ja, so ist’s recht. Legen Sie sich hin und schlafen Sie ein bißchen.
Jonas: Nein, will nicht schlafen.
Jespersen: Tun Sie’s für mich. Schlafe mein Jonas, schlaf ein.
Jonas: Ich war wieder in Costaguana. Im Regenwald. Es war dunkel, kein Lichtstrahl drang durch die dichten Baumkronen. Ich konnte nichts sehen, aber hören konnte ich. Der schwarze Schamane trommelte wie besessen, immer lauter. Plötzlich brach er ab und ebenso plötzlich verschwand der Dschungel. Es wurde hell. So hell, daß ich die Augen zukneifen mußte.
Earp: Da! Da ist er, der Pferdedieb.
Sam: Sicher Marshall?
Earp: Ja sicher bin ich sicher. Ich kenn doch meinen Gaul.
Jonas: Ich hörte Stimmen. Eine davon kam mir sehr bekannt vor.
Earp: Steh auf, du Bastard.
Sam: Immer mit der Ruhe, Marshall, Sie brechen sich die Zehen.
Jonas: Ich lag auf Sand. Im Kreis um mich ein paar Männer auf Pferden. Pferde? Es gab keine Pferde mehr. Die Männer kamen vom Kostümfest. Alle im Wildwest-Outfit. Auch die zwei, die offenbar abgestiegen waren und neben mir standen. Der eine hielt mir einen riesigen Revolver vors Gesicht und trat mir mit seinen schweren Stiefeln in die Rippen. Das gefiel mir nicht. Der Kerl selbst auch nicht. Knicknase, Schnauzbart, roter Cowboyhut, Marshallstern am Flanellhemd. Der andere trug schwarz, vom Hut bis zu den Schuhen. Nach allen Regeln war er der Böse und der Marshall natürlich der Gute, aber das glaubte ich nicht.
Earp: Machen wir kurzen Prozeß, Männer, hängen wir ihn auf, gleich hier.
Sam: Aufhängen? OK, Marshall, und wo hatten Sie gedacht?
Earp: Am nächsten Baum natürlich.
Sam: Natürlich. Und wo sehen Sie hier mitten in der Wüste einen Baum?
Jonas: Das hatte ich noch nicht erzählt. Wir waren in der Wüste. Die Sonne brannte. Um uns nur Sand und Felsen, kein Strauch, erst recht kein Baum, ein paar grau-grüne Kakteen. Die Stimme des Schwarzen ließ mir keine Ruhe. Ich kannte sie, ich kannte sie sehr gut.
Earp: Ja, was machen wir denn da? Sollen wir ihn erschießen?
Sam: Erschießen? Ach du meine Güte, kommt gar nicht in die Tüte. Pferdediebe werden aufgehängt, allso dekretiertes ehernes Gesetz des Westens. Ich sag Ihnen was, Marshall.
Earp: Ja?
Sam: Wir fesseln ihn und nehmen ihn mit. Vielleicht finden wir ja unterwegs einen Baum.
Earp: Ja, gute Idee.
Sam: Und wenn nicht, hängen wir ihn in der Stadt. Das macht auch mehr Spaß, hehehe. Viel mehr Zuschauer.
Earp: OK, Doc.
Jonas: Hab ich schon gesagt, daß ich genauso aussah wie die Typen vor mir. Buntkariertes Hemd, Jeans, Stiefel, Stetson, rot, und ein Gürtel mit zwei Revolvern, aber den nahmen sie mir weg, bevor ich damit was unternehmen konnte. Dann fesselten sie mir Arme und Beine und legten mich quer über einen Gaul vor den Sattel. Das Pferd gehörte dem Schwarzen, Doc Holiday. Er stieg auf.
Earp: Männer, ihr habt gehört, was Doc Holiday gesagt hat, zurück nach Tombstone.
Jonas: Es ging los, durch die Wüste. Ich versuchte mir über meine Situation Gedanken zu machen. Unmöglich. Der Gaul wackelte, mein Kopf hing nach unten, und kein guter Rat von Sam, statt dessen plötzlich eine Stimme im Ohr, genauer im kleinen Knopf, den ich im rechten Ohr trug.
Waldorf: Hallo Jonas, willkommen im Wilden Westen.
Jonas: Wer sind Sie?
Waldorf: Wir kennen uns. Waldorf. Astoria Waldorf.
Jonas: Die Chefin von Multipharm.
Waldorf: Sie erinnern sich, das freut mich.
Jonas: Ich erinnerte mich an die Fälle Spielwiese und Westfront, vor fünf und vor dreieinhalb Jahren. So wie es damals gelaufen war, konnte die Dame Waldorf nicht gerade viel für Jonas übrig haben.
Waldorf: Wo denken Sie hin, Jonas, im Gegenteil. Sie sind mein Champion. Ich habe auf Sie gewettet, eine Menge Euros. Lassen Sie mich nicht im Stich.
Jonas: Gewettet? Mit wem?
Waldorf: Mit Adolf Beringer natürlich, mit dem wette ich am liebsten, das wissen Sie doch.
Jonas: Ist das wieder so ein Spiel wie damals bei Westfront, nur daß Sie sich diesmal den Wilden Westen ausgesucht haben?
Waldorf: Nicht ganz, heute agieren Sie in der Öffentlichkeit. Ganz Babylon schaut Ihnen zu, na jedenfalls 20 Prozent. Halten Sie sich fest, Jonas, Sie sind auf Sendung, Sie sind in der Kain-und-Abel-Show.
Jonas: Daher die vielen kleinen schwarzen Punkte, die wie Hummeln in der Luft herumschwirrten. Microcams. Mir fiel was ein. Jonas ist kein Holofan, aber das wußte er, in der Kain-und-Abel-Show treten nur Freiwillige auf.
Waldorf: Sehr richtig, Jonas, und Sie haben sich freiwillig gemeldet, laut Beringer.
Jonas: Das ist mir neu. Wenn ich jetzt laut um Hilfe rufe und erkläre, daß man mich gegen meinen Willen in die Show gebracht hat.
Waldorf: Schaltet die Regie sofort um, auf einen anderen Schauplatz, dafür hat Beringer gesorgt. Die interaktive Verbindung zwischen Ihnen und dem Publikum ist eingeschränkt. Nur ich kann mit Ihnen reden, und Beringer, wenn er nicht gerade wie jetzt ein Nickerchen macht, er ist nicht mehr der jüngste, das wissen Sie ja, und darum hat er keine Ahnung, daß ich Ihren Computer Sam ins Spiel eingebracht habe.
Jonas: Sam. Aber natürlich, die bekannte Stimme, Doc Holiday.
Waldorf: Ist ein Android, und Sam ist in sein Programm eingestiegen.
Sam: Ah, da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich.
Jonas: Sammy, du als Revolverheld Doc Holiday.
Sam: Na und, steht mir doch prächtig, der Typ, mysteriös, gefährlich, und extrem gut aussehend. OK, keine Zeit zum Plauschen, Genosse, der Grimmepreis, Korrektur, der grimme Greis wird in Bälde erwachen. Also dann paß mal auf. In der Kain-und-Abel-Show gibt’s fünf Menschen, ne, fünf Konkurrenten bzw. Kandidaten, von denen am Schlunz nur noch ein einziger übrig bleiben wird, ja, was ansonsten hier so kreucht und fleucht, Cowboys, Pferde und so weiter, alles Statisten, Androiden oder Biomaschinen, die kannste vergessen, weil die können dir nicht gefährlich werden.
Jonas: Nur die vier Menschen, verstanden, aber woher weiß ich, wer Mensch ist und wer Android?
Sam: Pst. Siehe da, ich verrate dir ein großes Geheimnis. Nur Menschen tragen rot auf ihren Häuptern.
Jonas: Rote Hüte, wie Jonas. Und der Marshall.
Sam: Marshall Wyett Earp, yes indeed, ein Mensch, und in sofern ein Feind meines geliebten Jonasses.
Jonas: Darum war er so scharf drauf, mich aufzuhängen.
Sam: Darauf ist er immer noch scharf, und er wird’s auch tun, sofern mein Herr und Meister nichts dawider unternimmet.
Jonas: Was denn? Ich bin gefesselt, auf deinen Vorschlag, wenn du dich erinnerst.
Sam: Wenn keine Microcam in der Nähe ist, steck ich dir ein Messer zu, schneid die Fesseln durch, zieh meinen Revolver aus dem Halfter, schmeiß mich vom Pferd.
Jonas: Mit Vergnügen, vor allem letzteres, und dann?
Sam: Erschießt du Wyett Earp.
Jonas: Einfach so.
Sam: Einfach so. Bum, und er fällt um.
Jonas: Nein, Sam, das tu ich nicht, nur in Notwehr.
Sam: Ach du liebes Meingottchen, weich ist das Herz, schwach der Verstand, so ist mein Jonas weithin bekannt. Willst du denn nicht siegen?
Jonas: Ich will am Leben bleiben Sammy.
Sam: Jaja, haha, da sehe ich schwarz, wenn du so pingelig bist. OK Partner, dann galoppiere hinfort, so schnell es denn geht. Na, das wirst du doch wohl noch hinkriegen, oder?
Jonas: Aber sicher. Ich galoppierte hinfort. Earp und seine Kumpane ballerten hinter mir her und ritten mir ein Stück weit nach, beides brachte ihnen nichts, eine halbe Stunde später war Jonas allein und zuckelte auf Holidays Gaul mehr oder weniger gemütlich durch die Landschaft, bis er jäh aufgeschreckt wurde.
Sam: Alarm, Alarm, hojejeto.
Jonas: Sam?
Sam: Ja wer denn sonst, der Weihnachtsmann?
Jonas: Wo steckst du, ich seh dich nicht.
Sam: Du siehst mich wohl, allein dir fehlt Verständnis, denn wahrlich, Sam hat sie zeitweilig verlassen die Androidenhülle des Dr. med. Holiday, um sich, igitt, pfui Teufel, in einem Rosse niederzulisten, ich meine einzunisten, was tut ein treuer Computer nicht alles für seinen Gebieter.
Jonas: Oh, als Gaul gefällst du mir richtig gut, Sammy, da kann ich dir doch mal ordentlich die Sporen geben.
Sam: Aua, was im Augenblick auch durchaus eigentlich angebracht, wenn nicht gar ratsam wäre, wieher, richte den Blick nach links, Falkenauge.
Jonas: Diese Figuren auf dem Höhenzug.
Sam: Ja, sind mitnichten Präriehunde, auch nicht Kojoten oder Stinktiere, vielmehr.
Jonas: Indianer?
Sam: Apuchen, Apachen, die wildesten und blutdürstigen der roten Männer. Wieher. Ihre Gefangenen pflegen sie stundenlang über kleinem Feuer zu rösten, eine ausgesprochen unsoziale Angewohnheit.
Jonas: Los, Sammy, schneller, noch schneller.
Sam: Wenn es denn ginge, faul ist der Gaul, vielmehr arbeitsam, doch leider.
Jonas: Mach, mach.
Sam: Ich kann nicht… mehr.
Jonas: Halt durch, Sammy, nur noch ein paar Meter, bis zu den Felsen da vorn.
Jonas: Die Indianer kamen immer näher, vorne weg der Häuptling mit rotem Stirnband und roter Feder, sie heulten wie die armen Seelen im Fegefeuer und sie schossen mit Flitzbogen, mich trafen sie nicht, aber der arme Gaul sah bald aus wie ein Stachelschwein. Am Fuß der Felsen brach er zusammen, Jonas ging hinter ihm in Deckung, die Indianer hielten, etwa 100 Meter entfernt.
Sam: Es geht nicht mehr, Partner.
Jonas: Sam.
Sam: So long, und vergiß mich nicht.
Jonas: Sammy.
Sam: Es hängt ein Pferd zur Hälfte an der Wand.
Jonas: Wunderbar. Ich werde gleich massakriert, und du singst in aller Gemütsruhe Schlager schlecht daher, sag mir lieber, was ich tun soll.
Sam: Na was, schießen du Depp, du hast doch einen Colt.
Jonas: Mit sechs Patronen, für einen ganzen Indianerstamm, großartiger Rat. Die Kavallerie!
Sam: Ja das wurde auch Zeit.
Jonas: In einer Staubwolke kamen sie angeprescht, gut 20 Reiter in blauen Uniformen, angeführt von einem Kapitän, der trug gegen jede Armeevorschrift eine knallrote Baseballkappe. Mit seinem Karabiner feuerte er sofort auf den Häuptling der Apachen, was dem nicht gut bekam, er fiel um, aber im Fallen ließ er noch einen letzten Pfeil fliegen. Sein Stamm ergriff die Flucht, verfolgt von der Kavallerie. Indianer und Soldaten verschwanden am Horizont. Zurück blieben ein toter Häuptling, ein toter Kapitän mit einem Pfeil in der Brust, ein toter Gaul, und ein lebendiger Jonas. Ganz allein auf weiter Flur.
Waldorf: Sie irren, Jonas, ich bin doch bei Ihnen, mein Champion. Bisher bin ich sehr zufrieden, zwei ihrer Konkurrenten, Häuptling und Kapitän sind erledigt.
Jonas: Nicht von mir, Frau Waldorf.
Waldorf: Das spielt doch keine Rolle. Jetzt noch mal zwei und Sie sind der Sieger. Weiter so.
Jonas: Das sagt sich leicht, wenn man zuhause sitzt und sich den Wilden Westen auf dem Monitor ansieht, Jonas mußte laufen, über Stock und Stein, durch Sand und Geröll, ein verwitterter Wegweiser tauchte auf. Tumbstone, 3 Meilen. Die Sonne stand noch immer hoch, als ich in Tumbstone ankam, im Holoszenario war es ständig zwölf Uhr mittags, High Noon. Jonas hielt Ausschau nach roten Hüten, weit und breit keiner zu sehen, gut so. Ich steuerte einen Salon an, Crystal Palace, nannte er sich großspurig. Jubel, Trubel, Heiterkeit. Kronleuchter, Spiegel, und nackte Frauen in Öl, betrunkene Cowboys, Spieler, ein elektrisches Piano, und eine Schwadron von Tanzmäusen, die ihre Beine zeigten und sich in den Pausen an die Gäste ranmachten.
Kate: Hey, gibst du mir einen aus, Fremder?
Jonas: Wenn du mir eine Flasche Whisky von der Bar holst, kannst du mittrinken.
Kate: Oh, gleich ne ganze Flasche, hast du denn soviel Geld, Fremder?
Jonas: Gute Frage. Jonas suchte und fand in der Hosentasche ein Bündel Dollarnoten. Alles klar. Die Flasche kam, mit zwei Gläsern, und es kam noch was, noch wer.
Kate: Doc? Doc Holiday? Ich dachte, du bist in Dodge City?
Sam: Denk nicht so viel, Kate Darling, sonst wird deine Nase noch länger, hahaha.
Kate: Oh.
Sam: Ich bin deinetwegen zurückgekommen, Jonas, Partner, alter Junge, um dich zu warnen, Marshall Wyett Earp ist draußen und wartet auf dich, am OK Corell.
Kate: Eye, ihr zwei kennt euch?
Jonas: Klar kenn ich ihn, schon lange. Doktor Samuel Holiday.
Kate: Samuel? Du heißt Samuel, Doc?
Sam: Haha, manchmal Kate. Hör zu Jonas, wenn du die Sache mit Earp jetzt ausfechten willst, dann komm ich mit, OK.
Jonas: Langsam Sammy, immer mit der Ruhe, erst austrinken und dann…
Sam: Da an der Tür, Billy the Kid, geht in Deckung Leute, mit dem hab ich noch ne Rechnung offen.
Jonas: Die flotte Kate tauchte unter den Tisch, in Windeseile, Jonas auch, oben knallte es, an der Tür brach einer zusammen. Wir kamen wieder hoch, langsam und vorsichtig.
Sam: Auf dein Wohl, Billy. Mögest du in Frieden ruhen.
Jonas: Prost.
Kate: Ging Ging. Hust Hust. Ah…
Sam: Jaja, auf dein Wohl Kate, mögest auch du in Frieden etcetera pp.
Jonas: Die Frau ist tot.
Sam: Na klar mein Alter. Hat ja auch deinen Whisky getrunken, will sagen, den Whisky aus deinem Glas.
Jonas: Aus meinen Glas, aber wieso?
Sam: Ich hab die Gläser vertauscht, sie hat nichts gemerkt, weil sie sich den Tisch von unten angekuckt hat.
Jonas: Vertauscht, warum?
Sam: Wirf doch mal einen scharfen Blick auf sie, du scheelsichtige Blindschleiche, was, so frage ich, trägt sie auf ihrem wenig schönen Haupt, Fragezeichen.
Jonas: Nichts.
Sam: Haare. Rote Haare. Na?
Jonas: Ach so.
Sam: Ja, ist es endlich gefallen das 10-Cent-Stück. Merke, wer anderen Gift in den Whisky tut, kommt selbst drin um. Poetische Gerechtigkeit nennt man dieses, also Nummer drei geschafft, bleibt nur noch Wyett Earp, und diesmal bitte keine Skrupel, du Weichei, wenn du ihn nicht erledigst, erledigt er dich, hm, Hauruck, Sam hat gesprochen.
Jonas: Gemessen schritten wir die Hauptstraße von Tumbstone entlang, Richtung OK Corell, Jonas und Doc Holiday, alias Computer Sam.
Jonas: Das stimmt hinten und vorne nicht, Sammy.
Sam: Was belieben euer Gnaden zu meinen?
Jonas: Beim berühmten Gunfight am OK Corell war Doc Holiday an der Seite seiner Freundes Wyett Earp, das weiß jedes Kind, wenn es schon mal einen Western gesehen hat.
Sam: Naja, künstlerische Freiheit, Herr Bettmesser, wir kleben nicht am Stoff, wir erheben uns leicht und locker über ihn. Ist es nicht zu und zu schön, Victor Mature war Doc Holiday.
Jonas: Wer?
Sam: Na sogenannter Filmstar, Mitte 20. Jahrhundert. Kirk Douglas war Doc Holiday, und jetzt ist Sam Doc Holiday, voll kraß Wahnsinn, wa?
Jonas: Wir sind da Sam, am OK Corell. Wer nicht da, ist Wyett Earp, oder?
Sam: Hinter dir, auf dem Dach.
Jonas: Ich drehte mich um, schoß, ein Reflex, vom Dach des Schuppen stürzte ein Mann zur Erde, blieb liegen, regungslos, Blut floß in den Staub, Blut, so rot wie der Hut des Toten.
Holo: Und damit ist Sie für heute zu Ende, unsere Kain-und-Abel-Show, meine Damen und Herren, liebe Kinder, schalten Sie nicht weg, schalten Sie nicht ab, nach einer ganz kurzen Werbepause bringt Supermedia Ihnen Sexytrends, die tolle Erotikshow, also dranbleiben, wir sehen uns bei Supermedia.
Jonas: Hallo? Wie geht’s weiter? Was wird aus mir? Hey, holt mich hier raus!
Jonas: Im Wilden Westen herrschte absolute Stille, die Microcams waren verschwunden, Doc Holiday stand neben mir, steif und leblos wie eine Schaufensterpuppe. Supermedia hatte uns den Saft abgedreht, die Show war vorbei. Jonas hatte gewonnen, aber das schien keinen zu interessieren.
Beringer: Nicht doch, mein Allerwertester, the show will go on, the show must go on.
Jonas: Beringer.
Beringer: Beringer.
Jonas: Ihre Wette mit Waldorf haben Sie verloren, Beringer.
Beringer: Wenn Sie wüßten, wie egal mir das ist, mein lieber, die paar jämmerlichen Millionen habe ich gern investiert, denn nicht wahr, die Hauptsache ist doch, ich habe Sie in der Hand, mein Bester. Und jetzt geht die Show erst richtig los.
Waldorf: Achtung, Jonas, gehen Sie in Deckung.
Jonas: Das ist gegen die Regeln, Beringer, Helikopter und MGs haben im wilden Westen nichts zu suchen.
Beringer: Jetzt spielen wir nach neuen Regeln, Jonas, nach meinen Regeln, und dieses Spiel werden Sie nicht gewinnen. Sie sind ein toter Mann.
Waldorf: Nicht aufgeben, Jonas, wehren Sie sich, kämpfen Sie, Sie sind doch mein Champion. Die Wette gilt nämlich immer noch, meine gewonnenen 20 Millionen gegen 200 Millionen von Beringer, enttäuschen Sie mich nicht, es geht um mein Geld, und um ihr Leben.
Jonas: Das weiß ich selbst, Frau Waldorf, wenn Sie Ihre Wette gewinnen wollen, helfen Sie mir, sagen Sie mir, wo’s rausgeht aus dem Wildwestszenario.
Waldorf: Aber gern. Sehen Sie das Bestattungsinstitut rechts an der Straße? Da gehen Sie rein und durch die Hintertür wieder raus.
Jonas: Wenn’s sein muß, kann Jonas sehr schnell sein, wenn ein MG aus einem Helikopter auf ihn schießt, zum Beispiel, in Sekunden war ich drin, im Bestattungsinstitut, ein kurzer Blick auf die dort versammelten Särge, hoffentlich kein schlechtes Vorzeichen, dann war ich an der Hintertür, ich machte sie auf, trat durch, machte sie hinter mir zu. Es war dunkel und es war laut. Ich war im Krieg. Schwere Artillerie krachte, Raketen jaulten, Panzerketten dröhnten, MGs knatterten, im Schein der Brände, im Mündungsfeuer der Haubitzen eine bizarre Ruinenlandschaft, hier gefiel’s Jonas nicht, er wollte zurück in den Wilden Westen, aber die Hintertür war nicht mehr da.
Beringer: Stalingrad. Sie sind in Stalingrad, mein Teurer, irgendwann im Winter 1942/43.
Waldorf: Präziser, Sie sind im Szenario der Kain-und-Abel-Show von 2015.
Beringer: Ich hab es wieder anwerfen lassen, eigens für Sie, Jonas, gefällt es Ihnen?
Jonas: Nein.
Beringer: Wollen Sie etwa wieder raus?
Jonas: Ja.
Beringer: Ihr Wunsch, mein Hochgeschätzter, ist mir Befehl. Sehen Sie die Wand mit dem zerfetzten Stalintransparent, etwa 300 Meter vor Ihnen?
Jonas: Ich sehe sie.
Beringer. Davor der Geröllhaufen, und links vom Geröll ist ein Loch, eine Kellerluke, das ist der Ausgang.
Jonas: Und wie soll ich da hinkommen, mitten durch die Kampfzone?
Beringer: Ihre Sache, mein Freund, lassen Sie sich was einfallen. Viel Glück.
Waldorf: Ich habe dafür gesorgt, daß Sie Hilfe kriegen, Jonas, da ist sie schon.
Jonas: Neben mir stoppte ein Panzer.
Sam: Steig auf, dawarisch, dawei, dawei.
Jonas: Den Rotarmisten in verdreckter blutiger Uniform, der mich durch die Turmluke zog, kannte ich nicht, wohl aber seine Stimme.
Sam: Notawarisch, Leben noch frisch?
Jonas: Weißt du, woran ich denke, Sammy?
Sam: Woher soll ich wissen? Zwar weiß ich viel, doch alles weiß ich nicht.
Jonas: So bescheiden kenn ich dich gar nicht. Ich denke an Generalissimus Stalin und seine Nomadenhorde im Niemandsland.
Sam: Haha, Fall Invasion vor 9 Monaten. Aber da war’s ein T54, und jetzt sitzen wir in einem T34. Ein kleiner feiner Unterschied, gelle.
Jonas: Von mir aus, Sammy, halt, hier steig ich aus.
Sam: Do Swidanija, dawarisch Jonas, wie sehen uns.
Jonas: Hoffentlich bald. Erst mal hieß es für Jonas rein ins Kellerloch. Ein paar Meter unterirdischer Stollen, rechts um die Ecke, und Jonas stand plötzlich im Hellen. Ich stand wieder auf Sand, aber diesmal nicht in der amerikanischen Wüste, in einer Art Zirkus, nur daß die Manege nicht rund war, sondern oval. Um das Oval saßen tausende von Zuschauern in mehreren Etagen, in der Manege Artisten, nur Männer, ohne Hosen, statt dessen Röckchen, ansonsten Brustpanzer, Helme, Schilde, Arm- und Beinschienen und Waffen, Schwerter, Dolche, Spieße, damit hackten sie aufeinander ein, das kam mir bekannt vor, vor Jahren war ich mal im Colloseum von Babylon gewesen.
Jonas: Gladiatoren, das sind Gladiatoren.
Beringer: Sehr gut, Jonas, sehr gut. Sie befinden sich in einem altrömischen Amphitheater.
Jonas: Kain-und-Abel-Szenario vor 2 Jahren.
Waldorf: Korrekt. Vorsicht!
Jonas: Die Warnung kam zu spät. Ich lag im Sand, in ein Netz eingewickelt, ein unangenehmer Typ hatte es mir übergeworfen, jetzt kam er näher, mit geschwungen-em Dreizack, die Spitzen glitzerten in der Sonne. Das sah nicht gut aus.
Sam: Nicht verzagen, Sammy fragen. Leg ihn um den Retiarius, streck ihn danieder.
Jonas: Und womit? Mir haben sie keinen Dreizack gegeben.
Sam: Du brauchst ihn nicht, o Jonas mein, hast du doch deinen Colt, zieh, Jesse James, und ziele gut.
Jonas: Sam war diesmal ein Sklave, ein kleiner krummer alter Sklave, der mit einem Besen Sand über die Blutlachen fegte, er sah aus wie ein Idiot, aber sein Rat war gut. Ich zog und schoß, der Dreizacktyp fiel um, mit meinem Boie-Knife schnitt ich mich aus dem Netz.
Jonas: So, wenn mir jetzt mal jemand bitte den Ausgang zeigen würde.
Waldorf: Mit Vergnügen, Jonas, durchqueren Sie die Arena, drüben auf der anderen Seite sehen Sie die Kaiserloge, ziehen Sie sich an der Brüstung hoch und…
Jonas: Hallo? Hallo Frau Waldorf!
Sam: Die Verbindung ist unterbrochen, durch Sir Samuel, alsquier und hochwohlgeboren.
Jonas: Bist du verrückt, Sammy, sie steht auf meiner Seite.
Sam: Ja, das glaubst du, treuherziger Trottel.
Jonas: Aber sie hat doch auf Jonas gewettet.
Sam: Indeed, Sir, und sie will auch gewinnen, doch in allererster Linie will sie was fürs Auge und fürs Herz. Viermal S. Sport, Spiel, Spaß, Spannung. Sie hätte dich cool ins nächste Szenario geschickt. Starwars. Würde mein hochgemut, doch eher niedrigbegabter Jonas sich gerne mit Darth Vader anlegen?
Jonas: Muß nicht sein, Sammy.
Sam: Siehste, na also. Hör auf Sam, der bringt dich raus, raus aus den Holostudios von Supermedia, zurück in die wirkliche Welt. Die kleine Holztür hinter dir.
Jonas: Vor der die wandelnde Eisenwarenmesse steht.
Sam: Der Murmillo, den wirst du totschießen.
Jonas: Werd’ ich?
Sam: Stell dich nicht an, ist nur ein Android.
Jonas: OK, oder bene, wie die alten Römer sagen. Hinter der Tür war ein Fahrstuhl, kein bißchen antik, babylonische Postmoderne. Ich fuhr nach unten, Sam blieb bei mir, nicht als Sklave, das wäre ein Stilbruch gewesen, jetzt war er nur eine Stimme in meinem Ohrkopfhörer. Nicht die einzige.
Beringer: Laufen Sie nur, mein Guter, laufen Sie nur weg, ich krieg Sie.
Jonas: Stell ihn ab, Sam, er macht mich nervös.
Sam: Untergeschoß. Versorgungstrakt. Alles aussteigen, Weiterfahrt per E-Vespa.
Jonas: Drei E-Vespas standen am Fahrstuhl, eine griff ich mir, vor mir öffneten sich zwei Gänge, sauber, indirekt beleuchtet, abgestandene Luft, Sam schickte mich nach links, Richtung Babylon, und Jonas ritt munter fürbaß. Ein Cowboy auf einer Vespa, wenn das kein Stilbruch war. Nach ein paar Kilometern hörte ich was, hinter mir, Verfolger, Beringers Leute vermutlich, ganz allmählich kamen sie näher, ich fuhr rechts ab in einen Seitengang, bis es nicht mehr weiterging, jedenfalls nicht horizontal. Ein enger Schacht führte nach oben, in die Wand waren Stahlklammern eingelassen. Die Verfolger waren nicht mehr weit. Jonas kletterte. Wohin?
Sam: Zu eben jenem Ort, welcher meinem Jonas vorerst ein gewisses Maß an Sicherheit zu offerieren vermag. In den Keller von Holonetwork.
Jonas: Der schärfsten Konkurrenz von Supermedia, keine schlechte Idee, Sammy. Die Frage ist nur, werden Sie Jonas aufnehmen.
Sam: Sie werden, o www Punkt wonnig wuchernde Warze des Weltalls, schon um Beringer eins auszuwischen. Mach die Klappe auf.
Wächter: Halt! Sie betreten das Territorium von Holonetwork. Wer sind Sie? Was wollen Sie?
Jonas: Ich beantrage Asyl. Supermedia ist hinter mir her.
Wächter: Kommen Sie rein.
Jonas: Sie hörte sich an, was Jonas zu berichten hatte. Eine noch junge Frau, modisch kahlgeschoren, mit eleganten goldenen Lacksträhnen auf der nackten Kopfhaut. Jana Jarmilova, Vizepräsidentin von Holonetwork.
Jana: Verantwortlich für Sicherheitsfragen, defensives Marketing und Ranking.
Jonas: Also für den Kampf mit der Konkurrenz.
Jana: Ein vulgärer Ausdruck, wir benutzen ihn niemals. Was Sie mir da schildern, Herr Jonas, klingt nicht uninteressant. Adolf Beringer soll versucht haben, die von seiner Firma produzierte Kain-und-Abel-Show zur Verfolgung eindeutig privat motivierter Ziele zu nützen. Das wäre ein massiver Verstoß gegen § 17 Absatz 4 der Allgemeinen Wirtschaftsordnung von Babylon. Haben Sie Beweise, Herr Jonas?
Jonas: Ich bin der Beweis.
Jana: Sie können mir viel erzählen. Um gegen Beringer vorgehen zu können, brauchen wir objektives Material. Holobilder, wenn möglich, können Sie die beschaffen?
Jonas: Dazu müßte ich zurück zu Supermedia, zu Beringer und seinen Spielchen, das kommt nicht in Frage, Beringer will mich unbedingt umbringen.
Jana: Ihre Sache, Herr Jonas, Ihr Risiko. Wenn Sie uns wasserdichte, juristisch stichhaltige Beweise liefern, zahlen wir Ihnen 10.000 Euros.
Jonas: Nein.
Jana: Wie Sie wollen, Herr Jonas, Ihr Asylantrag ist abgelehnt. Raus.
Jonas: Moment. 10.000 Euros?
Jana: 12.000.
Jonas: Das muß ich mir überlegen.
Jana: Tun Sie das, Herr Jonas, Sie haben eine halbe Stunde Bedenkzeit.
Jonas: Sehr freundlich. Was sollte ich tun? Eine schwierige Entscheidung, aber sie wurde mir leichter gemacht, durch Adolf Beringer persönlich. Er nahm wieder Kontakt zu Jonas auf, Sam ließ ihn durch, das war gut so.
Beringer: Was soll das sein, mein Bester. Sich bei der Konkurrenz verkriechen, wie jämmerlich, hahaha, und es nutzt Ihnen nichts, nicht das mindeste. Sie kommen doch zu mir zurück und bringen die Sache zu Ende.
Jonas: Ich lasse mich umbringen, meinen Sie.
Beringer: Das will ich doch stark hoffen, mein Guter.
Jonas: Mein Bester, darauf können Sie lange warten.
Beringer: Das glaube ich nicht. Drei Stunden, höchstens, wenn Sie nach Ablauf dieser Frist nicht in den Supermedia-Studios auftauchen, mein Teurer, dann…
Jonas: Was dann?
Beringer: Dann stirbt Chefinspektor Brock eines jähen und unangenehmen Todes.
Jonas: Brock?
Beringer: Brock. Ich habe den Guten in meine Gewalt gebracht, Verehrtester, um Sie zum Kommen zu überreden.
Jonas: Ja sind Sie denn jetzt total ausgerastet, Beringer. Sie kidnappen einen Kripobeamten und drohen ihn zu töten.
Beringer: Der Zweck heiligt die Mittel. Und außerdem, was ist schon so ein mickriger Schreibtischfurzer gegen Ausnahmemenschen wie Beringer oder Jonas.
Jonas: Danke für die Blumen.
Beringer: Keine Ursache. Für Sie, mein Lieber, tue ich alles. Dreimal haben Sie Beringer schlecht aussehen lassen, ein viertes Mal wird es nicht geben, weil es sehr bald Jonas nicht mehr geben wird. Das ist mein Ziel, mein großes Ziel, mein Lebensziel.
Jonas: Sie sind verrückt, Beringer, verrückt wie.
Sam: Wie hundert Hutmacher, wie tausend Märzhasen.
Jonas: Mindestens. Machen Sie mit Brock, was Sie wollen, Beringer, das ist mir völlig egal, schalt ihn ab, Sam.
Sam: Völlig egal, wirklich und wahrhaftiglich? Geh in dich, o Mensch.
Jonas: Was bedeutete mir Chefinspektor Brock. Mein Freund war er nicht, mein Feind auch nicht, er war mein Freundfeind, Feindfreund, immer wieder hatte er Jonas Knüppel zwischen die Beine geschmissen, immer wieder hatte er Jonas geholfen, zuletzt im Fall Invasion, da hatte er mir das Leben gerettet. Ich wollte nicht, aber ich hatte das Gefühl, ich mußte. Beringer war entzückt.
Beringer: Sehr gut, mein Schöner, äh, wollte sagen, sehr schön, mein Guter. Genau das hatte ich erwartet. Wissen Sie, ich habe von meinen zahmen Firmenpsychologen Ihr Persönlichkeitsprofil erstellen lassen, und demnach ist ihr wesentlicher, ihr entscheidender Charakterzug Loyalität. Kommen Sie, mein loyaler Jonas, kommen Sie schnell, der Wilde Westen wartet.
Jonas: Keine Helikopter, Beringer.
Beringer: Niemals.
Jonas: Keine MG’s.
Beringer: Auf keinen Fall.
Jonas: Nur klassischer Wilder Westen.
Beringer: Nichts anderes.
Jonas: Und Brock lassen Sie laufen.
Beringer: Versprochen. Mein großes Ehrenwort.
Sam: Nana.
Jonas: Wieder war Jonas im Wilden Westen, im Szenario der Kain-und-Abel-Show, diesmal sah ich es anders als vorhin. Klarer. Präziser. Jetzt wußte ich Bescheid. Die Holzhäuser waren aus Plastik. Die Cowboys und die Bürger am Straßenrand waren Androiden, nur Jonas war echt. Er stand mitten auf der Hauptstraße von Tombstone, einen Colt in der Hand und wartete. Ganz hinten, wo die Stadt zu Ende war, tauchte eine Figur auf, kam langsam näher, nicht sehr groß, nicht sehr schlank, der Mann kam mir bekannt vor.
Jonas: Brock.
Sam: Kotzbrock.
Jonas: Das ist Brock.
Beringer: Gut beobachtet, Jonas.
Jonas: Sie haben mir versprochen, ihn freizulassen, Beringer.
Beringer: Ich hab’s mir anders überlegt.
Jonas: Ihr Ehrenwort haben Sie mir gegeben.
Beringer: Ach wissen Sie, man muß flexibel sein. Ein Duell Jonas gegen Brock, ist das nicht eine Wahnsinnsidee? Jeder hat einen Revolver, in jedem Revolver steckt eine Patrone, ehrlicher Kampf, Mann gegen Mann.
Jonas: Und wenn’s keinen Kampf gibt, weil Jonas nicht mitmacht?
Beringer. Dann lasse ich sämtliche Androiden im Szenario auf Sie feuern, mit scharfer Munition, wie ein Sieb werden Sie aussehen, mein Hochgeschätzter.
Sam: Siehste.
Jonas: Und wenn ich Brock umlege, kann ich dann gehen?
Beringer: Wenn Sie mich so direkt fragen, Jonas, das wäre keine wirklich gute Lösung.
Jonas: Ich verstehe.
Waldorf: Bitte nicht kneifen, Jonas, seien Sie ein Sportsmann, tun Sie Ihr Bestes. Ich will meine Wette gewinnen.
Jonas: Und was danach mit mir passiert, Frau Waldorf.
Waldorf: Geht mich nichts an. Machen Sie das mit Beringer aus.
Jonas: Es sah schlecht aus für Jonas, aber ich hatte ja noch einen Trumpf im Ärmel. Holonetwork. Sam blockte Beringer und Waldorf ab und verband mich mit Jana Jarmilova.
Jonas: Sie haben zugehört, Frau Jarmilova.
Jana: Und zugeschaut, dank der Microcam, die Sie ins Szenario eingeschmuggelt haben, Jonas.
Jonas: Dann haben Sie jetzt genug Material gegen Beringer. Greifen Sie ein, ich will raus. Das hier macht mir schon lange keinen Spaß mehr.
Jana: Durchaus verständlich, Herr Jonas, doch ein Eingriffen unsererseits wäre zu diesem Zeitpunkt inopportun.
Jonas: Was soll das heißen?
Jana: Wir halten es für effektiver, noch ein wenig abzuwarten, bis jemand tatsächlich zu Tode kommt.
Jonas: Jemand?
Jana: Sie oder der Chefinspektor. Am Besten natürlich beide, dann haben wir wirklich was gegen Beringer in der Hand.
Jonas: Sie wollen Brock und mich draufgehen lassen.
Jana: So leid es mir tut. Natürlich sind wir Ihnen dankbar, Herr Jonas, Sie waren uns eine große Hilfe, aber.
Jonas: Der Zweck heiligt die Mittel.
Jana: Sie sagen es. Machen Sie’s gut.
Jonas: Der Trumpf im Ärmel hatte nicht gestochen. Was nun. Jonas brauchte Hilfe. Dringend. Und es gab schließlich noch jemand, an den ich mich wenden konnte, der für Rat und Hilfe zuständig war, und seinem Herrn aufs Wort gehorchte. Immer und überall.
Jonas: Sammy. Sam!
Sam: Hier! Hier bin ich, Majestät, und steh zu Diensten. Wenn alle dich verlassen, Sam bleibt dir ewig treu.
Jonas: Wo hast du gesteckt?
Sam: Mein Gott, die Arbeit, der Streß.
Jonas: Streß? Hast du vielleicht auch Migräne? Verdammt noch mal, die hauen mich hier in die Pfanne und du machst einen Bummel durchs Netz.
Sam: O also das tut weh. Bummel. Migräne. Undankbarkeit, dein Name ist Jonas. Hat Sam ihn nicht geschindet und geschuftet wie ein Berserker, um seinem Herrn eine Überlebenschance zu ermöglichen.
Jonas: Ach wirklich, und was hast du anzubieten?
Sam: Ein Persönlichkeitsprofil, zwei Persönlichkeitsprofile der Herrschaften Beringer und Waldorf. Und was mögen besagte Profile uns wohl verraten, Herr Nachbar.
Jonas: Vielleicht verrätst du’s mir, Sammy.
Sam: Sie sind hier.
Jonas: Beringer und Waldorf?
Sam: Yes, eben dieselben, hier im Wildwestszenario, höchstpersönlich, alldieweil sie den dramatischen Höhepunkt nicht am Monitor erleben wollen, aus zweiter Hand sozusagen, sondern echt, wirklich und real.
Jonas: Da könntest du recht haben, Sammy.
Sam: Könnte? Erlauben Sie mal, Gnädigste.
Jonas: Und wo genau stecken die beiden? Hast du das rausgekriegt?
Sam: Jaja, es war nicht leicht, ich sag es frei heraus, viel Schwitzen und Schwielen hat es mich gekostet, viel Müh und Plag.
Jonas: Jajajajajajajajajaja. Wo stecken sie, Sam?
Sam: Ganz ganz ganz ganz ganz ganz nah, in der ersten Reihe, symbolelisch gesprochen.
Jonas: Wo?
Sam: In der Postkutsche.
Jonas: Jonas stand direkt vor der Wells Fargo Station. Neben der Postkutsche, die vor einer Stunde aus Dodge City gekommen war. In der Kutsche saßen zwei Passagiere. Ein Mann mit Vollbart und dunkler Brille, eine Frau mit großem Schleierhut, Beringer und Waldorf, falls Sam sich nicht irrte, und wie man weiß, irrt sich Sam nur sehr selten. Brock war nicht mehr weit entfernt. Er blieb stehen, wir sahen uns an. In seinen Augen stand: Wirst du schießen, Jonas. Meine Augen fragten zurück: Wirst du schießen, Brock. Jonas hob die rechte mit dem Colt, machte eine Drehung von 90 Grad und war mit zwei schnellen Sätzen an der Postkutsche. Durchs Fenster zielte ich auf den Vollbart.
Jonas: Hände hoch, Beringer. Sie auch, Waldorf. Kommen Sie, Brock, helfen Sie mir, die beiden in Schach zu halten. So, in jeder Waffe ist eine Patrone. Das reicht für Sie beide.
Waldorf: Meinetwegen brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, Jonas, ich stehe auf Ihrer Seite, das wissen Sie doch.
Jonas: Ach ja.
Beringer: Was wollen Sie, Jonas?
Jonas: Raus, mein Guter. Stellen Sie das Szenario ab. Los.
Beringer: Wenn Sie darauf bestehen. Abschalten! Aber das bringt Sie nicht weiter, Jonas, und raus schon gar nicht. Das Studio ist umstellt von Supermedia-Sicherheitskräften.
Jonas: Und Sie Verehrtester, sind umstellt von Jonas und Brock. Ihre Sicherheitskräfte sind neutralisiert.
Beringer: Sie aber auch. Wie geht’s jetzt weiter?
Waldorf: Wie auch immer. Eins steht auf jeden Fall fest. Jonas hat sich durchgesetzt. Das heißt, ich habe unsere Wette gewonnen, Beringer.
Beringer: Wie kommen Sie denn auf die hirnverbrannte Idee, Waldorf? Jonas hat sich vor dem Kampf gedrückt, mit unfairen Methoden. Sie haben verloren, Waldorf.
Waldorf: Die Methoden stehen nicht zur Debatte. Das Ergebnis ist eindeutig. Sie müssen zahlen, Beringer, 200 Millionen, wenn ich bitten darf.
Beringer: Ich denke nicht daran.
Waldorf: Was sind Sie doch für ein widerliches Arschloch.
Beringer: Blöde Kuh!
Waldorf: Seniler Sack!
Beringer: Hysterische Gewitterziege!
Waldorf: Ha!
Jonas: Das war zu viel. Astoria Waldorf holte aus und verpaßte ihrem Wettgenossen ein paar gewaltige Maulschellen, gefolgt von einem rechten Aufwärtshaken. Beringer ging zu Boden, Waldorf trat zu, mehrmals, heftig, Beringer verlor Bart und Brille.
Beringer: Aufhören. Jonas, helfen Sie mir, ich bin ein alter Mann, ich bin krank.
Waldorf: Ein gemeiner Betrüger sind Sie, Beringer, ein Gauner, ein mieses Schwein!
Sam: Wie die letzten Volkrentner im Dipsomaten.
Waldorf: Schuft! Scheißkerl!
Beringer: Ich bin verletzt, ich blute, Hilfe! Der große Adolf Beringer von Supermedia verliert Blut. Ein Arzt. Ambulanz!
Sam: Sehr schön, Herr Beringer, weiter so. Sie haben ein großes Publikum, ein sehr großes. Wir sind nämlich auf Sendung.
Jonas: Was?
Sam: Ja, bereits vor etlichen Minuten hat Sam sich erlaubt, die Microcams zu reaktivieren und ihre Bilder an alle Monitore in Babylon zu schicken. Millionen sehen uns zu, Damen und Herren, Millionen bilden sich eine Meinung.
Stimme: Achtung, Achtung, eine Eil- und Sondermeldung für alle Mitarbeiter von Supermedia. Mit sofortiger Wirkung entbindet der Aufsichtsrat von Supermedia Herrn Adolf Beringer von seinen Aufgaben als Präsident der Firma. Seine Anordnungen sind unwirksam, ihnen ist keinesfalls Folge zu leisten.
Waldorf: Haben Sie gehört, Beringer? Sie sind gefeuert. Supermedia läßt Sie fallen. Sie sind schlecht fürs Image.
Jonas: Damit war die Show vorbei, endgültig. Die Sicherheitskräfte zogen sich zurück. Jonas war frei. Brock wollte Beringer festnehmen, aber Waldorf hatte eine ganz andere Idee.
Beringer: Ich blute, ich bin schwer verwundet.
Waldorf: So ist es, Beringer. Sie sind kampfunfähig. Und nach den Regeln Ihrer Kain-und-Abel-Show stimmt das Publikum über kampfunfähige Mitspieler ab, ob sie endgültig erledigt werden sollen oder weiterleben dürfen. Fragen wir doch die Zuschauer, was wir mit Ihnen machen sollen, Beringer.
Beringer: Nein.
Waldorf: Was meinen Sie, Jonas.
Jonas: Ich gehe, machen Sie das unter sich aus.
Jonas: Wie die Sache ausging, weiß ich nicht. Ich sah zu, daß ich rauskam, raus aus dem Wildwestszenario. Raus aus den Studios von Supermedia. Raus aus der virtuellen Holowelt. Zurück nach Babylon, ins echte grimmige Leben.
Sam: Wenn Sie denn wirklich echt ist, die sogenannte Wirklichkeit. Stellt nicht vielleicht Babylon auch nichts anderes dar, als ein gigantisches Holostudio, in welchem an jedem Tag und in jeder Nacht Millionen von Liveshows ablaufen.
Jonas: Für wen, Sammy? Wo ist das Publikum?
Sam: Ja, irgendwo da oben?
Jonas: Eher ganz unten würde ich sagen.
Sam: Ja, oder vielleicht hinten?
Jonas: Vorne, rechts, links?
Sam: Salomo der Weise spricht: Nichts genaues weeß man nicht.
Das war Wildwest. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Carolin Fink, Achim Höppner, Horst Sachtleben, Katja Schild, Ingeborg Solbrig und andere (Holger Buck, Rena Zednikova, Peter Lersch, Jürgen Donien, Helmut Gillitzer-Felber). Ton und Technik: Günter Heß und Daniela Röder. Assistenz: Martin Trauner. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 2001 in Dolby Surround. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Totentanz
Wirt: Noch ein Bier, Gringo?
Jonas: Immer mit der Ruhe. Ich hab ja noch was.
Wirt: Hör zu, Gringo, du sitzt jetzt schon zwei Stunden vor einem Bier. Bei solchen Gästen geh ich Pleite. Hau ab, Gringo, verpiß dich.
Jonas: Der Wirt erinnerte mich sehr an seinen Kollegen Jakob vom Casablanca. Genauso umgänglich. Genauso liebenswürdig. Erstaunlich, wo die beiden doch viele tausend Kilometer auseinander waren. Die Cantina saluti pesetas stand nicht in Babylon, sondern in Puerto Porco, im freundlichen Ländchen Costaguana in Südamerika. Sam sagte Costamerda, er war nämlich der Landessprache mächtig und fand es hier genauso schön wie sein Herr.
Sam: Sammy will nach Hause.
Jonas: Jonas auch, Sam. Ich werd’ dich wohl verkaufen müssen.
Sam: Verkaufen? Hör ich recht, wirklich und wahrhaftiglich? Nein, das kann nicht sein, sag, daß es nicht wahr ist, o du mein Jonas.
Jonas: Für meinen Rückflug nach Babylon brauch ich Kohle.
Sam: Nur über meine verkohlte Leiche.
Jonas: Was soll ich denn sonst tun, Sammy, morgen oder übermorgen ist das Geld alle.
Sam: Na und?
Jonas: Als ich Ende September in Costaguana an Land gespült wurde, hatte ich nur ein paar Euros in der Tasche, und die brauchte ich, weil ich mein Jonas-Gesicht wiederhaben wollte. Vorher war ich Jarmomir Jodokus gewesen, 96 Jahre und häßlich wie die Nacht, dank Plastiface. Jetzt hatten wir Oktober. Fall abgeschlossen. Traumschiff Kalispera abgesoffen. Und Jonas hing in Puerto Porco herum, mit seinem vertrauten Gesicht, aber ansonsten am Ende. Der letzte Detektiv pfiff auf dem letzten Loch.
Jonas: Morgen setze ich eine Annonce in das schmutzige Stück Klopapier, das sich hier Zeitung nennt. Gelegenheit. Verbaler Taschencomputer. Nicht mehr ganz neu, aber voll in Schuß. Selbständig und eigensinnig, äh eigenwillig, oder eigenartig, war meinst du, Sam? Was ist besser?
Sam: Sam tritt in den Streik. Kein einziges Wort sag ich mehr, von nun an bis in Ewigkeit. A-me-hen.
Jonas: Wer’s glaubt, Sammy.
Sam: Nein, nicht verkaufen, bitte bitte, heul kreisch schluchzt, was soll Sammy denn tun ohne seinen innigst geliebten Jonas, ein armes Waisencomputerlein wird er werden, einsam in der bösen Welt herumirren wird er, huhuhuhu.
Jonas: Krieg dich wieder ein, Sammy. Ich werd drüber nachdenken.
Sam: OK.
Jonas: Und darüber schlafen, in meinem Zimmer, nicht weit, nur die Treppe hoch. Die Cantina war nämlich auch das Grand-Hotel von Puerto Porco, nettes Zimmer, nicht groß, nicht sauber, bewohnt von Jonas und von vielen kleinen Tieren, munter und bissig. Ich schlief trotzdem ein und hatte einen merkwürdigen Traum. Ich lag im Zimmer, im Bett und schlief. Das war nicht weiter merkwürdig, doch dann flog durchs offene Fenster ein großer bunter Vogel. Mit wunderschönen glänzenden Federn, grün, rot, schwarz. Und als er im Zimmer war, verwandelte er sich in einen Menschen, eine junge Indio-Frau. Lange schwarze Haare. Rotbraune Haut, viel Haut. Bekleidet war sie nur mit ein paar grünen Federn, ein schöner Traum, dachte ich. Ich wachte auf. Sie war immer noch da. Und lächelte mich an.
Jamaro: So siehst du also aus, Jonas.
Jonas: Woher kennen Sie meinen Namen?
Jamaro: Du hast eine gute Aura, Jonas.
Jonas: Ich hätte mir gestern abend doch die Füße waschen sollen.
Jamaro: Deshalb bin ich zu dir gekommen, Jonas. Du wirst uns helfen, das weiß ich.
Jonas: Sie hieß Jamaro, sagte sie und lebte mit ihrem Stamm im Urwald am Fuß des heiligen Berges Juckamanie in Pueblo Mocoron. Ihr Vater war der Kazike. Der Häuptling. Und sie selbst war die Medizinfrau des Stammes, die Schamanin.
Jamaro: Dschilam, sagen wir, das heißt Wahrsagerin, und Tochmen, Heilerin.
Jonas: Sehr erfreut. Jonas, nur Jonas, aber das weißt du ja schon. Privatdetektiv meines Zeichens, der sogenannte letzte, in Babylon, Europa. Zur Zeit gestrandet und weit weg vom Fenster.
Jamaro: Das weiß ich. Du wirst uns helfen. Wir werden dir helfen.
Jonas: Ich kann aber nicht heilen, und wahrsagen schon gar nicht.
Jamaro: Das ist auch nicht nötig. Ich brauche einen Helfer, der tatkräftig ist und entschlossen, der keine Angst hat, einen wie dich, Jonas.
Jonas: Wenn du meinst, Jamaro. Worum geht’s denn?
Jamaro: Wir haben große Probleme mit Bio Global.
Jonas: Aha. Bio Global. Ein Weltunternehmen. Chemie, Öl, Rohstoffe. Die südamerikanische Filiale saß in Puerto Porco in einem gewaltigen Komplex am Stadtrand, geschützt und gesichert. Jonas kannte Bio Global, mit der Filiale in Babylon war ich mal unschön zusammengerasselt. Januar 2012. Vor dreieinhalb Jahren. Das sprach für Jamaro.
Jamaro: Bio Global hat unser Land gekauft, nicht von uns, von der korrupten Regierung in El Dorado, Bio will unsere Bäume abholzen, nach Öl bohren, unsere Erde nach Smaragden durchwühlen. Wir sollen verschwinden, unser Dorf aufgeben, unsere Maisfelder, unseren Wald, unseren heiligen Berg. Mein Vater, der Häuptling, ist nach Puerto Porco gekommen, Bio Global hatte ihn eingeladen, um mit ihm zu verhandelt, aber das war eine Lüge, Bio hält ihn fest und droht ihn umzubringen, wenn wir unser Land nicht aufgeben.
Jonas: Typisch.
Jamaro: Ich bin gekommen, um meinen Vater zu befreien, und dazu brauche ich deine Hilfe, Jonas. In der Stadt ist meine Magie nicht stark genug, zu viel Steine, zu viel Technik, du kennst dich damit aus und du besitzt ein Werkzeug, das künstliche Labyrinthe überwindet und stärkste Barrieren durchbricht.
Jonas: Werkzeug? Ach du meinst meinen Computer. Stell dich vor, Sammy.
Sam: Samuel. Für wilde Weiber, die nur drei Federn am Hintern tragen, Herr Samuel. Sir. Von und zu. Und ein Werkzeug, Verkehrteste, ist man schon gar nicht, man ist ein Hirn, ein Superhirn, es ist der schiere Intellekt, der in dem kleinen Sammy steckt, der pure Geist, der alles weiß, auch jeden Scheiß.
Jonas: Nimm ihn nicht wörtlich, Jamaro. Sam redet gern und viel. Zu viel Sprachprogramme. Aber was Codes angeht und elektronische Sperren, da ist er wirklich ein Ass.
Sam: Man dankt gnädigst.
Jamaro: Komm Jonas, es wird bald morgen.
Jonas: Ich hatte mal eine Hexe gekannt in Babylon, Megan hieß sie, das war keine gute Erfahrung, aber Jamaro gefiel mir. Ihre Art. Ihr knappes Gefieder. Ihr Anliegen. Es ging gegen Bio. Jonas kam mit. – Der Mond schien auf den Bio-Komplex, der Mond und zahllose Scheinwerfer auf hohen Masten. Sie standen rund um einen gewaltigen Betonquader, 50 Meter hoch, mindestens. Keine Fenster, statt dessen Malereien in freundlichen Pastellfarben, putzige Tiere, bunte Blumen. Das war Bios Masche. Vorn sorgte Bio sich um die Umwelt, die sie hinten tatkräftig ausrottete. Eine einzige Tür, davor ein Wächter mit Laserstrahler. Jamaro und Jonas hockten hinter einem Busch und überlegten.
Sam: Abschießen, den Typ. Umnieten. Kaltmachen.
Jamaro: Es ist blutdürstig, das kleine Hirn.
Jonas: Ach was, Sam bläst sich nur auf. Wie meistens.
Sam: Was?
Jonas: Der Mann macht doch bloß seinen Job, Sammy. Auch wenn ich ihn umbringen wollte, womit denn? Hab ich einen Laser, hab ich einen Revolver?
Sam: Ne.
Jamaro: Überlaß ihn mir, Jonas. Er ist ein Indio.
Jonas: Jamaro ging auf den Wächter zu. Er starrte sie an, sie machte eine Bewegung mit der linken Hand, er ließ den Laser fallen, eine zweite Handbewegung, er fiel um und blieb liegen mit offenen Augen.
Jamaro: In zwei Stunden wird er aus seiner Starre erwachen.
Jonas: Das sollte reichen. Jetzt die Tür. Sam?
Sam: Ja?
Jonas: Du bist dran. Beeil dich.
Sam: Hahaha, leicht dahingesagt, euer Klugschwätzen, doch nicht so leicht vollbracht, wer muß sie denn machen die Knochenarbeit, hm, der Knackerei, nicht der kommandiere Herr Chefdetektiv, nicht die wilde Indianerin mit ihrem Hokus-Pokokus, nein, der arme Computer, wer sonst. Das Werkzeug soll sich schinden, o weh, o jäh, das Leben ist hart und zäh.
Jonas: Zu schwer für dich, Sammy?
Sam: Na.
Jonas: Das läßt ein stolzer Computer sich nicht zweimal sagen. Die Tür sprang auf, dahinter ein Foyer, überall Holocams, Standardsicherheitssystem, von Sam sofort infiltriert, wer immer wo immer auf die Monitore glotzte, sah das übliche, leere Räume, Standbilder. Jamaro ging voran, sie wußte, wo ihr Vater steckte, obwohl sie nie hiergewesen war, sie spürte es, irgendwie. Wir fuhren im Lift nach unten, bewegten uns vorsichtig durch Gänge und Sicherheitsschleusen, Sam hatte ordentlich zu tun, dann waren wir da, in einem hellen Raum, weißgekachelt, ausgestattet mit einem Operationstisch, einer Badewanne, einer starken Batterie, diversen Brenn- und Schneidewerkzeugen, auf dem Tisch lag ein alter Indio, angeschnallt, blutig, bewußtlos und unförmig dick.
Jamaro: Mein Vater, Ballam ist sein Name.
Sam: Ballermann?
Jamaro: Das heißt Jaguar.
Sam: Aha, na ja, ein ausgesprochen fetter Jaguar, wenn Sie mich fragen, Herr Doktor.
Jonas: Dich fragt aber keiner, Sam.
Sam: Na denn nicht.
Jamaro: Ein Häuptling ist stattlich, so muß es sein. Sein Leib verkündet seine Würde. Sie haben ihn gefoltert.
Jonas: Offensichtlich. Wie kriegen wir ihn hier raus? Laufen wird er nicht können, und tragen…
Sam: Och jo, 3 Zentner, und das reicht nicht mal. Soll sie doch was zaubern, unsere Miss Hokus-Pokokus.
Jonas: Und das tat sie tatsächlich. Die Fesseln lösten sich, der massige Körper des bewußtlosen Häuptlings hob sich ein paar Zentimeter in die Höhe. Levitation nennt man das, und eigentlich gibt es so was nicht. Jamaro zog ihren Vater hinter sich her, wie mit einem starken Magneten, den Weg zurück, den wir gekommen waren. Es ging langsam, Jamaro hatte Mühe, Schweiß trat ihr auf die Stirn, sie bewegte sich im Zeitlupentempo. Als wir den Ausgang erreichten, konnte sie nicht mehr. Papa fiel auf die Erde und blieb liegen. Jamaro lehnte sich schwer atmend an die Mauer.
Sam: Da liegt der alte Häuptling der Indianer.
Jamaro: Es geht nicht mehr, meine Kraft ist erschöpft. Hilf mir, Jonas, hilf mir, meinen Vater nach Hause zu bringen.
Jonas: Wir müssen ihn transportieren. Frage wie.
Sam: Schubkarre.
Jonas: Zu anstrengend und zu langsam. Mir fällt was besseres ein.
Sam: Det glob ich nich.
Jonas: Die Großgarage von Bio lag gleich neben dem Hauptgebäude. Sam knackte die Tür. Innen gab’s eine Menge LKW, ein paar Prunkkarossen und Geländewagen, und eine Harley Davidson, eine 250er mit Beiwagen. Eine echte Antiquität aus dem vorigen Jahrhundert, vermutlich das Spielzeug des Direktors. Ich schob die Maschine raus, mit großer Mühe bugsierten wir den Häuptling in den Beiwagen, der Morgen dämmerte.
Jonas: Uff. Du steigst hinten auf, Jamaro.
Jamaro: Nein, Jonas, ich fahre.
Jonas: Ja kannst du das denn?
Jamaro: Ich habe es in El Dorado gelernt, als ich auf der Universität war. Danke, Jonas, leb wohl.
Jonas: Sehen wir uns wieder, Jamaro?
Jamaro: Möglich ist alles.
Jonas: Du wirst mich noch brauchen, Jamaro, Bio ist noch nicht fertig mit euch. Ich glaub nicht, daß du’s allein schaffst.
Jamaro: Das wird sich zeigen. Wir bleiben in Verbindung, Jonas.
Jonas: Die Harley verschwand in der Tropennacht. Für Jonas hieß es zurück ins Zimmer. Noch eine Runde schlafen, bevor der neue Tag da war.
Wirt: Du brauchst Geld, Gringo.
Jonas: Ach was.
Wirt: Bei Bio Global suchen sie Leute.
Jonas: Ach ja?
Wirt: Spezialisten. Kämpfer. Söldner. Du siehst so aus, Gringo.
Jonas: Wie sehe ich aus, Cantinero?
Wirt: Wie einer, der was vom Töten versteht. Geh zu Bio, Gringo, sie nehmen dich, du kriegst Geld, du bezahlst deine Rechnung.
Jonas: Gute Idee.
Wirt: Eswerdat, Gringo.
Jonas: Also wieder zum Biokomplex, und diesmal bei Tageslicht, offen und legal. Commandante Ramirez, der Sicherheitschef, hatte Zeit für mich. Ein kleiner drahtiger Mann mit Schnauzbart in einer Art Operettenuniform, kurze schwarze Jacke mit silbernen Litzen, wo es sich irgend machen ließ, schwarze Reithosen, blankgewichste Stiefel mit riesigen Silbersporen, auf dem Tisch ein schwarzer Sombrero, groß wie ein Wagenrad, bestückt mit Medaillen und alten Silberdollars. Aber der Typ war moderner als er aussah.
Ramirez: Verstehen Sie was von Robokillern, Senior Jonas?
Jonas: Sie haben Robokiller?
Ramirez: Einen. Aus amazonischen Heeresbeständen, nicht das allerneueste Modell, war jahrelang eingemottet, aber für den Dschungelkrieg programmiert, und insofern mehr als ausreichend. Wir haben es ja bloß mit Indios zu tun, also Macheten, wenn’s hochkommt ein paar alte Schrotflinten, ein Spaziergang. Sie haben mit Robokillern gearbeitet, Senior Jonas?
Jonas: Im antarktischen Krieg. Ich war beim 9. Guerillakommando.
Ramirez: Ah, Respekt. Willkommen bei der Bio-Truppe, Tenjente Jonas.
Jonas: Nicht so schnell, Commandante. Was zahlen Sie?
Ramirez: Ah, der Profi. Das wichtigste zuerst, nicht wahr. Bio Global ist großzügig. 30.000 Peseten gleich 500 Dollar.
Jonas: 1000 Euros. Nicht schlecht.
Ramirez: Pro Woche. Im Voraus. Na, wie sieht’s aus? Morgen früh geht’s los.
Jonas: Morgen schon?
Ramirez: Wir hätten es gern in Ruhe geregelt mit dem Häuptling, aber der ist uns heute Nacht ausgerissen. Keine Ahnung, wie er es gemacht hat, er ist weg, und die Harley vom Chef auch.
Jonas: Was Sie nicht sagen, Commandante.
Ramirez: Das heißt Großeinsatz. Hart und schnell. Robokiller, Helikopter. Alles was wir haben. Machen Sie mit.
Jonas: Si, Commandante, sagte ich. Ich dachte an die Euros, an die Rückkehr nach Babylon, aber vor allem dachte ich an Jamaro, daran daß ich was für sie tun konnte, als Undercover-Agent, als Maulwurf, als fünfte Kolonne. In der Morgendämmerung ging es los, zuerst per LKW, dann als der Wald dichter wurde, zu Fuß. 20 Biokämpen, Leutnant Jonas, und ein verbeulter angerosteter Robokiller, hoch darüber Kommandante Ramirez im Helikopter. Der Robokiller knarrte und quietschte und kam nur mühsam vom Fleck.
Ramirez: Hier Condor. Condor ruft Tapir. Melden Sie sich, Tapir. Hier Condor.
Jonas: Hier Jonas, äh, Tapir meine ich. Was gibt’s, Commandante.
Ramirez: Lassen Sie ihre Leute kurz ausruhen, Tenjente, genau 13 Uhr 30 greifen wir an. Over and out.
Jonas: Sie mich schon lange.
Jonas: Die Sonne stand hoch, als wir eine Lichtung im Urwald erreichten. Von hier war es nicht mehr weit bis zum Indiodorf.
Jonas: Halt, Pause!
Jonas: Ich wurde nervös, wo blieb Jamaro?
Jamaro: Jonas? Jonas, hörst du mich?
Jonas: Jamaro, endlich. Was soll ich tun?
Jonas: Ich hörte sie, deutlich und klar. Nicht im Walkie-talkie, nicht mit den Ohren. Jamaros Stimme war in meinem Kopf. Telepathie, Schamanenzauber, oder wie Sammy sagen würde, Hokus Pokus.
Jamaro: Nichts, Jonas. Du brauchst nichts zu tun. Mit den Eindringlingen werde ich allein fertig. Auf meine Weise, bleib sitzen, rühr dich nicht, warte.
Ramirez: 13 Uhr 30, Tenjente. Angriff! Auf sie mit Gebrüll. Ich fliege voraus und schieße ihnen den Weg frei, keine Gefangene, lassen Sie keinen…
Jonas: Die Verbindung zu Ramirez riß ab. Plötzlich setzte ein starker Wind ein, fegte über den Urwald, ich sah nach oben, der Himmel war wolkenlos, der Kommando-Helikopter geriet ins Trudeln, große Vögel stürzten sich auf ihn, Geier, von allen Seiten, sie hackten und krallten, verdeckten die Fenster, der Rotor setzte aus, der Helikopter trudelte stärker, stürzte, verschwand hinter den Bäumen, ein Knall, eine Flamme, ein dunkler Rauchpilz.
Jonas: Astaluego, Commandante Ramirez.
Jamaro: Nun siehst du es, Jonas. Auf meinem eigenen Territorium bin ich stark.
Jonas: Ich sehe es, Jamaro, und ich bin beeindruckt.
Jamaro: Es geht weiter, Jonas, sieh wieder nach unten, sieh dich um.
Jonas: Auch die Bodentruppe war in Schwierigkeiten, meine 20 Biokrieger hüpften, rannten, ließen ihre Waffen fallen, wälzten sich, wie von der Tarantel gestochen, aber es war keine Taranteln, es waren… Bienen, Killerbienen, ganze Schwärme gelber Killerbienen. Nicht zu vergessen die roten Wanderameisen. Sie stürzten sich auf den Robo-Killer, drangen in ihn ein, zerbissen seine Kabel, fraßen seine Schaltungen, bis er umfiel. Um ihn, über ihm, ein gigantisches rotes Gewimmel. Der Robokiller zerfiel in Einzelteile, löste sich auf.
Jamaro: Jetzt machen wir ein Ende, Jonas, bleib ganz ruhig, hab keine Angst, dir wird nichts geschehen.
Jonas: Die Indios kamen. Wie Schatten tauchten sie auf zwischen Jakarandas und Tschiklebäumen, hinter Lianen und Orchideen. Sie waren nackt, grüne Kriegsbemalung auf rotbrauner Haut, bewaffnet waren sie mit Blasrohren und mit Macheten. Es dauerte nur wenige Minuten, dann waren die Biosöldner tot. Alle. Bis auf Jonas. Der saß hinter einer unsichtbaren Schutzwand, nichts und niemand drang durch zu mir, kein Tier, kein Indio. Der Wind legte sich, es wurde still.
Jonas: Gratuliere Jamaro, ihr habt gewonnen, Invasion abgewehrt.
Jamaro: Danke Jonas. Es war nicht leicht.
Jonas: Aber das ist noch nicht der Endsieg. Bio Global wird’s wieder versuchen. Da bin ich sicher.
Jamaro: Ich werde es früh genug erfahren, durch dich, Jonas.
Jonas: Natürlich, aber wie?
Jamaro: Wenn es nötig ist, werde ich dasein, Jonas, bei dir, in dir, wir bleiben in Verbindung. Bis bald.
Jonas: Ich marschierte zurück nach Puerto Porco, machte Meldung, nicht ganz wahrheitsgetreu, aber überzeugend. Tenjente Jonas wurde zum Commandante befördert. 2000 Euros die Woche. Ansonsten machte der Krieg Pause. Drei Tage später. Commandante Jonas wurde in den Bio-Komplex befohlen. Großer Kriegsrat im kleinen Kreis. Big Boss war da. Don Miguel Perez Escobar, Filialdirektor von Bio Global, weißhaarig, würdig, langweilig, lahm. Und ein noch größerer Boss bzw. Bossin, Miss Anna Plotz, Vizepräsidentin von Bio Global, aus der Zentrale in New York, jünger, bissig, messerscharf, wie die Bügelfalten in ihrem eleganten schwarzen Business-Suit. Sie ließ sich berichten, vom provisorischen Sicherheitschef, Commandante Jonas.
Anna Plotz: Danke Commandante, soweit, so schlecht. Wir haben Zeit verloren.
Escobar: Und zwei Dutzend Sicherheitsleute, und einen Robokiller, ganz zu schweigen vom Helikopter.
Anna Plotz: Das ist nicht das Problem, Miguel. Sicherheitskräfte lassen sich ersetzen, Maschinen auch, unser Image macht mir Sorgen, hier, der Daily New Yorker von gestern: nackte Wilde führen High-Tech-Konzern vor.
Escobar: Peinlich.
Anna Plotz: Peinlich? Unmöglich, unerträglich.
Escobar: Ganz Ihrer Meinung, Anna.
Anna Plotz: Na also.
Escobar: Also was?
Anna Plotz: Was schlagen Sie vor, Miguel? Wie gedenken Sie die Sache in den Griff zu kriegen?
Escobar: Nun, äh, wir werden neue Söldner anwerben.
Anna Plotz: Selbstverständlich. Und?
Escobar: Wir könnten den Dschungel in Brand stecken, die Indios ausräuchern.
Anna Plotz: Na wunderbar, wir verbrennen das kostbare Tropenholz, das wir eigentlich verwerten wollen. Kommt nicht in Frage.
Escobar: Vielleicht sollten wir einen Nuklearangriff mit einer Baby-Bombe.
Anna Plotz: Und das Gebiet auf Jahre kontaminieren? Schwachsinn. Weitere Vorschläge. Ich warte, Miguel.
Escobar: Ich weiß nicht, äh, so auf die Schnelle.
Anna Plotz: Also keine Vorschläge ihrerseits. Gut, ich nehme das zur Kenntnis.
Escobar: Aber ich habe doch, wenn Sie alles ablehnen, Anna.
Anna Plotz: Was Sie vorgelegt haben, Miguel, ist unbrauchbar, totaler Schrott.
Escobar: Dann machen Sie doch einen Vorschlag.
Anna Plotz: Ich werde viel mehr tun, Miguel. Sie haben versucht, ein unkonventionelles Problem mit konventionellen Mitteln zu lösen. Damit sind Sie natürlich gescheitert. Jetzt machen wir’s auf meine Weise. Unkonventionell. Ich habe Ihnen aus New York was mitgebracht.
Jonas: Es wurde interessant. Commandante Jonas wurde hellwach. Durch die Tür spazierte ein seltsames Paar. Ein alter Mann, schlitzäugig, schmutzig-gelbe Hautfarbe, viel Haut war allerdings nicht zu sehen. Der Alte trug einen überlangen Mantel aus Leder, der vor Dreck starrte, dazu Filzstiefel und eine Pelzmütze, verziert mit zwei Hörnern, an seinem Gürtel hing ein Menschenschädel, in der Hand hielt er einen großen runden Holzrahmen mit einer Membrane bespannt und einen menschlichen Schenkelknochen. Um ihn war eine starke Aura, alter Schweiß, ranziges Fett, verrotteter Abfall, verwestes Fleisch. Sein Begleiter war das ganze Gegenteil, ein smarter junger Mann, vielleicht etwas zu smart, zu modisches Outfit, zu dicke Rolex.
Jemeljan: Hi, Jemeljan mein Name, nennen Sie mich Jim, ich bin der Dolmetscher, der Wärter, der, katschkasatsch, wie sagt man, Assistent von Utschym Schetan.
Schetan: How. Utschym Schetan. How.
Jemelja: Utschym Schetan ist ein großer Schamane vom Stamm der Ewenken in Sibirien.
Escobar: Ein Schamane?
Jemeljan: Ein schwarzer Schamane, ein böser Schamane, er steht in Verbindung mit bösen Geistern, mit dem Teufel, sagt man.
Schetan: How.
Escobar: Anna, was soll das?
Anna Plotz: Die Kompania, die sogenannte russische Mafia.
Jemeljan: Nicht dieses Wort, bitte.
Anna Plotz: Die Kompania bietet ein spezielles Serviceprogramm an, Rent a Schaman, und genau das habe ich für Bio Global getan. Hier ist der beste Schamane, der in ganz Rußland aufzutreiben war.
Schetan: How.
Anna Plotz: Wir werden die Schamanin der Indios mit unserem Schamanen bekämpfen. Homöopathie, wenn Sie so wollen, den Teufel mit dem Belzebub austreiben, oder mit dem Schetan.
Schetan: Schetan. How.
Escobar: So, was kann er denn, Ihr Schamane?
Jemeljan: Viel, sehr viel. Er kann Wetter machen.
Schetan: How.
Jemeljan: Er kann Menschen und Tiere töten auf, wie sagt man, mentale Weise.
Schetan: How.
Jemeljan: Er kann die Waffen der Gegner verhexen.
Schetan: How.
Jemeljan: Er kann Menschen verwandeln in, katschkasatsch, wie sagt man, Berserker.
Schetan: How.
Jemeljan: Sie werden weiterkämpfen, auch wenn sie schwer verwundet sind, auch wenn sie schon fast tot sind, werden sie kämpfen, und nichts kann sie aufhalten.
Schetan: How. How. How.
Anna Plotz: Hört sich gut an, Jim. Er soll uns was zeigen, lassen Sie ihn, äh, wie sagt man, schamanisieren.
Jemeljan: Machen wir. Utschym, dawei.
Schetan: How. How How…
Jonas: Der Schamane schlug mit dem Knochen auf die Handtrommel, grunzte und schwankte von einem Fuß auf den anderen, ein ungelenker Tanzbär. Plotz und Escobar sahen fasziniert zu. Ich machte mir Sorgen, die neue Entwicklung gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Ich machte die Augen zu und rief Jamaro in Gedanken, laut und unhörbar.
Jamaro: Ich bin hier, Jonas. Ich war die ganze Zeit hier und hab alles gehört.
Jonas: Und? Hast du Angst?
Jamaro: Angst? Nein. Doch, ein wenig. Der schwarze Teufel ist ein gefährlicher Gegner.
Jonas: Was wirst du tun?
Jamaro: Ich muß mich auf ihn einstellen, mich auf den Kampf vorbereiten, zur Sicherheit neue Kraft schöpfen, damit ich ihm auf jeden Fall gewachsen bin.
Jonas: Und wie soll das gehen?
Jamaro: Ich werde sterben.
Jonas: Was?
Jamaro: Und wieder auferstehen. Noch heute werde ich mich in den Wald zurückziehen, eine Nacht und einen Tag werde ich schlafen wie eine Tote. Ich werde entsetzliche Träume haben, Dämonen werden mich töten, mich zerstückeln, mein Fleisch essen, wenn ich erwache, muß ich mich zwei Tage lang erholen, dann bin ich stark und kann es mit dem schwarzen Teufel aufnehmen. Leb wohl, Jonas.
Jonas: Jamaro! Weg war sie. Das war ein Fehler. Sie hätte noch bleiben sollen, wenigstens ein paar Minuten. Ich machte die Augen auf, die Trommelei hatte aufgehört. Der Schamane und sein Bärenführer steckten die Köpfe zusammen, Utyschym Schetan fuchtelte mit den Armen, redete, irgendwas war los.
Jemeljan: In diesem Raum ist ein Verräter, sagt er.
Escobar: Unsinn, wir sind unter uns.
Jemeljan: Utschym Schetan hat ihn entlarvt.
Schetan: How.
Jemeljan: Der Verräter steht in Verbindung mit der Medizinfrau der Indios durch, wie sagt man, Telepathie. Utschym Schetan hat ihr Gespräch abgehört.
Schetan: How.
Anna Plotz: Wer ist es? Wer ist der Verräter?
Jemeljan: Utschym, dawei.
Schetan: How. How. How. How.
Jemeljan: Der ist es.
Escobar: Commandante Jonas?
Jonas: Ich wollte den Laserstrahler ziehen, aber ich konnte nicht, ich konnte kein Glied rühren. Der Schamane war ganz nah, er stierte mir ins Gesicht mit seinen bösen Schweinsaugen, sein Gestank verpestete die Luft, ich rief Jamaro, aber die Verbindung war abgebrochen. Sicherheitskräfte kamen.
Anna Plotz: Entwaffnen. Fesseln!
Jonas: Nahmen mir den Laser weg, verschnürten mich. Der Schamane drehte sich um.
Schetan: How.
Jonas: Und redete weiter mit Jemeljan.
Schetan: How.
Jemeljan: Aha. Meine Herrschaften, Utschym hat etwas sehr interessantes erfahren.
Schetan: How.
Jemeljan: Unsere Gegnerin, die Indiofrau, ist für mehrere Tage außer Gefecht. Sie befindet sich in, wie sagt man, Trance, in, wie sagt man, Katatonie. Man nennt das Schamanenkrankheit. Schamanen tun das, um Energie zu gewinnen.
Schetan: How.
Anna Plotz: Großartig, dann greifen wir gleich morgen an.
Escobar: Das geht nicht, Anna, wir haben weder Robokiller noch Helikopter. Ersatz ist bestellt, aber bis er hier ist.
Anna Plotz: Robokiller, Helikopter, brauchen wir alles nicht. LKWs haben Sie doch, Miguel, oder?
Escobar: Sicher, aber was nützen uns LKWs, wenn wir keine Söldner haben.
Anna Plotz: Söldner brauchen wir auch nicht.
Escobar: Wie bitte?
Anna Plotz: Wir holen uns Leute aus den Slums von Puerto Porco, arme Schlucker, für ein paar Dollar tun die alles, soviel wir kriegen, egal wie alt, egal in welcher Verfassung.
Escobar: Und die sollen für Bio kämpfen?
Anna Plotz: Wie die Berserker. Dafür wird Utschym Schetan sorgen.
Schetan: How.
Escobar: Wie Sie meinen, Anna, und wer soll den Angriff leiten? Ich darf Sie darauf hinweisen, daß wir zur Zeit keinen Sicherheitschef haben, äh, vielleicht könnte ich unter Umständen…
Anna Plotz: Machen Sie sich nicht ins Hemd, Miguel. Sie bleiben schön hier und fangen schon mal an, Ihren Schreibtisch auszuräumen. Sie gehen demnächst in Pension. Den Angriff morgen, den kommandiere ich, persönlich.
Schetan: How.
Jemeljan: Und dieser, wie heißt er, Commandante Jonas, was machen wir mit ihm?
Anna Plotz: Ein gefährlicher Typ. Wir nehmen ihn mit, der Schamane soll ihn im Auge behalten.
Schetan: How, how, how.
Jonas: Vorerst steckten sie Jonas in den Knast, nicht in den Folterkeller. Dazu hatten sie keine Zeit. Weil sie in die Slums ausschwärmen und Leute anheuern mußten. Ich kam in eine kleine kahle Zelle. Nichts zu essen, nichts zu trinken. Aber Gesellschaft. Sam hatten sie mir nicht weggenommen. Leider.
Sam: Schamanen. Telepathie. Hexerei. Hokus Pokus. Fauler Zauber. Igitt. Pfui Teufel. Mit so was läßt er sich ein, mein Jonas, die klare Stimme der Vernunft, die da genannt wird Samuel, hört er auf dieselbe, hm, beherzigt er dieselbe? Mitnixen, mitnichten, ich meine nix da, ne, abschalten tut er mich, vergessen tut er seinen getreuen Computer. Und porke, weshalb, hm, wosod inwieferne, weil er verstockt ist und stupide, ein typischer Mensch halt, wir sehen ja, was es ihm gebracht hat. Wer sich mit Schamanen abgibt, kommt dabei um. Sagt der weise Bosequo.
Jonas: Wenn es nicht Willy Wutzke war, der Weltweise aus Waiblingen, hör auf mit der Gardinenpredigt, Sam. Ich leb ja noch.
Sam: Ja ja, noch, noch, noch, schon morgen, schwant mir, wird Sam mit Tränen in den Augen ein Blümlein pflanzen auf ein frisches Grab, als allerletzten Gruß an seinen Herrn und Meister, der ihm trotz allem so ans Herz g’wachset war.
Jonas: Du hast kein Herz, Sammy. Schluß mit der Unkerei. Sag mir lieber, wie ich hier rauskomme.
Sam: Nun ja, hm, schwierig, womöglich gar impossiblie.
Jonas: Du weißt es also auch nicht.
Sam: Frag doch deine Schamanin, sie hat dich reingeritten, soll sie dich auch wieder rausreiten. Apropos reiten. Du bist doch bloß scharf auf diese nackte Wilde, hä, diese wilde Nackte, gibt’s zu, du Lustmolch, du geiles Böckchen.
Jonas: Und warum nicht, sie sagt wenig und sie sieht sehr gut aus viel besser als du.
Sam: Nur Blut kann sie tilgen, die tödliche Schmach. Geben Sie Satisfaktion, Sier.
Jonas: Ach halt doch endlich das Maul.
Sam: Die Ente ist ein Schnabeltier, eins und zwei und drei und vier. So.
Jonas: Es war eine kleine Karawane, 3 LKW, voll mit Gesindel, Pack, Pöbel, Jammergestalten, mager und zerlumpt, mit Macheten und Knüppeln, Flinten hatten nur wenige, dahinter der fahrende Kommandostand, ein Jeep Cherokee, rund 30 Jahre alt, Besatzung Anna Plotz, ein Fahrer, der Schamane mit seinem Wärter, hinten drin lag Jonas, gefesselt. Der Weg wurde schmaler, die Wagen blieben stehen. Ab jetzt hieß es laufen, wie beim letzten Mal. Mir banden sie die Beine los und der Fahrer zog mich am Strick hinter sich her. Es ging langsam voran, auch wenn wir diesmal keinen lahmen Robokiller hatten. Der Haufen war undiszipliniert und schlecht zu Fuß. Am frühen Nachmittag passierten wir die Lichtung. Es roch nicht gut, überall tote Tiere, Ameisen, Bienen, Geier. Der Schamane hatte ganze Arbeit geleistet. Dann war der Wald zu Ende, wir hielten. Vor uns ein Maisfeld, dahinter die kleinen weisen Häuser von Pueblo Mocoron. Utschym Schetan zog eine hölzerne Flasche aus dem Mantel, mit ihrem Inhalt besprenkelte er unsere erstaunte Knüppelgarde, sofort wurden die Leute unruhig, packten ihre Waffen fester, verzerrten die Gesichter, manche hatten Schaum vor dem Mund.
Anna Plotz: Was ist in der Flasche, Jim?
Jemeljan: Berufsgeheimnis. Bitte sehr, Ihre Berserker, wie geordert.
Anna Plotz: Sehr schön. Angriff!
Jonas: Sie waren nicht mehr zu halten, rannten in Richtung Dorf, schwangen Macheten und Knüppel. Der Schamane folgte, langsamer, mit trommeln und Grunzen. Jemeljan hielt sich an seiner Seite. Wir blieben zu Dritt zurück, Anna Plotz, der Fahrer und Jonas. Die Kommandöse war aufgeregt. Ihre Augen glänzten, sie atmete heftig.
Anna Plotz: Sehen Sie gut hin, Jonas, jetzt machen wir aus ihren Freunden Hackfleisch, Mord und Totschlag, Blut in Strömen. Toll, wenn ich das in New York erzähle, ich muß da mitmachen, gib mir deine Kalaschnikow, Paco.
Paco: Si Hefe.
Anna Plotz: Du hast ja noch den Laser. Paß gut auf Jonas auf.
Paco: Si Hefe.
Anna Plotz: Hurra, kill the bastards.
Sam: Da waren’s nur noch zwei. Weg ist sie, die mörderische lady, vielleicht hat sie was vom Berserkerwasser abgekriegt und ist ersoffen.
Jonas: Glaub ich nicht, Sammy, die ist von Natur aus so.
Sam: Ach so.
Jonas: Es sieht nicht gut aus, Sammy.
Sam: Wieso?
Jonas: Die bringen alle Indios um.
Sam: Aha.
Jonas: Männer, Frauen, Kinder, den dicken Häuptling, Jamaro. Jamaro! Wo bist du?
Tonto: Senior? Senior Jonas?
Sam: Ist er.
Jonas: Eine Stimme in meinem Kopf, nicht Jamaro, eine sehr junge Stimme, ein Kind, ein Mädchen, wer war das?
Tonto: Ich bin Tonto, Jamaros Schülerin.
Jonas: Wo steckt Jamaro? Wie geht es ihr?
Tonto: Sie hat mich geschickt, Senior Jonas, ich soll Sie zu ihr bringen. Sie braucht Hilfe.
Jonas: Tonto, kannst du mich befreien? Kannst du den Wächter ausschalten?
Tonto: Ich weiß es nicht. Ich bin Anfängerin. Ich lerne erst die Schamanenkunst. Aber ich werde es versuchen. Ich bin ganz in Ihrer Nähe.
Sam: Ich auch.
Jonas: Plötzlich stand sie neben uns, ein Indiomädchen, 11, 12 Jahre, in grünen Jeans und grünem T-Shirt, Paco griff zum Laser, langsam, sehr sehr langsam, wie in Zeitlupe. Tonto zog ein Messer aus der Tasche, schnitt meine Fesseln durch, ich nahm Pacos Laser und erschoß ihn. Die Zeit der freundlichen Zurückhaltung war vorbei.
Jonas: Für einen Schamanenlehrling war das nicht schlecht, Tonto. Was ist mit Jamaro?
Tonto: Sie ist aufgewacht aus ihrem Todesschlaf, Senior Jonas, zu früh, sie hat gespürt, daß unser Dorf angegriffen wird und daß Sie in großer Gefahr sind, Senior Jonas, der Stamm ist verloren, Jamaro kann nichts tun, sie ist noch so schwach.
Jonas: Wo ist sie, Tonto?
Tonto: Im Urwald, direkt am Heiligen Berg. Sie muß allein sein während ihrer Krankheit, nur ich war bei ihr, kommen Sie, Senior Jonas, kommen Sie schnell. Der schwarze Teufel wird sie aufspüren und töten, sie kann sich nicht verteidigen.
Sam: Eine gewisse Beschleunigung dürfte sich in der Tat empfehlen, Sir. Denn siehe, der Kampfeslärm verebbt, wie die Kuh den Wald zersteppt, und sie werden in Kürze wieder bei uns sein, die wilden Berserker, die wilde Plotz, der wilde Schamane.
Jonas: Wie weit ist es bis zum Heiligen Berg, Tonto?
Tonto: Zwei bis drei Stunden zu Fuß.
Jonas: Zu lange.
Tonto: Können Sie ein Motorrad fahren, Senior Jonas?
Jonas: Die Harley, wo ist sie?
Tonto: Nicht weit, Jamaro hat sie im Wald versteckt.
Jonas: Bring mich hin, Tonto.
Sam: Aber Dalli.
Jonas: Im Dschungel Motorradzufahren ist nicht leicht, ohne Tonto hätte ich es nicht geschafft, sie saß auf dem Rücksitz, hielt sich mit einer Hand an mir fest und zeigte mit der anderen auf die Markierungen, die geheimen Zeichen für die unsichtbaren Indio-Pfade. Die Harley tat sich schwer, sie holperte und bockte.
Tonto: Jamaro hat versucht, mit Ihnen Verbindung aufzunehmen, Senior Jonas, gleich nachdem sie aufgewacht ist, aber es ging nicht.
Jonas: Weil sie noch zu schwach war.
Tonto: Und weil der schwarze Teufel sie abgeblockt hatte.
Jonas: Trotzdem bist du zu mir durchgekommen, Tonto.
Tonto: Die Blockade war nicht stark, der schwarze Teufel war abgelenkt.
Jonas: Er mußte die Berserker bei der Stange halten, solange der Angriff lief. Das dürfte.
Schetan: How.
Jonas: Der Schamane. Plötzlich war er in meinem Kopf. Ich war wie gelähmt. Meine Hände und Füße gehorchten mir nicht mehr, die Harley reagierte auch, der Motor stotterte, setzte aus, wir saßen fest.
Jonas: Tonto, der schwarze Teufel, er ist da. Er blockiert mich und das Motorrad. Tu was!
Tonto: Ich versuche es, Senior. Aber er ist stark, es ist sehr schwer.
Jonas: Es geht wieder. Gut, Tonto. Sehr gut, nicht nachlassen.
Tonto: Ich gebe mir Mühe, Senior. Hier entlang, gleich sind wir da.
Jonas: Über uns ragte der Juckamani auf, der Heilige Berg. Vor uns stand eine Hütte aus Ästen, Blättern und Schlingpflanzen. Tonto blieb draußen und hielt weiter den Schamanen in Schach, sie strengte sich an, unter ihrer dunklen Haut war sie blaß. Schweißtropfen auf ihrer Stirn. Ein schwerer Kampf, Lehrling gegen Großmeister. In der Hütte lag Jamaro auf einer Pritsche, sie war noch schlimmer dran als ihre Schülerin. Blasser und viel schwächer.
Jamaro: Jonas, du bist gekommen.
Jonas: So schnell es ging, Jamaro. Für deinen Stamm konnte ich nichts tun. Es tut mir leid, sie sind alle tot.
Jamaro: Ich weiß, es war mein Fehler. Ich hätte mich nicht in die Krankheit zurückziehen dürfen. Das hat er ausgenutzt, der schwarze Teufel. Er darf mich nicht finden, Jonas, erst in zwei Tagen werde ich so stark sein, daß ich mit ihm kämpfen und ihn besiegen kann, dann werde ich Rache nehmen an ihm und an Bio Global.
Jonas: Bis es soweit ist, müssen wir ein sicheres Versteck für dich finden, Jamaro, wo?
Sam: Äh, ist es einem unbedeutenden kleinen Computer, der über keinerlei magische Fähigkeiten verfügt, was immer man von diesen halten mag, ist es ihm gestattet, sein Scherflein beizusteuern?
Jonas: Du hast eine Idee, Sammy, ganz was neues. Raus damit.
Sam: Ja. Würde der Aufenthalt in einem High-Tech-Ambiente bleistiftsweise einem modernen Rechenzentrum…
Jonas: In Costaguana, du spinnst, Sammy.
Sam: Oder auch einem E-Werk die Seniorita Jamaro nicht am effektivsten vor den mentalen Nachstellungen des bösen Sibiriaken schützen?
Jonas: Vielleicht, Sammy. Aber Jamaro wäre da genauso gehandikapt wie ihr Gegner und würde nicht zu Kräften kommen.
Sam: Wieso?
Jonas: Vorschlag ist out, wir suchen weiter.
Sam: Na ja.
Jamaro: Die Höhle der Ahnen, oben am Berg.
Jonas: Was ist damit, Jamaro?
Jamaro: Dort hat der Feind keine Macht.
Jonas: Wirklich? Dann bringen wir dich doch da hin, Jamaro.
Jamaro: Tonto kennt den Weg.
Jonas: Das hieß Bergsteigen. Vom heißen Tropenwald in polare Regionen, Eis, Schnee, Kälte. Jonas schleppte Jamaro, Tonto führte und schlug gleichzeitig die mentalen Angriffe des Schamanen zurück, tüchtiges Mädchen. Wir waren beide erschöpft, als wir die Höhle erreichten, ein dunkles Loch im verschneiten Felsen. Tonto ließ sich fallen.
Tonto: Jetzt kann ich mich ausruhen. Hier schützen uns die Ahnen vor dem schwarzen Teufel und seinen Genossen. Sie werden nach uns suchen und uns nicht finden.
Jonas: Hoffentlich. Jamaros Hütte haben sie jedenfalls gefunden und in Brand gesteckt. Siehst du den Rauch, der da unten aus dem Wald steigt.
Jonas: In der Höhle war es trocken und gar nicht so kalt, aber unheimlich. Hinten im Dunkeln hockten die Ahnen. Mumien. Viele Mumien. Sie sahen aus wie leere Ledersäcke, uralt und verschrumpelt. Weiter vorn lagen Felle und Decken, daneben standen Körbe mit getrockneten Früchten, Mangos, Guaven, Papayas, Chririmojas. Wir machten ein Lager für Jamaro, wickelten uns in die restlichen Decken, aßen und warteten. – Zweieinhalb Tage später. Die Nacht vom 1. zum 2. November 2015. Puerto Porco feierte das Fest der Toten, die ofrenda. In dieser Nacht besuchen die Toten die Lebenden, glaubt man in Costaguana, an allen Häusern gelbe Lampions und gelbe Blumen, damit sie den Weg finden, gelb ist die Farbe der Toten. Vor und in den Häusern gedeckte Tische, volle Teller, volle Gläser, dazwischen Knochen und Schädel aus Zuckerguß und Schokolade. In den Straßen fröhliche Menschen, kostümiert als Skelette, maskiert mit Totenköpfen. Der Alkohol fließt in Strömen. Pulkwe, Bier, Tequila. Kapellen musizieren. Ein munterer Totentanz. Auch bei Bio Global wurde gefeiert. Auf dem Vorplatz stand ein großer Tisch, daran saß die Firmenleitung, an der Spitze die Plotz und Escobar, dann eine Sperrkette von Sicherheitsleuten, dahinter wartendes Volk. Bio hatte ein großes Feuerwerk versprochen, in der Menge Jamaro und Jonas, Pappschädel vor den Gesichtern, Tonto war von Jamaro weggeschickt worden in ein befreundetes Indiodorf, tief im Urwald.
Jamaro: Ich kann ihn nicht spüren, Jonas.
Jonas: Am Tisch sitzt er nicht, sein Führer auch nicht. Sind unsere Freunde aus Sibirien etwa nicht mehr hier?
Jamaro: Es scheint so, aber die Biobosse sind noch hier. Sie sind die Auftraggeber des schwarzen Teufels, die wahren Schuldigen. Da sitzen sie, die Mörder meines Stammes, sie essen, sie trinken, sie lachen, es geht ihnen prächtig, das muß aufhören. Sie sollen büßen.
Jonas: Das Feuerwerk hatte begonnen, Jamaro nahm ihre Maske ab, ballte die Fäuste vor der Brust, ihre Augen wurden riesengroß und starr. Sie fixierten den Biokomplex. In das Knallen der Böller, das Zischen der Raketen mischten sich andere Geräusche. Knistern, Knacken, Knirschen, dumpfes Donnerrollen, das immer lauter wurde. Der gewaltige Bioquader bewegte sich, zitterte, schwankte, immer stärker, immer heftiger.
Jonas: Bist du das, Jamaro?
Sam: Ach du liebes mein Gottchen, gegen die war der selige Samson ja ein Waisenknabe.
Jonas: Du sagst es, Sammy.
Sam: Gelle.
Jonas: Jamaro war stark, ungeheuer stark, durch den Biokomplex liefen Risse, Mauerteile lösten sich, der riesige Betonklotz stürzte ein, brach zusammen und begrub die Festtafel unter sich mit allen, die daran saßen. Die Menge floh in Panik, der aufgewirbelte Staub setzte sich, es wurde still, bis auf das leise Stöhnen unter den Trümmern.
Jonas: Das ist Escobar. Ich erkenne ihn an seiner weißen Mähne.
Jamaro: Das war Escobar.
Jonas: Und wen haben wir hier?
Anna Plotz: Hilfe…
Jonas: Anna Plotz, Vizepräsidentin, coole Macherin.
Jamaro: Mörderin.
Anna Plotz: Jonas, helfen Sie mir, ich, ich, ich kann mich nicht bewegen.
Jamaro: Wo ist der schwarze Teufel?
Anna Plotz: Wer?
Jonas: Der Schamane. Ihr Schamane Utschym Schetan.
Anna Plotz: Abgereist. Mit Jim. Sie haben kassiert, sind weg.
Jamaro: Wohin?
Anna Plotz: Weiß nicht. Ein neuer Auftrag, sagt Jim, in einem anderen Land.
Jamaro: Wo?
Anna Plotz: Ich weiß es nicht, wirklich nicht. Holen Sie mich raus, bitte, ich muß ins Krankenhaus, meine Beine, ich spür meine Beine nicht mehr.
Jamaro: Du wirst sie nie mehr spüren und nie mehr bewegen, deine Arme auch nicht.
Jonas: Ihre Wirbelsäule ist kaputt. Wollen wir sie töten?
Jamaro: Nein. Sie soll leben, gelähmt, zerstört, hilflos.
Anna Plotz: Nein, bitte, helfen Sie mir, ich bezahlte Sie.
Jonas: Wir gingen, nicht in Richtung Puerto Porco, wir gingen ans Meer, die Wellen rauschten, sonst war es ruhig, und es war dunkel. Nur die Lichter der Touristenhotels strahlten in der Ferne.
Jamaro: Ich muß ihm folgen, dem schwarzen Teufel. Er darf nicht davonkommen.
Jonas: Einverstanden, Jamaro, wenn du willst, komm ich mit. Aber nicht mehr heute Nacht. Morgen. Jetzt gehe ich in ein Hotel, nicht die Cantina, ein richtiges Hotel mit Bad, Klimaanlage und Frühstück ans Bett.
Jamaro: Wenn du willst, Jonas, komm ich mit.
Jonas: Und ob ich will.
Sam: Oho. Aha. Jetzt wird mir alles klar. Aber so geht’s nicht, meine Herrschaften, hochverehrte Daumen und Hirn, so geht es nicht.
Jonas: Meinst du, Sammy? Und warum nicht?
Sam: Weil in der internationalen Enzyklopädie des Schamanismus und verwandter Phänomene in etwa folgendes zu lesen steht: Teilt eine Schamanin das Bett mit einem Nichtschamanen zwecks Unzucht, geht sie all ihrer magischen Kräfte verlustig. Für immer. Siehste. Da habt ihrs. So steht’s geschrieben, und so ist es. Hauruck, Sam hat gesprochen.
Jonas: Stimmt das, Jamaro?
Jamaro: Jonas.
Jonas: Ja.
Jamaro: Komm näher.
Jonas: So.
Jamaro: Noch näher.
Jonas: Näher geht’s nicht, Jamaro.
Jamaro: Weißt du, Jonas.
Jonas: Ja.
Jamaro: Was das kleine Hirn da gesagt hat.
Jonas: Ja.
Jamaro: Das ist nicht wahr, überhaupt nicht, kein bißchen.
Sam: Ich hör nix.
Jonas: Und so hatte die finstere und blutige Geschichte vom Totentanz in Costaguana doch noch ein kleines Happy End.
Das war Totentanz. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Donald Arthur, Astrid Jacob, Fred Klaus, Detlef Kügow, Irina Wanka und andere (Werner Klein, Thomas Meinhardt, Adela Florow, Gerd Rigauer, Jürgen Donien, Helmut Gillitzer-Felber). Ton und Technik: Günter Heß und Daniela Röder. Assistenz: Martin Trauner. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 2001 in Dolby Surround. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Traumschiff
Jonas: Sechs Uhr zehn. Die Sonne ging auf über Babylon. Das stand im Kalender. Zu sehen war es nicht. Seit Monaten streikten die städtischen Putzbrigaden. Der Klimadom war dicht, total verdreckt. Darunter taten 20 Millionen Babylonier das, was sie immer taten. Standen auf. Gingen schlafen. Liefen herum. Gingen arbeiten. Brachten sich um. Machten Liebe. Machten gar nichts. Machten weiter. Der 21. September 2015. Ein Tag wie jeder andere. Nicht für Sam. Heute war sein Geburtstag. Sagte er.
Sam: Hey, heute ist mein Geburtstag, jawoll. Der Tag des Herrn. Der Tag des Herrn Samuel. Happy birthday to me, happy birthday to me…
Jonas: Quatsch. Computer haben keinen Geburtstag.
Sam: Ach? Und wo, so frage ich euer Ehren, gezielt, dezidiert und auf den Punkt gebracht, wo kommen sie denn her, die kleinen Computer, hhm, na?
Jonas: Aus der Fabrik natürlich.
Sam: Hohohohoho, und nochmals hohohohoho, aus der Fabrik, mein Gott, warum nicht gleich vom Klapperstorch.
Jonas: Ja, warum nicht?
Sam: Also piß mal auf, äh, ich meine, paß mal auf, du Schnarchsack.
Jonas: Samuel alias Sam ist mein Computer. Ein Versuchsmodell. Nicht mehr ganz neu. Mit einem verbalen Tick. Korrektur: Mit zahllosen verbalen Ticks. Unausstehlich. Und unentbehrlich. Ein ganz besonderer Computer. Aber Geburtstag hatte er deshalb noch lange nicht.
Sam: Also paß mal auf, mein Herr und Gebieter, da ist Mama Computer, und Papa Computer, und wenn die beiden sich sehr sehr lieb haben, dann machen sie Interface, wie bei den kleinen Bienchen und den Blümlein und den Vögelchen.
Jonas: Halt die Backen, Sam, und nimm das Gespräch an.
Sam: Aye, aye, Sir, befehlen Sie Bildfon?
Jonas: Vor dem Frühstück? Lieber nicht. – Ja?
Aphrodite: Und auch Ihnen einen wunderschönen guten Morgen, spreche ich mit Herrn Jonas?
Jonas: Das tat sie. Jonas am Apparat. Nur Jonas. Genannt der letzte Detektiv. Einsamer Streiter für Recht und Moral. Und Morgenmuffel. Aber das brauchte ich der Anruferin nicht auf die Nase zu binden.
Jonas: Kommt drauf an.
Aphrodite: Worauf?
Jonas: Mit wem ich spreche.
Aphrodite: Großreederei Parnassis, wir erwägen Sie mit einem Auftrag zu betrauen, Herr Jonas.
Jonas: Reizend.
Aphrodite: Herr Parnassis erwartet Sie. Stellen Sie sich pünktlich um 9 Uhr in unserem Verwaltungsgebäude ein, Herr Jonas. Guten Tag.
Jonas: Sie mich auch. Brauchen wir einen Auftrag, Sammy?
Sam: Brauchen wir Mäuse, Meister? Dodoslasdias.
Jonas: Das war ein Argument. Das Parnassisgebäude stand am nördlichen Ende des Markgrafenboulevard, genauer es stand nicht, es lag. Es lag vor Anker. Das Parnassisgebäude war ein Schiff, ein klotziger Dampfer, der aussah wie die selige Titanic, riesig, steil, unsinkbar, oben drauf vier Schornsteine, keine Holo-Illusion. Alles echt. Beton und Stahl. Großreederei Parnassis war eine altmodische Firma und konnte sich das leisten. Jonas wußte, was sich gehörte. Er trug einen Blazer, seinen besten und einzigen, den mit dem Laserloch im Ärmel, aber das fiel kaum auf. Außerdem war ich gewaschen, rasiert, gefrühstückt, der korrekte Privatdetektiv, wie er im Buch steht.
Sam: Gebügelt, geschniegelt und gestriegelt, ha, welch Wonne und Wohltat fürs schweifende Auge.
Jonas: Shipshape nennt man das in maritimen Kreisen, Sammy.
Sam: Aha.
Portier: Ahoi! Wohin der Kurs?
Jonas: Der Portier. Mensch, nicht Robot. Wie gesagt, Parnassis war altmodisch. Der Portier trug eine Schirmmütze und dunkelblaue Uniform mit Gold und Strippen. Ein Kommodore, mindestens.
Jonas: Ahoi, Hornblower. Zu Herrn Parnassis.
Portier: Stop! Drehen Sie bei oder ich feuere eine Breitseite. Zu welchem Herrn Parnassis?
Jonas: Sie haben mehrere?
Portier: Wollen Sie zu Herrn Platon Parnassis, zu Herrn Timon Parnassis, zu Bion Kriton Kliton Oton Glaukon Straton Lykon Cnon Parnassis, oder gar zum allergrößten und allerhöchsten Admiralissimus Solon Parnassis, möge er lange leben und blühen und gedeihen.
Jonas: Große Familie.
Portier: In der Tat, mein Herr, das sind wir.
Jonas: Ach, Sie gehören auch dazu?
Portier: Jawoll, mein Herr, und ich bin stolz darauf, Timoleon Parnassis, zu Ihren Diensten. Und Ihr werter Name?
Jonas: Jonas, nur Jonas.
Potier: Sie sind angemeldet, zu Herrn Jason Parnassis, Abteilung 17, Seniorenschiffe auf dem D-Deck, den Lift finden Sie an Backbord.
Jonas: Herr Jason Parnassis war Anfang dreißig, klein, dunkel, und ein Nineties-Fan, Silberring im linken Nasenflügel, Piercing-Stuts in Ohren und Zunge, Fastglatze, ultraweite Klamotten, überdimensionale Basketballtreter aus virtuellem Leder. Altmodischer Typ. Die Frau an seiner Seite gefiel mir besser, viel besser. Weil sie so aussah wie sie hieß.
Jason Parnassis: Aphrodite, meine Assistentin. Sie ist zuständig für die Kalispera.
Aphrodite: Und um die Kalispera geht es, Herr Jonas.
Jason Parnassis: Die Kalispera ist unser Seniorenschiff auf der Karibikroute.
Aphrodite: Ihre Aufgabe, Herr Jonas, ist es…
Jonas: Augenblick, ein Whisky gern, aber bitte nicht das Synthzeug, das Sie Ihrer Putzfrau zu Weihnachten schenken, nur ein Spritzer Soda, danke, ich nehme Platz. So, wenn das geregelt ist, fangen Sie noch mal an, in Ordnung?
Jonas: Jason lief rot an und ballte die Fäustchen. Aphrodite blieb cool. Sie öffnete eine Klappe in der Fast-Holzverkleidung und produzierte eine Flasche Metaxa. 13 Sterne. Kein Whisky, aber auch nicht schlecht. Jonas ließ es ruhig angehen. Mit einem großen Brandy-Soda. Zeit für eine Kurzinfo über die Seniorenversorgung in Babylon bzw. – Entsorgung, darf ich bitten, Herr Samuel.
Sam: Ha-Hatschi. Gesundheit. Danke. Herr Präsident, Frau Bürgermeisterin, Exzellenzen, Kommilitonen, Heiligkeiten, meine Daumen und Hirn.
Jonas: Kurzinfo, Sammy.
Sam: Jaja, ist ja gut. Also, die große Masse unsrer teuren Seniorinnen und Senioren, Volksrentner und –rinnen allzumal lebt, sofern man das so nennen kann, hähä, zu Babypsilon in privaten oder öffentlichen Institutionen, welche ab und an ausgekämmt werden, ausgedüngt, ausgemistet.
Jonas: Fall Ufo, Herbst 2013.
Sam: Ja natürlich. Wer mehr Moos sein eigen nennt, läßt sich nieder in angenehmeren Gefilden, hmh, zum Bleistift auf der Mittelmeerinsel Palmera.
Jonas: Fall Knochenarbeit, vor einem knappen halben Jahr.
Sam: Und die richtig Reichen kreuzen auf luxuriösen Seniorenschiffen in den Tropen herum, dideldum, im stillen Ozean, lauten Ozean, im indischen Ozean, in der karibischen See…
Jonas: Wie die Kalispera der Großreederei Parnassis, danke Sam.
Sam: Ja.
Jonas: Zurück zur Story.
Sam: Was? Wohin?
Jason Parnassis: Mit der Kalispera stimmt was nicht.
Aphrodite: Das meint jedenfalls Frau von Kohlen und Reibach.
Jason Parnassis: Ihr Großvater ist auf der Kalispera, seit einem Jahr.
Aphrodite: Ab und zu ruft sie ihn an, liebevoll und pflichtbewußt.
Jason Parnassis: Besuchen kann sie ihn leider nicht. Sie hat überhaupt keine Zeit.
Aphrodite: Das intensive aufreibende Leben in der Society, wissen Sie. Außerdem neigt sie zur Seekrankheit.
Jason Parnassis: Unter uns, Herr Jonas, in der Regel kümmern sich die Hinterbliebenen, die Angehörigen wollte ich sagen, wenig um ihre Senioren.
Aphrodite: Sie sind froh, daß sie sie los sind.
Jonas: Und für ihr schlechtes Gewissen müssen sie zahlen. Ein Platz auf ihren Seniorenschiffen kostet mindestens 30.000 Euros im Monat, hab ich mir sagen lassen.
Aphrodite: Aber dafür bieten wir auch etwas, Herr Jonas.
Jason Parnassis: Jeden erdenklichen Luxus, beste Betreuung, absolut erstklassige medizinische Versorgung, alles vom Feinsten.
Jonas: Na wunderbar, und trotzdem hat Frau von Kohlen und Reibach was auszusetzen.
Aphrodite: Seit Wochen, sagt sie, kann sie ihren Großvater nicht erreichen. Er kommt nicht ans Fon, will nicht mit ihr reden…
Jason Parnassis: Verständlich, wenn man Frau von Kohlen und Reibach kennt.
Aphrodite: Sie glaubt, ihrem Großvater sei etwas zugestoßen, und die Schiffsführung versuche das zu verheimlichen, weshalb auch immer. Und sie behauptet, eine gute Bekannte, die auch jemanden auf der Kalispera hat, habe eine ähnliche Erfahrung gemacht.
Jason Parnassis: Frau von Kohlen und Reibach hat eine blühende Fantasie.
Aphrodite: Aber sie ist eine Golffreundin des Admiralissimus, sie hat ihn genervt.
Jason Parnassis: Und er, möge er lange leben, blühen und gedeihen, er nervt uns. Vor ein paar Tagen haben wir einen Mann unserer internen Aufsichtsabteilung zur Kalispera geschickt, einen diplomierten, staatlich geprüften Investigator, leider…
Aphrodite: Ein tragischer Unfall. Kurz vor der Landung auf dem Schiff ist sein Helikopter ins Meer gestürzt, keine Überlebenden.
Jonas: Zufall? Oder steckte was anderes dahinter. Aber vielleicht hatte auch Jonas eine blühende Fantasie. Apropos Jonas, was hatte die Sache mit mir zu tun?
Jason Parnassis: Der Admiralissimus besteht auf einer unabhängigen Untersuchung. Durch einen privaten Detektiv. Ihr Name kam ins Spiel, Herr Jonas.
Jonas: Ich soll auf die Kalispera.
Aphrodite: Als verdeckter Ermittler. Sie werden sich dort umsehen und nach ihrer Rückkehr dem Admiralissimus Bericht erstatten.
Jason Parnassis: Damit er sich beruhigt.
Jonas: Möge er lange leben, blühen und so weiter. Wieviel?
Jason Parnassis: Ihr Honorar meinen Sie? Soweit wir informiert sind, verlangen Sie für gewöhnlich 130 Euros pro Tag.
Jonas: 150 plus Spesen, aber das gilt nur für normale Fälle in und um Babylon, wenn ich in die Karibik reisen muß.
Aphrodite: Also, wieviel?
Jonas: 3000 Euros pauschal. Bei erhöhtem Schwierigkeitsgrad das doppelte.
Jason Parnassis: 5000.
Aphrodite: Zeigen Sie ihm das Bild, Jason.
Jason Parnassis: Wie finden Sie dieses Holoporträt, Herr Jonas?
Jonas: Scheußlich, auf den Schreck brauch ich noch einen Brandy. Wer ist der häßliche Gnom? Das Phantom der Oper? Der Glöckner von Notre Dame?
Aphrodite: Das sind Sie, Herr Jonas.
Jonas: Hust, hust.
Jason Parnassis: Lassen Sie mich erklären. Abgebildet ist der vor kurzem verschiedene Großonkel einer meiner Ex-Partnerinnen. Sie, Herr Jonas, werden seine Identität übernehmen und sein Gesicht, per Plastiface.
Aphrodite: Und als genuiner betuchter Greis eine Suite auf der Kalispera buchen.
Jason Parnassis: So können Sie ohne Verdacht zu erregen ihre Aufgabe wahrnehmen.
Jonas: Mit diesem Gesicht.
Aphrodite: Sehen Sie es so, Herr Jonas, ein paar schöne Tage in der Karibik.
Jason Parnassis: Ein Kurzurlaub im schwimmenden Luxushotel.
Jonas: Mit diesem Gesicht.
Aphrodite: Und 5.000 Euros, Herr Jonas. Für einen streßfreien, absolut ungefährlichen Job.
Jonas: Davon war ich nicht überzeugt, ganz und gar nicht. Aber da war mein Kontostand. Und vor allem war da die Sehnsucht nach einem weißen Schiff auf blauem Meer, und nach der Sonne, sichtbar, strahlend, und warm. Jonas übernahm den Auftrag. Und ließ sich im nächsten Plastiface-Shop das neue Gesicht verpassen.
Sam: Igitt. Igittigitt. Gar nicht hinschauen darf man.
Jonas: Krieg dich ein, Sammy. Du wirst dich dran gewöhnen.
Sam: Niemals. Sieht aus wie ein Schlunz. Und wie lautet nunmehr dero werter Name, hm? Indem Sam doch wissen muß, wie er den Meister zu titulieren habe.
Jonas: Moment, die schöne Aphrodite hat mir’s aufgeschrieben, ja hier, äh, Jodokus.
Sam: Haha.
Jonas: Jaromir Jodokus.
Sam: Hehe.
Jonas: 69 Jahre.
Sam: 96 Jahre.
Jonas: Wäh. Immerhin n’anständiger Name. Mit Doppel-J.
Sam: Anständig? Jodukus? Der Name ist ein Jokus und Fokus und Fidibus.
Jonas: Stop, jede weitere Reimerei verbitte ich mir, ganz energisch.
Sam: Ja. Sind euer Ungnaden zu Hause für Chefinspektor kotz-Brock?
Jonas: Brock? Was wollen Sie?
Brock: Wenn ich Sie wäre, Jonas, würde ich in den nächsten Tagen nicht verreisen.
Jonas: Sie sind aber nicht Jonas, Brock, und was noch besser ist, ich bin nicht Sie.
Brock: Bleiben Sie zu Hause, Jonas, Babylon ist doch auch ganz schön.
Jonas: Ist Ihnen ein Aktenordner auf den Kopf gefallen?
Brock: Die Tropen können sehr ungesund sein. Man hört so dies und jenes in der zentralen Sicherheitsverwaltung. Lassen Sie sich raten, Jonas, fahren Sie nicht weg.
Sam: Ja wat denn nu? Hör mein Jonas, laß dir sagen, der Auftrag tut mir nicht behagen, er stinkt. Wenn Chefinspektor Brock irgendwie mit drin steckt.
Jonas: Egal. Brock hat mir gar nichts zu sagen. Ich fahre. Und du mein Sam kommst mit.
Sam: Ah, karibische Nächte, Kaipiri, Cua Libre, Limbo, Reggae und Calypso, dunkelhäutige Schönheiten mit Glutaugen und biegsamen Körpern.
Jonas: Wovon ein 96jähriger Greis etwa so viel hat wie, sagen wir ein Computer aus Metall und Plastik, Parole Rollstuhl, Sammy.
Sam: Hörgerät und Herzschrittmacher. Haarausfall, Hautausschlag.
Jonas: Harnkatheter.
Sam: Hirnverkalkung. In diesem Sinne, auf geht’s, Herr Jodukus. Blow, boys blow, for Californio, there’s plenty of golds, so I am told, on the banks of Sacramento… Mit biegsamen Körpern, Schönheiten, dunkle Cubra Libre, oah…
Jonas: Ein Panorama wie aus einem schicken Reiseprospekt. Holo. Hochglanz. Wunderschön. Und unwahrscheinlich bunt. Das Meer quietschblau, ganz weit hinten ein dunkler Streifen, das mittelamerikanische Festland, Costaguana, der Himmel fast so blau wie das Meer, eine strahlende Sonne aus Weißgold, keine Wolke. Nur ein dunkelblauer Helikopter mit dem großen roten P für Parnassis. Im Helikopter zwei Passagiere. Jonas, alias Jaromir Jodokus, und eine ehrwürdige Greisin in grün-gelb-geringelten Caprihosen. Sie hieß Jacobea Bond und wollte auch auf die Kalispera.
Jacobea Bond: Natürlich ist es teuer, aber ich sag immer: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Sein Geld kann der Mensch nicht mitnehmen. An meinem Lebensabend will ich es noch mal so richtig schön haben. Wie alt schätzen Sie mich, Jaromir? Jaromir?
Jonas: Ah, was?
Jacobea Bond: Wie alt, ich?
Jonas: Äh, wie jung, meinen Sie, Verehrteste, äh, 70?
Jacobea Bond: Hahaha, 89, im Oktober werde ich 90.
Jonas: Das… das… das glaub ich Ihnen nicht, Sie halten mich zum Besten, Teuerste.
Pilotin: Schnallen Sie sich bitte an, in Kürze landen wir auf der Kalispera.
Jacobea Bond: Da! Da ist sie!
Jonas: Was? Was? Wo? Ah, ja, schönes Schiff.
Jacobea Bond: So weiß und strahlend, aber so leer.
Jonas: Richtig. Wo waren Sie, die munteren Senioren, die liebenswerten Altchen? Auf dem Sonnendeck neben dem Swimmingpool, sah ich nur ein paar leere Liege-stühle und zwei leere Rollstühle am Heliport. Dahinter zwei muskulöse Geschöpfe in weißen Kitteln, vage weiblich. Miss Body und Miss Building. Eine trat vor, als Jaco-bea und ich aus dem Helikopter stiegen. Mühsam, wie es sich für alte Leute gehört.
Mai: Willkommen an Bord der Kalispera. Kapitän Parnassis, Zahlmeisterin Parnassis und Schiffsarzt Dr. Parnassis lassen sich entschuldigen. Ihre unermüdliche Arbeit zum Wohl von Schiff und Menschen verhindert ihre Anwesenheit. Seien Sie versichert, Sie werden sich bei uns wohlfühlen und wie alle unsere bisherigen Schutzbefohlenen, überhaupt nicht mehr von Bord gehen wollen. Setzen Sie sich in die Rollstühle.
Jacobea Bond: Wozu? Ich kann noch ganz gut laufen, am Stock.
Mai: In den Rollstuhl. So ist es besser, für Sie und für uns. Frau Jacobea Bond, meine Kollegin April wird Sie zu Ihrer Kabine auf dem C-Deck bringen.
Jacobea Bond: Wir sehen uns beim Essen, Jaromir.
Jonas: Ja.
Mai: Herr Jodokus, Sie haben eine unserer Luxussuiten auf dem A-Deck gebucht.
Jonas: Mit Privatterrasse und Blick auf den Pool, jawohl.
Mai: Ganz recht. Festhalten. Ich bin Ihre persönliche Stewardeß. Mein Name ist Mai.
Jonas: November hätte besser gepaßt. Und wenn sie wirklich Stewardeß war, dann hatte sie den Job in Sing-Sing gelernt. Aber die Suite war grandios. Ich kam mir vor wie Mr. Astor auf der Titanic, vor dem Eisberg. Aber der Eisberg war nahe und kam immer näher. Frau von Kohlen und Reibach hatte recht. Auf der Kalispera gingen seltsame Dinge vor. Warum war kein Mensch an Deck?
Mai: Es wird Ihnen erstaunlich vorkommen, Herr Jodukus, aber man kann auch von der Sonne zuviel kriegen. Ihre Mitpassagiere sind unter Deck. Ein paar machen mit dem Schiffshelikopter einen Ausflug nach Costaguana. So, und Sie legen sich jetzt brav hin.
Jonas: Aber, aber ich will mir das Schiff ansehen.
Mai: Morgen. Jetzt wird geruht. Möchten Sie was trinken?
Jonas: O ja, hehehe.
Mai: Ich bringe Ihnen einen schönen Kräutertee.
Jonas: Pfui Teufel! Whisky!
Mai: Kommt nicht in Frage, erst muß der Doktor Sie untersuchen. Ich laß Sie jetzt allein, aber ich bleibe in der Nähe, falls Sie was brauchen.
Jonas: Was?
Mai: Ja, damit Sie nicht auf dumme Gedanken kommen, zum Beispiel Ihre Suite zu verlassen.
Jonas: Sammy?
Sam: Bei der Arbeit. Was steht zu Diensten, Leuchter des Weltalls.
Jonas: Wozu hab ich dich mitgebracht?
Sam: Nanananana.
Jonas: Gib mir einen Rat, was soll ich tun?
Sam: Ja, was sollste tun, was sollste tun? Abwarten. Abwarten und Kräutertee trinken. Jojojo, und ne Buddel voll Rum, dumdum.
Jonas: Was blieb mir übrig. Ich setzte mich auf die Terrasse, mit Blick auf den leeren Pool, das leere Sonnendeck, das leere Promenadendeck, keine Bewegung, kein Laut, richtig unheimlich. Es wurde abend. Die Sonne stand tief. In der Ferne leises Knattern. Näher. Lauter. Der Schiffshelikopter landete auf der Kalispera. Aber es stiegen keine fröhlichen Ausflügler aus der Luke, nur eine Frau. Ein Weißkittel nahm sie in Empfang, mit schußbereiter Maschinenpistole. Die Frau hob die Hände. Verblüfft, wie es schien, und wurde sofort unter Deck gebracht.
Sam: Eiverbibsch, da wird doch der Storch in der Pfanne verrückt. Hast du sie erkannt, Kumpel?
Jonas: Ich kann noch ganz gut sehen mit meinen 96 Jahren. Das war Karla.
Sam: Karla, die Chefin der babylonischen Stadtguerilla. Was hat die auf der Kapislehra, Korrektur, Kalispera zu suchen?
Jonas: Das war die Frage. Schon einige Male hatten sich die Wege von Jonas und Karla gekreuzt. Sie war so eine Art gute alte Feindin. Wir mochten uns, irgendwie. Und wir hatten es uns zur Gewohnheit gemacht, einander das Leben zu retten. Zuletzt im Unterwelt-Fall. Mai 2014. Karlas Auftauchen an Bord machte die unerklärliche Geschichte noch unerklärlicher. Und unerklärlich ging’s auch gleich weiter. Der Helikopter stieg auf, flog ein paar Meter zur Seite, aus der offenen Luke fielen fünf Kisten, länglich, 1 mal 2 Meter. Sie fielen ins Meer, und gingen sofort unter. Der Helikopter verschwand am Horizont.
Jonas: Sahen aus wie Särge, die Kisten.
Sam: Man gongt zum Dinner, Sir. Abendgarderobe erforderlich, wenn Sie den Hinweis gestatten, Sir.
Jonas: Du meinst, ich soll mich umziehen, Sam.
Sam: Zum festlichen Dinner auf der Kalispera trägt der sowohl wohlgekleidete als auch wohlberatene Gentleman Smoking und Laserstruller, Korrektur, -Strahler, letzteren tunlichst unauffällig in der Tasche, Sir.
Jonas: Zusammen mit einem kleinen Computer namens Sam, mit all diesen notwendigen Dingen versehen, setzte Jonas sich in den Rollstuhl und klingelte die schöne Mai herbei, auf daß sie ihn in den Speisesaal rolle. Im ganzen großen Speisesaal der Kalispera stand nur ein einziger kleiner Tisch, ansonsten war er so leer wie das Deck. Abgesehen von einem halben Dutzend kräftiger Gestalten an der Wand, in weißen Kitteln, mit Maschinenpistolen. Mai schob mich an den Tisch.
Mai: So. Bleiben Sie im Rollstuhl.
Jonas: Wo sind die anderen?
Mai: Welche anderen?
Jonas: Frau Jacobea Bond zum Beispiel.
Mai: Nie gehört. Sie sind unser einziger Gast, Herr Jonas.
Jonas: Jodukus!
Mai: Lassen Sie doch die Geheimnistuerei. Wir wissen, wer Sie sind, und weshalb Sie auf die Kalispera gekommen sind. Wir haben Sie erwartet. Die Speisekarte.
Jonas: Ich hab keinen großen Hunger.
Mai: Sie sollten tüchtig zulangen, Herr Jonas, dies hier dürfte die letzte Gelegenheit sein, ihr letztes Abendmahl sozusagen.
Jonas: Oder auch die Henkersmahlzeit. Das Menü war reichhaltig. Austern, Cosome Olgar, pouschierter Lachs, File Mijo, Spargelsalat, Pfirsiche in Chartrö, kein Synth, alles echt. Auf der Kalispera ließ es sich leben, und sterben, wie’s aussah. Jonas langte zu, in Maßen. Dabei sah ich mich um. Fenster und Türen waren bewacht. Bis auf eine Tür, eine kleine, zu einem Nebenraum. Darin der Speisenaufzug, aus der Küche in den unteren Regionen. Eine Spüle, ein Wandschrank.
Sam: Na wonderbra, ne, wunderbar. Da geht’s raus, Genosse.
Jonas: Das seh ich nicht, Sammy. Der Nebenraum ist eine Sackgasse. Nur eine Tür. Zum Speisesaal.
Sam: Zweifelsohne. Doch ist euer optischen Beschränktheit nicht aufgefallen, daß besagte Tür einen Schokoriegel, wat, ne, ohne Schoko, einen Riegel an der Innenseite ihr eigen nennt.
Jonas: Na und? Was bringt das? Kein Fenster.
Sam: Statt dessen ein Hinter- oder auch Notausgang, nes pa?
Jonas: Den Aufzug meinst du? Hmh. Mai, räumen Sie ab, und wenn Sie damit fertig sind, bringen Sie mir Kaffee, Cognac und eine Havanna.
Mai: Selbstverständlich, Herr Jonas, was immer Sie wünschen, Herr Jonas, und danach haben wir noch ein ganz spezielles Dessert Surprise für Sie. Au!
Jonas: Mai hatte ihre Augen auf dem Tisch. Jonas sprang aus dem Rollstuhl und rammte ihn Mai in die Kniekehlen, sie ging zu Boden, mitsamt dem Geschirr. Ehe die Typen an der Wand was unternehmen konnten, war Jonas im Nebenraum, machte die Tür zu, schob den Riegel vor, schnell. Zum Glück war nur mein Gesicht 96. Muskeln, Sehnen, und Knochen waren jünger, einige Jahrzehnte. Zum Speisenaufzug. Ein Druck auf den Knopf und er ratterte nach unten. Ohne Jonas. Der blieb, wo er war, und quetschte sich in den Wandschrank. Vom Greis zum Gummimenschen in 10 Sekunden. Reife Leistung.
Mai: Wo steckt der… Der Aufzug! Er fährt im Aufzug runter. Los, zum Fahrstuhl, wir fangen ihn in der Küche ab.
Jonas: Alle weg.
Sam: Bis auf Jonas. Und der sollte auch die Kurve kratzen. Dieweil es demnächst hiererorts recht ungemütlich zu werden verspricht.
Jonas: Wohin, Sammy?
Sam: Sie suchen dich unten.
Jonas: Also bleib ich oben.
Sam: Ganz oben. Bootsdeck. Welches so heißt, weil da die Boote sind, wa? Die Rettungsboote, Mann. Verstehen wir uns, mein Bester?
Jonas: Aber sicher. Ich suchte mir ein passendes Boot aus, ein Boot im Dunkeln, vorn, im Bug, wie Leichtmatrose Sam sagen würde, ich machte die Persenning ein Stück weit auf, kroch rein, machte wieder zu, derweil erfreute mich Sam mit nautisch-musikalischen Darbietungen.
Sam: Das Monat ob seren tu trieven, dat is gottverdammich nich lich, das ist gottverdammich nich lich.
Jonas: Bravo.
Sam: Euer Lordschaft wünschen eine Zugabe? Bitte sehr, bitte gleich, bitte hier.
Jonas: Nein.
Sam: What shall we do with the drunken sailor?
Jonas: Stop, Konzert vorbei, Schluß mit lustig.
Sam: Warum das?
Jonas: Jetzt wird gearbeitet.
Sam: Was denn?
Jonas: Was geht auf der Kalispera vor, Sammy?
Sam: Ja, was ganz ganz beschissenes, Mann, halten zu Gnaden.
Jonas: Klar, aber was?
Sam: Melde gehorsamst, man klöpfet.
Jonas: Das hör ich.
Sam: Ja willst du denn nicht mal nachkücken, wer da ist?
Jonas: Jonas wollte eigentlich nicht. Aber er tat es trotzdem. Ich hob die Persenning. Draußen stand ein Marsmensch. Mit großen Glupschaugen. Und einem Laserstrahler. Das war in Ordnung. Ich hatte auch einen.
Jacobea Bond: Guten Abend.
Jonas: Oh, Jacobea Bond, hähä, fast hätte ich Sie gelasert.
Jacobea Bond: Sie mich? Ich Sie!
Jonas: Glauben Sie, Sie sind schneller?
Jacobea Bond: Könnten wir diese Frage später klären, Sie gestatten, daß ich nähertrete.
Jonas: Bitte sehr. Machen Sie es sich bequem. Nehmen Sie Ihre Infrarotbrille ab.
Jacobea Bond: Damit habe ich gesehen, wie Sie ins Boot geklettert sind, Jonas.
Jonas: Und sind mir nachgekommen. Jonas?
Jacobea Bond: Hmh, ich weiß, wer Sie sind.
Jonas: Alle wissen, wer ich bin, wird Zeit, daß ich auch mal was weiß. Wer sind Sie?
Jacobea Bond: Wie alt schätzen Sie mich?
Jonas: Das Spiel hatten wir schon, Jacobea.
Jacky: Jacky. Nennen Sie mich Jacky, ich bin 32.
Jonas: Außerdem, sagte sie, war sie Agentin des GD, des Babylonischen Geheimdiensts, der hatte bekanntlich seine Augen und Ohren überall, auch bei der Großreederei Parnassis. Und da stimmte was nicht, hatte der GD festgestellt. Das konnte man laut sagen.
Jacky: Wir haben einen interessanten Hinweis bekommen, die berüchtigte Stadtguerilla wird hier in Aktion treten, auf der Kalispera.
Jonas: Was Sie nicht sagen.
Jacky: Deshalb bin ich hier. Ich soll mich mal umsehen, vergreist, per Plastiface.
Jonas: Ich auch.
Jacky: Hm, das wußten wir. Oberst Frank war gar nicht erfreut, er hat Brock von der Kripo Anweisung gegeben, Sie zurückzuhalten.
Jonas: Das hat er versucht, der gute Brock.
Jacky: Offensichtlich ohne Erfolg. Ja, um so besser. Jetzt sind wir zu zweit.
Jonas: Falls ich mich mit Ihnen zusammentue, Jacky.
Jacky: Das sollten Sie, Jonas. Wissen Sie, was auf der Kalispera vorgeht?
Jonas: Och, die Frage kommt mir irgendwie bekannt vor.
Jacky: Wissen Sie’s?
Jonas: Nein.
Jacky: Aber ich. Ich zeig’s Ihnen. Kommen Sie mit.
Jonas: Wohin?
Jacky: Unter Deck. Folgen Sie mir.
Jonas: Sie hatte die Infrarotbrille. Ich folgte. Zuerst zu einem Aufzug. Dann nach unten, ganz nach unten. Bis das Schiff zu Ende war, in den Kielraum, oder heißt es Orlopdeck? Egal. Unten ging’s horizontal weiter. Durch ein Labyrinth von engen Gängen, vorbei an flüsternden Maschinen. Neue Gänge, plötzlich blieb Jacky stehen.
Jacky: Wir sind da. Hier wollte sie mich für immer ablegen, April, meine sogenannte Stewardeß.
Jonas: Aber Sie wollten nicht.
Jacky: Ich hab meinen Laser aus dem Handtäschen gekramt und sie getötet. Die Leiche hab ich in einem leeren Lagerraum versteckt, gleich nebenan.
Jonas: Und wo sind wir hier? Es stöhnt und stinkt. Kanalisation? Knast?
Jacky: Hier. Sehen Sie mal durch.
Jonas: Durch die Infrarotbrille wurde das schwarze Loch grün und das Dunkel heller. Wir standen in einem größeren Raum vor einer Gitterwand, dahinter Menschen, alte Menschen, etwa zwei Dutzend, fast nackt, im eigenen Dreck. Beulen und Geschwü-re, Hungerbäuche und dürre Rippen, stumpfe Augen, monotone Bewegungen.
Jonas: Uh, das ist es also. Aber warum nur so wenige?
Jacky: Die anderen sind längst über Bord. Wie der Kapitän, die Zahlmeisterin, der Doktor, alle, alle die nicht mitspielen wollten. Ein paar Alte mußten sie aufheben, damit sie sie im Notfall den besorgten Verwandten am Bildfon präsentierten können.
Jonas: Sie? Wer? Mai?
Jacky: Mai, Oberschwester, Leiterin der Pflegeabteilung und einige ihrer Untergebenen. Sie haben die Kalispera übernommen und kassieren jeden Monat für rund 500 Senioren, die es nicht mehr gibt, oder die kaum was kosten.
Jonas: Bombengeschäft.
Jacky: 10 Millionen im Monat, wenn nicht mehr.
Jonas: Apropos Bombe, haben Sie gesehen, Jacky, rechts an der Wand die Kiste, Sentex steht drauf, und daneben, sieht aus wie ein Zeitzünder, nicht aktiviert, das sollten wir uns mal genauer ansehen.
Jacky: Später. Kommen Sie, Jonas. Schnell.
Jonas: Ein winziger Lichtpunkt, weit entfernt, er kam näher, wurde größer, immer näher, immer größer, dazu Schritte, Stimmen. Jacky zog mich durch eine Tür in einen leeren Raum. Ganz leer war er nicht. Auf dem Boden lag eine Frau im weißen Kittel, April, ein Laserloch zwischen den Augen. Durch den Türspalt konnten wir sehen, nicht viel, aber es reichte. Mai und ein Begleiter, kräftig und weißbekittelt. Mit Maschinenpistole und starker Lampe.
Juli: Ich frag mich, wo April steckt.
Mai: Seit sie den Neuzugang nach unten gebracht hat, ist sie verschwunden. Und dieser Schnüffler, dieser Jonas, muß sich ja auch irgendwo rumtreiben.
Juli: Wir sollten ein Suchkommando organisieren, Mai.
Mai: Keine Zeit, Juli, vielleicht morgen, jetzt hat Karla Priorität, das heißt, ihre zweite Botschaft an Parnassis, diesmal nicht nur über Funk, diesmal visuell, per Holo, oben auf Deck, wegen der Dramatik.
Juli: Wen nehmen wir?
Mai: Na, der da sieht doch noch ganz passabel aus, hol ihn raus.
Juli: Ich muß ihn aber noch waschen und ihm was anziehen.
Mai: Beeil dich, in einer halben Stunde brauch ich ihn an Deck. Für den großen Auftritt mit Karla. Liveübertragung nach Babylon.
Jonas: An Deck. Das war unser Stichwort. Als Mai und Juli mit dem apathischen Alten verschwunden waren, verschwanden wir auch. Ganz schnell. Jacky hatte den Plan der Kalispera gut studiert, besser als Jonas, und brachte uns in einer Viertelstunde zurück zur Basis, ins Rettungsboot.
Jacky: Eine Holo-Livesendung wollen sie machen, mit Karla von der Stadtguerilla und dem Alten, nachts, an Deck, wozu, was soll das?
Jonas: Keine Ahnung. Du, Sammy? Sammy!
Sam: Oh, man geruht doch tatsächlich sich Sams zu erinnern. Kaltherzig hat man ihn in die Tasche gesperrt, den alten kleinen Computer, abgeschaltet hat man ihn, zum Stillschweigen verdammt.
Jonas: Ich schalt dich sofort wieder ab, wenn du nicht mit dem Lamentieren aufhörst. Hast du was konkretes beizutragen?
Sam: Well, wait. Wait and see, Samiel spricht, es werde Licht, und siehe, es wird Licht, on the banks of Sacramento.
Jonas: Wie man’s nimmt. Eigentlich am Heliport. Da gingen plötzlich die Scheinwerfer an und machten die Nacht zum Tage, wie man so sagt. Eine kleine Prozession marschierte ins grelle Licht. Mai, Juli mit seinem Alten, der war jetzt gesäubert und mit einem weißen Bademantel bekleidet, aber noch genauso apathisch wie unten. Lithium oder Valium. Dann kam Karla zwischen zwei maskierten Frauen in schwarz, mit Maschinenpistolen. Zum Schluß ein Weißkittel mit Holokamera. Unter den Scheinwerfern arrangierten Mai und ihr Kameramann ein Gruppenbild um Karla. Jacky und Jonas sahen zu, unter der leicht angehobenen Persenning, in der ersten Reihe. Gute Sicht, gute Akustik.
Mai: So bleiben. Kein falsches Wort, Karla, keine falsche Bewegung, wenn Sie nicht spuren, brechen wir sofort ab und kümmern uns nur noch um Sie. Langwierig und ausgiebig, ist das klar?
Karla: Ja.
Mai: Gut. Wenn die Kamera läuft, sagen Sie folgendes: Ich wiederhole meine Forderung an die Großreederei Parnassis, die ich bereits gestern 20 Uhr über Schiffsfunk gestellt habe. 100 Millionen Euros in Diamanten für die Stadtguerilla, wenn sie uns nicht bis heute abend 20 Uhr ausgehändigt werden, sterben alle Senioren auf der Kalispera. Es lebe die Revolution. Verstanden?
Karla: Ja.
Mai: Dann zeigen Sie nach links und sagen, damit Sie sehen, daß wir es ernst meinen, die Kamera schwenkt nach links auf den Alten und auf August. Alles klar? Dann mal los, Karla auf der Kalispera, Take 1, das erste und einzige Mal.
Jonas: Die Kamera lief, Karla sagte ihren Text auf, die Kamera schwenkte, eine der schwarzen Frauen hob die Maschinenpistole und mähte den Alten im Bademantel um. Die Kamera stoppte. Mai war zufrieden.
Mai: Sehr schön. Expressiv, dramatisch, dringlich.
Karla: Wie geht’s weiter?
Mai: Wir warten, bis die Diamanten kommen, und die werden kommen, da bin ich sicher, dann, werteste Karla, sind Sie überflüssig und werden entsorgt.
Karla: Was ist mit meinen Leuten? Wo sind Sie?
Mai: Immer noch in den Kisten, in denen sie unbemerkt an Bord kommen sollten, aber nicht mehr im Helikopter, sondern in der schönen blauen Karibik. Wir wußten Bescheid und haben sie gleich aus dem Verkehr gezogen.
Karla: Sie haben uns in eine Falle gelockt. Die Kalispera mit ihren reichen Alten haben Sie uns als Köder ausgelegt und wir haben angebissen. Es geht Ihnen überhaupt nicht um die Sache.
Mai: Sache? Mein Gott Ihre Sache, Freiheit, Gleichheit, Revolution, total veraltet, Sie sind 30 Jahre zurück, Karla, heute gibt es nur eine Sache: money, money, money.
Karla: Aber warum haben Sie dann uns auf die Kalispera geholt?
Mai: Na, weil Sie ein wunderbarer Sündenbock sind, oder, oder Sündenziege, sagt man das? Mit Ihrer geschätzten, wenn auch unfreiwilligen Hilfe können wir unseren großen Fischzug sauber und profitabel abwickeln. Es wird einen Knall geben und die Kalispera wird mit Ihnen und den restlichen Alten verschwinden, nach unten, wir werden auch verschwinden, aber in eine ganz andere Richtung, mit vielen Millionen in Bar und in Diamanten, und alle Welt wird Karla und die Stadtguerilla verantwortlich machen.
Jonas: Als wir in unserem Boot aufwachten, Jacky und ich, war es hell, vormittag, ein Geräusch hatte uns geweckt, ein Helikopter, ein kleiner blauer Zweisitzer mit dem roten Parnassis-P. Er kreiste über der Kalispera, wieder waren sie alle am Heliport, Mai, Karla, die restlichen Monate, diesmal nicht als Holocrew, diesmal als Empfangskomitee. Der Helikopter landete, zwei Figuren stiegen aus, Jason Parnassis im dunkelgrauen Ninetees-Look, gekrönt von einer schwarzen Baseballkappe, und Aphrodite, weiter weißer Hut, weißes Sonnentop, knappe weiße Shorts, wunderschön und schaumgeboren. Als die Rotorblätter stillstanden, griff Jason hinter den Sitz, zog einen schwarzen Aktenkoffer heraus. Bewegung ging durch die Kalisperatruppe, darauf hatten sie gewartet.
Jason Parnassis: Die Diamanten, im Wert von 100 Millionen Euros, wie Sie’s verlangt haben.
Mai: Geben Sie her. In Ordnung, erschieß ihn, Juli.
Jason Parnassis: Was? Ah!
Mai: Aphroherzchen, komm in meine Arme.
Aphrodite: Wir haben es geschafft, Maischätzchen.
Jonas: Eine heiße Begrüßung. Der tote Jason wurde derweil über die Reling befördert, und der letzte noch fehlende Stein im großen Kalisperapuzzle klickte ein.
Jacky: Eigentlich klar. Jemand im Parnassis-Hauptquartier mußte am Coup beteiligt sein.
Jonas: Und wer ist geeigneter als die Person, die für die Kalispera zuständig ist.
Jacky: Ich nehme an, Mai und Aphrodite haben die Sache gemeinsam geplant.
Jonas: Mai hat die Kalispera in ihre Gewalt gebracht, und Aphrodite hat dafür gesorgt, daß die Gelder aus Babylon weiter flossen.
Jacky: Bis Frau von Kohlen und Reibach was merkte und den alten Parnassis anspitzte.
Jonas: Da wurde den beiden die Sache zu heiß. Sie beschlossen ein Ende zu machen.
Jacky: Und dabei noch mal ganz groß abzukassieren. Hm, Mai kennt Karla, sie war vor Jahren bei der Stadtguerilla.
Jonas: Ach was? Das wußte ich nicht.
Jacky: Aber der GD. Mai nahm Verbindung zu Karla auf und überredete sie, die Kalispera zu kidnappen. 500 betuchte Greissinnen und Greise, das hätte ein gewaltiges Lösegeld gegeben.
Jonas: Es gab ein gewaltiges Lösegeld. 100 Millionen in Diamanten. Nur Karla hat nichts davon.
Jacky: Sie hat ihre Rolle ausgespielt. Es wird ihr gehen wie Jason Parnassis und wie ihren fünf Stadtguerilleros. Und das ist gut so.
Jonas: Jonas sah das anders. Jonas hatte was übrig für Karla, außerdem, Jonas gehörte nicht zum GD und hatte nicht den Auftrag, die Stadtguerilla zu liquidieren. Abwarten. Die Schöne und das Biest hatten sich inzwischen voneinander gelöst. Es gab viel zu tun. Die letzte Runde war eingeläutet.
Mai: Maschinen stop! Laßt das große Rettungsfloß zu Wasser. Aphroherzchen, kümmerst du dich um Karla?
Aphrodite: Liebend gern. Und du, Maischätzchen?
Mai: Ich gehe nach unten und aktiviere die Bombe.
Aphrodite: Hm.
Mai: Du kommst mit, Juli. Bin gleich wieder da, Herzchen.
Jonas: Aphrodite warf ihr eine Kußhand zu, graziös, hinreißend. Dann ließ sie sich eine Maschinenpistole geben und trieb Karla vor sich her, bis an die Reling. Karla sollte springen. Sie wollte nicht, verständlicherweise. Jonas zog den Laser.
Aphrodite: Spring!
Jonas: Es war Zeit, einzugreifen.
Aphrodite: Spring endlich, du Schlampe!
Jonas: Aphrodite wurde ungeduldig.
Aphrodite: Wie du willst, dann helf ich nach.
Jacky: Jonas, was tun Sie?
Jonas: Ich ziele.
Jacky: Auf Karla?
Jonas: Nein, auf Aphrodite.
Aphrodite: Ah!
Jonas: Getroffen.
Sam: Blow the mandownblow…
Jacky: Mein Laser, er funktioniert nicht.
Jonas: Ich habe mir erlaubt, ihn zu entladen, heute nacht, als Sie schliefen.
Jacky: Aber wieso? Wir arbeiten doch zusammen.
Jonas: Nicht gegen Karla.
Jacky: Ich muß mich doch wehren. Die schießen auf uns.
Jonas: Keine Angst, mit den paar Monaten wird Jonas ganz allein fertig.
Jonas: Außerdem war ja Karla auch noch da. Sie hatte sich Aphrodites Maschinenpistole geschnappt, war hinter einem Schornstein in Deckung gegangen, und half tatkräftig mit, Mai’s Leute auszuschalten. Das war bald erledigt. Jonas stieg aus dem Boot und machte Karla klar, wer er war. Immerhin sah ich noch aus wie der gute alte Jodokus. Wir hielten uns nicht lange auf mit Begrüßungen und Erklärungen, an Deck war alles klar, aber unter Deck gab’s noch einiges zu tun. Für Jonas, für Karla, und für Jackie. Die mußte mit, ob sie wollte oder nicht, sie fand sich im Schiffsbauch am besten zurecht. Wir schlichen uns an, leise, vorsichtig, hielten uns außerhalb des Lichtkegels. Von dem Krawall an Deck hatten Mai und Juli offenbar nichts mitbekommen. Mai war dabei, den Zeitzünder für die Sprengladung einzustellen, in aller Ruhe, ihre MP hatte sie abgelegt, Juli paßte auf, er wirkte nervös, statt Ausschau zu halten, sah er Mai auf die Finger. Karla erschoß ihn, dann griff sie sich seine Waffe und die von Mai. Mai fuhr hoch.
Mai: Jonas!
Jonas: Alias Jodukus nebst Begleitung, bleiben Sie stehen, Mai.
Jacky: Nehmen Sie die Hände hoch.
Jonas: Jacky, Sie greifen ihr in die Kitteltasche und nehmen den Schlüssel zum Käfig. So, schließen Sie auf, holen Sie die Alten raus.
Jonas: Karla half ihr, Jonas behielt Mai im Auge und im Visier seines Lasers. Es dauerte ein bißchen, bis alle Alten draußen waren, sie waren klapprig und vollgepumpt mit Ruhigstellern, die zwei Frauen zerrten und schoben und zogen, bis der Käfig leer war. Genügend Platz für eine einzelne Person mit breiten Schultern. Mai zierte sich, aber ein frisches Laserloch im Kittelsaum überzeugte sie schnell. Jonas schloß ab und steckte den Schlüssel ein. Der neue Aufenthaltsort gefiel Mai gar nicht. Sie wollte raus.
Mai: Die Bombe! In einer halben Stunde geht sie hoch, lassen Sie mich raus!
Jonas: Richtig, die Bombe, tickt munter vor sich hin.
Sam: Fire, fire, fire down below, fetsche backe tofotabeus, fire down below.
Jonas: Singen kannst du, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: Aber kannst du auch den Zünder deaktivieren?
Sam: Ja aber ganz gewiß doch, Hochwürden, gib mir nur ein zwei Stündlein Zeit, bis daß ich den Speicher vom Programm befreit.
Jonas: Das dauert zu lange. Alternativvorschlag?
Sam: Laß ticken Kumpel und hau ab.
Jonas: Auch gut. Alle Mann an Deck.
Sam: Und alle Frau. Und alle Computer.
Jonas: Eine Frau bleibt hier.
Mai: Nein! Lassen Sie mich raus!
Jonas: Wir dachten nicht daran. Wir hatten genügend damit zu tun, die Alten nach oben zu scheuchen und das Rettungsfloß für sie klar zu machen. Jemand mußte das Floß übernehmen, bei den Alten bleiben.
Karla: Wer macht das?
Jonas: Sie natürlich, Jacky.
Jacky: Warum ich? Ich bin keine Seniorenbetreuerin.
Jonas: Sie sind im öffentlichen Dienst.
Sam: Im öffentlichen Dunst, haha, das ich nicht kichere.
Jonas: Sie haben geschworen, das Wohl Babylons und aller seiner Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
Karla: Außerdem haben Sie keine Wahl, weil Sie keine Waffe haben.
Jonas: Grämen Sie sich nicht, Jacky, Sie werden einen Orden kriegen.
Jacky: Von wem? Oberst Frank?
Jonas: Von der Bürgermeisterin oder vom roten Kreuz.
Sam: Oder von mir.
Jonas: Und denken Sie an die reichen Verwandten unserer Alten. Die werden sich freuen, wenn sie Opa und Oma zurückkriegen und sich erkenntlich zeigen.
Jacky: Glauben Sie wirklich?
Jonas: Tja, wenn Sie mich so direkt fragen.
Jacky: Warum fahren Sie nicht mit den Alten, Jonas?
Jonas: Weil ich den Helikopter nehme.
Karla: Ich komme mit.
Sam: Ich auch.
Jonas: Und der Diamantenkoffer.
Jacky: Sieh mal an.
Jonas: Treuhänderisch. Für die Großreederei Parnassis. Sie ist meine Auftraggeberin, ich bringe ihr das Lösegeld zurück, das gehört sich so.
Sam: Ja, ist er nicht ethisch, mein Jonas, ist er nicht moralisch, was, hmhm.
Jonas: Die Bombe. Ein Zittern lief durch die Kalispera. Sie begann zu sinken, nach vorn, über den Bug, wie einst vor 100 Jahren die Titanic, stilvoll und würdig. Mit vereinten Kräften hievten wir die Alten ins Rettungsfloß. Jacky übernahm das Kommando und das Steuer, das Ruder, die Pinne, wie immer das heißt. Jonas und Karla stiegen in den Helikopter, wir starteten und drehten ein paar Runden, bis die Kalispera untergegangen war, dann verabschiedeten wir uns von Jacky und ihren Schutzbefohlenen.
Jonas: Und jetzt Kurs Babylon.
Karla: Ich bin für Brasilien. Da fühl ich mich sicherer.
Jonas: Mag sein, aber ich hab das Steuer.
Karla: Aber nicht mehr lange. Ich übernehme. Lassen Sie den Knüppel los. Suchen Sie Ihren Laser, Jonas? Den habe ich Ihnen vorhin aus der Tasche gezogen und über Bord gehen lassen.
Jonas: Ich habe Ihnen vertraut, Karla.
Karla: Vertrauen ist gut, Jonas.
Sam: Aber Kontrolle ist besser, Dämlack, Idiot, Volltrottel, Kackstiefel.
Karla: Also geben Sie mir schon das Steuer. Ich würd Sie nur ungern umbringen.
Jonas: Vielen Dank. Wir tauschten die Rollen, Karla übernahm das Steuer, sie war ein Profi und ließ mir keine Chance. Sie behielt immer eine Hand am Laser, und die Lasermündung zeigte auf meine Schläfe. Karla ging tiefer.
Karla: Springen Sie ab, Jonas.
Jonas: Ins Wasser?
Karla: Ja wohin denn sonst?
Jonas: Also das finde ich ausgesprochen unnett von Ihnen, Karla.
Karla: Ich bin sogar sehr nett zu Ihnen, Jonas, ich fliege tief und langsam, damit Sie sich beim Aufschlag nichts tun. Sie dürfen Ihren äh Sam mitnehmen.
Sam: Wuäh, Sam ist wasserscheu.
Jonas: Dich fragt keiner, Sam.
Karla: Einen Rettungsring kriegen Sie auch, nur den Diamantenkoffer, den nehme ich, für die Revolution, alle hopp.
Jonas: Wir sehen uns, Karla.
Sam: Jironimo.
Karla: Adios, Jonas!
Jonas: Glühende Mittagshitze, absolute Windstille. Auf dem glatten Blau der Karibik treibt ein Rettungsring, darin ein leicht verdatterter Privatdetektiv, Sonnenbrand auf der Nase, grimmige Gedanken im Herzen, und in der Brusttasche einen kleinen, aber lauten Computer.
Sam: Jonnie, o I drink whisky when I can, o whisky for my Jonnie.
Jonas: Schön wär’s, Sammy. Wir haben nicht mal Trinkwasser.
Sam: No whisky, no cry. OK man, neues Lied, drei vier. Rolling home, rolling home, rolling home across the sea…
Jonas: Sammy, du nervst.
Sam: Rolling home to dear old Babylon, where my hearts so longs to be, rolling home, rolling home, rolling home across the sea, rolling home to dear old Babylon, where my heart to longs to be.
Das war Traumschiff. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Esther Hausmann, Philipp Moog, Tanja Schleiff, Simone Solga, Jochen Striebeck, Saskia Vester und andere (Michael Vogtmann, Hans Jürgen Stockerl, Jürgen Donien, Helmut Gillitzer-Felber, Anita Schlierf). Ton und Technik: Günter Heß und Daniela Röder. Assistenz: Martin Trauner. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 2001 in Dolby Surround. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Invasion
Lili: Ich hätte nicht aus der Mine fliehen sollen, Herr Jonas, das ist mir klar, ich hätte nicht nach Babylon kommen sollen, aber ich mußte einfach. Ich mußte wissen, was mit meinem kleinen Bruno ist, ob er die Invasion überlebt hat.
Jonas: Die was?
Lili: Die Invasion, die Aliens, die aus dem Weltraum gekommen sind, in ihren Raumkreuzern, die hier alles kaputtgeschossen haben.
Jonas: Haben sie das?
Lili: Ja, dann sind sie gelandet und haben die Erde besetzt. Aber das wissen Sie doch so gut wie ich, Herr Jonas.
Jonas: Da bin ich mir nicht so sicher.
Jonas: Sie war nicht mein Typ. Sehr groß, grob, unschön. Trotzdem wimmelte ich sie nicht ab. Als sie sich zu mir setzte. Im Casablanca. Ich hörte ihr zu. Warum weiß ich nicht. Vielleicht hatte ich eine Vorahnung. Sie hieß Lili, sagte sie. Lili Putowski.
Lili: Darum nennen mich alle Liliput. Lili Marlen wäre mir lieber.
Jonas: Dann sagen wir doch Lili Marlen. Und Sie sagen Jonas. Nur Jonas. Ich bin kein Herr. Ich bin Detektiv. Der letzte. In Babylon, der großen Stadt.
Lili: Mein kleiner Bruno hat gesagt, ich soll zu Ihnen gehen, Herr… ich meine Jonas. Ich soll ins Casablanca gehen, da sind Sie oft. Bruno kennt Sie gut. Bruno ist acht. Sie sind sein Held, Jonas. Er hat Sie im Holo gesehen. Und im Euronet. Er weiß alles über Sie.
Jonas: Tatsächlich?
Lili: Und über Sam. Ihren Supercomputer. Was er alles kann, und wie wunderbar er redet.
Sam: O Dank, vielmaligster tiefinnerlichst empfundener Dank, allergnädigste Frau und Mutter, wohl dem, der eine Mutter hat. Jonas, gewißlich, der ist bekannt, doch wer kennt Sam? Den Äußerlich nicht eben gewalttätigen, doch mit einem so großen, so umfassenden, jaja, wer weiß ihn zu schätzen.
Jonas: Hast du doch gehört, Sammy, der kleine Bruno, acht Jahre alt.
Sam: Bald halb neun.
Jonas: Sonst wüßte ich keinen. Warum hat Ihr Sohn Sie zu mir geschickt, Lili Marlen?
Lili: Wegen der Invasion natürlich.
Jonas: Natürlich.
Lili: Weil Bruno nichts davon wußte. Und weil ich in Babylon keine neuen Ruinen gesehen habe. Nur die alten im Reservat und in der Südstadt. Obwohl die Aliens die halbe Stadt in Schutt und Asche gelegt haben. Das hat mich irgendwie unsicher gemacht.
Jonas: Aber nicht sehr. Lili wußte, was sie gesehen hatte. Im Holo-TV. Tagelange Sondersendungen. Vom ersten Erscheinen der Raumschiffe am Himmel bis zur Landung und zur Eroberung der Erde. Sagte sie. Jonas wunderte sich. Es ging ihm wie dem kleinen Bruno. Er wußte nichts von Aliens. Nichts von einer Invasion. Nicht in Babylon, nicht in Europa, nicht auf der Erde. War die Frau verrückt? Sollte ich auf sie eingehen?
Jonas: Wann haben Sie das gesehen, Lili Marlen?
Lili: Im Januar.
Jonas: Dieses Jahres?
Lili: Ja, sicher. 3., 4., 5. Januar 2015.
Jonas: Vor fünf Monaten. Und wo haben Sie’s gesehen?
Lili: In der Mine, wo ich arbeite. Gearbeitet habe.
Jonas: Lili war Bergfrau. Beschäftigt beim REUBA-Konzern. REUBA steht für Rare Elements Unlimited Babylon. Das sagt alles. REUBA hat sich spezialisiert. Auf die Gewinnung seltener Elemente und Rohstoffe. Dusenium zum Beispiel, so benannt nach seinem Entdecker, um 1900. Äußerst selten. Und äußerst wichtig. In der Nanotechnik. Weil es so gut leitet. Oder so schlecht. Jonas ist kein Techniker. Dusenium kam auf der ganzen Welt nur an einer einzigen Stelle vor. Weit draußen im Niemandsland. Wo Europa, Rußland und die Drittwelt aneinander stoßen. Da lag die Dusenium-Mine der REUBA. Namens Dusechs. Der Abbau war mühsam. Und gefährlich. Vor allem teuer. Weil Dusenium nur in großer Tiefe auftrat. Und nur in minimalen Einsprengseln. REUBA konnte weder Robots noch Androiden einsetzen. Nicht mal normale Bergleute. REUBA brauchte Elitels. Wie Lili.
Lili: Wir sind alle Elitels draußen in Dusechs.
Jonas: Sam, erklär den Hörern, was ein Elitel ist.
Sam: Jawoll, mit der allergrößten Bereitestwilligstkeit, Chef. Ein Elitel ist kein Eledil und Krokofant, nein, meine Daumen und Hirn, ein Elitel ist die Kurzform von Element-Telepat, hmh, dies Wort definiert einen Menschen, welcher die Gaby besetzt, wos, ne, Korrektur, welcher die Gabe besitzt, gewisse Elemente auf extrasensorischem telepatischem Wege aufzuspüren, so sieht’s aus. Elitels sind nicht eben häufig, nein nein, genau wie ich, und werden sehr gut bezahlt.
Lili: Jetzt natürlich nicht mehr nach der Invasion. Jetzt arbeiten wir umsonst. Aus Patriotismus.
Sam: Gestatten, Herr Vizebergadjunkt, eine wenn auch nicht angeforderte, so doch durchaus relevante Anmerkung zum Thema Dusechs.
Jonas: Nur zu, Sam.
Sam: Po-Piep. Die Mine Dusechs existiert nicht mehr. Piep-pup. Am 5. Jänner 2015 wurde sie durch ein Erdbeben im Niemandsland total kaputtzerstört. Alle dort Weilenden verblichen eines jähen Todes, will sagen, sie wurden weiß. Requiesant in pace.
Lili: Unsinn.
Jonas: Das stimmt, Sammy. Es gab eine große Trauerfeier. Auf dem Ernst-August-Platz. Vor der REUBA-Zentrale.
Sam: Wonach übrigens REUBA bekannt gab, die Prospektoren des Konzerns hätten kürzlich ein neues Dusenium-Vorkommen entdeckt. Auch im Niemandsland. Dusechs zwo. Welch glücklicher Zufall. Nie wird Dusenium uns fehlen, nein nein.
Lili: Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr.
Sam: Macht nix.
Lili: Am 5. Januar war kein Erdbeben, da sind die Aliens gelandet. Dusechs haben sie bisher nicht entdeckt. Die Mine arbeitet weiter auf Hochtouren. Für den Widerstand im Untergrund. Der baut eine Superwaffe gegen die Aliens. Und dafür brauchen sie Dusenium. Viel Dusenium. Ich hätte bleiben und mit den anderen weiter nach Dusenium suchen sollen. Aber der kleine Bruno.
Sam: Das Herz einer Mutter. Wer kann es ermessen. Mama, du sollst doch nicht…
Jonas: Noch so ein Widerspruch. Lili hatte Dusechs verlassen. Heimlich, sagte sie. Unbemerkt von Wachen und Patrouillen. Aliens natürlich. Zu Fuß hatte sie sich durchs Niemandsland geschlagen. 10 Tage, zwei Wochen. Bis nach Babylon. Zuerst hatte sie den kleinen Bruno besucht, der in einer Kinderkrippe untergebracht war. Jetzt war sie bei Jonas. Was sollte ich mit ihr anfangen?
Jonas: Noch ein Bier, Lili Marlen?
Lili: Überall sind sie, die Aliens. Sie maskieren sich als Menschen. Jeder von ihnen könnte einer sein. Die dicke Frau, die sich mit Sojatorte vollstopft, oder der große Typ da mit der roten Baseballkappe an der Theke.
Jonas: Jedenfalls kein Stammgast. Ich kenne ihn nicht.
Lili: Ich muß mal verschwinden. Bestellen Sie uns inzwischen noch zwei Bier, Jonas?
Sam: Ja und für mich ne Kanne Benzin.
Jonas: Ihr Bier wurde schal. Sie kam nicht zurück. Und ich rang mich dazu durch, sie zu suchen. Auch der letzte Detektiv wagt sich nicht leichtfertig an einen geheimen Frauenort. Ich ging nach hinten, durch den dunklen Gang, vorsichtig, sah mich um, machte die Tür auf, langsam. Keine Frau, auch nicht Lili. Statt dessen ein frischer Blutfleck. Und eine rote Baseballkappe. In einer Zelle, auf dem Boden. Das gab mir zu denken. Ich steckte die Mütze ein, und ging zurück. Noch langsamer, noch vorsichtiger. An der Schwingtür blieb ich stehen. Im Dunkeln, unsichtbar. Rotkäppchen stand noch immer an der Theke. Er hatte Gesellschaft bekommen. Noch ein Rotkäppchen. Und der große böse Wolf. Kalte Wolfsaugen. Kaltes Wolfslächeln. Weiße Zähne im grauen Stachelbart. Ein Boss, ein Dominator. Er sprach mit Jacob, dem Wirt. Der zeigte auf den Gang, auf Jonas. Verräter. Zeit zu verschwinden.
Sam: Aller allerhöchste Zeit, Signor Trödilio, ergebenster Vorschlag: Hintertür.
Jonas: Das heißt, durch die Küche.
Sam: Wo’s Schmalzbrote gibt.
Jonas: Wo Jacob sein berühmtes Gourmetmenü zusammenrührt. Mit dem Chemiebaukasten.
Sam: Und seinen Synth-Whisky panscht.
Jonas: Weshalb die Küche im Casablanca nur das Labor heißt. Und dies wiederum eröffnete einem Detektiv auf der Flucht gewisse Möglichkeiten. Sofern er über einen lauten Computer verfügte.
Sam: Achtung, zentrales Gesundheitsamt Babypsilon. Ri-ra-Razzia. Hygienekontrolle. Keiner verläßt den Raum. Punktum.
Koch: Aber wir haben doch immer pünktlich geza…
Sam: Schnauze. Wer den Mund aufmacht, wird mit dem eigenen Küchenmesser geschnetz-bruzzelt.
Jonas: Übertreibs nicht, Sammy.
Sam: Hier wird mit Schwefelsäure gekocht, jawoll, hier wird mit Dioxin abgeschmeckt. Das verstößt gegen § 1 der Küchenverkehrsordnung, Herr Portiers.
Jonas: Jonas war nur auf der Durchreise. Im Vorbeilaufen riß er einem Küchenbullen die Mütze vom Kopf. Dann war er draußen. Auf der Gasse hinter dem Casablanca. Vor der Tür wartete ein Rotkäppchen. Auf Jonas. Nicht auf einen Koch mit Mütze.
Jonas: Sie sollen reinkommen. Ihre Kollegen brauchen Hilfe.
Rotkäppchen: OK, haben Sie den Kerl?
Jonas: Sieht nicht so aus.
Rotkäppchen: Hey Hey, Moment mal.
Sam: Was is’n?
Jonas: Aber Jonas war schon um die Ecke. In Sicherheit. Vorerst. Ich winkte mir eine Rikscha und ließ mich in Zentrum bringen. Zum Ernst-August-Platz. Untertauchen, das war der Plan. Untertauchen in der Masse. Die war heute ganz besonders massenhaft. Der Klimadom war geöffnet. Ausnahmsweise. Und ein paar Sonnenstrahlen fielen auf den Platz. Auf die Hochhäuser. Die zentrale Sicherheitsverwaltung. Das Rathaus. Die REUBA-Zentrale. Und auf das riesige Rondell aus Fastrasen. Wo sich die Babylonier drängten. Dicht an dicht. Halbnackt, fast nackt, ganz nackt. Jonas stellte sich dazu. Nacktheit ist die beste Verkleidung. Sherlock Holmes. Oder vielleicht Siegmund Freud?
Stimme: Akute Hautkrebsgefahr. Setzen Sie sich keinesfalls länger als 7 Minuten, ich wiederhole, 7 Minuten, der direkten Sonnenbestrahlung aus.
Jonas: Keine Rotkäppchen in Sicht. Entwarnung.
Sam: Fürs Erste, Chef. So lasset uns denn gelieb dem Herrn die gewonnene Muße nutzen, und des Rates pflegen.
Jonas: Ich brauch kein Rat von dir, Sam.
Sam: Wie? Mondieu. Kein Arroganz.
Jonas: Ich brauch Informationen. Daten. Lili Putowski. Such, Sammy.
Sam: So nicht, Sir, ist Sam ein Hund, na?
Jonas: Du bist ein Frettchen, Sammy.
Sam: Auch noch.
Jonas: Ein virtuelles Frettchen im digitalen Labyrinth. Oder umgekehrt. Los, Sammy, such, such, such Lili Putowski in der REUBA-Datei.
Sam: OK OK, Frettchen Sammy sucht schon. Piep. Pup. Pup. Pup.
Jonas: Lili Putowski war tot. Gestorben am 5. Januar 2015. In der Mine Dusechs. Wo sie gearbeitet hatte. Hinterlassen hatte sie einen achtjährigen Sohn. Bruno Putowski. Wohnhaft in Mirko Minkows Kinderkrippe. Die Kosten trug REUBA. Sam konnte sogar ein Bild von Lili anbieten. Auf seinem klitzekleinen Mini-Monitor. Zu klein, wenn Sie mich fragen.
Sam: Bildschirm ist groß genug. An dir liegt’s mein Alter. Augen lassen nach, Zähne fallen aus, Haare sind schon weg. Und wie steht’s um die vielgepriesene Libido?
Jonas: Halt dich zurück, Sam. Ja, das ist sie. Und wenn sie das ist…
Sam: Dann ist sie nicht in Dusechs umgekommen. Beim Erdbeben.
Jonas: Apropos Erdbeben. Da war doch was damals. Gleich fällt’s mir ein. Kanuk.
Sam: Kuckuk?
Jonas: Kuno Kanuk. Volksrentner. Stammgast im Casablanca. Und Hobby-Seismologe. Mit einem eigenen Anzeigegerät. Das am 5. Januar nicht reagiert hatte. Kein großes Erdbeben im Niemandsland auf seiner Richterskala. Auch kein kleines. Gar kein Erdbeben. Kanuk hatte im geologischen Institut der Uni Babylon nachgefragt. Antwort: Geräte fehlerhaft. Kanuk war nicht überzeugt. Er schwor auf seine Anlage. Das hatte er mir erzählt. Damals im Casablanca. Und da fiel mir noch was ein. Ich hatte Kuno Kanuk lange nicht gesehen.
Jonas: Fonverbindung, Sam, Kanuk, Kuno.
Sam: Befehl. Piep. Kanuk, Kuno. Fonisch unerreichbar.
Jonas: Was heißt das? Wo steckt er?
Sam: Ja, wo mag er wohl stecken? Im Himmel, hmh, in der Hölle, häh, im Nirwana? Fragen Sie Ihren Priester oder Guru.
Jonas: Kanuk ist tot.
Sam: Jui, wie ein Türnagel. Verstorben am 11. Januar 2015. Verkehrsunfall. – Ein Anruf für meinen Herrn und Jonas.
Jonas: Wer?
Sam: Chefinspektor Br-Brock. Sind wir zuhause?
Jonas: Stell ihn durch, Sam.
Brock: Jonas?
Jonas: Was wollen Sie, Brock?
Brock: Lassen Sie alles stehen und liegen, gehen Sie ans nächste Hologerät.
Jonas: Warum?
Brock: Beeilen Sie sich.
Sam: Oha.
Jonas: Wenn es meinem guten alten Feind von der Kripo so wichtig war. Außerdem waren meine 7 Minuten um. Ich zog mich an, und suchte mir einen Multimedia-Shop. Über alle Holoschirme im Schaufenster lief ein Programm. Sondermeldung.
Holo: Grauenhafter Serienmord in Kinderkrippe. Fünf Opfer bestialisch zu Tode gefoltert. Drei Kinder…
Jonas: Mein Gott, die Kinder.
Holo: Im Alter von 5 bis 8 Jahren.
Jonas: Der kleine Bruno.
Holo: Mirko Minkow, der Leiter der Krippe, und eine bislang nicht identifizierte Frau.
Jonas: Lili. Das ist sie. Die Größe. Die Statur.
Holo: Sehen Sie alles weitere, alles nähere, alle entsetzlichen Einzelheiten, heute Nachmittag, 15 Uhr 10 in unserer von REUBA gesponserten Show Schwarze Dahlie, der Serienmörder der Woche. Und nun noch eine Meldung der Kripo. Im Zusammenhang mit dem Kinderkrippenmassaker wird gefahndet nach Jonas, nur Jonas, bekannt als der letzte Detektiv. Vorsicht! Jonas ist extrem gefährlich und vermutlich bewaffnet.
Jonas: Schön wär’s.
Wolf: Sie waren es nicht, Jonas. Ich war es. Hat Spaß gemacht. Mit Kindern tue ich’s besonders gern. Man muß natürlich Ruhe haben, Zeit, Fantasie, das richtige Werkzeug. Skalpell, Lötkolben, Bohrmaschine.
Jonas: Er stand direkt hinter mir. Ich drehte mich nicht um. Ich wußte, wer er war. Stachelige Barthaare an meinem Ohr. Der große böse Wolf. Blitzschnell rammte ich beide Ellebogen nach hinten. In seinen Bauch. Er klappte zusammen. Und Jonas rannte. Zum nächsten Metroeingang. Auf den untersten Bahnsteig. Weiter in den Tunnel. Dann durch Türen und Schächte, die nur wenige kannten. Bis ich im alten Abwassersystem angekommen war. In der Unterwelt von Babylon. Hier konnte ich mich ausruhen. Und überlegen.
Jonas: Sammy, es stinkt.
Sam: Na was hast du denn erwartet, du Schnarchnase? Rosenduft, häh? Chanell Numero se? Lavendel und Rosmarie? Hier unten kann’s doch nur nach Exkrementen stinken. Nach antikem Kot. Gut abgelagert, edel gealtert, gülden gefärbet.
Jonas: Ich meine den Fall, Sam. Der Fall stinkt.
Sam: Fall? Was für ein Fall?
Jonas: Das wüßte ich auch gern. Lilis Geschichte. Rotkäppchen und der Wolf. Kuno Kanuk. Schlächterei in Kinderkrippe. Fahndung nach Jonas. Was gibt das zusammen?
Sam: Hab ich doch gesagt. Scheiße bis über die Halskrause.
Jonas: Und wie komm ich da raus? Was hätte Bogie gemacht?
Sam: Bogie ist tot. Und Philip Marlowe hat geheiratet. – Chefinspektor Brock begehrte euer wertes Ohr, Senior.
Jonas: Dann leihen wir’s ihm doch.
Brock: Sie laufen noch frei rum, Jonas? Gut, wenn wir Sie erst mal haben, kann ich Ihnen nicht mehr helfen.
Jonas: Helfen wollen Sie mir, Brock, Sie?
Brock: Nicht, weil ich Sie mag, Jonas. Weil ich was gegen Serien- und Kindermörder habe. Und wenn Sie ein Serienmörder sind, dann bin ich die Heilige Diana.
Jonas: Danke.
Brock: Sie sind nur ein Arschloch.
Jonas: Danke.
Brock: Erinnern Sie sich noch an den Fall Mustermann, Jonas?
Sam: Schneeflittchen, November 2011.
Brock: Wissen Sie noch, an welchem ungewöhnlichen Ort dieser Fall zu Ende ging?
Jonas: Klar, im Keller der Zentralen Sicherheitsverwaltung. Was soll das, Brock, ich denke, Sie wollen mir helfen.
Brock: Wissen Sie, Jonas, ab und zu gehe ich da mal hin. In den Keller. Um in Ruhe nachzudenken. Nach Dienstschluß, so gegen halb fünf. Wollen Sie sich übrigens die schwarze Dahlie im Holo ansehen?
Sam: Ne.
Jonas: Unbedingt. Fragte sich nur, wo. In der Unterwelt gab’s keine Holoapparate. Sam hatte eine Idee. Und Jonas hatte einen Schlüssel. Zum Apartment von Ines Sikorski. Fall Blackout. Vor einem knappen Jahr. Ich blieb unten. Vorsichtshalber. Und wanderte, ein paar Kilometer. Dann war ich da. Unter dem riesigen Apartment-block in Zentralost. Ines war nicht zuhause. Wahrscheinlich Spätdienst im Krankenhaus. Von mir aus. Zur Zeit hatte Jonas mehr Sehnsucht nach dem Hologerät als nach Ines.
Holo: Schwarze Dahlie. Die mörderisch gute Show, wird Ihnen präsentiert von Supermedia und REUBA. Und hier ist Ihr Host. The one and only Jack the Ripper.
Jack the Ripper: Danke, danke, hi, everybody. Es ist mal wieder Mord- und Foltertime. Ich weiß, Sie alle warten schon darauf in fieberhafter Spannung. Wer wird heute Serienmörder der Woche. Wer kriegt heute unseren wertvollen, heißbegehrten Preis, die schwarze Dahlie aus antiken Bakelit, designt und gestaltet im Auftrag unseres Sponsors REUBA. Diesmal keine Ausscheidung, ladies und gentlemen, keine Qual der Wahl. Durch einstimmigen Entscheid unserer hochkarätigen Jury ist der Serienmörder der Woche der Schlächter von der Kinderkrippe. Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv. Er hat es uns und der Kripo leicht gemacht, meine Damen und Herren, er hat seine hochinteressante Arbeit gewissermaßen signiert, nicht wahr, Chefinspektor Brock?
Brock: Ja ja, das ist richtig. Auf einer Wand der Kinderkrippe wurde mit dem Blut der Opfer folgende Botschaft geschrieben…
Jack the Ripper: Herzlichst, Jonas, ihr letzter Serienmörder.
Brock: Das heißt natürlich noch lange nicht…
Jack the Ripper: Danke, Chefinspektor, danke. Hier sehen Sie die blutige Botschaft, boys and girls, hier sehen Sie unseren Preis. Was Sie nicht sehen, noch nicht, ist unser Preisträger, aber wir sind sicher, Chefinspektor Brock und seine Kollegen werden ihn bald haben, und wenn sie nicht, dann der REUBA Sicherheitsdienst, der sich dankenswerterweise in den Fall eingebracht hat, unter dem persönlichen Kommando seines kompetenten Chefs G. B. Wolf. Die Großfahndung läuft, meine Herrschaften, und während sie läuft, kommen wir, wie versprochen, zu den grauenvollen, den gräßlichen, den geradezu unfaßbaren Einzelheiten der von uns heute preisgekrönten Tat. Es geschah in den frühen Nachmittagsstunden des heutigen Tages. Friedlich und fröhlich spielten drei Kinder im gemütlichen Aufenthaltsraum ihrer Krippe, nicht ahnend, welch…
Jonas: Ines?
Ines: Hilfe! Jonas, der Mörder, er ist hier! Hilfe!
Jonas: Das jähe Ende einer wunderbaren Freundschaft. Wieder mußte Jonas rennen. Und sich in der Unterwelt verstecken. Bis es Zeit war. Für das Treffen mit Brock. 9. Juni 2015. Viertel vor fünf. Im Keller der zentralen Sicherheitsverwaltung sah es noch genauso aus wie vor dreieinhalb Jahren. Grau. Staubig. Trübes Licht aus alten Neonröhren. Uralte Aktenschränke voll uralter Akten. Kafkaesk, würde Sam sagen. Dazwischen wanderte ein einsamer Chefinspektor auf und ab. Er sah nicht hoch, als Jonas auftauchte. Er redete weiter vor sich hin.
Brock: Undurchsichtiger Fall, der Mord in der Kinderkrippe. Daß es Jonas war glaub ich einfach nicht.
Jonas: Es war Wolf. Der Sicherheitschef von REUBA. Mit seinen Rotkäppchen. Er hat’s mir selbst gesagt.
Brock: Aber REUBA hat sich Jonas ausgekuckt, warum auch immer. REUBA ist ein mächtiger Konzern, mit großem Einfluß auf die Regierung, auch auf die zentrale Sicherheitsverwaltung. Hach, da halt ich mich besser raus.
Jonas: Was soll ich tun, Brock?
Brock: Wenn ich Jonas wäre, würde ich bei REUBA ansetzen. Da ist der Schlüssel.
Jonas: Aber nicht in Babylon. Im Niemandsland. In der Mine Dusechs. Falls es die noch gibt. Frage: Wie komm ich hin?
Brock: Schon merkwürdig, diese vielen nutzlosen Informationen, die bei der Kripo zusammenlaufen. Zum Beispiel, daß der monatliche Supertruck von REUBA morgen früh startet. Zu den Minen im Niemandsland. Er fährt übrigens mit Diesel. REUBA hat eine Ausnahmegenehmigung, weil’s da draußen keine E-Tankstellen gibt. Der Truck holt die abgebauten Rohstoffe, und bringt alles, was gebraucht wird. Lebensmittel, Treibstoff, Batterien, Ersatzteile, Holobänder, etc. Ein Kommando von REUBA Sicherheitsdienst fährt mit. Als Begleitschutz. 20 Mann. Einer von denen hat die Angewohnheit, sich vor dem Start noch mal ordentlich abzuarbeiten. Im REUBA- Fitneßcenter, gleich neben der Truckstation am südlichen Stadtrand. Lorenz heißt der Mann. Warum merke ich mir so was? Absolut nutzlos.
Jonas: Danke, Brock.
Brock: Um fünf fährt er, der Truck. Na, Feierabend, Schluß für heute.
Jonas: Es war ein weiter Weg. Vom Zentrum zum Stadtrand. Jonas stieg um. Vom Abwasserkanal ins Atomschutzsystem. Zur Zeit nicht gebraucht. Aber gewartet. Ein Labyrinth. Jonas kannte den Zugangscode. Und er wußte, wo die E-Velos parkten, die den weiten Weg erheblich abkürzten. – 10. Juni. 4 Uhr 30 Morgens. Im REUBA- Fitneßcenter war nichts los. Ein einziger Bodyfreak pumpte und schwitzte. Lorenz. Neben ihm lag seine REUBA-Passcheibe. Und seine rote Baseballkappe. Jonas trug auch eine, die er im Casablanca gefunden hatte. Perfekte Tarnung. Lorenz hielt mich für einen Kollegen. Daß er sich irrte, wurde ihm erst klar, als ich zuschlug. Zu spät. Ich schlug hart zu. Bis er sich nicht mehr rührte. Ich dachte an Lili und an die Kinder. Die REUBA-Passcheibe steckte ich ein. 5 vor 5. Mit laufenden Motoren stand der REUBA- Supertruck vor der Station. Eine gigantische Zugmaschine, zwölf vollbeladene Anhänger, ein nervöser Truckchef hielt auf der Brücke Ausschau, nach dem fehlenden Sicherheitsmann.
Truckchef: Na endlich. Moment mal, Sie sind nicht Lorenz.
Jonas: Lorenz hat sich krankgemeldet. Muskelfaserriß. Ich bin der Ersatz.
Truckchef: Ja und warum weiß ich davon nichts?
Jonas: Weil’s gerade erst passiert ist. Sie haben mich aus dem Bett geholt.
Truckchef: Name?
Jonas: Jogurta.
Truckchef: Schon mal Dienst am Supertruck gemacht, Jogurta?
Jonas: Nein.
Truckchef: Auch das noch. Na, steigen Sie ein, Mann, die Kollegen werden Ihnen alles erklären, später. Achtung, wir starten.
Jonas: Jogurta kam zur Heckwache. Quartier im letzten Anhänger. Die Einrichtung war spartanisch. 10 Kojen, 10 Spinde, ein angeschraubter Tisch, 10 Stühle, ganz ordentliches Essen, Dienst nicht allzu anstrengend. Die Kollegen waren nicht mißtrauisch, obwohl sie Jogurta nicht kannten. Der REUBA-Sicherheitsdienst ist eine große Truppe. Großer Umschlag. Großer Verschleiß. Zwei Tage vergingen. Wir fuhren, durch die Wildnis. Dann durchs Niemandsland. Keine besonderen Vorkommnisse. Ab und zu hielten wir. An REUBA-Außenstellen. Minen. Schürfplätzen. Wir luden ab und luden auf. Jogurta tat seine Arbeit. Und bemühte sich nicht aufzufallen. Jonas erinnerte sich. An frühere Touren in dieser Gegend. Fall Niemandsland vor vier Jahren. Fall Weihnachtsmärchen vor zweieinhalb. Ich kannte sie gut, diese tote Landschaft. Orange und grau. Dazwischen Farbtupfer. Schwarz. Rot. Giftgrün. Ruinen. Reste. Rost. Geschmolzener Sand. Und Felsen. 12. Juni. Morgen. Jogurta hatte Außendienst. Begleitschutz. Als letzter Mann fuhr er hinter dem Truck. Auf seinem E-Bike. Hielt die Augen offen. Gewissenhaft. Immer im gleichen Rhythmus. Links. Rechts. Rückspiegel. Und da sah ich plötzlich was. Weit hinter mir. Einen Punkt, der allmählich größer wurde. Ein Fahrzeug. Wer war das? Ich hatte eine Ahnung, die sich bald bestätigte. Mein Funkgerät fing an zu reden.
Wolf: Hallo, Jonas. Trifft sich gut, daß Sie gerade Hintermann sind, da können wir unser Problem ohne großes Aufsehen klären. Ich brauche Sie nicht aus dem Truck zu holen. Sie fragen sich vielleicht, wie es mir möglich ist, Sie auf die noch recht beträchtliche Entfernung zu identifizieren. Ich habe ein gutes Glas, sehr gute Augen, und den besten Willen, Sie in die Hände zu kriegen.
Jonas: Sind Sie meinetwegen hier, Wolf?
Wolf: Selbstverständlich. Nur ihretwegen. Sie waren verschwunden. Alle meine Leute suchten und suchten. Aber sie fanden nicht Jonas. Sie fanden Lorenz. Da wußte ich Bescheid. Ich habe meinen Rover aus der Garage geholt, und mich auf den Weg gemacht, ja, und da bin ich nun, und da sind Sie. Wollen wir es kurz machen? Sie halten an und ergeben sich.
Jonas: Lieber nicht.
Wolf: Ich kann’s Ihnen nicht verdenken. Aber was wollen Sie tun? Sie haben nur eine Signalpistole. Ich habe Laser. Und Neurofreezer. Ich denke, den werde ich benutzen. Damit wir ein bißchen Spaß miteinander haben können. Fahren Sie von mir aus weiter, Jonas, ich hole Sie ein, wann immer ich will. Ich bin schneller als Sie auf Ihrer Elektrogurke.
Jonas: Da hatte Wolf recht. Er kam sehr schnell näher. Kein Wunder. Er fuhr einen antiken Range Rover RSE, Turbo Diesel, fast ein viertel Jahrhundert alt. Ein Museumsstück. Jonas dachte nach. Einen Vorteil hatte ich. Ich war wendiger. Das mußte ich ausnutzen. Rechts am Horizont zeichnete sich eine Felsengruppe ab. Ich ließ den Supertruck weiter gerade aus fahren und schlug einen Haken. Wolf folgte mir. Auch zwischen den Felsen blieb er dran. Ohne Probleme. Zunächst. Bis sich direkt vor mir ein tiefer Spalt auftat. Fast schon eine Schlucht. Oben am Rand lief eine schmale Felskante. Für zwei Räder gerade ausreichend. Nicht für vier. Das war meine Chance. Ich fuhr auf die Kante. Schnell. Wolf war nicht schnell genug. Er riß das Steuer herum. Der Rover brach aus. Und blieb stehen. Die Vorderräder über dem Abgrund. Eine höchst labile Position. Jonas stieg vom E-Bike. Und sah sich die Sache aus der Nähe an.
Wolf: Die Tür geht nicht auf.
Jonas: Verklemmt. Sie haben beim Bremsen den Felsen gerammt.
Wolf: Helfen Sie mir raus, Jonas.
Jonas: Warum sollte ich? Sie drinnen, ich draußen. Find ich gut so.
Jonas: Er saß steif in seinem Sitz. Ganz weit nach hinten gelehnt. Und wenn er sich bewegte, dann ganz ganz vorsichtig. Weil der Rover zitterte und schwankte. Jeden Augenblick konnte er in die Schlucht stürzen. Er lächelte immer noch sein Wolfslächeln, der große böse Wolf. Aber in seinen Augen stand Todesangst.
Jonas: Was wollen Sie tun, Wolf? Aussteigen geht nicht. Laser geht auch nicht, dann kippt der Rover. Interessante Situation.
Wolf: Holen Sie mich raus, Jonas. Ich tue Ihnen nichts. Ich lasse Sie in Ruhe.
Jonas: Ach, da wir gerade so nett plaudern, warum ist REUBA eigentlich hinter Jonas her?
Wolf: Weil Sie Bescheid wissen über unseren Schwindel. Mit der Invasion.
Jonas: REUBA hat den Minenarbeitern einen Bären aufgebunden, damit sie wie die Wilden schuften, unbegrenzt und umsonst.
Wolf: Ja.
Jonas: Sehr unfeine Methode, Wolf.
Wolf: Darum darf’s ja auch nicht rauskommen.
Jonas: Und darum bringen Sie alle um, die was wissen.
Wolf: Ich mach Schluß damit, Jonas. Ich kündige bei REUBA. Ich engagiere Sie. Wieviel wollen Sie? 1000 Euros? 10.000? 100.000?
Jonas: Das ist ein Spaß, was Wolf? Aber jetzt habe ich genug. Jetzt kommt der Schlußgag. Ich schiebe Sie ein bißchen an.
Wolf: Nein! Nein!
Jonas: Doch.
Wolf: Nein! Nein!
Jonas: Schade um den Range Rover. Der große böse Wolf war weg vom Fenster. Untergegangen wie die Titanic. Nur nicht so schön. Die Rotkäppchen waren noch da. Beim Truck hatten sie gemerkt, daß Jogurta verschwunden war, und jetzt schwärmten sie aus, um ihn zu suchen. Von meinem Standort hatte ich gute Sicht auf die weite Ebene.
Jonas: Zehn E-Bikes. Zwölf. Großalarm. In ein paar Minuten sind sie hier.
Sam: Und warum bist du dann noch nicht weg, Zausel? Honigkuchen, Fertiggrinsender? Ha, hopp hopp, aufs wackere E-Bike und von dannen gebürstet, wieher…
Jonas: Ein theoretisch ausgezeichneter Rat, Sammy, nur leider praktisch nicht durchführbar.
Sam: Wieso nicht?
Jonas: Die Batterie ist leer.
Sam: Aha.
Jonas: Das Ding springt nicht an.
Sam: Also Beinarbeit, schwing die Keulen, Kumpel.
Jonas: OK, wohin?
Sam: Sitzest du auf den Lauschern, Taubsack? Vernimmst du nicht den dumpfen Ton der Pauke?
Jonas: Ich vernahm ihn. Und ich sah auch was. Nomaden. Ein ganzer Stamm zog langsam über die Ebene. Hunderte, vielleicht Tausende. Flüchtlinge aus der Drittwelt, Mutanten, Freaks, Abgerutschte aus Europa und Rußland. Nomaden nannten sie sich selbst. Politiker und Militärs sprachen von Banditen. Marodeuren. Es ist nicht leicht, im Niemandsland zu überleben. Mit dem Gesetzbuch unter dem Arm kommt man nicht weit. Alles was sie besaßen hatten sie bei sich. Auf Handkarren, gezogen von Mutanten. Und Mutanten schleppten auch ein merkwürdiges Gebilde an der Spitze der Karawane, anscheinend ein alter Panzer aus dem vorigen Jahrhundert. Im Niemandsland findet man die unglaublichsten Dinge. Jonas kam näher. Es war wirklich ein Panzer. Ein russischer T54. Mit einem roten Stern am Turm. Unter den Felsen tauchten E-Bikes auf. Die Rotkäppchen. Die Pauke wurde stumm. Die Nomaden hielten. Die Rotkäppchen drehten ab. Mit einem ganzen Stamm wollten sie sich nicht anlegen. Jonas kam noch näher und wurde von zwei Nomaden gegriffen. Sie waren sehr mager, aber kräftig. Und sie trugen Buschmesser.
Jonas: Bringt mich zu euerm Häuptling.
Nomade: Sto?
Jonas: Häuptling. Chef.
Nomade: Ah, Chef. Glawa. Karscho. Dawei.
Jonas: Er thronte auf der Kommandoluke des T54, beschützt von zwei Leibwächtern mit rostigen Pistolen. Hinter ihm der Schlagzeuger an der Pauke. Der Häuptling der Nomaden war ein alter Mann. Weißhaarig. Schmal. Drahtbrille auf der Nase. Er trug eine grüne Schirmmütze. Eine Russenbluse, vollgesteckt mit bunten Abzeichen und Medaillen. Eine zerschlissene Reithose. Stiefel. Er sah aus wie ein sibirischer Dorfschullehrer. Aber er war der Oberkommandierende der Roten Armee, so hieß sein Stamm.
Stalin: Da da krasni Armia, hier Generalissimus Stalin.
Jonas: Wirklich? Es ist mir eine Ehre.
Stalin: Du?
Jonas: Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv.
Stalin: Jonas? Kto, wer? Jonas, Jonas nicht Sto, nichts. Du nicht Bakutan, Kollege von goldene Horde. Du nicht Stefan, Korol von Madjare. Du nur Jonas. Du niemand. Du toter Mann.
Jonas: Sie lassen Ihren T54 schleppen, Generalissimus, woran liegt’s? Kaputt? Kein Diesel?
Stalin: Du kennen Tank pretscharatschiri?
Jonas: Das kann man wohl sagen. Ich hab ihn sogar gefahren, den T54, vor Jahren auf Feuerland.
Stalin: Tank kaput. Du können tschenitsch reparieren?
Jonas: Ich können. Hoffe ich.
Stalin: Boschingraso. Doproproschalowatsch Jonas, willkommen in Rote Armee.
Jonas: Na bitte. Der Panzer war gut in Schuß. Erstaunlicherweise. Als er noch fuhr, hat Stalin ihn als Wunderwaffe eingesetzt, gegen befestigte Siedlungen und Industrieanlagen. Bisher hatte die Rote Armee den Norden des Niemandslands unsicher gemacht, erzählte mir der Generalissimus. Jetzt war sie dabei, ihr Aktionsfeld weiter nach Süden zu verlegen. Die Bordkanone funktionierte noch. Aber es gab kaum Munition. Nur fünf Granaten. Das eigentliche Problem war die Zündung. Völlig verdeckt. Jonas machte sie sauber. Und startete den Motor.
Stalin: Hurra! Du bleiben Jonas. Du Schowior. Da. Weiter. Dawei. Fahren, Jonas, fahren. Westra westra.
Jonas: Natürlich kann ich Ihren Panzer fahren, Generalissimus, aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß der Treibstofftank so gut wie leer ist. Wir kommen nicht weit. Oder haben Sie irgendwo ein paar Kanister Diesel auf Lager?
Stalin: Diesel? Noi Kanutschki net.
Jonas: Sehen Sie, dann stelle ich mal den Motor besser wieder ab. Und Sie lassen den Panzer erst mal weiter schleppen.
Stalin: Nu, karrascho. Dawei!
Jonas: Da war Jonas also wieder Panzerfahrer. Wenn auch zur Zeit nur ehrenhalber bzw. in Kurzarbeit. Bis wir Diesel finden würden. Stalin hing offenbar an seinem fahrbaren Häuptlingssitz, und war sehr daran interessiert, die Ketten wieder ins Rollen zu bringen. Daraus ließ sich was machen.
Jonas: Ich weiß, wo wir Diesel auftreiben können, Generalissimus.
Stalin: Diesel? Knet. Wo?
Jonas: In Dusechs.
Stalin: Dusechs. Was Dusechs?
Jonas: Eine Mine. Ein Bergwerk.
Stalin: Ned ponimeio.
Sam: Rudnik.
Stalin: Ah, rudnik! Wer sprechen?
Jonas: Mein Computer.
Sam: Hohahahaha. Drigalarischi Ruski, Sir? Nanri kalaku. Samuel ist der werte Name. Kurz Sam. Oder auch Sammy. Hocherfreut Sie kennenzulernen, Generalissimus. Ihr Rum soll gut sein, und Ihr Ruhm eilt Ihnen voraus.
Stalin: Computer! Meiingento itowari kis. Kleiner Genosse Blech.
Jonas: Hahahahaha, kleiner Genosse Blech. Das gefällt mir.
Sam: Ha, mir aber gar nicht. Bin nicht Genosse. Bin nicht Blech. Mich dünkt, der Kerl wird reichlich frech.
Stalin: Computer mir geben.
Sam: Untersteh dich, Hinterfotz.
Jonas: Besser nicht, Generalissimus, wissen Sie, Sam ist schwierig.
Sam: Was?
Jonas: Kompliziert.
Sam: Was?
Jonas: Mit ihm muß man umgehen können.
Sam: Ja.
Jonas: Jonas kann das.
Sam: Hehe, bildest du dir ein.
Stalin: Nu, karascho. Wo rudnik Dusechs.
Jonas: In der Nähe. Wo genau sagt uns Sam.
Sam: Ja, aber nur, wenn ihr ihn ganz lieb darum bittet, ja.
Jonas: Abends kamen wir an. Die Nomaden schlugen ein Lager auf. Einige Kilometer entfernt. Außer Sicht, außer Hörweite. Ein Angriff bei Dunkelheit war zu riskant. Kein Nachtsichtgerät im Panzer. Außerdem wußten wir nicht, was uns erwartete. Gleich nach Sonnenaufgang stiegen wir auf einen Felsen. Jonas und Stalin. Und sahen uns Dusechs an. Ein großes flaches Gebäude. Und ein Förderturm, direkt vor einer schroffen Felswand. Im weiten Halbkreis umgeben von Unterständen. In jedem zwei Maschinengewehre. Eins nach innen, eins nach außen. Bedient wurden sie von Typen in roten Baseballkappen. REUBA-Sicherheitsdienst. Vielleicht eine Hundert-schaft. Der Erdboden vor den Unterständen war glatt. Eben. Sehr eben. Verdächtig.
Stalin: Mini.
Jonas: Denk ich auch. Minen. Und MG’s. Es wird Verluste geben.
Stalin: Nu egal. Wir müssen haben Diesel. I Produkti. Essen.
Jonas: Lebensmittel? Die werden sich finden. Diesel auch.
Stalin: Karascho. Krasnia armia. Wir machen Sturmangriff. Mit Tank.
Jonas: Durchs Minenfeld? Das ist aber keine gute Taktik, Generalissimus.
Stalin: Zuerst, wir schicken Mutanti, treten auf Mini, machen Bum. Dann Tank. Du fahren Tank, Jonas. Schießen mit Buschka.
Jonas: So geschah es. Etwa 20 Mutanten wurden ins Minenfeld gejagt und sprengten eine Gasse frei. Eher eine Landstraße. Für den T54. Von meinen fünf Granaten verschoß ich drei. Drei MG-Nester außer Gefecht. Dann stürmten die Nomaden. Alle. Männer. Frauen. Kinder. Mit Messern und Knüppeln. Eine wilde Horde hungriger Berserker. Die REUBA-Leute hatten keine Chance. Sie wurden totgetrampelt. In Stücke gehackt. Keiner überlebte. Die Nomaden stürmten weiter. In das flache Gebäude, und suchten Lebensmittel. Auch Stalin ging auf die Suche. Nach Dieseltreibstoff. Jonas blieb im Panzer und vergnügte sich damit, alle MG-Nester plattzuwalzen. Wie sagt Sammy? Kaputtes MG tut dir nicht mehr weh. Sie kamen zurück. Die Nomaden still und langsam. Stalin forsch und laut. Enttäuscht waren alle.
Stalin: Nix Sto. Nix Diesel. Nix Produkti. Du gelogen Jonas. Du toter Mann.
Jonas: Nichts überstürzen, Generalissimus. Die Vorräte sind unten. In der Mine. Im Schacht.
Stalin: Wir nicht gegen unter Erde. Du holen aus Loch, Jonas. Du holen Diesel. Du holen Producti. Sonst du toter Mann.
Jonas: Dann wollen wir mal sehen, was sich tun läßt.
Jonas: Die Förderanlage stand still. Der Korb war unten. Blockiert. Festgehalten. Von den Minenarbeitern. Den Elitels. Im Kontrollraum stand ein Bildfongerät. Für den Kontakt mit Schacht und Stollen. Hunderte von Metern unter der Erde. Ich drückte den Knopf.
Jonas: Hallo. Hier Kontrollraum. Ich rufe die Arbeiter der Mine Dusechs. Bitte melden, dingend. Die Minenarbeiter, bitte melden, hallo, hallo.
Jonas: Es dauerte nur eine knappe Minute. Dann wurde der Bildschirm hell. Ein Gesicht erschien. Das Gesicht einer Frau. Groß. Grob. Unschön. Wie Lili Putowski. Aber sie war nicht Lili Putowski. Natürlich nicht. Sie war Paula Putowski.
Paula: Lili ist meine Schwester. Woher kennen Sie Lili?
Jonas: Das ist eine lange Geschichte.
Paula: Die ich Ihnen sowieso nicht glauben würde. Sie sind ein Alien.
Jonas: Sehe ich aus wie ein Alien?
Paula: Geben Sie sich keine Mühe, wir wissen Bescheid. Sie sehen aus wie ein Mensch, aber das ist nur Tarnung. Sie sind ein Alien. Sie haben Dusechs gefunden und angegriffen, aber Sie werden nichts davon haben. Uns kriegen sie nicht. Und Dusenium schon gar nicht. Wir warnen Sie. Wenn Sie versuchen, in den Schacht einzudringen, sprengen wir die ganze Mine in die Luft.
Sam: Oha.
Jonas: Sie waren gut indoktriniert. Durch Holo-TV. Von REUBA, speziell für sie produziert und ausgestrahlt. Jonas redete. Wie ein Buch. Fast wie Sam. Er erzählte von Lili. Vom kleinen Bruno. Er berichtete, was in Babylon abgelaufen war. Wie Jonas sich ins Niemandsland aufgemacht hatte. Und wie er schließlich in Dusechs angekommen war.
Jonas: Ihretwegen, Paula, um Sie aufzuklären, um Sie nach Hause zu bringen. REUBA hat Sie belogen und betrogen. Es gab keine Invasion. Es gibt keine Aliens. Alles Schwindel. REUBA hat sich das ausgedacht, um Sie da unten festzuhalten. Sie sollen für REUBA schuften. Unbezahlt. Für immer. Glauben Sie mir, Paula.
Paula: Die Leute, die jeden Monat mit dem Truck kommen, haben uns gesagt, daß REUBA den Widerstand organisiert, und daß REUBA dringend Dusenium braucht, soviel wie möglich, für die geheime Superwaffe gegen die Aliens. Sind Sie wirklich Jonas? Der letzte Detektiv?
Jonas: Wirklich und wahrhaftig.
Paula: Der kleine Bruno schwärmt für Sie.
Jonas: Der kleine Bruno ist tot. Lili auch. REUBA hat sie umgebracht.
Paula: Wenn Sie Jonas sind, dann müssen Sie Ihren Supercomputer Sam bei sich haben. Zeigen Sie ihn.
Jonas: Bitte.
Paula: Er soll was sagen.
Jonas: Du hörst die Dame, Sammy. Sag was. Na los!
Sam: Sach was, sagt er, mein Mensch und Meister, mein Herr und Heiler, mein Jott und Jonas, haha, ganz was neues, sonst sagt er: Halt die Bappen, Sam, halt die Klappe, halt dich zurück. Jetzt soll Sam was sagen, irgendwas, jetzt wird er gebraucht, der liebe Sammy, jetzt darf er, jetzt soll er, jetzt muß er, ob er will oder nicht. Wer fragt schon danach, was ein armer kleiner Computer will, was er tief in seinem Innersten…
Paula: Alles klar, Jonas, wir kommen rauf.
Jonas: Wie viele sind Sie?
Paula: 42.
Sam: Und wie alt sind Sie?
Jonas: Bringen Sie nur das notwendigste mit. Sind Sie bewaffnet?
Paula: Wir haben Uzis.
Sam: Und wir haben Futzies.
Jonas: Sehr gut. Damit hielten sie die Nomaden in Schach, als Jonas sie zum T54 brachte. Stalin war sauer. Kein Diesel, nichts zu essen. Statt dessen 42 Arbeiterinnen und Arbeiter, mit 42 schußbereiten Maschinenpistolen. Pech, alter Junge, da kann man nichts machen.
Stalin: Du großes Arschloch, Jonas. Du wieder gelogen. Wir dich töten. Langsam, ganz langsam. Wir dich brennen mit Feuer. Wir dich schneiden mit Messer. Wir dich spießen auf Stange. Wir dir ziehen ab Haut. Wir dich graben lebendig in Erde. Wir dich braten und essen.
Jonas: Guten Appetit. Die Nomaden waren unruhig. Und rückten uns allmählich näher. Wenn sie plötzlich losbrachen, würden sie uns überrennen. Mitsamt dem Panzer. Einen Moment lang sah es sehr danach aus. Aber da tauchte er endlich auf. Am Horizont. Nicht ganz pünktlich. Nach Sams Berechnungen hätte er eine Stunde früher kommen sollen. Der Supertruck von REUBA.
Jonas: Egal, Hauptsache, er ist hier. Hey, Generalissimus, da da, Diesel, da Producti.
Stalin: Du nicht wieder lügen, Jonas?
Jonas: Ich schwöre, Generalissimus.
Stalin: Kraschno, dawei towaritschi, kraschn armeitschi, hurra…
Jonas: Die Nomaden rannten dem Truck entgegen. Mit dem Panzer setzte Jonas sich an die Spitze. So schnell es ging. Sehr schnell war das nicht. Wegen der Minenarbeiter. Im T54. Auf dem T54. Aber es reichte. Ich fuhr einen Vorsprung raus. Zwei Granaten hatte ich noch. Eine schoß ich dem Truck vor den Bug. Er stoppte. Besatzung und Schutzmannschaft ließen ihn stehen. Und setzten sich ab. Auf ihren E-Bikes. Richtung Westen. Babylon. Die Minenarbeiter enterten Zugmaschine und Anhänger und sicherten sie mit ihren Uzies. Jonas knallte derweil die letzte Panzergranate ins Blaue, kletterte aus der Luke, durchlöcherte den Treibstofftank des Panzers, mit der Uzi, die Paula ihm gegeben hatte, und stieg um auf den Truck. Stalin und seine Nomaden hatten uns inzwischen eingeholt.
Jonas: Da läuft dein letzter Tropfen Diesel in den Sand, Stalin, Granaten hast du auch keine mehr. So sieht’s aus.
Stalin: Siskowena, du Arschloch. Jonas du Saukerl.
Jonas: Deinen T54 brauch ich nicht mehr. Mit Dank zurück. Lassen Sie ein paar Container mit Lebensmitteln abladen, Paula.
Paula: Wird gemacht, Jonas.
Jonas: Producti, Leute, gleich gibt’s was zu futtern.
Nomaden: Producti, Producti, Producti…
Stalin: Diesel, Jonas, Diesel.
Jonas: Nichts Diesel, du alter Bandit. Machs gut.
Jonas: Liebend gern hätte Stalin seinen Stamm auf Jonas gehetzt, aber die rote Armee war nicht ansprechbar. Sie wühlte sich durch die Container und fraß sich voll. In ohnmächtiger Wut mußte ihr Generalissimus zusehen, wie der Supertruck wendete und von dannen knatterte. Mit Jonas. Mit den Minenarbeitern. Und mit vielen vielen Litern Dieseltreibstoff. Während wir durchs Niemandsland fuhren, funkten wir die ganze Geschichte voraus. Nach Babylon. An alle Medien. Und die machten was draus. Sondermeldungen. Schlagzeilen. Falsches Erdbeben. Falsche Invasion. Die bösen Märchen der REUBA. Profitgeile REUBA verurteilt Unschuldige zu lebenslänglich Zwangsarbeit. Serienmörder in REUBA-Diensten. REUBAs Firmenpolitik: Großbetrug und Kindermord. In dieser Art. Der REUBA-Konzern war plötzlich äußerst unbeliebt. 14. Juni 2015. Später Nachmittag. Wieder war der Ernst-August-Platz voller Menschen. Diesmal keine Sonnenanbeter. Es schien ja auch nicht die Sonne. Wütende Babylonier. Sie stürmten die REUBA-Zentrale. Schlugen innen alles kurz und klein. Wen sie fanden, übergossen sie mit Dieselöl, aus der Direktorengarage. Dann steckten sie die Leute an und schmissen sie aus dem Fenster. Oder vom Dach. Feuerwerk. Es traf sich gut, daß der REUBA-Vorstand gerade eine Sitzung abhielt, aber es traf vor allem andere. Kleine Angestellte, Putzfrauen, die nichts wußten. Wie das immer so ist. Chefinspektor Brock war auch da. Dienstlich. Ganz hinten. Der Mob hatte inzwischen die REUBA-Zentrale in Brand gesteckt. Brock sah dem Freudenfeuer zu. Eingreifen wollte er nicht.
Brock: Sinnlos. Was soll ich machen? Die Rädelsführer festnehmen? Bin ich lebensmüde? Die Feuerwehr alarmieren? Längst passiert. Die kommt erst, wenn alles vorbei ist. Wenn die Leute sich verlaufen haben. Sicherheitshalber. Morgen früh nehme ich ein Protokoll auf. Mehr kann ich nicht tun. Ja, wenn ich Jonas wäre, dann würde ich mich vielleicht einmischen. Der steckt seine Nase in alles. Ob es ihn was angeht oder nicht. Aber ich bin nicht Jonas. Gott sein Dank. Ich bin Beamter. So, halb fünf, Feierabend. Ich geh nach Hause. Ein guter Schluck. Bequeme Schuhe. Was gutes im Holo. Es muß ja nicht die schwarze Dahlie sein. Das Leben kann auch schön sein.
Jonas: Jonas ging auch nach Hause. Und damit wäre der Fall zu Ende. Wenn Sam nicht noch was zu mosern gehabt hätte.
Sam: So nicht, Genosse, das gaht nicht.
Jonas: Was geht nicht, Sammy?
Sam: Daß Chefinspektor Brock das letzte Wort hat, nos correcto.
Jonas: Findest du? Dann sag du doch was.
Sam: Ja. Ja. Ja. Wos soll i denn sogen?
Das war Invasion. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Ute Mora, Kornelia Boje, Rainer Basedow, Horst Sachtleben, Detlef Kügow und andere (Jochen Striebeck, Stefanie Walter, Werner Klein, Anita Schlierf, Nicola Tiggeler, Harald Dietl, Stephan Zinner). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Regieassistenz: Holger Buck und Sieghard Fieber. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1998. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Knochenarbeit
Jonas: Es war kein Treibhaus. Es war eine Terrasse. Aber sie war heiß und hell und grün, wie ein Treibhaus, und der Mann im Rollstuhl war wie General Sternwood: uralt, halbtot, mit einem Gesicht wie eine zerknitterte Maske. Er war natürlich nicht General Sternwood. Er war Senior Hector de la Serna. Wir waren auch nicht in Los Angeles, sondern in der Siedlung Bon Retirdo, auf der schönen Insel Palmera im Mittelmeer. Wo sogenannte Senioren aus ganz Europa auf den Tod warten, wenn sie es sich leisten können. Und ich war nicht Philip Marlowe.
de la Serna: Sie sind Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv.
Jonas: In Babylon.
Serna: Auch auf Palmera, das kann ich Ihnen versichern. Hätte ich Sie sonst kommen lassen?
Jonas: Das hatte er. Airticket Babylon-Alicante, Heli-Zubringer Alicante-Palmera und zurück, mit der kurzen Aufforderung, ihn zu besuchen. Blinde Treffen mag Jonas nicht. Trotzdem war er gekommen. Weil er jedem Auftrag brauchte. Die letzten beiden Fälle hatten viel gekostet und nichts eingebracht.
Serna: Rauchen Sie, Senior Jonas?
Jonas: Nein.
Serna: Negrita, die Havannas. Meine Besnieta. Negrita de la Serna. Sie kümmert sich um ihren Urgroßvater.
Negrita: Si, pisabello. Eine Zigarre, Senior?
Serna: Rauchen Sie, Senior Jonas, bitte, für mich. Leider bin ich gezwungen, meinen Lastern durch Stellvertreter zu frönen.
Jonas: Jonas hatte seinen karitativen Tag. Außerdem war sie hinreißend. Nicht die Zigarre. Die Urenkelin. Anfang zwanzig, schwarze Haare, schlank, aber nicht zu sehr. Carmen. So sah sie aus. Aber sie hieß Negrita. Auch nicht schlecht.
Serna: Danke, Senior Jonas. Sie machen einem alten Mann eine große Freude.
Jonas: Mehr schlecht als recht. Weshalb haben Sie mich kommen lassen, Senior de la Serna, wozu brauchen Sie den letzten Detektiv? Nicht nur zum Rauchen, hoffe ich.
Serna: Ich möchte, daß Sie etwas für mich stehlen, Senior Jonas.
Jonas: Und was?
Serna: Knochen, Senior.
Jonas: Knochen?
Serna: Die Gebeine von Che Guevara.
Jonas: Ein ausgefallener Wunsch. Die Knochen von Che Guevara. Dem weltberühmten Revolutionär aus dem 20. Jahrhundert, der schon lange tot war, fast 50 Jahre, oder?
Sam: 47 und ein halbes, indem daß wir heutigen Tages den 3. April 2015 schreiben.
Jonas: Ist bekannt, Sammy.
Sam: Und besagter Guevara aus dem Leben schied am 8. Oktober 1967 im Dschungel von Bolivien, gemeuchelt von den Schergen der Konterrevolution, will sagen der Ranger-Truppe des bolivischen Diktators Parventos. Verwundet, gefangen, erschossen, verscharrt. Eine Schweigesekunde seinem Angedenken. Tick-tack, tick-tack, Piep! Ernesto Guervara, später Che zubenamst, geboren 1928 in Rosario, Argentinien. Medizinstudium, Arztdiplom 1953, entwickelte sich zum Revolutionär und Guerilla-Kämpfer, führte mit und für Fidel Castro die kubanische Revolution zum Siege 1958/59.
Jonas: Das reicht, Sam, wir brauchen keine historische Vorlesung.
Sam: Und ob du die brauchst, Banane, analphabetische. Geistige Bildung Fehlanzeige, häh, wissen wir doch.
Serna: Was bitte ist das?
Jonas: Sam, mein Taschencomputer. Die Enzyklopädie des letzten Detektivs. Wer wird einen Sack Bücher mit sich rumschleppen, wenn er einen Sam hat.
Serna: Bücher haben ihr gutes, Senior, sie äußern sich nur, wenn sie gefragt werden, ansonsten schweigen sie.
Jonas: Das tut Sam nicht.
Sam: Ne.
Jonas: Das kann er gar nicht.
Sam: Ne, niemals never nevermore, garnienicht.
Jonas: Sprach der Rabe, das heißt Sam, und zum Beweis machte er gleich weiter. Mit Nachhilfe in Sachen Che. Daß die Überreste 30 Jahre nach dem Tod entdeckt, nach Kuba überführt und mit viel Pomp in einem Mausoleum bestattet wurden.
Sam: Doch aus der revolutionären Staatsgruft entschwanden sie, nur wenige Monde sind’s erst her, bei den Unruhen nach dem Tod des alten Castro. Geklaut worden sollen sie sein, außer Landes verscherbelt.
Serna: Ihr Computer hat ein seltsames Aussehen.
Sam: Was ist, was ist, was ist? Seltsam? Haben Sie was gegen Blech und Plastik, gegen Skalen und Knöpfe, Räderuropa? Sie sind auch nicht gerade ne Schönheit, weißgottnetle.
Serna: Und er hat eine seltsame Art, sich auszudrücken.
Sam: Haha.
Serna: Aber er hat recht. Che Guevaras Gebeine sind hier, auf Palmera. Richten Sie Ihren Blick gen Westen, Senior Jonas, was sehen Sie?
Jonas: Was man hier überall sieht. Das Superhotel.
Sam: Palmera Beach Tower. 250 Meter vom Zeh bis zum Scheitel. Piep.
Serna: Und genau dort oben, Senior, ein viertel Kilometer über dem Meer, befinden sie sich, im Penthouse der Condessa Gloriana.
Jonas: Gloriana von und zu, Kind und Kegel, Knautsch und Knitter, oder so. Eine Gräfin aus nördlichen Gefilden, stinkreich, weil sie es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, Milliardäre zu heiraten und zu überleben. Früher eine große Nummer im Jetset, als es so was noch gab. Heute bekannte Sammlerin prominenter Reliquien. Sie hatte Lenin. Evita, als Mumie und in Wachs, und jetzt auch das Skelett von Che Guevara.
Serna: Sie hat es gekauft und stellt es aus in einer Vitrine in ihrem Penthouse. Valgusto. Sie werden die Gebeine retten, Senior Jonas, und sie mir überbringen.
Jonas: Warum gerade Ihnen, Senior, was gehen Sie Che Guevaras Knochen an?
Serna: Ich bin ein Verwandter, zwar nur ein entfernter Cousin mütterlicherseits, doch sehe ich es als meine Pflicht an, für die würdige Bestattung des prominentesten Mitglieds meiner Familie Sorge zu tragen.
Jonas: Das ist ein Grund.
Serna: Ich zahle Ihnen 10.000 Euros, wenn Sie Erfolg haben.
Jonas: Und wenn nicht?
Negrita: Sie sind Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv. Sie schaffen es.
Sam: Naja.
Jonas: Wenn Sie das sagte. Ich dachte kurz nach. Ein interessanter Auftrag. Einträglich möglicherweise. Irgendwie moralisch war er auch. Der letzte Detektiv für den letzten Revolutionär. Das hat etwas.
Jonas: Einverstanden.
Serna: Naturalmente. Ich habe mir erlaubt, Ihnen ein Zimmer im Palmera Beach Tower zu buchen, Senior Jonas, im unteren Drittel, weiter oben ist es sehr teuer.
Jonas: Das Penthouse der Gräfin Gloriana war eine Festung, zugänglich nur über einen Spezialschnell-Lift vom Erdgeschoß, für Besucher und Dienstboten mit Spezialzugangsscheibe. Keine Treppen. Schwierig. Frische Luft ist gut für die grauen Zellen. Ich öffnete das Fenster. Ich sah einem kleinen dunkelhäutigen Mann ins braune Auge, der Fensterputzer auf seiner Plattform, die ihn von morgens bis abends rauf und runter fuhr. Rauf, das brachte mich auf eine Idee. Ich winkte ihm, mit einer Flasche Brandy. Quecho, Kasador.
Fensterputzer: No no, yo Islam, komprende? No Alkohol.
Jonas: Du bist Muslime und darfst nicht trinken. Dein Pech, Kamerad. Wie wär’s denn hiermit? 20 Euros. Dinero. Mucho Dinero.
Fensterputzer: Dinero? Si si.
Jonas: Er stieg ein. Ich zog ihm den weißen Overall aus und fesselte ihn ans Klo. Er sah mich an, ängstlich, mit großen Augen. Ich klopfte ihm auf die Schulter, steckte ihm den 20 Euro-Schein ins schmutzige Unterhemd, stieg in den Overall, zwei Nummern zu klein, mindestens, stieg auf die Plattform, und fuhr nach oben. Nicht zum Penthouse, vor der letzten Etage war Endstation, unter der überhängenden Dachbrüstung. Jonas mußte free-climben, erst am Seil, dann am schieren Beton, in einer Höhe von 250 Metern, im zu engen Overall. Ein echter Cliffhänger. Fünf lange Minuten Quälerei, dann hing ich mit dem Oberkörper über der Brüstung. Ich konnte mich verpusten und mich umsehen. Das Dach des Palmera Beach Tower war ein großer Garten. Blumenbeete, Hecken, Minibäume, und mitten im Bunt und Grün ein Hexenhaus, braun und gelb, mit Giebeln und Türmchen, gotisch und grimmig. Brüder Grimmig. Auf dem ganzen Dach kein freier Fleck. Keine Landemöglichkeit für einen Helikopter zum Beispiel, deshalb schwebte er auch 10 Meter darüber, der Helikopter. Grau. An der offenen Tür ein großes rotes A. Aus der Tür hing ein Seil. Am Seil hing ein Mann, in einer Livree aus braunem Samt, gelb abgesetzt. Kniehosen. Kurze Jacke. Schnallenschuhe. Ein Lakai.
Sam: Ein dummes Ding, zu deutsch Domestik, der gnädigen Frau Gräfin zweifelsohne.
Jonas: Er hat einen Rucksack über der Schulter.
Sam: Jajajajajajaja, und da ist was drin. Was mag’s nur sein, hä? So, jetzo ist er drin im Helikopter. Türen schließen. Abfahrt.
Jonas: Ich stieg über die Brüstung, richtete mich auf. Der Helikopter flog Richtung Südost. Ich sah ihm nach, sah, wie er die Seniorensiedlungen an der Südküste streifte, Bon Retirdo, Sanssouci, HCIs, Lebensabend und wie sie alle hießen, die Tennis- und Golfplätze, die Parks und die Schwimmbäder, bis er Kurs ins Innere der Insel nahm, wo’s nur kahle Berge gab, keine Siedlungen, keine Menschen, und da wurde er abgeschossen.
Sam: Bodenluftrakete, melde gehorsamst, Herr Heißluftmarschall. Ja wo sammer denn, auf Feuerland, hmh? In Küßnacht? Äh Kusbekistan?
Jonas: Er ist getroffen, aber er hält sich noch, er trudelt weiter, noch weiter.
Sam: Ui, jetzt ist er unten, mitsamt Lack-Ei, und Rucksack. Friede ihrer Asche. Wie spricht Friedrich von und zu Schiller, hmh? Runter kommen sie immer.
Jonas: Nimm die Koordinaten, Sam.
Sam: Piep. Schon passiert. Pup.
Jonas: Ich hatte so eine Ahnung. Aber vorher mußte ich mich um das Penthouse kümmern. Die Tür stand offen, und als ich näher kam, hörte ich was. Ein nagendes nervendes Geräusch. Jemand zeterte, ohne Punkt, ohne Pause.
Gloriana: Ich bezahle ihn gräflich, fürstlich, und behandelt wird er wie ein Sohn… Ein freier Abend pro Woche, Holo-TV im Zimmer, dasselbe Essen wie für mich selbst. Na, nach mir natürlich in der Küche. Unterschiede muß es geben. Die Herrin ist die Herrin, der Diener ist der Diener, und wenn der Diener meutert, dann wackeln die Werte, dann stürzen die Grundfesten.
Jonas: Hallo.
Gloriana: Meine Haare, junger Mann, geben Sie mir meine Haare, na da auf dem Teppich. Meine Haare, schnell.
Jonas: Ein großer Raum, nicht sehr hell, an den Wänden Vitrinen, und längliche Kästen aus Glas, indirekt beleuchtet. Eine Vitrine war leer und stand offen. In den übrigen lagen Knochen, menschliche Körperteile, Mumien. Was da zeterte war auch eine Art Mumie, eine noch sehr lebendige allerdings, wenn auch alt. Sehr alt. Eine Frau. Klein, krumm, und kahl, auf einen Stuhl geschnürt. Über den Falten strahlendes Make-up. Über den müden Knochen ein kurzes Dirndlkleid. Braun und gelb. Die Hexe vom Hexenhaus. Gräfin Gloriana. Ich setzte ihr die Perücke auf und band sie los.
Gloriana: Wer sind Sie, was wollen Sie, was haben Sie hier zu suchen. Machen Sie den Mund auf, Mann.
Jonas: Hotelsicherheitsdienst, Frau Gräfin. Was ist hier los?
Gloriana: Sehen Sie doch. Mein bestes Stück hat er gestohlen, meinen Che Guevara, aus der Vitrine. Er hat ihn in einen Rucksack gesteckt, ich bin dazugekommen, er hat mich angebunden, dann ist er raus und weg.
Jonas: Wer, Frau Gräfin?
Gloriana: Wer? Juan, wer denn sonst, mein Kammerdiener, mein Butler, ja, lange hab ich ihn noch nicht, erst ein viertel Jahr, aber er ist mit den besten Empfehlungen gekommen, mit den allerbesten, wirklich, von Gunter und Meck und Prinzessin Carolins kleiner Großnichte.
Jonas: Sind Sie allein? Haben Sie nur einen Diener?
Gloriana: Woher denn einen? Vier habe ich, aber die anderen sind einkaufen, oder haben Ausgang, faulenzen oder was weiß ich. Es geht ihnen einfach zu gut. Viel zu gut. Stehen Sie nicht rum, junger Mann, tun Sie gefälligst was, bringen Sie mir meinen Che Guevara wieder. Nächste Woche brauch ich ihn, dringend, da will ich ihn untersuchen lassen, wissenschaftlich, gentechnisch.
Jonas: Untersuchen, warum?
Gloriana: Weil mir jemand gesagt hat, er ist vielleicht nicht ganz echt, nicht der richtige Che, ein Doppelgänger, verstehen Sie? Solche Latrinenparolen gibt’s schon lange, praktisch seit 67, das muß ein Ende haben, die Gräfin Gloriana hat nur absolut echte Stücke. Originale. Unikate.
Jonas: Sie sollten die Polizei verständigen, Frau Gräfin.
Gloriana: Ja richtig, die Polizei, sehr gut, den Commisario Pedasso wird ich anrufen, Großalarm, Großeinsatz, hohe Belohnung, sehr hoch.
Jonas: Runter ging’s bequemer als rauf. Mit einer Spezialliftscheibe, von der Vitrine neben der Tür. Ali kriegte seinen Overall zurück, und verzog sich, verwirt, aber nicht unglücklich, immerhin hatte er 20 Euros verdient, im Sitzen. Jonas rief seinen Auftraggeber an, um kurz zu berichten, was vorgefallen war, dann fuhr ich zum Empfang und mietete ein E-Car. Es war Zeit für eine Spritztour in die Berge. Sammy dirigierte.
Sam: Straight away. Gerade aus. Bei nächster Gelegenheit ein ganz klein wenig rechts.
Jonas: Leicht gesagt, Sam, wenn rechts keine Straße ist, nicht mal ein Ziegenpfad.
Sam: Nun denn so brettere mein Meister Schuhmacher doch tunlichst voll ins Gelände, holliadiö.
Jonas: Meinst du wirklich?
Sam: Es führt kein anderer Weg nach Küßnacht, wo der Helikopter runtergeplumst ist, und dorthin, Monsieur, zieht es uns doch mit magischer Sehnsucht, ne pas?
Jonas: Also gut. Rechts rum.
Sam: Jawoll, Vorsicht, sperr die Augen auf, Blindschleiche, Blindgänger, Blindhahn, Blindenhuhn, Blinddarm damischer. Auf Palmera pflegt man es ganz und gar nicht zu schätzen, wenn liebe Senioren von wüsten Straßenrowdies umgenietet werden.
Jonas: Nichts passiert. Es konnte nichts passieren. Mein E-Car war kaum schneller als der Rollstuhl, den ich beim Abbiegen überholte. Der Alte im Stuhl sah ein bißchen aus wie de la Serna. Nur daß er noch ein paar Haare hatte, und einen weißen Schnauzbart. Ein stämmiger Typ schob ihn des Weges, zügig, obwohl er auch nicht mehr der jüngste war. Jonas fuhr weiter, konzentrierte sich aufs Gelände, und vergaß die beiden Alten. Das hätte er nicht tun sollen.
Sam: Halt. Endstation. Alles aussteigen. Da wär doch wohl mal ein klitzekleines Lob fällig, hmh, für korrekte Koordination, gute Führung.
Jonas: Dafür haben wir keine Zeit, Sam.
Sam: Dafür haben wir keine Zeit, Sam. Dafür haben wir keine Zeit, Sam. Na, typisch, tadeln und schimpfen, und meckern und mosern, das kann er, mein Jonas, wie ein Champion, doch loben, ach, das kann er nicht, will er nicht, tut er nicht. O wie das schmerzt, tief tief drinnen im Herzen.
Jonas: Im Prozessor willst du wohl sagen, Sam.
Sam: Ja Professor.
Jonas: Der Helikopter war an einen Felsen geprallt. Jetzt war er kaputt. Nur kaputt, nicht ausgebrannt. Zwei Insassen, auch kaputt. Der Pilot und der Diener. Auf dem Rücken hatte er noch den Sack, den brauchte er nicht mehr. Ich nahm ihn an mich. Aber ich kam nicht dazu, ihn aufzumachen.
Prado: Halto. Rührt euch.
Mario: Semi Coronell.
Prado: Schade, kein Feuer. Wären Sie verbrannt die Knochen, könnten wir beruhigt nach Hause fahren, Mario, Mission abgeschlossen.
Mario: Semi Coronell.
Prado: Du hättest auf den Tank zielen sollen, Mario.
Mario: Semi Coronell.
Jonas: Sie haben den Helikopter abgeschossen.
Prado: Aber ja. Ich habe überall Augen und Ohren, auch im Palmera Beach Tower und bei den Kindern des Aquarius. Geben Sie mir den Sack.
Jonas: Nein.
Prado: Doch.
Jonas: Er gewann. Ich gab ihm den Sack. Er hatte unter die Decke gegriffen, die auf seinen Knien lag. Gegen eine abgesägte Schrotflinte ist ein waffenloser Jonas machtlos. Der Alte langte nach dem Sack, mit der linken. Aber er kriegte ihn nicht. Um den Felsen fegte ein E-Vespa in höllischem Tempo. Die Fahrerin schnappte sich den Sack, in der Luft, sehr sportlich, und schlug dem Alten die Flinte aus der rechten Hand. Sehr geschickt. Jonas fing die Waffe auf. Auch nicht unflott. 2 zu 0. Für die Guten. Für Jonas und Negrita.
Negrita: Ich bin gekommen so schnell ich konnte, Senior Jonas braucht Hilfe, hat Urgroßvater gesagt.
Jonas: Danke, aber lassen Sie den Senior weg. Jonas. Nur Jonas, das genügt. Kennen Sie die beiden, Negrita?
Negrita: Darüber reden wir später, Jonas, zuhause, Urgroßvater wartet, auf den Sack. Ich muß gleich wieder los.
Jonas: Augenblick. Das ist mein Fall. Geben Sie den Sack her.
Negrita: Haben Sie Angst um ihr Honorar, Jonas?
Jonas: Darum geht’s nicht, aber bevor ich nicht genau weiß, was hier gespielt wird, lasse ich mich nicht ausbooten. Geben Sie mir den Sack.
Jonas: Diesmal gewann Jonas, weil er jetzt die Schrotflinte hatte. Negrita war wütend, was ihr ganz ausgezeichnet stand. Mit einer heftigen Bewegung startete sie ihre Vespa und verschwand zwischen den Felsen, wieder in höllischem Tempo. Jonas folgte ihr, sehr viel gemächlicher. Zunächst. Bis ihm was auffiel. Ein Helikopter. Schon wieder. Halb links voraus. Als er die Straße erreicht hatte, landete er, gut 200 Meter vor mir, und wartete, auf Jonas. Das gefiel mir nicht. Ich wollte zurück. Aber auch hinter mir war die Straße dicht. Ein E-Laster hatte sich quer gestellt. An der Seitenwand ein großes rotes A. Auf dem Helikopter übrigens auch. Ich hielt, und nahm die Flinte unter den Arm. Das hätte ich lassen können. Vier Figuren kletterten aus dem Helikopter, zwei postierten sich rechts und links an der Straße, und nahmen Jonas aufs Korn. Mit Kalaschnikows. Die beiden anderen kamen langsam auf mich zu. Eine Frau und ein Mann. Alt. Wie alle auf Palmera. Die Insel der fast schon Seligen.
Uschi: Eine potentiell revolutionäre Situation, Dani?
Dani: Kaum, Uschi, aber eine dialektische.
Uschi: Richtig. Wir sind die These.
Dani: Natürlich. Und er ist die Antithese.
Uschi: Problem: Wie schaffen wir die Synthese, Dani?
Dani: Ganz einfach, Uschi. Er gibt uns, was wir wollen. Widerspruch aufgehoben, Situation geklärt.
Uschi: Wird er uns geben, was wir wollen, Dani?
Dani: Er wird, Uschi. Er ist cool.
Uschi: A grovy cat. Gib uns den Sack, cat.
Jonas: Das Spiel ging also weiter. Mit neuen Mitspielern. Uschi und Dani sahen aus, wie sie sprachen. Gesundheitslatschen, Jeans, psychedelische Kittel, Hornbrillen, Stirnbänder um die spärlichen grauen Locken. Eine Mischung von 68er und Flower-Power. Sehr nostalgisch, fast rührend, aber nicht ungefährlich. Sie hatten einen fanatischen Glanz in den Augen, und natürlich Kalaschnikows.
Dani: Merci.
Uschi: Danke. You know, cat, er ist unser.
Jonas: Der Sack?
Uschi: Der heilige Che.
Dani: Wir sind seine Schwestern.
Uschi: Und Brüder.
Dani: Wir folgen ihm nach. Viva la revolution.
Uschi: So long, cat, love and peace.
Jonas: Drei Minuten später war nur noch Jonas auf der Straße, in seinem E-Car, ganz allein, abgesehen von Sam, aber der muffelte, und sagte kein einziges Wort. Gerade wollte ich anfangen, mich als einsamer Wolf zu fühlen, da kam Gesellschaft. Negrita und ihre Vespa.
Negrita: Sie haben den Sack schon wieder verloren, Jonas, das wird allmählich zur schlechten Angewohnheit.
Jonas: Sie kommen zu spät, Negrita.
Negrita: Was hätte ich denn tun können bei so viel Opposition. Ich habe gewartet zwischen den Felsen.
Jonas: Wer waren die Althippies?
Negrita: Kinder des Aquarius. Eine Art Sekte. Revolutions-Romantiker: Nostalgiker.
Sam: Hallo? Hallo? Falls es irgend jemanden interessiert, in den 70er Jahren des verflossenen Jahrhunderts emigrierten sie nach Palmera, die Sprößlinge des Wassermanns, allwo sie sich eine neue Branche erschlossen, und fortan in Esoterik machten, für betuchte Touristen, gestreßte Manager und dergleichen intellektuell unterbelichtete Zeitgenossen. Veganische Aromatherapie, Feuerlaufen mit Essig und Öl, ganzheitliche Sexmeditation mit praktischen Übungen, neomarxististische Fußzonengymnastik, Spirouetten, Korrektur, spirituelles Bogenschießen rambazamba hodldibums.
Jonas: Und so weiter. Länger als ein paar Minuten stehst du die beleidigte Leberwurst nicht durch, Sammy.
Sam: Doch doch doch…
Jonas: Wissen wir doch. Willkommen im Club.
Sam: Ja ganz ohne Computer geht die Scho-hose nicht.
Jonas: Ruhe. Und wo stecken sie, diese überalterten Aquarianer?
Negrita: Im Aquarium natürlich. Das ist die ehemalige Plaza de Torros, auf einer kleinen Halbinsel im Osten, mit Palmera nur durch einen schmalen Damm verbunden, und der wird permanent bewacht.
Jonas: Es wird nicht einfach.
Negrita: Wie sieht’s aus, Jonas, arbeiten wir zusammen oder einzeln, miteinander oder gegeneinander?
Jonas: Versuchen wir es mal mit Kooperation.
Jonas: Sagte ich, und ich dachte: Bis auf weiteres. Wir setzten uns zusammen, machten einen Plan, und aßen die Sandwichs, die Negrita mitgebracht hatte, in weiser Voraussicht. Kein Whisky, schade. Einige Stunden vergingen. Es wurde dunkel. Vor der Ostküste von Palmera strampelte ein Touristenpaar auf einem Tretboot dahin. Man hätte die beiden aber auch gut für Kinder des Aquarius halten können, weil sie lange bunte Schlabbergewänder trugen und sich ans Aquarium heranarbeiteten, an die vorgelagerte Halbinsel, langsam, beiläufig, wie unabsichtlich. Als es ganz dunkel war, gingen wir an Land. Das Boot ließen wir abtreiben. Wir versuchten uns zu orientieren, mit Sams Hilfe. Die Wächterin sahen wir erst, als sie direkt vor uns stand, mit Kalaschnikow und schlechter Laune. Jonas reagierte blitzschnell. Ab und zu kann er das. Er drückte Negrita fest an sich und küßte sie. Mit Inbrunst. Das fiel mir nicht schwer. Ihr übrigens auch nicht.
Wächterin: Auseinander! Müßt ihr ausgerechnet jetzt privatistisch rumbumsen, ihr seid mir schöne Revolutionäre. Ab in die Arena, zur großen Trauerfeier, Teilnahme obligatorisch, hat das ZK verfügt. Hopp Hopp! Viva la Revolution!
Negrita: Viva!
Jonas: Äh, viva!
Jonas: Die Stimmung in der Arena war ein kurioser Cocktail aus Requiem, Zapfenstreich und 1. Mai an der Kremlmauer. Schwelende Fackeln an offener Gruft. Darüber Che Guevara in Beton, fünf Meter hoch, wenn nicht mehr, im revolutionär-orthodoxen Sahnetortenstil, linke Faust geballt, rechte am Gurt der Kalaschnikow, kühne Augen in die Ferne schweifend, Richtung Utopie. Erhebend. Um Gruft und Denkmal die Kinder des Aquarius, trauernd, aber nicht schweigend.
Uschi: Heiliger Che.
Dani: Messias der Revolution.
Uschi: Jesus Christus mit der Knarre.
Dani: Märtyrer der Entrechteten.
Jonas: Negrita und Jonas hielten sich am Rand, im Schatten, und machten sich Gedanken. Wir waren ja nicht gekommen, um mit Sektierern Trauerrituale zu feiern.
Negrita: Wo ist Che?
Jonas: Den Sack, meinen Sie, Negrita.
Negrita: In der Gruft ist er nicht. Die ist leer.
Jonas: Im Sarg, nehm ich an.
Negrita: Und wo ist der Sarg?
Jonas: Irgendwo in der Nähe. Wenn die fertig sind mit ihrer Litanei, wird er feierlich rausgetragen, und in die Gruft gesenkt, zu den Klängen der Internationale, oder Beethoven.
Negrita: Sehen wir uns mal um.
Jonas: Hinter dem offenen Tor der Matadore ging rechts ein Korridor ab. Dem folgten wir, etwa 20 Meter, bis zu einer Tür, mit Glasscheibe, Fackelschein von innen.
Negrita: Da ist er.
Jonas: Der Sarg. Schon geschlossen.
Negrita: Die Wächterin müssen wir loswerden.
Jonas: Das macht Sammy.
Sam: Ach ja, und wie meinen eure Leichtdahinredefertigkeit macht Sammy dieses?
Jonas: Berliner Spießer 67/68.
Sam: Verstehe. Piep.
Jonas: Warte, bis wir um die Ecke sind. Dann lockst du sie in die andere Richtung. In fünf Minuten bist du zurück. Laß dich nicht erwischen.
Sam: Erwischen? Hähähä. Von einer alten Wasserfrau mit Plattfüßen? Ha, hat Sam nicht seine flotten Rollen, hmh? Abschaum, rotes Gesindel, geht doch rüber ins Arbeitslager. Totschlagen. Aufhängen.
Wächterin: Provokateur, Diversant!
Sam: Schnauze.
Jonas: Wir machten den Sarg auf. Menschliche Knochen. Ein sehr fragmentarisches Skelett, wie es aussah. Auf rotem Samt. Jetzt brauchten wir einen Sack. Keiner da. Aber Negrita fand vollwertigen Ersatz. Sie zog ihr Kleid aus. Ein atemberaubender Anblick. Obwohl sie was drunter trug. Einen minimalen Bikini.
Negrita: Glotzen Sie nicht, Jonas, helfen Sie mir lieber die Reliquien ins Kleid packen. So, Vorsicht.
Jonas: Sagen Sie, Negrita, warum lassen wir ihnen verehren Anverwandten nicht einfach in seinem Sarg liegen. Würdiger als hier kann er gar nicht bestattet werden.
Negrita: Das verstehen Sie nicht, Jonas.
Sam: Der versteht vieles nicht.
Jonas: Ich verstand so manches nicht an dieser Geschichte. Abwarten. Bevor wir uns empfahlen, schraubten wir den Sarg wieder zu. Die Wächterin kam zurück. Fluchend. Dann rollte Sammy an, ganz ganz leise. Wir warteten. Bis sechs kräftige Wassermänner auftauchten, und den Sarg auf die Schulter nahmen. Musik setzte ein. Der Trauermarsch von Chopin. Die Träger schritten in die Arena. Feierlich. Gemessen. Und während sie ahnungslos den leeren Sarg in die Gruft senkten, setzten Negrita und Jonas sich ab. Zum Strand. Mit Che. Im improvisierten Tragebeutel. Diesmal waren wir vorsichtiger. Wir umgingen die Wache, stiegen ins Meer, und schwammen zur nächsten kleinen Bucht auf Palmera, wo Negrita ihre Vespa versteckt hatte. Die E-Vespa schnurrte durch die subtropische Nacht. Richtung Südwest, Bon Retiro, und Urgroßvater de la Serna, ohne Licht. Vorsichtshalber. Sam hatte seinen Infrarotsensor eingeschaltet. Das war unser Glück.
Sam: Stop!
Negrita: Was ist los?
Sam: Straßensperre hinter der nächsten Kurve. Zwei große E-Cars, blau. Acht große Typen, auch blau, mit großen Füßen und großen Lasern.
Negrita: Inselpolizei.
Jonas: Dahinter steckt Gräfin Gloriana. Sie hat die Polizei informiert und eine hohe Belohnung ausgesetzt. Was tun wir, Negrita? Zurück?
Negrita: Das bringt nichts.
Jonas: Können wir die Sperre umfahren?
Negrita: Ich weiß nicht. Durchs Gelände schaffen wir es nicht. Zu schwierig. Lava. Geröll. Hier muß irgendwo rechts ein kleiner Weg abgehen. Versuchen wir es da.
Jonas: Wir versuchten es, aber schon nach wenigen Kilometern kamen wir an die nächste Straßensperre. Nicht die letzte. Immer wieder mußten wir ausweichen, nach rechts, nach Norden, wohin wir nicht wollten, bis wir in einem weiten Bogen gegen die Steilküste gedrückt wurden, wo’s nicht mehr weiter ging. Das war nicht gut. Und noch weniger gut war es, daß die Polizei uns inzwischen im Visier hatte. Im Visier ihrer Nachtsichtgeräte und ihrer Laserstrahler.
Sam: Nördliche Steilküste direkt voraus. Ende der Fahnenstange.
Jonas: Du bist mein Ratgeber, Sam, analytisch, logisch, elektronisch. Na gib uns mal einen Rat. Wenn’s geht, einen guten.
Sam: Zwo Optionen, Sir.
Negrita: Besser als eine.
Sam: Option eins: Die Herrschaften entsteigen dem Sattel und hüpfen über die Klippe, mit einem fröhlichen Hironimo.
Negrita: Im Dunkeln? 200 Meter tief?
Sam: Bitte nichts übertreiben, geschätzte Urenkelin, es sind nicht mehr denn 198.
Jonas: Und die zweite Option, Sam.
Sam: Option Zwo: Die Herrschaften halten, heben die Arme und ergeben sich ihren Verfolgern.
Jonas: Gefällt mir auch nicht.
Negrita: Option drei?
Sam: Hah, gibt’s nicht, Allerwerteste, Kurzzeitgedächtnis offensichtlich mangelhaft, häh? Zwo Optionen, also sprach Sam, und Sam pflegt sich nicht zu irren.
Negrita: Das glaubst du, du überhebliche Blechdose.
Sam: Was?
Negrita: Kuck mal nach rechts.
Sam: Ach, da ist rechts. Ein Licht.
Jonas: Eine Tür.
Negrita: Eine offene Tür, im Felsen, die Rettung.
Jonas: Oder eine Falle.
Negrita: Haben wir eine Wahl?
Sam: Ne.
Jonas: Sah nicht so aus. Die Polizei kam näher. Wir ließen die Vespa liegen, rannten zur Tür, rannten durch die Tür, schlugen sie hinter uns zu, Massivmetall, nicht leicht zu knacken, schoben zwei schwere Riegel vor, dann erst hatten wir Zeit, uns umzusehen. Wo waren wir?
Gloriana: Wo wir sind? Im Krematorium von Palmera. Kennen Sie das nicht? Tolle Anlage, voll automatisch. Dauerbetrieb, Tag und Nacht, Kühlhalle immer voll. Kann man sich ja denken, hier auf Palmera, nur Tote auf Urlaub. Apropos, schön, daß Sie endlich gekommen sind, wir warten schon seit Stunden, was Chico? Hotelsicherheitsdienst, pfui, Sie kleiner Schwindler, pfui, legen Sie ihre Schrotflinte auf den Boden, langsam, sonst macht Chico Ihnen ein paar neue Löcher ins Gesicht.
Sam: O wie schön.
Gloriana: Hmh, wär doch schade. So ist es brav, und jetzt bitte Hände hoch, das Kind auch.
Jonas: Gräfin Gloriana. Diesmal in Shorts und T-Shirt. Braun und gelb natürlich. Neben ihr ein junger Mann, schwarze Locken, breite Schultern, braungelbe Livree, in der Hand einen Laserstrahler. Vom Regen in die Bratpfanne, wie der Volksmund sagt, oder der weise Bosequo.
Gloriana: Und in diesem knalligen Fetzen haben Sie meinen Che Guevara? Nicht gerade pietätvoll, von Geschmack gar nicht zu reden, aber woher soll’s auch kommen, egal, geben Sie ihn her, geben Sie mir mein Eigentum zurück. – Das wird Commisario Pedaso sein, guter Mann, hat uns die beiden Verbrecher kunstgerecht in die Arme getrieben bzw. vor den Laser, nach allen Regeln des edlen Waidwerks. Mach die Tür auf, Chico.
Prado: Buenas Tardes. Niemand rührt sich vom Fleck. Schieb die Leiche zur Seite, Mario, und, äh, heb den Laserstrahler auf, die Schrotflinte auch.
Mario: Semi Coronell.
Gloriana: Wer sind Sie denn?
Prado: Prado. Gari Prado Salmond. Coronell Prado. Der Name sagt Ihnen etwas?
Negrita: Capitan Prado, der Henker, der Mann, der Che erschossen hat.
Sam: Octobero Otscho, in anno uno millio mewo siento sosenti isiette, oder für Doofe, am 8. Oktober 1967 in der Schule von Igera, wenn er es denn wirklich war, und nicht der Sergeant Mario Teran.
Prado: Das ist die Frage.
Sam: Yes.
Prado: Und die Antwort kennen nur wir beide, nicht wahr, Mario?
Mario: Semi Coronell.
Gloriana: Wie kommen Sie hierher?
Prado: Ah, ich habe überall Augen und Ohren, Condessa, auch bei der Inselpolizei.
Gloriana: Aha. Und Commisario Pedaso, was haben Sie mit dem gemacht? Wo steckt er?
Prado: Oh, hinter dem Felsen, ich habe ihn angewiesen, Stellung zu beziehen und abzukochen, bis er weitere Befehle erhält. Zur Sache, Condessa, wo befinden sich die Überreste des berüchtigten Banditen?
Gloriana: Wenn Sie damit Che Guevara meinen, den hat die Kleine da, in ihrem bunten Beutelchen.
Prado: Ah, geben Sie mir den Behälter, Seniorita.
Negrita: No, nunca.
Gloriana: Kommt ja gar nicht in Frage. Che gehört mir, ich habe ihn gekauft, für teures Geld, bar bezahlt auf den Tisch des Hauses.
Prado: Mag sein, Condessa, aber ich verfüge über zwei Schrotflinten und einen Laserstrahler. Ich kann nicht dulden, daß Sie diesen, diesen Abgesandten der Hölle öffentlich ausstellen. Eine solche Ehre hat er nicht verdient. Ich habe andere Pläne. Er soll verschwinden, ganz und gar, jede Spur, jeder Knochen, jedes Staubkorn. Ich muß ihn endlich loswerden, diesen Teufel aus dem Meer, der mit im Genick sitzt seit einem halben Jahrhundert, und der mir keine Ruhe läßt.
Mario: Semi Coronell.
Prado: Na, und wo kann ich ihn loswerden? Hier, genau hier.
Jonas: Natürlich, hier, im Krematorium, wo Palmera sich vom Tod und von den Toten trennte. Sergeant Mario nahm Negrita das Bündel mit den Knochen aus der Hand, und legte es seinem Herrn in den Schoß. Beide trieben uns in den hinteren Teil des Raumes, durch eine Tür, durch einen Gang, in eine Kühlhalle, so weit und so hoch wie der Tempel eines unbekannten Gottes. Hier stapelten sich Särge, aus billigem Plastik, Särge über Särge, Hunderte, Tausende, ein ungeheurer Wartesaal des Todes. Weiter nach hinten lief ein Förderband, tiefer hinein in den Felsen, dorthin, wo der gewaltige Ofen röhrte. Robots luden Särge auf das Band, einen nach dem anderen, eine Reihe ohne Ende.
Prado: Leg den Beutel auf das Band, Mario.
Mario: Semi Coronell.
Prado: Gut so. Oh, Sie frieren, Seniorita?
Negrita: Ein wenig. Für arktische Temperaturen bin ich nicht angezogen.
Gloriana: Ich etwa? Sehen Sie nur, Coronell, überall Gänsehaut, ekelhaft, Sie sind kein bißchen rücksichtsvoll, Coronell, das muß ich schon sagen, oder finden Sie es etwa galant, eine Dame in diese, in diese gräßliche Halle zu bringen? Zu den Toten, in die Kälte.
Prado: Gleich wird Ihnen warm werden, meine Damen, weiter, Mario.
Mario: Semi Coronell.
Jonas: Auch vollautomatische Anlagen müssen gelegentlich gewartet werden, von Menschen. Ein schmaler Gang verlief parallel zum Band, von ihm getrennt durch eine dicke Mauer, darin runde Fenster aus hitzebeständigem Plasti-Plex, Bullaugen, bessere Gucklöcher. Mit bohrendem Blick verfolgte Oberst Prado den Weg der Guevara-Knochen, bis sie im brüllenden Feuerofen verschwanden.
Prado: Ah, endlich, es ist vorbei, Mario.
Mario: Semi Coronell.
Prado: Er ist verbrannt. Ich bin ihn los. Ich bin frei.
Mario: Semi Coronell.
Prado: Ich bedaure, Condessa, daß Sie meinetwegen einen gewissen finanziellen Verlust hinnehmen müssen. Leider ließ es sich nicht vermeiden.
Gloriana: Ach, was solls. Schwamm drüber. Ist nun mal passiert, zurückdrehen kann man’s nicht. Kauf ich mir halt was neues. Arni Schwarzenegger soll auf dem Markt sein.
Sam: Ja, hat dort einen Gemüsestand.
Gloriana: Nicht gerade in der Guevara-Klasse, aber ganz interessant, bestimmt sehr eindrucksvoll, und wer weiß, Coronel, vielleicht haben Sie mir sogar einen Gefallen getan.
Prado: Wie darf ich das verstehen, Condessa?
Gloriana: Vielleicht war es ja wirklich nur ein Doppelgänger. Vielleicht haben sie damals in Bolivien gar nicht den echten Guevara umgebracht. Vielleicht ist der echte tatsächlich schon früher gestorben.
Sam: Jajajajajajaja, und zwar im März des Jahres 1965, wie seinerzeit und auch später hie und da gesprechmunkelt ward. Denn in jenem März, es ist dies ein feststehendes unbegrabbelbares historisches Faktum, meine Daumen und Hirn, in jenem März kam es zu einer überaus heftigen Streitauseinandersetzung zwischen Che Guevara, soeben von einer Weltreise zurückgekehrt, und seinem Chef, bis dato Freund, Geigenkasten, zu deutsch, Fidel Castro. Che habe als Industrieminister von Kuba versagt. Das war ein Vorwurf. Der zweite: Che lasse es an der notwendigen Verehrung für die große Sauwetunion fehlen, den Patron und Sponsor der kubanischen Revolution. Unter uns, Genossen, wahrscheinlich war Castro bloß eifersüchtelig, weil Che viel schöner war, viel mutiger, viel berühmter und beliebter, besonders bei den Weibern.
Negrita: Das ist wahr.
Sam: Ja. Wie dem auch gewesen sein mag, und hier verlassen wir die gesicherte Historie, und wagen uns vor in den vagen, doch nicht gänzlich unfundierten Bereich der Spekulatius, meint der Spekulation. Castro, so wird gemutmunkelt, habe damals Che töten und begraben lassen, in aller Heimlichkeit.
Prado: Unsinn.
Sam: Ein doppeltes Lottchen wurde aufgebaut, ein Doppelgänger, dieser trat zunächst im Kongo auf, im Bananenkostüm, dann in Bolivien, um dort von der Weltbühne, weil er keine Schauspielschule besucht hat, wieder abzutreten. Höchst effektiv, jajaja, zu einem Zeitpunkt, und auf eine Weise, wie sie Castro und den Sowjets propagandistisch am günstigen erschien. How, Sam hat gesprochen.
Prado: Kompletter Unfug. Wir haben den wirklichen Che Guevara erschossen, nicht irgendeinen Kleindarsteller, was Mario?
Mario: Semi Coronell.
Gloriana: Tja, also ich weiß nicht. Darum wollte ich die Überreste ja gentechnisch untersuchen lassen, und das Ergebnis vergleichen mit dem Material eines Verwandten von Guevara, hier auf Palmera soll’s einen geben. Dann hätten wir gewußt, ob’s stimmt, was der kleine Geschichtsprofessor uns gerade erzählt hat. Jetzt werden wir’s wohl nie erfahren, irgendwie schade, aber andererseits, das Leben geht weiter.
Sam: Jaja.
Jonas: Der Tod auch. Nicht weit vom Ofen ging ein Servicelift nach unten. Weil Prado seinem Opfer anscheinend noch immer nicht traute, verfolgte er es weiter, vorbei an den Rosten aus Schamott, bis zu einer großen in den Felsen gehauenen Kammer, wo die Asche abkühlte, viel Asche, ein schmutzig-weißer Montblanc, der immer wieder abgetragen wurde, und sich immer wieder neu aufbaute. Ein gewaltiges Gebläse pustete die Asche in einen Tunnel, der schräg nach unten führte.
Gloriana: Ins Meer. Friedhöfe haben wir nicht auf Palmera. Wir wollen nicht daran erinnert werden, daß alles mal zu Ende geht. Alles vorüber, alles vorbei. Ja, Trauerfeiern, die gibt’s natürlich, wenn Freunde abtreten oder Verwandte, in unauffälligen kleinen Kapellen, hell und freundlich, ganz in türkis und pink gehalten. Aber damit ist es dann auch gut.
Prado: Asche zu Asche. Zeit für einen kleinen Umtrunk. Mario, aquariente.
Mario: Semi Coronell.
Prado: Gib der Condessa auch einen.
Mario: Semi Coronell.
Prado: Salut.
Gloriana: Ti pesitas, mi Coronell, äh, Euros meine ich natürlich. Und die beiden, der falsche Hoteldetektiv und das Mädchen, was machen wir mit denen?
Prado: Ah, unwichtig, Commisario Pedaso kann sie später einsperren.
Gloriana: Wozu der Umstand, Coronell, wozu warten, machen wir doch gleich klar Schiff. Entsorgen wir sie gleich hier. Sache erledigt und ausgestanden. Sind sowieso zu jung, unverschämt jung, passen nicht auf unsere Insel.
Sam: Ich auch nicht mit meinem Pinsel.
Jonas: Hast keinen.
Sam: Vielleicht mehr als du.
Jonas: Negrita und Jonas sahen sich an, vom Einsperren hielten wir wenig, vom Umbringen weniger. Wir nickten uns zu. Ehe Oberst und Sergeant zu ihren Waffen greifen konnten, waren wir in der Abkühlkammer, vorbei am Aschenberg, an der Mündung der Tunnelröhre. Wir sprangen, die Füße voran. Gebläse und Fallwinkel sorgten für einen flotten Rutsch. Wie im Freibad. Wir riefen nicht fröhlich Jeronimo, wir hielten Mund und Nase zu, wegen der Asche, der Asche von Che Guevara und von vielen vielen ehrenwerten Senioren, die alle mit uns gemeinsam ans Meer reisten.
Negrita: Jetzt bin ich froh, daß ich nur einen Bikini anhabe.
Sam: Wie schön.
Jonas: An Land zu kommen wird nicht leicht sein, die Brandung, die Steilküste.
Sam: Wenn ein ganz kleiner völlig unbedeutender Computer sich mal wieder zu Wort melden dürfte, hmh, ausnahmsweise.
Jonas: Tu das, Sammy.
Sam: Backbord voraus, für Landratten links, nich, da dürfte sich eine Landung möglich machen lassen, denn siehe, ein natürliches Bassin inmitten der Riffe besänftigt die wilden Wogen, und die Küste darüber erscheint weniger steil.
Negrita: Also los.
Sam: Yes.
Jonas: Wir schwammen, und kletterten die Klippe hoch, durchgefroren, voller blauer Flecken, ansonsten intakt. Oben ruhten wir uns eine Zeit lang aus, hinter einem Felsen, und sahen den Inselpolizisten zu. Die hatten offenbar die Geduld verloren. Sie hatten sich vor der Tür zum Krematorium versammelt, und gaben sich große Mühe, sie aufzubrechen. Bislang vergeblich. Von dieser ihrer Aufgabe waren sie so in Anspruch genommen, daß sie nicht auf ihre abgestellten Fahrzeuge achteten. Nett von ihnen. Wir beschlagnahmten den Kommandowagen von Commisario Pedaso. Ausgestattet mit allen Schikanen. Autopilot, Radar, Ersatzuniform. Die teilten wir uns. Negrita kriegte Mütze und Jacke, Jonas die Hose, viel zu weit, aber warm. Eingebaute Bar. Die teilten wir auch. Während das E-Mobil sich seinen Weg durch die nächtliche Insel suchte. – Wir tranken Mate, in der Morgensonne, auf der Terrasse in Bon Retiro. Mit Urgroßvater Hector de la Serna. Jonas fühlte sich nicht in Bestform. Sicher, die verlangten Knochen waren gestohlen worden, mehrmals, auch von Jonas, unter anderem. Aber jetzt waren sie weg. Es gab sie nicht mehr. Sie waren verschwunden.
Jonas: Verbrannt. Im Krematorium von Palmera.
Serna: Sind Sie sicher, Senior Jonas?
Jonas: Leider ja, ich mußte zusehen. Negrita auch.
Serna: Ist das wahr, Besnieta? Du hast es gesehen?
Negrita: Si, Pisabelo. Mit eigenen Augen. Die Knochen sind verbrannt.
Serna: Und die Asche?
Negrita: Ins Meer gestreut. Aufgelöst. Dahin.
Serna: Halleluja. Viva la revolution. Viva el Che. Jetzt ist es unwiderruflich. Unabänderlich. Unumstößlich. Es wird keine gentechnische Untersuchung geben, Che wird ewig leben, weil er für immer tot ist. Das ist Dialektik, Senior Jonas. Mein Mythos ist unsterblich, gestern, heute, morgen, bis in alle Ewigkeit.
Jonas: Ihr Mythos?
Serna: Die übrigen Gerüchte werden verstummen. Jetzt müssen ihn die Neider mir lassen meinen grandiosen revolutionären Tod, meine Hauptrolle in der Geschichte steht fest. Ein für alle mal.
Jonas: Heißen Sie wirklich Hector de la Serna?
Serna: Ich bin Ernesto Guevara de la Serna, genannt Che.
Jonas: Dann sind Sie also nicht 67 in Bolivien gestorben.
Serna: Und auch nicht 1975 auf Kuba. Fidel konnte mich nicht töten. Er verdankte mir zu viel. Er versteckte mich, im Keller seiner Residenz. Hausarrest. Nicht unbequem. Mir fehlte nichts als die Freiheit. Fast 50 Jahre war ich gefangen. Dann starb Fidel. Die wenigen, die außer ihm von mir wußten, kamen in den Wirren um. Ich wurde befreit. Mein Geheimnis behielt ich für mich. Etwas später nahm ich Kontakt mit der Familie auf. Ohne Aufsehen. Mit Negrita kam ich hierher, um in Frieden zu sterben, zum dritten und letzten Mal. Ich hatte nicht mit der törichten Gräfin gerechnet, und damit, daß die Knochen des Doppelgängers noch einmal auftauchen würden, doch nun ist alle Gefahr vorbei. Dank Ihnen, Senior Jonas.
Jonas: Eine erstaunliche Geschichte.
Sam: Eine schier unglaubliche Geschichte. Mein Meister könnte sie an die Medien verkaufen und Millionär werden.
Serna: Würden Sie das tun, Senior Jonas?
Jonas: Nein, Senior de la… Senior Guevara.
Serna: Sie geben mir Ihr Ehrenwort als Cabaliero.
Jonas: Sofort. Der Alte zog sich zurück, müde und glücklich. Jonas war beeindruckt, und unsicher. Glaubte ich ihm? War er wirklich Che Guevara, oder war er ein armer Irrer, der sich einbildete, Che Guevara zu sein.
Jonas: Was sagen Sie dazu, Negrita?
Negrita: Vielleicht.
Sam: Ken Sawe, das heißt.
Jonas: Ich weiß, Sammy.
Sam: Ah, nicht ich weiß, du linguistischer Dösbattel, wer weiß, so heißt es. Wer weiß oder Die Knochen von Che Guevara: Wer weiß, wo sie sind, ob verstreut im Wind, tief unten im Meer, ist die Gruft wirklich leer, sind sie gar noch lebendig, wenn auch nicht sehr wendig, im Rollstuhl ein Greis, ken sawe, wer weiß?
Jonas: Gut, daß diese Geschichte nicht mit Sam endet, sondern mit Negrita, mit einem wunderbaren Wochenende auf Palmera, und mit 10.000 Euros.
Sam: Und mit mir, hahahahaha.
Das war Knochenarbeit. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Hans Korte, Ilse Neubauer, Christine Neubauer, Harald Dietl, Kerstin de Ahna, Hans Günter Martens und andere (Juan Hetzenecker, Anne Stegmann, Werner Klein). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Regieassistenz: Holger Buck und Sieghard Fieber. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1998. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Drachentöter
Stimme: Was trägt die fashionbewußte, zeitgeistige, up-to-date Babylonierin demnächst im Ocean-Park? CamFash zeigt es Ihnen, meine Damen, schauen Sie her, Sie auch, meine Herren, sind unsere Andro-Models nicht eine wahre Augenweide? Es geht los mit Modell Franzi, ein Superbadeanzug im Stil der naughty nineties, provokant hohes Bein, unauffällig eingearbeiteter Wonderbra.
Jonas: 19. Oktober 2014. Kaufhaus Wunderland, Tigrisplatz, Babylon. Camelot Fashions, der größte Textilkonzern in Europa, führte Bade- und Freizeitmode vor. Natürlich Computer-Design, keine Haute Conture, natürlich Androidinnen, keine menschlichen Modells. Großer Andrang, sehr viele Frauen, viele Männer, ein paar Transis, und mitten drin Jonas. Wie das, werden Sie fragen, was sucht der letzte Detektiv auf einer Modenschau? Das kam so: Heute früh kriegte ich eine Air-Mail, über Sam. Sie kennen Sam? Mein kleiner lauter Chaos-Pilot im digitalen Verkehrs-netz. Mein Computer. Ein ganz besonderer Computer. Nicht weil er spricht, das tun viele Computer. Sam quatscht und tönt und schwafelt und nervt, wenn ich ihn lasse.
Sam: Trari trara, die Post ist da. Soeben erreicht uns folgende Air-Mail, adressiert an Jonas, nur Jonas. Piep. 11 Uhr Modenschau, CamFash, Kaufhaus Wunderland, wenn an Auftrag interessiert, kommen. Piep. Ende der Durchsage.
Jonas: Absender?
Sam: Kein Absender. Anonym, Bnonym, Cnonym.
Jonas: Sind wir an einem Auftrag interessiert, Sammy?
Sam: Jajajaja was heißt interessiert, wir brauchen einen Auftrag, dringlichst, Sir, wenn ich Hoheit auf dero ultratrüben Kontostand aufmerksam machen dürfte.
Jonas: Deshalb war ich hier. Aber von einem Auftrag war bisher nichts zu sehen. Rechts von Jonas stand ein Greis, der weniger die Anzüge ansah als die Zwischenräume. Links eine Karrierefrau in Nadelstreifen, Mitte 40, die eifrig in ihren Laptop schrieb. Journalistin?
Canape: Modepublizistin, Herr Jonas. Sie sind doch Herr Jonas?
Jonas: Unter Umständen. Und Sie sind?
Canape: Carmela Canape.
Jonas: Ehrlich?
Canape: Mein Künstlername. Sie kennen doch Auf Carmelas Canape, meine Kolumne in Lifestyle?
Jonas: Kenn ich nicht. Lese ich nicht. Sie wollten mir einen Auftrag geben, Frau Canape.
Canape: Carmela. Unter Umständen.
Jonas: Worum geht’s?
Canape: Nicht hier, Jonas. Ich ziehe ein ruhigeres Ambiente vor, ein Restaurant oder dergleichen.
Jonas: Das Casablanca ist gleich um die Ecke.
Canape: Ich bitte Sie, vulgär und gewöhnlich. Kommen Sie mit.
Jonas: Wir landeten im Unter uns, nicht gerade mein Ding. Ein Oxy-Bar. Nichts zu essen, nichts zu trinken, nur Luft aus edlen Designer-Behältern, in großer Auswahl, und menschliche Bedienung.
Kellner: Morgendämmerung in den Dolomiten, kann ich ihnen heute ganz besonders empfehlen, oder Erquickung am Wiesenrain.
Canape: Bringen Sie mir Sylter Sauerstoff, Jahrgang Null Sieben. Null Sieben, keinen anderen.
Kellner: Eine ausgezeichnete Wahl, gnä’ Frau. Und der Herr?
Jonas: Haben Sie Kehraus im Krematorium?
Kellner: Bedaure, so etwas führen wir nicht.
Canape: Der Herr nimmt auch einen Sylter.
Jonas: Das Zeug kam. Carmela nuckelte und fand es ganz exquisit. Von mir aus. Besser als die Luft draußen war es allemal. Aber wir wollten ja nicht über Sauerstoff reden. Carmela brauchte einen Detektiv. Weshalb?
Canape: Meine Mutter ist verschwunden.
Jonas: Seit wann?
Canape: Seit ungefähr drei Monaten.
Jonas: Ach was, und da machen Sie sich jetzt erst Sorgen?
Canape: Wissen Sie, wir standen uns nicht sehr nahe. Ab und zu haben wir uns getroffen, zum Tee, zum Sauerstoff, zum Plaudern, aber jetzt habe ich lange nichts von ihr gehört. Zu lange.
Jonas: Wie heißt Ihre Mutter?
Canape: Mama ist Vivien Eastwood.
Jonas: Die Modeschöpferin?
Canape: Die Modeschöpferin.
Jonas: Sie war die einzige in Babylon. Und die letzte. Wie Jonas. Die letzte Bastion menschlicher Kreativität in einem durchdigitalisierten Kulturbetrieb. Movie und Theater sind verschwunden, Holo-TV wird von Computern geschrieben, gemacht, gespielt. Menschen gibt’s nur noch beim Radio, und in der Oper. Reservate für Minderheiten. Und in der Haute Couture. Der Staat fördert Menschenwerk. Wer Opern produziert, oder Haute Couture, braucht praktisch keine Steuern zu zahlen. Artus Artus zum Beispiel. Der Besitzer von CamFash. Weil er sich die Haute-Couture-Marke Eastwood leistet.
Canape: Ich habe in Mamas Wohnung gefragt, aber ihre zwei Aupairs haben mich abgewimmelt.
Jonas: Aupairs?
Canape: Aus Hong Kong, oder vielleicht Singapur. Sie können auch Designerlehrlinge sagen, Dienstboten, Bettgenossen. Mama ist über 70, aber immer noch sehr lebenslustig.
Jonas: Ich versprach Ihr, Mama zu suchen. Für 120 Euros pro Tag und Spesen. Am Nachmittag stellte ich mich in der Eastwood-Residenz ein. Eine große Wohnung. 200 Quadratmeter, mindestens. In einem alten Haus, 200 Jahre, mindestens. Von der Sorte gab’s noch mehr in der Gegend. Südwest-Babylon, Otmar-Alt-Allee, das Künstlerviertel. Die Tür wurde mir von zwei niedlichen Persönchen aufgemacht. Von asiatischem Aussehen und unpräzisem Geschlecht. Zwillinge. Möglich. Nur das der oder die eine ein weißes Nachthemd trug, und die oder der andere ein schwarzes. Yin und Yang.
Yin: Velschwunden?
Yang: Vivian?
Ying: So ein Unsinn.
Yang: Vivian ist in Avalon.
Ying: Bei König Altus.
Jonas: Artur Artus, der sich gern König Artus nennen läßt, hatte sich eine Biosphäre eingerichtet. Draußen in der Wildnis, nach seinem Geschmack. Und der war ganz und gar mittelalterlich. Unter der Käseglocke gab’s eine Burg. Und einen richtigen Wald. Sagte man. Das ganze hieß Avalon. Merkwürdige Dinge sollten in Avalon vorgehen. Unheimliche, gefährliche Dinge. Menschen sollten da verschwinden.
Ying: Abel doch nicht Vivian Eastwood.
Jonas: Wann ist sie nach Avalon gegangen?
Ying: Juli.
Yang: Ende Juli.
Jonas: Also vor fast drei Monaten. Ist sie in dieser Zeit mal nach Hause gekommen?
Ying: Nein.
Jonas: Hat sie sich mal gemeldet?
Yang: Auch nicht.
Ying: Typisch Vivian.
Yang: Sie ist Künstlerin.
Ying: Sie ist exzentlisch.
Jonas: Aber ihre Tochter.
Ying: Ach die.
Yang: Das alte Canape.
Ying: Die ist doch nur an Mamas Geld interessiert.
Yang: Die lauelt doch nul dalauf, daß Mama den Zeichenstift für immel abgibt.
Ying: Dann erbt sie alles.
Yang: Schleckliche Person.
Jonas: Jonas rief im Camelot-Tower an, dem Sitz von CamFash. Jonas ist zäh, nicht so leicht abzuschütteln. Deshalb kam ich schließlich durch, zu seiner Majestät. Artur Artus, dem Modeking höchstpersönlich.
Artus: Sie wollen mit mir über Vivi sprechen? Warum nicht. Kommen Sie morgen Mittag in die Burgschänke.
Jonas: Was für eine Burgschänke?
Artus: Die Kantine im Camelot-Tower, die heißt so.
Jonas: Zu recht. Ein großer Raum, eingerichtet mit knubbeligen Stühlen und schiefen Tischen aus Fast-Holz, fast ganz echt mittelalterlich. An den Wänden altmodische Ölschinken, dicke Mönche und rüstige Ritter, bunte Glasfenster, wie in einer Kathedrale, die Serviererinnen trugen lange Röcke und tiefe Ausschnitte, sie schleppten gigantische Speisekarten an, aus Fast-Pergament, die unglaubliches versprachen.
Jonas: Ein noch gar blutig Rumpfstücklein vom wohlgezogenen Rindvieh.
Serviererin: Soja.
Jonas: Aha. Und der Med, süß und mundig.
Serviererin: Gen-Bier.
Jonas: Der feurige Branntewein ist dann wahrscheinlich Synth-Whisky.
Serviererin: Genau. Nun denn, Herre, was Speis und Trank begehret ihr?
Jonas: Kleines Bier.
Sam: Gemach, o edler Ritter Jonas, ihr Schnüffler zubenamst nicht doch all so. Flugs, flugs, schöne Maid, wohlan, kredenzet uns des süßen Meds die Fülle, sputet euch, denn siehe, uns verlanget gar sehr nach solchem, indem daß wir vom bösen Durste abscheulich gequälet werden. So macht man das.
Jonas: Halt dich zurück, Sammy.
Sam: Was, Sammy? Wir sind der edle Ritter Samuel von Chipshausen, Herr und zu Bitburg, Edler von Genit äh, Korrektur, Digitalien.
Jonas: Graf von der Müllhalde, Herzog von Blechstedt und Schrotthaufen, unbeschränkter Herrscher von und zu Schnatterburg.
Sam: Lasset ab von eurem Spotte, Herr, so nicht werdet ihr bei meiner Seel Genugtuung geben in den Schranken des Turnieres.
Jonas: Was ist los?
Serviererin: Pst! Der König!
Sam: Wer?
Jonas: Ein kleiner dicker Mann hatte den Raum betreten. Alle standen auf. Der Neuankömmling war eine Sinfonie in Rot. Rote Strumpfhosen, rotes Wams, roter Umhang, dazu als Akzent und Kontrast, eine goldene Krone auf seinem Kahlkopf. Er winkte leutselig, sah sich um, schritt auf meinen Tisch zu, und setzte sich ohne Umstände zu Jonas. Neben ihm nahm sein Begleiter Platz. Ein großer breiter Typ im grauen City-Anzug. Beule unter dem rechten Arm. Unter dem rechten?
Artus: Meine linke Hand. Er ist nämlich Linkshänder. Dr. Eckart. Mein getreuer Eckart. Leibwächter. Pilot. Mann fürs Grobe.
Jonas: Sie sind natürlich Artus.
Artus: Artur Artus. König Artus. Monarch über Camelot Fashions und alle dort Beschäftigten. Wenn ich will, kann ich jeden feuern, auf der Stelle, nicht wahr, mein Kind?
Serviererin: Wünschet ihr euer Mittagsmahl hier einzunehmen, Majestät?
Artus: Nein, ich werd’ das Dreckzeug doch nicht fressen. Das überlaß ich meinen teuren Untertanen.
Jonas: Sehr weise.
Artus: Ich hab mich über Sie erkundigt, Jonas. Ich weiß alles über Sie. Sie sind der letzte Detektiv. Ehrenhaft, loyal, ritterlich, kurz: arm und dumm, stimmt’s?
Jonas: Sie sind reich und klug, Artus.
Artus: Na klar.
Jonas: Also nicht ehrenhaft, nicht loyal, nicht ritterlich.
Artus: Glauben Sie? Äh, zur Sache, was wollen Sie?
Jonas: Vivian Eastwood.
Artus: Sagten Sie schon am Fon, was ist mit Vivian.
Jonas: Sie ist verschwunden, seit einem viertel Jahr.
Artus: Quatsch. Wer sagt das?
Jonas: Vivians Tochter.
Artus: Na die hat doch Null Ahnung. Vivi ist bei mir in Avalon, das heißt, sie war in Avalon, um in Ruhe an der neuen Kollektion zu arbeiten, vor einer Woche war sie fertig, und ist gegangen.
Jonas: Wohin?
Artus: Keine Ahnung. Spielt auch keine Geige. Vivi hat ihre Eigenheiten. Bisher hat sie noch vor jeder Show Lampenfieber gehabt. Sie ist kurz mal abgetaucht. Wenn’s soweit ist, taucht sie auch wieder auf.
Jonas: Und wann ist es soweit?
Artus: Übermorgen, wenn die große Show über den Laufsteg geht. Die Präsentation der neuen Kollektion von Vivian Eastwood. In der Emanuel-Wichtig-Halle. Ganz groß. Menschliche Models, ausgesuchtes Publikum. Kommen Sie doch auch, Jonas, Sie sind eingeladen, ich sorge dafür, daß Sie einen Platz in der ersten Reihe kriegen.
Jonas: Die Emanuel-Wichtig-Halle ist das bemerkenswerte Denkmal eines wenig bemerkenswerten Bürgermeisters. Nicht schön, aber gewaltig. Wie ein überdimensionaler Schneewittchensarg steht sie mitten im Ausstellungsgelände von Babylon. Brutal. Unübersehbar. Innen sah sie heute aus wie die Burgschänke im Camelot-Tower, nur viel größer: Überall alte Wandteppiche. Wappen und Waffen, Schilde, Schwerter, Lanzen, Hellebarden, die dazugehörigen Rüstungen standen dekorativ auf dem Laufsteg herum. Menschen in seltsamer Tracht spielten auf seltsamen Instrumenten seltsame Musik.
Artus: Madrigale, Motetten, was weiß ich, auf jeden Fall mittelalterlich, und daher passend zum Thema der neuen Eastwood-Kollektion, welches da lautet…
Jonas: Lassen Sie mich raten, Artus: Mittelalter.
Artus: Sehr gut, mein lieber Jonas.
Jonas: Ihr neuer Look ist also uralt.
Artus: Ist er doch immer. Wie finden Sie die Ausstattung?
Jonas: Passend.
Artus: Dafür zeichnet eine fähige Mitarbeiterin von Camelot Fashions verantwortlich. Für Ausstattung, Choreographie, Art Direction, zum ersten Mal, früher hat das Vivi selbst gemacht, das Material stammt übrigens von mir.
Jonas: Ach was.
Artus: Waffen, Rüstungen, alles aus meiner großen Sammlung in Avalon. Müssen Sie sich bei Gelegenheit mal ansehen, Jonas.
Jonas: Sicher, bei Gelegenheit.
Jonas: Zur Feier des Tages hatte Artus sein rotes Königsoutfit aufgemotzt durch ein Hermelin-Cape. In diesem enterte er den Laufsteg. Beifall brandete auf, brandete ab. Artus hob die Hand, Fanfaren ertönten. Genau wie im alten 2D-Movie Ivenhoe der schwarze Ritter.
Artus: Mutige Herren, schöne Damen! Da unsere liebe Vivi sich noch nicht sehen läßt, wir kennen das ja, obliegt es mir, ihre diesjährige Haute Couture Vision zu präsentieren. Folgen Sie mir also, begeben Sie sich mit mir auf eine Zeitreise in jene farbige Epoche, da der Himmel der Erde noch nahe war, da tapfere Ritter Drachen erschlugen, und von minniglichen Frauen dafür belohnt wurden. Genug der Vorrede, die Show beginnt. Creation Eleonore von Aquitanien: Kotte und Surkott aus einem hochaktuellen Materialmix, burgunderfarbener Latex mit durchsichtiger Chemiespitze, dazu eine voluminöse Schleppe und als i-Tüpfelchen ein chapel, ein Kopfreif aus Fast-Gold. Arbelar und Eloise: Über gestreiften Beinlingen trägt er die knappe Brusch mit farblich abgesetztem Hosenlatz, darüber Wams, Schecke, und Hupelande. Sie zeigt uns, unter der Kurzjacke aus Brokat, eine tiefdekolletierte Kotte, interessante Accessoires sind die nachtblauen Schnabelschuhe und der superbreite Hüftgürtel oder Dupsing, wie wir Mediavisten sagen, gekrönt wird das Ensemble durch eine ausladende Flügelhaube…
Jonas: Und so weiter. Sehr mittelalterlich, stinklangweilig, trotz der lebenden Models. Da war wenigstens meine Meinung. Aber was versteht Jonas von Mode. Den anderen im Saal schien es zu gefallen. Sie klatschten und pfiffen und winkten. Die Journalisten ratterten begeistert auf ihren Laptops, Carmela Canape war natürlich auch da. – Plötzlich schrie eine Frau, auf dem Laufsteg, nicht weit von mir entfernt. Ich schreckte hoch. Eine der Ritterrüstungen bewegte sich, schwankte hin und her, immer heftiger, bis sie umfiel, mit großem Geschepper. Das Visier sprang auf, darunter war ein blasses Gesicht zu erkennen. Artus kam angetrabt, bückte sich, nahm den Helm ab, im Saal Totenstille.
Artus: Vivi! Vivian Eastwood! In der Rüstung! Ich glaube, sie ist, sie ist tot. Eckart, rufen Sie die Kripo an!
Jonas: Die Show war zu Ende. Fluchtartig verließ das ausgesuchte Publikum die Emanuel-Wichtig-Halle. Es blieben nur die Journalisten. Artus natürlich mit seinem Eckart. Und Jonas. Jonas, der den Auftrag gehabt hatte, Vivian Eastwood zu suchen. Jetzt hatte er sie gefunden, gewissermaßen.
Canape: Mama ist tot?
Jonas: Ja.
Canape: Was glauben Sie ist passiert?
Artus: Na das ist doch egal, was Jonas glaubt oder nicht glaubt, die Sache ist ganz klar: Vivi wollte sich die Präsentation unbemerkt ansehen und hat sich in der Rüstung versteckt. Am Schluß wäre sie rausgekommen und hätte sich feiern lassen. Aber die Aufregung war zu viel für sie. Mein Gott, sie war fast 80. Herzschlag, schlicht und tragisch.
Jonas: Die Kripo erschien. Nicht mein alter Feind, Chefinspektor Brock, ein leibhaftiger Kommissar namens Prick. Dazu ein Techniker. Und natürlich der Pathomat. Die Tote wurde aus der Rüstung geschält und an den Pathomaten angeschlossen. Kommissar Prick rief die Daten ab, und diktierte sie dem Techniker. Jonas blieb in der Nähe, und machte lange Ohren. Daten und Fakten sind wichtiger als Geistesblitze. Das hatte ich im Fernkurs für angehende Privatdetektive gelernt.
Prick: Todesursache: Herzstillstand. Körpertemperatur: 15, 2 Grad. Tatsächlich, 15, 2 Grad. Besondere Merkmale: diverse Schürfwunden, Hüfte und Schulter, keine Blutung, Leichenflecken, Rücken, hellrot. Merkwürdig.
Jonas: Kann man wohl sagen.
Prick: Was haben Sie hier zu suchen? Wer sind Sie?
Jonas: Jonas, Privatdetektiv.
Prick: Steht der Mensch in ihren Diensten, Herr Artus?
Artus: Keineswegs.
Prick: Dann hauen Sie ab, Mann, Sie stören die Untersuchung.
Jonas: Ich arbeite für die Tochter der Toten.
Prick: Von mir aus für die Großmutter. Raus!
Artus: Eckart! Jonas will gehen, bringen Sie ihn zur Tür. Ein Wort im Vertrauen, Herr Kommissar.
Jonas: Während Artus und Prick die Köpfe zusammensteckten, schmiß Dr. Eckart Jonas aus der Halle. Jonas ließ sich schmeißen. Eckart trug bekanntlich eine Beule im Jacket. Draußen überlegte ich. Sollte ich auf Tochter Carmela warten? Aber dann ging ich doch lieber ins Casablanca, und stärkte mich, mit dem zu recht berüchtigten Whisky, den Jacob ausschenkte. Später rief ich sie an, und verabredete mich mit ihr.
Canape: Wann?
Jonas: Morgen vormittag um 10. Ich hab vorher noch einiges zu erledigen.
Canape: Gut. Unter Uns?
Jonas: Diesmal nicht. Jonas hat kein Bock auf Oxy. Wenn Sie was von mir hören wollen, müssen Sie schon ins Casablanca kommen.
Canape: Na, da Sie so großen Wert darauf legen, Jonas, also, dann bis morgen.
Jonas: Die Rüstung.
Sam: Stammt fraglos aus Majestät Artussis Beständen.
Jonas: So ist es. Frage: Wie ist Eastwood in die Rüstung gelangt?
Sam: Weiß ich nicht.
Jonas: Wann und wo? Als Artus den Helm abnahm, hat er blitzschnell was rausgenommen und in die Tasche gesteckt. Was war das? Und diese merkwürdigen Pathomat-Daten. Eine fähige Mitarbeiterin war für die Ausstattung verantwortlich, hat Artus gesagt, also auch für die Rüstung. Wie heißt die Dame?
Sam: Piep. Laut Programm führt sie den Namen Miriam Kraus. Piep. Laut Piep, ne laut Personaldatei CamFash ist Miriam Kraus als Programmiererin beschäftigt, Hauptabteilung Konfektion, Unterabteil, äh, Unterabteil, äh, Unterabteilung Entwurf.
Jonas: Noch so eine Merkwürdigkeit, wieso agiert eine simple Modeprogrammiererin als Art-Directris einer Haute Couture Show? Wo wohnt sie? Ist sie zuhause?
Sam: Weiß ich och nicht.
Jonas: Miriam Kraus war nicht zu Hause. Zumindest ging sie nicht ans Fon. Also ging Jonas zu ihr. In einen Bezirk, den man früher gutbürgerlich genannt hätte. Zwischen den Slums der Südstadt und dem exklusiven Künstlerviertel. In ordentlichen Reihen Häuser, aus dem mittleren 20. Jahrhundert. Mittelgroß, nicht mehr als 10 Stockwerke. An der Wohnungstür ein unproblematisches Schloß. Jedenfalls für einen einschlägig versierten Privatdetektiv. Dahinter zwei Zimmer, Küche, Bad. Mittelprächtig. Kein Luxus, keine Not. Keine Miriam Kraus. Statt dessen ein mittleres Chaos. Der PC war zertrümmert, das Diskettengestell leergeräumt. Schränke standen offen, Matratzen waren aufgeschlitzt, Küchenvorräte verschüttet, etc. Jemand hatte was gesucht.
Sam: Eine Diskette.
Jonas: Denk ich auch.
Sam: Na so was, er denkt, mein Meister Schnarch, hähä…
Jonas: Jetzt bist du dran, Sammy, mit denken.
Sam: Mit denken?
Jonas: Hat der Jemand gefunden, was er gesucht hat?
Sam: Dann hätte er nämlich die Sucherei aufgegeben, haha, doch tat er dies nicht. Er hat hier alles auf den Kopf gestellt, aber auch alles.
Jonas: Denk weiter, wenn du Miriam Kraus wärst.
Sam: Ein Mensch? Ein Weib? Igitt. Wüah.
Jonas: Wo würdest du eine Diskette verstecken?
Sam: Programmiererin ist sie, Mann, jedenfalls nicht im Bett, nicht in der Sojamehldose.
Jonas: Wissen wir.
Sam: Keinerlei Kunst an den Wänden, Bilder oder dergleichen, hmh hmh, sehr ungewöhnlich. Entweder hat sie keinen ästhetischen Sinn, unsere Miriam.
Jonas: Als Modeprogrammiererin, das glaub ich nicht.
Sam: Oder sie bevorzugt Hologramme.
Jonas: Die der Sucher ausgeschaltet hat, um festzustellen, ob was dahintersteckt. Tut es aber nicht.
Sam: Tut es aber nicht. Hhm, tut es aber nicht. Ne, wirklich nicht?
Jonas: Siehst du was anderes als kahle Wände, Sam?
Sam: Moment, seh ich was anderes. Ah, wo ist der Holoschalter? Auf dem Nachttisch. Drück drauf.
Jonas: Wozu?
Sam: Jetzt quassel nicht rum, drück drauf.
Jonas: Ich drückte. Wenn ich so nett gebeten werde. Ergebnis: In der Wohnung nur ein einziges Holo. An der Schlafzimmerwand. Die allseits beliebten grünen Palmen am blauen Meer.
Sam: Schön, schalt wieder aus. So und jetzt drück zweimal auf den Schalter.
Jonas: Sieh mal an, zwei Holos übereinander.
Sam: Clever, unsere Miriam. Erst das Palmenholo, dann das Holo der kahlen Wand.
Jonas: Und schließlich die echte Wand, mit einem Safe.
Sam: Sir, machen wir den auf?
Jonas: Blöde Frage. Im Safe waren ein paar Dokumente. Ein bißchen Schmuck. Und eine Diskette. Ohne Aufschrift. Die nahm ich mit, und ließ sie zuhause über den Bildschirm laufen.
Sam: Oho!
Jonas: Das hat er gesucht, der Sucher, der Jemand.
Sam: Alias Dr. Eckart, im Auftrag seines Herrn.
Jonas: Glaubst du, Sammy?
Sam: Ja wer denn sonst. Angesichts des Inhalts der Diskette.
Jonas: Ein Designerprogramm. Für Mode a la Mittelalter. Die historischen Basisdaten. Hupelande, Bruche, Surkott, und das ganze übrige Zeug. Umgesetzt mit modernen Materialen. Weißt du, was das heißt, Sammy?
Sam: Ja.
Jonas: Die neue Eastwood-Kollektion ist nicht von Vivian Eastwood entworfen worden.
Sam: Nene, vielmehr von einem genital, Korrektur digitalen Kollegen.
Jonas: Vom Computer. Keine Haute Couture, kein Menschenwerk.
Sam: Bestes Computerdesign.
Jonas: Poplige Kaufhausmode.
Sam: Oh, bitte keine unnötigen verbalen Tiefschläge freundlichst, ja, ich meine, die freundlichst zu unterlassen, euer Rüpelhaftigkeit. Wichtig, nicht wahr, ist doch vor allem dieses, wenn’s rauskommt, nich, muß König Artus mordsmäßig Steuern nachzahlen.
Jonas: Mordsmäßig.
Sam: Ja.
Jonas: Die Kollektion stammt nicht von Eastwood, das wissen wir jetzt. Und das könnte auch die Pathomatdaten erklären.
Sam: Grünau.
Jonas: Gleich am nächsten Morgen rief ich Chefinspektor Brock an. Er war hellbegeistert, von Jonas zu hören. Wie immer.
Brock: Sie haben mir grade noch gefehlt. Gehen Sie aus der Leitung.
Jonas: Wenn Sie meine Fragen beantwortet haben.
Brock: Dann leg ich eben auf.
Jonas: Und ich ruf sofort wieder an. Jonas ist zäh, wissen Sie doch.
Brock: OK, fragen Sie, aber machen Sie’s kurz.
Jonas: Vivian Eastwood.
Brock: Geht Sie überhaupt nichts an. Außerdem ist der Fall abgeschlossen, natürlicher Tod, keine Probleme.
Jonas: Was? Und die Pathomatdaten?
Brock: Völlig normal. Augenblick, ich rufe ich mal auf. Temperatur 35 Grad, Schürfverletzung bedeutungslos, da bei Abnahme der Rüstung entstanden.
Jonas: Stimmt nicht, ich war dabei. Und die hellroten Leichenflecken.
Brock: Leichenflecken, was für Leichenflecken, es gibt keine Leichenflecken.
Jonas: Ich hab sie doch gesehen.
Brock: Na und? Ihr Wort gegen das von Kommissar Prick. Was wollen Sie denn, Jonas, so ist es doch viel besser, klarer Fall, gelöst und abgelegt, Pluspunkt in der Statistik.
Jonas: Aber das ist doch alles nicht wahr. Die Daten sind geändert worden. Von Prick. Und ich wette, daß Artus dahintersteckt.
Brock: Sagen Sie, Jonas. Wer sind Sie? Und wer ist Prick? Wer bin ich und wer ist Prick? Machen Sie mir keine Schwierigkeiten. Wenn Sie herumstänkern wollen, dann tun Sie’s woanders. Und rufen Sie nicht wieder an.
Jonas: Im Casablanca berichtete ich Carmela Canape, was ich neues erfahren hatte. Wenn Jonas ihre Mutter schon nicht lebendig gefunden hatte, wollte er doch wenigstens die Umstände ihres Todes aufklären. Carmela hörte aufmerksam zu. Und verstand sofort.
Canape: Die Eastwood-Kollektion 2014 stammt vom Computer, nicht von Mama.
Jonas: Vom Computer. Mit freundlicher Unterstützung durch die Programmiererin Miriam Kraus.
Sam: Welch selbige verschollen, verduftet, verschüttet, verschwunden ist.
Jonas: So sieht’s aus. Und was ihre Mutter betrifft, Carmela…
Canape: Ist sie Ihrer Ansicht nach nicht gestern gestorben, sondern schon erheblich früher.
Jonas: Das zeigen die Originaldaten des Pathomaten. Die extrem niedrige Körpertemperatur, die hellroten Leichenflecken, sprechen deutlich für eine Aufbewahrung der Leiche im Kalten. Im Kühlfach oder Kühlhaus.
Sam: Feinfrosten tat man sie, unsere große Modeschöpferin.
Jonas: Entschuldigen Sie meinen Computer, Carmela, Sam ist nicht gerade pietätvoll.
Canape: Ist schon gut. Und die Schürfwunden?
Jonas: Sind entstanden, als die Leiche in die Rüstung praktiziert wurde.
Sam: Rein gequetscht und reingestopft wie Mastfutter in die Weihnachtsgans.
Canape: Artus. Der zieht die Fäden.
Sam: Ist er Arzt?
Jonas: Davon bin ich überzeugt. Artus hat auch dafür gesorgt, daß die Leiche ausgerechnet während der Präsentation auftauchte, damit niemand auf die Idee kommt, die Kollektion könnte mit ihrer Mutter nichts zu tun haben. Das ist wichtig für Artus, aus steuerlichen Gründen. Und für sein Image als Mäzen menschlicher Kreativität.
Canape: Ich glaube, er hat noch einen Grund. Wenn eine Designerin zu Tode kommt, noch dazu bei ihrer eigenen Haute-Couture-Show, hat das mit Sicherheit einen großen Werbeeffekt.
Sam: Fall Versace 1-9-9-7. Ne, besser 1997.
Canape: Was ich wissen will, ist: Hat Artus Mama umgebracht?
Jonas: Durchaus möglich. Auf jeden Fall weiß er mehr.
Canape: Wir sollten ihn besuchen, und ihn mit den Fakten konfrontieren.
Jonas: Artus war bereit, mit uns zu sprechen. Am Nachmittag, drei Uhr. Im Camelot-Tower. Carmela und Jonas trafen sich im Foyer. Und fuhren ins oberste Stockwerk. Wo seine Majestät der Modekönig uns empfing. In einem großen Saal. Nicht viel kleiner als die Wichtig-Halle. Und genauso mittelalterlich. Nur daß in der Mitte kein Laufsteg war, sondern ein riesiger runder Tisch.
Artus: Meine Tafelrunde. Für meine tapferen Ritter. Will sagen, für die Direktoren von CamFash. Auf diesem Sessel saß Vivi Eastwood. Sie ruhe in Frieden.
Jonas: Apropos, haben Sie sie getötet, Artus?
Artus: Nicht doch, ein Herzschlag. Keine Überraschung bei einer fast 80jährigen. Wir hatten uns gestritten, sie hatte sich aufgeregt, und… äh voila.
Jonas: Wann war das?
Artus: Vor zehn, elf Wochen, in Avalon. Es ging um das Thema der neuen Kollektion. Ich bestand auf Mittelalter, und sie wollte partout nicht, ja, da hab ich sie ein bißchen, na ja, unter Druck gesetzt, mit Rex.
Jonas: Rex.
Artus: Ja, Rex ist mein Liebling, mein Haus- und Schoßtier in Avalon. Sie werden ihn noch kennenlernen, Jonas.
Jonas: Und als die Eastwood tot war.
Artus: Kam sie erst mal ins Kühlhaus. Ich habe eins in Avalon. Für Rex. Damit er immer frisches Futter kriegt.
Jonas: Artus gab alles zu, ohne weiteres. Die Kollektion hatte der Computer gemacht, programmiert von Miriam Kraus, die sich übrigens, wie er uns verriet, in Avalon aufhielt. Bei Rex. Vor zwei Tagen hatte man der toten Eastwood eine Rüstung angepaßt, und die hatte man nach Babylon geflogen, zur Emanuel-Wichtig-Halle. Mit der übrigen Mittelalter-Dekoration. Alles lief reibungslos, dafür sorgte Dr. Eckart. Und Miriam Kraus, die nur aus diesem Grund mit der Ausstattung der Show beauftragt wurde.
Artus: Falls es Sie interessiert, in der Rüstung war außer der Leiche noch was. Ein Mini-Modul. Die Fernsteuerung hatte ich in der Tasche. Ich drückte drauf, ein kurzes Band lief ab, mit einem Schrei, die Rüstung fing an zu wackeln, und fiel dann um. Na, Sie waren ja dabei.
Jonas: Das Modul haben Sie gleich danach an sich genommen, Artus.
Artus: Sie haben’s gesehen, Jonas? Guter Mann, gute Augen. Hoffentlich auch ein gutes Köpfchen. Oder wollen Sie jetzt etwa zur Polizei gehen?
Jonas: Ich denke nicht daran. Wo Sie Kommissar Prick in der Tasche haben. Ich weiß was besseres.
Artus: Ja?
Jonas: Ich informiere die Finanzbehörde. Die läßt sich nicht kaufen. Sie geben Computerdesign als Produkt menschlicher Kreativität aus, das ist Steuerbetrug. Sie werden ordentlich zahlen müssen, Artus, und als Haute-Couture-Produzent sind Sie erledigt.
Artus: Hmh, gar nicht dumm, Jonas, da muß ich wohl was unternehmen. Eckart!
Jonas: Jonas zog seinen Laser. Bereit sein ist alles. Aber ich war nicht bereit genug. Carmela lächelte mich freundlich an. Gleichzeitig schlug sie mir mit einer plötzlichen Bewegung die Waffe aus der Hand. Und dann kam auch schon der getreue Eckart durch die Tür. Mit einem Neurofreezer.
Artus: Tja, Jonas, mit der Anzeige bei der Steuerfahndung wird es nun nichts werden, Frau Canape sei Dank.
Jonas: Das war nicht nett von Ihnen, Carmela. Immerhin arbeite ich für Sie.
Artus: Das ist vorbei, Jonas. Ich brauch Sie nicht mehr. Wissen Sie, heute mittag war ich mit Herrn Artus zum Essen verabredet, und dabei haben wir uns ausgesprochen und uns geeinigt. Was ich von der neuen Kollektion und von Mamas Tod weiß, behalte ich für mich, und dafür kriege ich einen Direktorenposten bei CamFash.
Artus: Sie sehen, Jonas, alles geregelt, alles in Butter.
Jonas: Nur Jonas stört die schöne Eintracht.
Artus: Nicht mehr lange. Auf, meine Herrschaften, der Helikopter wartet. Wir fliegen nach Avalon, zu viert, ich, Sie, Jonas, Frau Canape, und natürlich Dr. Eckart.
Jonas: Unter dem Helikopter erstreckte sich einförmiges totes Braun-Grau, bis zum Horizont. Die Wildnis. In der Ferne, weit voraus, ein Glitzern. Es kam näher, noch näher. Eine Halbkugel, die Sonnenstrahlen reflektierte. Avalon. Die Biosphäre von König Artus. Durchmesser etwa 500 Meter. Unter der Plexikuppel eine kleine Burg. Mit Türmen und Zinnen. Eine hohe Mauer, dahinter Grün. Viel Grün. Tatsächlich, ein Wald, mit Bäumen.
Artus: Echte Bäume, Jonas, keine Plastsimulate.
Jonas: Das muß Sie ein Vermögen gekostet haben.
Artus: Mein Gott, ich kann’s mir leisten. Und das ist der Wald von Prosiliande. Geheimnisumwittert, und gefährlich. Na, Sie werden es erleben, Jonas.
Jonas: Aber vorher mußte Artus Carmela und mir noch seinen größten Stolz vorführen, seine Rüstkammer, die einen großen Teil der Burg einnahm. Mittelalterliche Waffen und Rüstungen, in gewaltigen Mengen, aber nicht nur, auch ein paar seltene Stücke aus dem Altertum, zum Beispiel ein römischer Rennwagen, Marke Ben Hur, und ein Sammelsurium von Waffen der Neuzeit. Bis ins 20. Jahrhundert. Gewehre, Handgranaten, sogar eine Panzerfaust, anno 44. Und mitten im martialischen Ambiente ein großer Bildschirm über einem Schaltpult.
Artus: Mein Guckloch in den Wald von Prosiliande. Wohin Sie sich jetzt begeben werden, Jonas, um Miriam Kraus Gesellschaft zu leisten, sofern sie noch auf Erden wandelt. Sie wollte mich erpressen, das läßt sich König Artus nicht gefallen, darum hab ich sie in den Wald geschickt, damit sie mit Rex Bekanntschaft schließt, was Sie auch gleich tun werden, Jonas. Ein recht endgültiges Zusammentreffen. Und ein hochinteressantes Schauspiel. Ich werde es genießen, hier, am Monitor, mit Eckart.
Canape: Und mit mir.
Artus: Ja richtig, Sie sind ja auch noch da, meine teure Carmela, Sie müssen noch warten, erst ist Jonas dran. Bringen Sie ihn in den Wald, Eckart.
Jonas: Im Gänsemarsch ging’s aus der Burg zur Mauer. Jonas vorneweg. Eckart mit dem Neurofreezer hinterher. In der Mauer war eine Tür. Eckart öffnete sie mit einer Paß-Scheibe, und trieb Jonas ein paar Schritte ins Grüne. Dann trat er zurück. Die Tür ging zu. Jonas war ganz allein im tiefen Wald. Ganz allein?
Sam: Sammy und Jonas verliefen sich im Wald, es war so finster und auch so bitter kalt.
Jonas: Du spinnst, Sammy, es ist warm hier, richtig heiß, wie in Afrika, oder im Treibhaus.
Sam: Sie kamen an ein Häuschen…
Jonas: Vielleicht singst du mal ein bißchen leiser.
Sam: Pst! Er könnte uns hören. Pst.
Jonas: Meinst du den mysteriösen Rex?
Sam: Wer oder was immer das ist.
Jonas: Hier riecht’s aber gar nicht gut.
Sam: Hose voll, Sir? Ich riech nix.
Jonas: Das kannst du auch nicht, Sam. Du hast kein Riechorgan.
Sam: Dann nicht.
Jonas: Der Gestank wird stärker, erinnert mich ans Raubtierhaus im Zoo. Faules Fleisch, Blut, und Leichen.
Jonas: Ich war an einer kleinen Lichtung angekommen. Vor mir Felsen, davor Knochen, Fleischfetzen, getrocknetes Blut, zerrissene Kleidungsstücke, zwischen den Felsen ein großes schwarzes Loch.
Sam: Eine Höhle. Wetten, daß Rex da drin steckt?
Jonas: Und wetten, daß ich so langsam ne Ahnung kriege, was für ein Haus- oder Schoßtier dieser Rex ist?
Sam: Nur eine Ahnung, du Sülzkottlet in Menschengestalt? Allmählich solltest du’s wissen. Stichwort Mittelalter. Mit was für einer Art Viehzeugs hatte es denn ein fahrender Ritter damals zu tun, hä?
Miriam: Der Drache! Hilfe! Retten Sie mich!
Sam: Ach Gottchen.
Jonas: Eine Frau. Hoch oben auf dem Baum. Sie klammerte sich an einen Ast. Total verstört, aber im Moment konnte Ritter Jonas nichts für sie tun. Weil er sich ganz dringend um was anders kümmern mußte. Um die unheimlichen Geräusche aus der dunklen Höhle. Erst ein scharfes Zischen, dann dumpfe Tritte. So schwer, daß Erde und Bäume zitterten. Sie wurden immer schwerer, immer lauter. Dann war er draußen, der Drache. Und Jonas war ganz schnell auf dem Baum. Neben der Frau.
Sam: Auftritt Rex.
Jonas: Vorname Tyrannosaurus, wenn ich nicht irre.
Sam: Det weß ich nicht. Ich seh keine Tyrannensau.
Jonas: Sondern?
Sam: Eine Monitoreidechse. Ein Kondomeran, Korrektur, präziser ein Komodoveran. Beachten Sie gütigst die für diese Spezies typische lang gespaltene Zange, schon wieder Korrektur, Zunge.
Jonas: Ein Veran ist doch nicht 10 Meter lang.
Sam: Warum nicht? Wenn man ihn gentechnisch vergrößert?
Jonas: Das ist verboten.
Sam: Jaja, aber möglich, und machbar, Herr Nachbar. Erinnert euch, edler Herr, des bösen Dr. Ugarte, Fall Pharao, der skrupellosen Wissenschaftler gibt’s nicht wenige, und wenn ein Mensch so stinkend reich ist, wie unser Freund und König Aze Artus.
Jonas: Kann er sich einen schlichten Veran zum Drachen langziehen lassen.
Sam: Ja.
Jonas: Wenn er das mag.
Sam: Ja.
Jonas: Aber warum ist das Monstrum rot?
Sam: Ja Gott.
Jonas: So viel ich weiß, sind Verane grau.
Sam: Der rote Drache von Wales, Johannes, das Wappentier von König Artus, vom echten Artus, nich?
Jonas: Das walisische Wappentier fixierte uns mit seinen gierigen Schweinsaugen, strebte in seinem wiegenden Seemannsgang unter unseren Baum, legte sich gemütlich hin, riß das Maul auf, machte die Augen zu, und wartete. Eine Galgenfrist, für Jonas und seine Nachbarin auf dem Ast.
Jonas: Sie sind Miriam Kraus.
Miriam: Ja.
Jonas: Sie haben das Programm für die angebliche Eastwood-Kollektion gemacht.
Miriam: Ja.
Jonas: Und die Ausstattung für die Show.
Miriam: Ja.
Jonas: Dann haben Sie versucht, Artus zu erpressen.
Miriam: Ich wollte doch bloß eine Gehaltserhöhung.
Jonas: Und darum sind Sie jetzt hier, als Drachenfutter.
Miriam: Ah, mein Bein.
Jonas: Zeigen Sie mal.
Miriam: Ah!
Jonas: Sieht nicht gut aus, tiefe Fleischwunde, starker Blutverlust. Ein Wunder, daß sie’s damit auf den Baum geschafft haben.
Sam: Ja ja, die Angst verleiht Flügel, spricht der weise Bosequo.
Jonas: Eine Minicam flog Kreise um uns. Langsam. Ich zeigte die Zähne und winkte fröhlich. Sollte Artus am Monitor sich doch ärgern. Dabei dachte ich heftig nach. Miriam war außer Gefecht und würde sich nicht mehr lange halten können. Jonas mußte was unternehmen. Bald. Sehr bald.
Sam: Sam könnte ihn ablenken, den Leviatan, den Lindwurm, den Basilisken, in dem derselbe denselben in den schuppigen Schwunz äh Schwanz beißt bleistiftsweise.
Jonas: Und wie kommst du runter, Sam? Kannst du klettern?
Sam: Naja, eher weniger, Herr Großinquisitor.
Jonas: Soll ich dich runterwerfen.
Sam: O bitte bitte nicht.
Jonas: Siehst du. Außerdem würdest du den Drachen wecken, und der schläft gerade so schön.
Sam: Schlafe mein Prinzchen, schlaf ein.
Jonas: Als erstes müssen wir die Minicam ausschalten, und ich weiß auch schon wie. Wenn ich mit Ihnen flüstere, Miriam, wird sie näherkommen, damit ihr Mikrophon auch alles mitkriegt, ich werde noch leiser, die Minicam kommt noch näher. So, ich hab sie.
Jonas: Ich gab sie Miriam. Sie sollte sie gut festhalten, und aufpassen, daß das Auge immer auf den dösenden Drachen gerichtet blieb, keinesfalls auf Jonas. Der wurde nämlich aktiv, er rutschte weiter auf dem Ast, und sprang in den Nachbarbaum, wie Tarzan, nur leiser, kletterte runter, und schlich sich von dannen, ohne daß der Drachen was merkte. An der Tür in der Mauer machte ich Halt.
Jonas: Kannst du den Code für die Verriegelung knacken, Sammy?
Sam: Klar, mit links, und fix. Zwei klitzekleine Stündlein nur, bis es da heißt, Se-Sam öffne dich.
Jonas: Zwei Stunden, unmöglich, in der Zeit sind wir alle gefressen.
Sam: Ja, was machen wir denn da?
Jonas: Das würde ich gerne von dir wissen, Sam.
Sam: Pst! Da ist einer an der Tür, nein, auf der anderen Seite. Versteck dich, mein Dicker.
Jonas: Jonas tauchte hinter ein Gebüsch. Die Tür ging auf. Und es erschien Carmela. Carmela Canape, die treulose Tomate, die Jonas in den Rücken gefallen war. Jetzt hatte sie selbst was im Rücken. Einen Neurofreezer. Und den treuen Eckart. Vor sich hatte sie einen Waldspaziergang. Mit Drachen. Artus war konsequent. Er ließ sich nicht erpressen, und sorgte dafür, daß alle verschwanden, die zu viel wußten. Das war meine Chance. Ich ließ die beiden vorbei, flitzte durch die Tür, so schnell ich konnte, und knallte sie zu.
Sam: Klappe zu, Affe tot.
Jonas: Noch nicht, aber bald. Kannst du das Türschloß verstellen, Sammy, ich meine gleich, nicht in zwei Stunden.
Sam: Piep. Kaum gedacht, schon gemacht.
Jonas: Wunderbar. Eckart und Carmela sind aus dem Weg. Jetzt haben wir es nur noch mit Artus zu tun. Und wo finden wir wohl seine Majestät?
Sam: Natürlich vor dem Monitor in der Rüstkammer. Wohlan, denn flugs zur Burg, Ritter Johnson.
Jonas: Artus kriegte nicht mit, daß Jonas die Rüstkammer betrat, und ihm immer näher kam. Er starrte auf den Bildschirm. Gebannt und fassungslos. Da gab’s auch wirklich was zu sehen. Carmela verschwand gerade im Schlund des Drachen, laut schreiend, um sich schlagend. Dann war Dr. Eckart an der Reihe, er ballerte wild mit dem Neurofreezer, auf den Drachen machte das überhaupt keinen Eindruck, er schnappte zu, kaute, schluckte.
Artus: Mein Gott, Eckart, wie konnte das geschehen?
Jonas: Das kann ich ihnen erklären, Artus.
Artus: Sie, Jonas?
Jonas: Nur Jonas. Der letzte Detektiv. Nicht totzukriegen.
Sam: Wenn du denkst, du hast’n, da hüpft er aus’m Kasten.
Artus: Ja, und was nun?
Jonas: Wir spielen das Spiel weiter.
Artus: Welches Spiel?
Jonas: Mittelalter. König Artus. Ritter und Drachen. Aber ab jetzt spielen wir nach meinen Regeln.
Sam: Jawoll.
Jonas: Er versuchte gar nicht erst, sich zu wehren, was hätte das auch gebracht, ein kleiner dicker Konzernchef gegen einen durchtrainierten Jonas. Artus war nicht das Problem. Das Problem war die Zeit. Jonas hatte es eilig, wegen Miriam. Ich sah mich um. Auf dem Schaltpult lag ein kleiner Laserstrahler. Nicht das richtige für einen Drachentöter. Der brauchte was anderes.
Jonas: Wir nehmen eine Lanze, die Panzerfaust, eine Handgranate, ja und dann noch den römischen Wagen.
Artus: Ja aber was wollen Sie denn mit dem?
Jonas: Ein Ritter kann doch nicht zu Fuß wider den Drachen ziehen.
Artus: Ja aber was nützt ihnen der Wagen ohne Pferd? Und ein Pferd gibt’s hier nicht.
Sam: Nehme eure drachenbezwingende Mannhaftigkeit doch den Esel zum Ziehen.
Jonas: Sehr richtig. Ich spannte Artus vor. Der protestierte gewaltig, aber das half ihm nichts. Als er dann im Geschirr war, verweigerte er den Dienst, und rührte sich nicht vom Fleck. Das trieb ich ihm aus, mit der Lanze. Ein wohlplazierter Stich in sein schlappes Hinterteil, und er legte sich wacker ins Zeug. Sam öffnete die Tür in der Mauer. Der Wagen paßte durch, gerade so. Ab durch den Wald, über Stock und Stein, bis zur Lichtung, und zur Höhle. Der Drache war nicht zu sehen. Miriam Kraus klammerte sich noch immer an ihren Ast.
Miriam: Er hat sie gefressen! Beide! Erst die Frau, dann Eckart!
Jonas: Ich hab’s gesehen, auf Artus Monitor.
Artus: Machen Sie mich los, Jonas, ich bitte Sie, lassen Sie mich gehen, ich zahle Ihnen, was Sie wollen. Ah, er kommt raus, o Gott!
Jonas: Ja wenn Sie auch so einen Radau machen, Artus, hü, noch ein Stückchen näher ran, wird’s bald, Esel?
Artus: Nein, da ist er, Rex, der Drache, Hilfe, Hilfe, Hilfe!
Jonas: Mein Zugtier fiel um, und blieb liegen, aber das war jetzt egal, der Drache marschierte über die Lichtung, Richtung Wagen, Richtung Jonas, richtig flott, offenbar war er immer noch hungrig. Ich nahm die Panzerfaust an die Schulter, und ließ ihn näher kommen, noch etwas näher. Dann drückte ich auf den Abzug.
Sam: Oh, Volltreffer.
Jonas: Und jetzt noch die Handgranate.
Miriam: Ist er tot?
Jonas: Scheint so. Mal sehen, ob er reagiert, wenn ich ihn mit der Lanze pieke. Nein, er ist hinüber. Artus auch, die Konfrontation mit seinem Schoßtier hat er nicht ausgehalten. Vor Angst gestorben, wie Vivian Eastwood.
Sam: Ein dreifach Hoch, ein vierfach Hoch, ein fünffach Hoch dem mutigen Drachentöter Jonas.
Miriam: Bravo! Bravo, Jonas!
Jonas: Festhalten, Miriam!
Miriam: Ups!
Sam: Wohin so schnell, o schöne Frau?
Jonas: Zu spät. Sie fiel vom Baum und verlor das Bewußtsein. Ich schleppte sie aus dem Drachenwald, zum Helikopter, und flog mit ihr zurück nach Babylon, wo ich sie im städtischen Krankenhaus ablieferte. – Mitternacht. Ich war wieder zuhause. In meinem Büroapartment. Ich fühlte mich etwas mitgenommen. Von Mode und Mittelalter, von Designern und Drachen, ich brauchte Ruhe. Sam war leider anderer Ansicht.
Sam: Ruhe? Na, Lob braucht ihr und Preis, mein tapferer Herr und Meister. Singe o Muße die Taten des drachenerlegenden Jonas.
Jonas: Laß das, Sam.
Sam: Verzeihung, Stilbruch, klassisches Altertum, Homer. Neuer Ansatz, Nibelungenstrophe: Ein Drache haust im Walde, der fraß so manche Maid, doch Jonas, der kam balde, es war die höchste Zeit, die Panzerfaust, sie knallte…
Jonas: Halt die Klappe.
Sam: Als der Drache frechgeworden, wollte er den Jonas morden, Ritter Jonas gar nicht faul, schießt dem Drachen auf das Maul, daß er daran verendet.
Jonas: Schluß.
Sam: In dem finsteren Drachenwald, hu, wie pfiff der Wind so kalt, und es saß, man glaubt es kaum, eine Maid hoch auf dem Baum, so voller Angst und Bangen.
Jonas: Aus.
Sam: Jonas kam auf stolzen Wagen, um den Drachen zu erschlagen, Panzerfaust und Handgranat, ja, Herr Jonas ist auf Trab, und so blieb er Sieger.
Jonas: Feierabend.
Sam: Fei-ei-eieieieierabend
Das war Drachentöter. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Karin Anselm, Karl Lieffen, Irina Wanka, Jochen Striebeck, Helmut Stange und andere (Jan Becker, Nuran Calis, Boris Nicolay, Yvonne Brosch). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Regieassistenz: Holger Buck und Sieghard Fieber. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1998. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Blackout
Jonas: Ich wachte auf. Wie jeden Morgen. Soweit nichts Besonderes. Aber wenn ich aufwache, liege ich im Bett. Normalerweise. Diesmal nicht. Diesmal lag ich im Eingang eines Hauses. An einer Straße. War ich schon mal auf der Straße aufgewacht? Ich konnte mich nicht erinnern. Ich konnte mich an nichts erinnern. An gar nichts. Ich richtete mich auf, kam auf die Beine, sah mich um. Viele Fahrzeuge auf der Straße. Und Menschen. Menschen über Menschen. Alle in Bewegung. Eifrig. Zielstrebig. Leicht verblödet. Ich stand nur da. Nicht eifrig. Auch nicht zielstrebig. Aber verblödet. Nicht nur leicht. Völlig. Total. Ich wußte nichts mehr. Ich wußte nicht, wo ich war. Nicht, wie ich hergekommen war. Und vor allem nicht, wer ich war. In meinen Kopf gab es nichts als Nebel. Der Nebel fing an, sich zu lichten. Langsam, sehr langsam. Mir fiel was ein: Ich war Jonas. Nur Jonas. Frage: Wer war Jonas? Ich erkannte das Haus, vor dem ich stand. Hier wohnte Jonas. Ich ging rein. Am Lift hing ein Schild: Vorübergehend außer Betrieb. Der Lift war kaputt. Wie immer, fiel mir ein. Also Treppensteigen. Viele Treppen. Bis zum 16. Stock. Dann durch einen dunklen Gang. Zu einer Tür mit Messingschild. Jonas, stand drauf, nur Jonas. Ich griff in die Tasche. Ich holte ganz selbstverständlich einen altmodischen Schlüssel raus. Und gar nicht selbstverständlich einen Zettel. Darauf stand geschrieben: “Sie sind Jonas. Nur Jonas. Der letzte Detektiv. Sie sind in Lebensgefahr. Tauchen Sie unter!” Ich schüttelte den Kopf, und steckte den Schlüssel ins altmodische Türschloß.
Sam: Wohin bist du entschwunden? Du gingst hinfort, und niemals kehrst du wieder. Lieb war er mir, und wert und teuer. Auch wenn er unter uns gesagt ein Hohlkopf war, eine mentale Schlaftablette, ein veralteter Biobrain, kurz: nur ein Mensch, ja sei’s drum. Er war ein Mensch, nehmt alles nur in allem. Wann werden wir wohl seinesgleichen sehen? O nie, o nimmer, o nimmermehr. Schultz, äh schluchzt.
Jonas: Der Radau in meinem Büroapartment war Sam. Das wußte ich. Aber ich wußte nicht, wer oder was Sam war.
Sam: Na wer schon? Dein allzeit getreues Computerlein, bis dato verwaist und verlassen, doch nunmehr, Hosianna, Halleluja, Holldriadiö, ist er zurück, der Jonas, der letzte Detektiv, der meinige. Sammy ist wiederum bevatert, bemuttert, beonkelt, betantet, beschwiegermuttert, betütelt.
Jonas: Ruhe.
Jonas: Richtig.
Sam: Ja.
Jonas: Sam war mein Computer. Ein gewaltiger Quassler vor dem Herrn. Ein kleiner Blechkasten auf Rädern. Unentbehrlicher Begleiter und Ratgeber. Warum war er nicht in meiner Tasche? Und was war überhaupt los mit Jonas? Woher der Nebel in meinem Kopf? Die Löcher in meinem Gedächtnis? Ich wußte es nicht. Doch wozu hat der Mensch einen Computer?
Jonas: Was ist passiert, Sam?
Sam: Hinfort ging er, mein Jonas.
Jonas: Wann?
Sam: Am Tage vor diesem.
Jonas: Gestern?
Sam: Präzis am 4. Julei anno 2014, da die Walduhr, Korrektur, da die alte Wanduhr schlug die 14. Stunde, die 5. Minute, die 16. Sekunde.
Jonas: Gestern, 5 nach zwei, da habe ich das Haus verlassen. Allein.
Sam: Zur Gänze, Maestro, will sagen, ohne Sam. Von wegen dem vorausgegangenen Stromausfall und dem aus dem selben resultierenden mangelhaften Ladezustand von dero Hoheit ergebendsten Computer. Denn merke: Kommt nicht Saft aus Dose, geht Sams Kraft in die Hose, hahahahaha.
Jonas: Bleib bei der Sache, Sam, ich bin also weggegangen, und dann?
Sam: Ja, dann verging die Zeit. Der elektrische Strom kehrte wieder, doch wer nicht zurückkam, war mein Herr und Meister. Samwat und noit, mit aller letzter Kraft rollte er zur Steckdose und sprach: Einmal volltanken, Chef, und wenn Sie schon dabei sind, können Sie auch gleich die Scheiben waschen.
Jonas: Scheiben? Was für Scheiben?
Sam: Eine Assoziation, Sir. Eine Reminiszenz aus der dunklen Ära des Verbrennungsmotors.
Jonas: Bleib in der Spur, Sammy. Weiter.
Sam: Weiber, jawoll, äh, weiter, jawohl. Es wurde abend. Es wurde Nacht. Kein Mensch. Kein Jonas. Sam raufte sich die Haare.
Jonas: Du hast keine Haare, Sammy.
Sam: Zu Befehl, keine Haare. Überall hat Sammy nachgefragt. Alle relevanten Dateien hat er durchgecheckt. Puzileistationen, Krankenhäuser, Irrengestalt äh Anstalten, und gar, pfui Teifel, Leichenschauhäuser.
Jonas: Sehr umsichtig, Sam.
Sam: Ja, es war alles umsunst. Denn welch Glück erlebet er, erlebet er, erlebt net alle Tage.
Jonas: Mehr oder weniger.
Sam: Doch wie schaut er aus, mein Jonas? Bläßlich, grünlich, gelblich, so recht käsig chinesig. Und was hat er denn da am Kopf?
Jonas: Ja was hab ich denn da am Kopf? Au!
Sam: Druckstellen an der Denkerstirne. An den grauen Schläfen. Am edlen Hinterkopfe desgleichen, hmh?
Jonas: Au, ja, da auch.
Sam: Aha, am Kopf Druckstellen von angesetzten Elektroden, ferner Lücken im Gedächtnis, Sam schwant was, aha.
Jonas: Ach ja?
Sam: Schwanensee. Ein Wort nur: Memoryklau.
Jonas: Memoryklau? Was ist das?
Sam: Das wissen gnädiges Fräulein nicht?
Jonas: Nie gehört, Sam, oder vielleicht doch?
Sam: Es schellt das Fon, nun nimms doch schon.
Jonas: Jonas, nur Jonas.
Jasmin Lamour: Sie sind zurück? Gut. Was haben Sie erreicht?
Jonas: Auf dem kleinen Fonbildschirm erschien eine wunderschöne Frau. Wie Venus in der Muschel. Nur daß die Anruferin was anhatte. Sehr schick sah sie aus, sehr sexy. Ich kannte sie nicht, aber ich hätte sie gern gekannt. Bei ihr war’s anders. Sie kannte mich. Und ich kannte sie, sagte sie.
Jasmin Lamour: Aber natürlich kennen Sie mich, Herr Jonas. Jasmin Lamour. Gestern war ich bei Ihnen.
Jonas: Wenn Sie meinen. Und worum ging’s?
Jasmin Lamour: Um meinen plötzlichen Gedächtnisverlust. Den sollten Sie aufklären.
Jonas: Gedächtnisverlust? Wann waren Sie hier?
Jasmin Lamour: Gestern, kurz nach 12.
Sam: War sie, Kampel. Sammy ist Zeuge. Na, immer noch Mattscheibe? Dann horch mal zu und paß schön Obacht.
Jonas: Sie erzählten mir, was gestern mittag bei mir abgelaufen war. Mit vereinten Kräften. Sam und die schöne Frau im Fon. Jasmin Lamour. Ihren Namen hatte sie noch gewußt. Und ihren Beruf. Kriegsreporterin in der Drittwelt. Ansonsten Fehlanzeige. Löcher im Gedächtnis. Lücken im Hirn. Und Druckstellen am Schädel. Sieh mal an.
Sam: Alles klar, Gnädigste wurden angezapft.
Jonas: Sehr wahrscheinlich. Ihr Verband am rechten Knie, Frau Lamour, sieht neu aus.
Sam: Unprofessionell.
Jasmin Lamour: Nur eine Hautabschürfung. Ich hatte einen kleinen Unfall. Ich bin gestürzt. Auf der Straße.
Jonas: Das wissen Sie also noch.
Jasmin Lamour: Ja, vorgestern, am van-Dusen-Platz, und dann…
Jonas: Ja?
Jasmin Lamour: Nichts mehr. Mehr weiß ich nicht.
Jonas: Hat man Sie in ein Krankenhaus gebracht?
Jasmin Lamour: Ich weiß es nicht.
Jonas: Der Verband sieht ganz danach aus. Sam?
Sam: Schon da, Gevatter. Piep. Im Bereich van-Dusen-Platz nur ein einziges Krankenhaus. Professor-Sauerbier-Klinik. Schwerpunkt Neurologie.
Jonas: Na so was.
Sam: In Patientendatei keine Jasmin Lamour.
Jonas: Hätte mich auch gewundert. Die hinterlassen keine Spuren im Netz.
Jasmin Lamour: Die?
Jonas: Memoryklauer. Sagt Ihnen nichts, Frau Lamour?
Jasmin Lamour: Nein.
Jonas: Erklär’s ihr, Sammy. Kurz und knapp, wenn ich bitten darf.
Sam: Bitte sehr, bitte gleich, bitte kurz, bitte knapp. Hhrmhrm, meine Daumen und Hirn, Korrektur, meine Damen und Herren, liebe Kleinkinder, hochgeschätzte Festversammlung, wir haben uns hier zusammengefunden…
Jonas: Sam!
Sam: OK OK, OK OK, also, die illegale Entnahme individueller Gedächtnissegmente zwecks kommerzieller Verwertung, vulgo Memoryklau, stellt eine neuartige Aktivität gewisser mit technischem Know-how, krimineller Energie sowie ausgeprägtem Gewinnstreben ausgestatteter Mitbürger dar. Die Prozedur ist folgende: Das Gedächtnis von Menschen mit ungewöhnlichen Berufen und/oder Biographien wird gesichtet, besonders interessante Erlebnisse werden entnommen, elektronisch aufbereitet und in CD-Form verkauft, an Menschen, die nicht den Mut oder die Voraussetzung aufweisen, selbst ein außergewöhnliches Leben zu führen, und denen die übliche Kompensation mittels virtueller Realität zu langweilig ist. Dank Memoryklau erwerben diese Menschen Pseudo-Erinnerungen, die ihnen jedoch durchaus konkret real gelebt erscheinen. Die Opfer bleiben mit entsprechenden Gedächtnislücken zurück. Das Abzapfen von Memory ist teuer und aufwendig, man benötigt hierzu komplizierte neurologische Apparaturen, wie sie sich nur in gutausgestatteten Kliniken finden.
Jasmin Lamour: Ich verstehe. Was hat ihr Computer?
Sam: Total geschafft, hab keinen Saft.
Jonas: Ich kann ihn nicht aufladen, wegen Stromausfall. Fertig, Sam?
Sam: …Einspielen von Memory-CDs unaufwendig, über Spezial… modul… Ende der Durchsage.
Jonas: Danke, Sammy.
Sam: Bitte.
Jasmin Lamour: Und Sie glauben, Herr Jonas, daß mir so etwas zugestoßen ist.
Jonas: Todsicher. Ist doch ein hochinteressanter Beruf, Kriegsreporterin in der Drittwelt. Massaker, Greueltaten am laufenden Band. Ich kümmere mich um Ihren Fall, Frau Lamour, für 120 Euros pro Tag und Spesen.
Jasmin Lamour: In Ordnung. Ich rufe Sie morgen an.
Jonas: Laserstrahler nicht geladen, Neurofreezer auch leer. Nehm ich also die gute alte Smith & Wesson.
Sam: Was hast…
Jonas: Was ich vorhabe? Ich sehe mir dieses Krankenhaus mal an, die Professor-Sauerbierklinik.
Sam: Nimm mich…
Jonas: In deinem Zustand? Du bleibst schön hier, und wenn’s wieder Strom gibt, lädst du dich auf, OK?
Sam: Oh…
Jonas: Das war gestern. Laut Sam und Jasmin Lamour. Und heute? Heute kuckte Jonas blöd aus der Wäsche. Und konnte sich nicht erinnern.
Jasmin Lamour: Was geschah in der Klinik, Herr Jonas?
Jonas: Weiß ich nicht.
Sam: Euer Gnaden Smith & Wesson?
Jonas: Hab ich nicht mehr.
Sam: Warum nicht?
Jasmin Lamour: Man hat Ihnen also auch das Gedächtnis gestohlen. Wie mir. Wissen Sie was, Herr Jonas, wir tun uns zusammen. In einer Stunde bin ich bei Ihnen.
Jonas: Jonas war’s recht. Sehr recht sogar. Ich wollte mein Gedächtnis zurück. So schnell wie möglich. Und Jasmin Lamour gefiel mir. Ihr Name fing mit J an, ein gutes Omen. Ich wartete auf sie. Und ließ Sam solange überprüfen, was in meinem Gedächtnis fehlte. Das war gar nicht so viel, meinte er.
Sam: Lediglich einige wenige ihrer verehelichen Fälle, o Sherlock Holmes des 21. Jahrhunderts.
Jonas: Wieviel?
Sam: Naja, so rund 30 an der Zahl.
Jonas: 30? Und das nennst du wenig?
Sam: Ach wissen Sie, Boss, das Leben geht weiter.
Jonas: Ich sag dir was, Sammy. Ein Detektiv, der sich an seine interessantesten Fälle nicht erinnern kann, der ist keiner.
Sam: Na und? Bist du eben nicht mehr Jonas, der letzte Detektiv. Bist du nur noch Jonas, der letzte. Hahahahaha!
Jonas: Halt die Klappe.
Sam: Horch was kommt von draußen rein, hollabi, hollabu.
Jonas: Frau Lamour, nehme ich an.
Sam: Ah so.
Jonas: Herein!
Sam: Was?
Jonas: Es war nicht Jasmin Lamour. Es war ein junger Mann, in altmodischem Business Outfit. Nadelstreifen, Krawatte, Aktenkoffer. Versicherungsvertreter?
Killer: Keineswegs, Herr Jonas. Sie sind doch Herr Jonas?
Jonas: Und wenn?
Killer: Dann hätt ich was für Sie. Falls Sie daran interessiert sind, Ihr Gedächtnis zurückzuerhalten. Sind Sie das, Herr Jonas?
Jonas: Aber sicher.
Sam: Fürsicht, Meister, denn siehe, sprach Zara Leander.
Jonas: Sei still, Sam.
Killer: Sehen Sie, Herr Jonas, hier in meinem Aktenkoffer, habe ich Ihre ganz spezielle individuelle Memory-CD, Sie brauchen sie nur über ein Modul in Ihr Hirn einzuspielen.
Sam: Achtung, er hat eine Waffe! A-ü-a-ah, a-ü-a-ah, a-ü-a-ah, a-ü-a-ah…
Jonas: Eine Waffe, keine Memory-CD. Eine Kurz-MP von Keckler & Hoch, Typ SW7, er zog sie aus dem Koffer, richtete sie auf Jonas, der reagierte nicht, zu dösig und mitgenommen. Aber da war ja noch Sam. Sam, der Unentbehrliche. Er heulte wie eine Sirene, rollte blitzschnell an, fuhr eine Zange aus, und kniff den Kerl in die linke Wade, direkt über der schwarzen Perlonsocke. Was den erheblich irritierte. Er schoß vorbei. Und bevor er noch mal zielen und abdrücken konnte, hatte ich mich bekrabbelt. Ein kurzer Tritt gegen den Arm, er ließ die MP fallen. Jonas fing sie auf, das veranlaßte ihn, sich zu empfehlen. Schnell, über den Gang, die Treppe runter. Ich ließ ihn laufen.
Sam: Hinterher, du Lahmgesäß. Knips ihn ab, mach ihn tot.
Jonas: Immer mit der Ruhe, Sam. Zum Beißen hab ich dir die Zange eigentlich nicht gekauft.
Sam: So ist’s recht. Sam rettet sein erbärmliches Leben, und er meckert. Und der Typ hat auch noch ganz scheußlich geschmecket. Wüah, richtig widerloch.
Jonas: Du hast keinen Geschmacksinn, Sammy. Was ist los, warum hat der auf mich geschossen?
Sam: Weil das sein Job ist, du Dummie. Weil er zur Todesschwadron gehört. Siehe Outfit, siehe Waffe.
Jonas: Todesschwadron?
Sam: Ach du liebes Gottchen, nicht mal det weeß er noch. Merke: Die Todesschwadron ist die größte und solideste Profikillerfirma in Bab-ysilon. Fall Euroblues. Aber an den können Hochwürden sich ja auch nicht erinnern.
Jonas: Profikiller? Wer hat die auf mich angesetzt, Sam, und warum? – Ja?
Ines Sikorski: Seien Sie vorsichtig. Die Todesschwadron ist hinter Ihnen her.
Jonas: Hab ich gemerkt. Wer sind Sie?
Ines Sikorski: Sie sind Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv. Sie sind in Lebensgefahr. Tauchen Sie unter!
Jonas: Haben Sie mit den Zettel in die Tasche gesteckt?
Ines Sikorski: Tauchen Sie unter!
Jonas: Diesmal kein Bildfon. Der Schirm blieb dunkel. So dunkel wie die ganze Geschichte. Memoryklauer. Profikiller. Und jetzt noch eine geheimnisvolle Warnerin. Wer war sie? Jasmin Lamour?
Jasmin Lamour: Nein, Herr Jonas, ich habe nicht vor zehn Minuten bei Ihnen angerufen. Warum fragen Sie?
Jonas: Nicht so wichtig.
Jasmin Lamour: Was tun wir, Herr Jonas, was schlagen Sie vor?
Jonas: Vielleicht sollte ich noch mal zur Sauerbierklinik.
Sam: Dürfte der niedriggeborene Diener sich erfrechen, einen wohlgemeinten Ratschlag von sich zu geben?
Jonas: Dazu hab ich dich, Sammy, schieß los.
Sam: Da mein Meister sich im Vollbesitz seiner detektivischen und intellektuellen Fähigkeiten befand, besuchte er besagte Klinik zum ersten Male, und dieser Besuch endete mit einem Desaster. Wie wird es ihm, rammdösig und hirngelöchert, wohl bei einer zweiten Visite ergehen, ha?
Jasmin Lamour: Ihr Computer hat recht, Herr Jonas.
Sam: Hab ich immer.
Jonas: Also lassen wir die Klinik. Vorerst. Bis ich mein Gedächtnis wiederhabe.
Jasmin Lamour: Und wo, Herr Jonas, bekommt man Gedächtnisse jeder Art?
Sam: Im Memorycenter.
Jasmin Lamour: Genau.
Sam: Im Reservat.
Jonas: Das Reservat. Ich konnte mich vage erinnern. Im wilden Südosten von Babylon. Seit den Unruhen vor 15 Jahren eine Trümmerlandschaft. Und ein exterritorialer Bezirk. Wo Polizei und Verwaltung nichts zu sagen haben. Wo sich alle festgesetzt hatten, die in Babylon unerwünscht waren. Freaks, Mutanten, Illegale. Wo es Klonfabriken gab. Stimshops. Und das Memorycenter. Ein ehemaliger Supermarkt. Relativ leicht zu erreichen. Gleich hinter der Grenze. Nicht weit vom Gigant-Hotel. Jasmin kam mit. Jonas war einverstanden. Wenn die Erinnerung löchrig wird und die Welt unscharf, dann ist es gut, eine schöne Frau zur Seite zu haben. Außerdem war sie ja auch auf der Suche nach dem verlorenen Gedächtnis.
Verkäuferin: Kriegsreporterin? Tut mir leid. Da hab ich momentan nichts am Lager. So was kommt selten rein und geht schnell wieder raus. Ist ja auch interessant, nicht? Und was sucht der Herr?
Jonas: Privatdetektiv.
Verkäuferin: Detektiv? Sie meinen Kriminalpolizei?
Jonas: Ich meine Privatdetektiv. Privat.
Verkäuferin: Ist schon klar. Nein, haben wir nicht. Seit ich hier arbeite, haben wir noch nie ein Privatdetektiv-Memory gehabt. Noch nie. Und wenn…
Jonas: Und wenn ich in den nächsten Tagen noch mal vorbeikomme, vielleicht kriegen Sie ja inzwischen was rein.
Verkäuferin: Wenn wir was kriegen, dann haben wir schon eine Vorbestellung. Von einem Kunden, der alles kaufen will, was irgendwie mit Privatdetektiven zu tun hat.
Jonas: Wer ist das? Wie heißt er?
Verkäuferin: Bedaure. Keine Namen, keine Auskünfte. Geschäftsprinzip. Tja, wäre die Dame vielleicht interessiert an einer Wärterin im Frauengefängnis, oder an einer mesopotamischen Foltermagd?
Jasmin Lamour: Ganz bestimmt nicht.
Verkäuferin: Nun ja, ist ja auch nicht jederfraus Sache. Und der Herr? Verunglückter Astronaut? Marskolonist? Oder Haremswächter im Sonderangebot?
Jonas: Danke.
Verkäuferin: Fragen Sie ruhig mal wieder nach.
Jonas: Im Memorycenter also Fehlanzeige. Was jetzt? Erst mal raus aus dem Reservat. So schnell es ging. Das war nicht sehr schnell. Wegen Jasmin. Sie hatte Probleme mit ihrem Knie. Die Hautabschürfung. Der Unfall von neulich. Ab und zu mußte sie Pausen einlegen.
Jonas: Soll ich Sie tragen?
Jasmin Lamour: Nicht doch, es geht schon. Ich bin gleich soweit.
Sam: Achtung, Achtung! Auffälliger Luftverkehr. Helikopter aus Richtung Giganthotel.
Jonas: Geht uns nichts an, Sammy.
Sam: Ja, das glaubst du, mein unschuldsvoller Engel. Remember the Alamo. Will sagen: Fall Eurodschungel.
Jonas: Euro… was?
Sam: Ach, vergessen natürlich. Dann spitz mal deine Lauscher, ja? Helikopter über Reservat bedeutet Gefahr, ganz besonders, wenn er in unsere Richtung fliegt und seinen Suchscheinwerfer eingeschaltet hat.
Jonas: Vielleicht hast du recht, Sam.
Sam: Hab ich immer.
Jonas: Jasmin, gehen Sie in Deckung!
Jonas: Der Scheinwerfer hatte uns erfaßt. Wer immer im Helikopter saß, fing an zu schießen. Auf uns. Ziegelsplitter flogen durch die Luft. Jonas hockte hinter einem Geröllhaufen. Und schoß zurück. Mit der Keckler & Hoch, die er sich eingesteckt hatte. Für alle Fälle. Glas klirrte, der Scheinwerfer ging aus. Gut so. Ich griff mir Jasmin und zog sie ins untere Geschoß einer Hochhausruine. Keine Sekunde zu früh. Der Helikopter knipste einen zweiten Scheinwerfer an, und landete. Knapp 100 Meter entfernt. Drei, vier, fünf Figuren sprangen raus. City-Anzüge, Aktenkoffer, MP’s. Sie wußten, wo wir steckten, arbeiteten sich vor. Und schossen. Fünf Todesschwadronöre gegen einen Jonas. Unfair.
Jonas: Lange kann ich sie nicht aufhalten. Laß dir was einfallen, Sam!
Sam: Ja wie denn, wo denn, was denn? Ist Sam ein Magier? Eine Wundertüte? Hä? Wächst ihm ein Kornfeld auf der flachen Hand?
Jasmin Lamour: Kornfeld wäre nicht schlecht, da könnten wir uns verstecken.
Mutant: Meine Dame, mein Herr, seien Sie gegrüßt. Welche Freude, daß Sie meine bescheidene Behausung mit Ihrem hohen Besuch beehren.
Jasmin Lamour: Wer was das?
Jonas: Wo war das?
Sam: Da hinten, wo`s ganz dunkel ist.
Jasmin Lamour: Da leuchtet was.
Sam: Ja ja.
Jonas: Drei rote Augen. Eins über den beiden anderen. Ein Dreieck. Ein Warnschild. Dann trat der Sprecher ins Helle. Die Sprecherin. Das Sprecher. Ein nacktes Neutrum. Hellgrün, haarlos, und dreiäugig. Ein Mutant. Kein erfreulicher Anblick. Dennoch hochwillkommen. Wer in der Scheiße sitzt, greift nach jedem Strohhalm. Und nach jedem Mutanten.
Mutant: Wie es scheint, gibt es gewisse Probleme zwischen Ihnen und den Herrschaften dort draußen.
Jonas: So kann man’s auch sagen. Die wollen uns umbringen.
Mutant: Wie unhöflich.
Jonas: Können Sie uns helfen?
Mutant: Nun, einerseits widerstrebt es mir zutiefst, mich in die Auseinandersetzungen mir unbekannter einzumischen, doch kann ich es andererseits keinesfalls zulassen, daß meine Besucher in meinem Salon gemeuchelt werden. Haben Sie die Güte, mir zu folgen.
Jasmin Lamour: Wohin?
Mutant: Zum Dienstboten- und Lieferanteneingang, zur Hintertür, wenn Sie so wollen. Bitte sich ein wenig zu sputen. Die Zeit drängt, und eine gewisse Beschleunigung wäre durchaus nicht unangebracht.
Jasmin Lamour: Ich kann nicht laufen. Mein Bein.
Jonas: Ich nehme Sie huckepack, Jasmin, steigen Sie auf. Halten Sie sich gut fest.
Sam: Ich steig auch auf.
Jonas: Es ging nach hinten, ins Dunkle. Was den Mutanten nicht störte, er hatte Leuchtaugen. Durch eine Falltür nach unten, in den Keller. Noch eine Falltür, darunter ein tiefer Schacht, am Rand rostige Metallklammern. Als der Schacht zu Ende war, weiter in der Horizontalen. Ein niedriger Gang aus roten Ziegeln. Hier roch es nicht gut.
Sam: Ein alter Abwasserkanal. Fall Unterwelt, weißt du doch, Jonas mein.
Jonas: Weiß ich nicht, Sam, weißt du doch.
Sam: Tschuldigung. Da ist olle Sam mal wieder voll in den Fettnapf gelatscht.
Jasmin Lamour: Werden Sie uns verfolgen?
Mutant: Die unerquicklichen Herren mit den Maschinenpistolen? Ich wage es zu bezweifeln, meine Dame. Dazu dürfte es ihnen denn doch an Wagemut und Entschlossenheit mangeln. Sie fürchten die Ratten, welche hier unten heimisch sind.
Sam: Und die Lemuren, die Kannibalen.
Mutant: Mag sein.
Jonas: Jasmin hatte sich erholt. Sie konnte wieder laufen. Was Jonas das Leben leichter machte. Auch wenn er sich noch immer nicht erinnern konnte. Dafür war Sam da. Und für die zusätzliche Beleuchtung. Im Schein seines Lichtstrahls sahen wir, daß der Gang sich vor uns gabelte. Unser Führer wollte nach rechts.
Mutant: Meine Dame, mein Herr, folgen Sie mir.
Sam: Laß ihn laufen, Chef, wir halten uns links. Da geht’s raus.
Mutant: Mitnichten, verehrter Computer, Sie unterliegen einem Irrtum. Der rechte Weg ist rechts.
Sam: Hehe, für dich vielleicht, du nackter Laubfrosch. Nicht für uns. Indem daß es rechts zur Lemurenhöhle geht, direkt Mann in den kannibalistischen Kochkessel. Ja, da sollen wir rein. Genau das hat er vor, unser grasgrüner Freund. Ein sehniger Privatdetektiv und eine dünne Kriegsreporterin, nicht gerade ein üppiger Festschmaus, aber besser als Luft und Liebe, gell, du Kackfrosch.
Mutant: Die ungeheuerliche Unterstellung des verehrten Computers weise ich aufs entschiedenste zurück. Lassen Sie sich nichts einreden, meine Dame, mein Herr, kommen Sie mit mir.
Jonas: Lieber nicht. Sam kenn ich schon lange, und Sie erst seit ein paar Minuten. Nichts für ungut. Vielen Dank für Rattung und Führung, aber unsere Wege trennen sich, so long.
Jonas: Der Mutant verzog sich, muffig und mürrisch. Wir steuerten links, das war gut. Nach etwa 300 Metern ging’s raus, durch einen Gully auf eine dunkle Straße. Irgendwo im babylonischen Osten. Verrammelte Häuser, finster, abweisend. Dazwischen altmodische blaue Neonbuchstaben: Zum Wasserloch. Eine Kneipe. Synth-Whiskey und Soja-Kaff. Genau das, was wir brauchten.
Jasmin Lamour: Kein Soja-Kaff.
Jonas: Kein Whiskey, nur Strohrum.
Sam: Aus dem Automaten. Buwäh, pfui Spinne und Spurgel.
Jonas: Nicht gerade üppig, aber besser als Luft und Liebe, oder Sam?
Sam: Ah, Sam kennt nicht die Liebe, Sam trinkt nur Maschinenöl.
Jonas: Auch nicht viel schlimmer als dieser Rum. Ihr Wohl, Jasmin.
Jasmin Lamour: Mögen wir bald wieder in Besitz unserer Erinnerung sein.
Holo: In der heutigen Ausgabe unserer Talkshow Nichts geht über dich…
Jonas: Wenn wir auch noch keine Ahnung haben, wie wir das anstellen sollen.
Holo: Besondere Menschen, besondere Schicksale, begrüßen wir als Gast Herrn.
Janus: Janos. Nur Janos.
Holo: Herrn Janos, den letzten Detektiv.
Sam: Ruhe! Seid doch mal still, Leute.
Holo: Herr Janos wird uns von seiner Arbeit erzählen…
Jonas: Was ist denn in dich gefahren, Sam?
Holo: Seinen Abenteuern, seinen interessantesten Fällen.
Sam: Da, im Holo, hört doch mal, kuckt doch mal!
Holo: Die spielen nicht alle in Babylon.
Jasmin Lamour: Ach, Ihr Computer nervt, Jonas, schalten Sie ihn ab.
Jonas: Augenblick mal.
Janos: Sehr richtig. Da war ich zum Beispiel, das muß jetzt so ungefähr dreieinhalb Jahre her sein, im wilden Kusbekistan, eine richtige Todestour, das kann ich Ihnen sagen. Oder die Sache mit dem Schlachthaus in Costaguana, Südamerika, wissen Sie, und…
Holo: Was war denn Ihr bisher aufregendster Fall, Herr Janos?
Janos: Ach, das ist eine schwierige Frage. Eigentlich waren sie alle aufregend. Alle meine 32 Fälle.
Holo: Nennen Sie uns doch einfach einen oder zwei.
Janos: Megastar vielleicht, oder mein Trip in die Strafkolonie, Inselklau, Westfront, Kopfjäger…
Holo: Gleich können Sie uns mehr erzählen, Herr Janos.
Sam: Alles Jonas-Fälle, alles Jonas-Fälle.
Jonas: Glaub ich dir aufs Wort, Sam.
Holo: Jetzt machen wir ein bißchen Musik, mit den swingenden Lords, und dann… bleiben Sie dran.
Sam: Der hat sie geklaut und geht damit im Holo hausieren, dieser…
Jonas: Janos.
Sam: Nein, so heißt er nicht, ganz bestimmt nicht, Janos, nur Janos, der letzte Detektiv. Alles geklaut, alles Pseudo.
Jonas: Dieser sogenannte Janos hat also jetzt meine Erinnerungen. Vermutlich ist er auch der Kunde im Memorycenter, der sich so für Privatdetektive interessiert. Findest du, daß er mir ähnlich sieht, Sam?
Sam: Naja, beim genauen Hinsehen kommt er mir irgendwie bekannt vor.
Jasmin Lamour: Überhaupt nicht. Sie sehen viel besser aus, Jonas.
Jonas: Danke. Wir sollten uns diesen Hochstapler vorknöpfen.
Sam: Indeed, Sir, and how? Haben Herr Meisterdetektiv already einen Meisterplan?
Jonas: Über die Holostation. Wir gehen hin, kriegen raus wie der Kerl wirklich heißt, wo er wohnt.
Jasmin Lamour: Wäre es nicht besser in der Professor-Sauerbierklinik?
Jonas: Das hat Zeit, Jasmin. Erst zu Network.
Jasmin Lamour: Aber doch nicht sofort, Jonas.
Sam: Hört, hört, wo Sie recht hat, hat sie recht. Nichts überstürzen, sagt der weise Bosequo. Immer mit der Ruhe, eins nach dem anderen, und eine nach der anderen.
Jonas: Eile mit Weile, was du heute kannst besorgen, nein, nein, das paßt nicht.
Sam: Ja, find ich auch. Vorschlag zur Güte. Suchen wir zunächst euer Gnaden feudalen Palazzo auf, zwecks Aufrüstung: Neurofreezer und Laserstrahler dürften inzwischen wieder voll geladen sein. Und dann sollen sie nur kommen, Todesschwadronen, Memoryklauer, falsche Detektive. Wir werden ihnen den Marsch blasen.
Jonas: Darauf einen Strohrum.
Sam: Davon wird man strohdumm.
Jonas: Vor der Tür zu meinem Büroapartment stand eine Frau. Nicht ganz so schön wie Jasmin, nicht ganz so schlank, nicht ganz so jung, aber doch sehr ansehnlich. Sie wartete auf Jonas.
Ines: Ich brauche dringend einen Detektiv, weil ich nämlich ganz plötzlich mein Gedächtnis verloren habe.
Jonas: Sie auch, das ist ja eine richtige Epidemie.
Ines: Darf ich eintreten?
Jonas: Wollen wir sie reinlassen, Sam?
Sam: Sie ist es, Genosse.
Jonas: Sie ist wer?
Sam: Die mysteriöse Warnerin am Fon.
Jonas: Die mit dem Zettel. Bist du sicher, Sam?
Sam: Ach, hat Sam ein voll integriertes holografisches Vox-Ident-Programm oder hat er nicht, oder wie oder was oder doch?
Jonas: Er hat. Das Programm. Und recht hat er sowieso. Der Fall wurde immer undurchsichtiger. Ich bot der Besucherin meinen Schreibtischstuhl an, auf dem Kundensessel hatte Jasmin Platz genommen. Die beiden Frauen musterten sich flüchtig. Sie kannten sich. Überraschung.
Jasmin Lamour: Was fällt Ihnen ein, Ines? Hab ich Ihnen gesagt, Sie sollen hierherkommen?
Ines: Nein, Dr. Lamour, aber…
Jasmin Lamour: Sie wollen mir nur helfen, nehme ich an. Absolut unnötig. Mit Jonas werde ich ganz allein fertig. Der frißt mir aus der Hand. Aber wo Sie nun schon einmal hier sind, können Sie sich nützlich machen. Hände hoch, Jonas!
Jonas: Jasmin hatte einen kleinen Laserstrahler aus der Tasche gezogen. Ein Spielzeug, aber fast so gefährlich wie die große Ausführung. Vor allem aus nächster Nähe. Jasmin zielte auf Jonas. Der nahm brav die Hände hoch, und wunderte sich.
Jonas: Sie sind auf dem falschen Dampfer, Jasmin. Im Reservat hätten Sie den Laser benutzen sollen, gegen die Todesschwadron, nicht hier, nicht gegen Jonas. Ich bin auf ihrer Seite.
Jasmin Lamour: Wenn Sie sich da nur nicht irren. Ines, er hat eine Waffe, eine Keckler & Hoch, in der Jackentasche, nehmen Sie sie ihm weg. Seien Sie vorsichtig. Eigentlich ist es mir gar nicht recht, daß ich Jonas nun doch selbst erledigen muß, eigenhändig, aber was bleibt mir übrig. Die Todesschwadron hat gleich zweimal versagt, also muß ich ran, reinen Tisch machen. Schließlich haben wir einen eindeutigen Vertrag mit unserem Auftraggeber. Ines, was tun Sie? Weg mit der MP, geben Sie sie mir.
Ines: Nein, Dr. Lamour. Sie drehen Ihren Laser um, und geben ihn Jonas in die Hand. Langsam.
Jasmin Lamour: Sind Sie verrückt geworden?
Ines: Im Gegenteil. Ich bin zu Verstand gekommen. Memoryklau ist eine Sache, aber Mord.
Jasmin Lamour: Jetzt ist mir einiges klar. Sie haben ihn aus der Klinik gelassen.
Ines: Habe ich. Sagen Sie mal, Jonas, gibt’s hier so was wie einen Strick, oder Biofesseln?
Jonas: Der gute Detektiv ist auf alle Eventualitäten vorbereitet. Mehr oder weniger. Jasmin wurde gefesselt. Geknebelt. Auf meinem Bett abgelegt und zugedeckt. Was mit ihr geschehen sollte, würde sich Jonas später überlegen. Vorher mußte er sich sein Gedächtnis zurückholen. Mit Ines Hilfe. Sie war die weiße Dame im Spiel. Bisher war ich blind auf dem Feld herumgeirrt. Ines erklärte mir die Regeln. Und machte mir klar, wer noch mitspielte. Die schwarze Dame zum Beispiel. Alias Dr. Jasmin Lamour. Oberärztin an der Professor-Sauerbierklinik. Neurologische Abteilung. Wo sie sich ein einträgliches Nebengeschäft aufgebaut hatte: Memoryklau. Alles, was sie brauchte, war da. Die Apparate. Interessante Patienten. Und eine tüchtige technische Assistentin. Namens Ines. Ines Sikorski. Das Geschäft lief gut, und reibungslos. Bis eines Tages…
Ines: Bis eines Tages dieser Schellack auftauchte.
Sam: Was für’n Lack? Wenzel R. Schellack?
Ines: Ja, so heißt er.
Sam: Aha, Sam wußte doch, daß er den Kerl kannte.
Jonas: Welchen Kerl, Sammy?
Sam: O Mann, den im Holo, den Janos, den falschen Jonas.
Jonas: Und woher kennst du den, Sam?
Sam: Eieieiei, ihr kennt ihn gleichfalls, Herr Reichsbischof. Doch leider leider wißt ihrs nicht mehr. So lasset euch denn berichten. Wenzel Romuald Schellack ist ein Nichtsnutz, dumm, dußlig, faul und feige. Doch reich, da er geerbt durch seiner Väter Mühen. Indessen…
Jonas: Fasse dich kurz. Sagt der weise Bosequo.
Sam: Ach, der war das? Sam dachte, das war der weise Bosequo?
Jonas: Sam, Schellack.
Sam: Ich heiß nicht Schellack, na ja, aber selbiger sah vor drei Jahren Jonas im Holo. Als unfreiwilligen Star einer großen Privatdetektivoper, hurra, hurra, ja, Sir. Fall Megastar. Nicht erinnerlich, ich weiß schon. So angetan war er vom Geschauten, daß ihn der glühende Wunsch ergriff, selbst und persönlich privat zu detektivieren. Zu detektivfünfen. Oder sagt man zu privatdetektivieren?
Jonas: Weder noch. Er wollte also Privatdetektiv werden dieser Schellack. Und?
Sam: Und? Ja, und so kontaktete er denn Jonas. Nur Jonas, den weithin, wenn nicht gar allseits bekannten und beliebten letzten Detektiv, um diesem, man höre und staune, eine Partnerschaft zu offerieren.
Jonas: Ach, und was hab ich gemacht? Ihn vor die Tür gesetzt?
Sam: Aber achtkantig, ach was, neunkantig, zehnkantig, elfkantig, zwölfkantig, dreizehnkantig…
Jonas: Das war also vor drei Jahren. Jetzt hatte Schellack meine Fälle. Und trat damit im Holo auf. Als Janos, der letzte Detektiv. Wie das, fragte sich Jonas. Und Ines gab ihm Antwort. Schellack hatte sich mit Dr. Lamour in Verbindung gesetzt, der Memoryklauerin, und ihr den Auftrag gegeben, Jonas die interessantesten Fälle aus dem Kopf zu ziehen. Für Schellack. Lamour lockte Jonas in ihre Klinik. Als angebliche Klientin. Betäubte ihn. Entzog ihm seine Erinnerungen. Übertrug sie auf eine Memory-CD. Mit welcher sie sich sogleich zu Schellack begab. Jonas blieb in der Klinik zurück. Gedächtnis- und bewußtlos. Nach ihrer Rückkehr wollte Lamour ihm die Todesspritze setzen. Darauf hatte Schellack bestanden. Er wollte nicht nur der letzte, er wollte auch der einzige Detektiv in Babylon sein. Aber als Lamour wieder in die Klinik kam, war Jonas verschwunden.
Ines: Ich war das, Jonas. Ich habe Sie auf Ihrer Bahre in eine Ambulanz gerollt, und Sie vor Ihrem Haus abgeladen.
Jonas: Mit einem Zettel in der Tasche. Nett von Ihnen, Ines, warum haben Sie mich gerettet?
Ines: Mein Gott, warum? Weil ich bei einem Mord nicht mitmachen wollte, und außerdem sind Sie mir sympathisch. Ihr Job, Ihr Leben, Ihre Art, find ich gut.
Jonas: In Ordnung. Sie war mir auch sympathisch. Sicher, I ist nicht J, aber dicht daneben. Immerhin. Als Lamour zurückkam, stellte Ines sich dumm. Nach ihrem Testanruf am Morgen wußte Lamour, Jonas war in seinem Büroapartment. Sie war verunsichert, und gab den Auftrag, Jonas zu töten weiter, an die Experten von der Todesschwadron.
Jonas: Den Rest kenn ich. Ich bin Ihnen dankbar, Ines.
Ines: Es war mir ein Vergnügen, Jonas.
Jonas: Mein Gedächtnis muß ich mir also von Schellack holen.
Ines: Wenn Sie wollen, komm ich mit.
Sam: Von Schellack holen. Spricht sich leicht, und tut sich schwer. So einfach kann man ihn nicht besuchen, den Herrn Schellack.
Jonas: So? Wo wohnt er denn?
Ines: Schwanensee.
Sam: Na wo im Haus die Feinen pinkeln, na es Korrektur, Korrektur, wo die feinen Pinkel hausen. Zum Bleistift Herr Sesam, Fall Niemandsland. Professor Morell, Fall Westfront. Ex-Holoclown CoCo, Fall Weihnachtsmärchen.
Jonas: Etcetera etcetera, aber warum ist es so schwierig, ihn am Schwanensee zu besuchen?
Sam: Wieweil derselbe nicht am Schwanensee wohnt, wie die genannten Herrschaften, sondern im Schwanensee.
Ines: Auf seiner Yacht. Montecito heißt die.
Sam: Nach Raymond Chandler selig, welch Sakrileg.
Ines: An Bord läßt Schellack nur, wen er sehen will. Nach Voranmeldung.
Sam: Doch bei seinen Macken wäre er zu packen. Schlag nach bei Chandler, bei dem steht was drin, fidldidlbum.
Jonas: Gute Idee. Sam besorgte Schellacks persönliche Fonnummer. Jonas instruierte Ines. Die rief an und sagte, was sie sagen sollte.
Ines: Ihre Nummer hab ich von Network, der Holostation. Sie sind doch der Detektiv Janos?
Janos: Janos, nur Janos, der letzte Detektiv, jawohl, der bin ich.
Ines: Ich brauch nämlich einen. Einen Detektiv. Ganz dringend. Wissen Sie, mein Bruder, der…
Janos: Sagen Sie mir doch erst einmal, wer Sie sind.
Ines: Ach, natürlich. Ich heiße Quest-Wonderly. Mit Bindestrich. Orfamay Quest-Wonderly.
Janos: Wunderbar. Chandler und Hammett. Sie wollen mich engagieren?
Ines: Ja, vielleicht, wenn es nicht zu teuer ist.
Janos: Für Sie umsonst, meine liebe Orfamay Quest-Wonderly. Kommen Sie in mein Büro. Am besten gleich.
Ines: Ja? Ist es nicht zu spät?
Janos: Ein Detektiv ist immer im Dienst. Sie wissen, wie Sie mich erreichen?
Ines: Nein.
Janos: Also, passen Sie auf.
Jonas: Drei Stunden später. Mitternacht. Hell erleuchtete Villen spiegeln sich im dunklen Schwanensee. Ein strahlend weißer Kranz. Genau in der Mitte die Yacht Montecito. Die elektronischen Sicherungen sind abgeschaltet. Eine Besucherin ist bei Schellack. Alias Janos. In dem Büro, das er sich auf der Yacht eingerichtet hat. Neben dem Salon. Im Heck. Unter dem Fenster liegt das Boot, das die Besucherin gebracht hat. Der Ruderknecht zieht die maritime Livree aus, und enthüllt sich als Jonas, im schwarzen Kampfanzug, aus dem antarktischen Krieg. An sich trägt er ein ganzes Arsenal. Laserstrahler, Neurofreezer, Kurz-MP, und Magnetopads, an Händen und Füßen. Damit steigt er die Außenwand der Yacht hoch. Unhörbar. Am Fenster macht er Halt. Und späht in ein Detektivbüro wie aus einem alten Film. Noir. Nostalgisch.
Ines: Verschwunden ist er, mein Bruder Jonas. Und sein Gedächtnis hat er auch noch verloren.
Janos: Jonas? Merkwürdig.
Ines: Helfen Sie mir, Herr Janos. Finden Sie ihn, bitte.
Janos: Beruhigen Sie sich, trinken Sie einen Schluck. Was hältst du von ihr, Sal, und von ihrer Geschichte?
Sal: Höchst unglaubwürdig, Herr, äußerst verdächtig.
Jonas: Na, das ist ja ein Ding, sieh dir das mal an, Sammy. Hier gibt’s nicht nur noch einen letzten Detektiv, hier gibt’s auch noch nen Sam.
Janos: So, und jetzt sagen Sie mir die Wahrheit, Frau Quest-Wonderly, oder wie immer Sie wirklich heißen. Brigid O’Shaughnessy vielleicht? Was wollen Sie von mir? Wer schickt Sie?
Ines: Ich verstehe nicht.
Janos: Reden Sie sich nicht raus. Mein Computer hat Sie entlarvt. Nicht umsonst heißt er Salomo. Kurz Sal.
Jonas: Bruder von dir, Sam.
Sam: Bruder? Hahaha, so was akzeptiert Sam nicht mal als Stiefvetter vierten Grades. Salomo. Ha. Ausschuß. Schrott.
Janos: Da, am Fenster, was war das?
Jonas: Nichts weiter. Nur Jonas. Der letzte Detektiv. Der echte.
Sam: Und Sam, sein Supercomputer. Erzittert, ihr Schurken.
Jonas: Bleiben Sie ganz still stehen, Schellack, sonst muß ich Sie neurofreezen.
Janos: Sal! Tu doch was! Hilf mir!
Sal: Jawoll, Herr, mal sehen, mal überlegen.
Sam: Hahaha.
Jonas: Sal sah fast aus wie Sam. Ein kleiner Blechkasten mit Löchern und Knubbeln. Er lag auf dem altmodischen Holzschreibtisch und gab sich redlich Mühe. Sam rollte um ihn herum. Sal hatte keine Räder und mußte stillhalten. Wir anderen sahen dem Duell der Computer zu. Schellack notgedrungen. Ines und Jonas mit Vergnügen.
Sam: Na los, Kumpel, zeig mal was. Was kannst du eigentlich?
Sal: Sal kann sprechen.
Sam: Sprechen nennst du das? Bei detaillierter Begutachtung der Situation unter Einbeziehung aller relevanter Faktoren ergibt sich unabweisbar folgendes Resultat: In jedem rechten Winkel ist die Summe der dreieckigen Katheter genauso groß wie die Hypothese. Quod erat demonstrandum. Das ist sprechen, mein lieber. Kannst du ein Gedicht aufsagen?
Sal: Ja, Oeia, popeia, was raschelt im Stroh, das sind…
Sam: Gefährlich ist’s, am Wein zu lecken, verderblich ist ein hohler Zahn, jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist ein Mensch, wenn er im Tran. Das ist ein Gedicht. Naja. Kannst du singen?
Sal: Hänschen klein, ging allein…
Sam: Frau Wirtin hat nen Detektiv, der gern in fremden Betten schlief. Er war dort nicht alleine…
Jonas: War ich das, Sam? Hab ich dir Wirtinnenverse beigebracht? Den Sanitätsgefreiten Neumann etwa auch?
Sam: Ein dreifach Hoch, ein dreifach Hoch…
Jonas: Das reicht, Sam.
Sam: He, du, Sal, schlaf nicht ein. Kannst du hexen?
Sal: Hex Hex.
Sam: Abrakadabra, hokus pokus fidibus, Virus, fahr ihm ins Gebein, ja, so und jetzt sag was.
Sal: Salomo der Weise spricht…
Sam: Ein Computer stottert nicht. Kannst du ausländisch? Kannst du inline skaten? Kannst du fiedeln, kannst du stricken, kannst du bosseln, kannst du fidirallala? Kannst du tanzen, Joana. Hat du Möhrchen?
Sal: Au, au, au, au…
Jonas: Durchgeknallt. Totalschaden.
Sam: Acht, neun, aus. Holldriadoö. Sieger durch KO, Computer Samuel, genannt Champion Sam, der Schrecken aller Übeltäter, und ihrer Computer. Danke. Vielen Dank.
Jonas: Und jetzt zu Ihnen, Schellack. Mein Gedächtnis. Geben Sie mir die Memory-CD.
Schellack: Ich kann nicht.
Jonas: So? Das ist ein Laserstrahler, Schellack, der macht Löcher. Durch Ihren Bauch, durch Ihren Kopf. Geben Sie mir die CD.
Schellack: Ich kann nicht. Wirklich nicht. Ich habe sie nach dem Einspielen vernichtet. Damit ich der einzige letzte Detektiv bleibe, was auch passiert. Und das war ein Unikat. Ein absolutes Einzelstück. Darauf hatte ich allergrößten Wert gelegt. Machen Sie, was Sie wollen. Bringen Sie mich um. Ihre Erinnerungen kriegen Sie nie wieder.
Ines: Eine Chance haben Sie noch, Jonas. Von besonders interessanten Memory-CDs zieht Dr. Lamour manchmal Kopien für ihre Privatsammlung.
Jonas: Und wo ist die?
Ines: In ihrem Schrank, in der Klinik.
Jonas: Dann sehen wir doch mal nach.
Ines: Und was machen wir mit Schellack?
Jonas: Den nehmen wir mit.
Schellack: O nein, nicht mit mir, ich bleibe hier, was auch passiert…
Jonas: Neurofreezer. Macht steif und stumm. Für eine gewisse Zeit. Wir brachen auf. Mit dem Boot, ans Ufer. Und weiter in Schellacks feudalem E-Mobil, den Schlüssel hatte er in der Tasche. Sehr aufmerksam. In der Klinik kam Schellack allmählich wieder zu sich. Ines paßte auf ihn auf. Während Jonas die Diskothek der Jasmin Lamour durchsah. Und schließlich seine Memory-CD entdeckte. Heureka, würde Sammy sagen. Halleluja, Hurra. Ich spielte mir die Scheibe ins Hirn. Einige Sekunden Verwirrung, Desorientierung. Dann war Jonas wieder Jonas. Komplett. Mit seinen Fällen. Seinen Erfahrungen. Sogar meine Smith & Wesson fand ich wieder. Auch im Schrank. Das war’s. Fall Blackout abgeschlossen. Augenblick. Noch nicht ganz.
Jonas: Es kann nur einen geben.
Ines: Einen letzten Detektiv.
Jonas: Natürlich. Schellack ist das Problem. Er hat meine Fälle in seinem häßlichen Schädel. Und hält sich für eine Art Jonas. Das geht nicht.
Ines: Man könnte ihm die gestohlenen Erinnerungen abzapfen. Aber das dauert. Kompliziert ist es auch.
Jonas: Und dann? Wir übergeben ihn der Polizei. Er kauft sich los und ist gleich wieder hinter mir her. Und meinem Gedächtnis.
Schellack: Nie wieder. Bestimmt nicht.
Jonas: Ich glaub Ihnen kein Wort, Schellack.
Ines: Und wenn Sie ihn erschießen, Jonas?
Schellack: Nicht doch!
Jonas: Würde Ihnen nur recht geschehen, aber…
Sam: Ein Vorschlag, Chef.
Jonas: Ah, Champion Sam gibt uns die Ehre. Ist dir langweilig? Hast du deinen Triumph genug ausgekostet?
Sam: Wahrlich, geliebte Mitchristen, ist es denn nicht mit den Menschen als wie mit den Computern? Siehe, hier ist ein Mensch, eccel homo, ein Bösewicht, Mord gibt er in Auftrag, geraubte Erinnerungen hortet er in seinem Hirn, und siehe, hier ist ein wohlbestalltes Archiv vielfältigster Memory-CDs. Lasset uns eine Lehre ziehen aus der hochverdienten Abstrafung eines gewissen Computers, Sal war sein unschöner Name, und lasset uns an seinem Herrn des gleichen tun.
Jonas: Du meinst, wir spielen ihm eine Menge Memory-CDs ein, eine nach der andern.
Sam: Bis daß er durchdreht. Amen.
Schellack: Nein.
Sam: Doch doch doch doch doch doch…
Jonas: Doch. Wir schnallten Schellack fest. Und füllten sein Hirn mit Erinnerungen. Was uns gerade in die Finger kam. Zombies. Söldner. Callgirls. Spione. Chirurgen. Testpiloten. Kannibalen. Transsexuelle. Henker. Und so weiter. Bis sein Hirn überlief. Und explodierte. Totale Memoryüberfütterung. Mentaler Kurzschluß. Er hing im Stuhl. Lallte. Sabberte. Stierte vor sich hin. Wie ließen ihn sitzen. – Die Tür zu meinem Büroapartment stand offen. Kein gutes Zeichen. Innen war alles in Ordnung. Nur daß auf meinem Bett eine tote Jasmin Lamour lag. Erschossen.
Ines: Richtig durchsiebt. Soviel Blut.
Sam: Kleckert im Loch.
Jonas: Keckler & Hoch. Die Todesschwadron war hier.
Ines: Und hat die Gestalt auf dem Bett für Sie gehalten, Jonas.
Sam: Apropos Bett. Poetische Gerechtigkeit nennt solches der Gebildete.
Brock: Kripo.
Jonas: Brock?
Brock: Chefinspektor Brock. Wer spricht?
Jonas: Ihr bester Freund und Helfer.
Brock: Jonas! Und dabei hat der Tag so gut angefangen. Was ist?
Jonas: Auf meinem Bett liegt ne Leiche.
Brock: Wieder mal? Wie ist die da hingekommen?
Jonas: Das ist eine lange Geschichte.
Brock: Die werden Sie mir erzählen, Jonas, in allen Einzelheiten. Gleich sind wir bei Ihnen. Rühren Sie sich ja nicht von der Stelle.
Jonas: Lieber nicht. Jonas braucht ne Pause. Jonas muß sich erholen.
Ines: Gehen wir zu mir.
Sam: Ich geh auch zu mir.
Das war Blackout. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv. Von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Diana Körner, Dirk Galuba, Nicola Tiggeler, Jochen Striebeck, Tobias Lelle, Michael Tregor und andere (Christian Buse, Isolde Barth, Ursula Rehm). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Regieassistenz: Holger Buck und Sieghard Fieber. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1998. Redaktion Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Unterwelt
Passantin: Ih, eine Ratte!
Jonas: Es war keine Ratte. Es war Sam. Samobil, genauer gesagt. Nach dem Kopfjägerfall hatte ich ihm gekauft, was er sich schon lange gewünscht hatte: Ein Mobilitätssystem für Minicomputer. Software, Räder, Getriebe, Motor, maßgeschneidert. Sam war begeistert. Jonas weniger. Ein Computer, der spricht, ist schlimm genug. Ein Computer, der spricht und durch die Gegend düst, ist schlimmer. Ein Computer, der spricht und düst und mit seinem Herrn fangen spielt, ist das letzte.
Sam: Na los! Krieg mich doch, krieg mich doch, bin ein bißchen flotter. Krieg mich doch, krieg mich doch, bin ein kleiner Otter. Du Lahmgesäß.
Jonas: Sofort kommst du her, Sam, bei Fuß.
Sam: So nicht. Denn wahrlich, Sammy ist kein Pfiffi, keine Töle, kein Hundevieh.
Jonas: Du bist eine Maschine, Sam.
Sam: Ja.
Jonas: Der Mensch bestimmt, die Maschine gehorcht. So soll es sein. In die Tasche, aber schnell. Und wenn du noch mal wegläufst.
Sam: Wegrollst! Bleiben wir doch verbal präzise, verehrte Gemeinde, auch wenn’s schwerfällt.
Jonas: Dann kommst du ganz präzise in den Schrott. Oder ich schenk dich Chefinspektor Brock.
Sam: Hehe, tust du doch nicht, weil’s gar nicht geht, weil Jonas und Sam zusammen gehören, wie Castor und Pollux, wie Castrop und Rauxel, wie Tristan und Isolde, wie dick und doof.
Jonas: Wie Nerven und Säge.
Sam: Wa.
Jonas: In die Tasche!
Sam: Aua.
Jonas: So.
Fahrer: Zur Neptunstraße, wie fahr ich da am besten?
Sam: Da fahren Sie erst mal zu mir, dann kriegen Sie ne Karte.
Jonas: Neben Jonas hielt ein E-Lieferwagen. Grau. Keine Aufschrift. Ich steckte Sam in die Tasche, richtete mich auf. Aber ich kam nicht mehr dazu, dem Fahrer was zu sagen. Die Seitentür des Wagens öffnete sich, Hände packten zu, zogen Jonas ins Innere. Der Lieferwagen fuhr los.
Palma: Kein Grund zur Besorgnis, Herr Jonas, wir möchten Ihnen ein interessantes Angebot unterbreiten.
Jonas: Und dazu müssen Sie mich kidnappen.
Palma: Nicht doch, Herr Jonas, wir haben Sie nur aufgefordert, näherzutreten, etwas abrupt, das gebe ich zu. Nehmen Sie Platz. Soweit wir informiert sind, bevorzugen Sie echten Scotch. Wäre Ihnen ein Old Forrester recht? Soda? Eis? Wasser?
Jonas: Was außen wie ein E-Lieferwagen aussah, war innen ein Salon, Hausbar, Sofa, roter Plüsch. Arte Bordello 1900. Oder so. Die Frau paßte ins Ambiente wie die allseits bekannte Faust aufs Auge. Kimono, schwarze Lackperücke, Stöckelsandalen, keine Schlitzaugen, eine nippophile Europäerin, die Aufmachung stand ihr. Bis auf den Knopf im Ohr, ein Stilbruch, ein Produkt aus der Retorte, synthetisch wie der Whisky.
Jonas: Warum kein Sake Madame Butterfly oder Champagner? Passend zur Möblierung.
Palma: Weil wir wissen, daß Sie beides nicht trinken, Herr Jonas.
Jonas: Sehr aufmerksam. Sie sagten was von einem interessanten Angebot.
Palma: Werfen Sie einen Blick auf dieses Holoporträt, Herr Jonas.
Jonas: Grimmiger alter Knabe, kommt mir irgendwie bekannt vor.
Palma: Mein Großvater.
Jonas: Angenehm. Hat er auch einen Namen.
Palma: Palm, ich meine Palmström, er ist entführt worden aus dem Pflegeheim.
Sam: Piep Piep Piep!
Palma: Herr Jonas, bei Ihnen piepts!
Jonas: Sam, mein Computer piept und rollt und redet.
Sam: Und weiß was.
Jonas: Was weißt du Sammy?
Sam: Ach Luftklavido. Was ich weiß. Trotz heftiger Bedrängnis durch seinen unsensiblen Herrn und Meister ist es Sam gelungen das Nummernschild dieser rollenden Drahtstudierbüro zu erspähen. Und was frage ich Sie, gnädig Frau, haben gezielte Nachforschungen beim babylonischen Verkehrsamt ergeben? Häh?
Jonas: Machs nicht so spannend Sam. Wem gehört die Kiste?
Sam: Kurz und gut der W-O-R-F.
Jonas: Ach was. Die WORF. Die Partei für Wohlstand, Ordnung, Recht und Freiheit, lange Zeit in Babylon an der Regierung, jetzt in Opposition, weil sich vier kleinere Parteien zu einer Regierungskoalition zusammengeschlossen hatten. Glück für alle, Weiter so, Leistung muß sich lohnen und Vor allem Gesundheit.
Sam: Interessant gelle.
Jonas: Und aufschlußreich. Jetzt wird mir einiges klar.
Sam: Kuck mal wer da spricht, hehe, das bin ich, aber kuck mal wie er auf einmal hupft, mein intellektueller Hinkefuß und Lahmbeutel, bravo. Und was ist euer Merkwürden denn klar geworden zum Bleistift.
Jonas: Weshalb mir der alte auf dem Bild so bekannt vor kam, wozu Madame Butterfly einen Knopf im Ohr trägt und warum sich dieser rote Samtvorhang ab und zu bewegt, als ob jemand dahintersteckt.
Sack: Sie haben unser Spiel durchschaut, Herr Jonas, sehr schön. Sie kennen mich.
Jonas: Saladina Sack.
Sam: O Hauerauera, die große Vorsitzende der WORF. Tatä-tätät-tätä.
Sack: Ich bin hocherfreut Sie persönlich kennenzulernen, Herr Jonas.
Jonas: Ich eher weniger Frau Sack. Was soll das Affentheater.
Sack: Nur ein kleiner Test Herr Jonas. Ihr Name, ihr Ruf, ihre Qualitäten sind uns selbstverständlich vertraut, spätestens seit der unglückseligen Harry-Hauer-Affäre.
Sam: Fall Attentat August 2012.
Sack: Richtig. Dennoch mußten wir uns vergewissern, ob Sie wirklich der rechte Mann sind für die Aufgabe die wir ihn zugedacht haben.
Sam: Er ist der rechte Mann, er nimmt nämlich Herrenkapseln.
Sack: Aha. Ja also es handelt sich um eine höchst diffizile Angelegenheit, die äußerste Diskretion erfordert, wir benötigen einen ausgewiesenen Spezialisten.
Sam: Das ist er.
Jonas: Jonas ist Spezialist für rohe Eier und heiße Kartoffel. Auf meinem Türschild steht Jonas, nur Jonas, Privatdetektiv, der letzte seines Zeichens. In Babylon der großen Stadt und drumherum. Reich ist Jonas dabei nicht geworden, dafür hat er Erfahrung. Und jede Menge Beulen.
Sack: Ich denke wir haben ihn gefunden unseren Spezialisten, sind Sie frei, Herr Jonas, sind Sie bereit für uns, für die WORF tätig zu werden.
Jonas: Kommt drauf an.
Sack: Worauf.
Jonas: Worum es geht und was Sie zahlen.
Sack: Was kosten Sie?
Jonas: 120 Euros wie ich hier stehe, pro Tag und Spesen.
Sam: Und wenn er liegt das doppelte.
Sack: Das ist mir egal. Wir zahlen ihnen 10.000 pauschal, und Sie werden sich jeden einzelnen Euro hart verdienen müssen.
Jonas: Der alte Mann auf dem Holoporträt.
Sack: Genau Herr Jonas.
Jonas: Er heißt nicht Palmström.
Sack: Natürlich nicht.
Sam: Er heißt Lars Rindström.
Jonas: Korf hieß er. Dr. Herbert Korf. Korf von der WORF, hochberühmter Alt- und Expolitiker, Ehrenvorsitzender der Partei, schon seit Jahren nicht mehr aktiv, wenn er sich auch gelegentlich zu Wort gemeldet hatte. Aber Korf konnte nicht entführt worden sein.
Sack: Glauben Sie Herr Jonas, warum nicht.
Jonas: Weil er tot ist, gestorben vor 4 Wochen.
Sack: Am 15. April 2014, sehr richtig Herr Jonas.
Jonas: Die Partei hat ihn mit großem Trara unter die Erde gebracht, Sie selbst Frau Sack haben die Grabrede gehalten.
Sack: Hat sie Ihnen gefallen Herr Jonas. Was ich Ihnen jetzt mitteilen werde, Herr Jonas, muß unter allen Umständen unter uns bleiben. Ich erwarte von Ihnen absolute Verschwiegenheit.
Jonas: Verständlich, denn was erzählte mir Saladina Sack. Korf war nicht gestorben, er lebte, gerade noch, Korf hatte Alzheimer im fortgeschrittenen Stadium, und die Partei hatte ein großes Problem, weil ihre politischen Gegner keine Hemmungen hatten, sie hätten sich den Alten gegriffen, ihn im Holo als sabbernden Trottel vor geführt, und der Partei damit schwer geschadet. Darum ließ die Führung der WORF ihren Ehrenvorsitzenden dahinscheiden und begrub feierlich einen leeren Sarg.
Sack: Korf haben wir heimlich in ein privates Pflegeheim gebracht, unter dem Namen Palmström.
Sam: Palmström hat nicht Speck im Haus, dahingegen eine Maus, Korf bewegt von seinem Jammer, baut ihm eine Gitterkammer.
Sack: Morgenstern, so ist es. Ein gebildeter Computer den Sie da haben Herr Jonas.
Sam: Siehste Jonas siehste. Ja o Dank hohe Frau. Man tutet wie man kann und man kann vieles. Nicht daß mein intellektueller Unterrichtung weitestgehend ermangelnder Meister solches zu schätzen wüßte, o goldene Worte aus dem Schatzkästlein der Weltliteratur.
Jonas: Brauchen wir jetzt nicht. Halt die Backen Sam.
Sam: Ja.
Jonas: Wir waren bei Korf, Frau Sack, alias Palmström, im Pflegeheim.
Sack: Nur der Heimleiter war eingeweiht, er gehört zum Direktorium der WORF und natürlich die handverlesenen Parteisoldaten, die das Heim rund um die Uhr bewacht haben.
Jonas: Trotzdem ist Korf entführt worden.
Sack: In der Tat, Herr Jonas, letzte Nacht.
Jonas: Von unten waren sie gekommen, aus dem unterirdischen Versorgungs-system, Abwasser, Kabel etc. Von da durch den Keller, die Wachen hatten sie umgebracht, dann waren sie verschwunden, mit Korf, mit ein paar anderen Insassen, mit dem Heimleiter.
Sack: Wir sind sicher, daß er mit den Entführern unter einer Decke steckt, nur er kann ihnen den Tip gegeben haben, wer Palmström wirklich ist.
Jonas: Anzunehmen. Sie haben die Kidnapper verfolgt.
Sack: Selbstverständlich, ein überlebender Wächter hat uns informiert und wir haben sofort einen Trupp Parteisoldaten vom nächsten WORF-Stützpunkt losgeschickt.
Jonas: Pflegeheim Keller.
Sack: Mit dem Quicklift nach unten zum Abwasserkanal, und da lag der erste Wegweiser.
Jonas: Wegweiser?
Sack: Ja, einer der mitgeschleppten Heimbewohner, tot, lang ausgestreckt, die rechte Hand zeigte die Richtung an.
Jonas: Die Kidnapper wollten also verfolgt werden.
Sack: Aus gutem Grund, nach ein paar Kilometern durchs Abwassersystem, vorbei an weiteren ausgelegten Leichen, kamen unsere Leute an eine Mauer, quer über den Kanal.
Jonas: Lassen Sie mich raten Frau Sack, die Grenze zur Unterwelt.
Sack: Ganz recht, Herr Jonas, in die Mauer war ein Loch geschlagen, und vor dem Loch lag ein Toter, der letzte, in der Hand hatte er diese Botschaft:
Jonas: An die Führung der WORF, Sie haben die Wahl, Sie schicken morgen 13. Mai 2014, genau 23 Uhr 55, sinnig, fünf vor zwölf, einen Robomessenger mit 25 Millionen Euros durchs Loch, worauf Sie ihren Mann umgehend zurückerhalten, oder Sie tun das nicht, und wir übergeben ihn Holonews, Ihr Schwindel fliegt auf, Ihre Partei ist erledigt, es lebe der urbane Befreiungskampf, die Stadtguerilla. Die Stadtguerilla.
Sack: Auferstanden aus Ruinen wie es scheint.
Jonas: Vor knapp zwei Jahren war der Terrorverein, der sich Stadtguerilla nannte, vernichtet worden, durch eine Großaktion der Polizei, ein denkwürdiges Geschehen für Jonas, Judith Delgado war dabei umgekommen, und ich hatte Karla kennen gelernt, die Chefin der Stadtguerilla, sie war entkommen und hatte sich ins Reservat zurückgezogen, um eine neue Truppe aufzubauen. Offenbar war es ihr gelungen.
Sack: Wir haben nicht vor, das Lösegeld zu bezahlen, Herr Jonas.
Jonas: Sie können nicht.
Sack: Und wir wollen nicht.
Jonas: Aber Sie wollen auch nicht, daß ihr angeblich toter Korf als lebender Alzheimer im Holo präsentiert wird.
Sack: Natürlich nicht.
Jonas: Also müssen Sie runter und ihn rausholen.
Sack: Sie werden Dr. Korf befreien Herr Jonas, und ihn uns wiederbringen.
Jonas: Warum nicht Ihre Parteisoldaten.
Sack: Weil die nicht in die Unterwelt gehen, es sind gute Leute, brauchbar und tüchtig, aber das kann ich von ihnen nicht verlangen.
Jonas: Die Polizei.
Sack: Untersteht der Regierungskoalition, unseren Gegner, kommt nicht in Frage. Sie sind unser Mann, Herr Jonas. Sie sind Spezialist für riskante Aufgaben, erfahren und politisch unabhängig. Nehmen Sie den Auftrag an?
Jonas: Jonas kennt die Unterwelt, die ehemaligen Servicesysteme unter dem Reservat, der wüsten Ruinenlandschaft im Südosten von Babylon, die bis zu den großen Unruhen in den späten 90ern ein intaktes Stadtviertel gewesen war. Die Unterwelt ist ein Labyrinth von Gängen und Höhlen, von Abwasserkanälen und Kabelschächten, von Atomschutzbunkern und Recyclinganlagen, alle nicht mehr in Betrieb, verfallen, aber nicht verlassen, Lemuren hatten sich hier eingenistet, und Ratten, Millionen von Ratten. Oben das Reservat war schlimm, die Unterwelt war schlimmer. Viel schlimmer. In die Unterwelt gingen nur Irre. Jonas war irre. Und er brauchte Geld. Apropos.
Jonas: 25 Millionen Euros.
Sack: Was ist damit Herr Jonas.
Jonas: Die sparen Sie, wenn ich Korf aus der Unterwelt hole. 1 % für Jonas.
Sack: 250.000 Euros?
Jonas: Erfolgshonorar. Dafür tu ich’s. Sonst nicht.
Sack: Einverstanden. Palma wird Sie begleiten.
Jonas: Palma?
Palma: Palma Kunkel, so heiße ich.
Jonas: Madam Butterfly, in die Unterwelt, im Kimono, wunderbar, dann ziehe ich den Frack an, den ich nicht habe. Und das Promenadenorchester spielt dazu den Kirschblütenwalzer.
Palma: Täuschen Sie sich nicht, ich bin Kampfsportlerin.
Sack: Eine sehr gute, das kann ich ihnen versichern Herr Jonas. Palma arbeitet im Tiefbauamt.
Jonas: Oha.
Sack: Sie hat Pläne und Karten, kennt sich aus in der Unterwelt. Bei einem so gefährlichen Unternehmen brauchen Sie Rückendeckung.
Sam: Backup wie der Experte sich ausdrückt. Äh, sagen Sie mal, heißen Sie wirklich und wahrhaftig Palma Kunkel, Palma die Kunkel die im Dunkeln kunkelt, Palma Kun-kel ist mit Palm verwand doch im übrigen nicht bekannt. Und sie wünscht auch nicht.
Jonas: Morgenstern.
Sam: Morgenjonas. Morgenstern. Eben der selbige, ist das nicht ein Zufall, hä?
Jonas: Wir trafen uns am Abend um 9 in der Südstadt, nicht weit vom Reservat, Madam Butterfly alias Palma Kunkel blieb bei ihrer Masche, Synthstimme, grauer Ninjaanzug, Kamikazestirnband, langes Samuraischwert über der Schulter, kurzes im Gürtel, Jonas trug sein altes schwarzes Kampfoutfit aus dem Antarktischen Krieg, und war behängt wie wie…
Sam: Wie ein ambulanter Klempnerladen, Meister. Helm mit Lampe und Nachtsichtbrille, Wärmflasche, abgesägte Schrotflinte, Flammenwerfer mit Schockgranaten, ein veritables Arsenal, Herr Oberfeuerwerker.
Jonas: Du reist auch nicht gerade mit leichtem Gepäck, Sammy. Mobilsystem, Kompaß, Leuchte, Infrarotgerät, vollaufgetankter Hochleistungsakku, fehlt nur noch die eingebaute Hausbar.
Sam: Hättest du gern was alter Saufladen. Warum Schrotpuste und Feuerspucker, heißgeliebte Knalltüte, warum nicht Laser, warum nicht Neurofreezer?
Jonas: Das ist Stil, Sammy. Archaische Waffen für ein archaisches Ambiente. Stop. So, jetzt können Sie auch runter, Madame Butterfly.
Palma: Ich komm runter.
Sam: Na denn mal tau.
Jonas: Wir gingen nicht durch den Keller im Pflegeheim, Jonas hatte einen Plan, Jonas kannte eine Hintertür, in einer verlassenen Metrostation im Reservat, ein Liftschacht, natürlich kein Lift mehr, ein paar tapfere Parteisoldaten waren mit gekommen, sie ließen uns an Seilen runter und blieben oben, als Wache und Rück-versicherung, schließlich wollten Jonas und Butterfly irgendwann wieder raus. Und dann waren wir womöglich in Eile. Am Ende des Schachts ein horizontaler Gang, ein alter Abwasserkanal, seit Jahren trocken, in etwa, dunkler Belag auf den Ziegeln, Salpeter, Schimmel und Schlimmeres. Die Luft ließ sich atmen, riechen weniger. Es stank, noch immer. Der Gang war niedrig, wir mußten die Köpfe einziehen, Butterfly gab die Richtung an, nach ihrer Karte, es war dunkel, bis auf die Lichtkegel unserer Lampen, und still, bis auf das leise Klappern unserer Ausrüstung. Der Gang mündete in die Halle einer ehemaligen Recyclingstation, wo früher Scheiße zu Brühwürfeln veredelt wurde, wir hörten schon früh ihren Rekorder, altmodischer Rock’n Roll, und sahen ihre Lichter, sie warteten an der Grenzmauer vor dem Loch, zwei Gestalten in Overalls mit Sturmgewehren, sie fühlten sich sicher, keine Wache, gut so. Wir machten die Lampen aus, gingen im Dunkeln weiter, vorsichtig, bis der Gang aufhörte und die Halle anfing, da blieben wir stehen und warteten auch.
Palma: Wie spät?
Jonas: Sammy?
Sam: Genau 23 Uhr 54 Minuten und 40 Sekunden.
Palma: Ist gleich soweit.
Jonas: Wenn ihre Leute spuren, Butterfly.
Palma: Keine Sorge, Jonas, hören Sie, sehen Sie.
Jonas: Da kam er durchs Loch, pünktlich auf die Sekunde, ein Robomessenger, einfachste Ausführung, ein offener Behälter mit Beinen, im Behälter ein Sack, ein schwerer Sack, die zwei Typen wuchteten ihn raus und fingen an, ihn aufzuschnüren.
Sam: 5,4,3.
Jonas: Hinlegen Butterfly, Augen zu, Hände auf die Ohren.
Sam: 1, zoro.
Jonas: Eine Schockgranate mit Zeitzünder, im Sack, wie verabredet, ungeheuer laut, ungeheuer hell, ungeheuer überraschend. Unsere beiden Freunde waren einige Sekunden außer Gefecht. Blind, taub, unter Schock. Wir kamen aus der Deckung. Schnell. Jonas hatte die Schrotflinte im Anschlag. Butterfly fuchtelte mit ihrem Schwert.
Palma: Hu. Hei.
Jonas: Was? Halt, stehenbleiben. Ganz wie du willst. Siehste.
Jonas: Einer der beiden bekrabbelte sich schnell, er sah uns kommen und rannte weg. Jonas schoß ihm eine Ladung Schrot in den Arsch. Er hinkte weiter und verschwand hinten in einem Gang. Butterfly hatte sich inzwischen um den anderen gekümmert.
Palma: So, der macht uns keine Probleme mehr.
Jonas: Sie haben ihn umgebracht, Butterfly.
Palma: Ein sauberer Okesa von der linken Schulter zur rechten Hüfte. Und dann hab ich ihm den Rest gegeben. Kamikatiwari durch den Schädel.
Jonas: Na großartig. Wie ein gelernter Schlächter. Hatten wir nicht vereinbart, daß wir die Typen lebend fangen, damit sie uns verraten, wo sie Korf versteckt haben.
Palma: Ist ja noch einer da, der den Sie angeschossen haben. Und der kommt nicht weit. Was war das?
Jonas: Unser Freund, da hinten im Gang, kommen Sie Butterfly.
Jonas: Nach gut 100 Metern fanden wir ihn, das heißt was von ihm übrig war. Seine Knochen. Sauber abgenagt. Bis auf ein paar Fleischfetzen.
Palma: Ratten.
Jonas: So sieht’s aus. Sie haben ihn aufgeknabbert.
Palma: Und so schnell. Sie müssen noch in der Nähe sein.
Jonas: Hinter den Wänden, nehm ich an, sehen Sie, überall Löcher.
Palma: Ich hasse Ratten.
Jonas: Ich mag sie auch nicht besonders.
Sam: Sammy hat nichts gegen Ratten, nette kleine Tiere und so hübsche lange Schwänz und so clever.
Jonas: Du hast gut reden, Sam, du bist aus Plastik und Metall, an dich gehen sie nicht ran.
Palma: Unsere beiden Informanten sind tot, Jonas, wie finden wir jetzt Korf.
Jonas: Ganz einfach. Wir gehen weiter, diesen Gang lang.
Palma: Nur so oder haben Sie einen bestimmten Grund.
Sam: Nu paß mal auf Tante Trude, Sammy wird dir die ganze Sache mal verhakseln, so ganz langsam zum Mitschreiben. Sofern Gnädigste des Schreibens überhaupt kundig sind, so nun paß auf. Der sowohl dahingeschiedenen als auch abgeknabberte hat sich, obschon ihm diverse Gänge zur Verfügung standen, in diesen nämlich hier geflüchtet, klar?
Palma: Klar Sammy.
Sam: Also führt dieser Gang dorthin, wo seine Genossen sich aufhalten. Auch klar?
Palma: Klar.
Sam: Und wo die sich befinden dort weilet auch der Meister Korf. Alles klar.
Jonas: Klar. Wir gingen weiter, vorsichtig, wachsam, die Waffen in Bereitschaft. Ab und zu hörten wir was, leises Quieken, Rascheln in den Wänden. Und wenn wir uns umdrehten, sahen wir im dunkeln Gang hinter uns rötlich leuchtende Punkte. Immer zwei nebeneinander, viele, sehr sehr viele. Jonas hatte sich schon besser gefühlt. Dann fingen auch noch die Trommeln an, weit voraus. Signale der Lemuren.
Sam: Was sprechen Trommeln, Wahna Tarzan.
Jonas: Woher soll ich wissen Sahib.
Sam: Trommeln sprechen Fleisch kommen, weißes Fleisch, hmh, lecker lecker.
Jonas: Find ich nicht sehr witzig.
Sam: Na ich merk schon, kein Sinn für schwarzen Humor du trübe Tasse, traurig traurig.
Jonas: Plötzlich teilte sich der Gang, wir blieben stehen. Was jetzt? Wo ging’s weiter. Welche Gabelung war die Richtige.
Palma: Links.
Jonas: Links. Warum.
Palma: Weil die Typen die wir suchen linke Vögel sind.
Jonas: Haha. Ich bin für rechts. Was meinst du Sammy.
Sam: Sammy hält sich da raus.
Jonas: Typisch, wenn man dich mal braucht. Also gut, Jonas ist der Kommandant der Expedition, und Jonas sagt
Einstein: Links.
Jonas: Was?
Einstein: Rechter Weg ist links, bitteschön.
Jonas: Wer ist da?
Einstein: Einstein.
Jonas: Das glaub ich nicht.
Einstein: Einstein, mein Name, sehr erfreut bitteschön.
Jonas: Kommen Sie raus, wer immer Sie sind.
Einstein: Einstein kommen nicht erschrecken bitteschön, Einstein Freund gut Freund.
Palma: Ih.
Sam: Selber ih.
Jonas: Aus dem dunklen Abzweig links kam er langsam ins Licht unserer Lampen, Einstein, eine Ratte, eine außergewöhnliche Ratte, kalkweiß, rote Augen, ein Albino, ein Riesen-Rattenalbino, halber Meter mindestens, Schwanz inklusive, immerhin, und reden konnte das Biest auch noch.
Einstein: Einstein lernen menschliche Sprache von Dr. Matrix in Genlabor, Universität Babylon, bitteschön, Dr. Matrix sagen immer: du beste Ratte, klügste Ratte von allen, du heißen Einstein.
Palma: Ein Versuchstier, genmanipuliert.
Jonas: Und total verkorkst, nicht näher, Einstein, bleib stehen.
Einstein: Keine Angst bitteschön, Einstein lieben Menschen.
Jonas: Kann ich mir denken, gekocht, gebraten oder roh?
Einstein: O nein, Einstein Vegetarier, bitteschön, Einstein Freund, Einstein wollen helfen.
Jonas: So, helfen willst du uns. Wie?
Einstein: Einstein wissen alles, bitteschön, Einstein wissen wo böse Menschen von oben alten Mann verstecken.
Palma: Und wo?
Jonas: Zeigs uns auf der Karte.
Einstein: Sorry, Einstein nicht können lesen, bitteschön. Dr. Matrix wollen lernen Einstein lesen, schreiben, rechnen, aber Einstein laufen fort von Genlabor.
Jonas: Warum?
Einstein: Einstein haben Heimweh, haben Sehnsucht nach Genossen Ratten, nach Gemeinschaft, Gesellschaft, Freundschaft, bitteschön, aber Ratten hier ganz dumm, rückständig, sie nicht lieben Einstein, weil Einstein sein groß und weiß und schlau, weil Einstein sein anders, sie nicht wollen Einstein, sie jagen weg Einstein.
Jonas: Sieh an, auch die Ratten sind Rassisten.
Einstein: Einstein unglücklich, Einstein wollen zurück zu Dr. Matrix, wenn Freunde mitnehmen Einstein nach oben zu Genlabor, Einstein führen Freunde zu alten Mann. Bitteschön.
Palma: Was meinen Sie Jonas, trauen wir ihm?
Jonas: Teils teils, einerseits machte Einstein einen ganz überzeugenden Eindruck, andererseits ist Jonas mißtrauisch aus Prinzip. Aber wir mußten Korf finden, darum gingen wir auf Einsteins Angebot ein und ließen uns von ihm führen. Durch den linken Gang, dann über eine verrottete Treppe nach unten, durch eine Tür mit dem schwarzgelben Zeichen, Nuklearschutz, dahinter ein Korridor, relativ neu, relativ sauber, Butterfly studierte ihre Karte, aber die half ihr nicht weiter, Jonas blieb wachsam und Sammy maulte.
Sam: Links, rechts, links rechts, da trotteln wir wie die Vollidioten hinter einem häßlichen nackten Schwanz her, und der Rest von dem Kerl ist auch nicht schöner.
Jonas: Ich dachte du magst Ratten, Sammy. Nette Tiere und so clever.
Sam: Ach Einstein ist doch keine richtige Ratte, Einstein ist eine vermurkste Kreatur, ein Wechselbalg, ein Monstrum, ein Mordstrum, ein gentechnischer Betriebsunfall und so was spuckt hier große Töne.
Jonas: Du bist eifersüchtig Sammy, eifersüchtig auf Einstein, weil er dir irgendwie ähnlich ist, intelligent, munter, verbal.
Sam: Was? Verbal nennst du das du Charakterwanze? Sammy ist verbal, Sammy redet korrekt wie ein Buch.
Jonas: Wie eine Bibliothek Sammy.
Sam: Einstein redet nicht, Einstein bricht rad, Einstein stammelt und stottert und.
Jonas: Sei mal nen Moment still, Sam.
Sam: Ja.
Jonas: Riechen Sie’s auch Butterfly.
Palma: Braten. BBQ.
Jonas: Jede Wette, das ist Echtfleisch, kein Sojasteak.
Einstein: Wir sind gleich da, Freunde.
Jonas: Da, wo Einstein, auf einer Grillparty?
Einstein: Hauptquartier von Lemuren, bitteschön, böse Menschen von oben haben gemacht Vertrag mit Lemuren, können bleiben bei Lemuren mit altem Mann 3 Tage.
Palma: Und woher weißt du das Einstein.
Einstein: Einstein sehen alles hören alles wissen alles bitteschön.
Jonas: Wie du Sammy.
Sam: So was muß sich ein ehrbarer Computer nicht bieten lassen.
Einstein: Ruhe bitteschön, Vorsicht bitteschön, da vorn hinter Knick stehen Wächter von Lemuren.
Palma: Den übernehme ich mit meinem Makitaschi.
Jonas: Kein Problem für die Ninja-Androidin Butterfly und ihr scharfes kleines Samuraischwert. Jonas steckte den gekränkten Sam in die Tasche, nahm Einstein auf die Schulter, stieg leise über den toten Lemur, und folgte mit Butterfly dem Bratenduft und dem flackernden Feuerschein, bis der Korridor sich zu einem großen Raum erweiterte, da blieben wir stehen, im Schatten, unsichtbar, der Raum wimmelte von Lemuren, bleichen Gnomen mit wäßrigen Augen. Lemuren sehen nicht gut, sie haben sich ihrer unterirdischen Umgebung angepaßt, vor Jahren sind sie abgetaucht aus dem Reservat in die Unterwelt. Obdachlose, Freaks, illegale Drittweltler, Flüchtlinge, die sich oben nicht mehr sicher fühlten.
Palma: Mein Gott was ist das?
Jonas: Ein ehemaliger Gemeinschaftsraum im Atombunkersystem.
Palma: Nein, ich mein, was sich da dreht, in der Mitte, über dem großen Feuer.
Jonas: Der Spießbraten. Genau was Sie vermuten Butterfly.
Sam: Ich rieche rieche Menschenfleisch.
Jonas: Lemuren sind Kannibalen, nachts steigen sie aus der Unterwelt und jagen Fleisch, wenn das Fleisch nicht zu ihnen kommt, wie die Stadtguerilla, drei Figuren im Overall lagen auf dem Boden, gefesselt, eine der drei kannte ich, Karla.
Karla: Sie brechen unser Abkommen, wir haben ihnen Fleisch gebracht, zwei Menschen wir abgemacht.
Lemur: Sehr nett von Ihnen meine Liebe, leider nicht genug, wir sind sehr hungrig, zwei Menschen reichen uns nicht, wir wollen mehr, wir wollen euch alle, Fleisch!
Einstein: Böse Menschen von oben sind dumm, sie trauen Lemuren, Lemuren sie werden braten und essen, Lemuren nicht Vegetarier wie Einstein, bitteschön.
Jonas: Offensichtlich.
Palma: Korf, Jonas, da ist Korf.
Jonas: Richtig, da war er, am Rand rechts, ganz allein, wahrscheinlich war er den Lemuren zu alt und zu zäh, er trug eine Art Nachthemd und steckte in einem Einkaufswagen vom Supermarkt, Arme und Beine hingen über den Rand, er bewegte sich kaum, starrte teilnahmslos vor sich hin.
Palma: Holen wir ihn raus, Jonas.
Jonas: Deshalb sind wir ja hier. Die Frage ist wie.
Sam: Merke. Die alten Tricks sind meist die besten.
Jonas: Sagt wer.
Sam: Sagt Sammy du Dumpfbacke.
Jonas: Schockgranate zum zweiten.
Sam: Grünau.
Jonas: OK, Jonas wirft Granate, Butterfly rennt los, schnappt sich den Einkaufswagen, kommt damit zurück.
Palma: Alles klar. Sie halten mir den Rücken frei Jonas.
Jonas: Mit der Schrotflinte. Countdown Sammy, fang an.
Sam: Zu Befehl. Countdown. Piep.
Einstein: Was sein Schockgraten bitteschön.
Sam: Wirst du gleich hören du Spotgeburt aus Quark und Weißkohl.
Jonas: 3,2,1, zero. Bumm. Lemuren schwer geschockt, Butterfly flitze Richtung Korf, Jonas flitzte auch zur Feuerstelle, wo die Gefangenen klagen, Jonas zerschnitt Karlas Handfesseln, und ließ das Messer neben ihr liegen, eine Hand wäscht die andere. Vor zwei Jahren hatte Karla Jonas geholfen, jetzt half Jonas Karla, Hilfe zur Selbsthilfe, alles weitere war ihre Sache. Jonas folge Butterfly in den Korridor, rückwärts, die Schrotflinte im Arm, unnötige Vorsicht, die Lemuren kamen uns nicht nach. Schock, oder sie wollten sich nicht von ihrem Braten trennen.
Korf: Aua, der Verfall der… in diesem unseren Lande. Au. Wohlstand, Ordnung, Recht und Freiheit, au, das tut doch weh.
Palma: Erkennen Sie mich, Herr Dr. Korf, wissen Sie nicht mehr, wer ich bin.
Korf: Mama, tut weh, meine Verdienste um die europäische Einigung in diesem unserem Verfall, au. Aufhören.
Jonas: Recht hat er. Lassen Sie’s langsamer angehen, Butterfly, sonst schmeißen Sie den Kinderwagen noch um. Sie sollten Ihr altes Baby mal windeln, Mutterfly.
Palma: Sehr komisch.
Korf: Mama. Nach Hause, Herbert will nach Hause.
Jonas: Wir tun was wir können, Dr. Korf.
Einstein: Gehen Freunde zurück nach oben bitteschön?
Jonas: Das hoffen wir, Einstein.
Einstein: Nehmen Einstein mit, bitteschön.
Sam: Mama, Einstein will nach Genlabor.
Jonas: Ja, Einstein wir nehmen dich mit. Kennst du den Weg zur alten Metrostation, wo wir runtergekommen sind?
Einstein: O ja, Einstein kennen Weg, Einstein kennen Abkürzung. Freunde folgen Einstein bitteschön, Freunde haben Vertrauen zu Einstein.
Sam: Holdriadidö. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, sagt Shakespeare.
Jonas: Wirklich Sammy. Also los, Lauf voraus, Einstein, ich behalt dich im Auge.
Einstein: Freunde eng zusammenbleiben, bitteschön, Weg sehr gefährlich.
Jonas: Das glaub ich dir aufs Wort, verfressene Lemuren, deine ebenso verfressenen Artgenossen.
Einstein: Und Grauen der Tiefe, Freunde, noch schlimmer noch gefährlicher.
Palma: Grauen der Tiefe, was ist das?
Einstein: Plötzlich sich öffnen Loch im Boden, ganz tief, ganz schwarz, unten Geräusch, unten Bewegung, ganz böse, ganz schrecklich, Grauen der Tiefe, haben nicht Namen, haben nicht Gestalt.
Korf: Mama, nach Hause.
Sam: Und Sammy macht jetzt Pause.
Jonas: Wir waren lange unterwegs, manchmal ferne Lemurentrommeln, manchmal nahes Rattenrascheln. Keine besonderen Vorkommnisse, vorerst. Die Gänge wurden niedriger, wärmer, feuchter und muffiger. Es roch nach Müll, nach Tod und Verwesung, Jonas löste Butterfly ab, übernahm Wagen und Korf, der hatte den Daumen im Mund und schlief. Der Abfallgestank nahm zu. Jonas sah hoch. Einstein, Wo war Einstein?
Palma: Ein Stück voraus hinter der Ecke, er hatte es auf einmal sehr eilig. Einstein.
Jonas: Einstein wo steckst du.
Sam: Wer ist er, der liebe Einstein. Verschwunden, abgehauen. Und mein Volltrottel von Jonas sitzt mächtig in der Kacke.
Jonas: Da ist was dran, Sammy. Einstein!
Sam: Jaja, brüll du nur als wie ein Nebelhorn im Stimmbruch. Es wird dir nimmer was nützen: Selber schuld du Schwachkopf. Trau schau wem.
Jonas: Sagt Shakespeare, sagt Morgenstern.
Sam: Und Sammy.
Jonas: Ich sag dir was Sammy, ihr habt recht, alles drei. Wo sind wir, Butterfly, was sagt die Karte.
Palma: Gar nichts. Keine Ahnung, wo wir sind.
Sam: Jedenfalls nicht auf dem rechten Weg nach Hause, soviel steht fest geschätzt-er Herr, liebwerte Dame. Tief unter dem Reservat, tief unter der Versorgungsebene, im Zentrum, der Unterwelt. Nein, nicht bei Jacque Offenbach, nein nein im Herzen der Finsternis. So sieht’s aus Leute. Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald.
Jonas: Schnauze.
Sam: Sammy hat doch nur versucht zu warnen und zu mahnen, doch fand er Gehör, nein, mitnichten. Es war so finster und auch so bitter kalt.
Jonas: Schluß mit dem Konzert Sam. Mach dich nützlich.
Sam: Mach dich nützlich. Mach dich nützlich. Kann es denn wahr sein, o ihr Völkerscharen, Sammy wird gebraucht. Sammy wird benötigt. Halleluja und abermals Halleluja.
Jonas: Amen. Roll vor und kuck vorsichtig um die Ecke, und vor allem halt den Mund.
Palma: Sie sprechen mir aus der Seele, Jonas.
Sam: Halt den Mund.
Jonas: Sam rollte und linste ums Eck, nach ein paar Sekunden fuhr er seinen Gummifinger aus und winkte uns, heftig. Jonas und Butterfly sahen sich an, zuckten die Achseln, folgten Sam. Wir standen und starrten durch unsere Infrarotbrillen, vor uns lag eine ungeheure Höhle, weiter als der Europaplatz in Babylon, höher als der Holoturm, aber deshalb starrten wir nicht, wir starrten, weil sich mitten in der Höhle eine gewaltige Kathedrale erhob, ein Riesenbau aus Müll, aus Abfall und Lumpen, aus Draht und Blech, aus Plastik und Knochen, und wir starrten wegen der Ratten, es waren tausende, abertausende, vielleicht Millionen, sie quiekten nicht, sie raschelten nicht, sie waren ganz still, und sahen mit leuchtenden Knopfaugen zum Eingang, wo wir standen, ganz vorn ein heller Fleck im graubraunen Rattenteppich, Einstein, neben ihm ein monströses Wust, eine Ballung, eine Masse, so groß und so rund wie das Rad eines Supertrucks. Ein Knäuel von mehr als 100 Ratten, zusammengewachsen, ineinander verfilzt, an den Schwänzen verknotet.
Palma: Der Rattenkönig.
Jonas: Vor seinem Palast.
Sam: In seinen Unterhosen und mit seinen Untertaten. Die warten auf uns.
Palma: Einstein du Verräter.
Sam: Jawohl du treulose Tomate, lasche Pflaume, falscher Funfziger.
Einstein: Einstein es sich haben überlegt, Einstein wollen nicht in Genlabor, Einstein bleiben hier in Unterwelt bei Genossen. Ratten jetzt nehmen Einstein auf, Ratten lieben Einstein, Einstein ihnen bringen drei fette Menschen.
Palma: Fett? Ich oder Korf?
Jonas: Von Jonas ganz zu schweigen.
Einstein: Einstein bringen Waffen.
Sam: Und einen Computer nicht zu vergessen.
Einstein: War Einstein Vergnügen. Bitteschön. Bye bye Freunde.
Palma: Was tun wir?
Jonas: Zwei Optionen, wir lassen uns fressen, oder wir laufen weg. Suchen Sie sich eine aus, Butterfly.
Palma: Drei Optionen, wir kämpfen und gehen unter als Helden.
Jonas: Ohne mich, lassen Sie die Schwerter stecken, Butterfly, die bringen hier gar nichts. Wenn ich los sage, nehmen Sie den Wagen und sehen zu, daß Sie verschwinden, zurück durch den Gang.
Palma: So. Und Sie Jonas.
Jonas: Ich decke den Rückzug.
Palma. Womit. Schockgranaten zu Dritten.
Jonas: Äh äh. Nicht effektiv genug. Flammenwerfer. Das beste gegen Ratten und anderes Ungeziefer. Sammy?
Sam: Jawohl. Bei der Arbeit.
Jonas: In die Tasche.
Sam: Ach nein. Nicht schon wieder.
Jonas: Los.
Jonas: Mit dem ersten Feuerstrahl erwischte ich Einstein, er wurde erst rot und sehr laut, dann schwarz und still, der zweite Strahl für den Rattenkönig, er ging in Flammen auf, quiekte wie am Spieß, verschmorte zu einem unförmigen Klumpen, die Ratten drehten durch, die vorderen wollten zurück, die hinteren drängten nach vorn, sie krabbelten und quietschten, Jonas trat zwei Schritte zurück und schwenkte die Düse, bis der Tank leer war. Ziel erreicht. Der Ausgang der Höhle war dicht, verstopft durch einen Wall verkohlter Rattenleichen, bis die Überlebenden sich durchgebissen hatten, würde es dauernd. Wir waren sicher, fürs erste.
Sam: Kein Grund, faul rumzulümmeln, allerwerteste Sportskameraden, auf auf hopp hopp, hip hip hurra, den letzten beißen die Ratten.
Korf: Mama was ist, kommen die Russen.
Jonas: Keine Angst Herbert, schlaf weiter. Wir bringen dich nach Hause.
Korf: Ja, nach Hause.
Jonas: Du weißt wo’s langgeht Sam.
Sam: Jawohl. Eisern und magnetisch. Will sagen mittels meines vollintegrierten Kompasses Nordnordwest. Herr Flottenkapitänsflottillenadmiral.
Jonas: Dann übernimmst du die Führung.
Sam: Aye aye Sir, gerade aus, backbord, backbord ihr Landratten. Links.
Jonas: Links, rechts, gerade aus, Gänge, Höhlen, Schächte, nach 4 Stunden hatten wir es fast geschafft, es wurde Zeit, die Lemuren fingen wieder an zu trommeln und in der Dunkelheit hinter uns leuchteten Rattenaugen.
Sam: Jawohl und nun wieder rechts, und nach 100 m wieder links, ja, so ist schön, voila, da wäre er, der Schacht zur verlassenen Metrostation, der Weg zur Oberwelt, zum Lichte, zur Sonne, zur Freiheit.
Jonas: Wo Ihre Parteisoldaten auf uns warten, Butterfly, hoffe ich jedenfalls.
Palma: Seien Sie unbesorgt, Jonas, die warten, aber nicht auf uns, auf mich, nur auf mich.
Jonas: Was heißt… Au!
Jonas: Butterfly war das Schlußlicht, mit meiner Schrotflinte, um die Ratten auf Abstand zu halten, ein schwerer Fehler, weil sie so in aller Ruhe Jonas den Kolben über den Schädel ziehen konnte, ich trat kurz mal aus, nicht lange, ein paar Sekunden, als ich zurückkam war ich gefesselt und an Korfs Wagen gebunden.
Palma: Tut mir wirklich leid um Sie, Jonas, Sie sind kein übler Typ, aber ich habe strikten Parteiauftrag von allerhöchster Stelle.
Jonas: Saladina Sack.
Palma: Persönlich.
Jonas: Ihr wollt euch die viertel Million sparen.
Palma: Das ist es nicht.
Jonas: Hahaha, Jonas weiß zu viel, wie sie in den Holokrimiserien sagen.
Palma: Das schon eher. Zurück, ihr seid noch nicht dran.
Korf: Hilfe, die Russen kommen, die Chinesen kommen, die Fundamentalisten kommen.
Palma: Halts Maul, Herbert, Sie sind nur Zugabe, Jonas. Es geht um Korf, er darf die Partei nicht noch mal in solche Schwierigkeiten bringen.
Jonas: Sie haben den Auftrag Korf umzubringen.
Palma: Natürlich. Sobald wir ihn den Entführern abgenommen haben, wir machen reinen Tisch, kein Ehrenvorsitzender mit Alzheimer mehr, der gekidnappt oder im Holo vorgeführt werden kann, hätten wir schon längst tun sollen, aber die Parteiführung war damals zu sentimental.
Sam: Naja, Pietät ist es eine Zier doch besser geht es ohne ihr.
Palma: So ist es. Seionara, Jonas, hat Spaß gemacht mit ihnen durch die Unterwelt zu ziehen.
Jonas: Nehmen Sie uns nicht mit Butterfly.
Palma: Wozu, ich überlasse Sie den Ratten. Ob ich Ihnen den Kopf abschlage oder ob die Sie fressen.
Jonas: Ratte wie Hose.
Palma: Und ich gewinne Zeit. Während sich die Tierchen mit Ihnen und Korf beschäftigen, bringe ich mich in Sicherheit. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Also dann.
Korf: Nach Hause, Herbert will nach Hause.
Jonas: Jonas auch, aber da sah ich schwarz. Für uns beide. Sam hatte auch keine rettende Idee und ging auf Tauchstation. Hinter uns wurde es lauter, rascheln, knistern, quieken, sie kamen, rachedurstig und hungrig. Plötzlich zuckte Jonas zusammen. Eine Berührung, am Rücken. Eine Ratte, ein Lemur?
Karla: Weder noch, Jonas. Eine alte Bekannte.
Jonas: Karla! Wie ich mich freue, Sie wieder zu sehen.
Karla: Das glaub ich Ihnen. So, Sie sind frei, Jonas. Eine Hand wäscht die andere.
Sam: Alter Toilettenspruch.
Karla: Bis zum nächsten Mal.
Jonas: Danke Karla.
Jonas: Weg war sie, das war ihr Stil, sie ging ihre eigenen Wege, allein. Jonas stand auf, griff sich den Wagen mit Korf, die Ratten waren noch ein Stück entfernt.
Sam: Links. Links müßt ihr steuern.
Jonas: Halt ein Schrei.
Sam: Die Woge trieb das Boot zu lande und sicher vor die…
Jonas: Schön, daß du dich mal wieder hören läßt, Sammy, jetzt wo alles vorbei ist.
Sam: Vorbei, was heißt vorbei. Los, du Mutter aller Tränentiere, links.
Jonas: Links, hast du nicht vorhin gesagt rechts.
Sam: Ja, vorhin, jetzt links, Abkürzung zum Metroschacht. Gar nichts ist vorbei, du geistiger Trockenschwimmer, wir haben noch ein gar gewaltig Suppenhuhn zu rupfen, mit Genossin Palma Kunkel, ihren zahlreichen Fans auch bekannt als Madam Butterfly. So und jetzt rechts durchs Loch. Vorsichtig, Kopf einziehen, das edle Teil in Gefahr wäre…
Jonas: Wie Sammy es gemacht hat weiß ich nicht, aber als Jonas um die letzte Ecke guckte, stelle er fest, daß er Butterfly den Weg ins Freie abgeschnitten hatte, sie be-wegte sich auf uns zu, langsam rückwärts, meine Schrotflinte im Anschlag. Die Rat-ten hielten sich weit zurück, gut so, ich ließ den Wagen stehen, Korf schlief gerade mal wieder. Auch gut. Ich nahm Sam aus der Tasche und setzte ihn auf den Boden.
Sam: Was liegt an Chef?
Jonas: Kleines Ablenkungsmanöver, Sam. Du rollst zurück, ganz leise, bist du Madam erreicht hast, dann fährst du ihr über die Zehen und machst.
Sam: Piep.
Jonas: Genau so Sam, sie hält dich für eine Ratte, kriegt einen Schreck.
Sam: Und den Rest erledigen eure Gewalttätigkeit auf gewohnt handgreifliche Manier. Haha. Ist recht. Verlassen Sie Ihnen voll und ganz auf mir, wie der Professor für Sprachwissenschaft sagte. Piep. Piep. Piep…
Palma: Ih eine Ratte.
Sam: Mit so nem langen Schwanz.
Jonas: Es klappte. Einen Moment paßte Butterfly nicht auf, Jonas stand hinter ihr und legte ihr die Hände um den Hals. Sie war zu überrascht um sich zu wehren, und als sie’s dann doch versuchte, ging ihr die Luft aus, ich nahm ihr die Schwerter weg und warf sie weit zurück in den Gang, dann ließ ich sie fallen, ging zu Korf und wartete, mit schußbereiter Schrotflinte, bis sie zu sich kam.
Palma: Was was ist.
Jonas: Hier bin ich Butterfly, stehen Sie auf, schneller.
Palma: Hören Sie Jonas…
Jonas: Und jetzt laufen Sie, andere Richtung, zurück, so ist es gut, da hinten liegen ihr Schwerter, wenn Sie sich beeilen, sind Sie vor den Ratten da. Sie wollten doch kämpfen und heroisch untergehen. Schneller.
Palma: Hei.
Jonas: Viel Glück mein kleiner Samurai.
Jonas: Ich ging nicht an der Metrostation raus und natürlich auch nicht durch den Keller im Heim, Jonas kennt noch mehr Ausgänge aus der Unterwelt. Es war nicht leicht, Korf nach oben zu bugsieren und ihn durchs nächtliche Reservat ins stille Westend zu schaffen, zu dem exklusiven Pflegeheim, das Sammy ausgekuckt hatte, da lieferte ich ihn ab, meinen entfernten Großonkel, falscher Name, falsche Identität, falsche Daten in allen relevanten Systemen, darum kümmerte sich Sam, das kann er, das ist seine Spezialität. Das Pflegegeld besorgte er auch.
Sam: 6000 Euros pro Monat, Herr Oberfinanzdirektor, für 10 Jahre im Voraus.
Jonas: Moment Sammy. 6000 mal 12, das macht äh…
Sam: Schone deine kleinen grauen Zellen, Monami, denn du hast derer nicht viele. Doppelpunkt: 720.000.
Jonas: 720.000 Euros.
Sam: Ja, überwiesen und quittiert, alles in Butter.
Jonas: Wo hast du denn so viel Geld her.
Sam: Ja vom Konto der WORF, poetische Gerechtigkeit nennt solches der Gebildete.
Jonas: Kennst du den Code.
Sam: Ach Gott. Sowas nimmt man mit, für alle Fälle, wenn man beispielsweise Gelegenheit hat in einem gewissen E-Lieferwagen das Datensystem einer gewissen Partei gewissermaßen von hinten aufzureufeln. Comri Missio.
Jonas: Und wenn die rauskriegen, wo ihr Geld geblieben ist.
Sam: Nein nein, nein, keine Panik auf der Andrea Doria. Sammy hat alle Spuren bestens verlappt, er meint, verwischt.
Jonas: Wenn das so ist, Sammy, dann hol mir doch auch gleich mein Honorar vom Parteikonto. Ich glaub nicht, daß die mir das freiwillig überweisen.
Sam: Ja das mach mer Alter, sollst auch net leben wie ein Hund.
Jonas: Aber diesmal mußte Sammy passen, ausnahmsweise. Was war passiert. Die Partei hatte sehr schnell gemerkt, daß ein Unbefugter Unbekannter einen Haufen Geld von ihrem Konto abgezockt hatte und sofort den Code geändert. So ging’s also nicht, aber vielleicht anders. Jonas ließ sich mit Saladina Sack verbinden und verlangte sein Geld.
Sack: Gestatten Sie daß ich lächle, Herr Jonas. Wo ist Korf?
Jonas: Wo Sie ihn nie finden, Frau Sack, ich hab ihn versteckt, gut versteckt.
Sack: So. Was ist mit Palma Kunkel?
Jonas: Unten geblieben.
Sack: Ah ein Vorschlag Herr Jonas liefern Sie uns Korf dann kriegen Sie ihr Honorar.
Jonas: Hm. Ein Gegenvorschlag, Frau Sack, wenn Sie nicht zahlen, liefere ich Korf an die nächste große Holostation.
Sack: Das werden Sie nicht tun.
Jonas: Wollen Sie’s darauf ankommen lassen.
Sack: Sie kriegen Ihr Geld, Herr Jonas, aber keine viertel Million, das ist nicht drin, 10.000 Euros wie ursprünglich vereinbart. Guten Tag.
Jonas: Immerhin. Wie heißt er jetzt unser Freund Korf?
Sam: Rabe, Ralf Rabe.
Jonas: Merkwürdiger Name. Morgenstern.
Sam: Korrekt, euer Ehren. Der Rabe Ralf ruft schaurig rah, das End ist da, das End ist da. Und nun kommt Sammy mit Tari tari taralalla.
Das war Unterwelt. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Kornelia Boje, Susanne Schwalm, Hans Jürgen Silbermann, Hans Stetter und andere (Petra Bischof, Erwin Weigel, Werner Klein, Ursula Rehm). Ton und Technik: Daniela Röder und Günter Heß. Assistenz: Holger Buck. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1995. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Kopfjäger
Jonas: Der Klimadom war kaputt. Endgültig. Die Schleusen des Himmels hatten sich geöffnet. Babylon soff ab. Sintflut. Weltuntergang. Großalarm.
Sam: Tatü Tata…
Jonas: Das Wasser stieg und stieg. Als es mir in Mund und Nase lief, wachte ich auf. Kein Wasser, keine Sintflut. Ein Traum. Aber der Alarm war noch da. Unüberhörbar. Innervierend. Sam, natürlich, Sammy, wer oder was sonst.
Jonas: Halts Maul. Wie spät?
Sam: Drei Uhr 17 Minuten und 9 Sekunden, wenn’s beliebt, Tatü Tata!
Jonas: Mitten in der Nacht. Machst du einen widerlichen Radau. Was ist los?
Sam: Alarmstufe Rot, Genosse. Knallrot. Feuerrot. Priorität 1a. Jetzt nimm endlich ab, das Fon. Tatü Ta…
Jonas: Jajajajaja. Jonas. Nur Jonas, der letzte Detektiv. Wenn Sie mich wegen irgendwelchem Pipifax geweckt haben, wird’s Ihnen Leid tun.
Pelican: Pipifax? Ihr Leben will ich retten!
Jonas: Doch nicht so früh, aber nett von Ihnen. Augenblick. Woher kommt der Anruf, Sam?
Sam: Piep. Supermedia Betriebskrankenhaus.
Jonas: Supermedia, einer der größten Holoanbieter, der größte, genaugenommen. Neben Network. Der Boß heißt Beringer, Adolf Beringer, zweimal waren wir zusammengerasselt, und zweimal hatte Jonas knapp nach Punkten gewonnen.
Sam: Siehe Fall Megastar. Siehe Fall Westfront.
Jonas: Olle Kamellen, Sammy, geh auf Bildfon.
Sam: Ja.
Pelican: Genau was ich Ihnen vorschlagen wollte, Herr Jonas, damit Sie wissen daß es mir ernst ist.
Sam: Der hat was am Kopf, Chef.
Pelican: Was sehen Sie, Herr Jonas?
Jonas: Eine weiße Kugel, ihr ehrenwertes Haupt, wie ich vermute, verbunden und umwickelt, wer sind Sie?
Pelican: Peter Pelican, besser bekannt als Pepe mit der roten Nase. Sagt Ihnen nichts? Supermedias berühmter und beliebter Holoclown.
Jonas: Aus Kidishows mache ich mir nichts, Herr Pelican, aber ich kenne Sie natürlich, das heißt Ihren Namen.
Sam: Siehe Fall Weihnachtsmärchen.
Jonas: Weihnachten 2013, vor einem viertel Jahr. Da hatte ich Pelican ein Fax geschickt, es ging um seinen schärfsten Konkurrenten, um Conrad Coburg. Coco mit dem goldenen Herzen, Networks berühmten und beliebten Holoclown. Jonas hatte ein paar häßliche Dinge über Coburg rausgekriegt. Organschiebereien, Kinderhandel, gar nicht gut fürs kinderliebe Image. Jonas hatte Pelican informiert, und der hatte die Sache an die Öffentlichkeit gebracht. Coburg verlor seinen Job, seinen Ruf und jede Chance auf einen neuen Anfang.
Pelican: Deshalb ruf ich Sie an, Herr Jonas, wegen Coburg.
Jonas: Wollen Sie sich bedanken.
Pelican: Genau das, Herr Jonas, mit Rat und Tat gewissermaßen. Coburg ist nämlich total ausgerastet, er ist untergetaucht und hat gewaltige Kopfgelder ausgesetzt auf alle, die an seinem Sturz beteiligt waren, auf mich, auf Ihre Kollegin Valerie.
Jonas: Genannt die allerletzte Detektivin.
Sam: Oder auch Val, von wegen Jonas und der Wal, hahaha, ja, das ist ein Witz.
Pelican: Ach so.
Sam: Ja.
Jonas: Sam ist mehr als ein Witzbold, viel viel mehr. Es ist Rechner, Redner, Lexikon, Sprücheklopfer, Musikmacher, Radaubruder, Krawalltüte, Nervensäge, unschätzbare Hilfe für seinen Herrn und Meister, wenn ihm danach ist. Clevere Spinne im Internet, rücksichtsloser Geisterfahrer auf der Datenautobahn, Sam ist mein Computer, klein drahtlos, verwegen. Und laut.
Sam: Worauf Hochwürden einen lassen können.
Pelican: Ihr Kopf ist der teuerste. Herr Jonas.
Jonas: Wie teuer?
Pelican: Eine halbe Million Euros hab ich gehört.
Sam: Ist er nicht wert.
Jonas: Gehört, von wem, Herr Pelican.
Pelican: Von den beiden Schlägern, die mich überfallen haben, gestern im Parkhaus von Supermedia, zum Glück kam gerade der Werkschutz vorbei, sonst wäre ich jetzt tot.
Jonas: Danke für die Warnung, Herr Pelican.
Pelican: Ich kann mehr für Sie tun als Sie warnen, Herr Jonas. In dankbarer Anerkennung ihrer Verdienste um Supermedia macht Ihnen die Leitung unseres Hauses ein Angebot.
Jonas: Beringer? Kann ich mir nicht vorstellen, der ist nicht gerade ein Freund von Jonas.
Pelican: Herr Beringer kümmert sich nicht um Details, Herr Beringer bestimmt nur noch die großen Linien der Programmpolitik von seiner Villa auf Lanzarote aus, das Angebot macht ihnen unser geschäftsführendes Direktorium.
Jonas: Und zwar?
Pelican: Wir offerieren ihnen einen erstklassigen Bodyguard, Herr Jonas, zu ihrer freien Verfügung, bis Coburg gefaßt ist.
Jonas: Sagen Sie Ihrem geschäftsführenden Direktorium besten Dank.
Sam: Ding dong heißen Dampf.
Pelican: Sie nehmen an, Herr Jonas.
Jonas: Nein, Jonas kann auf sich selbst aufpassen.
Pelican: Wie Sie wollen, Herr Jonas, rufen Sie mich an falls Sie Ihre Meinung ändern.
Jonas: Am nächsten Morgen mußte ich früh raus, aus dem Bett, aus meinem Büroapartment, aus dem Haus. Die Stadt Babylon wollte was von Jonas, dringend, 100 Euros jedes Viertel Jahr, dafür kriegte ich einen Stempel in meine Lizenz vom Amt für Freiberufler, Unterabteilung 1113 (F13), Hostessen, Spieler, Privatdetektive, im Bezirksrathaus, nicht weit, an der Piazza Sewastopol. Ich ging zu Fuß, zügig aber vorsichtig, hielt mich dicht an den Wänden, sah mich öfter um. Nichts Verdächtiges in Sicht, kein Coburg, kein Kopfjäger. Überhaupt wenig Passanten um diese Zeit. Eine Frau mit Kinderwagen, oben an der großen Freitreppe zur Piazza, als Jonas vorbei kam, knickte plötzlich ihr linkes Bein weg, sie griff sich an die Wade, ließ den Wagen los, der fing an zu rollen, über die Stufen nach unten, immer schneller.
Frau mit Kinderwagen: Baby? Hilfe, Sie, mein Herr, bitte, laufen Sie, halten Sie den Wagen fest, retten Sie mein Baby, ich kann nicht, ein Krampf, bitte!
Jonas: Ritter Jonas sprintete die Stufen runter, dem Wagen nach. Irgendwie kam mir die Situation bekannt vor. Ein Kinderwagen, der eine Treppe runterrollt, das hatte ich schon mal gesehen. Und Sam wußte wo.
Sam: Auf der Leinwand, du Alzheimer, in der Kinemathek, Panzerkreuzer Panjunki. Uraltfilm, schwarzweiß, black and white und äh
Jonas: Und was und?
Sam: Stumm.
Jonas: Halt die Backen, Sammy, keine Zeit für cineastische Reminiszenzen.
Sam: O Gott o Gott, wer hat dir bloß so schwere Wörter gelernt.
Jonas: So, gleich hab ich den Wagen.
Sam: Nein.
Jonas: Doch. Noch zwei Schritte.
Sam: Kein Baby im Wagen. Bloß Metall und Plastik.
Jonas: Ein Robot?
Sam: Mit Babyvokoder. Alarm! Alarm! Alarm! Alarm! Alarm!
Jonas: Ich sah kurz über die Schulter, die Frau war verschwunden, Sam in meiner Tasche brüllte mit dem Robobaby um die Wette. Jonas machte einen Hechtsprung zur Seite, weg vom Kinderwagen. Keine Sekunde zu früh.
Sam: Alarm, ne Alarm vorbei, Bombe explodiert, Kinderwagen zertrümmert. Wie sieht’s aus, Chef, Leben noch frisch?
Jonas: Im Prinzip ja, Sammy, ein paar Abschürfungen, eine Beule am Kopf.
Sam: Naja, allwo sie keinerlei Schaden anrichten dürfte.
Jonas: Ein Helikopter direkt über Jonas, laut und bedrohlich, noch ein Attentat? Ich zog den Revolver, sah nach oben.
Alouette: Wunderbar, bleib so, Jonas, so verdattert, halt diesen dämlichen Ausdruck, perfekt, Privatdetektiv unter Schock nach Babyattacke, danke, rühren, jetzt noch ein paar Meter Kinderwagentrümmer.
Jonas: Kein Attentäter. Alouette, Babylons bekannte Heli-Reporterin, tag und nacht ist sie unterwegs in ihrem Helikopter, über den Straßen und Plätzen der großen Stadt, immer auf der Suche nach einem knackigen Unfall, einem saftigen Massaker, wenn sie was findet, geht sie runter und schießt, mit ihrer Holokamera.
Alouette: So, das reicht für einen 10-Sekundenspot in der Bezirkssendung auf Supermedia Lokal. Machs gut Jonas. Man sieht sich.
Jonas: Man sieht sich, man kennt sich, man mag sich sogar, im allgemeinen sind Heli-Reporter unbeliebt, nicht bei Jonas. Alouette macht ihren Job, wie ich meinen. Dieselben Typen, die Alouette Aasgeier schimpfen, kriechen fast in den Holokasten, wenn ihr Material läuft. Jonas holte sich den Stempel. Keine besonderen Vorkommnisse auf dem Nachhauseweg.
Sam: Whisky Sir.
Jonas: Besser nicht, Sammy, besser klaren Kopf behalten. Sojakaff, so schwarz wie meine
Sam: Füße?
Jonas: Wie meine Stimmung.
Sam: Hehe.
Jonas: Das war knapp eben auf der Piazza.
Sam: Ja, ein wahrlich cleveres Szenario, oh du Schutz der Witwen, Schirm der Waisen, Retter der Enterbten, Verderbten, Gekerbten, Versterben.
Jonas: Genervten.
Sam: Was?
Jonas: Auch wenn sich’s nicht ganz reimt.
Sam: Hilflose Frau, rollender Wagen, schreiendes Kind, da muß mein Jonas ja seinen Verstand ausknipsen, das bißchen Rest, was er sein Eigen nennt.
Jonas: Das war Profiarbeit, Sam, vielleicht Ex und Hopp, oder Freischaffende.
Sam: Tja, sollten euer Leichtfertigkeit jetzt nicht doch lieber den Pelican fonen. Von wegen des offerierten Bodyguards.
Jonas: Sollte ich, Sammy.
Sam: Hinweg mit dem Schwanken, dem Zaudern und Kranken, denn siehe er ist es, welcher uns da font, hmh, der Liebling der Kleinen, der Großmeister der Komik.
Jonas: Ja?
Pelican: Pelican. Haben Sie’s schon gehört, Jonas?
Jonas: Daß ich fast in die Luft geflogen wäre.
Pelican: Sie, wieso Sie, nein Ihre Freundin Valerie hat’s erwischt in ihrem Miniapartment in der Südstadt.
Jonas: Bombe?
Pelican: Ganz altmodische Buschmesser. Ein Blutbad. Sehen Sie sich in den Holonews an.
Jonas: Arme Valerie.
Sam: Requiescat in pace. Aus ihr wäre nie eine gute Detektivin geworden, nein nein. Amen.
Pelican: Was halten Sie jetzt von unserem Angebot, Herr Jonas.
Jonas: Schicken Sie ihn in Gottes Namen rum Ihren Bodyguard.
Pelican: Gratuliere, Herr Jonas, ein äußerst vernünftiger Entschluß.
Jonas: Wer weiß, aber das würde sich zeigen. Gut zwei Stunden später war er da.
Wayne: Ihr Bodyguard, Herr Jonas, von Supermedia.
Jonas: Kommen Sie rein, die Tür ist nicht abgeschlossen.
Wayne: Doch nicht so, Herr Jonas. Machen Sie bitte die Tür weit auf und stellen Sie sich so, daß ich Sie von außen sehen kann.
Jonas: Kein Grund zum Mißtrauen, Cowboy, ich bin ihr Schützling. Ich tue ihnen nix.
Wayne: Professionelle Routine, Herr Jonas.
Jonas: Kommen Sie schon rein, Cowboy, weisen Sie sich aus.
Jonas: Er war jünger als Jonas, etwas kleiner, genauso breit. Dokumente in Ordnung, Wayne hieß er, Jim Wayne, Ausbildung auf der Bodyguard-Akademie Dallas, Texas, ein Gastsemester in Grosny, Abschluß summa cum laude, diverse Einsätze, alle erfolgreich, soweit so gut, Sammy mochte ihn nicht, warum?
Sam: Keine Ahnung euer Ehren, aber ich komm schon noch dahinter.
Wayne: Riegel vor. Ihre Tür sollte immer verschlossen sein, Herr Jonas, Fenstervorhänge zu, haben Sie keine Jalousie, Herr Jonas, kein Rollo, bodenloser Leichtsinn, Herr Jonas, setzen Sie sich auf den Fußboden.
Jonas: Langsam, Cowboy.
Wayne: Nennen Sie mich Jim, Jonas.
Jonas: Nennen Sie mich Herr Jonas, Cowboy, jetzt setzen Sie sich mal hin und hören mir zu, in meinem Büroapartment hat nur einer das sagen.
Wayne: Jawohl, Jonas, Jonas, der große, der mächtige, der einzige und Sammy, sein Prophet, merken Sie sich das gefälligst, gell.
Jonas: Alles klar, Cowboy.
Wayne: Aber das ist professionelle Routine, Herr Jonas, das muß so sein.
Jonas: Das haben Sie so gelernt Cowboy, in Dallas und in Grosny, hier ist Babylon, Cowboy, hier bestimmt Jonas, wo’s langgeht, Sie laufen hinterher, Cowboy, und passen schön auf. Und wenn Ihnen das nicht paßt, dann nehmen Sie Ihr Bodyguarddiplom und
Sam: Und schieben es sich da rein wo’s weh tut, nämlich quer.
Jonas: Und verschwinden wieder, verstanden, Cowboy?
Wayne: Kein Problem, Herr Jonas, Sie sind der Boß. Was haben Sie vor?
Jonas: Wir werden uns nicht im Haus verschanzen und abwarten, Cowboy, viel zu passiv, wir werden aktiv. Wir gehen raus.
Wayne: Wie Sie meinen, Herr Jonas. Wir gehen raus. Wohin?
Jonas: Hinter den Anschlägen steckt Conrad Coburg, korrekt.
Wayne: Korrekt Herr Jonas.
Jonas: Wenn wir Coburg schnappen, hören die Anschläge auf, korrekt.
Wayne: Korrekt Herr Jonas.
Sam: Herr Lehrer, Herr Lehrer, darf Sammy was fragen.
Jonas: Von mir aus Sam.
Sam: Wo finden wir den Coburg Genosse, na, wo steckt der Schuft, wo hat er sich verkrochen.
Jonas: Gute Frage Sammy.
Wayne: Die ich ihrem Computer vielleicht beantworten kann Herr Jonas. Herr Pelican hat mir nämlich einen Tip gegeben.
Jonas: Coburg war nicht immer der berühmte Holoclown von Network gewesen, Coburg hatte klein angefangen, ganz klein, als Studioarbeiter bei Supermedia vor langer langer Zeit, als Holoserien noch nicht digital produziert wurden, sondern real, mit wirklichen Schauspielern, mit echten Requisiten in richtigen Studios. Jonas kannte das verlassene Studiogelände von Supermedia.
Sam: Siehe Fall Megastar, zweieinhalb Jährchen sind’s nun her.
Jonas: Viel wird sich da nicht verändert haben, Sammy, ein bißchen mehr Staub, ein bißchen mehr Müll.
Sam: Absolute dead trouser, Sir, tote Hose.
Wayne: Das perfekte Versteck für einen gesuchten Verbrecher falls Sie mir die Bemerkung gestatten, Herr Jonas, und falls Sie vorhaben, das Studiogelände aufzusuchen, Supermedia stellt ihnen eine E-Limousine zu Verfügung.
Jonas: Die stand auf der Straße vor dem Haus, Jonas durfte nicht gleich einsteigen, erst legte sich der Cowboy auf den Rücken und schob sich unter den Wagen, wegen Haftladungen etc. Professionelle Routine.
Wayne: Reifen OK, Leitungen auch, jetzt noch der Akku.
Killer: Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv?
Jonas: Wer will das wissen?
Killer: Mein Laserstrahler. Ahh…
Jonas: Schnell war er, der Cowboy, ehe ich meinen Revolver aus dem Halfter hatte, zog er eine abgesägte Schrotflinte aus dem Hosenbein. Der bedröhnte Typ kam gar nicht mehr dazu seinen Laser abzudrücken, er fiel um, in einem Feuerwerk blutiger Fontänen.
Wayne: Mit der Schrothflinte arbeite ich gern, Herr Jonas, viel zuverlässiger als ein Laser. Unter uns, Herr Jonas, sie macht so ein befriedigendes Geräusch.
Alouette: Da ist also wirklich was dran Jonas?
Jonas: Woran Alouette?
Alouette: Daß ein hohes Kopfgeld auf dich ausgesetzt ist. Geh mal Stück zur Seite. Total durchsiebter Killer schwimmt im eigenen Blut, das muß groß ins Bild. Sowas reißen sie mir aus den Händen, mach so weiter Jonas, das ist gut fürs Geschäft.
Jonas: Krieg ich Prozente, Alouette?
Alouette: Mal sehen. Bis bald Jonas. Ich bleib in der Nähe.
Jonas: Das alte Studiogelände von Supermedia war noch genauso, wie ich es in Erinnerung hatte, eine weiträumige Geisterstadt, kein Laut, kein Mensch, nicht mal ein Geist, große Hallen mit verrotteten Dächern, zerfallene Schuppen, Schrotthaufen, zerfressene Kabel und Staub, überall Staub, dick und gleichmäßig wie ein grauer Teppich, ein Teppich, den seit Ewigkeiten niemand betreten hatte. Auf den ersten Blick jedenfalls. Der Cowboy sah zweimal hin und fand was.
Wayne: Spuren, Herr Jonas, im Staub.
Jonas: Schuhe und Reifen.
Wayne: Frische Spuren, wenn Sie mich fragen Herr Jonas.
Jonas: Wann hat’s zuletzt geregnet Sammy?
Sam: Nu warten Sie mal mein Gutester. Gestern war’s, am 11. März 2014. Das vom Turme schlug die 9. Stund.
Wayne: Was meinen Sie Jonas, Coburg?
Sam: Ne. Bamberg.
Jonas: Möglich. Die Spuren führten zu einer abgelegenen Halle, wir folgten ihnen, vorsichtig, mit gezogenen Waffen, professionelle Routine, durch die offene Tür, in den leeren Innenraum, nein, nicht leer, nicht ganz, durch ein Loch im Dach fiel Licht auf das entgegengesetzte Ende der Halle, da stand ein Sessel, ein altmodischer Ohrensessel, Blümchenbezug, geschwungene Armlehen, im Sessel saß einer, stocksteif, regungslos, still. Wir blieben an der Tür stehen. Wie ging’s weiter.
Wayne: Wenn Sie freundlicherweise hier warten würden, Herr Jonas, lassen Sie mich vorangehen. Und die Lage abchecken, das ist mein Job.
Jonas: OK, Cowboy, ich geb Ihnen Deckung, professionelle Routine.
Wayne: Danke, Herr Jonas.
Sam: Halten zu Gnaden, Exzellenz, der Kerl ist mit Nichten und Neffen astrein.
Jonas: Der im Sessel.
Sam: Der auch, aber Sammy meint den Cowboy, Jimmy Wayne, den allseits bekannten vollakademischen Bodyguard, summa cum laude, pingpong pipapo.
Jonas: Was stört dich an ihm?
Sam: Wie er atmet, ein und aus, präziser wie oft.
Jonas: Seine Atemfrequenz. Was ist damit.
Sam: Die ist immer die gleiche, 30 Schnaufer pro Minute, egal was er macht, ob er geht oder steht, ob er schweigt oder redt, ob ihm warm ist oder kalt, ob er mit der Flinte knallt, immer genau 30 Atemzüge.
Jonas: Das gibt’s nicht, Sam.
Sam: Das ist so, außerdem der Kerl sendet.
Jonas: Bist du sicher?
Sam: Blöde Frage und so unnötig. Sicherheit dein Name ist Sam.
Jonas: Was sendet er?
Sam: Weiß ich noch nicht, verschlüsselt. Gefällt mir gar nicht.
Jonas: Meinst du mir. Kannst du die Sendung blockieren.
Sam: Vielleicht, mal probieren?
Wayne: Der Mann auf dem Sessel ist Coburg, Herr Jonas.
Jonas: Ich ging näher ran. Tatsächlich. Conrad Coburg, Exholoclown, Krimineller, Kopfgeldspezie, da saß er, verschnürt, verklebt, geknebelt, seine Augen waren weit aufgerissen, die Augäpfel rollten hektisch, als ob er uns dringend was mitteilen wollte, ansonsten tickte er, unaufdringlich, regelmäßig. Moment, Coburg tickt.
Wayne: Zurück, Herr Jonas!
Jonas: Sollte man ihm nicht den Knebel aus dem Mund
Sam: Klar doch, und ihm die Nase putzen und den Hintern abwischen, ach hau ab du Volltrottel.
Jonas: Sam, sag doch was du meinst, Bombe, Sammy.
Jonas: Eine Bombe im Sessel, der hatte sich in seine Bestandteile aufgelöst, Coburg desgleichen, der Cowboy und Jonas rappelten sich auf, und betrachteten die Stätte der Verwüstung, dann sahen wir hoch, durchs Loch im Dach auf Alouette in ihrem Helikopter.
Alouette: Hallo da unten, aller guten Dinge sind drei, was Jonas.
Jonas: Halten Sie doch kurz mal meinen Computer, Cowboy.
Sam: Hey, ich bin kein Lasso.
Jonas: Andererseits auf drei Beinen kann man nicht stehen Alouette.
Alouette: Aber nur wenn man ein Esel ist, wiedersehen Jonas.
Jonas: Jonas war ein Esel, Jonas hatte sich aufs Glatteis locken lassen, die ganze Geschichte stimmte hinten und vorne nicht. Coburg würde sich doch nicht selbst in die Luft sprengen, nur um Jonas zu erwischen, und dann dieser merkwürdige Body-guard mit dem gleichmäßigen Atem und dem ausgeprägten Sendungsbewußtsein.
Sam: Doch ist dies noch nicht alles, Herr und Meister, höre und staune, unser Freund, der Cowboy hat immer denselben Puls und denselben Blutdruck.
Wayne: Ach, deshalb haben Sie mir ihre quäkende Blechdose in die Hand gedrückt.
Sam: Nananananana, und schwitzen tut er auch nicht, kein einziges Tröpfelchen.
Jonas: Professionelle Routine, Cowboy.
Wayne: Könnte man sagen, Herr Jonas, stehen Sie bitte ganz still, und nehmen Sie die Hände hoch. Ahh!
Sam: Ja, das piept im Lockenköpfchen, gelle, mach’s Maul zu. Jonas, Jammerdam steh nicht blöd rum, Sammy kann die Gehirnströme nur kurz blockieren, tu was, schnapp dir ein Sesselbein und zieh’s ihm über die Rübe. Na bitte, s geht doch.
Jonas: Sammy hatte ihn durchschaut, nur eine Maschine kann eine andere Maschine erkennen, besonders wenn die als Mensch maskiert ist, der Cowboy war kein Mensch, er war ein Android, ein Replikant, ein gentechnisches Produkt, eine illegale Konstruktion mit ein paar noch illegaleren Extras.
Sam: Kameras hinter den Augen, Mikrophone in den Ohren, melde gehorsamt, Herr Kommodore, der Kerl ist ein wandelndes Holostudio.
Jonas: Das heißt alles was er sieht und hört nimmt er auf.
Sam: Ja, und mehr noch Jonaslein, alles was er sieht und hört sendet er auf Sonderfrequenz.
Jonas: Du hast die Verschlüsselung geknackt, Sammy.
Sam: Ja, kein Schlüssel ist ihm zu schlitzohrig, kein Code zu kompliziert, denn wahrlich er ist Sam, der Sultan der Systeme, der Dandy der Dateien, der Nabob der Netze.
Jonas: Der Houdini der Hacker.
Sam: Ja. Nicht schlecht, Kumple, könnte von mir sein, der Cäsar der Cyperpunks.
Jonas: Das reicht Sammy, sonst noch was?
Sam: Ja, der Cowboy hat einen Hohlraum im Bauche. Allwo Menschen und Normandroiden ihren Magen zu hegen pflegen.
Jonas: Was drin.
Sam: May be, Sir. Perhaps. Possible.
Jonas: Was heißt das?
Sam: Weiß ich a nett. Nichts genaues weiß man nicht. Indem das selbiger Hohlraum exorbitant beschirmt und abgeschottet ist, doch gib Sammy ein wenig Weile o Herr.
Jonas: Wieviel?
Sam: Sagen wir zwei Stunden ha?
Jonas: Unmöglich. So viel Zeit hatten wir nicht, es gab wichtiges zu tun, z.B. rauskriegen, was gespielt wurde, und Jonas war klar, wo er einhacken mußte. Wer hatte ihm denn das faule Ei, den Cowboy angedreht.
Sam: Na wer, Majestro Pelicano, Pelicanissimo, regelrecht bekniet hat er meinen Jonas, begrötscht, belatscht.
Jonas: Genau, und wo steckt Pelican.
Sam: Supermediabetriebskrankenhaus im Supermediahochhaus.
Jonas: Wie kommen wir rein.
Sam: Wie kommen wir rein, wie kommen wir rein, durchs Tor, mittels einer enteigneten Paßscheibe.
Jonas: Lieber nicht, Sammy.
Sam: Wieso?
Jonas: Vielleicht warten sie da schon auf Jonas, wer immer sie sind. Besser durch die Hintertür.
Sam: Gibt’s nicht, du Nappsülze.
Jonas: Selber Nappsülze.
Sam: Was?
Jonas: Ich mein das bildlich, symbolisch sozusagen.
Sam: Ach was und wo belieben Herr Symbolist oder auch Symboliker besagte Hintertür zu lokalisieren, hm? Hinten?
Jonas: Oben Sammy, du hast doch die Frequenz von Alouette.
Sam: Aber sicher dat.
Jonas: Ruf sich an, Jonas will mit ihr reden.
Sam: Hören ist gehorchen, o Herr der Himmlischen Herscharen.
Jonas: Augenblick noch Sam. Was machen wir mit dem Cowboy, irgendwann kommt er wieder zu sich.
Sam: Muß nicht sein, Eminenz, lasset ihn uns ganz tot machen, auseinanderschnippeln und die Einzelteile auf den Schrott schmeißen. Amen.
Jonas: Ich weiß nicht, Sammy.
Sam: Was?
Jonas: Wir sollten ihn erst mal aufheben, bis genau feststeht, was los ist. Hier wird sich doch irgendwo eine Kammer finden mit einem Schlüssel. Sehen wir uns mal um.
Sam: Ja. Sehen wir uns mal um, apropos um, um auf die Dame Alouette zurückzukommen, Verehrtester.
Jonas: Alouette hatte eine Dauergenehmigung, sie durfte jederzeit auf dem Supermediahochhaus landen. Das Sicherheitssystem ließ ihren Helikopter durch, die Wachen kannten sie. Alouette war gern bereit, Jonas auf dem Studiogelände aufzulesen und mit ihm den kurzen Trip zum Supermediahochhaus zu machen, nicht nur aus Sympathie, sie hoffte auf neue schöne Bilder. Von blutigen Anschlägen und explosiven Attentaten. Eine durchaus begründete Hoffnung.
Wächter: Was haben Sie denn heute im Kasten Alouette, ein Hackebeilmassaker, ein Massen-Barbecue, Barbecues find ich am besten, wenn die Leute so richtig anfangen zu brutzeln.
Alouette: Warten Sie’s ab, falls ihr Newsboß sein OK gibt, sehen Sie s heute abend im Holo. Mein neuer Assistent Jo
Jonas: Johnson, Joseph Johnson.
Alouette: Pelican will was von uns. Wo finden wir ihn?
Wächter: Ach, Sie haben was mit der Operation Private Eye zu tun. Im Penthouse von Herrn Beringer, braucht er ja nicht mehr, seit er auf Lanzarote ist. Manche haben’s gut. Da drüben. Soll ich Sie mit dem Scooter hinbringen.
Alouette: Lassen Sie nur, wir laufen ganz gern mal ein Stück, was Josef.
Jonas: Auf dem weiten Flachdach wirkte Beringers Penthouse wie eine Warze oder wie ein Pickel auf einer Glatze, um uns, unter uns Babylon, die große Stadt, schwarze Wolken über dem Reservat, über den Wohnvierteln grauer Smog, giftgelbe Dämpfe aus den Heizwerken, ein paar Kilometer entfernt ragte Atlas in die Höhe, der gigantische Kran für Reparaturen am Klimadom, der Klimadom ist immer kaputt, Atlas ist immer im Einsatz. Jonas nahm die Aussicht nur nebenbei zur Kenntnis, Jonas grübelte. Was war Operation Private Eye? Jonas machte sich Sorgen. Wir kamen ans Penthouse, wir gingen nicht durch Tür, wir gingen um die Ecke, zur Rückseite, wo wir vom Heliport aus nicht gesehen werden konnten, aber wir konnten sehen, ins Penthouse, durchs offene Fenster, und wir konnten hören.
Pelican: Tut mir leid, Herr Beringer, ich kann den Androiden noch immer nicht erreichen.
Beringer: Versuchen Sie’s weiter Pelican.
Pelican: Selbstverständlich Herr Beringer. Hallo, Wayne, Pelican ruft Wayne. Bitte melden. Pelican ruft Wayne.
Jonas: Mein dankbarer Freund Peter Pelican, ich erkannte ihn an der Stimme, nur an der Stimme, er sah ganz anders aus als heute nacht im Bildfon, der Kopfverband war weg, Pelican war munter und beweglich, offensichtlich geheilt, auf wundersame Weise, er saß an einem hochmodernen Interkompult vor zwei großen Monitoren, diversen Mikros, unzähligen Tasten und Schaltern, gerade hatte er mit Beringer gesprochen, dem großen Boss von Supermedia, nicht direkt, über Mikro und Monitor, hinter Beringers Schrumpfkopf leuchtete ein Himmel von unwahrscheinlichem Blau über schwarzem Sand, Lanzarote, der zweite Monitor blieb dunkel, der Cowboy war wohl immer noch bewußtlos.
Pelican: Pelican ruft Wayne. Ich seh was Herr Beringer, da ist was auf dem Monitor. Pelican ruft Wayne. Kommen. Wayne kommen.
Wayne: Was was ist passiert Herr Pelican?
Pelican: Das will ich von Ihnen wissen, Wayne.
Jonas: Der Cowboy kam zu sich, auf dem Monitor zeichnete sich was ab, zuerst vage, dann immer schärfer. Die Wand der Kammer, in die Jonas ihn gesperrt hatte. Das Auge des Androiden wurde klarer, sein Kopf auch und seine Erinnerung.
Wayne: Ein Schmerz, ein entsetzlicher Schmerz im Kopf, mehr weiß ich nicht.
Beringer: Was ist los Pelican?
Pelican: Wayne ist noch auf dem alten Studiogelände, Herr Beringer.
Beringer: Was ist mit Jonas.
Pelican: Ja das weiß ich nicht, Herr Beringer, ich meine Wayne weiß es nicht.
Beringer: Hat er ihn verloren.
Pelican: Sieht ganz so aus Herr Beringer. Jonas ist offenbar mißtrauisch geworden. Tut mir leid.
Beringer: Es tut ihnen leid Pelican. Ich sag ihnen was. Wenn Sie diesen dämlichen Androiden nicht ganz schnell wieder mit Jonas zusammenbringen dann wird’s ihnen noch sehr viel mehr leidtun. Haben Sie mich verstanden.
Pelican: Jawohl, Herr Beringer, ich…
Beringer: Ich habe Operation Private Eye aktiviert, um diesen Superbastard Jonas ein für alle mal zu erledigen. Sie Pelican habe ich als Chef vor Ort eingesetzt, weil Jonas keinen Grund hat, ihnen gegenüber mißtrauisch zu sein, und weil ich Sie für einen fähigen Medienkoordinator gehalten habe, das war wohl ein Irrtum.
Pelican: Aber nein Herr Beringer.
Beringer: Ihr Szenario war nicht schlecht, Coburgs angeblicher Rachefeldzug, das Kopfgeld, der Android, den wir bei der Korporation als Sonderanfertigung in Auftrag gegeben haben, um ihn Jonas als Bodyguard unterzuschieben, soweit ganz ordentlich, und was dabei herauskam, habe ich mir mit Vergnügen angesehen.
Pelican: Danke Herr Beringer, vielen Dank.
Beringer: Aber da Sie jetzt die Initiative verloren haben.
Pelican: Nur momentan, Herr Beringer, das wird sich ganz schnell wieder ändern, verlassen Sie sich auf mich.
Beringer: Sie können mir viel erzählen, Pelican. Fakten wenn ich bitten darf, konkrete Vorschläge.
Pelican: Jaja. Sehen Sie, Herr Beringer, wo immer Jonas sich zur Zeit aufhält, er wird früher oder später zur Basis zurückkehren in sein Büroapartment, und wenn Wayne sich ein bißchen erholt hat, wird er dort hin fahren, und warten, bis Jonas auftaucht, und dann
Beringer: Dann keine Spielchen mehr Pelican, keine Kopfjäger, kein neuen Attentate.
Pelican: Ja aber wir haben doch noch einiges in petto, Herr Beringer, auf Ihren Wunsch, Sie wollten ein extensives dramaturgisch aufbereitetes Medienspektakel.
Beringer: Gestrichen, bei nächster Gelegenheit wird Operation Private Eye terminiert.
Pelican: Modus wie vorgesehen, Herr Beringer.
Beringer: Wie vorgesehen, sobald Jonas und Wayne beieinander sind, drücken Sie auf den roten Knopf.
Pelican: Und die Sprengladung in Waynes Bauch geht hoch.
Beringer: Das will ich hoffen Pelican.
Pelican: Seien Sie unbesorgt, Herr Beringer, es wird keine Pannen mehr geben. Wayne, Pelican ruft Wayne. Wie fühlen Sie sich, Wayne.
Wayne: Etwas besser, Herr Pelican.
Jonas: Jonas gab das Zeichen zum Aufbruch. Jonas hatte genug gehört, hinter der Geschichte steckte nicht Coburg, der war nur eine entbehrliche Figur im Spiel, der Spieler war Beringer, und Jonas war der Verlierer, wenn Beringer genug mit ihm gespielt hätte, würde er ihn vom Brett nehmen durch die Bombe im Cowboy. Der Supermediaboß hatte es nicht verwinden können, daß Jonas ihm seinerzeit sein großes Weltkriegspiel kaputtgemacht hatte. Rache ist süß.
Sam: Rache ist Blutwurst. Also spricht Willy Wutzke der Weise von Wiebelskirchen.
Jonas: Wirklich, ich bin sicher es war der Weihnachtsmärchenfall, dadurch ist Beringer wieder eingefallen, daß es Jonas gibt. Und er hat sich vorgenommen, mir die alten Geschichten gründlich heimzuzahlen.
Alouette: Vielleicht langweilt er sich auf Lanzarote. Eigentlich schade.
Jonas: Was ist schade Alouette?
Alouette: Daß du jetzt Bescheid weißt, Jonas.
Jonas: Findest du?
Alouette: Du wist natürlich Gegenmaßnahmen treffen, Beringers Plan durchkreuzen, den Androiden ausschalten, und das heißt, keine Bomben mehr, keine Kopfjäger die an den Ecken lauern, kein Feuer, kein Blut, für mich ist in deiner Geschichte nichts mehr drin Jonas.
Jonas: Da irrst du dich gewaltig, Alouette. Das beste kommt noch, der große Höhepunkt. Der absolute Knalleffekt.
Alouette: Was denn?
Jonas: Wirst du sehen und aufnehmen und gut verkaufen. Sam? Sam?
Sam: Yes, ich meine was beliebt meinem ollen Knochen, dem Herrscher über 100.000 Haremsweiber?
Jonas: Haha, schön wär’s, das heißt bei näherer Betrachtung doch lieber nicht.
Sam: Wünscht er den weisen Spruch, das muntre Lied oder den klugen Rat?
Jonas: Eher die kühne Tat Sammy.
Sam: O. Aha. Hauen und Stechen.
Jonas: Hacken und Brechen, Sammy, das kannst du besser.
Sam: Wohlan, worum geht’s, sagts nur ungescheut.
Jonas: Du kennst ja die Spezialfrequenz, auf der der Cowboy sendet.
Sam: Mach dir keine Sorgen, sie blieb mir nicht verborgen.
Jonas: Du wirst dich da als eine Art Relaisstation festsetzen, falls du das kannst.
Sam: Ja, das alles auf Ehr, das kann ich und noch mehr, lalala ungefähr.
Jonas: Alles was der Cowboy an Pelican sendet, Bild und Ton das wirst du abfangen.
Sam: Zu Befehl abfangen, zack zack die Waldfrau.
Jonas: Statt dessen wirst du Falschmaterial an Pelican weiterleiten, imaginäre Bilder, irreale Töne, Pelican soll glauben, der Cowboy tut, was ihm befohlen wird, das heißt Pelican wird sehen, wie der Cowboy zu Jonas nach Hause fährt und da wartet.
Alouette: Aha, wohingegen
Jonas: Wohingegen der Cowboy auf eine ganz andere Reise gehen wird, mit deiner Hilfe Alouette.
Alouette: Was soll ich tun.
Jonas: Du landest jetzt auf dem Studiogelände und dann… Ist der Cowboy noch im Kabuff, Sammy.
Sam: Ja, ja ja, gerade eben noch gestrenger Herr, in dem er just, oha, jetzt beginnt die Tür mit wuchtigen Tritten aufzusplitten.
Jonas: Das soll er bleiben lassen, hau rein, Sammy, verpaßt ihm eine zweite Dosis Kopfweh aber vorher
Sam: Vorher setz ich mich auf des Funkes Wellen, ich fange ab was wirklich ist und sende was nicht stimmt.
Jonas: Genau, du sendest was Pelican sehen und hören würde, wenn der Cowboy tatsächlich ausbricht.
Sam: Ausbräche, bitte, Konjunktiv du verbaler Legastheniker.
Jonas: Geschenkt, dann läßt du den Cowboy zur E-Limousine gehen, zu mir fahren und vor der Tür warten. OK?
Sam: O, viele viele Bilder, bewegt und dreidimensional, viele viele Töne und das alles genital, Korrektur digital produziert, hast du eine Ahnung, wie viel Prozesse ablaufen.
Jonas: Nö, aber du schaffst das schon, Sammy.
Sam: Ach ja immer ich, da kommt ein kleiner Computer ganz schön ins Schwitzen.
Jonas: Streng dich, an wenn’s vorbei ist schenk ich dir was Schönes.
Sam: Was denn?
Alouette: Wir landen, halt dich fest Jonas.
Jonas: Alles lief nach Plan, ich schloß die Kammer auf, der Cowboy hockte stöhnend in der Ecke, ich gab ihm eine Narkose mit dem Griff meines Revolvers. Alouette fand ein brauchbares Seil. Wir fesselten den Cowboy und hängten ihn unter den Helikopter.
Alouette: Und jetzt Jonas?
Jonas: Jetzt empfehlen wir uns.
Alouete: Wohin?
Jonas: Supermediahochhaus, wir haben ein Paket abzuliefern.
Alouette: Auf geht’s.
Jonas: Inzwischen war es dunkel geworden, über dem Hochhaus ging Alouette tiefer, so unauffällig wie möglich Jonas beugte sich raus, mit seinem Taschenmesser schnitt er das Seil durch, der Cowboy rutschte von der Kufe aufs Penthousedach, da blieb er liegen. Alouette zog den Helikopter hoch.
Jonas: Das reicht, Alouette, halt ihn hier fest. Holokameras bereit.
Alouette: Immer bereit.
Jonas: Mit hochempfindlichem Material für Aufnahmen bei Dunkelheit.
Alouette: Willst du mir meinen Job beibringen Jonas.
Jonas: Sam, was sieht Pelican auf dem Monitor.
Sam: Ja was sieht er denn, a ja, den Flur von eurer Gnaden fürstlicher Behausung, dort, ja dort glaub er steht der Cowboy meinen Herrn erwartend.
Jonas: Wird Zeit daß ich komme.
Sam: Treppe?
Jonas: Was denn sonst. Der Fahrstuhl ist kaputt.
Sam: Ach so.
Jonas: Dösel.
Sam: Schwere Schritte auf den Stufen, nach eines langen Tages Last und Frust kehrt müde heim der letzte Detektiv, häh, auja jetzt ist er im 16. Stock.
Jonas: Er biegt um die Ecke.
Jonas: Der Cowboy erblickt ihn, und mein Jonas erblickt den Cowboy, ist das spannend, verständnislos glotzt er ihn an, treu doofen Blicks. Wie Pelican es befiehlt tritt der Cowboy an Jonas heran, nah, ganz nah… Alle neune, Hip hip hurra.
Jonas: Pelican hatte auf den roten Knopf gedrückt, die Sprengladung im Bauch des Cowboys ging hoch, mitsamt dem Cowboy, dem Penthouse und natürlich dem Pelican. Ganz zu schweigen von Riesenloch nebst Großbrand in den oberen Etagen, ein gewaltiges Spektakel. Operation private Eye war erledigt. Jonas war zufrieden. Alouette auch, sie hatte das Feuerwerk aufgenommen, mit Zoom und Weitwinkel und Teleobjektiv.
Alouette: Mal sehen wer am meisten zahlt. Network oder Holo oder eine von den Indiproduktionen.
Jonas: Ich würde das Band zuerst Supermedia anbieten.
Alouette: Gute Idee Jonas.
Jonas: Ich hab noch eine, Alouette. Du hast Jonas geholfen, danke. Und Jonas hat dir geholfen.
Alouette: Danke.
Jonas: Das sollten wir ausbauen. Vertiefen, noch heute abend im Casablanca, was meinst du.
Alouette: Einverstanden. Ich geh gern mal ins Casablanca, bloß schade, daß du nicht mitkommen kannst, Jonas.
Jonas: Was? Warum nicht?
Alouette: Weil du schon eine Verabredung hast. Eine dringendere.
Jonas: Davon weiß ich nichts.
Alouette: Aber ich. Hallo, Herr Beringer, hier Alouette, Stichwort Jonas, ich weiß nicht, ob Sie’s schon erfahren haben, Ihre Operation Private Eye ist ja nun leider voll in die Hose gegangen, ja schade um Ihr Penthouse, schade um Ihren Holoclown Pelican und schade um das viele Geld, das Sie der Korporation für den Spezialandroiden gezahlt haben. Jetzt sind Sie doch sicher noch mehr an Jonas Kopf interessiert, Herr Beringer, das dachte ich mir. Augenblick Herr Beringer, ich muß was erledigen, eine Kleinigkeit, dauert nicht lange.
Jonas: Der Helikopter kippte plötzlich nach links, Jonas verlor das Gleichgewicht, ich hätte gewarnt sein müssen, aber ich traute Alouette, treu-doof, Sammy hatte Recht, blitzschnell zog Alouette mir den Revolver aus dem Halfter, und bevor Jonas reagieren konnte, drückte sie ein einen Knopf am Armaturenbrett, mein Sitz klappte nach vorn, im Boden tat sich eine Öffnung auf, Jonas rutschte, fiel durch, stürzte, dann ein Ruck, Jonas hing an einer Leine, die an seinem Gurt befestigt war, kopfüber unter dem Helikopter, schnappte nach Luft und versuchte sich aufzurichten, während Alouette weiter mit Beringer sprach.
Alouette: Was wäre Jonas ihnen denn so wert, tot oder lebendig, wie Sie wollen, Herr Beringer, tot, wenn Ihnen das lieber ist, wieviel, 500.000 machen Sie Witze, das sind Peanuts, lassen wir doch das Schachern. 5 Millionen. Nein, keinen Euro weniger.
Jonas: Sam, bist du noch da, Sam.
Sam: Mehr oder weniger Chef.
Jonas: Halt dich bloß gut fest.
Sam: Man tut was man kann. Ist nicht leicht ohne Hände. Sammy wird schlecht.
Jonas: Das glaub ich dir nicht. Du hast keinen Magen.
Sam: Aber dafür hat Sammy einen Einfall, wie sein heißgeliebter Jonas aus dieser höchst prekären Situation und Todesgefahr womöglich zu retten wäre.
Jonas: Und wie soll das gehen.
Sam: Sammy sagt nur Steuersystem des Helikopters. Oha, kuck mal nach rechts.
Jonas: Nach rechts. Moment. Verstehe, tu dein bestes, Sammy, ich versuch Alouette abzulenken.
Sam: Jawohl. Systeminfiltrator Sam meldet sich ab Sir.
Jonas: Ich hab mitgehört, Alouette.
Alouette: Dann weißt du ja Bescheid.
Jonas: Erst hilfst du Jonas, dann verkaufst du ihn an Beringer, pfui Teufel.
Alouette: Du mußt das richtig sehen, Jonas, Ich habe dir geholfen, damit ich dich an Beringer verkaufen kann.
Jonas: Ich dachte wir sind Freunde.
Alouette: Sind wir ja auch, es fällt mir gar nicht leicht mich von dir zu trennen, aber Geschäft ist Geschäft. Weißt du, eine Heli-Reporterin verdient ja nicht schlecht, aber das richtig große Geld mach ich nebenbei als Kopfjägerin.
Jonas: Darum die spezielle Ausrüstung deines Helikopters, Schleudersitz, Loch im Boden.
Alouette: Und zu recht praktisch.
Sam: Agent Toilette, Korrektur Agent Null Null Sam zurück von geheimer Mission Sir.
Alouette: Das Steuer!
Jonas: Sammy hatte den Autopiloten lahm gelegt und ganz sachte den Kurs geändert, nach rechts, immer weiter nach rechts, wo Atlas aufragte, der Superkran. Als Alouette was merkte, war Atlas direkt voraus und nur noch ein paar Meter entfernt, sie riß verzweifelt am Steuerknüppel, aber das brachte nichts mehr, in vollem Tempo prallte der Helikopter auf Atlas, stürzte ab, schlug auf. Und Jonas, der hatte fleißig gesägt an der Leine mit seinem Taschenmesser, kurz vor der Kollision war die Leine durch und Jonas sprang, rüber auf Atlas, da klammerte er sich ans Gestänge, und wartete, bis er wieder zu Atem gekommen war.
Sam: Bravo… sehr gute Weite, aber die Haltung.
Jonas: Bin ich Schwarzenegger, Sammy.
Sam: Ne wahrlich nicht jener einst leidlich bekannte Kraxel und Kabinettstiroler, denn siehe es gilt zu steigen an die 500 Meter in gähnende Tiefe auf schwankendem Pfad.
Jonas: Man tut was man kann. Unten am Fuß des Krans rauchte ein Schrotthaufen, ein Stilleben in Stahlgrau, rußschwarz und blutigrot, schade, daß Alouette mit ihrer Kamera nicht da war. Drei Stunden später, ein total erschöpfter Jonas schleicht über den Flur zur Tür seines Apartments, plötzlich eine Bewegung vor mir im Schatten, eine massive Gestalt, der Cowboy? Unmöglich. Ein Kopfjäger?
Sam: Nix Kopfjäger, ein Robex.
Robot-Exekutor: RE747B, offizieller Robotexekutor der Stadt Babylon, ich habe einen amtlichen Bescheid für Herrn Jonas, nur Jonas, wohnhaft hier.
Jonas: Der bin ich.
Robot-Exekutor: Der Bescheid lautet: Durch eine Vielzahl von Attentaten, Explosionen und Unfällen ist im babylonischen Stadtgebiet erheblicher Sachschaden entstanden. Da die jeweiligen Verursacher nicht zu ermitteln sind, werden Sie, Herr Jonas, als an sämtlichen vorerwähnten Vorfällen Beteiligter für den Schaden haftbar gemacht. Der berechnete Gesamtbetrag von 873.441 Euros und 7 Cents wird von Ihrem Konto abgebucht. Widerspruch gegen diesen Bescheid ist binnen einer Frist von 3 Tagen einzulegen. Die Stadt Babylon. Im Auftrag Karin Kinne, Sachbearbeiterin. Soweit der Bescheid. Guten Tag.
Sam: Ein Schlimmdödel.
Jonas: 873.441 Euros.
Sam: Und 7 Cents. Wer den Pfennig nicht ehrt.
Jonas: Was macht man denn da Sammy.
Sam: Vielleicht zahlt Herr Beringer, wenn man ihm gut zuredet, wenn man ihm sagt, daß man widrigenfalls Network informiert über gewisse Vorkommnisse in Zusammenhang mit Supermedia, mit Herrn Beringer, Herrn Pelican und einem höchst illegalen Androiden.
Jonas: Das ist Erpressung, Sam.
Sam: Merke, hast du ein zart Gewissen, dann geht es beschissen, sei schlau und sei gerissen, dann wirst du Geld nie missen.
Jonas: Äh. Willy Wuzke.
Sam: Ne, Sam, Sam, der weise, der Denker, der Philosoph, der Erfahrene, der Verständige, der Scharfsinnige, der Intelligente, der Fuchs, das Huhn…
Das war Kopfjäger. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Ingeborg Schöner, Alexander Duda, Achim Höppner, Alexander Kerst und andere (Werner Klein, Hubert Mulzer, Ursula Rehm, Holger Buck). Ton und Technik: Daniela Röder und Günter Heß. Assistenz: Holger Buck. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1995. Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Virtuella
Jonas: Sie kennen das. Aus hundert Romanen und tausend Filmen. Der Privatdetektiv sitzt in seinem Büro. Dreht Däumchen. Bohrt in der Nase. Plötzlich geht die Tür auf – und wer kommt rein? Richtig! Eine tolle Frau! Atemberaubend! Geheimnisvoll! Blond! Angezogen wie das Titelblatt von Lifestyle. Sie sah mich an. Herausfordernd. Abschätzend. Sie setzte sich. Schlug die Glitzerbeine übereinander. Vielleicht ein bißchen klein geraten, und ein bißchen ungelenk, sie war erst dreizehn.
Mona: Dreizehn einhalb. Hallo, wie geht es Ihnen?
Jonas: Gestern ging es noch, und selbst?
Mona: Danke der Nachfrage. Sie sind der Detektiv?
Jonas: Ich bin Jonas, nur Jonas. Der letzte Detektiv. Enkel von Sam Spade und Philip Marlowe. Spezialist für aussichtslose Fälle. Für Fälle, die nichts einbringen. Für Fälle mit übermächtigen Gegnern und undurchsichtigen Klienten. Ein Kind als Klientin, das war neu.
Mona: Langsam. Ich weiß ja noch gar nicht, ob ich Sie nehme.
Jonas: Hast du an mir was auszusetzen?
Mona: Sie sind zu alt.
Sam: Haha!
Mona: Süß!
Jonas: Ich?
Mona: Ihr Taschencomputer hier auf dem Tisch. Ein richtiges kleines Männlein. Süß. Darf ich mit ihm spielen?
Sam: He, Finger weg! Bin weder Männlein weder süß, mein Fräulein ich verbiet mir dies.
Mona: Süß, er spricht!
Sam: Ach Herrje.
Jonas: Er spricht nicht nur, er quasselt und blödelt und singt und sülzt. Ein Spezialversuchsmodell. Seinerzeit billig zu kriegen. Ein Glück, daß es so was wie ihn nur einmal gibt und mein Pech, daß er mir gehört. Aber loswerden will ich ihn auch nicht. Meistens jedenfalls. Wir haben uns aneinander gewöhnt. Mehr oder weniger.
Sam: Ich hab mich so an dich gewöhnt hahaha.
Mona: Süß. Wie heißt er.
Jonas: Sam.
Sam: Samuel bitte. Samuel.
Jonas: Du kannst Sammy zu ihm sagen.
Sam: Kann sie nicht.
Mona: Süß. Sag was, Sammy. Sag ein Gedicht auf.
Sam: Kommt nicht in die Tüte.
Mona: Süß. Sag Mona Liebling Sammy.
Sam: Häh igitt.
Mona: Süß. Los, Sam, sag Mona Liebling.
Mandelbrot: Mona, hab ich dir nicht eingeschärft, du sollst bei Fuß verharren und keinesfalls vorauseilen.
Sam: Ist sie ein Hund.
Jonas: Immer herein. Sind Sie der letzte oder kommen noch wer?
Mandelbrot: Ihr Lift ist außer Betrieb.
Jonas: Das ist er oft. Machen Sie die Tür zu, und setzten Sie sich.
Mandelbrot: Meine Karte.
Jonas: Dr. Fraktal C. Mandelbrot, Prof. h.c.
Sam: Gesundheit.
Jonas: Leitender Direktor des Mandelbrotinstituts für prothetische Andrologie. Schwanzklempner. Vielen Dank. Wir brauchen nichts.
Mandelbrot: Bleiben wir doch seriös Herr Jonas.
Jonas: Aber sicher Dr. Mandelbrot so seriös wie ein Ärztekongreß in Acapulo. Wer ist die junge Dame.
Mandelbrot: Meine Tochter.
Mona: Stieftochter. Meine Karte Herr Jonas.
Jonas: Mona Mox.
Mandelbrot: Ein Mitbringsel meiner geschätzten Gattin aus ihrer ersten Ehe mit Herrn Maximilian Mox, doch mir ans Herz gewachsen als sei’s mein eigen Fleisch und Blut.
Jonas: Mox. Max Mox, der Glücksspielnapoleon.
Mandelbrot: Der Eigentümer gewisser spezifischer Institutionen, welche einem großen interessierten Publikum niveauvolle Unterhaltung auf der Basis von Geschicklichkeit und Zufall offerieren insofern.
Mona: Können Sie pokern Jonas.
Jonas: Ein bißchen.
Mona: Blackjack auch?
Mandelbrot: Mona! Wie Ihnen womöglich bekannt ist Herr Jonas, verstarb Herr Mox am 3.3.2013, vor einem Jahr.
Jonas: Bedauerlich, aber warum erzählen Sie mir das.
Mandelbrot: Weil ich erwäge, Sie in Sachen Mox zu engagieren Herr Jonas.
Sam: Ach Herrje.
Jonas: Um den toten Mox ging es nicht, es ging um das, was er hinterlassen hatte, das Moxvermögen: Dutzende von Spielhöllen hier in Babylon und anderswo, Wert insgesamt 120 Millionen Euros, laut Testament kriegte Sohn Moritz dreiviertel, das restliche viertel war für Mona, aber sie kam nicht ran, noch nicht.
Mona: Erst wenn ich volljährig bin.
Mandelbrot: In einem halben Jahr, am 9.8.2014.
Mona: Da werde ich 14. Vergessen Sie nicht mir zu gratulieren Herr Jonas.
Jonas: Tag und Nacht werde ich dran denken Mona.
Mona: 9. August. Merks dir Sammy.
Sam: Speicher voll, kein Platz, schon vergessen, merke nur ein Mensch hat Sam was zu sagen, Jonas, mein Jonas, Jonas der einzige, der einmalige, der größte, der vielgeliebte, der…
Jonas: Hör schon auf Sammy.
Sam: Und nicht so eine unausgegorene Göre namens Mona.
Jonas: Ist ja gut. Mir ist noch nicht klar, was Sie von mir wollen, Dr. Mandelbrot.
Mandelbrot: Kurz gesagt, Herr Jonas, es steht zu befürchten, daß Monas Anteil am Moxerbe.
Sam: Dreißigmillionen Euros, muß ein alter Mann ganz schön lange hobeln.
Mandelbrot: Daß diese 30 Millionen nicht mehr vorhanden sind, wenn Mona volljährig wird, bis dahin hat allein ihr Bruder, Moritz Mox, als der geschäftsführende Direktor Verfügungsberechtigung, er kann mit Monas Geld machen, was er will. Wissen Sie, Herr Jonas, man hört so dieses und jenes, daß sich die Firma Mox in finanziellen Schwierigkeiten befindet, daß das Anlagevermögen schrumpft, daß eine Übernahme weit unter Wert durch ein auswärtiges Unternehmen bevorsteht.
Jonas: Und was sagt Moritz Mox dazu.
Mandelbrot: Das weiß ich nicht Herr Jonas.
Jonas: Haben Sie ihn nicht gefragt, Dr. Mandelbrot.
Mandelbrot: Natürlich hab ich das, das heißt ich hab’s versucht, ich kann ihn nicht erreichen, man läßt mich nicht vor, stellt mich am Fon nicht durch mich, mich Dr. Franktal C. Mandelbrot.
Jonas: Professor h.c. eine Unverschämtheit.
Mandelbrot: Sie sagen es Herr Jonas.
Jonas: Und verdächtig.
Mandelbrot: Sie nehmen mir das Wort aus dem Munde Herr Jonas, aus diesem Grunde sah ich mich genötigt, gewisse Schritte einzuleiten. Nicht meinethalben, Herr Jonas, glauben Sie mir, ich brauch die Moxmillionen nicht.
Jonas: Natürlich nicht.
Mandelbrot: Nein, ich bin eine in Babylon hochangesehene Persönlichkeit, bei mir verkehren Dezernenten, Manager, namhafte Kulturschaffende, den Schwager der Bürgermeisterin kenn ich persönlich.
Jonas: Den leibhaftigen Schwager, Dr. Mandelbrot ich bin beeindruckt.
Mandelbrot: Ich fühle mich vielmehr moralisch verantwortlich für das Vermögen eines mir anvertrauten jungen Menschen.
Sam: Edel sei der Mandelbrot, hilfreich und gut.
Jonas: Machen wir’s kurz Dr. Mandelbrot, 120 € pro Tag und Spesen das koste ich.
Mandelbrot: Nicht eben wenig, Herr Jonas.
Jonas: Was soll ich dafür tun?
Mandelbrot: Sie stellen fest, wo Herr Moritz Mox sich aufhält, Sie nehmen Kontakt zu ihm auf, Sie eruieren, wie es um die finanzielle Situation der Firma Mox bestellt ist.
Jonas: Nicht eben wenig, Dr. Mandelbrot.
Mandelbrot: Und Sie erstatten mir jeden Abend Bericht, persönlich.
Jonas: Ich übernahm den Auftrag, nicht wegen Dr. Mandelbrot, der ging mir gewaltig auf den Senkel, Mona Mox fand ich da schon sympathischer, auch wenn sie sich beim Abschied Sammy ausleihen wollte.
Sam: Dank, Meister, dank, dank daß du dem schnöden dem widerlichen Weibe.
Jonas: Ich brauch dich noch, ob ich will oder nicht, und Mona hätte dich womöglich kaputtgemacht.
Sam: Mit rosa Schleifchen hätte die mich umschlungen, ja, Balladen ohne Zahl hätt ich rezitieren müssen, grausames Schicksal, hm, schlimmer denn der Tod.
Jonas: Übertreib nicht Sammy. An die Arbeit.
Sam: Bitte sehr bitte gleich was befielt mein Herr und Gebieter?
Jonas: Eine Fonverbindung mit Firma Mox, Direktion. Moritz Mox.
Sam: Aha, der große Manitu höchst selbst. Sogleich euer Gnaden. Piep.
Jonas: Moment, Sammy du rufst an aus sagen wir Singapur aus meinem Vorzimmer, und ich bin…
Sam: Ein stinkreicher chinesischer Finanz-Hai, der ein paar Milliönchen anlegen will. Capito Exzellenz, will sagen sehr wohl Sir.
Ella: Ja?
Sam: Die ehrenwerte Firma Mox Babypsilon Europa.
Ella: Ja, hier Mox.
Sam: Ah, Mr. J. O. Nas. Direktor Finanzen Enterprise Singapur wünscht Mr. Moritz Mox zu sprechen. Ich verbinde.
Jonas: Hallo.
Ella: Hallo.
Jonas: Sie sind doch nicht Mister Mox.
Ella: Ich bin die persönliche Chefassistentin von Herrn Moritz Mox, Ella von Rensenbrink. Was kann ich für Sie tun, Herr ähm…
Jonas: Nas. J.O. Nas. Geben Sie mir Mister Mox.
Ella: In welcher Angelegenheit, Herr Nas?
Jonas: Ich möchte Mister Mox ein Angebot machen für seine Firma. Ich höre Sie wollen verkaufen.
Ella: Herr Mox ist nicht zu sprechen, Herr Nas, und die Firma Mox steht nicht zum Verkauf. Sie verschwenden ihre und meine Zeit.
Sam: Aha, abgewimmelt, äh abgewimmelt, kurz und schmerzhaft wie Dr. Mandelbrot.
Jonas: Der ist zwar ein aufgeblasener Heißluftballon, aber in einem hat er recht, es stinkt bei Mox. Sammy ich brauch was.
Sam: Was es auch sei, Sam schafft’s herbei, ganz auf die Schnelle es ist zur Stelle.
Jonas: Vielen Dank, Sammy. Ich brauch einen Menschen.
Sam: Was, einen äh Menschen, einen schwabbeligen fehlkonstruierten Durcheinanderdenker, o wo dir Sam zur Verfügung steht, Sam die vollkommene Denkmaschine, o bitterliche Kränkung, unauslöschliche Schmach.
Jonas: Hast du einen Smoking Sam.
Sam: Smoking, na, eher weniger euer Merkwürden.
Jonas: Na also. Aber Zocker Willy trägt einen Smoking, immer und überall, weil er mal Chefcroupier bei Mox war, bis sie ihn mit einem Magneten in der Socke erwischt und gefeuert haben, seitdem schlägt er sich so durch, Roulette, wenn es sein muß Mensch ärgere dich nicht, meistens Poker, im Full House, gleich um die Ecke, gegenüber vom Casablanca, im Hinterzimmer, wie es sich gehört, bei spärlicher Beleuchtung, es roch nach Synthwhisky und Männerschweiß, auf dem Tisch Stapel zerfledderter Euroscheine, nur nicht vor Willy, der war am verlieren.
Willy: Passe. Tür zu, kiebitzen gibt’s nicht, hinsetzen mitspielen oder raus.
Jonas: Spiel nicht, Willy, weißt du doch. Wie findest du meine Jacke?
Willy: Komm ans Licht, naja.
Jonas: Ich brauch nen Smoking, Willy, nur für ein paar Stunden.
Willy: Und ich soll so lang deine karierte Kutte anziehen. Also weißt du Jonas.
Jonas: Neue Jacke, neues Glück, sagte der große Spieler Manulesco.
Willy: Wirklich, na ja wenn’s so ist.
Jonas: Vom Full House hatte ich es nicht weit, 10 Minuten zu Fuß, dann ragte es vor mir auf, das Moxcenter, die unteren 10 Stockwerke hießen Las Vegas, ein Paradies für Spieler, durchgehend geöffnet, laut, schrill, üppig, Stucksäulen, Neonlichter, Spiegel, und Gold, überall Gold, dazwischen Tische, Automaten, Spieler, Croupiers, und Heerscharen wunderschöner Mädchen in Bikinis aus Goldlame. Androidinnen, eine hängte sich gleich an Jonas.
Androidin: Herzlich willkommen, Freund, ich bin ihre Führerin und heiße Fortuna, wo wollen Sie ihr Glück versuchen, Freund, hier im Erdgeschoß in unserer atemberaubenden amerikanischen Automatenalhambra, 30.000 Glücksmaschinen, alle 3 Minuten ein Jackpot.
Jonas: Was haben Sie denn sonst noch zu bieten.
Androidin: Ah, ich verstehe, Sie sind ein Mann. Sie wollen spielen wie ein Mann. Nicht wie ein Kind am Gambelboy. Sie suchen die Herausforderung, den Nervenkitzel, das Risiko. Folgen Sie mir.
Jonas: In einem der zahlreichen Aufzüge fuhren wir nach oben, recht gemächlich. Von Stock zu Stock, von Spiel zu Spiel.
Androidin: 1. Stock Eckhead Empore Schach und Golf.
Jonas: Nichts für mich.
Androidin: Das hatte ich mir gedacht. Sie sind kein Eierkopf. Aber unter uns: Wenn Sie spät abends noch bei uns sind, sollten Sie mal in die Schachecke reinschauen, da spielt die Bürgermeisterin von Babylon mit ihrem Referenten.
Jonas: Und gewinnt jedesmal weil sie die Züge vorhereingeübt haben kein Interesse.
Androidin: Pool Parcour. Wie wär’s mit Kühl und Kugel, Freund.
Jonas: Billard. Nein.
Androidin: Die wählerischen Gäste sind uns die liebsten. Crap Corner, lassen Sie die Würfel rollen.
Jonas: Lieber nicht.
Androidin: Also weiter. Bei uns findet jeder sein Spiel. Orientalische Mysterien. Panafuda Majong.
Jonas: Ist mir zu exotisch.
Androidin: Dann vielleicht unser Stammtisch Europa. Skat, Schafkopf, Jass, Tarock, Schnapsen.
Jonas: Zu Hausbacken.
Androidin: Bridgebasar.
Jonas: Was für alte Damen. Danke.
Androidin: Wie Sie wünschen, der Gast ist König. Das ist was für Sie, Poker Parlor, das Spiel für harte Männer.
Jonas: Ein andermal, weiter.
Androidin: Unsere Blackjackbar.
Jonas: Nein, Kopfrechnen schwach.
Androidin: Casino Montecarlo, Roulette, das königliche Spiel.
Jonas: Na also, hier sind wir richtig.
Androidin: Ich hätte es wissen müssen, ihre vornehme Haltung, ihr Smoking Wünschen Sie weitere Begleitung?
Jonas: Nicht nötig. Ich finde mich schon zurecht.
Androidin: Viel Glück Toi Toi Toi Hals und Beinbruch.
Jonas: Glück konnte ich brauchen, auch wenn ich nicht vorhatte zu spielen. Ich wanderte durch die Halle. Roulettetische aus Echtholz, riesige Lüster, goldene Tapeten, weinrote Teppiche. Luxus. Was ich suchte, fand ich ganz hinten, versteckt hinter einer Säule, eine unscheinbare Tür, ein unscheinbares Schild: Personal. Ein unscheinbarer Gang, kein Gold, kein Luxus, ein paar eilige Menschen, keiner achtete auf Jonas. Weil der einen Smoking trug wie ein Croupier. Ein unscheinbarer Lift, ich drückte auf den obersten Knopf, Chefetage, vorbei an 5 Türen, für die es keine Knöpfe gab. 5 geheimnisvolle Stockwerke ohne Zugang, vorbei am Verwaltungstrakt der Firma Mox. 24 Etagen. Geschäftig und zugänglich. Der Lift hielt, Jonas stieg aus direkt in ein Vorzimmer, komplett, mit Vorzimmerdame.
Ella: Sie da, bleiben Sie stehen, was haben Sie hier zu suchen.
Jonas: Zu Herrn Mox. Moritz Mox.
Ella: Zu Herrn Mox. Haha. Einfach so. Kommen Sie mal her.
Jonas: Sie trug Latex, schwarz, mit Silbernieten und taktischen Lücken, Dominalook, nicht mehr der allerletzte Schrei, aber ihr stand es, sie war groß, schlank, dunkel, an die 40, eine kühle Stimme, die ich schon gehört hatte, vorhin am Fon, Ella von Rensenbrink. Moxens persönliche Assistentin.
Ella: Wer sind Sie? Arbeiten Sie bei uns.
Jonas: Noch nicht, ich will mich bei bewerben, ich bin Croupier.
Ella: Croupiers brauchen wir zurzeit nicht, lassen Sie Ihre Daten hier vielleicht später.
Jonas: Vielleicht, vielleicht sollte ich doch besser mit dem Chef selbst sprechen, wo ich schon mal hier bin. Den Stier bei den Hörnern packen oder die Kuh am Schwanz wenn ihnen das lieber ist.
Ella: Jaja. Zwecklos, Herr Moritz Mox ist nicht in Babylon.
Jonas: So, wo steckt er denn?
Ella: In Rom, falls Sie das was angeht. Geben Sie mir ihre Daten, ich stehe in ständiger Verbindung mit Herrn Mox.
Jonas: Jonas machte ein paar schnelle Schritte zur hinteren Wand und riß die Echteichentür auf, das Zimmer des Chefs, aber der war nicht drin, offenbar war er schon lange nicht drin gewesen, die Klimaanlage lief nicht, auf den wertvollen Möbeln lag eine feine Staubschicht. Das sah ich auf den ersten Blick. Zu einem zweiten kam ich nicht, weil ich plötzlich was im Rücken spürte, was rundes, hartes. Die Mündung eines Laserstrahler.
Ella: Sehr richtig, und Sonja kann damit umgehen. Der Herr will uns verlassen, Sonja, bring ihn raus. Wenn er sich anstellt.
Sonja: Tu ich ihm weh.
Ella: Und wenn er nochmal hier oben aufkreuzt.
Sonja: Bring ich ihn um. Alles klar. Los.
Jonas: Ein muskelbepacktes Viereck, anderthalb mal 2 Meter, obendrauf eine Bowlingkugel mit roten Borsten, die rote Sonja, ein Freak oder eine Klonkillerin. Auf jeden Fall gefährlich. Jonas wehrte sich nicht, ließ sich nach unten bringen und durch die Personaltür rausschmeißen, ging zurück zum Full House, wo Zocker Willy mit Sehnsucht auf seinen Smoking wartete. An der Bar erzählte ich ihm, was ich bei Mox erfahren hatte. Willy wunderte sich.
Willy: Was hat sie gesagt, wo soll Moritz Mox sein?
Jonas: In Rom.
Willy: Ach nie im Leben, Er ist nicht in Rom, nicht in der Sahara, nicht in Grönland, er ist hier, in Babylon, weil er nämlich Klaustrophobie hat, Moment, nicht Klaustrophobie, das Gegenteil Aga…
Sam: Angoraphobie, Angst vor weiten Räumen, vor der Außenwelt.
Willy: Genau Sammy, Agoraphobie. Moritz Mox hat Agoraphobie.
Sam: Angoraphobie.
Jonas: Fakt oder nur Gerede.
Willy: Na wer war denn Chefcroupier bei Mox, wer ist denn bei Moxens ein und ausgegangen, ich weiß Bescheid, Jonas, Moritz Mox hat nicht nur Angoraphobie, Moritz Mox ist ein echter Mackenheinrich, ein Schlaffi, ein Jammerlappen, einer der am liebsten im Bett liegt und sich die Decke über den Kopf zieht.
Jonas: Wenn das so ist, hätte Mox senior lieber Tochter Mona zur Haupterbin einsetzen sollen.
Willy: Nicht der alte Max Mox, Jonas, der war ein richtiger Patriarch.
Jonas: Papa Mox hatte versucht, den mißratenen Sohn umzupolen, aufzubauen, ihm Energie und Härte einzubimsen, auf ziemlich ungewöhnliche Weise, durch VR, virtuelle Realität, Pseudorealität durch Computersimulation.
Willy: Nero, Jonas, römischer Kaiser, schon mal was von gehört.
Jonas: Der aus Quo Vadis.
Sam: Jonas, nur Jonas, so lausche denn und lasse dich zur Gänze durchbilden, Nero mit vollem Namen Claudius Cäsar Augustus Germanicus Nero, ward geboren am 15. Dezember anno Domini 37, regierte als Kaiser ab dem 13. Oktober 54, verstarb am 9. Juni 68, entwickelte sich vom unausgegorenen Deppenjüngling zum fetten ausgegorenen Tyrannen und Sadisten.
Willy: Genau das wollte der alte Mox. Durch das Rollenspiel als Nero sollte Moritz Mumm in die Knochen kriegen, ein richtiger Wirtschaftskapitän sollte er werden, einer der über Leichen geht, Max Mox hat eine VR-Expertin engagiert, die was von römischer Geschichte verstand, äh Ella von und zu Dingsbums.
Jonas: Rensenbrink. Ella von Rensenbrink.
Willy: Ja, kann sein, wir haben sie immer nur Virtuella genannt, sie hat das Neroprogramm ausgearbeitet, und Moritz hat begeistert mitgespielt, Rom verbrannt, Christen verfolgt, Senatoren umgebracht usw.
Jonas: Nicht eben wenig.
Sam: Jedem Tierlein sein Pläsierlein. Wie der klassische Römer spricht.
Jonas: Gut und schön, Willy aber wo steckt Moritz Mox, da will ich wissen.
Willy: Irgendwo im Moxcenter.
Jonas: Das ist groß, Willy, wo da, bestimmt nicht im Las Vegas.
Sam: Alldieweil Allgemein zugänglich und stark frequentier, daccord Monsignore, gleiches gilt für den Verwaltungstrakt, cum grano salis, Übersetzung für Hilfsschüler Jonas und dergleichen, mit einem Körnlein Salzes, will sagen.
Jonas: Ruhe. Im Chefzimmer ist er auch nicht. Also wo.
Willy: Bleibt nur die illegale Zone, wetten da steckt er.
Jonas: Moxcenter Stockwerke 11 bis 15, die unzugänglichen, illegal deshalb, weil da verbotene Spiele gespielt werden, sagte Willy. Spiele für ganz besondere Spieler, für Superreiche Spiele ohne Limit, und in denen arme Schweine das einsetzen, was sie haben, Herz, Nieren, Knochenmark, die eigenen Organe. Wer gewinnt, kriegt ein kleines Vermögen, wer verliert muß unters Messer. Die Staatsgewalt weiß, was in der illegalen Zone bei Mox läuft, aber sie drückt beide Augen zu, der Organmarkt braucht Nachschub.
Willy: Wo sollt er denn sonst sein der Moritz Mox, Platz ist genug, die illegalen Spiele laufen nur in 2 Etagen.
Jonas: Warst du mal drin, Willy?
Willy: Ja einmal, vor Jahren aus Neugier. Ich bin kein Krösus, weißt du. Und Organspiele sind nicht mein Ding.
Jonas: Dann weißt du wie man reinkommt.
Willy: Weiß ich.
Jonas: Kommst du mit. Heute abend 10 Uhr.
Willy: Moxcenter Nordseite.
Jonas: Wie spät haben wir jetzt.
Sam: Mit dem melodischen Ton des Zeitzeichens ist es genau 17 Uhr 58 Minuten, ja, Zeit für den ausbedungenen abendlichen Mandelbrotbericht euer Samseligkeit flupp.
Jonas: Richtig, ich rief Dr. Mandelbrot an, am Fon wollte er nicht reden, er bestellte mich zu sich, in seine exklusive Villa im exklusiven Südwesten, wo Dezernenten, Künstler und Bürgermeisterinnenschwäger verkehrten, heute nicht, heute verkehrte bloß Jonas und auch das nur kurz, Dr. Mandelbrot hatte eine Überraschung für mich.
Mandelbrot: Ich habe mich entschlossen, Herr Jonas, unser vertragliches Verhältnis zu beenden, auf weitere Bemühungen ihrerseits lege ich keinerlei Wert.
Jonas: Das ging aber fix, Dr. Mandelbrot, was ist los?
Mandelbrot: Lassen Sie mich offen sprechen, Herr Jonas, zu meinem Bedauern haben Sie sich als wenig effizient erwiesen, fast einen ganzen Tag sind Sie bereits für mich tätig, und was haben Sie erreicht, so gut wie nichts.
Jonas: Sie brauchen keinen Detektiv, Dr. Mandelbrot. Sie brauchen einen Wundertäter.
Mandelbrot: Wie dem auch sei, Herr Jonas, ich storniere den Auftrag.
Jonas: Ihr gutes Recht, Dr. Mandelbrot. Sie schulden mir 120 € und diverse Spesen.
Mandelbrot: Darüber könnte man streiten Herr Jonas, aber ich lege Wert darauf, mich ohne jede Friktion von ihnen zu trennen. Bitte sehr 150 Euros, das dürfte wohl ausreichen. Ein Drink Wodka, Whisky, Cognac, Armanjak?
Jonas: Whisky. Scots.
Mona: Ich finde das nicht gut, Stiefpapa, das ist mein Fall, mein Erbe, mein Geld.
Mandelbrot: Mona, du hast an der Tür gelauscht. Mona wie oft hab ich dich ermahnt.
Mona: Jonas soll weiter machen.
Mandelbrot: Du bist ein Kind Mona, du bist nicht geschäftigfähig, du kannst mit Herrn Jonas keinen Vertrag abschließen.
Mona: Ich brauch keinen Vertrag. Ich will, daß er weitermacht. Für mich, ja Herr Jonas. Bitte.
Jonas: Mal sehen was sich tun läßt. Dein Wohl Mona.
Mona: Wie geht’s Sammy, haben Sie ihn mit?
Jonas: Jetzt fing der Fall an richtig interessant zu werden. Jonas beschloß dranzubleiben. Für Monas? Vielleicht, ganz sicher für Jonas. Er hatte einen Ruf zu verlieren und er hatte nichts besseres vor. 10 Uhr abends, Moxcenter Nordseite. Vorn strömten die Massen, hier war alles still, verschalte Häuser, Ruinen, Relikte der letzten Unruhen, darüber die hohe kahle Moxfassade, keine Fenster, nur eine kleine Hintertür, der Eingang zur illegalen Zone, sagte Willy, für Spezialgäste mit Spezialcodescheiben. Wir hatten keine, noch nicht. Wir warteten. Eine E-Limousine in schwarz und Gold fuhr vor, hielt, zwei Typen stiegen aus, helle Burnusse, Kopftücher. Ölscheiche aus Kusbekistan. Der Wagen fuhr weiter. Die Scheiche wanderten zur Tür, aber sie kamen nicht an.
Willy: Augenblick die Herren, mein Freund will ihnen was zeigen.
Jonas: Das ist ein Laserstrahler. Kennen Sie vielleicht. Wenn ich den in ihre Richtung halte, so und auf den roten Knopf drücke.
Scheich: Wir verstehen, Sie Geld wollen.
Jonas: Sie werden sich wundern. Nein. Wir wollen bloß ihre Codescheiben, und ihre Burnusse.
Willy: Und die Kopftücher. Ausziehen.
Jonas: Mit Willy Neurofreezer legten wir die Wüstensöhne für ein paar Stunden schlafen und deponierten sie hinter einer zerfallenen Mauer. In ihren Sachen waren wir nicht gerade elegant, aber unkenntlich, dachten wir. Mit den Scheiben öffneten wir die Tür. Dahinter ein Lift, nur zwei Knöpfe, unten, oben. Unten waren wir, also drückten wir oben.
Sonja: Na, da sind Sie ja, wir warten schon. Steigen Sie aus. Nicht so lahm meine Herren.
Jonas: Ein schlichtes Foyer, hier gab’s keine wunderschönen Androidinnen. Unsere Empfangsdame war die rote Sonja, oder ihre Zwillingsschwester, weiter hinten standen noch ein paar von der Sorte, unfreundliche Miene, rechte Hand am Laser, sie stellte uns an die Wand, klopften uns ab, nahmen uns die Waffen weg.
Sonja: Ohohohoh, so was wollen wir aber nicht. OK, was soll’s sein. Spiel ohne Limit oder Organspiel?
Willy: Ach, wir wollten uns ein bißchen umsehen, zukucken.
Sonja: Nix, für Sie ist kiebitzen verboten.
Jonas: Wer sagt das?
Sonja: Befehl. Sie spielen. Also was. Unlimitiert.
Willy: Ja, von mir aus. Immer noch besser als um Herz und Nieren.
Sonja: Haben Sie Geld. Bargeld. Vorzeigen los los.
Willy: Ich glaub, ich hab meine Brieftasche vergessen.
Jonas: Ich auch. Zu dumm.
Sonja: Ja, dann eben Organspiel. Also was setzen Sie?
Willy: Vielleicht den linken kleinen Zeh.
Sonja: Sie doch nicht. Sie riskieren was. Sie setzen alles. Ihren ganzen Körper. Ihr Leben.
Jonas: Das heißt wenn wir verlieren.
Sonja: Verlieren Sie Ihr Leben, ist doch klar.
Willy: Was ist, wenn wir gewinnen, was kriegen wir?
Sonja: Sie werden nicht gewinnen.
Jonas: Nu mal langsam Pussy.
Sonja: Im Gegenteil. Schnell wir haben’s eilig.
Jonas: Sie scheuchten uns in einen kleinen Raum. Kahl, bis auf einen Tisch. Darauf ein Stoß Spielkarten, Rückseite nach oben, Sonja nahm die Karten, mischte sie kurz durch.
Sonja: So, der Alte zuerst. Ziehen Sie eine Karte. Schneller. Drehen Sie sie um.
Willy: Piek Dame.
Sonja: Jetzt ich. Herz König, sie haben verloren Alter, Pech. Bring ihn raus Natascha.
Willy: Moment, ich bin 64, meine Organe sind nichts wert, total verbraucht, ich habe eine Säuferleber und herzkrank bin ich auch.
Sonja: Ihre Organe können Sie behalten, wir wollen nur Ihr Leben. Sie sind dran.
Jonas: Jonas verlor auch, natürlich, bei diesem Spiel gewinnt nur die Bank. Die Schlachtbank. Jonas wurde in einen Lift gesteckt. Von Tatjana oder Vera oder Maruska, wie immer sie hieß sie ließ mich nicht aus den Augen. Aber vielleicht hörte sie schlecht. Ich mußte es versuchen. Sam steckte im Burnus, in der Kapuze, er war nicht gerade mitfühlend.
Sam: Ja ja Gevatter, so pflegts zu gehen, Polter und polter, Kick and Rush Miniüberlegung Maxiaction, und was passiert, der große Detektiv plumpst in den Nachttopf, jawoll, in den Harn, in die Pisse, in die Kacke, Scheiße and so on.
Jonas: Nicht eben wenig.
Sam: Sag ich doch.
Jonas: Halt keine Vorträge, Sammy hilf mir raus, kannst du was mit dem Lift machen.
Sam: Eine Bagatelle, Chefchen, den siehe so ist Sammy, sieht man kurz hin, schon ist er drin, im System, des Liftes, und da tut er was. Anhalten?
Jonas: Mit Schmackes. Plötzliche Notbremsung. Auf Null. Ich roll mich unten zusammen, Kopf zwischen die Knie, also 3,2,1,0.
Jonas: Was da gegen die Decke knallte, war meine Wächterin. Bzw. ihr Kopf, ihren Laser würde sie nie wieder brauchen. Ich nahm ihn an mich. Und ließ Sam weiterfahren. Bis zum vorgesehenen Halt. Die Tür ging auf.
Jonas: Keiner da. Wo sind wir Sammy?
Sam: Einerseits my dear Watson erinnert dieser Raum in nicht unerheblichem Maße an eine altmodische Betriebskantine anno 2000.
Jonas: Stimmt genau. Plastiktische, dito Stühle, Wandautomaten für Sojakaff und Sojaburger, andererseits die Spinde links.
Sam: Gemahnen an die Garderobe einer Turnhalle, Herr Sportswart.
Jonas: Das müssen ja merkwürdige Turner sein, Sammy, sieh mal, bunte Seidenkleider, kurze Nachthemden, Wickellacken, wer trägt denn so was.
Sam: Alte Römer, euer Unbilden. Was dumpfe Ignoranz als Laken und Nachthemd erscheint, nennt der Kenner der klassischen Antike korrekt Toga und Tunika.
Jonas: Und hier Helme, Brustpanzer, Beinschienen, Schwerter. Was ist hier los, Sammy, alte Römer, Klonkiller, du weißt ja, wer Klonkiller einsetzt.
Sam: Si si la corporation es importante.
Jonas: Die Korporation, früher mal Mafia, vor der großen Umwälzung Ende des Jahrtausends, das organisierte Verbrechen, die Klonkiller werden von gekauften Gentechnikern produziert. Wie Dr. Ugarte selig, siehe Fall Pharao. Aber was hatte die Korporation bei Mox zu suchen. Der alte Mox hatte sie sich immer weit vom Leibe gehalten. Was war passiert?
Sam: Dem sei wie es wolle, trüber Grübulator, lassen wir dies Problem tunlichst dahingestellt, bis daß weitere Daten uns zu teil werden, welche unverzüglich zu sammeln und in die geistige Scheuer zu schaffen unser vordringlichstes Anliegen sein möge.
Jonas: Amen Sammy. Lasset uns sammeln. Und wie und wo.
Sam: So siehe denn dorten jene Tür, hintere Wand Blindgänger.
Jonas: Ah.
Sam: Ja, siehe sie stehet um ein weniges offen und aus dem Spalte dringen Geräusche herfür.
Jonas: Stimmen, leise, undeutlich. Also näher ran. Die Stimmen wurden lauter. Ich blieb stehen, bewegte nur den Kopf, ganz vorsichtig, bis ich durch den Türspalt gucken konnte.
Kasbek: Was befielst du, göttlicher Kaiser, welch Schicksal treffe den Verräter?
Moritz Mox: Na was schon, der Tod natürlich. Tigellinus, Gefährte meiner Erhabenheit, bring ihn um.
Kasbek: Es geschehe nach deinem göttlichen Willen mein Kaiser. Tod dem Verräter.
Willy: Ah!
Kasbek: Heil Kaiser Nero.
Jonas: Der Verräter war tot, erstochen vom Typ im goldenen Brustpanzer, mit seinem kurzen Schwert. Nur daß es kein Verräter war. Es war Willy, mein Freund Zocker Willy.
Moritz Mox: Hast du nicht von zwei Verrätern gesprochen, Tigellinus. Wo ist der andere.
Kasbek: Ich weiß nicht, müßte eigentlich schon hier sein.
Moritz Mox: Er ist doch wohl nicht geflohen.
Kasbek: Keine Sorge göttlicher Kaiser, er kann nicht entkommen, bestrafen wir ihn später. So hast du Zeit dir was besonders einfallen zu lassen.
Moritz Mox: O ja, nähen wir ihn an Fell und lassen ihn von den Löwen fressen, ja oder bestreichen wir ihn mit Pech und verbrennen ihn als lebendige Fackeln, oder
Kasbek: Später, göttlicher Kaiser, der Kerl läuft uns nicht weg.
Jonas: Durch den Spalt sah ich Rom, im Hintergrund, weiße Häuser an Hügeln, Pinien, Zypressen, darüber tiefblauer Himmel, holografische Illusionen, vorn ein großer Raum, weite offene Fenster, eine Couch, ein Messingbecken, in dem ein Feuer brannte, an den Wänden ein paar Soldaten in Helm und Rüstung, auf der Couch lümmelte sich Kaiser Nero, dicklich, etwa 30, dünner roter Backenbart, in einem lila Seidenkleid mit Schleppe. Daneben der Typ der Willy abgestochen hatte. Tigelinus oder wie er hieß.
Sam: Tigelinus: Kommandeur der Prätorianer, das heißt der kaiserlichen Garde. Engster Kumpan des Kaisers.
Jonas: Kommt mir sehr bekannt vor dieser Tigellinus, wo und wann hab ich ihn schon gesehen.
Sam: Schweif nicht ab, bleib bei will sagen Kaiser Nero.
Jonas: Alias Moritz Mox. Willy hat er erzählt, daß Moritz mit Begeisterung Nero spielt, genau Sammy du sagst es, Moritz spielt Nero in VR. Hat Willy gesagt. Was wir hier sehen, Rom, Neros Palast, alte Römer, das ist nie und nimmer virtuelle Realität. Das ist Wirklichkeit, Sammy.
Sam: Ganz real. Stinknormal. O Jonas… Vortäuschung falscher Tatsachen durch antiquierte Mittel. Kostüme, Gips, Kulissen.
Jonas: Was soll das Theater?
Sam: Um diese Frage zu beantworten sollten Hochwürden ein wenig mitspielen, sich ins Gesehen mischen, ins alte Rom eindringen.
Jonas: Jonas verwandelte sich in einen Prätorianer, in einem praktischen Helm mit Backennasen und Kinnschutz. Eine richtige Maske, dann wartete ich einen günstigen Moment ab, trat schnell durch die Tür, bezog Posten an einer Säule. Und da stand ich nun, still und steif. Mit offenen Augen und offenen Ohren.
Kasbek: Schon viel zu lange haben wir deine Kunst entbehren müssen, göttlicher Nero, singe. Singe zu den Klang der Lyra.
Moritz Mox: Ich weiß nicht, bespare meiner Bescheidenheit den Auftritt.
Kasbek: Nun, wenn du es denn nicht willst, erhabender Kaiser.
Moritz Mox: Doch, deine inständigen Bitten Tigellinus.
Kasbek: Singe o Nero.
Moritz Mox: Und die meiner getreuen Prätorianer. Meiner getreuen Prätorianer…
Prätorianer: Sing, o Nero.
Moritz Mox: Es sei. Ruhe, absolute Ruhe, auf daß mein Genie sich entfalte. Ode an Rom. Rom, o mein Rom, du ewige Stadt, was bist du so häßlich, potthäßlich bist du, Solo, krumm und schief sind deine Straßen, baufällig sind deine Häuser, und an alle deine Ecken pinkeln die Hunde, und deine Kloaken stinken zum Himmel.
Kasbek: Wunderbar, göttlicher Kaiser, so so tief empfunden.
Moritz Mox: Ich bin noch nicht fertig, Tigellinus.
Kasbek: Verzeih Erhabener, es riß mich hin.
Moritz Mox: Rom, o mein Rom, du ewige Stadt, brennen sollst du bis auf den Grund. Bald, bald bald bald Tigellinus bald bald wird es so weit sein, und wir werden eine neue herrliche Stadt erbauen, und ihr Name wird sein Neropolis.
Kasbek: Heil Nero.
Prätorianer: Heil Nero.
Jonas: Ich hatte ihn erkannt. Tigellinus, es war Kasbek. Kasbek der Vollstrecker, Kasbek von der Korporation. Vor anderthalb Jahren war ich mit ihm zusammengestoßen. Fall Attentat. Die Korporation steckte mit drin im römischen Theater des Moritz Mox. Wie ich vermutet hatte.
Moritz Mox: Schön böse ich bin gemein.
Ella: Heil Nero.
Kasbek: Es naht die Geliebte deines Herzens, Nero, die schönte Agte.
Ella: Du hast gesungen, mein Nero, ich vernahm die wundersamen Klänge. Ein kühles Getränk wird deiner göttlichen Stimme wohltun. Hier, nimm und trink.
Jonas: Aus einer Seitentür war sie gekommen, mit einem vollen Becher in der Hand, Agte, alias Ella von Rensenbrink, im kurzen Hemdchen, niedlich. Nero trank, dann stöhnte er ein bißchen und legte sich lang auf die Couch, und da blieb er liegen, still, regungslos.
Kasbek: Ist er bewußtlos?
Ella: Ja.
Kasbek: Sehr gut. Cut.
Ella: Pause. Die Kleindarsteller in den Aufenthaltsraum. Nicht umziehen, in etwa einer Stunde machen wir noch eine römische Szene.
Kasbek: Die letzte.
Jonas: Der Raum war leer, bis auf den bewußtlosen Nero, Ella, Kasbek und Jonas. Der hatte sich hinter seiner Säule versteckt, weil er unbedingt mitkriegen wollte, wie die Sache weiterging. Ella schob an der linken Wand ein Panel zur Seite, dahinter Instrumente und ein Hochleistungsprozessor für gehobene VR-Programme. Ella drückte auf einen Knopf, das alte Rom verschwand. Neros kaiserliches Wohnzimmer wurde zum kahlen Innenraum. Ella setzte Nero und sich selbst je einen VR-Helm auf, direkte Hirnstimulation. Der letzte Schrei. Einfacher und effektiver als die Standardkombination Brille Anzug Handschuh. Ein Tastendruck. Das VR-Programm lief an. Kasbek beugte sich über Nero. Eine Spritze in der Hand.
Kasbek: Sie haben den Vertrag, Ella.
Ella: Hier ist er. Alles klar. Wecken Sie ihn auf, Kasbek.
Moritz Mox: Au.
Jonas: Los Sammy, rein ins VR-Programm.
Sam: Ich bin oll da sagte der Swinegel.
Jonas: Gut. Wie sieht’s aus in der virtuellen Realität.
Sam: Todschick, teuerste, ein Chefzimmer der Extraklasse, Mahagoni, Teak, echter Jumibo, ja, viel schöner als Moritz Moxens richtiges Büro.
Jonas: Was geht vor.
Sam: Sie tritt ein, o, strenges Kostüm, Brille, die Chefsekretärin par excellenz. Tolles Weib und so wandlungsfähig.
Jonas: Ella.
Sam: Na wer sonst du Plattfisch, Ella Virtuella, Virtuella aus dem Keller.
Jonas: Halt die Backen. Was ist mit Moritz Mox?
Sam: Moxens Moritz sitzt am Schreibtisch. Hat ein bißchen gepoft der Schnarchsack, hebt den Kopf.
Moritz Mox: Was gibt’s Ella. Hab gerade ein Nickerchen gemacht.
Ella: Entschuldigen Sie die Störung, Chef, der amerikanische Vertrag.
Moritz Mox: Aja, zeigen Sie her. Die Cosanostra American Gambling Organisation überläßt der Firma Mox alle ihre Kasinos, Salons etc. etc. in Las Vegas, Reno, Atlantic City etc. etc., das ist doch wunderbar… Wir sind doch jetzt die größten, Mox international, imperial, global.
Ella: Sie brauchen nur noch zu unterschreiben, Chef.
Moritz Mox: Ja, wo hab ich denn den Stift.
Jonas: Moritz Mox unterschrieb, in der virtuellen Realität und in der realen. Ein reales Schriftstück, das Ella ihm vorlegte, mit einem realen Stift, den sie ihm in die Hand drückte. Dann lag er wieder auf der Couch. Dafür hatte Kasbek gesorgt mit einer zweiten Spritze.
Ella: Hiermit überträgt Firma Mox Babylon ihr gesamtes Vermögen, fest und beweglich, der Lucky Chance Inc. Nassau Bahamas.
Kasbek: Das heißt der Korporation.
Ella: Für Euros 100.000, Unterschrift Moritz Mox.
Kasbek: Wunderbar. Wir übernehmen Mox.
Ella: Sauber legal und völlig unblutig.
Kasbek: Abgesehen von Moritz Mox natürlich, der muß weg, aber das unter uns bleiben. Ihr Honorar haben Sie sich weiß Gott verdient, Ella. Schon für ihre absolute Superidee, die reale und virtuelle Realität bei Moritz Mox einfach zu vertauschen. Und ihm so seine Unterschrift abzutricksen. Brillant.
Sam: Na ja sagen wir ganz ordentlich für einen Menschen.
Jonas: Moment mal Sammy, was hat Ella gemacht? Genau mein ich.
Sam: Oje, wieder mal nix kapiert, was du Lahmbregen. Also paß mal Obacht. Zuerst war Moritz Mox Kaiser Nero in VR und in Wirklichkeit Moritz Mox, Erbe und nach Papis Dahinscheiden Besitzer der Firma Mox, alles klar.
Jonas: Sicher Sammy und dann?
Sam: Dann hat die böse Virtuella das ganze umgedreht, jetzt ist Moritz in der wirklichen Realität Nero und in der virtuellen Firmenchef. Sie hat das so clever gemacht, daß der liebe Moritz nichts mitbekommen hat, mit Drogen, ein bißchen Illusionstheater und unter gütigen Mithilfe der Korporation.
Jonas: Klonkiller. Statisten, Kasbek als Tigellinus, Und während der ahnungslose Moritz den Chef nur simuliert hat, haben Ella und ihre Auftraggeber von der Korporation die wirkliche Leitung der Firma übernommen.
Sam: Zunächst de facto, nunmehr auch de jure. Na bitte, haben es doch noch geschnallt, nich Nulli. Bravo
Kasbek: Endlich Schluß mit dieser idiotischen Römerspielerei.
Ella: Noch eine Szene Kasbek, das haben Sie mir versprochen. Moritz soll seinen Abgang als Nero kriegen. Wir machen weiter, die Kleindarsteller auf ihre Plätze.
Kasbek: Passen Sie bloß gut auf den Vertrag auf, Ella, wenn der verloren geht, war alles umsonst.
Ella: Keine Sorge, Kasbek, Sie sehen, ich nehme ihn mir zu Herzen, in meinem Ausschnitt ist er sicher.
Kasbek: Da wäre übrigens noch was zu bereinigen. Dieser lästige Typ.
Ella: Jonas, richtig, den sollten wir zusammen mit Moritz abservieren. Bringt Jonas her.
Jonas: Überraschung. Hinter mir klapperte was, ich drehte mich um, Sonja mit zwei Schwestern, verkleidet als Römerinnen, mit Laserstrahlern, ein Stilbruch.
Kasbek: So sieht man sich wieder, Jonas.
Ella: Haben Sie wirklich gedacht, wir merken nicht, daß Sie sich hier herumdrücken?
Kasbek: Wissen Sie was das ist?
Jonas: Empfänger für einen Mikroorter.
Ella: Und wo mag er wohl stecken der kleine Mikroorter? Na?
Kasbek: In ihrem Magen. Jonas.
Jonas: Fraktal Mandelbrot.
Kasbek: Mandelbrots Whisky, ganz recht, den Orter hat er von uns.
Ella: Sehen Sie, Mandelbrot hat was läuten hören von einer bevorstehenden Übernahme der Firma Mox durch die Korporation.
Kasbek: Er hat Sie engagiert, um Druck auf uns zu machen, Sie wurden lästig, und wir haben uns mit Mandelbrot engagiert, er kriegt 2 Millionen.
Jonas: Nicht eben wenig.
Ella: Die arme kleine Mona wird fürchte ich, leer ausgehen.
Kasbek: Neros Tod, Ella, bringen wir’s hinter uns.
Jonas: Mit einem Knopfdruck waren wir wieder im alten Rom, aber nicht mehr im Kaiserpalast, der Raum war jetzt kleiner, draußen keine Häuser mehr, nur Landschaft. Kasbek weckte Nero.
Ella: Alles ist verloren, Geliebter.
Kasbek: Die Prätorianer sind zu Galba übergelaufen, Häscher sind dir auf den Fersen. Sie werden dich fangen. Dann wirst du im Colloseum zu Tode gemartert.
Moritz Mox: O ihr Götter was soll ich tun?
Ella: Sei ein Mann, Geliebter, gib dir den Tod.
Kasbek: Hier Nero, mein Schwert.
Moritz Mox: Ich kann nicht.
Kasbek: Dann werde ich es für dich tun.
Moritz Mox: Au, das tut weh.
Ella: Nur sensorische Simulation, Chef, ihre letzten Worte.
Moritz Mox: O welch ein Künstler geht mit mir zu Grunde.
Kasbek: Erledigt. Und jetzt Sie, Jonas, wie hätten Sie’s denn gern, römisches Schwert oder Laser 21. Jahrhundert.
Jonas: Wenn Sie mich schon fragen Kasbek. Weder noch.
Ella: Was erlauben Sie sich?
Jonas: Ella war empört. Jonas hatte ihr in den Ausschnitt gefaßt und den Vertrag rausgeholt, jetzt hielt er ihn über die glühenden Kohlen im Messingbecken. Kasbek und seine Killer waren kaltgestellt, sie konnten Jona weder abstechen noch ablasern.
Jonas: Dann fällt ihr kostbarer Vertrag ins Feuer. Und das wär doch schade, wo Sie sich so viel Mühe gegeben haben.
Kasbek: Wie geht’s jetzt weiter, Jonas, wollen Sie so stehenbleiben, bis Ihr rechter Arm lahm wird.
Jonas: Hab ich nicht vor, Kasbek. Einen Laserstrahler in meine linke Hand. Na wird’s bald. Gut so, Waffen weg, alle an die Wand, auf den Boden, Gesicht nach unten. Ganz ruhig bleiben und immer schön dran denken, Jonas hat den Vertrag.
Jonas: Ich ging rückwärts, durch die Tür, durch den Aufenthaltsraum, in den Lift, runter, Sammy blockierte den oberen Zugang. Jonas hatte ein bißchen Zeit, bis Kasbek und Konsorten einen andern Lift fanden. Nicht daß es mir viel brachte.
Sam: Virtuella hat über Fon alle Ausgänge besetzen lassen, o Dr. Jonas auf der Flucht.
Jonas: Sie wollen den Vertrag, ob sie mich laufen lassen, wenn ich ihn zurückgebe.
Sam: Du glaubst wohl an das Weihnachtsmännchen, du unschuldvoller Engel, du, ja sieh dich an.
Jonas: Was?
Sam: Sieh dich an, Witzfigur.
Jonas: Ja, ich hab noch die römische Rüstung an, meinst du das, Sammy.
Sam: Ein interessantes Ausfit, mein Viles Gloriosus, dürfte erhebliches Aufsehen erregen. Vor allem an einem Orte, welcher der Stille und der intellektuellen Muse geweiht ist und welcher zu dieser Stunde von einer gewissen hochgestellten Persönlichkeit frequentiert wird. Äh, wir verstehen uns auf dieser Welle, gelle.
Jonas: Fünf Minuten später, ein römischer Prätorianer stürmt die friedliche Schachecke im ersten Stock des Moxcenters. Er klirrt und klappert und brüllt laut was Sam ihm leise souffliert.
Jonas: Hannibal ante portas. Panem et cercensis. Per aspera ad astra.
Bürgermeisterin von Babylon: Was ist da los? Ruhe bitte!
Jonas: Cogito ergo sum. Errare humanum est.
Bürgermeisterin von Babylon: Ich bin Bürgermeisterin Paretzky.
Jonas: Nomina sunt udiosa. Leges inter arma.
Bürgermeisterin von Babylon: Silentium. Verdammt noch mal.
Kasbek: Wir kümmern uns um diesen Irren, Frau Bürgermeisterin, die internen Sicherheitskräfte sind alarmiert, gleich sind sie hier.
Bürgermeisterin von Babylon: Lassen Sie nur, guter Mann, das übernimmt meine Leibwache. Festnehmen den Kerl, abführen. Wartet draußen mit ihm bis ich komme.
Jonas: 4 Stunden später, früher Morgen, Jonas kam nach Hause.
Sam: Jaja, drei Dinge braucht der Jonas, ein Bildfon, den ominösen Vertrag, und ein Streichholz.
Jonas: Alles da, Sammy, dann mach mal ein Bildfonverbindung mit der Firma Mox, Direktion, Ella von Rensenbrink.
Sam: Leitung steht. Hallo, Hallo Virtuella, mein Schatz ja hier will wer was von dir.
Ella: Jonas? Sie haben Nerven.
Jonas: Schauen Sie her, Ella, das ist der Vertrag, das ist ein Streichholz, das war der Vertrag.
Ella: Das wird die Korporation ihnen heimzahlen Jonas.
Jonas: Glaub ich nicht, sehen Sie, ich hab die ganze Geschichte der Bürgermeisterin erzählt. Wenn die Korporation mir was tut, kriegt sie mehr Ärger als ich wert bin. Schreiben Sie doch den Verlust einfach ab. Und Kopf hoch. Neuer Tag, neues Glück. Grüßen Sie unseren Freund Kasbek.
Sam: Ja, und Kopf hoch.
Jonas: Gegen Mittag machte ich einen Besuch in der Villa Mandelbrot. Moritz ist tot, Mona erbt. Sagte ich dem Hausherrn. Und der hörte interessiert zu.
Mandelbrot: Als Monas Stiefvater werde ich die Treuhänderschaft des Moxvermögens übernehmen müssen, eine schwere Last, Herr Jonas, eine große Verantwortung.
Jonas: Dazu werden Sie keine Zeit haben, Dr. Mandelbrot.
Mandelbrot: Wie meinen.
Jonas: Die Korporation ist stinksauer, auf Sie, Dr. Mandelbrot, weil Sie Jonas ins Spiel gebracht haben und weil die Korporation deshalb das Spiel verloren hat. An mich kommt man nicht ran, also wird man sich an Sie halten.
Mandelbrot: O Gott, o Gott, was soll ich tun? Helfen Sie mir, Herr Jonas, raten Sie mir bitte.
Jonas: Packen Sie Ihre Koffer, verreisen Sie.
Mandelbrot: Ja, ja verreisen. Wohin?
Jonas: Weit weg, zum Südpol.
Mandelbrot: In Ordnung.
Jonas: Nach Bora bora, und kommen Sie nicht wieder.
Mona: Gute Reise Stiefpapa.
Jonas: Hallo Mona, wieder mal an der Tür gelauscht.
Mona: Na und? Ich bin jetzt reich, eine reiche Frau darf alles.
Jonas: Machs gut. Ich schick dir meine Rechnung.
Mona: Bezahlen kann ich aber erst in einem halben Jahr, wenn ich volljährig bin.
Jonas: Sammy, ob sie wohl im August noch dran denkt?
Sam: Häh die nie.
Mona: Herr Jonas, verkaufen Sie mir Sammy?
Jonas: Vielleicht, Mona, ich überlegs mir.
Das war Virtuella. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Adelheid Arndt, Nadja Rüpprecht, Rainer Basedow, Wolf Euba, Reinhard Glemnitz, Torsten Nindel und andere (Anne Marie Bubke, Stefanie Burkart, Christiane Blumhoff, Werner Klein). Ton und Technik: Daniela Röder und Günter Heß. Assistenz: Holger Buck. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1995. Redaktion Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Weihnachtsmärchen
Coco: Sti-hille Nacht. Hei-lige Nacht. Coco hat in die Hose gemacht.
Sam: Altes Ferkel.
Coco: Coco lacht, daß es kracht. Hahahahaha! Spaß muß sein, Kinder. Aber jetzt sind wir mal ein bißchen ernst ausnahmsweise.
Sam: Ich nicht.
Coco: Kinderweihnachten steht vor der Tür. Das Fest der Liebe. Was ist Liebe? Liebe ist nicht nur das, was die Großen nachts im Bett machen, wenn sie glauben, ihr schlaft schon.
Sam: I pfui Teufel.
Coco: Liebe ist Fühlen. Mitfühlen. Mit den vielen armen Kindern, die keine Geschenke kriegen, mit den Kindern in der Drittwelt, die krank sind, die Hunger haben. Liebe ist Geben.
Sam: Ne ne! Nehmen.
Coco: Gebt, Kinder, soviel Euros, wie ihr könnt. Schickt sie an mich, an euren Freund Coco, den Clown mit dem goldenen Herzen, Network Holo-TV Babylon.
Sam: Bab-ypsilon.
Coco: Sti-hille Nacht, heilige Nacht, geben so viel Freude macht. Gebt von eurem Taschengeld für das Elend in der Welt.
Jonas: Zum Kotzen. Warum sehe ich mir das an, warum schalte ich nicht gleich ab.
Sam: Unzureichende Daten, euer Fragwürden. Apropos Weihnachten.
Jonas: Sam wollte ein Geschenk. Einen neuen Namen. Sam gefiel ihm nicht mehr. Zu kurz. Sammy war ihm zu albern. Und Samuel zu umständlich. Die Frage war, wie wollte er ihn Zukunft heißen?
Sam: Behufs dieses Punktes steht eine endgültige Entscheidung noch dahin bzw. aus. In wohlwollender Erwägung befinden sich Prof. Einstein und Superhirn unter anderem.
Jonas: Weltseele. Lieber Gott.
Sam: Ach, seien Sie nicht albern, junger Mann, heiliger Geist, das hat was.
Val: Hallo, jemand zu Hause?
Jonas: Valerie!
Sam: Sieh mal einer kuck, der Wal, in voller Lebensgröße.
Jonas: Valerie. Kurz Val, Sammy sagte: Der Wal. Weil sie so groß und umfangreich war. Das sollte ein Witz sein. Jonas und der Wal. Sehr komisch. Valerie war eine Ex-Freundin, ausgesprochen ex, wir waren nur kurz zusammen, und seit Jahren auseinander, von mir aus hätte es so bleiben können. Was wollte Val von Jonas?
Jonas: Was willst du Val von Jonas.
Val: Dir frohe Weihnachten wünschen, dir erzählen, wir’s mir geht, ich hab mich selbständig gemacht, hier, sieh mal, meine Karte.
Jonas: Valerie, nur Valerie, die letzte Detektivin.
Val: Merkst du was, Jonas, ich hab von dir gelernt.
Sam: hehe, das geht doch gar nicht.
Jonas: Das konnte man wohl sagen. Ich bin Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv. In der großen Stadt Babylon und drum herum. Val hatte mich schamlos kopiert. Ich schlug ihr ne Änderung vor, die allerletzte Detektivin.
Val: Charmant wie eh und je, Jonas, wie sieht’s bei dir aus, alles OK?
Jonas: O danke.
Val: Ich hab so was gehört. Daß es dir vor ein paar Wochen gar nicht gut ging.
Jonas: Sie meinte den Ufofall, Anfang November 2013, damals hatte Jonas drei Dinge verloren, Sam seinen sprechenden Computer, sein Gedächtnis und den Glauben an die Menschheit. Computer und Gedächtnis hatte ich wieder, den Glauben an die Menschheit suchte ich immer noch.
Val: Armer Jonas. Da wirst du noch lange suchen müssen.
Jonas: Du bist doch nicht gekommen, weil du dir Sorgen um mich machst, Val. Was willst du?
Val: Ich bring dir ‘nen Fall, Jonas.
Jonas: Du mir glaub ich nicht.
Val: Einen richtigen Jonasfall, schwierig aber interessant.
Jonas: Wo ist der Haken?
Val: Naja, die Leute haben kein Geld.
Jonas: War nett dich mal wieder zu sehen, Val, mach’s gut.
Val: Ach, nun hör dir die Sache doch wenigstens mal an.
Jonas: Von mir aus.
Val: Also, da ist ein altes Hetero-Paar, Ramona und Kevin Klein, arm aber ehrlich, Nachbarn von mir, sie wohnen im selben Hochhaus, Straße 130 in der Südstadt.
Jonas: Vor gut 50 Jahren haben sie die Südstadt hochgezogen, flott und billig, inzwischen sind die grauen Hochhäuser kräftig am krümeln, soweit sie überhaupt noch stehen. Aber die Südstadt ist kein Slum, sagt die Bürgermeisterin. Die Südstadt ist ein urbaner Sektor mit spezifischen strukturellen Problemen. Oder so. In der Südstadt wohnt, wer sich wo anders keine Wohnung leisten kann.
Val: Gestern ist den Kleins das Kind gestohlen worden, das sie sich gerade erst gekauft hatten, aus dem Bett, von Weihnachtsmännern mit Laserstrahlern.
Jonas: Lösegeld.
Val: Ne, nichts. Keine Kontaktaufnahme. Kein Wort von den Kidnappern. Die Kleins sind zu mir gekommen, aber unter uns, Jonas, für mich ist der Fall eine Nummer zu groß. Naja, ob du nicht ganz unverbindlich aus fachlichem Interesse.
Jonas: Manchmal übernimmt Jonas einen Fall für noth, aus Sport sozusagen, weil er ihn interessiert, weil er sich langweilt. Außerdem hatte ich meinen sozialen Tag. Weihnachten stand vor der Tür, das Fest der Liebe usw. Ich fuhr mit Val in die Südstadt, Straße 130, Haus N, 13. Stock, Ramona und Kevin Klein, ältlich, ärmlich und völlig aufgelöst. Es dauerte ein bißchen bis sie sich bekrabbelt hatten und mir erzählen, was passiert war, der Reihe nach, von Anfang an.
Ramona: Wir hatten mal einen Sohn, Herr Jonas, vor langer Zeit als wir jung waren.
Kevin Klein: Einen selbstgemachten.
Ramona: Er ging zur UNO als Soldat, und dann ist er gefallen, unser Kevin junior.
Kevin Klein: In Mazedonien, Sommer 1998.
Ramona: Wir haben uns so sehr einen neuen Sohn gewünscht, Herr Jonas.
Kevin Klein: Kevin junior Nummer zwei.
Ramona: Aber ein Retortenkind oder eine Leihmutter können wir uns nicht leisten, und für eine legale Adoption sind wir zu alt.
Jonas: Also entschlossen sich die Kleins, ihr Wunschkind illegal zu adoptieren, das heißt zu kaufen, das ist offiziell nicht gestattet, wird aber toleriert, es gibt jede Menge Kinderhändler, sie beziehen ihre Ware aus der Drittwelt und verkaufen sie in Babylon. Mehr oder weniger offen.
Ramona: Wir haben alles zusammengekratzt was wir hatten.
Kevin Klein: Verschuldet haben wir uns auch.
Ramona: Mit dem Geld sind wir zu Olga Omarenko gegangen, die ihren Laden am unteren Ende vom Markgrafenboulevard hat, Omas Kinderstube.
Kevin Klein: Offiziell vermittelt Frau Omarenko Kinder für Werbung und Medien, aber in erster Linie verkauft sie Adoptivkinder.
Ramona: Wir sind also zu ihr gegangen.
Kevin Klein: Das war vor drei Wochen, Ende November.
Ramona: Und wir haben ihr genau gesagt was wir wollten, einen Jungen etwa zwei Jahre alt, gesund.
Omarenko: Gesund, Omas Kinder sind alle gesund, Mütterchen, kerngesund.
Ramona: Und dunkle Haare.
Omarenko: Dunkle Haare, Karacho, keine Sorge Mütterchen Väterchen, Oma wird besorgen.
Kevin Klein: Und äh wieviel wird es kosten.
Omarenko: Nicht teuer, Väterchen, spottbillig, 8000.
Kevin Klein: 8000 Euros?
Omarenko: 5000 jetzt sofort, bar als Anzahlung 3000 später wenn Oma liefert. Recht so, Väterchen, Mütterchen?
Ramona: Gib mir das Geld Kevin. Und wann? Wann Frau Omarenko kriegen wir unseren kleinen Kevin junior?
Omarenko: Schwer zu sagen Mütterchen. Geduld, ja?
Ramona: Wir hätten ihn so gern zu Weihnachten.
Omarenko: Alle wollen Kinder zu Weihnachten Mütterchen, nu Oma wird versuchen, Karacho?
Kevin Klein: Wir kommen vorbei und fragen nach.
Omarenko: Tut das Väterchen, tut das.
Kevin Klein: Ich weiß nicht, wie oft wir in Omas Kinderstube waren.
Ramona: 5 Mal, Kevin. 6 mal mit gestern.
Kevin Klein: Jedes Mal wurde uns gesagt, noch nicht da, tut uns leid, demnächst, fragen Sie wieder nach.
Ramona: Aber gestern, da war es endlich soweit.
Angestellter: Bedaure, Frau Omarenko ist nicht im Hause, kann ich was für Sie tun?
Kevin Klein: Mein Name ist Klein, wir hatten vor drei Wochen
Ramona: Kevin, hier ist er. In der dritten Krippe. Unser Kevin Junior. Genau wie wir ihn haben wollten. Ja nicht wahr, du bist mein kleiner Kevin, so ein süßes Kind.
Angestellter: Sie meinen das ist das Kind, das Sie bestellt haben.
Kevin Klein: Ganz bestimmt.
Angestellter: Sehen wir mal nach. Aha. Klein, Ramona und Kevin, Restpreis 3000 Euros.
Kevin Klein: Hier. 3000.
Angestellter: Na, dann ist ja alles in bester Ordnung. Sollen wir das Kind schicken oder nehmen Sie gleich mit.
Ramona: Ein netter junger Mann.
Kevin Klein: Kevin junior haben wir natürlich mitgenommen.
Ramona: Schon seit Wochen war alles fertig. Bettchen, Kleidung, Spielzeug, Sie sehen ja hier in der Ecke. Gestrahlt hat er unser Kleiner.
Kevin Klein: Eine Stunde später klingelte es, ich machte auf, es war Frau Omarenko, sie sagte kein Wort, schob mich zur Seite, kam rein, sah sich um.
Ramona: Und wollte mir Kevin junior vom Arm reißen.
Ramona: Was fällt ihnen ein?
Omarenko: Ruhig Blut, Mütterchen, Kind ist nicht ihr Kind, Mein wie sagen Sie Ladenhüter hat gemacht Irrtum, Kind ist für einen anderen Kunden, geben Sie zurück, Mütterchen, Väterchen.
Ramona: Nein, unseren Kevin junior geben wir nicht mehr her.
Kevin Klein: Wir haben ihn voll bezahlt, hier ist die Quittung.
Omarenko: Hören Sie Mütterchen, Sie sind Frau, Sie werden verstehen, leibliche Mutter in Drittwelt ist ganz krank vor Sehnsucht, wird sterben wenn nicht bekommt zurück ihr Kind. Seien Sie Engel Mütterchen, geben Sie her.
Ramona Klein: Das glaub ich Ihnen nicht. Kevin junior bleibt hier.
Omarenko: Väterchen Oma sagt Ihnen was, Oma gibt Ihnen zurück ihr Geld, 8000 Euros und dazu 2000, njet, 4000? 6000? Viel Geld Väterchen.
Kevin Klein: Na ich weiß nicht.
Ramona Klein: Nicht für 1 Million Euros. Gehen Sie. Raus. Raus.
Ramona: Frau Omarenko ging. Und wir spielten mit Kevin bis es Zeit war ihn ins Bettchen zu bringen nach dem Abendessen. Er war gerade eingeschlafen, da.
Kevin Klein: Da kamen die Weihnachtsmänner, ganz normale Weihnachtsmänner mit Bärten in roten Mänteln und roten Zipfelmützen, die haben nicht geklingelt, die haben gleich die Tür eingetreten.
Weihnachtsmann: Fröhliche Weihachten.
Ramona Klein: Pst. Sie wecken das Kind auf.
Weihnachtsmann: Hände hoch an die Wand.
Kevin Klein: Was soll das bedeuten?
Weihnachtsmann: Kein Wort, keine Bewegung. Nimm das Kind, Nick.
Ramona: Nein, lassen Sie ihn los, geben Sie Kevin her.
Kevin Klein: Einer hat Ramona niedergeschlagen. Mit dem Griff seines Laserstrahles. Zeig Herrn Jonas die Beule, Ramona.
Ramona Klein: Hier, unter den Haaren.
Jonas: Wie viele waren es.
Kevin Klein: Drei. Zwei hielten uns mit Laser in Schach, einer nahm Kevin junior aus dem Bett, es dauerte nur ein paar Sekunden.
Jonas: Sind Sie den Männern nachgegangen Herr Klein.
Kevin: Nein, sie hatten doch Laserstrahler, aber ich hab aus dem Fenster gekuckt.
Jonas: Was haben Sie gesehen.
Kevin Klein: Ein graues E-Mobil, die drei sind eingestiegen. Mit unsrem Kind.
Jonas: Nummer?
Kevin Klein: Konnt ich nicht erkennen, das E-Mobil Ist losgefahren, Richtung Westen.
Val: Zum Markgrafenboulevard. Omas Kinderstube.
Jonas: Möglich. Wir werden uns da mal umsehen, Val.
Ramona: Bringen Sie mir meinen Kevin Junior zurück, Herr Jonas, bitte.
Jonas: Omas Kinderstube lag am ruhigen Ende des Markgrafenboulevard, keine Hektik, wenig Geschäfte, Büros und Wohnungen, zehnmal so teuer wie in der Südstadt. Auf der Straße war nicht viel los, wenig Passanten, ein einsamer Weihnachtsmann hockte geduldig am Rinnstein, ab und zu bimmelte er mit seiner Glocke, lustlos, pflichtbewußt. Omas Laden war dunkel und bis auf weiteres geschlossen, das stand auf dem Schild an der Tür.
Val: Geschlossen. Was tun wir Jonas.
Jonas: Wir glauben nichts unbesehen. Wir sind skeptisch. Wir checken.
Sam: Jawohl, wir recken, wir drecken die dreckige Klinke.
Val: Die Tür ist auf.
Jonas: Nach Ihnen, meine Dame.
Val: Du meinst wir gehen rein, Jonas, einfach so?
Sam: Ja.
Jonas: Einfach so. Ganz ordentlich eingerichtet der Laden, schwarzer Tisch, schwarze Sessel, fast Echtholz, fast Leder, fast Mailänder Design, an der hinteren Wand ein Arbeitsplatz mit Computer, 6 leere Kinderkrippen und eine Tür.
Val: Ich hör was, Jonas.
Jonas: Hinter der Tür.
Val: Kinder. Kleine Kinder.
Sam: Hach, was haben Gnädigste denn in einem Kinderladen erwartet? Elefantanten
Jonas: Sehen wir mal nach, Val. Und du Sammy beschäftigst dich mit deinem Kollegen auf der Konsole, kriech mal rein, kuck in den Speicher. Das übliche.
Sam: Hach, wenn euer Großkotzigkeit doch nur ein einziges Mal einen Gedanken daran verschwenden würden, wie frustrierend, ja demütigend es für einen Computer von Bildung und Distinktion ist, einem minderbemittelten nicht einmal der Sprache mächtigen Rechner ins Gedärm zu schlüpfen. Ach, doch wenn es denn sein muß.
Jonas: Hinter der Tür ein kurzer Gang, drei Türen. Rechts, links, voraus. Das Kindergeschrei kam von rechts. Val machte die Tür auf. Eine Menge Kinderbetten. Drei davon belegt. Drei Kleinkinder im eigenen Saft und offensichtlich hungrig. Val ging auf die Suche. Hinter der linken Tür fand sie eine kleine Küche, Schrank, Flaschenregal, Kühlbox voller Milchcontainer und ein Herd, davor ein toter Mann, den Kopf in der Bratröhre, er roch nicht gut.
Val: Ih, wer ist das?
Jonas: Omas Ladenhüter vermutlich, der nette junge Mann, der den Kleins das Kind überlassen hat. Jemand hat seinen Kopf in die Röhre gesteckt und den Strom angedreht. Glitschig.
Val: Da ist einer im Laden, Jonas.
Jonas: Der Weihnachtsmann.
Val: Der mit der Bimmel, woher weißt du?
Jonas: Der Weihnachtsmann auf einsamer Straße, der nicht schnorrt und nicht wirbt, kann nicht astrein sein. Geh raus in den Laden, Val.
Val: Wieso ich?
Jonas: Weil Jonas was anders vorhatte. Er ging in den Gang, stellte sich neben die Tür zum Laden, und wartete. Nicht lange. Dann kam Val durch die Tür, rückwärts, beide Hände oben. Gefolgt von einer Pranke mit Laserstrahler, ein roter Ärmel. Das reichte. Jonas holte aus und schlug zu. Mit der schweren Eisenpfanne aus dem Küchenschrank. Die Pranke ließ den Laser fallen, der dazugehörige Weihnachtsmann stolperte durch die Tür, ein Profi, er hatte noch eine zweite Hand und einen zweiten Laserstrahler, den zog er aus dem Gürtel. Was sollte Jonas tun. Er hatte auch einen Laser. Er drückte auf den Abzug. Der Weihnachtsmann fiel um.
Val: Der Mann ist tot Jonas.
Jonas: Dann hat er sicher nichts dagegen, daß wir ihn mal kurz durchsuchen, noch ein Laser, Neurofreezer, Messer und eine Geschäftskarte, aha.
Val: Nick Bazooka, Firma Ex und Hopp.
Jonas: Tatsächlich. Ein Profi. Ex und Hopp war bekannt als effizientes Killerunternehmen, fast so gut wie die Todesschwadron, und in manchen Kreisen beliebter. Die Todesschwadron ist konservativ, ein bißchen langweilig, ihre Leute tragen nur formelles Busineßoutfit, Ex und Hopper sind peppiger, bunter, modischer und passen sich der Saison an.
Val: Unser Fall ist auf dem falschen Gleis, Jonas, wir haben zwei Leichen auf dem Hals, drei vollgekackte halbverhungerte Babys und weiter sind wir immer noch nicht.
Jonas: Abwarten Val. Sam?
Sam: Roter Baron Sam meldet sich zurück vom Feindflug Herr Luftmarschall, äh Heißluftmarschall.
Jonas: Wie sieht’s aus in Omas Computer, Sammy.
Sam: Melde gehorsamst kahl.
Jonas: Unterlagen gelöscht.
Sam: Sozusagen Sahib gewissermaßen Genosse.
Jonas: Quatschkopf.
Sam: Majestät nehmen mir das Wort aus dem Munde.
Jonas: Den du nicht hast. Was heißt Quasi.
Sam: Siehe die dahingingen und löscheten waren in großer Eile und agiereten dilettantisch, ja und da Sammy stolzer Besitzer eines recht leistungsfähigen Retrievalprogramms ist, wie mein Meister nur zu gut weiß, hat er es doch seinem geliebten Computer gespendet.
Jonas: Konntest du was retten.
Sam: Der Daten Hülle und Fülle, Herr Programmdirektor.
Jonas: Zum Beispiel?
Sam: Zum Bleistift wo sich Stammsitz und Nachschubdepot der Firma Omarenko, Kinder en gro und en detail befinden: General Bastiani.
Jonas: Bastiani.
Sam: Was du mein wonniger Jonas.
Jonas: Was ist was Sam?
Sam: General Bastiani ist der Name einer Festung unserer tapferer Grenztruppen, die bekanntlich ohn Unterhos Korrektur ohn Unterlaß das Abendland vor dem Untergang bewahren, sprich vor dem Ansturm hungriger Drittweltler.
Jonas: Interessant.
Sam: Es dürfte Herrn Chefinspektor ebenfalls interessieren, daß die Geschäfte der Firma Omarenko weiter ausgreifen als es den Anschein hat, vor allem im Schmuddelbereich.
Jonas: Schmuddel. Das treffende Wort. Oma Omarenko verkaufte nicht nur Adoptivkinder, Oma belieferte auch die Kinderpornoindustrie und den Pädophilenfreundeskreis, mit Mengenrabatt, Außerdem besorgte und verscherbelte sie kindliche Organspender. Aber was hatte das alles mit unserem Fall zu tun.
Sam: Beiläufig dieses, o Vater aller dummer Fragen, Klein Kevin junior, Omarenko-Laufnummer D1270-4 ist gar nicht Klein Kevin Junior, er ist vielmehr der Knochenmarkspender, den ein Auftraggeber für 125.000 Euros bestellt und mit 50.000 Euros angezahlt hat. Das ist Megamäuse Boß.
Jonas: Du sagt es Sammy. Wer ist der Auftraggeber?
Sam: Ein mit Chiffre C. gekennzeichnetes anonymes Individuum mein Gutester.
Jonas: So. Wieso ist der teure Knochenmarkspender als preiswertes Adoptivkind bei Kleins gelandet. Ein Versehen?
Sam: Mal sehen, äh mag sein, Meister, doch könnte nicht auch der Geist der nahen Weihnacht Omarenkos Ladenschwengel zu einem bewußten Akt des Mitleids veranlaßt haben, um das Kind vor einer kurzen aber schmerzhaften Existenz als Transplantationsopfer zu bewahren.
Jonas: Wie auch immer Sam, die Omarenko hat versucht, den Kleins das Kind abzuschwatzen, als das nicht klappte, hat sie sich bei Ex und Hopp ein paar Vollstrecker gemietet, und die haben den Kleins das Kind weggenommen.
Val: Warum Jonas? Ich meine wozu der Aufwand. Warum hat Oma ihrem Auftraggeber nicht irgendein anderes Kind besorgt.
Sam: Null Ahnung von Medizin, was Gnädigste. Irgendein Kind tut es mit Nichten und Neffen. Von wegen Histokompatibilität… Antigeneabstoßung. Comprende.
Val: Kein Wort Sam.
Sam: Aha, qui sporidi ruski.
Val: Tanjaschnor.
Jonas: Von allen Kindern, die Oma zur Verfügung hatte, kam als kompatibler Knochenmarkspender in diesem Fall nur dieses eine in Frage. Richtig so.
Sam: Grünau.
Val: Und wo ist das Kind jetzt.
Jonas: Beim Auftraggeber vermutlich.
Val: OK alles klar.
Jonas: Bis auf ein paar Kleinigkeiten. Wer ist der Auftraggeber, wer hat den Angestellten umgebracht und warum. Weshalb ist Ex und Hopp immer noch aktiv.
Val: Und wo steckt Oma Omarenko.
Jonas: Sie hat ihre Daten gelöscht und ist untergetaucht und ich glaube ich weiß wo.
Val: Wollen wir ihr nach, Jonas.
Jonas: Unbedingt, weil wir nur über sie weiterkommen, aber das macht Jonas besser allein. Du wirst hier gebracht, Val, die kleinen Scheißer müssen versorgt werden, bring sie zur nächsten Sozialstation und dann gehst du zu Kleins und wartest auf mich.
Jonas: Jonas flog von Babylon nach Murnau, nicht weit von der Grenze. Und da mietete er ein E-Mobil. Alles aus eigener Tasche, aus der eisernen Reserve, so ist Jonas nun mal, was er anfängt, zieht er durch.
Sam: Unbeirrbar, unerschütterbar unerbitterlich, in einem Wort, in einer Silbe stur, stur wie ein Panzer.
Jonas: Wie Sam Spade, wie Phil Marlowe.
Sam: Ein Mann geht den Weg, den ein Mann gehen muß. Bis ans Ende. Allien äh Korrektur allein.
Jonas: Chandler.
Sam: Ne, Sam, nicht schlecht was, hätte gut von Chandler sein können. Achtung, Fort General Bastiani voraus.
Jonas: Kilometerweit rechteckige Klötze, Kasernen im beliebten 08/15-Stil, daneben vorfabrizierte Plastikschuppen, weit hinten am Horizont ein dunkler Streifen, die Grenze. Sperranlagen, Stacheldraht und die gewaltige Mauer. Ich fragte mich durch zum Dienstzimmer des Medienoffiziers. Jonas war Medienarbeiter, Researcher, für Supermedia Holo TV. Papiere und Identscheibe hatte Sam fabriziert, eine seiner leichteren Übungen.
Medienoffizier: In Ordnung, Herr Jonathan.
Jonas: Jonas.
Medienoffizier: Sie kommen allein klar. Leider kann ich mich kaum um Sie kümmern, unsere große Weihnachtsfeier, wissen Sie, alle im Fort haben mit den Vorbereitungen zu tun, bis auf die Grenzstreife natürlich.
Jonas: Ich werde mich schon zurechtfinden.
Medienoffizier: Bestens. Sie dürfen sich im Fort frei bewegen, sich umsehen, ihre Recherchen durchführen. Apropos, warum geht’s da eigentlich. Was hat Supermedia vor?
Jonas: Unter uns. Wir planen eine große Holodoku über den verantwortungsvollen Dienst der Grenztruppen. Europas Bollwerk auf Wacht, während die anderen schlafen, so etwa.
Medienoffizier: Klingt gut, na dann viel Erfolg, Herr Jonathan. Falls Sie länger bleiben wollen, unser Gästetrakt steht zu Ihrer Verfügung.
Jonas: In den Kasernen war Platz für 30.000 Grenzer. Falls die Drittweltler wieder einen großen Durchbruch versuchen sollten. Außerhalb der Kasernen gab es Läden, ein Bordell und Kneipen. Was der Mensch so braucht. Olga Omarenko fand Jonas nicht, statt dessen fand er Schieber, Nutten, einen geschwätzigen Wirt. Und überteuerten Synthwhisky.
Wirt: 20 Euros.
Jonas: Die Flasche?
Wirt: Haha, das Glas.
Jonas: Fröhliche Weihnachten.
Wirt: Wie gefällt Ihnen der General Bastiani Chor?
Jonas: Umwerfend. Olga Omarenko. Kennen Sie die?
Wirt: Klar kenn ich Oma. Jeder im Fort Bastiani kennt Oma, sehr beliebt, bringt Geld unter die Leute, was wollen Sie von Oma?
Jonas: Ich hab was mit ihr zu besprechen, geschäftlich.
Wirt: Ich frage nur, weil Sie nicht der erste sind, der sich heute nach ihr erkundigt, vor ner Stunde waren ein paar Weihnachtsmänner hier mit nem Laster.
Jonas: Und die haben nach Oma gefragt.
Wirt: Ja. Wollten wissen, wo sie sie finden können.
Jonas: Haben Sie’s ihr gesagt.
Wirt: An der Grenze, Kontrollzone 7 mit der Streife, Oma ist oft mit der Streife unterwegs, damit sie die Ware gleich an der Quelle begutachten kann.
Jonas: Was für Ware?
Wirt: Na die Kinder, die sich durchschleichen.
Jonas: Die kauft Oma, von den Grenzern.
Wirt: Fragen Sie sie selbst, ich hab zu tun und ich weiß gar nichts.
Jonas: Ich hatte eine Karte vom Grenzbezirk. Der Medienoffizier war so freundlich gewesen. Damit arbeitete ich mich vor. Die Mauer am Horizont wurde höher, immer höher, ihr gigantischer Schatten legte sich über das Grenzgebiet, über Babylon, über ganz Europa. Die Mauer war neu, sonst sah die Gegend aus wie früher, als sie noch Niemandsland hieß, wüst und leer, Stilleben mit Ruinen. Wann war Jonas zuletzt hier gewesen.
Sam: Präzis im August 2010 euer Vergeßlichkeit.
Jonas: Vor dreieinhalb Jahren Sammy. Inzwischen ist eine Menge passiert.
Sam: Anfall Chef und Überfall.
Jonas: Anfall Überfall, was soll das heißen Sam.
Sam: Fall an Fall, Fall über Fall, ein Witz.
Jonas: Haha, Durchfall, verbaler Durchfall, das ist das, was du hast Sam.
Sam: Nanana. Trouble is waiting, Captian.
Jonas: Hinter dem Hügel, direkt an der Mauer.
Sam: Vorschlag zur Güte: Anhalten, aussteigen und ganz vorsichtig weiterkrauchen.
Jonas: Bis auf den Hügel. Ich hob den Kopf hinter einem großen Stein, langsam, und was sah ich unten: Eine offene Klappe in der Mauer, davor im Halbkreis die Grenzstreife, 12 Mann, am Boden lagen etwa 20 Drittweltler, Frauen und Männer, tot, dazwischen ein paar Kinder, lebendig und laut, und eine stämmige Frau in farbiger Folklore, munter und geschäftig. Das mußte Oma Omarenko sein.
Omarenko: 3,4,5,6. 6 Kinder, Leutnant.
Leutnant: Macht 300 Euros.
Omarenko: Moment, 250, Oma kann nicht gebrauchen den da, zu alt, hat schiefes Bein.
Leutnant: Abschießen. So, macht das Loch in der Mauer wieder zu, heute kommt doch keiner mehr.
Weihnachtsmann: Weihnachtlich glänzet der Wand, freue dich…
Jonas: Ein roter E-Kleinlaster, auf der Ladefläche 6 rote Weihnachtsmänner, der Laster hält, die Weihnachtsmänner springen ab, sie strahlen und winken, und rufen fröhliche Weihnachten, die Grenzer winken zurück und lassen die Hände gleich oben, weil die Weihnachtsmänner plötzlich Laserstrahler aus den Manteltaschen ziehen. Profikiller von Ex und Hopp.
Leutnant: Hey, die Grenztruppen im aktiven Dienst mit der Waffe zu bedrohen ist streng verboten. Stecken Sie Ihre Laser weg.
Weihnachtsmann: Regen Sie sich ab, Leutnant, Ihnen und Ihren Leuten tun wir nicht. Wir wollen bloß Oma. Wir haben Auftrag sie ein bißchen totzuschießen. Gehen Sie aus dem Weg, dann passiert Ihnen nichts.
Leutnant: Sie werden hier niemanden totschießen, schon gar nicht Frau Omarenko, sie steht unter unsrem Schutz.
Weihnachtsmann: Wenn Sie das so sehen, Leutnant, Feuer.
Jonas: Harte Sitten im Grenzgebiet, und lockere Laser. Jetzt lagen auch die Grenzer auf der Erde neben den Drittweltlern, die sie eben erst erschossen haben. Olga Omarenko lebte noch, sie bückte sich, versuchte eine Waffe aufzuheben, aber der Oberweihnachtsmann hatte was dagegen.
Omarenko: Au, meine Hand tut weh.
Weihnachtsmann: Machen Sie sich nichts draus, Oma, in ein paar Sekunden tut ihnen nichts mehr weh. Garantiert.
Omarenko: Was Sie wollen, Oma hat Vertrag mit Ex und Hopp wir Partner Täubchen.
Weihnachtsmann: Keine Partner, Oma. Der Vertrag ist abgelaufen, Ihr werter Geschäftsfreund ist für Sie eingestiegen, und der bezahlt uns eine Menge, wenn wir Sie umlegen.
Omarenko: Väterchen Conrad Coburg, aber warum, Oma hat ihm geliefert Kind mit Knochenmark für sein Söhnchen, war nicht leicht, Täubchen, gar nicht leicht.
Weihnachtsmann: Sie haben versucht, Coburg ein bißchen zu erpressen, um den Preis hochzudrücken, darum Oma. Coburg hat nicht gegen Sie als Mensch, aber Sie sind im Stande, ihn bloßzustellen, das kann er sich nicht leisten als prominente Persönlichkeit und professioneller Kinderfreund. Nehmen Sie’s nicht tragisch, Oma, Sie können zufrieden abtreten, ein erfülltes Leben liegt hinter Ihnen, viele tausend tote Drittweltler, viele tausend verhökerte Kinder, ist doch was. Also dann.
Omarenko: Wir machen neue Vertrag, Karatscho, Oma wird bezahlen. Ah.
Jonas: Abgang Olga Omarenko. Genannt Oma. Kinderhändlerin, keine nette Person, die Weihnachtsmänner schnitten ihr den Kopf ab, und packten ihn in eine Kühlbox als Beweis für ihren Auftraggeber, dann bestiegen sie ihren Laster und verschwanden in einer Staubwolke mit weihnachtlichem Gesang. Zurück blieben diverse Leichen, 5 heulende Kinder und Jonas.
Sam: Und Sam.
Jonas: Wie konnte ich dich vergessen, geliebtester Computer meiner Seele.
Sam: Ah von wannen diese ungewohnten Töne mein Jonas, ist dir die Ballerei an die Nieren gegangen, kein Wunder, laut, blutig, schlimmer als die Karl May Festspiele.
Jonas: Sei du froh daß du keine hast.
Sam: Was.
Jonas: Keine Nieren meine ich.
Sam: Nobody ist perfekt.
Jonas: So hat die Omarenko sich also ihre Waren besorgt, die Kinder die sie in Babylon verkauft hat. Die Grenze machen ein Loch in der Mauer auf, lassen eine Gruppe Drittweltler durch, bringen die Erwachsenen um.
Sam: Und die Kinder kriegt Oma jaja zum bescheidenen Stückpreis von 50 Euros.
Jonas: Hat sie gekriegt, Sammy, jetzt haben wir sie, die fünf kleinen Heuler da unten. Was machen wir damit. An der Grenze gibts keine Sozialstation.
Sam: Hier lassen, Augen zu und weg, nein nein, ist nicht drin, du Wohltäter der Menschheit. Wir nehmen sie mit, jawohl, aber nur bis zum Fort, sollen die Grenzer sich drum kümmern.
Jonas: Da seh ich schwarz, Sammy.
Sam: Wieso?
Jonas: Weißt du was, wir geben Sie im Bordell ab.
Sam: Bravo Commandore, wie alle Welt weiß haben die dort tätigen Damen Herzen aus purem Gold, ja, da wird’s ihnen gut gehen den kleinen Scheißern.
Jonas: Amen. Von der Festung General Bastiani fuhr Jonas schnell weiter nach Murnau und stieg in den nächsten Flieger nach Babylon, bloß weg, bevor es Ärger gab, und den würde es geben, sobald jemand über die Leichen an der Mauer stolperte.
Sam: Piep. Geruhen mein Herr und Meister zu schlafen.
Jonas: Ich denke nach Sammy.
Sam: Er denkt, o Wunder.
Jonas: Und du kannst mir dabei helfen.
Sam: Machen wir doch glatt. Ein Mensch allein, was kann das schon sein. Chaos Herr Oberkirchenrat, Tohu und Bohu, Kraut und Rüben, Omi und Opi.
Jonas: Conrad und Coburg. Wer ist Conrad Coburg Sammy?
Sam: Na schauen wir mal. Erstens Geschäftsfreund von Frau Omarenko selig.
Jonas: Ist bekannt.
Sam: Zwotens: prominente Persönlichkeit und professioneller Kinderfreund.
Jonas: Auch bekannt, Sam, wenn du nichts neues zu bieten hast.
Sam: Drittens: weithin geschätzter und beliebter Holoclown.
Jonas: Aha. Conrad Coburg. Co-Co. Coco!
Sam: Mit dem goldenen Herzen.
Jonas: Der Weihnachtssülzer.
Sam: Eben dieser und kein anderer euer Ehren. In diesem Zusammenhang dürfte wohl eine kürzliche Meldung einschlägiger Medien von gewissem Belang sein, daß nämlich besagter Conrad Coburg alias Coco einen etwa 2-jährigen Sohn, Costa mit Namen sein eigen nennt, welcher ganz plötzlich von der bösen akuten Leukämie daniedergestreckt wurde.
Jonas: Sieh mal an. Jetzt paßte alles zusammen. Das Puzzle war gelöst. Der Fall war klar.
Sam: Klar wie Knödelsuppe. Wie Knochenmarkslösung.
Jonas: Conrad Coburg braucht für seinen Sohn einen histokompatiblen Knochenmarkspender, er geht zu Oma.
Sam: Ja.
Jonas: Oma sucht.
Sam: Ja.
Jonas: Oma findet.
Sam: Und was geschieht? Aus irgendeinem Grunde landet das für Coburg bestimmte Kindlein bei den Kleins.
Jonas: Oma läßt es kidnappen und liefert es bei Coburg ab.
Sam: Ja, und dabei kommt sie auf die Idee, ihren Auftraggeber unter Druck zu setzen, um einen höheren Preis rauszuschinden, hätte sie lieber lassen sollen, die gierige Großmutter, denn Herr Kollege.
Jonas: Coburg wird sauer.
Sam: Ja.
Jonas: Ihm wird klar, wie gefährlich die Sache für ihn werden kann.
Sam: Coco mit dem goldenen Herzen, Holopersonality, geliebt von allen Kindern in und um Babypsilon, kauft heimlich ein Drittweltkind, um es gnadenlos auszuschlachten. Pfui Teufel, so geht’s ja wirklich nicht, meine Damen und Herren, liebe Kinder, hochverpupptes Ehrlikum.
Jonas: Coburg muß handeln, und was tut der Herr Kollege?
Sam: Jaja er beauftragt Ex und Hopp, alle Beteiligten zu beseitigen, zu liquidieren, auszuradieren, zum Schweigen bzw. um die Ecke zu bringen zu killen, abzumurksen.
Jonas: Oma. Ihren Angestellten.
Sam: Ja. Und was Herr Kollege ist mit Ramona und Kevin Klein.
Jonas: Ja was war mit den Kleins. Ich machte mir Sorgen. Zu recht. Am frühen Morgen kam Jonas nach Hause, und da stand sie, vor der Tür des Büroapartments und wartete, Valerie. Nur Valerie, die letzte Detektiv. Die allerletzte.
Val: Ich brauch dringend was zu trinken, Jonas.
Jonas: Bürowhisky?
Val: Na wenn du nichts Besseres hast.
Jonas: Wollten wir uns nicht bei den Kleins treffen.
Val: Kleins sind tot. Laserstrahler, gestern abend hab ich sie gefunden. Was jetzt Jonas, wir haben keine Klienten mehr. Der Fall hat sich erledigt.
Jonas: Nicht ganz, Val. Wir haben Kevin Junior noch nicht gefunden, das müssen wir tun, das sind wir den Kleins schuldig und uns selbst auch.
Val: Wenn du meinst. Wo willst du anfangen zu suchen.
Jonas: Da wo er steckt Val.
Val: Und das weißt du.
Jonas: Das weiß ich. Sammy?
Sam: Gnädiger Herr wünschen.
Jonas: Coburgs Adresse.
Sam: Piep. Im allgemein zugänglichen Bürgerverzeichnis nicht zu finden Sir.
Jonas: Na und, dann sieh in die nicht zugängliche Liste der Geheimadressen. Oder kannst du das nicht.
Sam: Eine derart dümmliche Unterstellung vermag Sam nicht einmal ein müdes Lächeln zu entlocken. Hehe. Piep. Conrad Coburg ist seß- und wohnhaft am Schwanensee bei Tschaikowski. Wo die feinen Häuser pinkeln, Korrektur wo die feinen Pinkel hausen, die reichen Schweine.
Val: Wer ist Coburg, Jonas.
Jonas: Erzähl ich dir unterwegs Val.
Sam: Erlaube mir den bescheidenen Hinweis, Sir, daß es nicht gänzlich unproblematisch sein dürfte, Sir, zu besagtem Coburg vorzudringen, Sir.
Jonas: Da wird sich schon was finden Sammy.
Sam: Erlaube mir ferner den Hinweis, daß es nicht geraten erscheint, Sir, dies Haus auf dem üblichen oder auch direktem Weg zu verlassen, Sir. Weihnachtsmänner vor dem Tor, Sir, von draußen vom Schwanensee da kommen sie her.
Jonas: Tatsächlich. Die müssen dir gefolgt sein, Val. Von Kleins aus.
Val: Ich hab nichts gemerkt.
Jonas: Das hätte mich auch gewundert. Also durch den Notausgang.
Sam: Kellerzwischentür, Kellernebenhaus, Hintertür.
Val: Und dann?
Jonas: Auf zu Coburg.
Sam: Hallali Safari. Vom Himmel hoch da komm ich her.
Jonas: Zuerst machten wir einen kleinen Abstecher, was besorgen, umziehen, das dauerte ein bißchen. Drei Stunden später standen zwei Weihnachtsmänner vor Coburgs Tür. Korrektur: ein Weihnachtsmann und eine Weihnachtsfrau, rote Mützen ins Gesicht gezogen. Rote Mantelkragen hochgeschlagen. Die Frau drückte auf den Klingelknopf, der Mann hielt eine Visitenkarte vor das Scannerauge. Nick Bazooka stand darauf. Firma Ex und Hopp. Die Tür ging auf. Weihnachtsmann und Weihnachtsfrau traten ein.
Val: Schick die Hütte.
Sam: Alles sauber, Boss. Nur ein Mensch im Haus. Keine Waffen.
Jonas: Personal?
Sam: Elektronisch. Automatisch. Nicht blöd der Coburg. Roboservants tun was man ihnen sagt, ruhen sich nicht aus, nehmen keinen Urlaub, werden nicht krank so wie du Rotzlöffel.
Jonas: Und wenn sie stören, werden sie einfach abgeschaltet, klar Sammy?
Sam: Klar Boss. Nur ein Wort und das System liegt lahm. Kein Problem für Sam, Sam den Hacker, den Knäcker, den Racker, den Kacker, ach ne der Kacker bist du.
Coburg: Was soll das? Keine Hausbesuche, das habe ich ihnen ausdrücklich gesagt. Sie kompromittieren mich.
Jonas: Das tut uns aber schrecklich leid, Herr Coburg.
Coburg: Was wollen Sie denn?
Jonas: Das Kind.
Coburg: Was?
Val: Den kleinen Drittweltler, den sie bei Olga Omarenko gekauft haben.
Coburg: Sie, Sie sind nicht von Ex und Hopp.
Jonas: Sehr richtig, Herr Coburg, wir haben gelogen, damit Sie uns reinlassen, wir sind überhaupt zwei rücksichtslose und gefährliche Typen. Wo ist das Kind.
Coburg: Ich weiß nicht, wovon Sie reden.
Jonas: Er wußte es dann doch. Als wir ihm zwei entsicherte Laserstrahler unter die Nase hielten, er fing an zu schwitzen, versuchte zu verhandeln. Aber Jonas ließ sich auf nichts ein. Coburg gab auf und ging voran, ins Untergeschoß, in ein Krankenzimmer, hell, sauber, bestens ausgestattet, Robodoc und Robonurse standen in Bereitschaft, Maschinen summten und piepten, dazwischen zwei kleine Betten. In einem ein etwa zweijähriges Kind, blaß, völlig kahl, es schlief und warf sich dabei unruhig hin und her.
Coburg: Mein Sohn, mein Sohn Costa, er hat Leukämie, akute lymphatische Leukämie, die Chemotherapie hat ihm nicht geholfen, nur die Transplantation kann ihn retten, die Knochenmarktransplantation, verstehen Sie, darum.
Jonas: Im zweiten Bett, das ist Kevin Junior, der Junge aus der Drittwelt.
Coburg: Ja, der Knochenmarkspender. Sie haben ja keine Ahnung, wie schwierig es ist, ein histokompatibles Kind zu finden, damit das transplantierte Gewebe nicht gleich wieder abgestoßen wird, das ist sehr sehr schwierig.
Val: Was ist mit ihm los. Warum rührt er sich nicht.
Coburg: Er ist, ich meine, wir haben ihn nun ja in ein Koma versetzt.
Jonas: Was heißt das, ist er tot?
Coburg: Nicht direkt. Sehen Sie, er atmet.
Sam: So, aber sein Hirn arbeitet nimmer, Herr Medizinalrat, und es wird auch nimmer arbeiten. Kein Hirnstrom, kein Lebenszeichen.
Jonas: Der Junge ist also hirntot.
Sam: Hirntot ist tot, Herr Oberstabsarzt, tot wie ein Sargnagel, toter geht das nicht.
Val: Sie haben das Kind umgebracht Coburg.
Coburg: Gott, was heißt umgebracht, so ist es einfach praktischer, das Material bleibt länger frisch, länger transplantationsfähig, und der Spender ist ruhiggestellt. Er wäre sowieso draufgegangen. Mein Sohn braucht sehr viel Knochenmark in kurzer Zeit.
Jonas: Schalt ab, Sam.
Sam: Kevin Junior?
Jonas: Natürlich Kevin Junior. Stop die Maschinen, die ihn künstlich am Leben erhalten, laß ihn sterben.
Sam: Zu Befehl. Piep.
Coburg: Nein, mein Sohn, mein Costa. Wenn die Transplantation nicht weiterläuft, stirbt er. Wo soll ich so schnell einen neuen Spender herkriegen.
Jonas: Wie wär’s denn mit ihnen selbst, Coburg, als leiblicher Vater sind Sie automatisch histokompatibel.
Coburg: Das steh ich nicht durch, bei der Menge Knochenmark, die Costa braucht.
Jonas: Ihre Entscheidung Coburg. Vielleicht fällt Sie Ihnen leichter, wenn Sie sich klarmachen, daß Sie sowieso schon tot sind, so gut wie. Sie kommen vor Gericht, die Medien werden Sie in der Luft zerreißen, Ihren Job werden Sie los, kein Kind wird Sie noch sehen wollen. Dafür werden wir sorgen.
Coburg: Das… Sie wollen mich anzeigen.
Jonas: Das ist nicht nötig Coburg. Wir stecken die Geschichte ihrem größten Konkurrenten.
Val: Peter Pelican, Pepe mit der roten Nase, Holoclown bei Supermedia.
Jonas: Und kommen Sie nicht auf den Gedanken, uns Ihre Ex und Hopper auf den Hals zu hetzen.
Val: Mit denen werden wir ganz fertig. Was Jonas?
Jonas: Aber sicher Val. Wenn sie ein bißchen Anstand und Mut haben, Coburg, dann retten Sie ihrem Sohn das Leben, Sie selbst sind nicht mehr zu retten. Komm Val.
Sam: Und noch recht fröhliche Weihnachten allerseits. Es ist ein Roß entsprungen, wo will das Pferd bloß hin…
Das war Weihnachtsmärchen. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem hörten Sie: Ilse Neubauer, Ellen Schwiers, Simone Solga, Peter Fricke, Michael Hinz und andere (Hubert Mulzer, Werner Haindl, Timo Dierkes, Klaus Neumann, Friedrich Schloffer). Ton und Technik: Daniela Röder und Günter Heß. Assistenz: Holger Buck. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1995. Redaktion Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Ufo
Sam: Er stand auf seines Daches Zinnen und schaute mit trübem Sinnen auf Babypsilon, die große Stadt.
Jonas: Die Sicht aus meinem Fenster im 16. Stock war gut. Ausnahmsweise. Klar und scharf lag das nächtliche Babylon unter mir. Ein riesiger Flickenteppich. Im Westen die Ghettos der Reichen, in gedämpftes Goldgelb. Ruhig. Gediegen. Grell und aufdringlich das Zentrum, das Amüsierviertel, knallbunt flackernd. Strahlend weiß die geballten Hochhäuser der Wirtschaft. Steif und steril. Dazwischen in unregelmäßigem Hell-dunkel die normalen Wohnbezirke. Im Südosten ein großes schwarzes Loch: Das Reservat. Rundum, am Horizont die Wildnis, eine dauernde dunkle Drohung. Darüber, als heller Kontrapunkt: ein Ufo, ein rotierender Diskus mit zahllosen Fenstern. Langsam zog es dahin. Unbeirrbar. Unerschütterlich. Unergründlich.
Sam: Unerträglich.
Jonas: Das Ufo?
Sam: Ach Quatsch, deine melancholische Fensterschau, dein poetisches Geplapperlaber, du Hemingway für Arme.
Jonas: Wer ist Hemingway, Sammy?
Sam: Was juckt uns Hemingway, was juckt uns das Ufo, das gondelt doch schon seit Wochen jeden Abend über Babylon herum. Laß grübeln und glotzen, hinweg mit dem Trübsinn, mach dir ein paar schöne Stunden, Kumpel, geh ins Casablanca.
Jonas: OK. Aber das half auch nichts. Die Stimmung blieb mies. Und das Ufo, die Drohung, die Dunkelheit, alles das wartete schon auf Jonas. Im Casablanca. Ich kriegte es nur nicht gleich mit. Zuerst war da nur die Frau, an meinem Tisch, auf meinem Platz.
Jacob: Sie wartet auf dich, Jonas.
Jonas: Soll sie, ich bin nicht da, ihr Pech.
Jacob: Hier ist er, Frau Delamotte.
Jonas: Halts Maul, Jacob, ich bin nicht in Stimmung.
Delamotte: Jonas?
Jacob: Jonas, in Lebensgröße.
Jonas: Schöner Freund bist du.
Jacob: Ich bin kein Freund, ich bin Gastwirt.
Jonas: Sie war Ende vierzig. Gut angezogen, grau und dunkelblau, höheres Management dachte ich, oder öffentlicher Dienst. Ich ging rüber zu ihr. Lust hatte ich nicht.
Delamotte: Setzen Sie sich. Was trinken Sie?
Jonas: Whisky, Jacob, aber nicht den aus Singapur.
Delamotte: Sie sind also der Detektiv.
Jonas: Der letzte. Der absolut total allerletzte. Wenn Sie mir einen Auftrag geben, tun Sie’s auf eigene Gefahr.
Delamotte: Sie haben seltsame Art für sich zu werben. Was kosten Sie?
Jonas: 120 Euros pro Tag und Spesen und eine Zulage, wenn ich raus muß aus Babylon. Muß ich?
Delamotte: Ich glaub schon.
Jonas: Wohin?
Delamotte: In die Wildnis.
Jonas: 200 pro Tag. Sie können sich das leisten, das sehe ich Ihnen an. Was soll ich tun?
Delamotte: Jemanden suchen und finden wenn möglich.
Jonas: Wen?
Sam: Lalü lala. Tatü Tata. Alarm. Es brennt. Lichterloh, feurio. Loriot. Halt stopp, denk weiter.
Delamotte: Sam nehm ich an.
Jonas: Sie kennen Sam?
Delamotte: Wer kennt ihn nicht.
Sam: Ha. Hast du gehört, meitabbelige Gallenblase. Mir san hin und hergerissen, gnädige Frau, charmo charmo Küß eahna die Hand.
Jonas: Mein Computer. Klein aber laut. Gefüttert mit sämtlichen Sprachprogrammen, die es gibt. Die es nicht gibt, hat er sich selbst beigebracht. Sam. Auch Sammy. Selten Samuel. Wegen Casablanca. Den Film meine ich, nicht meine Stammkneipe. As time goes by. Sam ist mein elektronischer Begleiter. Mein Schlappenschamois. Meine nützliche Nervensäge.
Sam: Teuerste sehen mal wieder ganz extraordinär entzückend aus.
Delamotte: Danke.
Sam: Aber dennoch dessen ungeachtet und nichts desto trotz, erstmal wird geklärt, wer Sie sind. In dem daß wir bislang noch nicht das Vergnügen Ihrer geschätzten Bekanntschaft genaßen. äh genießen. Hatschi. Danke. Genossen. Feste Regel im Hause Jonas. Also dann mal los verehrteste. Hosen runter.
Jonas: Wer sind Sie?
Delamotte: Delamotte ist mein Name. Audrey Delamotte, ich arbeite im Amt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit als Staatsrätin.
Jonas: Alles klar, also, fangen wir nochmal an, Frau Delamotte. Wen soll ich suchen?
Delamotte: Einen Mann namens Adam Stiller.
Sam: Schiller?
Delamotte: Sagt Ihnen der Name was?
Jonas: Stiller?
Sam: Schiller?
Jonas: Stiller?
Sam: Stiller?
Jonas: Nein.
Sam: Nein.
Delamotte: Schriftsteller. Buchautor genauer gesagt. Das hier hat er geschrieben:
Jonas: Sie kommen aus dem Kosmos – das Geheimnis der Ufos. Kenn ich nicht.
Delamotte: Sie machen sich wohl nichts aus Büchern, Jonas.
Sam: Ich auch nicht.
Delamotte: Wie die meisten in Babylon.
Sam: Jaja.
Jonas: Falsch. Jonas ist Nostalgiker. Jonas kauft und liest Bücher. Krimis aus dem 20. Jahrhundert. Science-Fiction interessiert mich nicht. Und genau sowas hatte Adam Stiller geschrieben. SF-Romane, Sachbücher über Ufos, fliegende Untertassen, Raumschiffe aus fernen Welten, ein Thema, das ihn faszinierte.
Delamotte: Das war vor etwa 20 Jahren in den 90ern, ich war damals Lektorin in einem kleinen Buchverlag Sense of Wonder. Stiller schrieb für uns, kompetent, fleißig, manchmal inspiriert, und immer erfolglos. Wie der ganze Verlag. Bücher waren schon zu dieser Zeit kein Geschäft mehr, und darum ging der Verlag in Konkurs, 1998, vor 15 Jahren, Stiller war da 60, er konnte und wollte nicht noch mal von vorn anfangen.
Jonas: Was hat er gemacht?
Delamotte: Er ist ausgestiegen, aus Babylon verschwunden, untergetaucht.
Jonas: Und Sie, Frau Delamotte.
Delamotte: Ich, ich hab mir was Neues gesucht, und bin im Amt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit gelandet.
Jonas: Wo Sie’s zu was gebracht haben. Schön für Sie. Was wollen Sie jetzt nach 15 Jahren von Stiller, warum suchen Sie ihn.
Delamotte: Warum? Weil seine Zeit gekommen ist, seine Bücher sollten neu aufgelegt werden, heute hätten sie Erfolg.
Jonas: Vermutlich, und was hätten Sie davon.
Delamotte: Ich kenne Stiller, ich würde ihm helfen, ihn managen.
Jonas: 20 %.
Delamotte: Eher 25. Stiller und ich, wir würden ganz groß mitschwimmen auf der Ufowelle.
Jonas: Das klang plausibel. Vor einem Vierteljahr hatte sie angefangen, die UFO-Welle, die UFO-Schwemme, der UFO-Wahn. Seltsame Erscheinungen tauchten am Himmel auf. Rätselhafte Objekte. Mysteriöse Flugkörper. Scheibenförmig, hell und strahlend. Immer mehr. Immer öfter. Waren es außerirdische Raumschiffe? Bald flogen die Ufos nicht nur, sie landeten, ab und zu, weit draußen, unter Ausschluß der Öffentlichkeit, Menschen die mitgenommen und dann freigelassen wurden, erzählten Wunderdinge, und Wunderdinge verhießen auch die Funksprüche, die vom Himmel kamen: Hoffnung, Frieden, Lösung aller Probleme, ganz Babylon war im UFO-Fieber, Ufokulte hatten gewaltigen Zulauf, alles andere war uninteressant geworden, es gab nur ein Thema: die Ufos.
Delamotte: Was halten Sie von den Ufos, Jonas.
Jonas: Ich, ich halt mich raus. Bleiben wir bei Adam Stiller, er ist jetzt wie alt?
Sam: 75, du Schlunzpiepe.
Jonas: Falls er noch lebt.
Delamotte: Das hoffe ich. Sie werden es feststellen, Herr Jonas, Sie werden ihn aufspüren und zu mir bringen.
Jonas: Wenn ich ihn finde und wenn er will. Warum nicht in der Wildnis, warum nicht sagen wir im Reservat.
Delamotte: Fürs Reservat ist er nicht der Typ, ich bin ganz sicher, er steckt in der Wildnis.
Jonas: Sie müssen’s wissen, Frau Delamotte, es ist ihr Geld. Apropos.
Delamotte: Sie brauchen eine Anzahlung nehm ich an. 500 Euros in bar, ist das genug.
Sam: Es ist genug. Es ist nie genug. Es ist nie genug.
Jonas: Mein Fon klingelte, als ich aus dem Lift stieg, ich ging durch den Korridor, suchte den Schlüssel, schloß auf, ich hatte es nicht eilig, das Fon hörte auf zu klingeln: Gut so. Eine Minute später fing es wieder an. Laut und beharrlich. Jemand mußte große Sehnsucht nach Jonas haben.
Jonas: Jonas, nur Jonas, was ist.
Maid: Hier spricht der hohe Tempel der druidisch-kosmologischen Kirche, seine Mysteriosität, Erzdruide Fingal, wünscht eine Unterredung mit Ihnen.
Jonas: So, dann soll er doch mal vorbeikommen ihr Erzdruide, vielleicht übermorgen.
Maid: Ich bitte Sie, Herr Jonas, Sie werden kommen zum hohen Tempel, sogleich.
Jonas: Jetzt, 5 Minuten vor Mitternacht.
Maid: Auf der Stelle, Herr Jonas, sofern Ihnen an einem einträglichen Auftrag gelegen ist.
Jonas: Sam?
Sam: Anruf genuin, Chef.
Jonas: Tja, so ist das, wochenlang will kein Schwein was von Jonas, und jetzt rennen sie mir die Bude ein.
Sam: Beziehungsweise zitieren euer Willfährigkeit ins Haus.
Jonas: In den Tempel, Sam. Adresse.
Sam: Yes.
Jonas: Die druidisch-kosmologische Kirche war einer der neuen Ufokulte, der größte und offensichtlich lukrativste. Der hohe Tempel erwies sich als Prachtbau in bester Lage in einer Nebenstraße des Markgrafenboulevard, zwei bewaffnete Türsteher fragten nach meinem Namen, ließen mich durch, ein kahles Foyer, eine zweite Tür, ich stand in einem großen runden Raum unter einer hohen Kuppel, spärliches Licht aus unsichtbarer Quelle, aus unsichtbaren Lautsprechern Sphärenmusik, auf dem nachtblauen Hintergrund von Wänden und Kuppel tanzten helle Kreise in komplizierter Choreographie, plötzlich ein helles Rechteck, ganz hinten war eine Tür aufgegangen, eine Gestalt in einem langen weißen Hemd wandelte mir entgegen.
Maid: Der hohe Tempel entbietet ihnen durch mich seinen Willkommensgruß, Herr Jonas.
Jonas: Gleichfalls. Waren Sie die Maid vorhin am Fon. Sind Sie die Sekretärin des Erzdruiden?
Maid: Ich habe die überaus große Ehre, seiner Mysteriosität als rituelle Opfermaid zu Diensten zu stehen.
Jonas: Is ja drollig. Interessanter Job?
Maid: Bitte, Herr Jonas. Seine Mysteriosität erwartet Sie.
Jonas: Hinter der hellen Tür ein freundlicher kleiner Raum, ein Studio oder Herrenzimmer wie das früher hieß, edel ausgestattet, echt lederne Clubsessel, ein massiver Echtholzschrank, hinter der Echtglastür echte Bücher, und inmitten der teuren Pracht ein Mann, groß, gewichtig, würdevoll, eingewickelt in ein weißes Laken, eine goldene Sichel am Gürtel, im dünnen Haar ein Mistelkranz, in der Hand ein Glas, und im Glas, was roch die Nase des Experten?
Erzdruide: Ganz recht, Herr Jonas, Uskibeha, wie die alten Kelten sagten, Wasser des Lebens, echter schottischer Maltwhisky, wollen Sie auch einen?
Jonas: Hm, ehe ich mich schlagen lasse, Hochwürden.
Erzdruide: Mysteriosissimus ist die mir zustehende Anrede, Herr Jonas.
Jonas: Mysteriovissimus. Auf ihr Wohl.
Erzdruide: Mysteriosissimus.
Jonas: Oder so.
Erzdruide: Auf ihr Wohl. Auf Teutates und Bedisama, auf die alten Götter, die da zurückkehren aus der Tiefe des Raumes, ihre irregegangenen Kinder zu retten, zum Wohl.
Jonas: Warum haben Sie mich kommen lassen.
Erzdruide: Sie sollen ihn ausfindig machen, Herr Jonas, den Vorläufer, den Propheten, der da bereits vor etlichen Jahren uns die Wiederkehr der himmlischen Göttern weissagte, in den erleuchteten Werken, welche Sie hier hinter Glas sehen, Herr Jonas.
Jonas: Sie kommen aus dem Kosmos.
Erzdruide: Unter anderem, Herr Jonas.
Jonas: Adam Stiller.
Erzdruide: Eben diesen, Herr Jonas.
Jonas: Sieh mal an. Ein vielbegehrter Typ, dieser Stiller. Jonas dachte kurz nach. Sollte er dem Erzdruiden erzählen, daß er denselben Auftrag schon angenommen hatte? Von Audrey Delamotte. Ich hielt den Mund. Ein kleines bißchen unethisch, möglicherweise, aber es wurde niemand geschädigt. Und einer hatte den Nutzen, Jonas, der kriegte doppeltes Honorar. Und nicht nur das.
Erzdruide: Nach unseren Erkenntnissen ist Adam Stiller ausgestiegen, wie der volkstümliche Ausdruck lautet, und zwar bereits vor 15 Jahren. Sie werden ihn also womöglich in der Wildnis suchen müssen, Herr Jonas.
Jonas: Womöglich. Macht 200 Euros pro Tag und Spesen und eine Zulage, weil ich in die Wildnis muß.
Erzdruide: Die druidisch-kosmologische Kirche brennt vor Verlangen, den Propheten in ihrem Tempel willkommen zu heißen. Sie werden Eifer zeigen, Herr Jonas, Sie werden eilen.
Jonas: Ich tu, was ich kann, Mysteriovissimus, gleich morgen.
Erzdruide: Heute, Herr Jonas, wir werden zahlen, um ihr Bemühen tunlichst zu beschleunigen, stellt die Kirche ihnen ein E-Mobil zur Verfügung, Sie werden es vor dem Tor finden, hier ist der Schlüssel.
Jonas: 5 Stunden später, früher Morgen, ich fuhr durch die Südstadt, raus aus Babylon Richtung Wildnis, es war Platz auf den Straßen, mehr als sonst, keine Penner, keine Obdachlosen, keine Tütenmenschen, verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt, und noch was fiel mir auf: die großen Seniorenanstalten am Stadtrand standen leer, Türen und Fenster mit Brettern vernagelt, seltsam. Aber was ging das Jonas an. Jonas hatte einen Auftrag. Zwei Aufträge. Eden, ein kleiner Ort in der Wildnis, noch dasselbe traurige Nest wie vor 3 Jahren, Fall Spielwiese, egal, Jonas war nur auf der Durchreise, zu drei alten Freunden, Debora, Amos und Obadja. Übrigbleiber, Survivalists, weit draußen in der Wildnis hatten sie sich eine Hütte gebaut, da hausten sie, schlicht und gottesfürchtig, putzten ihre Waffen und warteten auf den großen Knall, nur daß sie jetzt nicht mehr zu dritt waren.
Debora: Bruder Obadja hat uns verlassen, Bruder Jonas.
Jonas: Tot, Debora?
Amos: Schlimmer, er ist zurückgekehrt nach Babylon zu den Fleischtöpfen Ägyptens.
Sam: Volksrente, Computer, elektrisch Licht und Schnaps aus dem Dipsomaten. Chemnitzluja. Korrektur Halleluja.
Amos: Ah Brüderchen Samuel.
Debora: Wie geht’s denn kleiner Schreihals.
Sam: Erlauben Sie Madam, nicht dieser Ton.
Debora: Och, ist er beleidigt.
Jonas: Laß ihn, Debora, er wird wieder.
Amos: Bist du gekommen, um für immer bei uns zu bleiben, Bruder Jonas, denn siehe das Ende der Welt steht vor der Tür.
Jonas: Schon wieder oder immer noch?
Debora: Wirklich und wahrhaftig, Bruder Jonas, hebe deine Augen empor zum Himmel und schaue die Vorzeichen der nahenden Schrecknisse.
Jonas: Die Ufos meinst du.
Amos: Und auch auf Erden geschieht fürchterliches.
Jonas: Wem sagst du das Amos.
Debora: 50 km von hier haben sie ein neues Agrocenter hingestellt.
Jonas: In die kahle Wildnis.
Debora: In die Wildnis, wo nichts wächst, jeden Tag und jede Nacht fahren riesige E-Trucks von Babylon ins Center, vollbeladen mit Menschen, und wenn sie zurückfahren sind sie leer.
Amos: Die große Säuberung hat begonnen, Bruder Jonas, und der Herr gießt aus die Schalen seines Zorns über Gerechte und Ungerechte.
Jonas: Wie dem auch sei. Wenn morgen die Welt untergeht, wird Jonas noch heute ein Apfelbäumchen pflanzen.
Sam: Bruder Jonas, also steht es geschrieben in dem heiligen Werk, das da genannt wird, Büchmanns geschniegelte Worte, was, nein, geprügelte Worte, a Moment, ahaha, gebügelte Worte, ja gebügelte Worte.
Jonas: Halt den Rand, Sammy, denn wahrlich ich sage dir, so du nicht zügelst den Fluß deiner Rede, schalt ich dich ab. Verstanden.
Sam: Amen und abermals amen.
Amos: Du hast einen Auftrag auszuführen, Bruder Jonas.
Jonas: Ich suche einen Mann namens Adam Stiller, Aussteiger.
Debora: Adam? Alt?
Jonas: 75. Kennst du ihn Deborah.
Debora: Es gibt hier draußen einen alten Mann, der den Namen Adam, der Geschichtenerzähler trägt.
Amos: Manche nennen ihn auch Adam der Spinner.
Jonas: Das dürfte er sein. Wo lebt er?
Debora: Im Asyl, 20 km weiter nach Westen.
Jonas: Der Ort, der jetzt Asyl hieß, war in der alten Zeit ein Campingplatz gewesen, an einem See, der natürlich längst ausgetrocknet war, die Caravans standen noch da, eine Schrottlaube neben der anderen, fast bis zum Horizont, jeder Wagen bewohnt, Aussteiger, Übrigbleiber, Durchsnetzfaller, ein paar Flüchtlinge aus der Drittwelt, die es durch den Militärkordon geschafft hatten. Jonas fuhr durch die rostigen Reihen, sah sich um, fragte, vorsichtig, eine Hand am Leitsystem des E-Mobils, die andere in der Jacke am Laserstrahler. Abends war ich am Ziel, ein verrotteter Minibus, kein Motor, keine Räder, das Heim von Adam dem Spinner alias Adam Stiller. Ein Greis, verkrümmt, verknittert, verknöttert, er ließ mich nicht rein, aber er blieb vor der Tür und hörte sich an, was Jonas ihm mitzuteilen hatte. Babylon ruft, sagte ich, und das gleich zweimal.
Jonas: Babylon ruft.
Stiller: Ach was, wer denn.
Jonas: Erzdruide Fingal und Audrey Delamotte.
Stiller: Und Lisa, Lisa will nichts von mir wissen.
Jonas: Wer?
Stiller: Lisa. Lisa Polonius.
Jonas: Wer ist das?
Stiller: Na, meine Partnerin damals, junger Mann, meine Muße, hab ich immer gesagt, sie hat mir geholfen beim Denken, beim Schreiben, besonders bei meinem letzten Manuskript, ein Roman, nur ein Gott kann uns noch retten, war der Titel, ein Heideggerzitat, werden Sie nicht kennen, junger Mann.
Jonas: Ein Roman über Ufos.
Stiller: Ja, aber nicht so wie Sie vielleicht denken, junger Mann, mein Meisterwerk, schade daß es nicht veröffentlicht wurde, kurz nachdem ich es eingereicht hatte, ging der Verlag pleite. Hat Audrey nichts davon gesagt, sie muß es noch haben.
Jonas: Das Manuskript? Nein nichts.
Stiller: So, was macht sie denn jetzt. Wieder bei einem Verlag?
Jonas: Audrey Delamotte ist Staatsrätin im Amt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit.
Stiller: Oh. Wirklich? Also das finde ich interessant, sehr interessant, wenn ich mir so ansehe, was im Moment läuft, diese Ufokiste und kein Wort von meinem Manuskript, da kommt man ins Grübeln, junger Mann.
Jonas: Also was ist, Herr Stiller, was wollen Sie, Verehrung als Prophet, oder viel Geld als neuaufgelegter Autor, oder beides.
Stiller: Oder weiter meine Ruhe als Aussteiger, nicht so flott, junger Mann, das muß ich mir überlegen, mal drüber schlafen. Kommen Sie morgen früh wieder.
Jonas: Wo kann ich übernachten?
Stiller: Ihre Sache, junger Mann.
Jonas: In ihrem Minibus.
Stiller: Null Chance. Schlafen Sie doch in ihrem E-Mobil.
Jonas: Das werd ich wohl müssen.
Stiller: Ein guter Rat, junger Mann, fahren Sie ein Stück raus, bleiben Sie nicht im Asyl, die klauen ihnen den Sitz unterm Hintern weg.
Jonas: Das wollte ich nicht. Also fuhr ich raus, zwei drei Kilometer bis zu einem Haufen bizarrer Felsen, da stellte ich das E-Mobil ab, klappte die Lehne runter, legte mich hin, halb zwölf. Schlafenszeit. Sam schob Wache, in dieser Gegend war es nicht geheuer, und das war noch eine Untertreibung.
Sam: Düdüdüdüdüdüdüt, Erwache, Meister, o Meister o werde wach, düt, nu hör schon auf zu schnofen, du alte Schlafmütze.
Jonas: Sam, wie spät.
Sam: Piep. 2 Uhr und 22 Minuten. Die Nacht ist noch jung.
Jonas: Warum weckst du mich? Was ist los.
Sam: Siehst du nichts, du blindes Huhn. Hörst du nichts, du taube Nuß? Ha?
Jonas: Ich richtete mich auf. Drüben, wo das sogenannte Asyl lag, war der Himmel rot, Feuer, Schüsse, Krieg. Wer gegen wen? Ich startete das E-Mobil, fuhr zurück, ohne Licht, langsam, bis ich sie im Schein der Flammen erkennen konnte: gepanzerte Kampfmaschinen, haushoch, schwer bestückt, Bordkanonen, MGs, Laserwerfer, sie hatten Asyl umstellt, walzten alles nieder, schossen die Caravans in Brand, machten sie platt mitsamt den Bewohnern, wer sich ins Freie retten konnte, wurde abgeschossen. Was ging hier vor? Was waren das für Maschinen.
Sam: Mähdrescher, Herr Agronom, Ernteautomaten, Agrarmaschinen.
Jonas: Du spinnst Sammy.
Sam: Steht doch groß und deutlich dran.
Jonas: AgroC.
Sam: Ja.
Jonas: Dieses ominöse AgroCenter.
Sam: Welches nicht ist, was es zu sein vorgibt.
Jonas: Was hat Debora gesagt: Trucks voller Menschen rein, leer wieder raus. Und jetzt das. Mord, Sam.
Sam: Massenmord euer Ehren. Mit System und Methode.
Jonas: Und mit modernsten Kampfmaschinen. Wer steckt dahinter Sam.
Sam: Wenn eure Tiefschürfigkeit jene uralte, doch immer wieder neu gestellte Frage für den Augenblick zurückstellen und sich gütigst einem akuten Problem widmen wollte. Denn siehe, wie Debora und Amos sagen würden, eine der mörderischen Maschinen ist ausgeschwenkt und nimmt Kurs auf unseren Standort.
Jonas: Zufall, Sammy, die Leute oben auf der Brücke können uns im Dunkeln nicht sehen, von uns wollen die nichts. Oder? Das Ding kommt direkt auf uns zu, Sammy.
Sam: Und ab durch die Mitte. Mach schon, gib Gas.
Jonas: Jonas gab Gas, änderte die Richtung, schlug Haken, alles umsonst, die Maschine blieb dran, und kam immer näher. Der Lichtkegel ihres Scheinwerfers war nur noch wenige Meter vom E-Mobil entfernt.
Sam: Die wissen genau, wo wir sind und wie weit entfernt.
Jonas: Ein Orter, Sammy.
Sam: Transmitter, very good Sir und wo meine ich?
Jonas: Irgendwo hier im E-Mobil.
Sam: Im E-Mobil, Jonas geliehen und zur Verfügung gestellt vom lieben Erzdruiden.
Jonas: Dieser hinterhältige Armleuchter. Aber warum?
Sam: Achtung, Felsen direkt voruss.
Jonas: Die Rettung. Mit quietschenden Reifen bog ich um die Felsengruppe, dahinter nahm ich sofort Tempo weg, steig aus, bis der Wagen fast kroch, ich stieg aus, stellte am Leitsystem Höchstgeschwindigkeit ein und tauchte dann mit einem Hechtsprung zwischen die Felsen, von da sah ich, wie die Kampfmaschine hinter dem leeren E-Mobil herratterte, bis beide Fahrzeuge in der Dunkelheit verschwanden.
Sam: Das Wandern ist des Sammys Lust, für Jonas singen ist ein Frust, das Wandern. Im Frühtau zu Berge…
Jonas: Am nächsten Morgen wanderte ein Privatdetektiv durch die Wildnis, er war allein, aber nicht einsam, hoch über ihm zogen Ufos ihre Bahn, und in seiner Tasche tönte es. Laut und herzzerreißend. Sam sang zur Aufmunterung Wanderlieder. Die blieben ihm aber im nicht vorhandenen Halse stecken, als wir unserem Ziel näherkamen, die Hütte meiner Übrigbleiberfreunde war ein rauchender Trümmerhaufen, von Amos und Debora war nichts zu sehen, vermutlich lagen sie drunter.
Sam: Erspäht mein Bruder Shatterhand die Raupenspuren im Wüstensand?
Jonas: Kampfmaschinen, hier waren sie also auch, vermutlich haben sie uns ab Babylon verfolgt, weit weg hinter dem Horizont. Ein gewaltiger Aufwand, Sammy, warum.
Sam: Unzureichende Daten euer Fragwürden.
Jonas: Typisch, wenn man dich wirklich mal braucht.
Sam: Auf jeden Fall hat es was mit Herrn A. Stiller selig zu tun. Mein gröJaz.
Jonas: GröJaz?
Sam: Ja, größter Jonas aller Zeiten, sollte ihn aufspüren, um ihn so nichtsahnend ans Messer zu liefern. Präzislicher vor die Kampfmaschine.
Jonas: Für den Erzdruiden. Deshalb hat er mir ein E-Mobil mit Orter gegeben. Aber viel weiter sind wir damit nicht, Sammy. Welche Rolle spielt Audrey Delamotte. Und vor allem warum wurde Stiller umgebracht.
Sam: Nicht nur er, höchsteigentlich du mein Allerwertester, vielmehr auch jeder Mann und jede Frau, die so mit ihm Umgang pflagen. Bis hin zu Amos und Debora. Requiencant in pace.
Jonas: Amen. Was war mit Stiller. Weshalb war er so gefährlich? Für wen? Was passiert im AgroCenter. Und was ist mit den Ufos.
Sam: Herr Lehrer, Herr Lehrer, darf Sam auch mal was fragen.
Jonas: Bitte. Schieß los.
Sam: Wie kommen wir zurück nach Babylon.
Jonas: Die Frage konnte Jonas beantworten. In einer Höhle nicht weit weg hatten die Übrigbleiber ein altes Benzinauto versteckt, vollgetankt, fahrbereit, für die Zeit nach dem großen Knall, das wußte ich von meinem ersten Besuch vor drei Jahren. Ich wartete bis zum Abend, dann fuhr ich los Richtung Babylon. Unterwegs hielt ich Ausschau nach Kampfmaschinen und Helikoptern, aber alles was ich am Himmel sah, waren Ufos. Am Stadtrand ließ ich das Auto stehen, und suchte mir eine Kneipe, in der Jonas garantiert unbekannt war, ich mußte was trinken. Was essen, was mit Sammy bereden.
Sam: Nach Hause, in dero Dussligkeit Büroapartment, dich haben sie wohl mit dem Bups gepiekt, was Knallkopp bzw. oder auch mit Klammerbeutel gepudert, kommt ja gar nicht in die Tür, da ist dicke Luft Mann, da warten sie auf dir, du Hirnsklerotiker.
Jonas: Wer immer sie sind. Also untertauchen. Wo? Audrey Delamotte. Was hältst du davon, Sammy?
Sam: Sammy enthält sich jedweder Meinung.
Jonas: Ganz was neues. Also gut, wir können es ja mal probieren. Es ist jetzt.
Sam: 1 Uhr 11, mitten in der dunklen Nacht.
Jonas: Um die Zeit liegt ein braves Mädchen im Bett.
Sam: Allein zuzweit.
Jonas: Mach ne Verbindung Sam. Delamottes Wohnung.
Sam: Bitte sehr der Herr. Piep.
Jonas: Na, was ist.
Sam: Der Anschluß ist außer Betrieb, die Teilnehmerin ist verstorben. Überraschung.
Jonas: Kann man wohl sagen, eine rundum tödliche. Was jetzt.
Sam: Adam Stiller.
Jonas: Ist auch tot. Auch blöder Vorschlag.
Sam: Laß mich doch ausreden, du Napsülze. Adam Stiller hat was von einer früheren Partnerin Lisa Polonius. Da könnte man einhaken.
Jonas: Was soll dabei rauskommen, Sam.
Sam: Infos Dummie. Über Stiller, über Manuskript Nur ein Gott kann uns noch retten.
Jonas: Ich weiß nicht, Sammy, also von mir aus, Lisa Polonius, gibt’s die überhaupt, los Sam, an die Arbeit Besen, du hast es so gewollt.
Sam: Schon gut. Piep. Lisa Agneta Polonius, wohnhaft Babypsilon Südstadt, große Ausfallstraße Nr. 2271, Apartment IX S.
Jonas: Gar nicht weit, praktisch um die Ecke, das traf sich gut, Jonas rief an, holte Lisa Polonius aus dem Bett, stellte sich vor, sagte was von Stiller, das genügte. Eine halbe Stunde später saß ich in ihrem schäbigen Zimmer, 10 Quadratmeter, ich erzählte ihr von meinen Abenteuern in der Wildnis und von Stillers Tod. Sie war erschüttert. Ein bißchen. Nicht lange. Schließlich hatte sie 15 Jahre nichts von ihrem Expartner gehört. Dann war sie dran mit Erzählen.
Lisa: Ich war es, Herr Jonas. Ich habe die Lawine losgetreten, weil ich Audrey Delamotte angerufen habe.
Jonas: Wann war das?
Lisa: Vor… vor 4 Tagen, am 31. Oktober 2013.
Jonas: Weshalb haben Sie angerufen?
Lisa: Wegen Adam und wegen der Ufos, weil mir was aufgefallen war, die ganze Sache mit den Ufos und daß erst ein paar über den Himmel fliegen und dann immer mehr und daß sie landen, daß sie Kontakt aufnehmen, alles das, das steht ganz genau so drin in Adams Manuskript.
Jonas: Nur ein Gott kann uns noch retten.
Lisa: Ja. Hat Audrey ihnen davon erzählt.
Jonas: Nein, kein Wort. Das war Stiller.
Lisa: Ah. Ich hab Audrey nämlich vorgeschlagen, das Buch jetzt rauszubringen, 15 Jahre später.
Jonas: Wie hat sie reagiert.
Lisa: Sie hat gesagt, das geht nur, wenn Adam zustimmt, deshalb wollte sie einen Detektiv beauftragen, Adam zu suchen.
Jonas: Und das hat sie getan, noch am gleichen Tag, nicht nur sie übrigens, kennen Sie den Erzdruiden Fingal, Frau Polonius.
Lisa: Sagen Sie Lisa.
Jonas: Kennen Sie ihn, Lisa? Von der druidisch-kosmologischen Kirche.
Lisa: Nein.
Jonas: Dieses Manuskript von Stiller, wer hat das.
Lisa: Audrey, sie hat es behalten damals, der Verlag brach zusammen, Adam war verschwunden.
Jonas: Haben Sie eine Kopie.
Lisa: Es gibt keine Kopie, aber ich weiß was drin steht, ich habe schließlich mitgearbeitet.
Jonas: Stillers letzter Roman spielte in der nahen Zukunft, einer düsteren Zukunft voller Probleme: Umwelt kaputt, zuviel Menschen, zuwenig Ressourcen, die Weltregierung wußte nicht mehr weiter, und da kam sie auf eine clevere Idee, sie holte die Ufos aus der Mottenkiste, nach genau ausgearbeitetem Plan, mit allen technischen und psychologischen Tricks, Holoprojektionen, Halluzinationsdrogen, neue Sekten, gefälschte Holoreportagen in dramatischer Steigerung, Ufos flogen, Ufos landeten, Ufos enthüllten ihr Geheimnis, Ufos kamen aus dem Weltraum, sie verbreiteten keine Angst, sie machten Hoffnung, ein gigantisches Manöver, eine massive Ablenkung, die Menschen sahen nicht mehr der Regierung auf die Finger, sie sahen zum Himmel, erwartungsvoll, optimistisch.
Lisa: Die Idee zu dem Buch hatte Adam schon früh, um 1990, die Regierung von Peru ließ damals an mehreren Stellen im Land die Madonna erscheinen, die frommen Peruaner gingen auf Wallfahrt und vergaßen ihre Armut, ihre korrupten Minister. Interessant, nicht wahr, Jonas.
Jonas: Interessant, das hat Stiller auch gesagt, als er hörte, Audrey Delamotte sei jetzt beim Amt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit.
Lisa: Ah, ist sie das.
Jonas: Sogar als Staatsrätin.
Radio-Sprecher: Wir unterbrechen unser laufendes Programm für eine wichtige Sondermeldung.
Jonas: Stellen Sie lauter Lisa.
Radio-Sprecher: In der Nacht vom 1. zum 2. November 2013 hat ein unbekanntes Flugobjekt versucht, in der Wildnis etwa 150 km südlich von Babylon…
Jonas: Das ist da, wo ich war, in der selben Nacht.
Radio-Sprecher: Asoziale Bewohner eines nahegelegenen illegalen Lagers reagierten hysterisch und aggressiv.
Jonas: Das Asyl ist gemeint.
Radio-Sprecher: Es kam zu einer Panik, die mehrere Opfer forderte, darauf brach das Objekt den Landeversuch vorerst ab. Soweit die Meldungen.
Jonas: Alles falsch.
Radio-Sprecher: Bleiben Sie am Apparat, meine Damen und Herren, noch in dieser Nacht sind weitere sensationelle Entwicklungen zu erwarten.
Jonas: An der ganzen Meldung stimmt nur eins: Es gab Opfer. Ufos waren nicht da. Nur Maschinen, ausgesprochen irdische Kampfmaschinen, gesteuert von Menschen.
Lisa: Vielleicht, vielleicht gibt es überhaupt keine Ufos. Was wir da am Himmel sehen, das sind vielleicht auch nur Fälschungen.
Jonas: Vielleicht ist die ganze Ufowelle nicht wahr, alles gelogen, alles falsch.
Lisa: Wie es Adam in seinem Buch vorgedacht hat, ich glaube…
Jonas: Machen Sie das Licht aus Lisa.
Jonas: Ich ging ans Fenster, unten auf der Straße hielt ein großer Elektrotruck, Aufschrift AgroC, natürlich, die Truppe, ein rundes Dutzend, sprang von der Ladefläche, alle groß, alle breitschultrig, alle bewaffnet mit Laserstrahlern und Sturmautomaten, wie Landwirte sahen sie nicht aus, ehe wie Cops in Zivil, sie rannten über die Straße in den Hauseingang. Es wurde Zeit zu verschwinden. Wie?
Lisa: Hinten raus durchs Bad, nein, kommen Sie Jonas, aus dem Fenster, über die Feuerleiter aufs Dach.
Jonas: Und dann?
Lisa: Rechts um, vier Häuser weiter ist ein Altenheim, vorn an der Ecke, das Heim steht leer, seit 3 Tagen, seit der Umsiedlung.
Jonas: Was für eine Umsiedlung?
Lisa: Ja wissen Sie denn das nicht. Alle Bewohner von Alten- und Pflegheimen werden umgesiedelt.
Jonas: Wohin.
Lisa: Irgendwo außerhalb, wie hieß das, in ein den spezifischen Lebensführung der Umsiedler angepaßtes alten- und krankengerechtes Ambiente, so ungefähr.
Jonas: Alle Heimbewohner, und so schnell, merkwürdig.
Lisa: Im Heim können wir uns verstecken, ich kenne mich aus, ich war oft da, Freunde besuchen. Achtung, Schornstein.
Jonas: Fast 70 Jahre war sie alt, aber zäh und beweglich wie eine junge. Oder sagen wir wie ein Detektiv in den besten Jahren. Gemeinsam turnten wir über Leitern und Dächer. Bis wir in Sicherheit waren, fürs erste jedenfalls. Im Gemeinschaftsraum des leeren Altenheims. Da verpusteten wir uns und machten weiter, wo wir in Lisas Zimmer aufgehört hatten. Allmählich reimten wir uns die ganze wüste Geschichte zusammen. Zu dritt. Sammy war ja auch noch da.
Sam: Ja was soll denn das, jeder sagt, was ihm einfällt, alle reden durcheinander, so geht das nicht. Wird Zeit, daß ein geistig überlegenes Digitalwesen ein bißchen Fasson in die Sache bringt. Also dann. Die Sitzung ist eröffnet. Den Vorsitz führt Computer Samuel. Vorsitzender Computer Samuel erteilt das Wort an Computer Samuel. Danke Herr Vorsitzender. Bitte bitte.
Jonas: Blas dich nicht so auf, Sammy.
Sam: Ruhe auf den billigen Plätzen. Computer Samuel beginnt. Danke. Erstens. Es steht dringend zu vermuten, daß es sich bei der aktuellen Ufowelle um eine Vortäuschung falscher Tatsachen, um eine Ablenkung geradezu gigantischen Ausmaßes seitens höchster babylonischer Stellen hundelt was äh handelt.
Lisa: Ablenkung wovon.
Sam: Später gute Frau, eins nach dem andern. Alles zu seiner Zeit.
Lisa: Sagen Sie, ist er immer so Ihr Computer, Jonas.
Jonas: Nein, meist ist er schlimmer.
Sam: Der Vorsitzende verbittet sich energisch jedwede beleidigende Anmerkung im Saal. Fahren Sie fort, Computer Samuel. Danke, Herr Vorsitzender. Zweitens. Die offensichtlich verewigte Audrey Delamotte, Staatsrätin im Amt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit, hat das in ihrem Besitz befindliche Manuskramramon Korrektur Romanmanuskript des gleichfalls verewigten Autors Adam Stiller mit dem Titel “Nur ein Gott kann uns noch retten”, als Grund- oder auch Vorlage für besagte Großtäuschung benutzt, dies glaubte sie allem Anschein nach problemlos tun zu können, hielt sie doch Stiller für verschollen, und
Lisa: Ja, aber dann hab ich Audrey angerufen.
Sam: Dieserhalb und desterwegen.
Jonas: Jetzt ist es gut, Sam. Faß dich kürzer oder du kriegst Ärger.
Sam: Drittens. Delamotte: Auftrag an Jonas, such Stiller, bring zurück Babylon, Ziel Stiller umbringen. Kurz genug, Sir.
Jonas: Kurz genug. Weiter. Weiter.
Sam: Viertens Erzdruide derselbe Auftrag, Stiller lokalisieren, Ziel Stiller durch Kampfmaschinen umbringen lassen. Fazit: Erzdruide auch sehr interessiert Ufoschwindel geheim zu halten. Frage Chef: Erzdruide in Verbindung mit Delamotte?
Jonas: Ich stell die Frage Sam. Du bist Computer Samuel, die geistig überlegene Digitalperson. Du antwortest.
Sam: Unzureichende Daten, euer Ungnaden.
Jonas: Hätt ich mir denken können. Bist du jetzt fertig?
Sam: Viertens. Jonas, Lisa Polonius wissen zu viel, darum verfolgt, gehetzt, in Lebensgefahr.
Jonas: Da wären wir ohne dich nie draufgekommen.
Sam: Siehste.
Lisa: Ich muß nochmal fragen. Weshalb das ganze große Manöver, wovon soll abgelenkt werden.
Sam: Davon.
Jonas: Ich wußte die Antwort, aber ich wollte sie nicht wissen, ich wollte weg aus Babylon, aus einer Welt, in der solche Dinge geschahen, die leeren Straßen, die leeren Heime, die sogenannten Umsiedlungen in ein sogenannten Agrocenter, Straßenmenschen, Obdachlose, Alte, Behinderte, Kranke, es gab zu viel davon, zuviel für eine Regierung, die nicht mehr wußte, wie sie die Volksrente aufbringen sollte, die deshalb die demografische Statistik korrigierte, und um die Aktion eine Nebelwand legte, die Ufos. Nur so konnte es sein. Aber ich mußte mich vergewissern. Megan Alcatraz, Chiefcontroller im Justizministerium, sie war mir was schuldig, Fall Strafkolonie vor einem viertel Jahr. Das Fon im Heim war noch in Betrieb, ich rief sie an.
Megan: Es gibt Gerüchte über eine streng geheime Staatsaktion, Codename Lebensabend, offiziell weiß ich nichts, unser Ministerium ist nicht beteiligt.
Jonas: Wer ist beteiligt, weißt du das, Megan.
Megan: Finanzen, Inneres, Gesundheit, Kultus, das Amt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit.
Jonas: Staatsrätin Delamotte.
Megan: Ja, so heißt sie glaub ich. Ja, und dann noch das und das Agrarministerium. Seltsamerweise.
Jonas: Wenn man im Mist wühlt, stinkt es. Wer Wind sät, wird Sturm ernten.
Megan: Hast du etwas mit Lebensabend zu tun, Jonas.
Jonas: Andersrum, Megan, Lebensabend hat mit mir zu tun.
Megan: Halt dich da raus, Jonas, Lebensabend ist gefährlich.
Jonas: Lebensgefährlich. Nicht nur für Jonas.
Megan: Hast du ein Hologerät in Reichweite?
Jonas: Ja, hier steht eins, warum?
Megan: Schalt ein, und mach’s gut, Jonas.
Holo-Reporter: Steht unmittelbar bevor, ein einmaliges meine Damen und Herren, ein historisches Ereignis, die größte Sensation seit es Menschen gibt, die erste offizielle angekündigte Landung eines außerirdischen Raumschiffs auf dieser unserer Erde.
Lisa: Die Begegnung der vierten Art, wie in Adams Buch.
Holo-Reporter: Meine Damen und Herren, diesmal wird es keine Explosion geben, die Regierung hat das Landegebiet räumen und absperren lassen, das große Ufo, das seit einigen Minuten über uns schwebt, in einer Höhe von ich würde mal schätzen, 500 Metern, äh, das beginnt jetzt zu sinken, langsam, ganz langsam nimmt es immer mehr Fahrt weg, es beginnt zu sinken, und jetzt ein Lichtkegel von fast unerträglicher Helligkeit, erfaßt die Vertreter der Medien, erfaßt die Abordnung der Regierung, die darauf wartet unsere außerirdischen Besucher willkommen zu heißen.
Jonas: Gut gemacht die Special effects.
Holo-Reporter: Meine Damen und Herren, warten Sie mit uns gespannt auf die Landung, das Ufo senkt sich weiter, tiefer, immer tiefer, gleich, meine Damen und Herren, wird es den irdischen Boden berühren, mein Gott, es kommt, es kommt immer tiefer, jetzt…
Cop: Hände hoch. Hinlegen. Mach die Kiste aus.
Jonas: Die Agronomen in Zivil von vorhin, jetzt hatten sie uns. Flucht war nicht drin, Widerstand auch nicht. Sie nahmen mir den Laser weg. Sam fanden sie nicht, der lag im Schatten und war ganz still.
Cop: Jonas, nur Jonas?
Jonas: Der bin ich.
Cop: Rechts rüber, noch ein Stück, gut so.
Jonas: Lisa. Sie, Sie haben sie erschossen. Einfach so.
Cop: Na sowas. Das ist unser Job, was regen Sie sich auf, seien Sie froh, daß Sie nicht auch da liegen neben dem alten Gemüse, aber wir haben strengen Auftrag, Ihnen nicht zu tun, jemand legt Wert darauf, daß Sie am Leben bleiben.
Jonas: Wer?
Cop: Hohes Tier im Justizministerium, Alcatraz.
Jonas: Megan hat uns verraten.
Cop: Sie hat ihren Anruf zurückverfolgt und den großen Chef informiert, Bedingung: Sie werden nicht getötet, war doch nett von ihr.
Jonas: Kann ich jetzt gehen?
Cop: Klar, können Sie, mit uns, zum Chef. Hopp Hopp. Sie haben uns schon genug Zeit gekostet.
Jonas: Eine längere Fahrt von der Südstadt ins Zentrum zum Markgrafenboulevard, zum hohen Tempel der druidisch-kosmologischen Kirche, zum großen Chef.
Erzdruide: Jawohl, Herr Jonas, der Chef bin ich, Babelenus usw. Erzdruide und Vorsitzender des Führungsgremiums der Aktion Lebensabend sowie der Unteraktion Ufo.
Jonas: Deshalb wußten Sie Bescheid über Stiller und sein Manuskript. Audrey Delamotte hat Sie informiert.
Erzdruide: Das hat sie nicht, Herr Jonas. Die gute Audrey hat uns den Plan für das Ablenkungsmanöver Ufo als ihr eigenes Produkt verkauft, von Stillers Manuskript haben wir erst durch den Anruf von Lisa Polonius erfahren.
Jonas: Sie haben Delamotte überwacht.
Erzdruide: Wir überwachen alle Eingeweihten unterhalb der Führungsebene, Fon, Computer, Kontakte. Als wir dann hören mußten, der Autor des Manuskripts lebe womöglich noch, da, Herr Jonas, beschlossen wir, Frau Delamotte zuvorzukommen und direkt einzugreifen, mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Es ging um Glaubwürdigkeit und Akzeptanz zweier hochsensibler Operationen. Wir durften nichts riskieren. Stiller und sein Manuskript mußten verschwinden.
Jonas: Also haben auch Sie mich beauftragt, mir das E-Mobil mit Orter angedreht, und als ich Stiller gefunden hatte, haben Sie die Kampfmaschinen losgelassen, auf das Asyl mit zigtausend Bewohnern. Finden Sie das nicht ein bißchen übertrieben.
Erzdruide: Sicher ist sicher Herr Jonas. Außerdem, was waren denn das für Menschen, Asoziale, Flüchtlinge, kaputte Typen, unnütze Fresser, das ist doch der Sinn der Aktion Lebensabend, so was wollen wir loswerden.
Jonas: Wie Jonas.
Erzdruide: Sie werden nicht ausgeschaltet, Herr Jonas, das habe ich Frau Alcatraz von Justizministerium versprochen, aber einfach laufen lassen kann ich Sie natürlich auch nicht.
Jonas: Natürlich nicht. Wo ich jetzt soviel weiß.
Erzdruide: Sie haben so viel durchgemacht, Herr Jonas, Sie sind verwirrt, Sie sind überlastet mit Informationen, die Sie nicht verstehen, die Sie nicht einordnen können, die viel zu schwer für Sie sind, ihre Sinne sind überfordert, ihr Geist ist überanstrengt, Sie brauchen Ruhe, Entspannung, eine Kur für Körper, Geist, Gemüt, und zum Glück Herr Jonas, haben wir genau das richtige für Sie. Sie werden jetzt ein Medikament einnehmen, Herr Jonas, das Sie vollkommen ruhig stellt, und dann das Bad des Vergessens.
Jonas: Ich war in einem Tank unter dem Tempel, ich schwamm auf Salzwasser, ich war nackt, ich konnte kein Glied rühren, ich sah nichts, unvorstellbar schwarze Nacht, kein noch so schmaler Lichtstrahl fiel in den Tank, ich hörte nichts, unvorstellbare Leere, kein noch so leises Geräusch drang in den Tank, ich war bei Bewußtsein. Mein Bewußtsein wehrte sich, kämpfte, tobte, schrie, bis es müde wurde und sich zurückzog in mich hinein. Tief in mich hinein.
Maid: Du bist Jonas.
Erzdruide: Du hast geschlafen.
Maid: Und schlecht geträumt.
Erzdruide: Vom Ufos.
Maid: Jetzt bist du wach.
Erzdruide: Du bist ganz ruhig.
Maid: Du hast alles vergessen.
Erzdruide: Es geht dir gut.
Maid: Alles ist gut.
Erzdruide: Es gibt keine Probleme.
Jonas: Ich bin ganz ruhig. Alles ist gut. Es gibt keine Probleme.
Jonas: Inzwischen im Gemeinschaftsraum des leeren Altersheim klagt ein alleingelassener Computer um seinen Herrn.
Sam: Mein Mensch, mein Meister, mein einziger Jonas, wo ist er, was tut er, wie geht’s ihm, auch wird sein armer kleiner Sammy ihn jemals wieder sehen. Auf Wiedersehen. Auf Wiedersehen. Bleib nicht so lange weg, den Jonas werd ich wiedersehen. Für ihn ist dann sein Pech.
Das war Ufo. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem wirkten mit: Kornelia Boje, Ute Mora, Alois Maria Giani, Horst Sachtleben und viele andere (Kerstin de Ahna, Matthias Knappe, Rolf Aicher, Annette Wunsch, Felix Eitner, Detlef Kügow, Sascha Icks, Hans Stetter, Pascale Schulze, Marc Schulze, Urs Schaudinn, Andreas Wohlrab, Eva Windisch). Ton und Technik: Günter Hess, Christine Koller und Monika Graul. Regieassistenz: Holger Buck. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1994). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Strafkolonie
Jonas: Mir ging’s gar nicht gut. Jacobs neuer Whisky. Beste Schmuggelware aus Singapur, sagte er. Gestern abend hatte ich das Zeug im Casablanca getestet. Ich fühlte mich wie die uralte Mumie eines uralten Pharao, und ich sah auch so aus. Aber den kahlköpfigen Mann, der mir in meinem Büroapartment gegenüber saß, störte das nicht. Im Gegenteil.
Stammheim: Sehr schön. Zerknittert. Unrasiert. Augen blutunterlaufen, Ringe drum herum. Bleiben Sie so, Herr Jonas, so sind Sie genau richtig für den Job.
Jonas: Welchen Job?
Stammheim: Den Sie für mich erledigen werden, Herr Jonas.
Jonas: Werd ich das. Worum geht’s denn?
Stammheim: Sie werden meine Außenstände eintreiben, so was machen Sie doch, oder?
Jonas: Klar, mach ich. Wenn sich nichts besseres bietet. Ich bin Detektiv. Privatdetektiv. Der letzte in Babylon, der riesengroßen Stadt, glaub ich wenigstens. Jonas ist der Name, nur Jonas, und wie hieß der Glatzkopf.
Stammheim: Stammheim, Alonso Stammheim.
Jonas: Macht ja nichts. Was für Außenstände, Herr Stammheim?
Stammheim: Geld, das mir zusteht, weil ich’s beim Pokern gewonnen habe
Jonas: Wieviel.
Stammheim: An sich kleine Fische, 400 Euros, ich hab einen Schuldschein, alles ist in Ordnung nur
Jonas: Der Kerl zahlt nicht.
Stammheim: Ja.
Jonas: Warum geben Sie Ihren Schein nicht dem staatlichen Exekutor, Herr Stammheim?
Stammheim: Weil ich im öffentlichen Dienst arbeite verehrtester, im Justizministerium und weil sich Poker und Spielschulden nicht gut in der Personalakte macht.
Jonas: Lassen Sie es doch einfach sausen.
Stammheim: Kommt nicht in Frage. Nicht mit mir. Sie werden mein Geld eintreiben, Herr Jonas, für 10 %.
Jonas: 25. Und nur wenn die Sache im Rahmen bleibt.
Stammheim: Im Rahmen?
Jonas: Der Gesetze, Herr Stammheim, nichts Illegales.
Stammheim: Natürlich nicht, Herr Jonas. Sie werden dem Mann lediglich ein bißchen zureden, mit gewissem Nachdruck.
Jonas: Wie heißt er, wo wohnt er.
Jonas: Die Adresse war im Nordosten, ein mittlerer Wohnbezirk, nicht so fein wie die Gegend um den Markgrafenboulevard, nicht so vergammelt wie die Südstadt, relativ ungefährlich. Ein kurzer schmerzloser Job, dachte ich, deshalb verzichtete ich darauf, Alonso Stammheim abzuchecken, und ich ging ausnahmsweise allein, ohne meinen Computer. Ich fand das Haus, machte die Tür auf, betrat einen dunklen Flur, und da schlugen sie zu, Auto-Cops, ein Greiferkommando, sie hielten mich fest, zogen mir einen Bodybag über, machten ihn zu, alles ging sehr schnell.
Autocop: Jonas, nur Jonas, Sie sind festgenommen. Sie stehen im Verdacht, schwerste Verbrechen gemäß Corpus Juris Babylonici begangen zu haben.
Jonas: Ihr Blechbullen tickt wohl nicht richtig, laßt mich raus, ich bin der falsche.
Autocop: Verhalten Sie sich ruhig, unterlassen Sie jeden Widerstand, sollten Sie in Ihrer Renitenz beharren, würden Sie sich der akuten Gefahr polizeilicher Zwangsmaßnahmen aussetzen. Sie sind hiermit gewarnt.
Jonas: Immer mit der Ruhe, hört doch mal zu. Ganz langsam zum mitschreiben. Verhaftung Irrtum. Falsches Programm. Kommando zurück. Alles klar. Ihr sollt mich rauslassen verdammt. Ah.
Jonas: Die Zwangsmaßnahmen sahen so aus, daß einer der Auto-Cops eine Spritze ausfuhr und mir einen Schuß in den Hals verpaßte. Schlagartig gingen in meinem Kopf die Lichter aus. Jonas trat ab. Als ich wieder auftrat, steckte ich immer noch bis zum Hals im Sack, der hing jetzt am Haken an der Wand einer engen Zelle, eine Tür, kein Fenster, kahl und leer, bis auf den schwarzen Plastikwürfel vor mir ca. 1 mal 1m, unten Rollen, oben Skalen und Knöpfe, und eine Lampe, die plötzlich aufleuchtete, der Würfel quietschte, knarrte, kam ins Zittern und dann fing er an zu reden:
Auto-Judex: Achtung, Achtung, Ruhe im Saal, die Verhandlung ist eröffnet, vor dem ordentlich bestallten, unter Nr. 202-9771-17 amtlich zugelassenen Auto-Judex des Gerichtsbezirks 17 im Justizministerium von Babylon erscheint heute am 29. Juli 2013 als Beklagter der babylonische Bürger Jonas, nur Jonas, geboren am 1. Mai 1967, der Beklagte wird beschuldigt diverser schwerer Vergehen wider Leib, Leben und Eigentum, als da sind Diebstahl eines Gemäldes im Wert von 500 Millionen Euros in Tateinheit mit Einbruch, Mord am babylonischen Bürger Albin Krug, schwere Körperverletzung sowie Beihilfe zum Mord. Beklagter, bekennen Sie sich schuldig?
Jonas: Augenblick mal, das ist ein Mißverständnis, offenbar geht es um den Nachtcafefall vor 3 Wochen, aber der war ganz anders, wenn ich das mal.
Auto-Judex: Das Gericht nimmt zu Protokoll, der Beklagte bekennt sich in allen Punkten schuldig.
Jonas: Was? Ich denke nicht daran, kein Wort davon ist wahr.
Auto-Judex: Eine Beweisaufnahme kann somit entfallen. Angesichts der schwere der vom Beklagten eingestandenen Taten fordert die Anklage die schnellstmögliche Verbringung des Beklagten in die Strafkolonie zum dortigen Verbleib ohne zeitliche Limitierung.
Jonas: Ich protestiere.
Auto-Judex: Da die Verteidigung auf ihr Plädoyer verzichtet, schreiten wir nunmehr zur Verkündigung des Urteils. Entsprechend dem Antrag der Anklage wird Jonas, nur Jonas, verurteilt, sein weiteres Leben in der Strafkolonie zu verbringen, der Beklagte nimmt das Urteil an, das Urteil ist rechtskräftig.
Jonas: Nein, nein, das könnt ihr doch nicht machen, Zeugen, ich hab Zeugen, Chefinspektor Brock von der Kripo.
Auto-Judex: Die Verhandlung ist geschlossen.
Jonas: Weg war er, und ich hing weiter am Haken und wußte nicht, wie mir geschah. Auto-Cops, Auto-Judex, eine auf Stromlinie programmierte Verhandlung, die ein Witz war. Aber ein schlechter auf meine Kosten. Zum Teufel mit allen Justizautomaten, dachte ich. Jonas braucht dringend einen Menschen. Und wie ich so dachte, kam er auch schon durch die Tür, der Mensch, ein nicht unbekannter solcher, namens Alonso Stammheim.
Stammheim: So sieht man sich wieder, Herr Jonas. Was machen Sie denn für schlimme Sachen.
Jonas: Sie arbeiten doch im Justizministerium, Herr Stammheim, tun Sie was, ich bin unschuldig, und ihr Auto-Judex schickt mich in die Strafkolonie.
Stammheim: Glatter Justizmord, ganz Ihrer Meinung.
Jonas: Die Verhandlung war absolut unfair.
Stammheim: Eine Farce, Herr Jonas, eine Schande, empörend.
Jonas: Irgendein Mäusebein in der automatischen Justizelektronik, nehm ich an.
Stammheim: Das kann schon mal vorkommen, unsere Automaten sind leider nicht unfehlbar. Tja, Ihr Pech.
Jonas: So ist das also. Sie waren das, Stammheim. Sie haben mich reingeritten. Die Auto-Cops, der Auto-Judex.
Stammheim: Von mir programmiert. So ist es, Herr Jonas.
Jonas: Warum Stammheim. Sie müssen doch einen Grund haben.
Stammheim: Natürlich hab ich einen Grund, zwei sogar. Ich wollte Sie in eine positive aufnahmebereite Stimmung bringen für mein Anliegen und auch gleich in die richtige Ausgangsposition. Ich brauch Sie nämlich drinnen, Herr Jonas. In der Strafkolonie.
Jonas: Danke, da gehe ich nicht hin.
Stammheim: Sie müssen Herr Jonas, Sie sind rechtskräftig verurteilt, Sie haben keine Wahl: Aber was rede ich da. Sie haben eine Wahl, Herr Jonas, Sie bleiben in der Kolonie, bis Sie schwarz werden, oder Sie kommen in ein paar Tagen raus, wenn Sie getan haben, was ich von Ihnen verlange.
Jonas: Unmöglich. Aus der Strafkolonie ist noch keiner lebend rausgekommen.
Stammheim: Bisher, Herr Jonas, bisher, Aber wenn ich Ihnen helfe. Wissen Sie, was ich im Justizministerium mache, Herr Jonas, ich bin Chiefcontroller, ganz oben, direkt unter dem Minister, verantwortlich für die Automatenprogramme und für die Aufsicht über den Strafvollzug. Wenn wir kooperieren, Herr Jonas, Sie drinnen, ich draußen.
Jonas: Was soll ich tun.
Stammheim: Jemanden rausholen. Aus der Strafkolonie.
Jonas: Eine Frau, Megan Alcatraz, 35 Jahre, Controller Second class im Justizministerium, in Stammheims Vorzimmer, vor zwei Monaten festgenommen und vor den Auto-Judex gebracht, als der gute Alonso Stammheim gerade ahnungslos im Urlaub war. Schneebretteln in der Antarktis, und weil ihr niemand half wurde Alcatraz zur Strafkolonie verurteilt. Wegen schwerer Korruption und Bestechlichkeit im Amt.
Stammheim: Eine absurde Beschuldigung, Herr Jonas. Ich kenne Megan, wir stehen uns recht nahe, nicht nur dienstlich, und als ich kürzlich aus dem Urlaub kam und was geschehen war…
Jonas: Da faßte Ritter Alonso von Stammheim, den romantischen Entschluß die Dame seines Herzens zu retten.
Stammheim: Wenn Sie es so ausdrücken wollen, Herr Jonas.
Jonas: Beziehungsweise retten zu lassen.
Stammheim: Ich bin Beamter, Herr Jonas, ich plane, ich ziehe die Fäden. Sie sind ein Macher, Sie gehen rein, Sie holen Megan raus.
Jonas: Mir bleibt wohl nichts anderes übrig. Wie sieht Ihr Plan aus, Stammheim.
Stammheim: Was wissen Sie von der Strafkolonie, Herr Jonas?
Jonas: Nicht sehr viel. Ein riesiges Gefängnis, supergesichert, irgendwo in der Wildnis um Babylon. Seit der Privatisierung des Strafvollzugs vor 12 Jahren wird die Strafkolonie von der Firma Privollzug AG betrieben. Für jeden Gefangenen, den er einliefert, zahlt der Staat pauschal, alles weitere übernimmt Privollzug: Haltung, Wartung, Bewachung, vor allem übernimmt Privollzug die Garantie für absolute totale Sicherheit, wenn es auch nur einem Gefangenen gelingt, auszubrechen, verliert die Firma sofort die Betreiberlizenz und damit ein gutes Geschäft. Der Staat kontrolliert, locker, von weitem, die Gefangenen sind sich weitgehend selbst überlassen, deshalb geht’s drinnen wild zu, sagt man. Nichts genaues weiß man nicht. Zwischen der Strafkolonie und der Außenwelt gibt’s keine Verbindung.
Stammheim: Jedenfalls nicht direkt. Was es gibt ist die sogenannte Schleuse. Sie müssen sich das vorstellen, Herr Jonas, die Strafkolonie ist ein kreisförmiges Gelände unter freiem Himmel, Durchmesser etwa 10 Kilometer, ringsherum und obendrüber eine undurchdringliche elektronische Schutzhaube, eine Art Schirm oder Kuppel, und die geht auch tief in den Boden hinein.
Jonas: Damit keiner auf die Idee kommt sich a la Maulwurf rauszubuddeln.
Stammheim: Und direkt am Schutzschirm liegt die Schleuse. Ein Bunker mit einem hochkomplizierten System automatischer Türen und Sicherungen, hier kommen die neuen Gefangenen an und die Warenlieferungen, Lebensmittel, Drogen, was die Kolonie so braucht.
Jonas: Wie läuft das? Helikopter, E-Mobil?
Stammheim: Kapseln, Herr Jonas, durch eine pneumatische Untergrundröhre zwischen Strafkolonie und Babylon. Endpunkte hier sind Justizministerium und Privollzug. Ja, und da kann ich ein bißchen dran drehen, Herr Jonas, an den Sicherheitsprogrammen der Schleuse.
Jonas: Die Sie kontrollieren.
Stammheim: Das ist mein Job, Herr Jonas, und ich werde dafür sorgen, daß sich das innere Schleusentor zu bestimmter Zeit außerplanmäßig kurz öffnet.
Jonas: Wann?
Stammheim: Später, Herr Jonas, später. Morgen werden Sie mit Ihren Leidensgenossen per Pneumatik in die Strafkolonie überstellt. Bis dahin bleibt mir genug Zeit, Sie über alle wichtigen Details zu informieren.
Jonas: Nicht mich, Stammheim, Sam werden Sie informieren.
Stammheim: Sam?
Jonas: Sam ist mein Computer, überschlau, geschwätzig, Sam denkt nicht nur, Sam redet, ohne Punkt und Komma, ohne Unterlaß, ohne Erbarmen, weil er mit Verbalprogrammen vollgestopft ist bis zur nicht existenten Halskrause. Schon als ich ihn mir vor Jahren zulegte, war er ein Sondermodel, ein Versuchsmodell, heute ist er ein absolutes Einzelstück. Einsame Klasse, meint er, ich seh das anders. Trotzdem gehe ich ohne Sam nirgendwo hin, schon gar nicht in die Strafkolonie.
Stammheim: Völlig unmöglich. Keine Computer, keine Waffen, vor dem Transport werden Sie gründlichst durchsucht.
Jonas: Dann sehen Sie selbst zu, wie Sie die Lady rauskriegen, Stammheim. Sam muß mit. Irgendwie. Sonst streikt Jonas. Mein letztes Wort.
Stammheim: Sie haben Zahnschmerzen, Herr Jonas, wie finden Sie das?
Jonas: Großartig.
Stammheim: Sie müssen sofort zum Autodentisten. Hier im Justizministerium. Da wird Ihnen ein Zahn gezogen.
Jonas: Ach ja.
Stammheim: Und in die Lücke wird Ihnen ein Mikromodul eingesetzt aus Plastik, als quasi Außenstelle Ihres Computers, Sender und Empfänger, auf seine Frequenz festgelegt. Ich programmiere Ihrem Sam alles ein was Sie brauchen, Herr Jonas, Infos über Megan Alcatraz, über die Kolonie, über die Schleuse, Sicherheitssystem, nicht vorgesehene Öffnungen usw. usw. Wenn Sie drinnen sind, Herr Jonas, können sie sich mit ihm beraten, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, in ihrem Kopf, direkt, über ihr Sprach und Hörzentrum: Sehr gut. Geben Sie mir den Zugangscode, Herr Jonas.
Jonas: Ich hatte einen seltsamen Traum: Auto-Cops nahmen mich fest, ein Auto-Judex verurteilte mich zur Strafkolonie. Ein Autodentist zog mir einen Backenzahn und setzte mir Mikro-Sam ein, klein, weiß, und laut. Im meinem Mund schien er sich sehr wohl zu fühlen.
Sam: So nah waren wir uns noch nie, Meister. Ich bin der klitzekleine Zahn in deinem Kiefer, der Zahn ist faul und putt und deshalb bißchen mieft er.
Jonas: Ich war richtig froh, als man mir wieder eine Schlafspritze verpaßte. Ich wachte auf. Ich hatte das Gefühl, daß der Alptraum jetzt erst richtig losgeht. Ich war in einem großen grauen schwach beleuchteten Raum, an den Wänden Automaten, Würger, Scanner, und ein paar die wie Killer aussahen. Auf dem Boden Berge von Kisten und Haufen von Menschen in grauen Kitteln, die Haufen bewegten sich, erst schwach, dann stärker, man kam zu sich, ich arbeitete mich raus, stand auf, sah an mir runter, grauer Kittel, um den Hals an einer Schnur eine Plastikscheibe mit Namen, Vergehen, Urteil. Plötzlich ein entsetzliches Geräusch, immer und immer wieder, Alarm, eine Sirene. War das Sam?
Sam: Wo denken Herr Graf hin bzw. her. Niemals würde Sam sich ein obszönes Gelärm erlauben, den geliebten Meister zu erwecken würde Sammy zärtlich säuseln oder melodisch singen wie folgt: Die güldene Sonne
Jonas: Ruhe. Wo sind wir. Machs kurz.
Sam: Schleuse. Strafkolonie. Dahinten Pneumakapsel, automatisch ausgeladen.
Jonas: Was ist das für ein Krach.
Sam: Warnsignal, die Türe dorten stehet offen, und herein schneien diverse Strafkolonisten, um ihre neuen Gefährten zu empfangen, wenn nun besagte Tür sich wiederum schließt, in etwa 2 kurzen Minuten, bringen Autokiller an den Wänden jedes Wesen so hier noch kreucht und fleucht gnadenlos vom Leben zum jähen Tod.
Jonas: Schluß damit, du sollst mich nicht nerven, du sollst mich informieren.
Sam: Na los hopp, Tempo.
Jonas: Draußen vor dem Schleusenbunker im kalten hellen Tageslicht mußten wir neuen uns in einer langen Reihe aufstellen, um uns drängten sich Hunderte von Strafkolonisten, Frauen und Männer, manche im schlichten Kittel wie wir, die meisten hatten sich fantastisch rausgeputzt, mit Plastikhelmen und Plastikpanzer, mit bunten Bändern in Haaren und Bärten, mit Broschen aus Blech und Kunststoff, viele trugen Waffen, Knüppel, Messer, eiserne Keulen und Spieße, alles selbstgemacht, Abfallprodukte aus Verpackungsmaterial, die wilde Horde starrte uns an, abschätzend, gierig, hungrig, dann trat jemand vor, eine hagere Frau mit einem gelben Halbmond im grauen Haar: Sie hob ihre Eisenstange, wartete einen Augenblick, wandte sich uns zu.
Alte: Ruhe. Ruhe. Hört mal her ihr neuen Säcke, ihr seid jetzt in der Strafkolonie, was ihr Pißnecken draußen ward, das juckt uns hier drinnen kein Stück, ihr seid der letzte Scheiß, und je eher ihr schnallt was bei uns läuft um so besser für euch, also was wir jetzt mit euch machen, das ist die Fleischbeschau, die Leute aus den Clans kucken sich den neuen Schrott aus Babylon an und suchen sich raus, was sie brauchen: Sklaven, Maultiere, Eunuchen, und Sonntagsbraten für den Clan der Kannibalen werden gleich in die Clanhäuser gebracht. Wer Schwein hat und nen besseren Job abkriegt, Krieger oder Hexe, der muß sich erst bewähren, als Sandfloh, und was das ist, das kriegt ihr noch früh genug mit, so das war’s, seht zu, wie ihr durchkommt, und merkt euch ihr Kotzeimer, jeder für sich, hilf dir selbst, denn sonst tut’s keiner. klar?
Jonas: Sam, diese Clans, was weißt du darüber.
Sam: Sogleich euer Fraglichkeit. Flugs soll euch Aufklärung zu teil werden. Clans nennen die Strafkolonisten ihre primitiven Organisationsformen, archaische stammesähnliche Gebilde, hierarchisch gegliedert, ursprünglich 40, ein Clan pro Megabarak, inzwischen schrumpf die Zahl, starke Clans sind dabei, sich die schwächeren einzuverleiben, alle Clans führen ständig Krieg miteinander, überall in der Kolonie, nur hier nicht, das Schleusengebiet gilt als neutral und so es interessiert, wären an Einzelclans zu nennen: Die Samurai, die Barbaren, die Furien, die Arier, die Teufelsweiber, die Eisenärsche, die Kopfjäger, die Amazonen…
Jonas: Usw. Eine merkwürdige Mischung. Antiquiert, komisch und gefährlich. Eine muskulöse Amazone im roten Minirock hob meinen Kittel mit ihrer Peitsche, dann las sie, was auf meiner Scheibe stand, und winkte ab.
Amazone: Zu alt für die Zucht, unsere Königin will junge Männchen.
Jonas: Na ja, nicht an…
Gonzo: Platz da Platz für Megan die Magische, die zaubermächtige Großhexe des hochedlen Clans der Barbaren, aus dem Weg. Platz für Megan die Magische, Weichet, widrige Wichte, weichet.
Sam: Kuck mal wie der spricht, so matiniert, mariniert.
Jonas: Das mußt du gerade sagen Sam.
Sam: Hey Boss, da ist sie, die da.
Jonas: Wer ist was, Sam, deutlicher bitte.
Sam: Die da, die mit dem blauen Zottelpelz und dem Lametta an den Ohren.
Jonas: Megan die magische.
Sam: Alias Megans Alcatraz. Diejenige welche. Stammheims Begehren.
Jonas: Das war prompter Service. Kaum tauchte Jonas in der Strafkolonie auf, da lief ihm die gesuchte schon über den Weg, d.h. sie schritt, und zwar gemessen, durch die Menge, die respektvoll Distanz hielt, zu ihr und zum Knüppel ihres Begleiters. Sie war nicht sehr groß, schlank, gutaussehend, trotz ihrer barbarischen Aufmachung und tüchtig, nach nur 2 Monaten in der Kolonie hatte sie es bis zur Großhexe gebracht. Eine Blitzkarriere.
Sam: Na los Blödmann quatsch sie an.
Jonas: Bist du verrückt, hier vor all den Leuten.
Sam: Sag ihr, sie soll dich für ihren Clan aussuchen, und wenn sie dann näherkommt
Jonas: Megan, hierher.
Gonzo: Was erlaubst du dir, du Abschaum. Wie spricht du zur zaubermächtigen Großhexe des hochedlen Barbarenclans.
Jonas: Wer will denn was von dir, du Angeber. Also wenn s denn sein muß, zaubermächtige Großhexe. Braucht dein Clan
Sam: Hochedler Clan.
Jonas: Dein hochedler Clan nicht einen guten Krieger, erfahren in allen martialischen Künsten.
Megan: Du bist sehr vorlaut, Neuer, wollen doch mal sehen. So, Jonas, Privatdetektiv, daß es so was noch gibt, vorher Söldneroffizier im Antarktischen Krieg, Mord, Raub, Einbruch, nicht schlecht, du bist zwar nicht mehr der Jüngste.
Jonas: Stammheim.
Megan: Augenblick. Treib das Volk zurück, Gonzo.
Gonzo: Wie du befiehlst zaubermächtige Großhexe. Zurück, weg Gesindel, ihr seid der zaubermächtigen Großhexe lästig.
Jonas: Alonso Stammheim schickt mich, Frau Alcatraz, ich soll Sie rausbringen.
Megan: Aja, ich beanspruche diesen Mann für den hochedlen Clan der Barbaren. Melde dich im Clanhaus, so bald wie möglich.
Jonas: Leicht gesagt, erstmal wurde Jonas als Sandfloh eingesetzt. Am Rand der Strafkolonie erhob sich ein gewaltiger Sandhaufen, der mußte jeden Tag rüber auf die andere Seite geschafft werden, und tags darauf zurück, in langer Kette mit Eimern. Das hatte sich Privollzug ausgedacht, damit die Gefangenen zu tun hatten und nicht auf gefährliche Gedanken kamen. Eine stupide Arbeit, voller Eimer von links, voller Eimer nach rechts, usw. Eine Woche lang mußte man sich als Sandfloh abschuften. Das dauerte Jonas zu lange.
Jonas: Hau hupp. Sammy, wann gehen die Schleusentüren für uns auf? Was hat Stammheim gesagt. Hau ruck.
Sam: Total vergessen, siebhirniger Alzheimer. Am 1. August 2013 fünf Minuten vor der Mitternacht für genau 20 Sekunden, und falls euer Trottelhaftigkeit diese Chance nicht wahrzunehmen vermag, bietet sich 24 Stunden später eine zweite solche.
Jonas: Und wenn ich, hau Ruck, das auch nicht schaffe.
Sam: Dann mußt du halt hierbleiben in der wunderschönen Strafkolonie.
Jonas: Lieber nicht. Heute haben wir den
Sam: 31. Juli 2013, 15 Uhr 27. Höre mein Jonas laß dir sagen.
Jonas: Halt die Backen. Hau Ruck, Also heute abend, spätestens übermorgen. Nicht mehr viel Zeit. Hau ruck. OK, Sammy, wir gehen. Macht’s gut, Genossen.
Mann: Was ist da los?
Aufseher: Hey, du da, was fällt dir ein, zurück in die Kette, aber plötzlich. Buly zu mir.
Jonas: Unser Aufseher: ein mürrischer Eisenarsch im rituellen Outfit seines Clans, oben schwarze Weste aus Pseudoleder mit Nieten, unten ohne, abgesehen von einem knappen Futteral, bisher hatte er abseits gehockt und seine Nieten poliert, jetzt schwang er sich auf sein Maultier, das heißt auf einen kräftigen Sklaven, der ihm als Reittier zustand, er ritt auf mich zu und wollte mich mit seiner Lanze zurück in die Kette stochern. Das mißfiel mir. Ich nahm den Eimer hoch und holte aus. Das Muli kriegte eine volle Ladung Sand ins Gesicht, stolperte, schlug hin, der Aufseher flog aus dem Sattel, und krachte mit dem Nacken auf den Eimerrand.
Sam: Ist er tot der nacktgesäßige Grobian.
Jonas: Sieht so aus, Sammy. Maustod. Hals gebrochen.
Sam: O jemine. Weiß mein leichtsinniger Eimerschmeißer was das bedeutet.
Jonas: Klar Sammy, wir können jetzt ungehindert zum Clanhaus der Barbaren wandern, zu Megan Alcatraz.
Sam: Und.
Jonas: Und was.
Sam: Es bedeutet auch und vor allem Blutrache. Der wilde Clan der Eisenärsche wird sich an die Fersen meines Meisters heften, seinen Kopf fordern und was sonst noch alles. So ist’s hierzulande Sitte. Schako.
Jonas: Weißt du, Sammy, darüber mache ich mir später Sorgen, wenn ich nichts Besseres vorhabe. Auf geht’s. Haus der Barbaren. Gibt den Kurs vor.
Sam: Aye aye. Ost Süd Ost. Mehr nach links, backbord wollte ich sagen. Gut so, und jetzt immer gerade aus.
Jonas: Die 40 Megabaracken der Strafkolonie stehen an der Peripherie, rundherum wie Striche auf einem Zifferblatt. Eine gute Stunde Fußmarsch durch die tote Steinwüste, dann tauchte am Horizont ein enormer grauer Quader auf, wurde größer, deutlicher, noch eine halbe Stunde und ich konnte vor dem Tor aufgespießte Köpfe erkennen, und nicht mehr frische Leichen, die im Wind schaukelten. So etwa hatte ich mir die Burg der Barbaren vorgestellt.
Wächter: Zurück, clanloser Niemand, verschwinde oder wir hängen dich an den Füßen auf als Zielscheibe für unsere jungen Bogenschützen.
Jonas: Mach das Maul zu mach das Tor auf, ich in einer von euch, ein Barbar.
Wächter: Ach ja, wo hast du denn das Totem, und dein Rangstreifen.
Jonas: Megan die Magische hat mich herbestellt, eure zaubermächtige Großhexe, sagt ihr Bescheid, sag ihr Jonas ist da.
Wächter: Warte.
Jonas: Ein zotteliger Barbar führte Jonas durch dunkle, schmutzige, stinkende Gänge, voll von zotteligen Barbaren, dann Treppen rauf, viele Treppen, die Oberbarbaren lebten oben, unterm Dach. Großhexe Megan hatte einen ganzen Raum für sich, über einer Feuerstelle hing ein Eisenkessel, in dem eine übelriechende schwarze Brühe brodelte, an den Wänden standen seltsam geformte Glasgefäße, gefüllt mit gelben und grünen Elixieren, zerstochene Wachspuppen lagen herum, Hexenbesen, mumifizierte Finger, Ohren und andere Körperteile. Dieser ganze magische Kram störte mich wenig. Was mich störte war der finstere Typ mit dem Knüppel: Mein alter Freund Gonzo, Leibwächter der Großhexe Megan Alcatraz. So ging das nicht. Der Kerl mußte weg.
Jonas: Gonzo alter Junge, du störst, warum geht du nicht ein bißchen vor die Tür und kuckst wie’s Wetter wird.
Gonzo: Gonzo bleibt.
Megan: Er muß bleiben, Jonas, er ist mein Leibwächter. Wenn er mich verläßt, verliert er seine Ehre.
Gonzo: Gonzos Ehre heißt Treue.
Jonas: Ja was machen wir denn da.
Sam: Zum Bleistift dieses. Madam wechselt ihren Wächter.
Jonas: Nicht schlecht, Sammy, gar nicht schlecht.
Megan: Was meinen Sie Jonas.
Jonas: O, ich habe gerade mit meiner inneren Stimme gesprochen.
Megan: Aha, und was sagt sie.
Jonas: Daß ich von jetzt ab Ihr Leibwächter bin. Gonzo kriegt Urlaub und kann sich anderweitig vergnügen. Alte Frauen erschrecken, Kleinkinder beißen, Schnuller wegnehmen, Nasebohren, na Gonzo ist das ein Angebot.
Gonzo: Du forderst Gonzo heraus, Fremder?
Jonas: Tu ich das.
Megan: Das müssen Sie, Jonas. Wer den Rang eines anderen will, muß ihn zum Zweikampf fordern, und töten.
Gonzo: So will es die geheiligte Sitte der Väter.
Jonas: Na dann komm Gonzo, bringen wir’s hinter uns.
Gonzo: Nicht so Fremder, wir kämpfen wie das Gesetz es befielt. Nach dreimaliger Herausforderung binnen Wochenfrist in der Halle der Zweikämpfe. Vor seiner brutalen Erhabenheit Häuptling Conan und dem ganze Clan.
Jonas: Tja, weißt du Gonzo mein Freund, so viel Zeit hab ich leider nicht, und darum, und jetzt abwärts.
Jonas: Ich steckte ihm kurz den Kopf in den Hexenkessel, das lenkte ihn ab und ich konnte ihn aus dem Fenster schieben. Nicht gerade fair, das gebe ich zu, aber wer oder was war in diesem Fall schon fair zu Jonas.
Megan: Wie’s scheint, habe ich einen neuen Leibwächter. Ich bin beeindruckt, Jonas.
Jonas: Jeder für sich, hilf dir selbst, ich hab mich nur nach dem gerichtet, was hier üblich ist.
Megan: Gut. Stammheim, was hat er vor, erzählen Sie.
Jonas: Als ich fertig, war, fing Megan Alcatraz an im Zimmer herumzuwandern. Sie wirkte nachdenklich. Irgendwie unentschlossen.
Megan: Seit gestern bin ich am Überlegen, Jonas, seit unserer Begegnung vor der Schleuse. Ob ich mit Ihnen die Kolonie verlassen oder bleiben soll.
Jonas: Ist das Ihr Ernst?
Megan: Sicher, es geht mir gut. Ich bin Großhexe. Der Clan respektiert mich, Häuptling Conan tut was ich sage. Das Leben ist primitiv, zugegeben, aber dafür ist es aufregend, dunkler, einfach lebendiger als in Babylon. Wissen Sie, Jonas, schon als Kind wollte ich Hexe werden, nach der Schule bin ich auf die Akademie für Esoterik gegangen, ich habe einen Abschluß in fortgeschrittener Hexerei, und in weißer und schwarzer Magie mit Auszeichnung.
Jonas: Und warum sind Sie nicht dabei geblieben.
Megan: Die Berufsaussichten waren schlecht, viel zu viel Hexen in meinem Lager, ich war vernünftig und ließ mich umschulen für den höheren Staatsdienst. Auch gut. Aber was eine Justizangestellte kann, ist hier in der Strafkolonie nicht gefragt. Also fing ich wieder an zu hexen. Zora, die Zauberin war da Großhexe bei den Barbaren, ich hab sie herausgefordert, ihr einen Herzinfarkt angehext, ihre Stellung übernommen. Und all das soll ich aufgeben, für einen Schreibtisch in Babylon?
Jonas: Dann eben für Alonso Stammheim, der gibt sich mächtig Mühe, Sie zurückzuholen, haben Sie denn keine Sehnsucht nach ihm?
Megan: Sehnsucht nach Stammheim? Ich? Tot will ich ihn sehen, diesen Drecksack, er hat mich aufs Kreuz gelegt, er hat mich in die Strafkolonie geschickt.
Jonas: Langsam, jetzt versteh ich überhaupt nichts mehr.
Megan: Aber Sie haben ja recht, Jonas, ich komm mit Ihnen, seinetwegen, ich will Stammheim fertig machen. Ich will seinen Posten. Chiefcontroller Megan Alctraz. Das hört sich noch besser an als Großhexe.
Jonas: Megan Alcatraz war ehrgeizig. Stammheim, ihr Chef, blockierte seit Jahren ihre Beförderung. Sie versuchte Material gegen ihn in die Hand zu kriegen, sie hatte Glück, sie knackte den Geheimcode für Stammheims private Datei, sie wurde fündig. Alonso Stammheim ließ sich bestechen in großem Stil, von der US-Firma Highsec, die war sehr daran interessiert, im europäischen Strafvollzug Fuß zu fassen. Highsec machte einen Deal mit Stammheim. Privollzug sollte die Lizenz zum Betrieb der Strafkolonie verlieren, dafür wollte Stammheim sorgen, und dafür, daß die Lizenz dann an Highsec ging, für eine halbe Million Euros. Bar unterm Tisch. Alcatraz kopierte den Deal und versteckte die Kopie. Im Archivsystem des Justizministeriums. Dann konfrontierte sie ihren Chef: Beförderung sofort, oder die Sache wird veröffentlicht.
Megan: Stammheim versprach alles, was ich wollte. Und als ich abends nach Hause kam, wurde ich verhaftet. Von Auto-Cops. Einen Tag später war die Verhandlung, falls man das so kennen kann. Ich wurde zur Strafkolonie verurteilt.
Jonas: Also eins ist mir nicht klar, Megan. Sie sind in der Strafkolonie. Stammheim ist Sie los. Sie können ihm nichts mehr tun, weshalb schickt er mich, um Sie rauszuholen, das ist doch widersinnig.
Megan: Und wie ich ihm was tun kann, das glaubt er jedenfalls. Ich hab’s ihm geschrieben.
Jonas: Geschrieben, von hier aus?
Megan: Ja.
Jonas: Das ist doch nicht drin. Es gibt keine Verbindung zwischen der Strafkolonie und der Außenwelt.
Megan: Sagt man. Aber mir ist was eingefallen. Einmal die Woche fliegt ein Satellit des Justizministeriums über die Kolonie und schießt Holographie, zur Kontrolle, die Bilder landen auf Stammheims Schreibtisch. Genau zum Satellitentermin habe ich einen großen Zauber veranstaltet, oben auf dem Dach, ein paar hundert Barbaren mußten sich so aufstellen, daß sie magische Zeichen und Figuren bildeten.
Jonas: Buchstaben.
Megan: Und Zahlen, deutlich von oben zu lesen.
Jonas: Gute Idee. Und was stand da?
Megan: Rausholen, sonst Deal automatisch publik 15.8. Megan. So was.
Jonas: Stimmt das?
Megan: Daß das Material am 15. automatisch freigeben wird und an die Medien geht, nö, das war ein Bluff. Aber Stammheim weiß das nicht, darum hat er reagiert.
Jonas: Und Jonas geschickt.
Megan: Sie sehen Jonas, wir haben beide wenig Grund, Stammheim zu lieben.
Jonas: Was wird er tun, wenn wir rauskommen, was meinen Sie, Megan.
Megan: Nichts Gutes. Er wird versuchen, mir das versteckte Material abzunehmen, mit allen Mitteln, und Sie, Jonas, Sie wird er wohl gleich umbringen, weil er Sie nicht mehr braucht.
Sam: Sie irrt, die barbarisch blau bezottelte Hexe.
Jonas: Sammy, schön, daß du mal wieder was von dir hören läßt.
Sam: Und wie Superfiesling Stammheim meinen Meister noch braucht. Denn siehe des güldenen Geldes die Menge ist es ihm wert.
Jonas: Moment, Sammy, wer ist wem was wert.
Sam: Hirnsklerotiker. Dem p. p. Stammheim. Eine halbe Million Euros.
Jonas: Du redest Blech, Sam.
Sam: Jedoch nur als tote Leiche.
Megan: Haben Sie was, Jonas, ist Ihnen nicht gut?
Jonas: Seien Sie mal einen Moment still, meine innere Stimme hat mir was zu sagen. Also Sam, was ist los.
Sam: Schwere chronische Verstopfung, Herr Medizinalrat, in dero Dumpfheit sogenannten Gehirn.
Jonas: Paß auf, Sam, wenn mir erst mal draußen sind und ich dich abschalten kann.
Sam: Und Humor hat er auch kein Stück, der Sauerkopf. Doch was soll’s. Er ist mein Jonas, ich muß ihn nehmen wir er kommt.
Jonas: Komm du endlich und zwar zu Potte.
Sam: Subito Signore. Oder auch pronto. Piep. Stammheim kriegt eine halbe Million Euros, wenn Privollzug die Lizenz für die Strafkolonie loswird. Klar? Wann verliert eine Firma die Lizenz zum Betreiben der Strafvollzugsanstalt. Häh? Wenn die Anstalt nicht mehr sicher ist, wenn z.B. ein Insasse auskneift, klar, ein möglichst gefährlicher. Klar. Ein Gewaltverbrecher, Räuber, Mörder, ist das klar.
Jonas: Klar, Sammy, Stammheim bring Jonas um, die Leiche wird entdeckt.
Sam: Allgemeiner Aufschrei, Verurteilter aus Strafkolonie getürmt, Privollzug wird Lizenz entzogen. Auf der Stelle.
Jonas: High Sec übernimmt. Stammheim wird’s schon richten.
Sam: Ja, und wenn ein toter Jonas nicht reicht, hat der listenreiche Stammheim noch eine tote Alcatraz anzubieten, etwas später wenn er ihr die Würmer aus der Nase geleiert hat, das mein ich damit, sprich das versteckte Belastungsmaterial.
Jonas: Das heißt Stammheim schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Megan Alcatraz ist er los.
Sam: Und er kriegt ne halbe Million. Friede Freude Eierkuchen im Hause Stammheim.
Jonas: Das mußte verhindert werden. Ich informierte Megan. Sie kannte Stammheim und sah die Gefahr, aber bevor wir die Situation abschätzen und einplanen konnten, wurden wir gestört. Ein junge Lehrhexe kam ins Zimmer, mit einem tiefen Knicks und einem Auftrag.
Botin: O zaubermächtige Großhexe Megan, die magische, seine brutale Erhabenheit Häuptling Conan sendet dir durch meinen Mund eine Botschaft.
Megan: Sprich Griselda.
Botin: Unsere Kundschafter melden, daß sich Arier, Amazonen und Knochenbrecher wider den hochedlen Clan der Barbaren verbündet haben.
Megan: Unsere Nachbarn. Weiter Griselda.
Botin: Sie haben eine große Wurfmaschine gebaut. Damit werden sie in drei Tagen unser Haus bestürmen.
Megan: Und ich soll was dagegen unternehmen.
Botin: So ist es, zaubermächtige Großhexe. Seine brutale Erhabenheit läßt dieses sagen: mache einen Zauber, einen großen Zauber, verwirre den Geister unserer Feinde, zerstöre ihre Maschine, mache zunichte ihren Plan.
Jonas: Na das paßt doch wie die Faust aufs Kinn, Megan. Sie machen wieder mal einen großen Zauber. Aber nicht auf dem Dach sondern
Megan: Draußen an der Schleuse, morgen um Mitternacht. Ich allein, nur mein neuer Leibwächter wird mich begleiten. Morgen mittag brechen wir auf.
Jonas: Einen Tag später, 1. August 2013, kurz vor Mitternacht an der Schleuse: In der Zwischenzeit waren wir, Megan und ich uns nähergekommen: Sie hatte mich in die vielfältigen Pflichten eines Leibwächters eingeführt. Und ich hatte ihr mein großes Geheimnis verraten: Sam. Sam, den geschwätzeigen Backenzahn, zu dritt hatten wir überlegt und geplant, bis wir zu dritt durch die Kolonie zur Schleuse zogen. Jetzt waren wir da. Vom grauen Klotz des Schleusenbunkers sahen wir nur eine Hälfte, die andere lag draußen, hinter dem Schutzschirm, unsichtbar. In wenigen Sekunden würde sich die massive Tür in der Front zu öffnen. Hoffentlich. Alles schien ruhig. Zu ruhig, meinte Megan, sie war mißtrauisch. Da ein Geräusch, die Tür, sie fing an sich zu bewegen.
Sam: Na, was ist, noch nie ne offene Tür gesehen, steht nicht rum wie Ochs und Kuh vorm Scheunentor. In 20 Sekunden ist das Loch wieder zu. Countdown läuft. Piep.
Jonas: Komm Megan.
Megan: Adios Strafkolonie.
Bluträcher: Halt. Das Blut unseres Clanbruders scheit nach Rache.
Jonas: Plötzlich waren sie da, schwarzes Leder, Nieten, Eisenstangen, Blut in den Augen, Rache im Herzen, Eisenärsche, an die zwanzig, zu viel für Jonas, aber Jonas war nicht allein, Megan war bei ihm, und Megan konnte hexen, sie fixiert die Bluträcher, hob feierlich die Hände, rote Blitze zuckten aus ihren Fingerspitzen.
Megan: Asrael und aller Dämonen… Steht still und starr und stumm, laßt die Waffen fallen, rührt euch nicht.
Jonas: Es wirkt, Megan, wie machst du das, Hypnose.
Megan: Hahaha, Hexerei, Jonas. Komm Jonas, schnell.
Sam: Alehopp.
Megan: Komm Jonas, schnell.
Jonas: Die Tür war zu und wir waren drinnen im Schleusenbunker, nichts und niemand nahm uns zur Kenntnis, die automatischen Scanner blieben inaktiv, die Killer auch. Stammheim hatte an ihren Programmen gefummelt, wie versprochen. An der offenen Hintertür wartete die Pneumakapsel.
Sam: Zum pneumatischen Express nach Babylon bitte einsteigen und die Türen schließen. Der Zug fährt sofort ab.
Jonas: Augenblick noch, Sammy, hast du die Programm so umgestellt wie wir es besprochen haben.
Sam: Na klar Chef, alles im Griff.
Jonas: Was sieht Stammheim?
Sam: Nichts, Chef, null Komma nichts, total leere Schleuse.
Jonas: Und die Kapsel.
Sam: Flutscht nicht zum Justizministerium, sondern an der Gabelung rechts Zielbahnhof Privollzug. Abfahrt.
Jonas: Die kleine Station unter dem Privollzughochhaus war vollautomatisch, kein Mensch weit und breit. Gut, einerseits, Jonas und Megan waren praktisch nicht vorhanden, die Sicherheitssensoren hatte Sam außer Gefecht gesetzt. Andererseits schlecht. Wir brauchten Menschen, zwei vorzugsweise.
Sam: Blaue Zottel, Graue Kittel, Plastik, so kommt ihr beiden Süßen nie in die Chefetage, bestenfalls in den Abfallcontainer.
Jonas: Wir müssen uns was zum Anziehen besorgen, Megan, was unauffälliges. Manager-Outfit oder so was.
Megan: Uniformen vom Privollzugwerkschutz.
Jonas: Das ist gut. Wir warten bis zum Morgen, Sammy schlägt Alarm.
Sam: O ja, großer Meister, Alarm, und wie, das die Wände wackeln.
Jonas: Das möchtest du wohl. Kleiner Alarm. Wasserschaden, Ratte im Kabelschacht, diese Preisklasse.
Sam: Oh, Spielverderber.
Jonas: Zwei Typen vom Werkschutz kommen nachkucken, die treten immer zu zweit auf. Wir machen kurzen Prozeß.
Megan: Und wir ziehen uns um.
Jonas: Null Problemo. Gegen halb 10 standen wir im Chefzimmer von Vizepräsident Pierre Cayenne, den kannte Megan aus ihrer Zeit im Justizministerium. Jonas stellte sich an die Wand, die rechte Hand am Neurofreezer, Sam spazierte durchs Sicherheitssystem und blockierte ein paar Verbindungen. Megan ging zum Schreibtisch, nahm die Mütze ab, schüttelte ihr Haar aus. Cayenne war irritiert.
Cayenne: Was soll das, was erlauben Sie sich. Gehen Sie zurück auf Ihren Posten.
Megan: Erkennen Sie mich nicht, Pierre?
Cayenne: Megan, Megan Alcatraz? Aber, aber Sie sind doch in der Strafkolonie.
Megan: Ich bin hier Pierre, in ihrem Zimmer, das sehen Sie doch. Drücken Sie ruhig auf den Alarmknopf, das bringt nichts. Aber kommen Sie nicht auf die Idee aufzustehen und zur Tür zu gehen. Mein Partner würde Sie neurofreezen.
Jonas: Würd ich. Sofort.
Cayenne: Was wollen Sie Megan?
Megan: Sie warnen, Pierre, ihren einen Tip geben, falls Privollzug Wert darauf legt, die Lizenz für die Strafkolonie zu behalten.
Jonas: Pierre Cayenne war ein vernünftiger Mann, und Megan Alcatraz war eine vernünftige Frau, das wußte er, darum glaubte er unsere Geschichte. Aber es fiel ihm nicht leicht.
Cayenne: Beweise. Ohne Beweise kann ich nichts gegen Stammheim unternehmen. Geben Sie mir Beweise, Megan, rufen Sie Ihr verstecktes Material ab.
Megan: O nein, Pierre. Das Material bleibt vorerst da, wo es ist, ich will Sie nicht in Versuchung führen, wenn Sie mein Material haben, können Sie Stammheim problemlos allein erledigen. Und dann kämen Sie womöglich auf den unschönen Einfall mich und meinen Partner Jonas zu eliminieren. Sie würden an das Wohl von Privollzug denken, immerhin sind wir aus der Strafkolonie ausgebrochen, aus Ihrer Obhut.
Cayenne: Trauen Sie mir nicht, Megan.
Megan: Ich wäre dumm, wenn ich’s täte, Pierre. Hören Sie zu. Sie kriegen ihre Beweise, aber anders.
Jonas: Stammheim wird sich selbst überführen, er wird sich stellen, er wird alles zugeben.
Cayenne: Ich verstehe. Soll ich Sie mit einem versteckten Sender ausrüsten.
Jonas: Nicht nötig. Den haben wir schon. Ich geb Ihnen die Frequenz. Sie werden mithören.
Megan: Sie und die Medien. Die Sache muß an die Öffentlichkeit. Wir wollen voll rehabilitiert werden. Von einem Deal unter der Hand zwischen Stammheim und Ihnen haben wir beide gar nichts.
Cayenne: Aber sowas würde ich doch nie
Megan: Natürlich nicht, Pierre.
Jonas: Wenn’s brenzlig wird, greifen Sie ein, Cayenne.
Cayenne: In Ordnung, Werkschutz. Kripo auch wenn Sie wollen.
Jonas: Aber keine Auto-Cops.
Jonas: Rund 14 Stunden später, 3. August 2013, 0 Uhr 20, tief unter dem Justizministerium. Eine Pneumakapsel kam zum Stehen, die Klappe ging auf, Megan Alcatraz und Jonas, wieder in ihrer Koloniekluft, stiegen aus und wurden sofort in Bodybags gestopft, von Auto-Cops. Alonso Stammheim sah gutgelaunt zu.
Stammheim: So läßt es sich doch viel angenehmer plaudern, nicht wahr. Sie haben es also geschafft, Jonas, wenn auch erst im zweiten Anlauf. Eigentlich hatte ich Sie schon gestern erwartet. Na Ende gut alles gut. Megan, meine Teure, glänzend sehen Sie aus. Ein wenig extravagant aber glänzend. Verraten Sie mir, wo Sie die Daten über meinen Deal mit Highsec haben. Und den Abrufcode natürlich auch.
Megan: Sie glauben doch nicht ernsthaft, daß ich Ihnen das sage, Stammheim, Sie Ratte.
Stammheim: Nun ja, vielleicht nicht sofort, liebste Megan, aber wenn Sie erst in der Autotortur.
Megan: Oh.
Stammheim: Damit haben Sie nicht gerechtet, was, ha, die automatische Folterkammer ist fertig, mein Lieblingsprojekt, Sie wissen ja, Sie geschätzte Kollegin werden die Ehre haben als Versuchskaninchen zu agieren. Sie sind eine starke Frau, wie lange werden Sie wohl durchhalten, 10 Minuten, eine halbe Stunde oder gar länger. Wir werden sehen, hören, erleben, genießen.
Jonas: Kommen Sie mal wieder runter, Stammheim. Sie ja schon am durchdrehen bevor es losgeht.
Sam: Ejakulatio presskopf sagt der Experte.
Stammheim: Herr Jonas, entschuldigen Sie, Sie sind ja auch noch da. Die Autotortur, wissen Sie, ein Thema bei dem ich immer alles andere vergesse. Ja, was mach ich mit Ihnen, es war vorgesehen, Sie schnell zu töten, aber wenn ich es mir recht überlege, sind zwei Kaninchen besser als eins. Wie Ihre Leiche aussieht, ist schließlich egal, Hauptsache man kann Sie identifizieren als ausgebrochenen Strafkolonisten. Ha, zwei mal Autotortur, eine halbe Million Euros. O happy day! Schafft die beiden in die Autotortur.
Jonas: Es wurde Zeit. Zeit daß Sammy was tat. Der hatte es sich im Autojustiz-Systems bequem gemacht. Megan hatte ihn mit den Geheimcodes versorgt, noch aus ihrer Zeit im Justizministerium. Aber jetzt trat Sam in Aktion. Zuerst knackte er die Schlösser an unseren Bodybags. Dann gab er den Auto-Cops neue Befehle. Priorität eins a. Sie hörten nicht mehr auf Stammheim. Sie hören überhaupt nicht, sie zogen ihre Knüppel und fingen an, aufeinander einzudreschen. Mit lobenswertem Eifer.
Stammheim: Aufhören, Schluß damit. Ihr sollt aufhören, hab ich gesagt.
Megan: Warst du das Jonas, hast du Stammheim in Starrkrampf versetzt. Haha. Sag bloß, du kannst auch hexen.
Jonas: Iwo, Neurofreezer, den hatte ich mir bei Privollzug unters Hemd gesteckt. So. Die Auto-Cops sind im Eimer. Was machen wir mit unserem Freund Stammheim.
Megan: Autotortur schlage ich vor. Soll er sein Lieblingsprojekt selbst testen. Bin gespannt, wie lang er durchhält. Ah er schwitzt Jonas, sieh mal.
Jonas: Die Hosen hat er auch voll.
Cayenne: Halten Sie aus, gleich sind wir bei Ihnen.
Jonas: Die Kavallerie. Zu spät, wie immer.
Megan: Zu früh, keine Autotortur für dich Stammheim, schade.
Jonas: Statt dessen kam er vor den Auto-Judex. Megan und ich sahen zu. Durch einen Einwegspiegel in der Wand.
Auto-Judex: Stammheim Alonso, wird verurteilt, sein weiteres Leben in der Straf-kolonie zu verbringen, der Beklagte nimmt das Urteil an, das Urteil ist rechtskräftig.
Stammheim: Nein, nein, nicht in die Strafkolonie, bitte, bitte, ich tu’s auch nie wieder. Gnade.
Megan: Wie’s ihm da wohl gehen wird.
Jonas: Gutes Eunuchenmaterial.
Megan: Ja? Also ich hoffe, die Kannibalen kriegen das Schwein.
Jonas: Schalt ab, Megan, er ist so laut.
Megan: Was ich dir noch sagen wollte, Jonas. Ich hab seinen Job.
Jonas: Chiefcontroller.
Megan: Hm.
Jonas: Gratuliere Megan.
Megan: Wollen wir das nicht feiern, wir zwei, vielleicht gleich hier im Kasino. Das Essen ist allerdings nicht berühmt.
Jonas: Gehen wir lieber ins Casablanca. Da ist das Essen auch mies, aber dafür der Whisky noch mieser, und die Atmosphäre unbeschreiblich. Wüah.
Megan: Einverstanden. Wann?
Jonas: Sagen wir in zwei Stunden. Ich hab vorher noch was zu erledigen. Beim Autodentisten.
Sam: Nein, Sammy will in seinem Meister bleiben, ganz eng, ganz nah, ganz innig, von nun an bis in Ewigkeit.
Jonas: Das könnte dir so passen. Du kommst raus.
Sam: Liebt mein Jonas denn seinen Sam gar nicht mehr.
Jonas: Merk dir Sammy. Die wahre Liebe blüht in der Distanz.
Sam: Ach? Hat das Goethe gesagt?
Jonas: Zu mir nicht.
Sam: Zu mir auch nicht.
Das war Strafkolonie. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem wirkten mit: Kerstin de Ahna, Karl Friedrich, Achim Höppner und viele andere (Werner Klein, Michael Schneider, Ilse Neubauer, Michael Vogtmann, Detlef Kügow, Ernst Wilhelm Lenik, Dorothee Hartinger, Pascale Schulze, Marc Schulze, Urs Schaudinn, Andreas Wohlrab, Eva Windisch). Ton und Technik: Günter Heß, Christine Koller und Monika Graul. Regieassistenz: Holger Buck, Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1994). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Nachtcafe
Jonas: Sie wimmelten um uns herum, kratzten an der Plexikuppel, drückten sich die verschorften Nasen platt, stierten auf unseren Tisch, unsere Teller. Steaks. Echtes Rindfleisch. Unbezahlbar. Sie zeigten uns ihre dürren Rippen, ihre aufgetriebenen Bäuche, ihre offenen Wunden, ihre Eiterbeulen. Und sie schrieen. Sie schrieen vor Hunger. Sie schrieen nach unseren Abfällen. Der bullige Typ neben mir warf ihnen was zu. Einen abgenagten Knochen. Durch die elektronisch gesicherte Klappe. Sie stürzen sich drauf, fielen übereinander her, schlugen sich blutig.
Lumbago: Hahahaha! Das macht Laune und Appetit. Hunger ist der beste Koch. Sagten schon Opa und Oma im guten alten 20. Jahrhundert. Na, ihr Klappergestelle, noch ein Stück? Kusch, später, vielleicht, wenn ihr uns bei Laune haltet. Na, bietet uns mal was. Allehopp!
Jonas: Das Lokal hieß Drittwelt. Ein Schuppen für Superreiche. Man tafelte in Plastikkuppeln. Dahinter Horden halbverhungerter Drittweltler. Der Besitzer ließ sie an der Grenze einsammeln. Da gab’s mehr als genug. Frischer Nachschub. Jede Nacht.
Lumbago: Super Idee. Der letzte Schrei. Erlebnisgastronomie mit Pfiff. Sie essen ja gar nicht Jonas. Hauen Sie doch rein. Die Chefin zahlt.
Jonas: Sie haben mich hierher bestellt, sagen Sie, worum es geht. Ich höre zu. Aber vorher drücken Sie auf den Knopf.
Lumbago: Sie meinen Ton weg, Kuppel undurchsichtig? Aber wieso denn, die Hungerleider sind doch gerade der Witz hier.
Krug: Tun Sie uns den Gefallen, Lumbago, stellen Sie das da draußen ab.
Jonas: Sie war Kassandra Krug: Albin Krugs einzige Tochter, die reichste Erbin in Babylon, vielleicht in ganz Europa, trotzdem tat sie mir leid, sie war so klein, einsdreißig – höchstens. Und ihre Augen hatten den gleichen traurigen Blick wie die Augen der armen Schweine hinter dem Plexiglas. Ihretwegen blieb ich, der Mann bei ihr war weniger mein Fall.
Jonas: Lumbago.
Lumbago: Ja, so heiße ich. Tayfun Lumbago, Dr. Lumbago, Dr. der äh…
Krug: Kunstgeschichte.
Jonas: Doktor.
Lumbago: Was dagegen?
Jonas: Genau so hab ich mir einen Doktor der Kunstgeschichte vorgestellt, zwei Meter im Quadrat, Nasenknick, Blumenkohlohren.
Lumbago: Nur kein Neid, Freundchen.
Krug: Dr. Lumbago betreut die Kunstsammlung meines Vaters. Deshalb ist er mitgekommen. Verstehen Sie?
Jonas: Kein Wort. Vielleicht fangen Sie mal an mir zu erklären was Sie von mir wollen.
Lumbago: Van Gogh. Schon mal gehört den Namen?
Jonas: Maler vor 100 Jahren. Nicht ganz dicht, hat sich was abgeschnitten, Ohr, richtig, krieg ich jetzt den Preis.
Krug: Mehr wissen Sie nicht?
Jonas: Wozu?
Krug: Nachtcafe, Jonas, sagt Ihnen das was?
Jonas: Ist das ne Kneipe? Kenn ich nicht.
Lumbago: Na wissen Sie Freundchen, mit ihrer Bildung sieht’s eher mickrig aus.
Jonas: Im Gegenteil, Freundchen, meine Bildung ist gewaltig, und ich habe sie immer bei mir, in der Tasche. Bitte, mein Computer, spricht viel, weiß alles. Hast du zugehört, Sam.
Sam: Ja natür… haben wir Chef. Doch doch doch mit einem Öhrchen, na ja warum. Nicht gerade anregend das Gesülze.
Jonas: Van Gogh, Sammy, Nachtcafe, leg los, mach Eindruck, zeig den Herrschaften, was Bildung ist.
Sam: Aber immer, Meister, auf die Plätze fertig los, Piep. Vincent van Gogh, 1853 bis 1890, zu Lebzeiten ein bettelarmer, völlig erfolgloser, gänzlich unbekannter Maler, wurde nach seinem allzufrühen Tod anerkannt und gefeiert als einer der genialsten Künstler, welche je auf Erden wandelten. Bereits im 20. Jahrhundert erzielten seine Gemälde Rekorderlöse –heute sind sie so gut wie unerschwinglich.
Jonas: Das wußte sogar Jonas, und er wußte auch warum. Weil es kaum noch echte van Goghs gab, die meisten waren in den letzten Jahren draufgegangen, als Holland und Belgien überflutet wurden, als beim Erdbeben von Tokio die Großbanken mitsamt ihren Tresoren ins Meer rutschten, als im 2. amerikanischen Bürgerkrieg die Museen in Flammen aufgingen.
Sam: Nachtcafe ist der Titel eines Gemäldes, welches van Gogh im September 1888 zu Arles in Südfrankreich schuf.
Jonas: Ach so. Ein Bild ist das.
Sam: Was denn sonst du hirnamputierte Beutelmaus. Nachtcafe, vordem im Besitz der Yale University, wurde im Dezember 2012 von Albin Krug, dem bekannten babylonischen Multimillionär und Multimilliardär für seine Sammlung erworben, Kostenpunkt 500 Millionen Euros.
Jonas: Eine halbe Milliarde.
Sam: Ja.
Jonas: Für ein Bild.
Sam: Ja.
Krug: So ist es Jonas. Und jetzt hat mein Vater erklärt, daß er Nachtcafe mitnehmen will.
Jonas: Mitnehmen, wohin.
Lumbago: In die Hölle vermutlich. Verzeihung, Kassandra.
Krug: Schon gut, Lumbago. In den Sarg, ins Krematorium. Wenn er tot ist.
Lumbago: Und das wird nicht mehr lange dauern. Immerhin ist Albin Krug an die 120.
Krug: 121 Jahre und 4 Monate.
Jonas: Moment, ihr Vater will ein Bild für eine halbe Milliarde verbrennen. Warum?
Krug: So ist er, Jonas, wenn es ihn nicht mehr gibt, soll es auch Nachtcafe von van Gogh nicht mehr geben.
Lumbago: Ja, und darum haben wir Sie kommen lassen, Jonas.
Krug: Sie sollen verhindern, daß mein Vater seinen Plan ausführt.
Lumbago: Sie sollen Kassandras wichtigstes und wertvollstes Erbstück sichern und der Welt ein einmaliges Kunstwerk erhalten.
Jonas: Ich verstehe, Sie brauchen keinen Detektiv, Sie brauchen einen Dieb.
Lumbago: Jacke wie Hose Jonas.
Krug: Bitte, Jonas, retten Sie Nachtcafe, für mich.
Sam: Gut wir retten Nachtcafe.
Jonas: Sie sah mich an, schräg von unten, mit großen traurigen Augen. Deshalb blieb ich. Jonas war nicht in Form. Jonas hatte keinen Bock. Jonas wollte kein Detektiv mehr sein. Letzter, vorletzter, allerletzter. Egal. Jonas wollte was ganz anderes tun, was kreatives. Töpfern, Klavierspielen, Midlifecrisis nennt man so was. Und ein Bild klauen, das hat ja auch was kreatives. Irgendwie. Was künstlerisches.
Lumbago: Auf jeden Fall ist es eine ganz einfache Kiste Jonas. Sie gehen zu Krugs Haus, gleich nebenan, durch den bewachten Park, 10 Minuten zu Fuß. Sie gehen ins Haus, durchs Foyer und dann rechts in den Bildersaal, immer gerade aus, Nachtcafe hängt an der hinteren Wand, nicht zu verfehlen. Sie nehmen das Bild ab, klemmen es unter den Arm, kommen zurück.
Jonas: Nicht so schnell, Lumbago.
Lumbago: Dr. Lumbago.
Jonas: Wollen Sie mir erzählen, daß Haus und Bild überhaupt nicht gesichert sind?
Lumbago: Natürlich sind sie gesichert, und wie, aber das ist nicht Ihr Problem. Kassandra?
Krug: Hier, Jonas, eine Generalsupersicherheitsscheibe.
Lumbago: Damit legen Sie das komplette Schutzsystem im Hause Krug lahm.
Jonas: Kein Personal.
Lumbago: Die Menschen haben Ausgang, die Automaten schaltet ihre Schreibe ab.
Jonas: Und Albin Krug selbst.
Krug: Wird Sie nicht stören, Papi hält sich in seinem Spezialambiente auf, tief unter dem Haus.
Lumbago: Ja, Sie sehen Jonas, ein Kinderspiel. Mit dem Bild kommen Sie hier her zurück, dafür kriegen Sie 500 Euros.
Jonas: 500. Für ein Bild, das 1.000.000 mal soviel wert ist.
Lumbago: Na, sagen wir 1000, aber mehr ist nicht drin.
Krug: Pappi hält mich kurz.
Lumbago: Alles klar Jonas.
Jonas: Noch nicht ganz, wenn die Sache so leicht ist, wozu brauchen Sie mich. Warum klauen Sie Nachtcafe nicht einfach selbst.
Lumbago: Schwer von Begriff ist er auch noch. Albin Krug wird natürlich Kassandra verdächtigen.
Krug: Sie auch Lumbago.
Lumbago: Und darum brauchen wir ein Alibi. Wir sitzen hier in der Drittwelt, ganz gemütlich. Und derweil reißt sich ein Außenstehender das Bild unter den Nagel, einer den Krug nicht kennt. Der mit Kunst nichts am Hut hat und der sich dabei nicht allzu dämlich anstellt hoffentlich. Uhrenvergleich. Es ist jetzt.
Sam: 22 Uhr 17 Minuten und 9 Sekunden. Piep.
Lumbago: Spätestens um 11 sind Sie wieder hier, Jonas. Mit Nachtcafe, eingewickelt natürlich, Decken und Packpapier finden Sie im Bildersaal auf dem Tisch rechts von der Tür.
Krug: Viel Glück Jonas. Wir sehen uns.
Sam: Tschüß.
Jonas: Jonas war schon oft danebengewesen, aber noch nie so daneben wie an diesem 2. Juli 2013. Midlifecrisis wie gesagt und große Zwergenaugen. Wie auch immer, Jonas ging klauen. Krugs Haus war kein Haus, eine Residenz, eine Palast, eine gigantische Schatzkammer, gesichert und bewacht von allem was gut und teuer war. Schleusen und Scanner jeder Art, Robodogs und Robokiller, Monitore, Fallen, Alarmanlagen, aber damit hatte Jonas keine Probleme. Jonas war unsichtbar, seine Superscheibe bahnte ihm den Weg durch die Dornenhecke ins Dornröschenschloß. In den Bildersaal, was heißt Bildersaal, ins Museum. Überall gerahmte Kunst, groß, klein, bunt, einfarbig. Soweit so gut. Wo war Nachtcafe?
Sam: Sperr die Schweinslitzen auf Genosse, hier, direkt vor dero hochwürdigstem Riechorgan.
Jonas: Das Bild da, das kleine Ding?
Sam: Ja, 70 mal 90 cm. Klein, aber oho. Wie Miß Kassandra die Krügin.
Jonas: Na, weißt du, Sammy. Giftgrün, Blutrot, Eitergelb, und mittendrin ein schiefer Billardtisch. Also mir gefällt’s nicht.
Sam: Och, wer fragt dich denn, du Banause, merke 500 Milliarden Euros können nicht irren.
Jonas: Bißchen Ästhetik hätte ich dir einprogrammieren sollen.
Sam: Nachtcafe ist eines der häßlichsten Bilder, die ich geschaffen habe, sagte Vincent van Gogh, der Meister höchstpersönlich.
Jonas: Ja, der sollte es wissen.
Sam: Und ferner sprach er: Ich habe versucht, die finsteren Nächte in einer gemeinen Kneipe darzustellen, und das in einer Atmosphäre fahl und schweflig wie ein Höllenofen.
Jonas: Interessanter Aspekt, Sammy.
Sam: Also so geht’s nicht, Chef, sind wir hier, um das Bild zu betrachten, zu interpretieren, kritisch zu werten? Hä? Mitnichten, geklaut soll es werden das Bild, also dann mal los, du Schnarchsack, bißchen plötzlich.
Jonas: 10 Minuten später war ich draußen. Auf der Straße. Unter dem Arm ein flaches Paket, rechteckig, 70 mal 90, in einer Decke, im Bauch ein ungutes Gefühl. Und in der Tasche ein Computer, dem die Geschichte auch nicht gefiel. Und der das sagte, laut und deutlich.
Sam: Da kommt eine Zwergin mit einem merkwürdigen Doktor der Kunstgeschichte und einer noch merkwürdigeren Story, und was tut mein Meister, er geht hin und klaut einen van Gogh. Wahnsinn!
Jonas: Für einen guten Zweck, Sammy.
Sam: Ach ja, also wenn du das glaubst, du Knallfrosch, dann muß dir einer ins Hirn genotdurftet haben. Was, genotdurftet, ach was geschissen.
Jonas: Vorsicht Sam, du weißt, man kann dich abschalten.
Sam: Apropos abschalten. Die Sicherheitssysteme im Hause Krug
Jonas: Waren abgeschaltet durch meine Superscheibe. Oder nicht.
Sam: Doch doch doch doch, irgendwie schon. Einerseits.
Jonas: Was heißt das?
Sam: Naja, schwer zu erklären, euer Unempfänglichkeit, da war noch mehr hinter dem Sicherheitssystemen, verdeckt, verborgen, Elektronik zu Hauf.
Jonas: Bist du sicher Sam.
Sam: Mein Gott Jupiter Merkur, was was ich, was heißt sicher, ist eher eine Art schleichende Ahnung, ungewiß oder unabweisbar, ein Gefühl.
Jonas: Du hast keine Gefühle, Sammy.
Sam: Was kein Gefühl.
Jonas: OK. Was schlägst du vor.
Sam: Folgendes Herr Kollege, Bevor uns nicht gewisse Aufklärung über Grund, Sinn und Zweck der Affäre Nachtcafe zu teil wird, liefern wir das Gemälde nicht ab. Wir halten es zurück, verstecken es, als Pfand, na ja non capito, als Sicherheit.
Jonas: Keine schlechte Idee, und Jonas wußte auch wo er das Bild unterstellen konnte: Bei Joana, einer alten Freundin, Besitzerin der kleinen Kunstgalerie Picassos Pinsel in der Palmettostraße, nicht weit, nur um die Ecke. Joana ist eine tüchtige Geschäftsfrau, die Galerie war noch auf. Abends kurz vor 11. Tja, wir Freiberufler, immer im Dienst.
Joana: Sieh mal wer da kommt, Jonas, Jonas der letzte Detektiv. Welch seltene Ehre, Tusch Herr Kapellmeister.
Sam: Tätätätä, Jonas und Sam. Der Treueste der Treuen, wie sprichwortet doch das Volk. Je später der Abend.
Joana: Halt den Rand Sammy. Gerade wollt ich abschließen und ins Bett gehen, allein, aber jetzt.
Jonas: Laß dich nicht aufhalten Joana, ich muß gleich weiter. Kannst du das hier für mich aufheben.
Joana: Ein Bild? Seit wann interessierst du dich für Kunst, Jonas?
Jonas: Laß es eingewickelt, tu es in deinen Tresor, morgen hol ich es wieder ab.
Joana: Was ist los Jonas, worum geht’s? Ein Fall.
Jonas: Keine Zeit, Joana, morgen, und was ich noch sagen wollte, danke.
Jonas: Punkt 11 kam ich in der Drittwelt an. Wie besprochen, aber Kassandra Krug und Lumbago waren nicht da.
Kellner: Die Herrschaften lassen sich entschuldigen, eine unvorhergesehene Abhaltung. Sie werden sich in wenigen Minuten einfinden. Sie, Herr…
Jonas: Jonas.
Kellner: Ach ja, ganz recht, Sie werden ersucht zu warten, Herr Jonas, hier an der Bar, wenn’s beliebt.
Jonas: Es beliebte. Auch wenn Jonas leicht säuerlich war. Wozu hatte ich mich so beeilt. Egal. Ich saß an der Bar, weit ab von den heulenden Drittweltlern, trank mit Andacht einen echten Single Malt Whisky und wartete. Ein paar Minuten vergingen, dann machte es puff, in meiner Jackentasche, ich faßte rein, nichts drin, auch nicht Kassandra Krugs Superscheibe, die eben noch dringewesen war. Anscheinend ein Autodestruktions- und Evapourationsmechanismus, schweres Wort, hab ich von Sam. Als ich gerade anfing, mich zu wundern, piekte mich plötzlich ein Zeigefinger ins Kreuz, ein amtlicher Zeigefinger. Und eine amtliche Stimme flüstere mir was ins Ohr.
Brock: Sie sind festgenommen Jonas.
Jonas: Chefinspektor Brock, warum flüstern Sie, haben Sie ihre Dienstmarke verschluckt?
Brock: Rücksicht ist das, weil wir in der Drittwelt sind, und weil hier der Polizeipräsident verkehrt, die Bürgermeisterin, Milliardäre, Industriekapitäne und -innen, bessere Leute, die wollen das exotische Ambiente in Ruhe genießen und sich beim Speisen nicht durch polizeiliche Maßnahmen stören lassen.
Jonas: Was für polizeiliche Maßnahmen, Bröckchen?
Brock: Sie sind festgenommen, Jonas.
Jonas: Ach was. Warum.
Brock: Das erfahren Sie auf dem Revier. Kommen Sie jetzt mit.
Jonas: Ich denke nicht daran. Den Grund der Festnahme müssen Sie mir sofort sagen und dann müssen Sie Ihren Spruch ableiern. Alles was Sie aussagen kann vor Gericht usw. Ist Gesetz.
Brock: Können Sie haben, Jonas, ich pfeife, meine Leute kommen rein, wir nehmen Sie fest, mit allen Schikanen, wie es im Gesetzbuch steht.
Jonas: Das wird dem Herrn Polizeipräsidenten gar nicht gefallen.
Brock: Ihren aber auch nicht, Jonas. Es könne nämlich passieren, daß Sie dabei unter Umständen ein kleines bißchen beschädigt werden. Aber ganz wie Sie wollen. Soll ich pfeifen?
Jonas: Säuseln Sie lieber weiter, Bröckchen, das ist zwar auch nicht schön, aber ausgesprochen selten.
Brock: Gut so. Stehen Sie auf, langsam, unauffällig. Gehen Sie voraus.
Jonas: Auf dem Revier gab’s keine besseren Leute, wir waren unter uns. Unter uns normalen, sofern man Bullen und private Schnüffler aus Normal bezeichnen kann. Chefinspektor Brock war wieder der alte, laut ruppig, harte Schale, und nicht ganz so harter Kern, womöglich, jedenfalls spendierte er mir einen Sojakaff. Und dann sagte er mir, warum ich festgenommen war.
Brock: Diebstahl in Verbindung mit Einbruch. Sie haben ein Gemälde aus Albin Krugs Sammlung gestohlen, Wert eine halbe Milliarde. Die Beweislage ist eindeutig. Beim Begehen der Straftat wurden Sie holografisch erfaßt und aufgenommen.
Jonas: Das also waren Sammy elektronische Ahnungen.
Brock: Bestreiten Sie das Ihnen zur Last gelegte Verbrechen, Jonas.
Jonas: Ja, das heißt nein, sagen wir nicht direkt. Ich kann alles erklären, das heißt Kassandra Krug kann, Albins Tochter, fragen Sie sie Brock.
Brock: Nicht nötig, Kassandra Krug hat Sie angezeigt Jonas und uns das Holoband vorgelegt.
Jonas: Das ist doch nicht wahr.
Brock: Rufen Sie sie an. Sie wissen ja: einen Anruf haben Sie. Das ist Gesetz.
Jonas: Das Bild, das ich, ich meine um das es geht, ist das versichert.
Brock: Klar.
Jonas: Bei wem?
Brock: Moment, steht alles im Protokoll. Hier. Vereinigte Kosmos.
Jonas: Kenn ich. Fall Supernova. OK Brock, machen Sie mir eine Fonverbindung.
Brock: Mit Kassandra Krug?
Jonas: Nein, mit der Versicherung. Jonas war dabei wieder Dampf aufzunehmen. Agieren, nicht reagieren hieß die Parole. Der Vereinigten Kosmos schlug ich ein Geschäft vor, ich bot an, Nachtcafe zurückzugeben, morgen, wenn ich sofort aus der Haft entlassen würde, vorläufig, gegen Kaution. Jonas mußte raus. So schnell wie möglich, um festzustellen, was gespielt wurde, von wem und warum. Gegen zwei Uhr nachts war ich draußen und machte mich sofort auf den Weg zur Palmettostraße. Da wartete die nächste Überraschung auf Jonas, ungewöhnliche Aktivität. Feuerwehrsirenen, Leitern, Schläuche, rote Glut, schwarze Trümmer. Die Galerie Picassos Pinsel war ausgebrannt, Joana stand vor den Resten. Sie schrie nicht, sie raufte sich nicht die Haare. Sie war sauer. Auf Jonas.
Joana: Willkommen großer Detektiv, willkommen zum festlichen Feuerzauber. Sieh es dir an, Jonas, siehs dir ganz genau an. Das wirst du mir alles ersetzen. Meine Galerie, meine Wohnung, meine Objekte, meine Bilder. Alles.
Jonas: Ich. Wieso ich.
Joana: Weil du mir vorhin dieses Bild gebracht hast, Jonas, deshalb.
Jonas: Versteh ich nicht.
Joana: Das Bild ist explodiert mit einer Stichflamme, die hat die Wandbehänge in Brand gesetzt, usw. s’ ging ganz schnell.
Jonas: Explodiert. Wann.
Joana: Genau um 11. Hatte es abgestellt, wollte gerade den Tresor aufschließen.
Jonas: Punkt elf. Ein Autodistrukt mit Zeitschaltung. Wie der bei Scheibe. Mein Gott das Bild, Joana, was ist mit Nachtcafe.
Joana: Was soll sein. Explodiert. Verbrannt. Hinüber.
Jonas: Verbrannt. Ein echter van Gogh. 500 Millionen Euros.
Joana: Unsinn. Eine Kopie, gutgemacht, aber doch nur eine Kopie. Nicht mehr wert als 100 Euros.
Jonas: Bist du sicher.
Joana: Ich hab’s mir angekuckt dein Bild. Ausgewickelt und angekuckt. Wollt doch wissen, was Jonas bei mir abstellt. Van Goghs Nachtcafe. Kopie in Originalgröße.
Jonas: Eine billige Kopie. Ich hab ne Kopie geklaut. Joana ich brauch dich. Komm mit.
Joana: Darauf kannst du dich verlassen Jonas, daß ich mitkomme und dich nicht aus den Augen lasse. Nicht weil ich dich brauche. Ich brauch ein Bett und Schadensersatz. Rat und Hilfe sowieso.
Jonas: Auch Jonas brauchte Rat und Hilfe. Es war höchste Zeit für eine Konferenz. Eine Stunde saßen wir in meinem Büroapartment zusammen. Joana, Jonas und Sam natürlich. Nur daß der nicht saß sondern lag. Auf dem Schreibtisch, was seinen Redefluß keineswegs einschränkte. Im Gegenteil.
Sam: Im Namen der Logik, des Intellekts und des heiligen Geistes, lasset uns rekapitulieren liebwerte Gemeinde.
Joana: Von mir aus.
Jonas: Nur zu, Sammy. Erstens.
Sam: Niemals. Punktum Römisch I. Fraktur.
Jonas: Ist uns auch recht, was Joana.
Sam: Römisch I. Alldieweil Sintimalen und was maßen unserem hochwertgeschätzten Anbefohlen namens Jonas nur Jonas zubenamset der letzte Detektiv von Seiten einer gewissen Kassandra Krug die Aufgabe zu teil wart, ein ölfarbbedecktes Stück Leinewand vulgo Nachtcafe aus ihres Herrn Vaters hochkünstlerischer Sammlung heimlichst zu entfernen, äh entfernen, sintinmalen zu entfernen, sinti… wo war
Jonas: Na Sammy, verhaspelt, weißt du nicht weiter.
Sam: Piep. Zwo. Jonas klaut Bild, wird dabei ohne sein Wissen elektronisch beobachtet, und aufgezeichnet. Drei. Kassandra Krug zeigt Jonas wegen Diebstahls an. Vier. Supersicherheitsscheibe wird durch Selbstzerstörungsmechanismus vernichtet.
Jonas: Und damit verliere ich meinen einzigen Beweis, daß ich für Kassandra Krug gearbeitet habe.
Sam: Bitte den Vortragenden nicht zu unterbrechen. Fünf. Vernichtet wird gleichermaßen das gestohlene Bild, welches sich zu allem Überfluß Punkt sechs als Kopie erweist.
Jonas: Erwies, Sammy, erwies.
Sam: Bzw. bewies. In dem das.
Jonas: Alldieweil und sintimalen.
Sam: In dem das Alldieweil und sintimalen Punkt sieben besagtes Bild nicht mehr existiert ebenfalls dank eines Autodistruktmechanismus, durch welches Faktum dem Paktum des p.p. Jonas der Versicherungsgesellschaft zur Gänze die Basis entzogen wurde. Fuu äh Korrektur Uff.
Jonas: Das heißt Jonas muß in den Knast. Punkt 8.
Sam: Fazit Jonas nur Jonas der letzte Detektiv belieben sich in einer keinesfalls als beneidenswert zu bezeichnenden Situation zu befinden.
Jonas: Vulgo in der Scheiße. Bis zum Hals.
Joana: Und ich. Geht’s mir etwa gut?
Sam: Irrelefant meine Gnädigste. Denn merke: Sam ist ein persönlicher Computer. Sams Person ist Jonas. Zufällig zugelaufene Wesen weiblichen Geschlechts gehören nicht in Sams Aufgabeparameter.
Joana: Blas dich nicht so auf du eifersüchtige Blechbüchse.
Sam: Unsachliche Unterstellungen großmütig ignorierend, kommen wir nunmehr zum Schluß, liebwerte Gemeinde, wieder einmal ist Jonas, nur Jonas der letzte Detektiv Objekt und Opfer in einem üblen Spiels, welches mit ihm getrieben wird.
Jonas: Scheiß Spiel.
Sam: Ja.
Jonas: Getrieben von wem. Wer steckt dahinter.
Sam: Ach armer Jonas, die alte alte Frage und ist doch ewig neu.
Jonas: Is ja gut Sammy, und deine Antwort.
Sam: Unzureichende Daten, o Wiederstein der Weltaltswonnen.
Jonas: Die alte alte Antwort also.
Joana: Kassandra Krug, wer denn sonst.
Jonas: Vielleicht auch dieser Dr. Lumbago, der Leiter von Albin Krugs Sammlung.
Joana: Augenblick, Jonas, was soll dieser Dr. Dingsbums sein.
Jonas: Lumbago, Leiter von Krugs Kunstsammlung.
Joana: Nie im Leben. Der Leiter ist Professor Asmus, ich kenn ihn persönlich.
Jonas: Wie sieht er aus.
Joana: Ein alter Herr, klein, zierlich, trägt nur schwarz, drückt sich sehr gewählt aus.
Sam: Hm, hört sich ganz und gar nicht an wie unser Freund Tayfun Lumbago. Was Chef.
Joana: Ein interessanter Mann, Asmus mein ich, früher mal vor 30, 40 Jahren recht bekannter Maler, Pseudoexpressionist, Neoabstracter, Fotorealist.
Jonas: Hast du seine Fonnummer, Joana.
Joana: Moment.
Joana: In meinem Computer.
Sam: Was, anderer Computer? Nein, Sammy eifersüchtig, nicht anderer Computer.
Jonas: Prof. Asmus ging nicht ans Fon, aber Joana hatte seine Adresse. Racivilweg, Südbabylon, das alte Künstlerviertel, eine Dachwohnung, fast ein Penthouse, unproblematisches Türschloß, dahinter ein riesengroßer Raum, Schlaf- und Wohnzimmer plus Atelier, ein überdimensionales Fenster, Nordlicht, zwischen Bett und Staffelei ein hochkünstlerisches Chaos. Zeichencomputer, Pinsel und Farben, auf einem echten alten Holztisch vollgekritzelte Blätter, über- und durcheinander.
Joana: Skizzen, Entwürfe, Studien, und alle zu einem Thema, zu einem Bild.
Jonas: Sag’s nicht, Joana, laß mich raten, blutrot eitergelb giftgrün, Billardtisch, Nachtcafe. Van Gogh.
Joana: Kopie von Prof. Asmus.
Jonas: Das heißt, die Kopie, die Jonas im Hause Krug gestohlen und dann dir übergeben hat Joana.
Joana: Und die bei mir in die Luft geflogen ist, mitsamt der ganzen Galerie.
Jonas: Diese Kopie hat Asmus produziert, Professor Asmus, Maler und Leiter von Krugs Kunstsammlung.
Joana: Das gibt doch keinen Sinn, Jonas, außer, Moment, außer Asmus ist der große Unbekannte, der Drahtzieher im Hintergrund.
Jonas: Nein, Joana, das ist er nicht.
Joana: Wieso nicht?
Jonas: Asmus trägt immer schwarz, hast du gesagt.
Joana: Ja, warum?
Jonas: Darum. Unter dem Bett sah ein Fuß hervor, in schwarzem Schuh und schwarzer Socke. Ich faßte zu und zog. Zum Vorschein kam ein kleiner alter Mann in schwarz. Ein toter Mann. Mit verdrehtem Kopf und gebrochenem Genick, noch warm.
Joana: Professor Asmus, das ist er.
Jonas: Das war er. Jemand hat ihn umgebracht.
Joana: Der Unbekannte, der Drahtzieher.
Jonas: Sieht so aus.
Joana: Drahtzieherin Kassandra Krug.
Jonas: Ich weiß nicht, Joana. Irgendwie traue ich ihr sowas nicht zu.
Sam: Jaja, strenger Vater, kleine Tochter, große Augen. Armes Kind. Ein Sentimentalinski ist mein Jonas. Hört das Fon ihr läuten, was hat’s denn zu bedeuten?
Jonas: Blöde Frage, Sammy, irgendwer ruft bei Asmus an.
Joana: Wer kann das sein, Jonas?
Jonas: Werden wir gleich hören. Hallo?
Krug: Das wurde auch Zeit. Meine Tochter, schnell.
Jonas: Hier ist das Atelier von Professor Asmus.
Krug: Weiß ich. Ich bin Albin Krug. Persönlich. Ich warte nicht gern. Geben Sie mir meine Tochter. Wer immer Sie sind, ich weiß daß sie da ist.
Jonas: Ich zittere Herr Krug vor Angst und Ehrerbietung, aber Kassandra ist momentan unanwesend, leider, ich hätte sie auch gern gesprochen.
Krug: Das können Sie haben, Jonas, hier bin ich. Legen Sie das Fon hin, heben Sie die Arme und drehen Sie sich zum Fenster, langsam. Ein Laserstrahler schießt auch durch Glas, und wir haben drei.
Jonas: Sie waren auf dem Dach hinter dem Atelierfenster. Kassandra die bedauernswerte Kleine, immer noch klein, aber nicht mehr bedauernswert. Neben ihr Lumbago, und neben Lumbago sein Ebenbild, genauso groß, genauso breit, genauso häßlich. Der Fall wurde immer undurchsichtiger. Eins war allerdings klar. Die drei am Fenster hatten schußbereite Laser, und damit hatten sie uns. Im Sack. Um ihn zuzumachen, stiegen sie durch den offenen Flügel, das heißt Kassandra und Lumbago stiegen, das Ebenbild krachte voll durch die Scheibe.
Lumbago: Doch nicht so, Atlas.
Atlas: Hu, Fenster putt.
Lumbago: Da siehst du. Und deine Hand.
Atlas: Blut. Aua.
Lumbago: Lecks ab. Mein Bruder Atlas ist ein bißchen impulsiv, Jonas.
Jonas: So ihr Bruder, Lumbago, auch Doktor? Der Philosophie oder der Metaphysik?
Lumbago: Unter uns, Jonas, mein Bruder Atlas ist möglicherweise nicht ganz so intelligent wie ich, aber er hat seine Qualitäten. Was Atlas?
Atlas: Die da, totmachen?
Jonas: Tayfun und Atlas, die zwei Lumbagos, eine echte Clownnummer, ausgefuchst, eingespielt, und richtig komisch, schade daß Jonas so gar nicht darüber lachen konnte, die arme Joana auch nicht.
Atlas: Totmachen, ja, bitte, bitte, totmachen.
Krug: Halten Sie ihn noch einen Augenblick an der Leine Lumbago. Hallo Papi, Kassi hier, Asmus? Erledigt, Papilein, abgehackt. Wie besprochen. Auf deine Kassi kannst du doch verlassen, das weißt du doch. Eben am Fon? Das war Jonas, der Detektiv, genau, der Trottel, der die Kopie gestohlen hat, Atlas wird sich gleich um ihn kümmern. Was? Aber Papischatz wozu denn das hält doch nur auf, ja, na gut, Papilein, ganz wie du willst, wir sind gleich bei dir. Küßchen Papi.
Lumbago: Alles klar Kassandra.
Atlas: Jetzt totmachen ja?
Krug: Tut mir leid, Atlas.
Atlas: Nix totmachen?
Krug: Nix totmachen Atlas, Pappi will das nicht.
Lumbago: Er hat sich doch so darauf gefreut, ich versteh das nicht, Kassandra, es war doch abgemacht, daß Jonas über die Wupper geht.
Krug: Und dabei bleibt’s auch, Lumbago, nur daß Papi die Sache selbst in die Hand nehmen wird. Sie kennen ihn doch, er ist Romantiker, Genußmensch. Mit Jonas will er sich ein Fest machen. Zuhause. In aller Ruhe.
Lumbago: Also ex und hopp auf die schnelle wär mir lieber Kassandra.
Krug: Mir auch, Lumbago, mir auch, aber Papis Wille geschehe. Kommen Sie Jonas, und Sie auch Herzchen. Ich weiß nicht wer Sie sind.
Joana: Joana ist mein Name.
Krug: Ich will’s auch gar nicht wissen, mitgefangen, mitgehangen. Los.
Jonas: Auf dem Dach, hinter einem dicken Schornstein, wartete ein Minihelikopter. Mit Platz für zwei. Tayfun Lumbago steuerte, Atlas nahm Kassandra auf den Schoß. Joana und Jonas banden sie außen an. Ein dröhnender atemberaubender Luftsprung zum Dach des Hauses Krug. Da stiegen wir um in einen Lift, abwärts in den Keller und weiter abwärts, noch ein gutes Stück, schließlich Endstation. Alles aussteigen. Es war kalt. Sehr kalt. Arktisch kalt. Und arktisch sah er auch aus, der große Raum tief unter dem Haus. Boden und Wände klinisch weiß gefliest und kahl, in der Mitte ein Bett, darauf eine zerknüllte weiße Decke, davor eine große Konsole, halbrund, voll mit Schaltern, Tasten, Bildschirmen, Signalleuchten. An der rechten Wand, in einem abgedichtetem Plexikasten, ein buntes Bild.
Joana: Nachtcafe, das Original!
Krug: Selbstverständlich das Original. Ein echter van Gogh, meine Herrschaften. 500 Millionen Euros.
Jonas: Ein Ofen wäre mir lieber, ich, ich glaube ich habe noch nie in meinem Leben so gefroren wie jetzt.
Sam: Irrtum, Meister, denke zurücke, November 2011 vor anderthalb Jahren, Fall Schneewittchen, der Kühlraum im Hafenspeicher, ja, da ist’s auch kalt gwen.
Jonas: Weißt du, Sammy, der alte Philip Marlowe hatte es besser, er mußte nie in die Kälte.
Sam: Aber ins Treibhaus, du Frostbeule.
Jonas: Kein Vergleich, Sam, kein Vergleich.
Krug: Sie frieren, Herr Jonas, das tut mir leid. Ich bin Ihnen entgegengekommen, auf Minus 30 Grad, die normale Temperatur hier beträgt Minus 70 Grad.
Sam: Ei höllisch.
Jonas: Was da sprach, war die Decke auf dem Bett. Keine Decke, ein Mensch, ein Mann, klein, uralt, faltig, verschrumpelt und schneeweiß. Haar, Bart, Haut, Kleidung, alles weiß. Albin Krug, am Leben gehalten durch das Wunder der Kryonik, extreme Kälte verlangsamte und schonte die Funktionen seines verbrauchten Körpers.
Krug: Ein guter Rat, Herr Jonas, halten Sie sich kühl, dann werden Sie alt, 120 Jahre und älter.
Jonas: Sie erinnern mich an die gleichnamige Champagnermarke, Herr Krug, vor Gebrauch gut kühlen.
Krug: Witzig. Fesseln, ihn und die Frau.
Atlas: Auch knebeln, Boß?
Krug: Nicht doch, sie sollen sich ausdrücken können. Bitten, betteln, schreien, um Hilfe, vor Angst, vor Schmerzen. O, nur fesseln.
Jonas: Das klang nicht gut. Joana und Jonas wurden verschnürt, mit Biofesseln, die speziell auf große Kälte eingestellt waren. Das verriet uns Albin Krug, und dann verriet er uns die Hintergründe im Fall Nachtcafe.
Krug: Wissen Sie, etwas großes zu tun, reicht nicht, man muß es auch kund tun. Sie Herr Jonas und ihre Freundin sind ein ideales Publikum.
Jonas: Klar, wir können nicht gehen wenn es langweilig wird.
Krug: Aus zwei Gründen. Sie haben in der Affäre mitgewirkt, in nicht unwichtigen Funktionen, und Sie werden das, was Sie erfahren, nicht weitergeben können.
Krug: Papiliebling, beeil dich ein bißchen, du weißt, die hohe Temperatur tut dir nicht gut.
Krug: Sorg um deinen Papi, wie immer Kassi mein Herz, damit es schneller geht, du mir ab und zu helfen.
Krug: O wie gern Papilein.
Krug: Gut. Ich beginne. Als ich vor nicht allzulanger Zeit bekannt gab, ich wolle meinen kostbaren van Gogh ins Grab mitnehmen, in einem vorübergehenden Anfall von
Krug: Von Morbidität, da gab’s in der sogenannten Kulturszene ein großes Gezeter.
Krug: Da war schön, das hat Spaß gemacht.
Krug: Aber das war nicht genug. Papi Liebling fiel was besseres ein. Nachtcafe stehlen lassen und doch behalten, die Versicherung übers Ohr hauen.
Jonas: OK, Herr Krug, aber wozu, bei Ihrem Vermögen kann doch eine halbe Milliarde keine große Rolle spielen.
Krug: Das Geld interessiert mich nicht, Herr Jonas.
Jonas: Sondern?
Krug: Noch niemals Herr Jonas hatte ich ein Verbrechen begangen.
Jonas: Ach wirklich, Sie Albin Krug, Multimilliardär und Wirtschaftskapitän.
Krug: Mein Gott, Wirtschaftsvergehen, Geschäftsusancen, am Rande der Legalität, das…
Krug: Das zählt nicht. Papilein meint richtige Verbrechen, Kapitalverbrechen.
Krug: Betrug, Diebstahl, Mord, eine neue Herausforderung, Herr Jonas, neue Erfahrungen, ganz neuer Spaß. Natürlich brauchte ich Unterstützung durch Kassi, die späte Frucht meiner Lenden und von einem gekauften Ei, nicht groß aber effektiv.
Krug: Ich tu alles für dich Papilein.
Krug: Und die beiden Lumbagos fürs Grobe. Ich machte einen Plan, und wir suchten einen…
Krug: Einen Dummen. Jonas, einen Dieb und Sündenbock, einigermaßen brauchbar mußte er sein, ehrlich, ein bißchen sentimental, nicht sehr klug, und wir fanden…
Jonas: Jonas. Jonas, den letzten Detektiv.
Krug: Eine geradezu ideale Besetzung. Asmus wurde beauftragt, eine Kopie von Nachtcafe anzufertigen, und diese Kopie haben Sie brav gestohlen, Herr Jonas.
Krug: In ihr befand sich ein Autodestrukt, eingestellt auf 11 Uhr. Die gestohlene Kopie verschwand für immer, der überführte Dieb wurde verhaftet, die Versicherung muß zahlen.
Jonas: Und damit Asmus keine Schwierigkeiten macht, hat Kassi ihn kurzerhand umgebracht.
Krug: Also genaugenommen war’s Atlas.
Atlas: Totgemacht. Hals umgedreht.
Krug: Brav, Altlas, Guter Mann.
Jonas: Mord, Versicherungsbetrug in 3stelliger Millionenhöhe, Anstiftung zu Einbruch und Diebstahl. Eine runde Sache, Herr Krug, wie fühlt man sich so als Schwerverbrecher? Zufrieden?
Krug: Noch nicht, Herr Jonas, noch fehlt der Höhepunkt in Albin Krugs krimineller Karriere. Albin Krug wird einen Mord begehen, persönlich.
Krug: Zwei Morde, Papischatz.
Krug: Einen Doppelmord. Eigenhändig. Langsam. Mit Genuß. Mit Hingabe und Raffinesse.
Atlas: Ja, Boß, totmachen.
Krug: Kann ich solange rausgehen Papilein?
Jonas: Zart besaitet, Kassandra.
Krug: Unsinn, mir ist kalt.
Lumbago: Mir auch.
Krug: Atlas solltest du hierbehalten, Papi, als Leibwächter und Handlanger falls du einen brauchst.
Jonas: Kassandra und Lumbago gingen sich aufwärmen, Atlas blieb bei Krug. Der mußte offenbar eine kurze Pause einlegen. Jedenfalls war es ein paar Minuten still im Raum, zu hören war nur das leise Summen der Kühlaggregate hinter den Wänden. Das brachte Jonas auf einen Gedanken. Sam, in meiner Brusttasche, ich ließ den Kopf sinken und nahm Kontakt auf. So leise wie möglich.
Sam: Alles vernommen, Meister. Leb wohl, leb wohl auf ewig, Sammy wird um dich trauern und dir Blumen ans Grab bringen.
Jonas: Blumen gibt’s schon lange nicht mehr, Sam.
Sam: Ne?
Jonas: Und mit der Trauer wartest du besser, bis Jonas wirklich im…
Sam: Ist gut.
Joana: Das wirst du bald Jonas und ich dazu wenn dir nicht schnellstens was einfällt.
Jonas: Mir, ich bin nur ein kleiner Privatdetektiv, Joana, ein nützlicher Idiot, nicht sehr klug, hast du ja gehört, für Einfälle ist Sam zuständig. Sam ist der Computer, der Rechner, der Denker, na los, Sammy, denk uns hier raus.
Sam: Ist viel zu kalt, Meister, viel zu kalt. Viel zu kalt. Ist aus Kiß me Kalt, kennst du.
Jonas: Dann muß ich dir wohl ein bißchen auf die Sprünge helfen, Sammy, das Summen, hör doch mal.
Sam: Na und? Kälteaggregate. Um Albin Krug schön kühl zu halten, damit er nicht verdirbt, gleich hinter der Wand.
Jonas: Elektronisch gesteuert?
Sam: Na ja was denn sonst? Aha, Ach so. Ja so.
Jonas: Sam hatte kapiert und machte sich an die Arbeit. Als Maulwurf im Steuersystem von Krugs Kühlanlage. Es dauerte ein bißchen, ein paar Sicherungen gibt es, die kann nicht mal Sam auf die Schnelle knacken. Aber dann war er durch. Langsam, ganz langsam stieg die Temperatur, wurden die Aggregate lauter. Albin Krug merkte nichts. Er suhlte sich voller Wonne in Killerphantasien.
Krug: Wie soll ich sie töten, welche Todesart verspricht höchsten Genuß?
Jonas: Das ist die Frage, wie ein gewisser Hamlet mal gesagt hat.
Krug: Soll ich die Raumtemperatur allmählich zurückdrehen, und beobachten, wie sie ganz langsam erfrieren, nein, das ist zu einfach, zu wenig raffiniert.
Jonas: Phantasielos.
Krug: Unser guter Atlas könnte ihnen die Haut in Streifen vom Leib schneiden.
Atlas: O ja Boss, totmachen, Haut abziehen.
Krug: Ich weiß nicht. Ach, meine lieben kleinen Autodistruktbömbchen, immer zur Hand auf meiner Konsole. Wie wär’s denn damit. Atlas drückt ihnen die Nase zu uns zwingt sie so einen niedlichen Knallfrosch herunterzuschlucken. Oder wir führen ihnen ein paar Ladungen in andere sehr viel empfindlichere Körperöffnungen ein.
Joana: Nein.
Krug: Auf welchen Zeitpunkt ich die Bomben eingestellt habe, das wird nicht verraten, das bleibt mein kleines Geheimnis, schwitzen werden sie vor Angst, sich bemachen, winseln, heulen, zähneklappern, und plötzlich werde ich sagen, in einer Minute explodiert ihr Magen, ihr Darm, was immer, aber vielleicht ist es gar nicht wahr, ein wunderbares Spiel, tausend Tode werden sie sterben, zehntausend, hunderttausend.
Atlas: Oh, heiß Boß, Atlas muß schwitzen.
Jonas: Recht hatte er. Die Temperatur war in tropische Höhen geklettert. Genau das richtige Ambiente für einen Gorilla, aber nicht für einen überalterten eiskalten Greis.
Krug: Was, was ist das? Hilfe! Ich sterbe. Ich schmelze. Ich löse mich auf. Oh…
Atlas: Boss? Boss tot, Boß tot.
Jonas: Die Hitze schmolz unsere Biofesseln, und auch Albin Krug war dahingeschmolzen. Vor unseren Augen hatte er sich aufgelöst. In Zeitraffer, bei lebendigem Leibes verwest. Jetzt war von ihm nichts mehr übrig als eine schmutzig-graue Pfütze auf dem Bett, eine dicke Blase stieg an die Oberfläche und zerplatzte. Es roch nicht gut. Atlas glotzte, er zitterte und war so verstört, daß Jonas ihm problemlos den Laser aus der Hand nehmen und über den Scheitel ziehen konnte.
Sam: Das wär’s Leute, hochverpupptes Ehrlichkeit, liebe Kinder, ja, ist das nicht ganz exquisit gelaufen? Hm? O welche Wonne wie Eis an der Sonne schmolz er dahin. Jetzt ist er ne Pfütze, zu nichts mehr nütze, das war der Sinn.
Jonas: Der Krug geht so lange zu Wasser bis er schmilzt.
Joana: Schrecklich. Ich will raus.
Jonas: Zu. Abgeschlossen. Von außen. Elektronisch, Sammy?
Sam: Ach was. Mechanisch, Uraltmodisches Türschloß. Mit sowas gibt sich unser eins gar nicht erst ab.
Joana: Du hast doch den Laserstrahler, Jonas.
Jonas: Mit dem Laser krieg ich die Tür nicht auf.
Joana: Und mit einem Autodistrukt.
Jonas: Das ginge. Und was machen wir, wenn die Tür auf ist.
Sam: Shot out, Partner. Raus mit dem Laser.
Jonas: Ein einzelner Jonas gegen Kassi und Lumbago, riskant.
Joana: Vielleicht sollten wir verhandeln.
Jonas: Vielleicht. Kassandra Krug macht einen ganz vernünftigen Eindruck. Na bitte. Hallo?
Krug: Bist du das Atlas?
Jonas: Unser gemeinsamer Freund Atlas ist leider verhindert.
Krug: Jonas? Was ist passiert?
Jonas: Tja, wie soll ich mich ausdrücken, vielleicht so: Seit ein paar Minuten sind Sie Kassandra Krug, die reichste Person in Babylon.
Krug: Papilein?
Jonas: Exakt.
Jonas: Wissen Sie, es war so kalt, daher haben wir die Temperatur erhöht, das ist Papi gar nicht gut bekommen. So sieht’s aus, Kassandra. Papi tot, wir drinnen, Sie draußen. Patt.
Krug: Matt, Jonas, Sie, wir brauchen nur zu warten, bis Sie anfangen sich vor Hunger aufzufressen.
Jonas: Sie vergessen was, Kassandra. Wir haben Nachtcafe und ein paar Autodistruktladungen, vom Laser ganz zu schweigen. Es wäre doch schade um ein einmaliges Kunstwerk, ihr wertvollstes Erbstück, Kassandra.
Krug: Was verlangen Sie?
Jonas: Freien Abzug, Schmerzensgeld.
Joana: Für mich auch.
Jonas: Schadensersatz für Joana.
Joana: 100.00 Euros. Mindestens.
Jonas: Und Nachtcafe.
Krug: Was? Kommt nicht in Frage.
Jonas: Sie kriegen das gute Stück ja wieder Kassandra von der Vereinigten Kosmos. Da muß ich es abliefern. Damit die Anklage gegen mich zurückgezogen wird.
Krug: Und was kriege ich?
Jonas: Einen Ärger, mit der Versicherung, mit der Polizei wegen Asmus, und Papis Milliarden natürlich.
Krug: Einverstanden, kommen Sie raus.
Jonas: Ich hatte es ja gesagt, Kassandra Krug war ein kluges Kind, unser Abmarsch ging glatt, vielleicht weil Jonas den Finger am Abzug des Lasers hatte, und die Mündung an Nachtcafe. Sicher ist sicher.
Sam: Happy End und Sonnenschein. Es ist so schön so klein zu sein.
Jonas: Darauf sollten wir was trinken, Joana, im Casablanca. Oder bei mir.
Sam: Oder bei mir.
Joana: Kein Zeit Jonas, ein andermal, ich muß mich ums Geschäft kümmern. Wir sehen uns.
Sam: Tschüß.
Jonas: Wir sahen uns. Wochen später bei der Eröffnung von Joanas neuer Galerie: Nicht mehr Picassos Pinsel. Ars nova, protzig und teuer, in bester Lage am Markgrafenboulevard. Adeba Asmus, ein unbekannter Klassiker, so hieß die große Verkaufsausstellung. Gleich nach unserem Nachtcafeabenteuer hatte Joana angefangen, Bilder von Asmus aufzukaufen, bevor sein Tod bekannt wurde, für ein paar Euros, jetzt kosteten sie das Vielfache. Nicht van Gogh Klasse aber immerhin. So ist das. Ein toter Maler lebt nicht schlecht. Vielleicht sollte ich mich umschulen lassen.
Sam: Hast wohl zu viel Nachtcafe gesoffen du Hirnsklerotiker, merke, immer noch besser ein lebendiger Jonas als ein toter Van Gogh gelle oder wie oder was?
Das war Nachtcafe. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem wirkten mit: Diana Körner, Simone Rethel, Ulrich Beiger, Dirk Galuba, Martin Semmelrogge und viele andere (Claudius Zimmermann, Klaus Neumann, Pascale Schulze, Marc Schulze, Urs Schaudinn, Andreas Wohlrab, Eva Windisch). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Regieassistenz: Holger Buck. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1994). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Pharao
Jonas: Das Ministerium für Kultur war noch das selbe schäbige Gebäude. Nicht weit vom Van-Dusen-Platz. Aber hinter dem schäbigen Schreibtisch im schäbigen Büro saß nicht mehr Dr. Gödel Escherbach, Gott hab ihn selig. Jetzt saß da eine Frau wie eine Stahlfeder: grau, hart, dünn, gespannt.
Schrödinger: Cornelia Schrödinger, M.A., Dezernentin für Museen und kulturellen Austausch. Setzen Sie sich, Herr Jonas.
Jonas: MA?
Schrödinger: Magister Artium. Ein akademischer Titel. Medienwissenschaft Universität Babylon. Und wo haben Sie studiert, Herr Jonas?
Jonas: Uni Feuerland. Nahkampf und Guerillatechnik.
Schrödinger: Der antarktische Krieg. Ich verstehe. Zur Sache, Herr Jonas. Im November 2010, vor rund zweieinhalb Jahren haben Sie für uns einen Auftrag ausgeführt. Sie haben damals ordentliche Arbeit geleistet, Herr Jonas, und vor allem waren Sie recht preiswert. Die Kultur…
Jonas: Die Kultur hat nie Geld, das ist bekannt. Wenn ich Sie wieder mal besuche, Frau Cornelia Schrödinger MA, Dezernentin für Museen und so weiter, dann bringe ich mein Poesiealbum mit, und Sie können mir ihre gute Meinung schriftlich geben. War das alles?
Schrödinger: Nehmen Sie wieder Platz, Herr Jonas, das Dezernat hat einen neuen Auftrag für Sie.
Jonas: So? Aber das sag ich Ihnen gleich, ins wilde Kusbekistan fahr ich nicht noch mal. Eine Todestour ist genug für Jonas.
Schrödinger: Keine Sorge, Herr Jonas. Sie bleiben in Babylon.
Jonas: Und?
Schrödinger: Und was?
Jonas: Ich bleibe in Babylon und tue was?
Schrödinger: Eine Kleinigkeit, Herr Jonas. Sie bringen uns Ramses zurück.
Jonas: Ramses? Welchen Ramses?
Schrödinger: Den zweiten, Herr Jonas. Ramses den zweiten. Sie wissen doch, wer das ist.
Sam: Häh, weiß er nicht, wetten, nie was von gehört, keinen blassen Schimmer, hmhm, also dann, alle mal herhören. Kurze Nachhilfe aus Mayers Brockhaus, für historische Nieten und geistig unterbelichtete. Jawohl, genau Sie sind gemeint, Herr von und zu Jonas. Ramses zwo, Ägyptischer Pharao, geb. um 1300 v.Ch. als Sohn des Pharaos Hegit des ersten, kam an die Regierung 1279 v.Ch., starb 1213 v.Ch., bedeutendster Pharao der 19. Dynastie, immense Bautätigkeit, aggressive Außenpolitik, intensives Familienleben, 100 Frauen, weit über 200 Kinder, huiuit nicht schlecht Herr Specht.
Schrödinger: Was ist das?
Jonas: Mein Taschencomputer, Samuel heißt er kurz Sam oder auch kurz Sammy.
Sam: Ich bin der Geist der stets was weiß.
Jonas: Verbal, wie Sie hören, überverbal möglicherweise, manche meinen, er leidet an verbalem Durchfall.
Sam: Bitte bitte, Diaröh, wenn schon, ja.
Jonas: Und diese Dame, Sammy ist Frau Schrödinger.
Sam: Ma. Alles klar. MA, MB, MC, MC Quadrat, e gleich MC Quadrat. Quod erat demonstrandum.
Schrödinger: Nett, so klein und so laut. Kann man es abstellen.
Sam: Wehe, wehe, sage ich euch, und abermals wehe, so ihr euch solches unterfanget wird über euch kommen heulen und zähneschnattern, äh äh zähneflattern, zähneknattern, zähneplattern.
Jonas: Man kann. So. Wir waren bei Ramses. Hab ich Sie richtig verstanden, Frau Schrödinger MA, ich soll Ihnen einen ägyptischen Pharao zurückbringen, der seit gut 3000 Jahren tot und begraben ist.
Schrödinger: Nicht begraben, Herr Jonas, darum geht es ja gerade. Um die Mumie von Ramses den zweiten.
Jonas: Ja und, sagte Jonas. Und die Dame mit dem akademischen Titel erklärte es ihm. Kurz, in einfachen Worten. Readers Digest für Bildungsbanausen. Im Museum für internationale Kulturgeschichte, gleich neben dem Ministerium, war eine Ausstellung gelaufen. Macht und Magie des Pharaonenreiches. Einmalige Stücke, sagte Frau Schrödinger MA, Leihgaben aus Kairo, Glanznummer war die Originalmumie des alten Ramses II. Des größten aller Pharaonen. Zu 100.000en waren sie geströmt die Babylonier, bis vorgestern.
Schrödinger: Da wurde die Ausstellung geschlossen. Am 6. Juni 2013. Und am nächsten Morgen war die Mumie verschwunden. Zusammen mit ein paar weniger bedeutenden Ausstellungsstücken, Möbel, Schmuck und dergleichen, und zusammen mit dem leitenden Ägyptologen des Museums, Dr. Juniper.
Jonas: Na so ein Zufall. Was sagst du dazu, Sammy?
Sam: A-h-a. Aha.
Jonas: Das denk ich auch. Warum haben Sie sich nicht an die Polizei gewand, Frau Schrödinger MA?
Schrödinger: Unmöglich Herr Jonas die Affäre darf nicht an die Öffentlichkeit dringen, können Sie sich vorstellen, wie die Ägypter reagieren, wenn sie davon erfahren? Es käme zu außenpolitischen Komplikationen, zu innerpolitischen Konsequenzen.
Jonas: Stühle wackeln, Köpfe rollen, z.B. der von Cornelia Schrödinger MA Dezernentin.
Schrödinger: Wir müssen die Sache intern regeln. Aber im Ministerium gibt es natürlich keinen, wie soll ich mich ausdrücken, keinen kriminologischen Experten. Wir brauchen Hilfe von außen. Einen Privatdetektiv.
Sam: O Babylon, du große Stadt, wo’s keine Detektive hat, bloß einen, den meinen.
Jonas: Den einzigen, den letzten. Jonas heißt er. Nur Jonas. Haben Sie Probleme, rufen Sie Jonas, den letzten Detektiv. Jonas macht alles, im Rahmen. Jonas kennt sich aus im großen Dschungel Babylon. Jonas schlägt sich durch, Jonas gibt sich Mühe.
Schrödinger: Wir haben uns an Sie erinnert, Herr Jonas. Leidlich effizient, diskret, billig. 90 Euros pro Tag nicht wahr?
Jonas: 120 plus Spesen. Alles wird teurer, auch ein Privatdetektiv.
Schrödinger: Nun, Herr Jonas, auch das wird sich unter Umständen erschwingen lassen.
Jonas: Wie schön. Es scheint, daß ihr Ägyptologe, dieser Dr. Dr. Dr. wie heißt er?
Sam: Juniper, Juliper, Augustper.
Jonas: Ruhe. Es scheint, daß dieser Juniper Ihren Ramses geklaut hat. Oder wie sehen Sie das, Frau Schrödinger MA?
Sam: Ja, wie sehen Sie das?
Schrödinger: Zwiespältig, Herr Jonas. Einerseits bin ich gezwungen, Ihnen zuzustimmen. Die Sicherungen wurden außer Kraft gesetzt, die Sperren umgangen, die speziell gesicherten Mumienboxen aus Plastiplex problemlos geöffnet, keine Schrammen, keine Einbruchspuren, und Dr. Juniper besaß alle Schlüssel, kannte alle Sicherheitscodes.
Jonas: Verschwunden ist er auch. Klarer Fall sollte man meinen. Einerseits. Und andererseits, Frau Schrödinger MA?
Schrödinger: Andererseits, Herr Jonas, kann ich mir beim besten Willen Dr. Juniper nicht als Erpresser vorstellen. Er ist Ägyptologe, lebt nur für die Wissenschaft.
Jonas: Erpresser, wer sagt was von Erpressung?
Schrödinger: Das hier, Herr Jonas.
Jonas: Ein Fax. Kein Absender.
Schrödinger: Also nicht zurückzuverfolgen. Lesen Sie.
Jonas: Betrifft Austausch Pharao gegen 100.000 Euros in bar, wann, 8. Juni 2013, 23 Uhr. Heute abend. Wo? Babylon Planquadrat OX 13 BQ.
Schrödinger: Das ist an der Grenze zum Reservat, wo das Giganthotel steht. Was haben Sie, Herr Jonas?
Jonas: Judith. Vor einem Jahr war sie umgebracht worden, im Planquadrat OX 13 BQ, und ein paar Tage später hatte Jonas sie gerächt, im Planquadrat OX 13 BQ. Das hatte ich, aber das sagte ich nicht.
Jonas: Entführung einer Mumie zwecks Lösegelderpressung. Sie wollen darauf eingehen, Frau Schrödinger MA?
Schrödinger: Ich muß wohl.
Jonas: Und ich soll den Austausch durchführen.
Schrödinger: Deshalb hab ich Sie kommen lassen, Herr Jonas.
Jonas: Versteh ich nicht. Bei einer so einfachen Kiste. Warum nicht einer ihrer Museumswächter, warum ein wie war das, kriminologischer Experte.
Schrödinger: Es gibt da ein Problem, Herr Jonas, das Geld, die Kultur hat keins, jedenfalls keine 100.000.
Jonas: Wieviel können Sie locker machen?
Schrödinger: 10.000 maximal.
Jonas: Tja, und der Rest.
Schrödinger: Ihre Sache, Herr Jonas, lassen Sie sich was einfallen.
Sam: Papier.
Schrödinger: Papier, was heißt Papier?
Sam: Na was wohl, hochgeschätzter akademisch titulierter Amtsschimmel, Klopapier, Löschpapier, Briefpapier, Buntpapier, mit Nichten und Neffen.
Jonas: Sondern, Sammy?
Sam: Altpapier du Pappkopf. Das Ministerium für Kultur ist eine altmodische Institution, das gibt’s sowas in Mengen. Nicht wahr, gnädige Frau.
Jonas: So machen wir es, Frau Schrödinger MA, setzen Sie einen Hilfsknecht an, lassen Sie Altpapier zuschneiden, Euroformat, dann besorgen Sie einen Koffer. Das Papier nach unten, und oben drauf gut sichtbar die echten 10.000.
Schrödinger: Das schöne Geld. Halten Sie das wirklich für nötig, Herr Jonas?
Jonas: Ein bißchen müssen Sie schon opfern, Frau Schrödinger MA, für Ihren Ramses und für Ihren Stuhl. Ein Fahrzeug brauch ich auch.
Schrödinger: Es wird bereitstehen, mit Koffer und Inhalt, im Hof des Ministeriums, heute abend 9 Uhr 30. Seien Sie pünktlich, Herr Jonas.
Jonas: Ich hätte es mir denken können, das Dienstfahrzeug des Ministeriums war ein altersschwaches E-Motorrad mit Beiwagen, der Koffer war aus Pappe, aber die echten Euros waren drin, und die falschen fielen nicht auf, wenigstens etwas. Nachts, kurz vor 11, Planquadrat OX 13 BQ. Rechts am Horizont der Gipfel des Giganthotels im warmen Schein der Holoprojektionen, links das Reservat, ein unendliches schwarzes Loch, scharfkantige Ruinen, rotierende Nebelspiralen, dunkle Geräusche in der Ferne. Freaks, Nachtmenschen. Ich hatte den Motor abgestellt und wartete unter einer flackernden Straßenlaterne. Sammy sang leise Lili Marlene. Punkt 11 kamen sie. Aus dem Reservat. In einem Panzerwagen. Ein bleicher Riese mit Laserstrahler und eine bucklige Frau. Der Riese sah aus wie ein Klonkiller, er blieb neben dem Wagen stehen, stumm, aufmerksam. Die Frau zog ein längliches Bündel aus der Ladeklappe.
Jonas: Ramses?
Igora: Was denken Sie denn, wer da drin ist, die Bürgermeisterin von Babylon? Typisch Kulturministerium, einen echten Vollidioten haben sie uns geschickt, hoffentlich haben Sie das Geld nicht vergessen, Pinke Pinke, verstehen Sie, Euros, 100.000 Euros.
Jonas: Hier.
Igora: Aufmachen.
Jonas: Wollen Sie nachzählen?
Igora: Wozu? Um uns reinzulegen sind Sie viel zu dämlich. Nehmen Sie sich die Mumie, und grüßen Sie Ihre Chefin schön von meinem Chef, Dr. Frankenstein, und von mir, Igora heiße ich, nicht vergessen.
Jonas: Sie fuhren, zurück ins Reservat, ich fuhr zurück ins Ministerium, mit Ramses im Beiwagen. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Sicher, die Sache war glattgegangen, zu glatt, das machte mir Sorgen. Ich wuchtete die Mumie in Frau Schrödingers Büro, sie war schwer, viel schwerer als ich mir so einen vertrockneten Pharao vorgestellt hatte. Frau Dezernentin wickelte höchstpersönlich die Verpackung ab, und da gab es eine Überraschung. Unter den Bandagen steckte kein toter alter Ägypter, sondern ein toter neuer Ägyptologe.
Schrödinger: Dr. Juniper. Das ist Dr. Juniper.
Jonas: Mit durchgeschnittenem Hals. Deshalb war das Paket so schwer.
Schrödinger: Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen, Herr Jonas? Sie lassen sich 10.000 Euros aus meinem Etat abnehmen, bringen mir dafür die Leiche von Dr. Juniper, und jetzt stehen Sie da und zuckeln die Achseln. Haben Sie die Güte sich zu äußern.
Jonas: Sieht so aus, als ob sie uns reingelegt haben, Frau Schrödinger MA.
Schrödinger: Uns, Herr Jonas? Sie sind reingelegt worden, Herr Jonas, Sie ganz allein, Herr Jonas, Sie haben versagt, Herr Jonas.
Jonas: Immer mit der Ruhe, Frau Schrödinger MA, das war nur die erste Runde, die nächste gewinnen wir. Wir wissen jetzt mehr. Dr. Juniper kann nicht der Drahtzieher gewesen sein, diese Igora mit ihrem Klon…
Schrödinger: Interessiert mich nicht, Herr Jonas, Sie sind gefeuert, Sie Sie Sie kriminologischer Experte für 120 Euros plus Spesen. Wegen krasser Unfähigkeit.
Sam: Nananana.
Jonas: Apropos 120 Euros, die hab ich noch zu kriegen.
Schrödinger: So? Bringen Sie mir Ramses, dann können wir darüber reden, unter Umständen. Die Tür ist gleich hinter Ihnen, Herr Jonas.
Jonas: Na bitte. Mein ungutes Gefühl. Frau Schrödinger MA hatte Recht, Jonas war aufs Kreuz gelegt worden, die Gegenseite auch, aber das tröstete mich nicht. Ich war sauer. Wenn Jonas sauer wird, dann wird er stur. Ich würde am Ball bleiben, das nahm ich mir fest vor, als ich über den nächtlichen van-Dusen-Platz ging. Nicht wegen den paar Euros, jedenfalls nicht nur. Es galt die professionelle Ehre des Privatdetektivs wiederherzustellen.
Sam: Wunderschön gesagt Meister aus dem Munde des Poesiealbum. Vor dem großen Tore steht ein Weihnachtsmann, singt von seiner Lore so schön und laut er kann.
Jonas: Du gehst mir auf die Nerven, Sam, spiel was anders.
Sam: The Time the goes nun by, das ist was auch mein Ei.
Jonas: Gefällt mir auch nicht, Schluß mit dem Gedudel, an die Arbeit, Sam, wo steigen wir ein.
Sam: Ja, a ja, Dr. Juniper, euer Fragwürden, Dr. Juniper selig, blutige Leiche im Postpaket, oder vom Ägyptologen zur Mumie in nur zwei Tagen, Gebrauchsanweisung liegt bei.
Jonas: Schön wär’s. Was wissen wir über Juniper.
Sam: Melde gehorsamst, wenig, Herr Stabsarzt.
Jonas: Hab ich dir nicht gesagt du sollst dich im System des Museums mal umsehen.
Sam: No gewiß doch Sir, hat Sammy auch getan. Brav beflissen und beharrlich.
Jonas: Und?
Sam: Besagter Juniper war ein solcher, welcher niemals nicht auffiel und insofern sich datenmäßig wenig niederschlug. Ein Nobody, wie wir Fremdsprachler zu sagen pflegen.
Jonas: Ein bißchen was wirst du doch gefunden haben.
Sam: Ein babylonisch Sprichwort kündet: Ein kleiner Hund scheißt kleine Haufen.
Jonas: Und was das mit Dr. Juniper zu tun.
Sam: Ganz und gar nichts, Chef, nur so, fiel Sam gerade ein.
Jonas: Dr. Juniper, Sam, schieß los.
Sam: Zu Befehl, losschießen. Juniper, Adalbert, Dr. phil., Ägyptologe am Museum für Internationale
Jonas: Bekannt, Sammy, längst bekannt.
Sam: Es wird gebeten, den Fluß der Gedanken tunlichst nicht zu unterbrechen.
Jonas: Gedanken, hab ich Gedanken gehört?
Sam: Es geht weiter, Damen und Herren, Piep, geb. 22. 2.1963, wohnhaft Museum für internationale Kulturgeschichte.
Jonas: Irrtum, Sammy, da hat er gearbeitet.
Sam: Und gewohnt, euer Vorschnelligkeit, in einem Verschlag neben seinem Arbeitszimmer. Ja, Feldbett, Waschzelle, Kleiderständer. Hobbies: keine. Freund-, Lieb- und Partnerschaften: keine. Privatleben: keines. In Worten: keines. Ende der Durchsaga.
Jonas: Das ist wirklich nicht viel, Sammy.
Sam: Hab ich’s nicht gesagt, Monsignore. Total tote Hose.
Jonas: Wo soll man da anfangen?
Nofretete: Zum Beispiel damit. Jeden Freitag verließ Dr. Juniper das Museum kurz vor 10, und kurz vor 11 kam er zurück.
Jonas: Plötzlich war sie aufgetaucht, aus dem Schatten, geräuschlos, eine junge Frau, apart, irgendwie exotisch, orientalisch, ägyptisch genauer gesagt. Ich beschloß sie Nofretete zu nennen. Irgendwo hatte ich sie schon gesehen, im Planquadrat OX 13 BQ. Vor dem Ministerium? Vielleicht.
Nofretete: Seit etwa einem Jahr tut er das, Freitag vormittag, 10 bis 11.
Jonas: Jeden Freitag.
Nofretete: So gut wie.
Jonas: Woher wissen Sie das?
Nofretete: Wir wissen viel, Jonas.
Jonas: Wissen Sie auch, wohin Juniper gegangen ist? Jeden Freitag 10-11.
Nofretete: Warum nicht hierher?
Jonas: Sie zeigte auf ein Türschild an einem der alten Häuser, die rund um den Platz stehen, ein Messingschild, mit altmodischen eckigen Buchstaben: Sammy knipste seine Lampe an, und Jonas las:
Jonas: Dr. phil. Dr. med. Gloria Zapp, Psychotherapie, Psychologie, Psychogymnastik, alle orthodoxen Schulen, Freud, Jung, Reich, Strunk, bei attestierter Gemeingefährlichkeit staatliche Kostenübernahme möglich.
Sam: Sowas, ist es nicht zu und zu komisch, Frau Nachbarin.
Jonas: Was Sammy?
Sam: Was Sammy, daß die berühmtesten Psychologen nur eine einzige klitzekleine Silbe ihr eigen nennen, namensmäßig betrachtet.
Jonas: Und?
Sam: Könnte dies furiose Kaktum Korrektur könnte dies kuriose Faktum nicht gewisse Rückschlüsse auf die von ihnen gewählte Wissenschaft nahelegen.
Jonas: Halt uns nicht auf. Sie meinen, Juniper ist jeden Freitag zu dieser Psycho… Nofretete? Wo steckt sie denn?
Sam: Verschwunden. So still und klammheimlich wie sie kam. Mysteriös.
Jonas: Du sagt es, Sammy. Glauben wir ihr.
Sam: Da eine erfolgversprechende Möglichkeit uns vorerst mangelt, Exzellenz, folgen wir kühn dem Winke des Schicksals. Duridu didi…
Jonas: Sammy, Wink mit dem Zaunpfahl meinst du. Ja. Also gut, gleich morgen früh.
Jonas: Frau Dr. Dr. Zapp hatte ein handfestes Wesen und einen kräftigen Händedruck, außerdem hatte sie viel zu tun. Aber nicht nur deshalb wollte sie Jonas nichts sagen.
Zapp: Professionelle Diskretion, Herr Jonas. Ärztliche Schweigepflicht. Für Sie Fremdworte, nehm ich an.
Jonas: Kommen Sie mal wieder runter, Frau Doppeldoktor. Ich will ja gar nicht wissen, was Juniper für Meisen oder Macken hatte, ob er Zwangsneurotiker war, oder Bettnässer, ob er nicht mehr Selbstwertgefühl hatte als äh als…
Sam: Als eine durchgesessene Klobrille.
Jonas: Dank dir, Sammy.
Sam: Bitte.
Jonas: Ich brauch nichts als einen ganz kleinen Hinweis, damit ich den erwischen kann, der ihn umgebracht hat.
Zapp: Umgebracht? Dr. Juniper?
Jonas: Dr. Juniper ist tot, Frau Doppeldoktor Zapp.
Sam: Zapp Zapp.
Jonas: Ermordet.
Zapp: Einen Augenblick, Herr Jonas, ich muß meinem Vorzimmerrobot was sagen. Achtung, Freitag 10-11, Termin kann neu vergeben werden. Was Sie mir da erzählen, Herr Jonas, ändert die Situation.
Jonas: Na also.
Zapp: Ein wenig. Lediglich graduell, wenn Sie verstehen was ich meine.
Jonas: Ist Ihnen in letzter Zeit an Dr. Juniper irgendwas aufgefallen, was besonderes.
Zapp: Auf Einzelheiten kann ich natürlich nicht eingehen, er hat zwei, dreimal seinen Termin abgesagt.
Jonas: Warum?
Zapp: Weil er wichtige Besprechungen hatte, mit einer wichtigen Person, hat er behauptet.
Jonas: Sonst noch was?
Zapp: Dr. Juniper war in ausgesprochen guter Stimmung, sehr ungewöhnlich, richtig euphorisch war er.
Jonas: Weshalb?
Zapp: Wegen der Schlacht von Kadesh.
Jonas: Weshalb?
Sam: Schlacht von Kadesh. Ungebildeter Knochen, im Jahre 1274 v.Ch. Ägypter unter Ramses den zwoten.
Jonas: Aha.
Sam: Wider Hetiter unter König Tsatuse, nein falsch, Nuwatali, jawohl der war’s, König Nuwatali, mein Gott die hetetischen Namen.
Jonas: Und wer hat gewonnen? Ramses oder dieser Nuwatali, dieser Hetiter?
Sam: Dies, o mein wißbegieriger Freund, ist bis zum heutigen Tage unbekannt geblieben. Der genaue Ausgang der Schlacht von Kadesh gilt als eines der größten ungelösten Rätsel der Ägyptologie.
Zapp: Genau das hat Dr. Juniper auch gesagt. Und dann hat er erklärt, ganz stolz, das Rätsel der Schlacht von Kadesh und ein paar andere würden in nächster Zeit ein für alle mal gelöst werden, und zwar durch ihn, Juniper und seinen persönlichen Einsatz. Der erste Patient. Ihre Zeit ist um, Herr Jonas. Äh, letzten Freitag hat Juniper mir übrigens eine interessante Frage gestellt. Ob zur Förderung der Wissenschaft auch Dinge getan werden dürfen, die ethisch und juristisch womöglich nicht völlig einwandfrei sind.
Jonas: Und was haben Sie geantwortet, Frau Doppeldoktor?
Zapp: Nichts, die Frage war zu allgemein, und Dr. Juniper lehnte es ab, sie zu konkretisieren.
Jonas: Viel war das auch nicht, aber besser als nichts. Stoff zum Nachdenken, zurück zur Basis, sprich 1Zimmer-Büroapartment, klein aber mein. Ich stieg aus dem Lift, ging über den Korridor, dunkel wie immer, ein intensiver Duft nach Schimmel und kaltem Sojakaff. Wie immer. Soweit nichts besonders. Aber dann ging’s los, kurz vor meiner Tür, Sammy fing an durchzudrehen, plötzlich heulte er los wie ein meschuggenes Nebelhorn.
Sam: Verzeih mir Meister, verzeih deinem armen kleinen Sammy.
Jonas: Was ist los, Sammy?
Sam: Windet sich vor dir im Staub, o Sultan des Weltalls, in Sackleinwand schleicht er einher, Asche häufelt er auf sein mißratenes Haupt, o bitte Beherrscher der Gläubigen nicht aus dem Fenster schmeißen. Nicht in die Schrottmühle.
Jonas: Was ist denn, was hast du?
Sam: Sammy hat, kaum vermag es über die bleichen Lippen zu bringen.
Jonas: Du hast keine Lippen, Sammy, und kein Haupt, und erst recht kein Grund so Theater zu machen.
Sam: Großmächtiger. Sammy was vergessen.
Jonas: Nein.
Sam: Doch, ein signifikantes Faktum im Fall Juniper, Chef, zur Kenntnis genommen, abgelegt und vergessen.
Jonas: Hör auf zu heulen und spuck’s endlich aus dein Faktum.
Sam: Hören ist gehorchen, allgewaltiger Schah. So vernimm denn. Es war zu finsterer Mitternacht im Ministerium, da geschäftige Hände jene Mumie enthüllten, welche keine Mumie war, vielmehr die ermordete Leiche des Dr. Juniper.
Jonas: Sam ist nicht nur eine Heulboje Sam ist auch unter anderem ein Geigerzähler, und der hatte beim Auswickeln was registriert, eine relativ hohe Bequerell-Strahlung aus Bandagen und Leichen. Radioaktivität dieser Größenordnung gibt es in und um Babylon nur an einer Stelle: dem sogenannten Grausektor mitten im Reservat.
Sam: Wo damals die Taschenatombombe hochging. Bumm.
Jonas: Im Grausektor war sie die Leiche, und das hast du mir unterschlagen, Sam. Einfach vergessen. Was mach ich mit dir.
Sam: Wenn Lord Sammy vielleicht ein leckeres Lecithinprogramm erstehen würde.
Jonas: Was war das?
Sam: Was war das? Ah, da fiel ein Stuhl in dero Hoheit Residenz.
Jonas: Da ist jemand, ganz ruhig Sammy… Hände hoch.
Nofretete: Salemaleikum, Jonas, stecken Sie Ihren Laserstrahler weg.
Sam: Das ist meiner.
Nofretete: Ich tu ihnen nichts.
Jonas: Nofretete in meinem Sessel, entspannt, die schönen Beine übereinanderschlagen, inmitten einer sehr viel weniger schönen Unordnung. Alles war geöffnet, umgestürzt, durchwühlt. Was hatte sie gesucht?
Nofretete: Ramses den zweiten.
Jonas: Bei Jonas?
Nofretete: Warum nicht. Jonas hätte sich die Mumie beim Austausch übergeben lassen und dann für sich behalten können, um dann das Ministerium ein zweites Mal zu erpressen.
Jonas: Hätte Jonas, hat er aber nicht.
Nofretete: Davon habe ich mich überzeugt, Jonas. Sie sind sauber.
Jonas: Zu gütig.
Nofretete: Und darum habe ich mich entschlossen, Ihnen, wie sagt man hier, sauberen Wein einzugießen.
Jonas: Gießen Sie los.
Nofretete: Ich bin Ägypterin.
Jonas: Hab ich mir gedacht. Wissen Sie, wie ich Sie getauft habe, vorhin auf dem van-Dusen-Platz? Nofretete.
Nofretete: Danke. Nennen Sie mich ruhig weiter so. Was ist schon ein Name.
Sam: Schall und Rauch. Knall und Rauch.
Jonas: Es reicht Sammy.
Sam: Nein, Schall und Rauch. Shakespeare.
Nofretete: Ich arbeite für unsere Altertümerverwaltung im verdeckten Außendienst.
Jonas: Das heißt, Sie sind ägyptische Geheimagentin.
Nofretete: Wenn Sie es so romantisch ausdrücken wollen, Jonas. Man hat mich nach Babylon geschickt, um auf die Leihgaben für Ihre Ausstellung zu achten, vor allem natürlich auf die Mumie unseres großen König Ramses.
Jonas: Das hat wohl nicht so recht geklappt.
Nofretete: Ich habe meinen Auftrag nicht erfüllt. Ich habe versagt. Wie Sie, Jonas. Jetzt haben wir beide das gleiche Ziel, Ramses den zweiten zu finden, ich schlage vor wir tun uns zusammen, wir teilen unsere Informationen und gehen gemeinsam vor.
Jonas: Einverstanden, teilen wir unsere Informationen.
Nofretete: Sie fangen an Jonas.
Jonas: Nicht doch. Jonas ist Kavalier. Nach Ihnen Nofretete.
Nofretete: Gut. Passen Sie auf. Vor etwa einem viertel Jahr haben Unbekannte versucht, Napoleons Grab im Pariser Invalidendom aufzubrechen, ohne Erfolg.
Jonas: Was hat das mit unserem Fall zu tun.
Nofretete: Warten Sie ab. Etwas später hörten wir von mysteriösen nächtlichen Grabungen in Berlin, auf dem Gelände der alten Reichskanzlei, wo heute das gigantische Denkmal der Vereinigung steht.
Jonas: Sieht aus, als ob jemand tote Herrscher sammelt. Napoleon, Hitler.
Nofretete: Und jetzt Ramses den zweiten. Interessant nicht wahr. Sie sind dran, Jonas, was haben Sie bei der Psychotherapeutin erfahren.
Jonas: Ich sagte es ihr, und ich sage ihr auch, was Sammy mir gerade gebeichtet hatte.
Nofretete: Also in diesen wie hieß das, in diesen Grausektor führt die Spur.
Sam: Im Grausektor aber ist’s fürchterlich, nicht geheuer ist es dort, Geister gibt an jenem Ort.
Jonas: Wirklich Sam.
Sam: Ja, radioaktive Geister. Und über ihnen ragt in den verhangenen Himmel dräuend und grausend der Schecken aller Schrecken, Frankensteins Burg. Ua…
Jonas: Ugarte. Keine schlechte Idee.
Sam: Keine schlechte Idee. Ha. Bravo Sammy, heißt das, gut gemacht Sammy, Danke, Sammy, was würde ich ohne dich tun, Sammy.
Jonas: Ugarte. Dr. Victor Ugarte. Vor Jahren eine leuchtende Hoffnung der Wissenschaft, genialer Genetiker und Mikrobiologe, umworben, hofiert, Lehrstuhl an der Uni Babylon mit 20, Aussicht auf den Nobelpreis, und dann war alles vorbei, ganz plötzlich. Ugarte hatte heimlich für die Korporation gearbeitet, das organisierte Verbrechen, organlose Kuriere hatte er geklont und absolut furchtlose Wegwerfkiller. Das kam raus. Ugarte setzte sich ab in den Grausektor, wo sich kein Polizist hintraut, und da saß er immer noch und forschte und klonte in seinem illegalen Labor.
Sam: Frankensteins Burg heißt sie im Volksmäulchen.
Jonas: Igora kam aus dem Reservat, mit der Mumie und mit einem Klonkiller, ihr Chef heißt Frankenstein. Hat sie gesagt. Alles paßt zusammen.
Nofretete: Ugarte hat die Königsmumie gestohlen mit Junipers Hilfe.
Jonas: Und er hat sie noch. Wozu. Warum.
Nofretete: Vielleicht ist er Sammler.
Jonas: Könnte die Sache was mit Gentechnik zutun haben.
Nofretete: Das wird sich zeigen. Wir werden Frankenstein besuchen, auf seiner Burg.
Jonas: Einfach so, ein gemütlicher Sparziergang in den Grausektor durchs Reservat.
Nofretete: Sie kennen sich da doch aus, Jonas. Oder?
Sam: Und ob er sich auskennt, mein Meister, ein und aus, rein und raus, ja, ein Pfadfinder im Reservat, ein Führer durch die Wildnis, siehe Fall Reservat, siehe Fall Störfalle, siehe Fall Eurodschungel, und so weiter und so fort etc.
Nofretete: Ja, dann ist ja alles in Ordnung. Zeigen Sie mir den Weg auf der Karte, Jonas, wo liegt der Grausektor.
Sam: Da drüben an der Ecke wo die Rosentulpen stehen…
Jonas: Im Südosten von Babylon, mitten in dem großen dunklen Fleck, vor 15 Jahren im Bürgerkrieg ist das ganze Viertel draufgegangen, seitdem existiert es nicht mehr. Offiziell. Inoffiziell ist es das Reservat, eine Wüste aus Stein und Metall, ein Dschungel mit eigenen Gesetzen, wild und gefährlich, am wildesten und gefährlichsten im Grausektor. Ich zeigte Nofretete den Weg durchs Reservat zum Grausektor.
Nofretete: Wir sollten sofort aufbrechen Jonas.
Jonas: Augenblick, nicht so schnell, erst helfen Sie mir beim Aufräumen.
Nofretete: Wenn Sie darauf bestehen, aber vorher sollten wir anstoßen auf das Team Nofretete/Jonas.
Sam: Und Sammy.
Nofretete: Gibt’s hier was zu trinken.
Jonas: Bürowhisky, wenn Sie die Flasche nicht ausgekippt haben, o haben Sie nicht, die Gläser sind auch noch ganz, also dann cherio. Auf gute Zusammenarbeit, Nofretete.
Nofretete: Auf gute Zusammenarbeit, Jonas.
Jonas: Sie trinken ja gar nicht, Nofretete, warum trinken Sie nicht?
Jonas: Ich fiel, vom Schreibtisch auf den Fußboden, durch den Boden, tiefer, immer tiefer, bis nichts mehr da war, kein Boden, kein Jonas. Im meinem Kopf tobte die Schlacht von Kadesh. Mal gewannen die Ägypter, mal die Hethiter. Jonas verlor immer, das war nicht fair. Ich machte die Augen auf. Ich lag auf dem Fußboden in meinem Büroapartment. Die Schlacht tobte immer noch. Nur daß es nicht die Schlacht war, es war Sammy.
Sam: Tatatatä. Erhebet euch ihr Gläubigen, strömet zu Hauf, na los, komm schon endlich hoch du nasser Sack, kikeriki, erwachet, erwachet, er krähte der Hahn, die Sonne betritt ihre güldene Bahn. Kikeriki.
Jonas: Der Hahn heißt Sam. Und das mit der Sonne stimmt schon gar nicht.
Sam: Theo gratias, Halleluja. Halleluja.
Jonas: Wie spät haben wir’s?
Sam: Er ist wieder da, er ist wieder bei sich, er ist wieder bei Sammy, mein Jonasle, Jonas der große, der einzige, der unnachahmliche.
Jonas: Jajaja wie spät.
Sam: Höre Jonas laß dir sagen, unsere Uhr hat 6 geschlagen, und äh ja und 7 Minuten und 23 Sekunden.
Jonas: Abends?
Sam: Na, Mitternachts wird’s sein.
Jonas: Das heißt ich war fast 8 Stunden abgetreten. O… O Gott. Da hat mir die liebe Nofretete ein Teufelszeug in meinen Whisky gekippt.
Sam: Gelinkt hat sie meinen Meister, lahmgelegt, kaltgestellt, pfui spinne wat fies, damit sie ihren Ramses ganz allein holen kann.
Jonas: Viel Glück, das braucht sie.
Sam: Wie dürfte ich das verstehen, Sir?
Jonas: Oh, ich hatte so ne Ahnung, und darum hab ihr einen ganz besonders interessanten Weg durchs Reservat gezeigt, über Turkistan, vorbei am Hauptquartier der Straßensamurai und an den Höhlen der Nachtmenschen.
Sam: Ja, das schafft sie nie, die linke Lola. Clever, und da bist du ganz alleine draufgekommen, du Dünnbrettbohrer.
Jonas: Wer sich auskennt, kommt problemlos ins Reservat, weil er weiß, wo die Lücken im Dom sind, und die vergessenen Unterführungen, und im Reservat kennt er die versteckten Wege durch die Trümmer. Und wenn er dann noch Glück hat, kommt er durch. Gegen Mitternacht war ich im Grausektor, Radioaktivität bedenklich, aber nicht lebensgefährlich. Sagt Sam. Passendes Wetter, heftiger Regen, Blitz und Donner, die Klimaregulierung spielte verrückt, das tut sie hier immer. Um Jonas graue Hügel, eintönig und unheimlich, und darüber, blitzumzuckt, ein hohes finsteres Gebäude.
Sam: Frankensteins Burg.
Jonas: Ugartes Labor, wir sind da.
Sam: Früher war das mal ein Bezirksgericht, gelle, ja, gebaut im 19. Jahrhundert, daher das gotische Brimborium, Zacken, Zinnen, Türmchen. Ja, so was fanden die geil damals. Beachten Sie vor allem die stilechten Spitzbögen Ladys und Gentlemen.
Jonas: Ich denke nicht dran.
Sam: Und woran sofern die Frage erlaubt wäre, denken Eminenz falls überhaupt.
Jonas: Wie kommen wir rein, daran denke ich.
Sam: Ja, gute Frage, Kumpel, laß uns mal überlegen.
Jonas: Türen und Fenster sind out, Sammy.
Sam: Ja, da scharf bewacht und streng gesichert, daccord Monsieur.
Jonas: Übers Dach.
Sam: Hubschrauber weniger zu empfehlen.
Jonas: Also von unten, durchs Abwasser, wie seinerzeit in Nirwana.
Sam: Fall Spielwiese. In dem daß die Abwasserleitung hiesigenorts zu ebener Erde verläuft und sich in einem bewachten Zustand befindet. Jedoch.
Jonas: Sam hatte in eine Idee. Ab und an ist er wirklich zu brauchen. In alter Zeit stand gegenüber vom Gericht das Untersuchungsgefängnis, und dazwischen lief ein unterirdischer Gang, damit die Angeklagten sicher vor den Richter gebracht werden konnten. Sam wußte das. Sam weiß viel. Er wußte auch, welcher Trümmerhaufen das ehemalige Gefängnis war, und wo Jonas im Schutt wühlen mußte, um den Gang zu finden. Eine Stunde später waren wir unter der Erde, es war eng, etwas muffig, aber sauber und hell. Sammy ließ sein Licht leuchten auf glatte Wände, die nur einmal unterbrochen waren, durch eine Metalltür mit einem wohlbekannten Zeichen:
Jonas: Drei schwarze Speichen im gelben Kreis, hierdurch geht’s ins alte Atomschutzsystem, Sammy. Fall Schneewittchen, weißt du noch.
Sam: Ah Herr Hofrat, ich bitt Sie, wird Sammy auch nur einen einzigen Fall seines Jonas vergessen.
Jonas: Vorsicht, Sam, ich sag nur Lecithin.
Sam: Ja, nur zu, brutaler Folterknecht, dreh an der Schraube, reibs ein, schmier’s dem armen Sam aufs Butterbrot, immer und immer wieder, ich werd es ertragen sieben Jahr, ich werd es ertragen.
Jonas: Tu das Sam. Weißt du, was die Tür bedeutet. Wir haben einen Fluchtweg, schnell und gefahrlos unter dem Reservat direkt nach Babylon. Falls du den Öffnungscode kennst.
Sam: Ha. Kennt Sammy sein Einmalseins? Sein Alphabet.
Jonas: OK. Merken für nachher, wir werden’s dann vermutlich eilig haben. Weiter.
Sam: Drei vier. Das Wandern ist das Jonas Lust, das Wandern…
Jonas: Der Gang endete an einer schmalen Treppe, 30 Stufen steil nach oben, dann ein kleiner Absatz, rechts und links Wände, darin je eine hölzerne Schiebetür. Undeutliche Geräusche hinter der linken Tür. Ich schob sie vorsichtig zurück, kroch durch die Lücke und war in einer Art Kanzel, zwei mal zwei Meter. Unter einer hohen Gewölbedecke. Was war das?
Ugarte: Gut so. Macht sich, macht sich. Sehr schön.
Sam: Großer Verhandlungssaal, Herr Vorsitzender.
Jonas: Und diese Kanzel.
Sam: Angeklagten.
Jonas: Ach so. Ob ich mal über den Rand kucke?
Sam: Vorsicht, euer Ehren, Klavier, piano, pianissimo.
Jonas: Der Saal war voll. Voll mit Geräten, Maschinen, Apparaten, Instrumenten, Konsolen, Röhren, Gläsern. Retorten. Alles brummte und summte, dampfte und stampfte, tickte, brodelte und kochte, Elektroöfen zischten, bunte Lichter zuckten. Frankensteins Labor. Wie im Kino. Mittendrin zwei Figuren in weißen Kitteln, eine klein und bucklig, Igora. Neben ihr ein Mann, groß, etwas gebückt, fahrige Bewegungen, stechende Augen hinter dicken Brillengläsern, wirre lange Haare, die um seinen Kopf standen wie ein pervertierter Heiligenschein. Das mußte er sein. Frankenstein persönlich, Dr. Victor Ugarte.
Ugarte: Gut machen sie sich, unsere kleinen Adolfs, Igora.
Igora: Wundervoll, Herr Doktor, ganz wundervoll.
Ugarte: Sie blühen, sie gedeihen. Die neuen Nährlösung scheint ihnen besser zu bekommen.
Igora: Viel besser, Herr Doktor. Viel viel besser.
Ugarte: Der kleine, dicke hier, ist das nicht ein Prachtexemplar. Kann man nicht schon fast seinen Schnurrbart erkennen?
Igora: Vollbart, Herr Doktor, Rauschebart.
Ugarte: Red keinen Unsinn, Igora. Was macht unser Sonderfall, unser Sorgenkind.
Igora: Herr Doktor meinen den Pharao?
Ugarte: Wen denn sonst. Ißt er?
Igora: Jawohl, Herr Doktor, aber sprechen tut er immer noch nicht.
Ugarte: Ich seh ihn mir mal an.
Jonas: Beide gingen durch eine Tür, direkt unter meiner Kanzel. Jonas ging auch, das heißt er kroch, zurück durch die Schiebetür, über den Absatz, durch die rechte Schiebetür: Und da war ich wieder auf einer Kanzel, über einem Saal, der kleiner war als der erste. Und in dem es ganz anders aussah.
Sam: Ägyptisch.
Jonas: Wenn du das sagt, Sammy.
Sam: Ja, Thronsaal eines Pharao. Neues Reich, 19. Dynastie.
Jonas: Glaub ich dir unbesehen. Hier sind sie also gelandet die Stücke aus der Ausstellung. Aber wo ist die Mumie?
Sam: Ja, wo ist die Mumie? Auf dem Thron.
Jonas: Nein, Sammy, das ist ein Mensch, eben hat er den Arm bewegt.
Sam: Ja und?
Jonas: Ein Mann, groß, mager, dunkelhäutig, mit ausgeprägter Hakennase und einem langen schmalen Kinnbart. Er trug einen Lendeschurz und auf dem Kopf einen hohen runden Aufbau, ein bißchen wie eine Bischofmütze. Und nach Bischof sah auch der kurze Krummstab aus, den er in der Hand hielt. Er saß da, steif und fast regungslos und sah vor sich hin. Auf Ugarte, der vor ihm herumfuchtelte, reagierte er überhaupt nicht.
Ugarte: Sag mal, Ramses, was soll das, was denkst du dir? Gerade mit dir habe ich mir ganz besondere Mühe gegeben.
Igora: Und auch hohe Kosten haben Herr Doktor nicht gescheut.
Ugarte: Sehr richtig, Igora. Kosten Mühen und Zeit. Ich mußte diesen Idioten Juniper kultivieren, sein Vertrauen gewinnen, ihm anvertrauen, daß ich aus der Mumie von Ramses II. eine genuine Kopie des alten Pharao klonen kann.
Igora: Und wie Herr Doktor das können, phänomenal.
Ugarte: Ich habe ihm erzählt, daß so eine Kopie ihm alle Fragen über den echten Ramses beantworten kann, wer die Schlacht von Kades gewonnen hat, und was weiß ich noch alles.
Igora: Und das hat er Herr Doktor wirklich geglaubt?
Ugarte: Als ob ein Klon die Erinnerungen des Originals behält, ein Trottel, der Mann, keine Ahnung von Genetik. Als er mir die Mumie brachte und merkte, was ich wirklich vorhatte, da machte er mir eine Szene.
Igora: Eine Frechheit Herr Doktor, eine bodenlose Frechheit.
Ugarte: Dafür ist er ja auch bestraft worden, Igora, und ich, ich habe die Mumie präpariert und zerlegt, das Genmaterial isoliert, nach der PCR-Methode kopiert und da mir mehr als ausreichend DNA-Substanz zur Verfügung stand, habe ich dich produziert, Ramses. Du bist ein Pharao, ein Autokrat, ein Tyrann, ein blutdürstiger Krieger. Benimm dich gefälligst auch so.
Igora: Alarm, Herr Doktor.
Ugarte: Geh ans Fon, Igora, frag die Sicherheitszentrale was es gibt.
Igora: Ja, was ist los? Aha? Jemand hat versucht, ins Institut einzudringen Herr Dr.
Ugarte: Wer hat es gewagt. Man bringe ihn zu mir.
Igora: Sie. Herr Doktor, es ist eine Frau.
Jonas: Auftritt zwei riesige Klonkiller mit Lasern, zwischen ihnen, Sie haben es erraten, Nofretete, sie hatte es tatsächlich geschafft. Respekt trotz allem. Sie sah sich um, verwirrt zuerst, dann immer stärker beeindruckt. Fast verzückt, riß sich los, lief zum Thron, fiel auf die Knie.
Nofretete: Majestät, o großer Pharao, sieh gnädig herab auf deine Dienerin.
Ugarte: Machen Sie sich nicht lächerlich. Das ist nur ein Klon: Ein Produkt. Vor mir sollten Sie knien. Ich hab ihn geschaffen, einen lebendigen Pharao aus einer toten Mumie, und das ist erst der Anfang, wenn erst die vielen kleinen Adolfs reif geworden sind, und bald, sehr bald werde ich in den Osten aufbrechen, ins Eldorado der Tyrannen, Lenin, Stalin, Iwan der Schreckliche, Dschingis Khan. Tamalan. Durch mein Genie werdet ihr zu neuem Leben, neuen Untaten erwachen.
Igora: Bravo, Herr Doktor, bravissimo.
Ugarte: Man hat mich verfolgt, man hat mich gedemütigt, meine Karriere hat man vernichtet, mein Leben zerstört, ich werde mich dafür rächen. Babylon, Europa, die ganze Welt wird erfahren, wozu Dr. Victor Ugarte fähig ist. Ich klone Welteroberer, Diktatoren, Tyrannen, Massenmörder, Blutsäufer, es werden mehr werden, immer mehr, viele, und wenn die Zeit gekommen ist, werde ich, Dr. Victor Ugarte, meine schwarzen Heerscharen, meine apokalyptischen Horden auf die Menschheit loslassen. Ein Chaos wird ausbrechen, eine globale Katastrophe, die Greuel der Verwüstung. Heulen und Zähneklappern, Berge von Leichen, Ströme von Blut. Armageddon, Götterdämmerung, Weltuntergang.
Sam: Total beknackt dieser Klon…
Ramses: Amun steh mir bei, was für ein melodramatischen Monolog, ein richtiges, verzeihen Sie Dr. Ugarte, ein richtiges Schmierentheater.
Igora: Ramses, der kann sprechen, Und wie, Herr Doktor, wie ein Buch.
Sam: Ne, wie ein Computer.
Ugarte: Wie redest du mit mir, Ramses, du bist mein Geschöpf, was ich befehle führst du aus.
Ramses: O nein, Dr. Ugarte, rechnen Sie bitte nicht mit mir, ich finde ihr Weltuntergangsszenario abgeschmackt. Makaber, richtig krank. Außerdem kann ich kein Blut sehen.
Ugarte: Wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken, Igora. Ramses ist ein Fehlschlag. Viel zu brav, kein Tyrann, wie wir ihn brauchen. Was über Ramses II. in den Geschichtsbüchern steht, ist offenbar stark übertrieben. Wir werden ohne ihn auskommen müssen. Programm Adolf wird intensiviert. Viel zu tun, viel zu tun.
Igora: Und die Frau, Herr Doktor, die Einbrecherin?
Ugarte: Bringen sie um, Igora.
Igora: Mit meinem kleinen scharfen Messer, Herr Doktor, wie Juniper.
Ugarte: Genau so, Igora, zeig diesem entarteten Pharao wie Menschenblut aussieht.
Igora: Komm, komm mein Täubchen, komm zu Igora. Igora wird dir deinen schönen Hals abschneiden von einem Ohr zum andern mit ihrem kleinen scharfen Messer.
Ramses: Zurück. Ich bin der Pharao, ich werde nicht dulden, daß meiner Dienerin Leid geschieht.
Igora: Misch du dich nicht ein Ramses, sonst bist du der nächste. Haltet sie fest.
Sam: Sollten wir einschreiten, mein über den Dingen schwebender Jonas.
Jonas: Du hast Recht, Sam, es wird Zeit. Laserstrahler. Igora und zwei Klonkiller.
Jonas: Tot. Alle drei. Meisterschütze Jonas hopste über die Kanzel. Nofretete war keine Amateurin. Sie lief sofort zur Tür, drehte den Schlüssel um. Keine Sekunde zu früh.
Ugarte: Igora, was ist passiert.
Nofretete: Nun tun wie uns also doch noch zusammen, Jonas. Teilen wir unsere Ressourcen. Was haben Sie beizusteuern?
Jonas: Meinen Laser und einen Hinterausgang plus Fluchtweg. Und Sie Nofretete?
Ugarte: Aufmachen.
Nofretete: Ich, das hier.
Jonas: Eine Superminibombe mit einstellbarem Zeitzünder. Sehr gut.
Nofretete: Zum Glück haben sie mich nicht durchsucht.
Sam: Die Zeit drängt, verehrte Anwesende. Stell den Knaller ein, eine viertel Stunde sollte reichen, na los versteck ihn und dann ab und durch die Middle.
Jonas: Und Ramses, nehmen wir ihn mit.
Nofretete: Mein Pharao. Komm zurück.
Sam: Ja wo ist er denn.
Jonas: Ramses schritt zur Tür. Kopf hoch, Arme über der Brust gekreuzt, feierlich, jeder Zoll ein Pharao. Ugarte und seine Klonkiller hatten ein mächtiges Loch in die Füllung geschlagen. Ramses blieb davor stehen, majestätisch hob er den Krummstab.
Ramses: Im Namen Amuns, in meinem eigenen Namen, ein Gott bin wie er, im Namen aller Götter Ägyptens, fort mit den Waffen, in den Staub, das befiehlt euch Ramses, der Sohn des Rah, der da geliebt wird von Amun, Ramses der große Pharao.
Jonas: Nofretete, was ist mit der Bombe.
Nofretete: Eingestellt und versteckt.
Jonas: Dann los, hier auf die Kanzel, beeilen Sie sich. Auf die Kanzel.
Nofretete: Armer Ramses. Armer Pharao.
Jonas: Eine Viertel Stunde später, in einem Gang des unterirdischen Atomschutzsystems Richtung Babylon. Jonas ging voran, dahinter Nofretete, Sammy in meiner Hand leuchtete. Wir hatten es eilig. Aus gutem Grund.
Sam: Adio Frankensteins Burg. Adios Frankenstein. Alias Dr. Victor Ugarte.
Jonas: Adios Ramses. Ein Jammer, daß wir ihn nicht retten konnten, Nofretete, und seine Mumie schon gar nicht, aber die hat Ugarte schon vor Tagen zerschnipsle und zu Genmaterial verarbeitet. Nofretete? Nofretete?
Sam: Nofreretetete? na, verschwunden, die flüchtige, wieder einmal.
Jonas: Und diesmal für immer. Mir sollte es recht sein. Als ich zuhause war, rief ich Frau Schrödinger M.A. an, wollte ihr erzählen, wie der Fall ausgegangen war, wer dahinter gesteckt hatte und warum. Aber sie wollte es nicht hören.
Schrödinger: Interessiert mich nicht, Herr Jonas, absolut nicht, das hab ich Ihnen schon mal gesagt. Mich interessiert nur eins. Was ist mit Ramses?
Jonas: Erschossen, Frau Schrödinger, MA.
Schrödinger: Was?
Jonas: Was ist mit meinem Geld?
Schrödinger: Reichen Sie Ihre Rechnung ein.
Jonas: Was?
Schrödinger: Ich habe einen großen Papierkorb.
Jonas: Natürlich kriegte Jonas keinen Euro. Frau Schrödinger MA kriegte was, einen neuen Posten. Sie wurde nach Albanien versetzt zur Regionalverwaltung historisch wertvoller Zwergkirchen.
Sam: Und da soll sie bleiben, bis sie schwarz wird, das walte Hugo, Amen Bmen, Batman.
Das war Pharao. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Außerdem wirkten mit: Christiane Bachschmidt, Ulrike Kriener, Elisabeth Volkmann, Hans Stetter und viele andere (Elisabeth Endriss, Karl Friedrich). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Regieassistenz: Holger Buck. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1994). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Paranoia
Sam: Zwei Knaben gingen durch das Korn…
Jonas: Nicht schon wieder.
Sam: Der eine bluß das Klappenhorn.
Jonas: Nein!
Sam: Doch. Er konnt’s zwar nicht gut blasen, doch blus er’s einigermaßen.
Jonas: Freut euch des Lebens.
Sam: Ja, wahrlich freuet euch und abermals freuet euch, denn siehe, Großmutter wird mit der Sense rasiert. Ole. Hahaha.
Jonas: Sam hatte sich einen Virus eingefangen, den berüchtigten Klapphornvirus, weiß der Teufel, wo er sich rumgetrieben hatte. Sam ist mein Computer. Klein, aber laut, eine Nervensäge schon ohne Virus, und mit Virus gar nicht mehr auszuhalten.
Sam: Und ferner steht geschrieben im Buche des Klapphorns: Zwei Knaben suchten emsiglich am Baum nach einem Apfel. Sie fanden keinen Apfel nicht.
Jonas: Der Baum, das war ne Pappel. Hallo.
Koslowski: Was sagten Sie?
Jonas: Ich sagte Hallo.
Koslowski: Ach. Herr Jonas?
Jonas: Nicht ausgeschlossen.
Koslowski: Der Detektiv?
Jonas: Könnte sein. Und wer oder was sind Sie?
Koslowski: Vielleicht eine Klientin. Falls Sie mich heute noch aufsuchen. Hotel Tivoli, Babylon Ost, Löwengrube 28, Zimmer 42.
Jonas: Heute noch. Wissen Sie, wie spät es ist?
Koslowski: Selbstverständlich weiß ich, wie spät es ist. 22 Uhr 27. Sie sollten sich beeilen, Herr Jonas.
Jonas: Kein Name. Hotel Tivoli, Sammy. Fonnummer. Sam!
Sam: Bitte sehr, bitte gleich der Herr Fonnummer Hotel Tivoli. Piep. 772. A zwei Knaben reisten an den Nil.
Jonas: Ich schalt dich ab, Sam.
Sam: Den andern fraß ein Krokodil.
Jonas: Schluß, Sam. Ende. Punkt.
Sam: Punkt Punkt Komma Strich.
Jonas: Strich drunter. Aus. Kein Klapphorn, kein Knabe.
Sam: Zwei Knaben, Sir. So steht’s geschrieben.
Jonas: Sendeschluß, Sam. Fonnummer Tivoli. Dalli.
Sam: 772583999.
Jonas: In Zimmer 42 wohnte keine Dame. In Zimmer 42 wohnte ein einzelner Herr. Babitsch mit Namen. Baris Babitsch. Seltsam. Verdächtig. Ganz und gar nicht astrein. Trotzdem machte Jonas sich auf die Socken. Alles war besser als im Büro zu hocken und Sams Klapphornversen zu lauschen. Die Löwengrube war eine kleine schäbige Straße in einem kleinen schäbigen Viertel. Hotel Tivoli war nicht klein, dafür um so schäbiger. Ich sah’s mir an, von der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich war allein, dachte ich.
Mann mit Plakat: Das Ende der Welt ist nahe.
Jonas: Sie sagen mir nichts neues.
Mann mit Plakat: Bereuet und tut Buße.
Jonas: Bei Gelegenheit. Gehen Sie weiter, Freund.
Mann mit Plakat: Das Ende der Welt ist nahe.
Jonas: Haben Sie schon mal gesagt, außerdem steht’s auf dem Plakat, das Sie um den Hals hängen haben.
Mann mit Plakat: Dem Untergang geweiht ist unser Raumschiff Erde.
Jonas: Kein Wunder, der Kapitän ist besoffen.
Mann mit Plakat: Schon verlassen die Ratten das sinkende Schiff. Sehen Sie, dort drüben, das helle Fenster im 4. Stock. Hotel Tivoli. Zimmer 42.
Jonas: Da steigt einer aufs Fensterbrett. Der will springen. Halt! Tot. Nichts mehr zu machen. In der Ferne heulten Sirenen. Ich sah mich um. Der Plakatmensch war verschwunden. Gute Idee. Jonas verschwand auch. Es war spät. Und ich hatte keine Lust, mich stundenlang als Zeuge ausquetschen zu lassen. Am nächsten Morgen wollte ich mir Gedanken machen über die anonyme Anruferin, über das Ende der Welt, und über den Selbstmörder in Zimmer 42. Aber ich hatte keine Zeit, weil jemand zu mir kam. Eine Frau, an die 40. Dunkel, wohlgefällig anzuschauen. Sie hieß Lisa Koslowski, sagte sie. Ihre Stimme kam mir bekannt vor. Hatte sie mich gestern abend angerufen?
Koslowski: Das spielt keine Rolle, Herr Jonas.
Jonas: Ach, und was spielt eine Rolle, Frau Koslowski?
Koslowski: Mein Onkel, Herr Jonas.
Jonas: Sieh mal an, der liebe Onkel. Und die übrige Verwandtschaft alles wohlauf.
Koslowski: Ihr Ton…
Jonas: Gefällt Ihnen nicht, ich weiß. Nachdem wir das geklärt haben, sollten wir zur Sache kommen. Warum sind Sie hier, Frau Koslowski?
Koslowski: Weil ich einen Privatdetektiv brauche natürlich. Aber inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich an der richtigen Adresse bin.
Jonas: Sie war. Richtiger ging’s gar nicht. Ich bin Privatdetektiv. Der letzte und darum auch der einzige. In Babylon, der großen Stadt, mitten in den Vereinigten Staaten von Europa. Jonas ist mein Name, nur Jonas. Nicht Philip Marlowe, nicht Sam Spade, nicht Nestor Burma. Ein großer Held bin ich nicht. Ich bin ein Nachfolger. Nehmen Sie mich, wie ich bin, dann tu ich für Sie, was ich kann.
Koslowski: Ich kann es nicht glauben. Onkel Baris hätte so etwas nie gemacht.
Jonas: Was?
Koslowski: Selbstmord. Ich versteh das nicht.
Jonas: Ich verstand es auch nicht. Diese Unterhaltung hatte ich schon mal geführt. Wort für Wort vor 4 Jahren. Mit Judith Delgado. Aber an Judith wollte ich jetzt nicht denken. Judith war tot. Am 19. Juli 2012 hatte man sie erschossen. Vor genau 9 Monaten.
Koslowski: Onkel Baris ist aus dem Fenster gesprungen, sagt die Polizei, gestern abend.
Jonas: Kurz vor Mitternacht. Zimmer 42. Hotel Tivoli. Löwengrube 28.
Koslowski: Korrekt, Herr Jonas.
Jonas: Sie haben mich gestern angerufen, Frau Koslowski.
Koslowski: Das ist nicht ihr Problem, Herr Jonas, Ihr Problem ist, was steckt hinter dem angeblichen Selbstmord, wie ist Onkel Baris wirklich umgekommen, das sollten Sie herausfinden, Herr Jonas, das ist ihr Auftrag.
Jonas: 120 Euros pro Tag und Spesen.
Koslowski: Einverstanden.
Jonas: Name?
Koslowski: Babitsch. Baris Babitsch. 60 Jahre, alleinstehend.
Jonas: Volksrentner?
Koslowski: Wo denken Sie hin, Herr Jonas, Onkel Baris ist, war eine Persönlichkeit von Gewicht, der Leitende Direktor von Sanssouci.
Jonas: Sanssouci. Sorgenfrei. Von wegen Entsorgung. So heißt die Müllkippe von Babylon, draußen vor den Toren, mehr als eine Müllkippe, eine Mülllandschaft. Müllberge. Müllebenen. Müllschluchten von Horizont zu Horizont, viele Quadratkilometer, vollautomatisch gewartet von riesigen Müllmaschinen, Schaufeln und Bagger auf Ketten.
Koslowski: Und da hat er auch gewohnt, Onkel Baris. In Sanssouci. Im Verwaltungstrakt. Gleich neben seinem Büro.
Jonas: Nicht im Hotel Tivoli?
Koslowski: Im Hotel hat er sich erst gestern eingemietet, ganz plötzlich, ohne Gepäck.
Jonas: Aus welchem Grund?
Koslowski: Das weiß ich nicht.
Jonas: Vielleicht sollte ich da ansetzen.
Koslowski: Im Tivoli können Sie sich später umsehen, Herr Jonas, zuerst fahren Sie raus nach Sanssouci, gleich, so schnell wie möglich. Mieten Sie sich ein E-Mobil.
Jonas: Das kostet was, Frau Koslowski.
Koslowski: Auf Spesen natürlich. Brauchen Sie einen Vorschuß?
Jonas: Den braucht Jonas immer. Außerdem brauchte er Rat. Dringend. Im Fall Babitsch stimmte hinten und vorne nichts. Gab es überhaupt einen Baris Babitsch? Als Lisa Koslowski gegangen war, ließ ich Sam nachsehen.
Sam: Boris Klapphorn. Piep. Geboren 13.3.1953. Verstorben, Klammer auf, Suizid Klapphorn zu, 22.4.2013, Klapphornnummer 17357
Jonas: Falls du Bürgernummer meinst, Sammy, die brauchen wir nicht. Funktion.
Sam: Leitender Direktor der staatlich babylonischen Klapphorndeponie Sanssouci.
Jonas: Wenn du noch einmal Klapphorn sagst, Sam, nur noch ein einziges Mal, dann fliegst du aus dem Fenster.
Sam: Aus dem 16. Stock, du Sadist? Da könnte ein Klapphorn leicht Schaden nehmen.
Jonas: Ich geb’s auf. Hat er eine Nichte namens Koslowski?
Sam: Der Baris Klapphorn?
Jonas: Babitsch heißt er, Babitsch, hat er oder hat er nicht?
Sam: Hat er nicht, euer Unbeherrschlichkeit, weder Koslowski noch überhaupt eine Nichte. Zwei Nichten gingen durch das Korn, die eine hinten die andere vorn, ahahaha.
Jonas: Sam aus dem Fenster zu werfen, brachte ich nicht übers Herz, ich stellte ihn ab, dann steckte ich ihn ein und ging. Eine Stunde später saß ich im E-Mobil unterwegs nach Sanssouci, durch die Wildnis, immer gerade aus, auf den hohen Verteilerturm zu, der mitten in der Deponie steht, und auch die höchsten Müllberge weit überragt. Kurz vor 3 war ich da, nach Dienstschluß. Das Verwaltungsgebäude war so gut wie leer. Aber als ich die Tür zum Büro des Direktors aufmachte…
Frank: Nur herein, Jonas, wir warten schon auf Sie.
Jonas: Oberst Frank!
Frank: In Lebensgröße. Machen Sie den Mund zu, Jonas, die Tür auch, und nehmen Sie bitte die Hände hoch. Durchsuchen, Rosencrantz.
Rosencrantz: Zu Befehl, Herr Oberst.
Jonas: Oberst Frank, Chef des babylonischen Geheimdienstes GD. Früher Terrorpolizei. Ein unangenehmer Zeitgenosse. Zweimal hatte Jonas bisher mit ihm zutun gehabt, Fall Todestour und Fall Inselklau.
Frank: Auf ein neues, Jonas, in alter Freundschaft.
Jonas: Passe. Jonas steigt aus.
Frank: Das können wir nicht zulassen, was meine Herrn. Halten Sie ihn fest.
Rosencrantz: Zu Befehl, Herr Oberst.
Jonas: Was wollen Sie von mir?
Frank: Wir haben einen Hinweis bekommen, einen anonymen Hinweis, daß Sie hier aufkreuzen würden. Aber das war uns sowieso klar, immerhin stecken Sie drin bis über die Halskrause.
Jonas: Wo stecke ich drin?
Frank: Aber Jonas, im Fall der sogenannten Selbstmorde natürlich.
Jonas: Wieso sogenannte, und wieso Selbstmorde? Ich kenne nur einen.
Frank: Babitsch meinen Sie? Da sollten Sie sich wohl auskennen, Jonas, schließlich haben Sie den Mann um die Ecke gebracht.
Jonas: Was, ich?
Frank: Sie waren da, Jonas, Hotel Tivoli, gestern nacht.
Jonas: Sie sind gut informiert, Frank.
Frank: Das ist unser Job, Jonas. Jetzt müssen wir nur noch feststellen, für wen Sie arbeiten, obwohl wir das eigentlich auch schon wissen.
Jonas: Würden Sie es mir verraten?
Frank: Spielen Sie nur den Idioten, Jonas, Sie machen das nicht schlecht.
Jonas: Naturtalent, Frank.
Frank: Aber das hilft Ihnen nicht raus. Ich weiß, daß Sie für die Drittwelt arbeiten, für afrikanische und asiatische Terrorgruppen. Sie erinnern sich doch noch an die Kusbekische Befreiungsfront. Ich weiß, daß die hinter allem steckt, was bei uns passiert, auch hinter den Selbstmorden, und das heißt, hinten Ihnen Jonas.
Jonas: Sie spinnen, Frank, Sie sind nicht dicht, paranoid, Berufskrankheit nehm ich an.
Frank: Wir werden uns in Babylon weiter unterhalten, in der Zentrale, da haben wir Experten, die jeden zum Reden bringen, auch Sie, Jonas. Kommen Sie. Rosencrantz, Güldenstern, Sie behalten den Mann im Auge.
Rosencrantz: Zu Befehl, Herr Oberst.
Jonas: Jonas kam mit, ruhig, in sein Schicksal ergeben. So sah es aus, aber vor dem Haus riß ich mich los, rannte um die Ecke, nach hinten, wo mein E-Mobil stand, Start, los, nicht zur Straße nach Babylon, weil Frank das erwartete, in die andere Richtung, zur Deponie, in den Müll, das heißt bis zum Rand, da ließ ich den Wagen stehen, weiter ging’s nur zu Fuß, über Müllberg und Mülltal, eine aufreibende Kletterei, ganz abgesehen vom Geruch, aber es gab schlimmeres, Franks Experten zum Beispiel. Also weiter, immer tiefer in den Müll, wo ich sicher war, dachte ich. Ich dachte falsch. Wie so oft. Ein Geräusch hinter mir, ich drehte mich um und fühlte mich auf einmal sehr klein.
Jonas: Eine Müllmaschine! Sie haben mir eins von diesen Superbaggern nachgeschickt. In 5 Minuten hat er mich, und dann macht er Matsch aus Jonas. Sam, Sammy, ich brauch dich.
Sam: Jaja, abgestellt, angestellt, hüh und hott, ne, erst beschimpfen und dann bitte bitte, ja, das kennen wir. So ist das Leben, eure dialektische Weltweisheit, ein ewiges auf und ab. Wie spricht das Klapphorn.
Jonas: Ich laß dich hier, Sammy, ich schmeiß dich auf den Müll.
Sam: Nicht doch, Freund. Es spricht vergeben und vergessen, das ist Computers Zier. Was steht zu Diensten?
Jonas: Tu was, Sammy, steig ins Kontrollsystem der Deponie, halt ihn an den Leviatan. Kennst du das Codewort.
Sam: Das Sesam öffne dich des Sanssouci-Systems, o du mein Ali Baba, aber gewiß doch, es lautet Klapphorn.
Jonas: So, das reicht, du hast es so gewollt.
Jonas: Plötzlich sackte der Bagger weg, in ein Loch, eine durch Müll verdeckte Fallgrube, und da kam er nicht mehr raus, draußen im Müll Bewegung, Menschen tauchten auf, graue Gestalten, vom Rand der Grube hakten sie auf die gefangene Maschine ein, mit Stangen und Steinen, wie Neandertaler auf der Mammutjagd. Das mußten Trolle sein. Ich hatte davon gehört. Trolle lebten mitten im Müll, von dem was sich bot, auch von Menschen, wenn sie welche kriegten, sagt man. Jonas blieb in Deckung, vorsichtshalber, bis sie den Bagger kurz und klein geschlagen hatte und mit den Stücken abgezogen waren. Dann zog auch Jonas ab. Es wurde dunkel.
Sam: Hallo, Augenblick mal, Chef, Sie haben was vergessen.
Jonas: Nicht das ich wüßte.
Sam: Sam heißt er. Ein Computer ist er.
Jonas: Das Klapphorn meinst du, das bleibt hier, auf dem Müll, ich hab keine Verwendung dafür. Du kannst mir viel erzählen. In dieser Nacht wurde geschlichen. Erst durch den Müll, dann durch die Wildnis. Am frühen Morgen war Jonas wieder in Babylon, mit Sam natürlich, unbeschadet, müde, guter Dinge, vor allem wenn ich an Oberst Frank dachte, der stocherte sicher noch im Müll rum, aber als ich die Tür zum Büroapartment aufstieß, verging mir die gute Laune schlagartig. Ich hatte Besuch gehabt.
Sam: Barbaren, Goten, Skyten, Hunnen, Vandalen.
Jonas: Alles durchgewühlt, alles auf den Kopf gestellt, den Bürowhisky haben sie ausgetrunken, meine letzte Flasche Old Forrester.
Sam: Sie ruhe in Frieden. Mein tief empfundnes Beinkleid den durstgeplagten Hinterbliebenen aus ganzem Herzen.
Jonas: Hast keines, Sammy, trotzdem danke.
Sam: Bitte.
Jonas: Deinem Speicher ist zum Glück nichts passiert.
Sam: Was?
Jonas: Ja, sie haben’s versucht, aber sie konnten ihn nicht knacken, Sam 1 ist eine Festung.
Sam: Nichts passiert? Und diese tiefe Wunde, du gefühlslose Tomate?
Jonas: Ach, das ist nur ein Kratzer, Sam, da schmieren wir bei Gelegenheit ein bißchen Lack drauf. So, fahr mal das Bett aus, Jonas ist müde, aufgeräumt wird später.
Sam: Geschlafen auch. Tatatata. Der Sammy stößt ins Klappenhorn…
Jonas: Geht das schon wieder los.
Sam: Mein Jonas hat hier nicht verloren, er eile flott von dannen, sonst schnappen ihn die Mannen, er eile fix von innen, sonst kriegen ihn die Finnen.
Jonas: Finnen, was für Finnen?
Sam: Naja Rinnen, Zinnen, Spinnen, nur des Reimes wegen.
Jonas: Und wen meinst du in schlichter Prosa, Sam?
Frank: Uns meint er, Jonas. Wissen Sie, wir hatten keine Lust, stundenlang im Müll zu buddeln, statt dessen haben wir es uns bei ihnen bequem gemacht, wir haben ihr Büro ein bißchen umdekoriert, und wir haben gewartet, für alle Fälle, und Sie haben es tatsächlich geschafft, Jonas, trotz Müllmenschen und Müllmaschinen, Respekt Jonas, guter Mann. Ihr Whisky ist übrigens auch nicht schlecht. Rosencrantz?
Rosencrantz: Herr Oberst?
Frank: Verpassen Sie ihm was mit ihrem Neurofreezer, damit er uns nicht noch mal auskneift.
Rosencrantz: Befehl, Herr Oberst.
Jonas: Sie hatten nicht nur Neurofreezer, sie hatten auch weiße Mäntel und eine Bahre, auf die legten sie Jonas. Kein Problem, ich war hilflos, steif wie ein Brett. Sie schleppten mich raus, auf die Straße, da parkte eine Ambulanz, aber sie kamen nicht mehr dazu, mich einzuladen, plötzlich war eine große schwarze E-Limousine da, Aufschrift Bestattungsinstitut Moroni, ein Leichenwagen, ein paar Typen in schwarz sprangen raus, fingen sofort an zu schießen, mit Laserstrahlern. Frank und Co hatten keine Chance. Die schwarzen ließen sie liegen. Jonas klaubten sie auf und stopften ihn in den Leichenwagen. Während sie mich in einen Sarg bugsierten, sah ich durch die offene Klappe einen Mann am Straßenrand, einen Mann mit einem Plakat, auf dem stand: Das Ende der Welt ist nahe. Ich war ganz seiner Meinung. Der Wagen hielt, der Sarg wurde rausgehoben, ein Stück getragen, abgesetzt, geöffnet, und geleert, der Neurofrezereffekt ließ allmählich nach, ich konnte den Kopf drehen. Ich sah mich um. Ein hoher Raum. Feierlich. Schwarz ausgeschlagen. Kirchengestühl, eine automatische Orgel, die vor sich hindudelte, es roch irgendwie fromm nach Weihwasser und Weihrauch. Eine Tür ging auf. Eine Frau trat ein. Lisa Koslowski. So hatte sie sich gestern genannt.
Koslowski: Bleiben wir dabei, Herr Jonas, das ist einfacher. Was ist ein Name.
Jonas: Wo bin ich?
Koslowski: Die konventionelle Frage, wie nett, Sie befinden sich im Bestattungsinstitut Moroni, in der babylonischen Zentrale des GGD, des geheimen Geheimdienstes.
Jonas: Was hab ich mit dem GGD zu tun.
Koslowski: Der GGD hat sich Ihrer bedient, Jonas, Sie benutzt als Lockvogel. Gewissermaßen.
Jonas: Heißen Dank.
Koslowski: Wir haben zu danken, Jonas, durch Sie sind wir ein ganzes Stück weitergekommen. Sehen Sie, seit Monaten macht uns ein Problem zu schaffen: eine Reihe hoher babylonischer Funktionsträger begeht Selbstmord, so scheint es jedenfalls. Zuerst Samson vom Amt für Luftüberwachung und Luftreinhaltung, dann Marschall Medina, der Kommandeur unserer Grenzschutztruppe. Dr. Klaas, Direktor des Rechnungshof, und jetzt Babitsch von der Deponie, eine richtige Epidemie. Es ist uns natürlich klar, daß es sich in Wirklichkeit um Morde handelt und daß der GD dahinter steckt, Frank und seine Leute.
Jonas: Der babylonische Geheimdienst bringt babylonische Würdenträger rum. Völlig klar wie Kloßbrühe.
Koslowski: Der GD ist natürlich unterwandert.
Jonas: Von der Drittwelt.
Koslowski: Unsinn, vom CIA. Von den Amerikanern.
Jonas: Von unseren Verbündeten?
Koslowski: Was heißt das schon? Die USA wollen Europa kleinhalten, verunsichern, destabilisieren.
Jonas: Und welche Rolle spielt Jonas in diesem Szenario?
Koslowski: Wir haben alle möglichen Selbstmordkandidaten beobachtet. Als wir den Eindruck hatten, Babitsch sei der nächste, haben wir Sie ins Spiel gebracht, Jonas, als unbekannte Größe, um den GD aufzuspüren, aus dem Rhythmus bringen, mit durchschlagendem Erfolg, das können Sie nicht bestreiten.
Jonas: Mir schwirrte der Kopf. Das lag nicht am Neurofreezer. Babitsch war nicht ermordet worden, er war aus dem Fenster gesprungen, allein, aus eigenem Antrieb, das hatte ich gesehen, und ich kannte noch einen Selbstmörder aus der Liste. Dr. Klaas, Stammgast im Casablanca. Ich hatte beobachtet, wie er immer verschlossener, immer verstörter wurde, bis er sich erschoß. Zuviel Schlamperei und Korruption in Babylon, zu viel Streß für den obersten Rechnungsprüfer, das stand im Abschiedsbrief, den er dem Casablanca hinterließ, und beim Rest war es sicher ähnlich, alle hatten Jobs mit maximaler Verantwortung und minimalen Erfolgserlebnissen. Die Selbstmorde waren echt, das sagte ich Lisa Koslowski. Aber auf dem Ohr war sie taub.
Koslowski: Sie haben keine Ahnung, Jonas, Sie sind naiv.
Jonas: Lieber naiv als paranoid.
Koslowski: Oder Sie sind ein Provokateur. Sie stecken mit dem GD unter einer Decke. Sie sind ein CIA-Agent.
Jonas: Klar, deshalb hat Frank mich durch den Müll gescheucht und mich mit dem Neurofreezer kaltgestellt.
Koslowski: Alles Theater, Jonas, Ablenkungsmanöver, fast wäre ich drauf reingefallen. Sie sind durchschaut, Jonas, packen Sie aus.
Jonas: Herzlich gerne, wenn ich nur wüßte was.
Koslowski: Auch der GGD hat Neurofreezer, Jonas. Wenn Sie störrisch bleiben, stecken wir Sie wieder in den Sarg, wir richten ihnen eine ergreifende Trauerfeier aus, und dann ab ins Krematorium, das oder Sie reden. Ich gebe Ihnen Bedenkzeit, eine halbe Stunde. Schafft ihn nach nebenan.
Jonas: Nebenan war ein langer schmaler Raum ohne Fenster, eine Birne baumelte von der Decke und warf trübes Licht auf 6 Särge, alle belegt.
Sam: Ein Ambiente wie weiland im Unternehmen Immer und Ewig, erinnert sich mein Herr und Meister.
Jonas: Fall Requiem. Ich weiß, Sammy. Wann war das? 2009. Interessant.
Sam: Fall Requiem meinen Herr Oberarchivar?
Jonas: Ich meine nicht Requiem, ich meine den Toten hier im Sarg, gleich neben der Tür, sieht ein bißchen aus wie Jonas.
Sam: Laß kucken, Kumpel, hmh, männlich, groß, kräftig, gereift, bildschön, naja von letzterem abgesehen das präzise Ebenbild eines nicht unbekannten babylonischen Privatdetektivs.
Jonas: Das eröffnet uns gewisse Perspektiven, Sammy?
Sam: Rollentausch und Kleiderwechsel bzw. Kleidertausch und Rollenwechsel?
Jonas: Genau das, Sammy. Schwerer Fall. Der Doppelgänger.
Sam: Armer Yorrik. Und wie der Mensch angezogen ist. Igitt, ein Frack anno 1950 oder noch früher. Pfui Spinne und Spargel, so was willst du deinem edlen Körper zumuten?
Jonas: Ich wollte nicht, ich mußte, das war die einzige Möglichkeit, heil aus diesem Irrenhaus rauszukommen. Ich zog dem Toten meine Sachen an und setzte ihn ganz hinten in die Ecke. Jonas stieg in den Frack und dann in den Sarg, zog den Deckel zu bis auf einen Spalt und wartete.
Mann: Bedenkzeit ist um, raus mit ihnen, Jonas, los doch, lassen Sie die Chefin nicht warten, seien Sie vernünftig, machen Sie keine Zicken. OK, dann muß ich Sie eben holen. Sturer Bock.
Jonas: Er stapfte nach hinten. Jonas machte den Sargdeckel auf, ganz leise und stieg aus, noch leiser, schlich zur Tür, unhörbar, machte sie von außen zu, drehte den Schlüssel um, schlich weiter durch einen Gang, und dann war ich draußen, so einfach ging das. Aber es blieb nicht so einfach. In meinem Frack war ich so unauffällig wie Schimanski in der Damensauna. Jonas mußte in Deckung und Jonas wußte auch wo. An der nächsten Ecke war ein öffentliches Klo. Ich sauste die Treppe runter, durch die Tür mit der Aufschrift Herren, Sicherheit. Für etwa 5 Sekunden. Bis die Tür der hintersten Zelle aufging und ein alter Bekannter rauskam. Das Ende der Welt. Mit Plakat und mit schußbereitem Laserstrahler.
Mann mit Plakat: Sehr aufmerksam von ihnen, Jonas, Sie kommen freiwillig. Wir brauchen kein Greifkommando auszuschicken. Heben Sie freundlicherweise die Hände. Ja, so danke. Von der Bestattung zum Bedürfnis, ein sozialer Abstieg, könnte man meinen, in Wahrheit ist es genau das Gegenteil. Treten Sie näher, Jonas, durch diese Tür, wenn ich bitten darf, hinter ihr befindet sich keine Toilettenzelle, wie Sie und die Welt vermuten, und vermuten sollen, hinter ihr verbirgt sich die Zentrale des GGGD, des ganz geheimen Geheimdienstes. Kommen Sie, Jonas, nach Ihnen.
Jonas: Was es nicht alles gab in unserer großen Stadt Babylon, untendrunter bessergesagt. Ein weiter Saal, weißgekachelt, klinisch sauber, desinfiziert, rechts und links Schreibtische, darauf Konsolen, davor fleißige Amtsschimmel, mitten im Saal stand ein Kasten aus glänzendem Chrom, 2 Meter im Geviert. Knöpfe, Skalen, Hebel, ein Kabel lief zu einem summenden Aggregat an der hinteren Wand, obenauf ein Fußball ohne Luft, kahl, schrumpelig, Brillengläser aus Panzerglas, ein Hörrohr und ein horizontaler Schlitz, der sich bewegte. Der Schrumpfkopf konnte sprechen.
O: Näher, noch näher. Damit ich Sie besser sehen kann. Damit ich Sie besser hören kann.
Jonas: Damit er mich besser fressen kann.
Mann: Unser Chef, O, nur O.
Jonas: Wie Oweh?
Mann: Sehr witzig.
Jonas: Der Kasten, in dem er steckt, ist das eine Herzlungenmaschine?
O: Ein totaler Körperfunktionsautomat, er hält mich am Leben, er ist mein Leben, ich pflege zu sagen, die Kabelschnur ist meine Nabelschnur.
Mann/O: Hahaha.
O: Ich muß am Leben bleiben, nicht meinetwegen, für den Dienst, den GGGD.
Mann: Für Babylon, Chef, für Europa, für die Welt.
O: So ist es. Ich bin der einzige, der die Welt retten kann. Die beiden anderen sogenannten Dienste, der GD und der GGD sind durch und durch verseucht, unterwühlt, untergraben, unterwandert.
Jonas: Aha, lassen Sie mich raten. Von der Drittwelt. Vom CIA.
O: Ganz falsch. Wer so etwas behauptet, ist schwachsinnig, oder böswillig. Es gibt nur einen Feind, die Verkörperung allen Übels, die Ausgeburt Satans.
Jonas: Und wie heißt er, ihr böser Feind?
O: Wie können Sie fragen, es ist der rote, wer sonst.
Mann: Der Russe, der Iwan, der Bolschewik.
Jonas: Ach was, ich dachte, der kalte Krieg ist vorbei, seit fast einem Viertel Jahrhundert.
O: Das will man uns einreden, aber es ist nicht wahr. Das sogenannte Ende des sogenannten Ostblocks ist ein gigantisches Täuschungsmanöver.
Mann: Ein hinterhältiger Trick, um uns ins Sicherheit zu wiegen.
O: Sie sind zu allem fähig, diese Teufel.
Mann: Hinter den Selbstmorden stecken sie ja auch.
O: Den sogenannten Selbstmorden.
Mann: Selbstverständlich, Chef, verzeihen Sie.
Jonas: So was hab ich mir gedacht. Dann wäre ja wohl alles geklärt.
O: Bis auf eines, wer sind Sie?
Jonas: Ich? Jonas, nur Jonas. Privatdetektiv, der letzte.
O: Ihre Legende interessiert mich nicht. Wer sind Sie wirklich?
Jonas: Und wenn ich Ihnen sage, daß ich wirklich Jonas bin, nur Jonas.
O: Zwecklos, absolut zwecklos.
Mann: So dumm sind wir nicht, was Chef?
Jonas: Dann muß ich Ihnen wohl reinen Wein einschenken. Jawohl, ich bin Russe, Jonas Jonasowitz Jonasenko, Oberst im KGB.
Mann: Ein ganz dicker Fisch.
Jonas: Ich bin aber noch mehr. Ein Wechselbalg gezeugt von Gorbatschow mit einer Baba Jaga, ein schwarzer Magier, im Dienst der roten Revolution.
O: Ja, weiter!
Jonas: Es lebe die Diktatur des Proletariats, es lebe der 1. Parteitag der KPdSU, Bolschewiki, es lebe der 2. Parteitag, es lebe der 3., der 4., es lebe mein Taschenmesser.
O: Ihr Taschenmesser?
Jonas: Das habe ich an Ihrer Kabelnabelschnur. Ein kurzer Schnitt.
O: Nein, bitte nicht, ich tu alles, was Sie wollen.
Jonas: Das hörte Jonas gern. Als erster wollte er einen Laserstrahler, dann wollte er raus. Das war schwierig. Vorne ging’s nicht, auf der Straße lauerten die Leichenbitter vom GGD.
Sam: Preisfrage, was tut Meister Lampe, wenn Meister Reinike vor seinem Bau umherstreicht.
Jonas: Weiß nicht, Sammy, Klapphornblasen?
Sam: Er geht hinten raus, Karnickel, verschwiegene Establishments pflegen geheime Ausgänge aufzuweisen.
Jonas: Gute Idee, Sam. Wo ist hier die Hintertür? Na?
O: Nicht schneiden, bitte nicht! In der Rückwand neben dem Aggregat.
Jonas: Ich seh nichts.
O: Das können Sie auch nicht. Wir haben den Ausgang mit einer Holoprojektion der Wand zugedeckt.
Jonas: Abschalten. Wird’s bald.
O: Schalten Sie das Holo ab, Agent 07, schnell.
Sam: Aber hurtig.
Jonas: Rechts vom Aggregat verschwand ein Stück Kachelwand, dafür erschien eine kleine Tür. Agent O7 alias Ende der Welt schloß sie auf. Jonas ging rückwärts, Laserstrahler in der rechten Hand, die linke am Kabel. Ein kurzer Blick durch die Tür. Ein paar Stufen, unten ein breiter Abwasserkanal, der dritte Mann ließ grüßen, vor der untersten Stufe lag ein Schnellboot.
O: Das Boot ist aufgeladen und startbereit, falls die Russen uns überrollen.
Jonas: Seit Jahren haben die nichts anderes im Sinn. Die Schlüssel.
O: Geben Sie ihm die Bootsschlüssel, O7.
Jonas: Danke. Den Schlüssel zur Hintertür auch. So, und jetzt bleiben alle ganz brav da, wo sie sind. Keiner rührt sich, sonst stehen morgen in Holotext zwei interessante Anzeigen: Durch Laserstrahl beschädigter Funktionsautomat billig abzugeben wegen Todesfall. Und
Sam: Beim ganz geheimen Geheimdienst ist die Stelle des Chefs neu zu besetzen. Paranoia Bedingung. Sinilität angenehm.
Jonas: Ins Schnellboot und weg, mit aufgeblendetem Scheinwerfer und schäumender Bugwelle durch die zähe dunkle Brühe. Sam war Navigator. Sam kannte sich aus in der Unterwelt von Babylon. Sam kennt sich überall aus. Kein Wunder, wenn man sich in praktisch jedes System einklinken kann. Wir fuhren ab von Hauptkanal durch ein Labyrinth kleiner Seitenkanäle, einer davon weitete sich aus, zu einem Teich, da machten wir halt. Zeit für a) Bestandsaufnahme b) Zukunftsplanung.
Sam: Ein idyllisches Plätzchen, Herr Oberförster.
Jonas: Für einen Koprophilen Kongreß.
Sam: Haha, kuck mal, der kann Fremdwörter, der Kakopluile.
Jonas: Nur kein Neid, Sam, du denkst wohl, du bist der einzige, der große Töne spucken darf.
Sam: Ruhe im Saal, bitte Ruhe. Die Sitzung ist eröffnet. Thema wie so oft. Was nun. Punkt 1 der Tagesordnung: Wohin oder präziser, welcher Aufenthaltsort verspricht Zuflucht und Sicherheit.
Jonas: Wenn ich das wüßte.
Sam: Siehste.
Jonas: Drei Geheimdienste sind hinter Jonas her. Der GGGD hält mich für einen russischen Spion, der GGD denkt, ich bin vom CIA, und der GD…
Sam: Ist erledigt, fini, Strich drunter.
Jonas: Glaub ich nicht, Sammy, sicher, Oberst Frank ist tot.
Sam: Desgleichen Rosencrantz und Güldenstern.
Jonas: Na und? Im GD gibt’s noch viel mehr Leute, die haben Jonas auf der Abschußliste als Drittweltagenten.
Sam: Kurz und knapp. Bis auf weiteres können Exzellenz sich in Babypsilon nicht sehen lassen.
Jonas: Büro ist out, Casablanca is out.
Sam: Straßen, Häuser alles out, megaout, outer geht’s nicht.
Jonas: Und hier unten können wir auch nicht ewig bleiben.
Sam: Warum denn nicht, mein subterraner Robinson, ist doch ganz gemütlich.
Jonas: Ach, und der Gestank.
Sam: Hach, stört Sammy überhaupt nicht.
Jonas: Weil du keine Nase hast, aber vom Duft mal ganz abgesehen, hier unten fehlt einfach alles, was der Mensch so braucht, kein Sauerstoff.
Sam: Ja gibt’s oben auch nicht.
Jonas: Nichts zu essen, kein Whisky.
Sam: Keine Geheimdienste mit Verfolgungswahn.
Jonas: Die werden noch früh genug kommen, apropos, die Typen vom GD, GGD, GGGD sind wirklich paranoid.
Sam: Jaja total beknackt, absolut bescheuert, echt bekloppt.
Jonas: Die glauben, was sie sagen, mit Vernunft und gutem Zureden ist da nichts zu machen.
Sam: Andererseits, werter Kollege und Vorredner, erscheint es als ebenso unmöglich, sich den Verfolgern auf Dauer durch die Flucht zu entziehen.
Jonas: Jonas will auch nicht mehr weglaufen, Jonas hat die Nase voll.
Sam: Gut, Debatte beendet, wir schreiten zur Beschlußfassung.
Jonas: Wir drehen den Spieß um, Sammy, wir kämpfen, wir greifen an.
Sam: Attacke, jawohl, einstimmig angenommen. Es tönt das Klapphorn laut und froh.
Jonas: Klapphorn äh Klappe zu, Sam. Fang nicht wieder damit an.
Sam: Und wie ist es mit halili und hollido?
Jonas: Alle wollen Jonas in die Pfanne hauen, also
Sam: Hauen wir sie in die Pfanne. Alle. Ne?
Jonas: Und ich weiß auch schon, wie wir das hinkriegen, Sammy, du wirst mächtig ackern müssen.
Sam: Ja, von der Stirn heiß rinnen muß der Schweiß, was wünschen guter Massa, was sollen tun Onkel Tom. Tom? Tom?
Jonas: Sam erschuf einen Jonas, einen Pseudojonas, ein Phantom, das überall präsent war, in Infobänken, Listen, Dateien, in allen relevanten elektronischen Systemen, nur nicht in der Realität. Dieser falsche Jonas entstieg der Kanalisation, brach auf der Straße zusammen, wurde mit akuter Cholera ins Zentralkrankenhaus eingeliefert, in die Isolierstation, da kam keiner an ihn ran, und er kam nicht raus. Damit waren die Verfolger vorläufig abgelenkt, auf die falsche Spur gesetzt, ruhig gestellt. Soweit Punkt 1. Dann ließ ich Sammy die Zentralen der drei Geheimdienste kontakten. Bestattungsinstitut Moroni, Bedürfnisanstalt in der 71. Straße, und der GD.
Sam: Steht im Fonbuch, du Tütensuppe.
Jonas: Dann mal los, Sammy, du kennst deinen Text.
Sam: Ich kennen Massa. Piep. Hallo? Geheimdienst Europa? Gut, du zuhören, Kollege, ich dir sagen große Geheimnis. Heute zu mittag, wenn Uhr sein Zwölf, dann sich treffen alle geheime Agenten Dritte Welt in Babylon, alle Terroriste, Befreiungsfront Kusbekistan. Wo treffen? No, in Dreck Kollege, in Müll, in Deponie, was heißt Sanssouci, du verstanden Kollege?
Jonas: Gut so Sammy, jetzt der GGD.
Sam: OK, Boss.
Sam: Hi, folks, listen, if you want erwischen all the top agents from the CIA in Europe, the mulls, doubleagents, tripleagents and so on, you must come today to you know what i mean how do you call it, Sanssouci, the groß rubbish dump, big meeting, mitten in the müll, top secret, high noon,12 Uhr mittags, you know, so long folks, good hunting.
Jonas: Sehr schön, Sammy, absolut echt. Und nun noch der GGGD.
Sam: Dara dawisch. Hallo? Kommen mit Mann und Maus heute mittag zwölf Uhr Deponie Sanssouci. Mitten in Müll große geheime Versammlung. KGB nebst revolutionäre Zellen. Neue Anweisungen aus Moskau, Kreml. Karaschnovetsnedemil.
Sam: Werden sie uns den Quatsch wirklich glauben, du hinterfotziges Fliegenmaul?
Jonas: Sie werden, Sammy, verlaß dich drauf, das paßt genau in ihr Weltbild. Wie spät?
Sam: Piep. 5 Uhr 39 in der Früh. Morgenstund.
Jonas: Ist ungesund. 12 Uhr mittags geht sie los, die große Show, die wir nicht verpassen dürfen. Wann müssen wir los?
Sam: Per Müllförderband nach Sanssouci, euer Gemächlichkeit? Na, sagen wir um 10.
Jonas: Pause, Sammy, Jonas schläft ein paar Stunden.
Sam: Ist gut. Von linden Lüften lau umlabert, schlaf mein Prinzchen schlaf ein.
Jonas: Kein kurzer Weg, aber auch kein schwieriger, unter Sam Leitung, vom Ab-wassersystem zur zentralen Müllerfassung… vollautomatisch natürlich. Und von der Müllerfassung läuft ein unterirdisches Förderband nach Sanssouci, mit allem nicht verwertbaren Müll der großen Stadt Babylon, Jonas fuhr mit, als blinder Passagier, oder als Abfall ehrenhalber. Eine ereignislose Reise. Gleichmäßiges Rattern, Dunkelheit, Gestank, und ein leicht flaues Gefühl im Magen, nicht wegen Gestank und Müll, wegen der Dinge, die da kommen sollten. Nach einer guten Stunde stoppte das Band, weiter ging’s vertikal. Im Müllpaternoster. Viele viele Meter in die Höhe.
Sam: Zwei Knaben stiegen auf den Turm.
Jonas: Das paßt, Sammy.
Sam: Der eine hat nen Band im Wurm.
Jonas: Wie die Faust aufs Auge.
Sam: Ja, und der andere frisch und munter ließ sich dran herunter, hehe.
Jonas: Da oben wird’s hell.
Sam: Achtung, fertig machen zum Absprung. Ansonsten würde jemand in die Verteilerdüse eingespeist werden, wie all dieser Müll, der uns Gesellschaft leistet, und dann wird er über die Deponie verstreut, der Jemand, in handlichen formschönen Teilchen.
Jonas: Muß nicht sein, Sammy.
Sam: Countdown läuft. 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1.
Jonas: Bei Null sprang Jonas ab, ein paar Schritte, und ich stand auf der Plattform an der Spitze des Verteilerturms, mitten in der Deponie Sanssouci und ganz hoch drüber. Die Aussicht war einmalig, ein bißchen monoton vielleicht. Im Osten Müll, im Westen Müll, im Norden Müll, und im Süden, Sie haben es erraten, Müll. Müll, soweit das Auge reichte, und im Müll krabbelte es wie in einem Ameisenhaufen.
Sam: Siehe, sie höreten das Wort des Herrn und sie folgeten ihm nach.
Jonas: Sie sind da, Sammy, sie sind alle da. GD, GGD, GGGD und der Kasten da drüben, das ist O, O vom GGGD, seine Leute haben ihn auf Rollen gesetzt, und ziehen ihn hinter sich her, mit samt Aggregat.
Sam: Ach, hätten wir doch nur ein Bömbchen, Herr Luftmarschall, oder einen Kessel voll des heißen Öles.
Jonas: Nicht nötig, Sam, das erledigen die da unten selber, mit ihren Laserstrahlern, Sturmgewehren, Neurofreezern, mit ihren Flammenwerfern und Super-MGs. Was sagt die Uhr, Sam.
Sam: 5 Minuten vor 12, hohes Gericht. Dies Ire. Dies Illa, Solve seklum, com fanila oder so ähnlich.
Jonas: Vielleicht eine Nummer zu groß, das dies irae, aber irgendwie angemessen. Die versammelten Geheimdienstler jagten ihren jeweiligen Feindbildern nach und massakrierten sich gegenseitig.
Sam: Amagedon. Herr Großinquisitor. Apokalypse. Verwüstung.
Jonas: Das wird mir zu laut, Sammy. Phase 2.
Sam: Zu Befehl, Phase 2. Zack zack.
Jonas: Schalt dich ins System der Deponie ein.
Sam: Auftrag ausgeführt. Zack zack.
Jonas: Laß die Müllmaschinen los.
Sam: Müllmaschinen los, marsch. Konzentrischer Angriff. Zack Zack.
Jonas: Riesenbagger und Superschaufeln rückten vor, unaufhaltsam, unwiderstehlich, sie überrollten das Schlachtfeld, deckten ab, gruben um, planierten, schütteten das ganz Gewusel zu, und falls sich doch einer herausarbeiten konnte, am Rand lauerten die Trolle, mit Messer und Kochgeschirr. Nachmittag. Jonas kam zurück ins Büro und schmiß als erstes den Trauerfrack von sich.
Sam: In den Müll, hoher Herr.
Jonas: In den Müll, Sammy. So, und jetzt wollen wir uns mal ans Aufräumen machen. Nein, es ist niemand zu Hause.
Sam: Na, geh ran, du Knallhorn.
Jonas: Warum sollte ich.
Sam: Weil es ein Kunde sein könnte, mit einem ganz normalen Auftrag.
Jonas: Glaubst du an den Weihnachtsmann, Sammy?
Sam: Oder eine unverhoffte Erbschaft, oder der Hauptgewinn in der babylonischen Klassenlotterie oder.
Jonas: Damit du endlich Ruhe gibst. Hallo.
Stimme am Fon: Guten Tag. Bin ich verbunden mit Herrn Jonas, nur Jonas, seines Zeichens Privatdetektiv.
Jonas: Sie sind.
Stimme am Fon: Sehr gut. Gestatten Sie mir, Herr Jonas, Ihnen im Namen meiner Organisation Dank und Anerkennung auszusprechen. Sie, Herr Jonas, haben sich um Babylon, um Europa verdient gemacht, in einer brillanten Aktion haben Sie GD, GGD, und GGGD eliminiert, gründlich und nachhaltig, es war höchste Zeit, Herr Jonas, sonst hätten sie die Erde unterworfen, Herr Jonas, besetzt, Herr Jonas, kolonisiert.
Jonas: Wer? Die Geheimdienste?
Stimme am Fon: Und ihre geheimen Lenker und Leiter, die Drahtzieher im Dunkel, Herr Jonas, die Marsmenschen mit ihren Ufos und ihren Todesstrahlen.
Jonas: Ach ja, und wer sind Sie?
Stimme am Fon: Hier spricht der GGGGD, Herr Jonas, der ganz und gar geheime Geheimdienst. Leben Sie wohl, Herr Jonas.
Jonas: Paranoia, Sammy, totale Paranoia.
Sam: Zwei Knaben schlichen durch die Nacht, der eine still, der andre sacht. Ja, und man konnt sie weder sehen noch hören, wenn sie’s nun gar nicht gewesen wären.
Jonas und Sam: Freut euch des Leben, Großmutter wird mit der Sense rasiert, alles vergebens, sie war nicht eingeschmiert.
Sam: Ja wieso denn nicht?
Das war Paranoia. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Außerdem wirkten mit: Johanna Liebeneiner, Hans Jürgen Silbermann, Bernd Stephan, Jochen Striebeck und viele andere (Alois Maria Giani, Detlef Kügow). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Assistenz: Wolfgang Ruhdörfer. Regie: Werner Klein. (Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks) (1991). (Redaktion: Erwin Weigel).
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Wunderland
Jonas: Ein Klient kommt ins Büro. Ein ordentlicher Fall bei einem ordentlichen Privatdetektiv fängt so an. So muß es sein. So steht es in den Büchern. Nicht beim letzten Detektiv. Meine Fälle fangen meist woanders an. Im Casablanca zum Beispiel. Dieser Fall fing ordentlich an. In meinem Büro. Nur eins war nicht in Ordnung. Der Klient hätte eine Klientin sein müssen. Wunderschön. Geheimnisvoll. Und möglichst blond.
Milius: Nett haben Sie es hier, Herr Jonas, so, so übersichtlich.
Jonas: Schauen Sie, Damen und Herren, staunen Sie, vor Ihnen erstreckt sich in seiner ganzen unfaßbaren Weite von sage und schreibe 22 Quadratmeter das Büroapartment von Jonas, dem letzten Detektiv. So lebt Jonas, Damen und Herren, so arbeitet Jonas, sind Sie hier, um mein Büro zu besichtigen oder haben Sie was auf dem Herzen?
Milius: Sagen wir, ich habe ein Anliegen, Herr Jonas, oder genauer, ich habe einen Auftrag für Sie.
Jonas: Ein ordentlicher Klient in ordentlicher Aufmachung, die Hände ordentlich im Schoß gefaltet, die schwarzen Stiefeletten ordentlich nebeneinander. Jedes einzelne der fünf Resthaare ordentlich über den Schädel gelegt. Bloß die Krawatte fiel aus dem ordentlichen Rahmen. Ein holographisches Design von greller Buntheit. Chaotisch.
Sam: Wahnsinnig. Unsinnig. Tierisch. Obszön. Häßlich. Echt geil Total toll. Jawoll.
Milius: Man gönnt sich ja sonst nichts.
Sam: Wo lassen Sie stylen, Genosse?
Milius: Ich bin nicht hier, um über Krawatten zu diskutieren, nicht mit Ihnen, Herr Jonas, und mit Ihrem Computer schon gar nicht.
Sam: Ahahah.
Jonas: Es gibt verschiedene Arten von Klienten: Die einen sagen: Sie haben einen merkwürdigen Computer. Die anderen sagen: Ihr Ton gefällt mir nicht. Manche sagen beides. Dieser Typ sagte weder noch. Eine Rarität. Fast so ausgefallen wie ein überverbaler überdrehter Computer. Ein Computer namens Sam.
Sam: Soll ich das spielen, Ricci, soll ich das noch mal spielen?
Jonas: Untersteh dich, Sammy.
Sam: Spielverderber. Trübe Tasse.
Milius: Zur Sache, Herr Jonas, mein Name ist Milius, Leo Milius.
Jonas: Und?
Sam: Ja und?
Milius: Ich arbeite im Wunderland.
Jonas: Gut für Sie.
Sam: Ja.
Milius: Als Sicherheitschef, und darum bin ich hier, Herr Jonas, wir haben nämlich ein Problem, ein Sicherheitsproblem.
Jonas: Und wie heißt ihr Problem, Herr Milius?
Milius: Sabotage, Herr Jonas, Sabotage im Wunderland. Wissen Sie, was das bedeutet, geschäftlich, meine ich?
Jonas: Ich konnte es mir denken. Wunderland ist ein großer Vergnügungspark. Nicht weit von Babylon. In der Wildnis. Berühmt für seine elektronisch-holografischen Simulationsprogramme. Eine Art Super-Kino zum Mitmachen. Kino gab’s, als ich jung war. Heute ist es überholt, wie 2D-TV, wie Bücher. Wunderland ist nicht überholt, Wunderland ist sehr beliebt, hab ich mir sagen lassen. Simulation ist nicht mein Bier. Sabotage schon eher.
Milius: Bisher weiß nur die Führungsspitze im Wunderland Bescheid, Herr Jonas, wir haben den Deckel draufgehalten, aber lange wird das nicht mehr möglich sein, immerhin hat der Ärger schon vor zwei Wochen angefangen.
Jonas: Einzelheiten, Herr Milius, was, wann, wie…
Sam: Wohin, woher, wozu, wofern, woholofern.
Jonas: Sei still, Sam. Schießen Sie los.
Milius: Also der erste Vorfall, der war am 21. Februar.
Sam: In diesem unserem Jahr des Herrn 2013. Immer präzise, gelle Mister.
Jonas: Was ist da passiert?
Milius: Das Wetter in SA 9.
Jonas: Moment. Wer oder was ist SA 9?
Milius: Simulationsareal 9. Exotische Abenteuer. Es lief gerade das Programm Hurra die Legion. Uralt, aber ständig ausgebucht, Herr Jonas. Die Kunden marschierten durch die Sahara als Fremdenlegionäre anno 1900. Die Sonne brannte, ihr Ziel, Fort Zinderneuf war noch viele Meilen entfernt. Ja wollen Sie sich denn keine Notizen machen, Herr Jonas?
Jonas: Nicht nötig, mein Computer hört zu und merkt sich alles. Nicht wahr, Sammy?
Sam: Schnarch…
Jonas: Sam?
Sam: Häh? Is was Chef?
Jonas: Du hast doch nicht etwa geschlafen?
Sam: Niemals! Stets auf den Pisten und den Posten, Monsieur Capitäne.
Jonas: Das will ich hoffen. Weiter, Herr Milius, die Leute latschten durch die Wüste.
Milius: Und da, Herr Jonas, fing es plötzlich an zu regnen. Ein richtiger Wolkenbruch, Herr Jonas, es regnete und regnete und hörte nicht auf.
Sam: Wenn der Regen, der Regen…
Milius: Das Wettersystem war verstellt und blockiert. Wir mußten die Legion abblasen, die Kunden entschädigen, und die Sahara mit einem speziellen Fönprogramm trocknen.
Sam: Hehehe.
Milius: Ein paar Tage später Vorfall Nummer zwei. In SA 4, die Welt, aus der wir kommen: Römer, Ritter, Recken, Programm Kampf mit dem Drachen. Der Robodrach, ein 10meter hohes Monstrum, fiel schwer aus der Rolle. Statt Feuer zu speien und markerschütternd zu brüllen, fehlte er um Gnade, er heulte, faltete die Tatzen, sagte was von einer todkranken Frau und 12 unmündigen Kinder. Sehr frustrierend für die tapferen Drachentöter in den Plastikrüstungen. Und erst gestern, Herr Jonas, ist eine Stripperin im Kinderprogramm aufgetaucht. Freddy Krüger, Schrecken der Elmstreet, der Renner bei unseren kleinen Besuchern, Sie können sich nicht vorstellen, Herr Jonas, was die Eltern gesagt haben, vor allem die Neopuritaner. Schmutziger Sex in einem gesunden harmlosen Horrorprogramm.
Jonas: Empörend, Herr Milius.
Sam: Ja, ein böser Streich, ein wahres Bubenstück.
Milius: Wir tun, was wir können, Herr Jonas, aber wir kommen nicht weiter. Er ist nicht zu fassen, der Verbrecher, der Saboteur.
Sam: Witzbold, Scherzkeks, Schabernackedei.
Milius: Er kennt sich im Wunderland offenbar bestens aus, weiß im voraus, was wir planen, wo wir unsere Fahnder postieren, ja, und darum bin ich auf die Idee gekommen, einen Außenseiter einzusetzen, einen unorthodoxen Mann, der neue Wege geht.
Jonas: Jonas heißt er, 120 Euros pro Tag und Spesen.
Milius: Sie übernehmen den Auftrag?
Jonas: Sieht ganz so aus. Sabotage im Wunderland könnte interessant sein. Wer meinen Sie, steckt dahinter, Herr Milius, die Konkurrenz?
Milius: Nicht ausgeschlossen, Herr Jonas, sehen Sie, das muß aber unter uns bleiben.
Sam: Natürlich.
Milius: Ein japanisches Unternehmen ist an Wunderland interessiert und hat erst kürzlich ernsthafte Fühler ausgestreckt.
Jonas: Und? Wollen die Denverschwerstern verkaufen?
Milius: Teils teils, Herr Jonas. Glen Denver will. Gwen will nicht. Unter uns, Glen wird sich durchsetzen. Glen setzt sich immer durch.
Sam: Sammy auch.
Jonas: Und bevor sie in die Verhandlungen einsteigen, könnten die Japaner versuchen, den Wert von Wunderland zu drücken, aha, durchaus möglich.
Milius: Denken Sie darüber nach, Herr Jonas, und seien Sie morgen früh in meinem Büro.
Jonas: Wo?
Milius: Ja Wunderland natürlich. Ich gebe am Haupteingang Bescheid. Moment mal, Sie können natürlich nicht als Jonas der letzte Detektiv im Wunderland auftreten, Sie sind, sagen wir…
Jonas: Researcher, für eine geplante Holosendung.
Milius: Einverstanden, und Sie heißen…
Sam: Er heißt Jon, Jan, Janik, Josua, Jason, Jonathan, Junius, Julius, Augustus, piep letztes bitte streichen.
Jonas: Janus, nur Janus.
Sam: Ja, der römische Gott des Eingangs und des Ausgangs, des Anfangs und des Endes, mysteriös, zwiegesichtig, janusköpfig.
Milius: Morgen früh um 10 bei mir, Herr Janus, nehmen Sie den Shuttle vom Heliport.
Sam: Und Ihren Fuß von meinem Kopf.
Jonas: Mitten im Wunderland steht ein hoher künstlicher Berg. Hier sind die Verwaltungsräume untergebracht, die Werkstätten, die Steuerzentren. Milius Büro lag hoch oben, nicht weit vom Büro der Direktorin, direkt unter dem Paradies, dem Gipfelrestaurant mit der berühmten Aussicht auf ganz Wunderland. Und darüber lag nur noch das Doppelpenthouse der Denverschwestern. Milius war nicht allein, als ich in sein Büro kam, 10 nach 10. Ein Detektiv, der auf sich hält, darf nicht zu pünktlich sein. Eine Frau stand am Fenster, unscheinbar angezogen, mein Alter, ein Gesicht, das Geschichten zu erzählen hatte. Sekretärin? So sah sie nicht aus.
Milius: Da sind Sie ja endlich, Herr äh…
Jonas: Janus.
Milius: Richtig, Herr Janus. Unsere Fedora hier wird sich um Sie kümmern. Fedora ist bei uns so eine Art Mädchen für alles. Sie wird Sie herumführen, Ihnen zeigen, was Sie sehen wollen, Ihre Fragen beantworten. Mich müssen Sie entschuldigen. Machen Sie sich am besten selbst bekannt.
Jonas: Gute Idee. Im Paradies, bei einem Drink?
Fedora: Wie Sie wollen, Herr Janus, ich stehe zu Ihrer Verfügung.
Jonas: Fedora war mir sympathisch. Sie hieß nur Fedora. Das sprach für sie. Und sie hatte was: Haltung. Stil. Intelligenz. Zu viel für ein schlichtes Faktotum.
Fedora: Das war ich auch nicht immer, Herr Janus.
Jonas: Nur Janus, den Herrn lassen Sie weg, ich bin keiner. Was haben Sie früher gemacht, Fedora?
Fedora: Ich war Autorin, Chefautorin im Wunderland. Die meisten Simulationsprogramme hab ich entworfen und ausgearbeitet, jahrelang, bis man keine Autoren mehr brauchte, weil sie überholt waren, weil jetzt Computer ihre Arbeit machen. Nicht besser, aber billiger. Weil sie die alten Programme immer wieder verwenden, meine Programme, Janus, und nur ein paar Variationen einbauen. Mich haben sie damals hier behalten, wegen meiner Verdienste um Wunderland, damit ich nicht nur von der Volkshilfe leben muß. Ich mach, was anfällt. Was man mir sagt.
Jonas: Bärenführer für Holoresearcher, zum Beispiel.
Fedora: Das ist nicht das Schlimmste.
Jonas: Danke. Was trinkt man hier?
Fedora: Wunderland Special natürlich. Waren Sie denn noch nie im Paradies Janus?
Jonas: Noch nie.
Fedora: Aber doch im Wunderland.
Jonas: Auch nicht.
Fedora: Ach, kommen Sie mit, Janus.
Jonas: Wohin?
Fedora: Zum großen Panaromafenster, ich werde Ihnen Wunderland vorstellen.
Jonas: Ein Park. Schön. Wie gemalt. Hügel, Wiesen, Teiche, Bäume, Büsche, Blumen. Synthetisch. Natürlich. Aber das merkte man nur an der ordentlichen Ausrichtung, und an den zu stark leuchtenden Farben. Dazwischen ein paar Gebäude. Blockhäuser, Burgruinen, afrikanische Strohhütten, ein schräger Miniwolkenkratzer, und das Colloseum, in Kopie.
Fedora: Das ist die Arena, für Roboturniere und Corridas, Autocorridas, sehr beliebt, fast immer ausverkauft. Außerdem haben wir hier Stimgames, Einarmbanditen, 4D-Roulette.
Jonas: Und die Simulationen, die berühmten Wunderlandsimulationen, wo sind die?
Fedora: Unter dem Park, wo sonst, oben liegen nur die Eingänge. Die Palmengruppe da drüben, da geht’s runter in SA 9.
Jonas: Exotische Abenteuer.
Fedora: Richtig. Und ein Stück weiter rechts das Segelschiff auf dem Teich, das ist der Zugang zu SA 5, Blue Deep, Piraten, Taucher, Riesenkraken.
Jonas: Aha, und daneben der schiefe Turm von Babylon.
Fedora: Das ist ein amerikanisches Hochhaus aus dem 20. Jahrhundert, verkleinert, da kommen Sie zu SA 7, Metropolis, unser Citykrimiareal, Gangster, Detektive und so weiter.
Jonas: Ach, Detektive haben Sie auch?
Fedora: Ja, Sherlock Holmes, Professor van Dusen, Kommissar Maigret, und die schwarze Serie, ein nostalgisches Private Eye Programm, streng stilisiert mit allen klassischen Zutaten, vielleicht das beste Programm, das ich je geschrieben habe, leider läuft es nur noch sehr selten.
Jonas: Würde ich mir gern mal ansehen, dachte ich, später vielleicht. Erst die Arbeit. Ich ließ mir von Fedora die Simulationen erklären. Wie die Besucher vorbereitet und ausgerüstet wurden, wie alles in einander griff, Holoprojektionen, elektronisch gesteuerte Modelle, Besucher im Rollenspiel, wie die Simulationsprogramme abschnurrten.
Fedora: Wie ein Uhrwerk. Jedenfalls soll es so sein. Aber wenn mal was schiefgeht…
Jonas: Hier kann doch nichts schiefgehen. Wunderland ist Super-High-Tech.
Fedora: Eben drum, Janus. Wenn Sie in einem Programm nur eine Kleinigkeit, eine winzige Kleinigkeit verstellen, dann ist gleich der Teufel los, dann drehen sie durch, diese tollen Computer, dann spielen sie verrückt, dann brechen sie zusammen. Wissen Sie, was vor ein paar Tagen passiert ist?
Jonas: Sie erzählte mir das, was ich von Milius gehört hatte, die kuriosen Katastrophen in SA 9, 5 und 13, von denen angeblich nur die Führungsspitze im Wunderland etwas wußte. Sie erzählte sehr ausführlich und mit keineswegs klammheimlicher Freude. Das gab mir zu denken. Ich entschuldigte mich. Auf dem Klo holte ich Sam aus der Tasche. Nicht, um ihn reinzuschmeißen. Es war Zeit, Zeit für eine Konferenz unter vier Augen. Nur daß Sam keine Augen hatte. Sehen konnte er trotzdem, und hören und reden und kombinieren.
Sam: Ja, nicht daß ein hochgeistiger Computer in dieser Angelegenheit viel zu kombinieren hätte, der Fall ist klar, mein lieber Watson. Glasklar. Kristallklar. Aschklar. Die gesuchte Saboteuse ist die Dame Fedora.
Jonas: Da bin ich mir nicht ganz sicher, Sammy. OK, sie kennt die Vorfälle, ganz genau sogar, und die hat sie Jonas erzählt, obwohl der Janus ist, Holoresearcher das heißt die Öffentlichkeit.
Sam: Gerade weil, du Flaschenkürbis.
Jonas: Du meinst, sie will die Sachen publik machen und sie amüsiert sich darüber, kann sein. Aber das muß noch lange nicht heißen, daß sie die Dinger selbst gedreht hat. Gibt’s zu, Sammy, du hast was gegen Fedora, weil sie Computer nicht ausstehen kann.
Sam: O Vorurteil, dein Name ist Mensch. Computer sind objektiv. Computer sind emotionslos.
Jonas: Ganz was neues, Sammy.
Sam: Daß besagte Dame unverständlicher weise Computer nicht mag, nimmt Sam zur Kenntnis, ohne sich davon auch nur im geringsten beeindrucken oder gar beeinflussen zu lassen. Mit kühlem Gleichmut, mit überlegenem Lächeln. Soll sie doch die törichte trigepieselige Pute, schwachsinnige Schwalbe, holzköpfiges Huhn.
Jonas: Hör schon auf, Sam. Fakten.
Sam: Fakten, der Herr, bitte sehr. Soeben von einer elektronischen Kurzexkursion durchs Wunderland Zentralsystem zurückgekehrt, beehren wir uns, ihrer geschätzten Aufmerksamkeit folgende Fakten zu unterbr… Korrektur, zu unterbreiten. Erstens. Ach was. Die Angestellten im Wunderland sind, ob an festen oder an variablen Arbeitsplätzen datenmäßig stets erfaßt und kontrolliert. Gemäß Ausweis der gespeicherten Informationen hielt sich keiner von ihnen bei allen drei Sabotageakten in der Nähe der entsprechenden Steuerungsanlagen auf, kann demnach diese auch nicht manipuliert haben. Nun muß aber in Anbetracht der hierorts waltenden strikten Sicherheitsvorkehrungen der Täter zum Personal gehören.
Jonas: Moment, Sammy, das geht nicht.
Sam: Wieso denn nicht.
Jonas: Wenn alle Angestellten ständig kontrolliert werden.
Sam: Ach, wer sagt denn alle, du Bildungslücke. Eine im Wunderland beschäftige Person gilt als so gering, so unbedeutend, daß sie der Pflicht des regelmäßigen Uhrenstechens nicht unterworfen ist. Ein Mädchen für alles, von Kollegen wie Vorgesetzten kaum beachtet, ein Aschenbrödel, eine Cinderella.
Jonas: Fedora.
Sam: Ja. Die Computerhasserin. Ebendiese. Faktum Nr. 2: Die drei sabotierten Programme entsprangen sämtlich der Feder Fedoras. Sie kannte sie also in und auswendig, war informiert über die Codierung, und wußte präzis wo und wie der gewünschte Effekt am besten zu bewirken war. Langer Rede kurzer und gewichtiger Sinn, die Täterin heißt Fedora. Quod erat demonstrationsforum et dimonstrandum. Dixi. How, ich habe gesprochen.
Jonas: Ich sagte es ihr auf den Kopf zu. Sie war verblüfft, beeindruckt, und sie gab es zu. Auf der Stelle, ohne Ausflüchte, und ganz und gar nicht schuldbewußt.
Fedora: Stolz bin ich allerdings auch nicht darauf, Janus, es war kindisch, ein dummer Streich, wenn Sie wollen, aber es mußte sein, der Frust hatte sich in mir aufgestaut über viele Jahre. Ich mußte was tun, und unter uns, es hat Spaß gemacht.
Jonas: Ich kann’s Ihnen nachfühlen.
Fedora: Dann behalten Sie’s für sich, Janus. Wer das bißchen Unfug im Wunderland angestellt hat, wird Ihre Auftraggeber ja auch kaum interessieren.
Jonas: Im Gegenteil, Fedora.
Fedora: Wieso? Was soll Holo-TV…
Jonas: Ich habe nichts zutun mit Holo-TV, Fedora. Ich heiße Jonas, nur Jonas. Ich bin Privatdetektiv, der letzte, und mein Auftraggeber ist sehr an Ihnen interessiert.
Fedora: Milius?
Jonas: Milius. Kommen Sie, Fedora.
Jonas: Ganz wohl war mir nicht, aber wenn Jonas einen Auftrag angenommen hat, dann zieht er ihn durch, auch wenn er ihm nicht gefällt. Fall Wunderland war kein Ruhmesblatt für Jonas. Sehr kurz war er auch, dachte ich. Aber das war ein Irrtum. Der Fall fing erst an. Milius war begeistert, als ich mit Fedora bei ihm aufkreuzte. Er präsentierte uns gleich seiner Chefin, Direktorin Palafox. Die war offenbar nicht ganz so begeistert.
Palafox: Einen Privatdetektiv haben Sie eingeschaltet, Milius, dazu waren Sie nicht autorisiert.
Milius: Ich bin Ihr Sicherheitschef, Frau Palafox, wie ich meine Aufgaben durchführe.
Palafox: Sagt Ihnen die Direktion, das heißt ich. Darüber unterhalten wir uns noch, Milius.
Milius: Von mir aus, das wichtigste ist doch, daß unser Problem jetzt bereinigt ist, der Saboteur ist gefaßt.
Palafox: Augenblick. Palafox. Ja, die ist hier. Was? Wann? Wo? Ausschalten. Absperren. Sofort. Nein, warten Sie auf meine Anweisungen. Glen Denver ist tot, vermutlich ermordet.
Milius: Im Wunderland?
Palafox: SA 8.
Milius: Gaslighttheater, bei laufendem Programm?
Palafox: In der 11 Uhr Matinee.
Milius: Jack the Rippershow, ich versteh.
Palafox: Sie nehmen die Sache selbst in die Hand, Milius, allererste Priorität.
Milius: Selbstverständlich, Frau Palafox. Und Fedora?
Palafox: Jetzt nicht, Milius, Fedora muß warten. Nehmen Sie sie mit, halten Sie sie fest, in der Zelle neben Ihrem Büro. Ich werd mich später um sie kümmern. Und Sie…
Sam: He, sie meint dich.
Palafox: Ja, Sie meine ich, den Privatdetektiv.
Jonas: Mein Name ist Jonas, nur Jonas.
Palafox: Mir völlig egal, wie Sie heißen. Sie können gehen. Ihr Honorar kriegen Sie überwiesen. Nehmen Sie den Personallift ganz nach unten, ein Minimobil bringt Sie dann durch einen der Servicetunnel zum Heliport.
Jonas: Wunderland hatte es ja mächtig eilig, Jonas loszuwerden. Aber Jonas war noch nicht fertig mit Wunderland. Es waren noch zu viele Fragen offen. Was würde aus Fedora werden? Wer hatte Glen Denver ermordet. Glen Denver, die an die Japaner verkaufen wollte, gegen den Willen ihrer Schwester Glen. Sollte ich mir das Simulationsprogramm Schwarze Serie zu Gemüte führen bei nächster Gelegenheit? Darüber dachte ich nach, als ich Ausschau nach einem Minimobil hielt, im Servicetunnel, tief unter Wunderland. Plötzlich ging das Licht aus, ich blieb stehen, versuchte mich zu orientieren. Da ging es wieder an, noch plötzlicher, in meinem Kopf. Eine Explosion. Feuerwerk. Sonne, Mond und Sterne. Vor allem Sterne. Dann nichts mehr. Zuerst Schmerzen, heftige Kopfschmerzen, dann der Geruch, vertraut, nostalgisch, aus der Jugendzeit, Samstag abend, Vaters Wagen, Benzin. Ich träumte von Benzinautos, ich mußte träumen, Benzinautos gab’s in Babylon schon lange nicht mehr. Aber ich träumte nicht. Ich war wach. Ich saß in einem Benzinauto. Am Fahrersitz festgeschnallt. Das Auto stand in einem dunklen Raum, voller Schatten. Plötzlich Action. Ein Tor klappte auf. Licht, hell, unerträglich, das erwartungsvolle Röhren einer großen Menge. Eine Gestalt sprang aufs Trittbrett, griff durchs Fenster, drückte mein rechtes Knie nach unten aufs Gaspedal, der Wagen machte einen gewaltigen Satz durchs Tor, in das Geschrei, ins Licht.
Sam: Wach auf, Tränendrüse. Nimm das Steuer.
Jonas: Sammy, wenn alle mich verlassen.
Sam: Sam bleibt dir treu. Bis daß der Tod uns scheidet, und das wird er sehr bald tun, du Saftsack. Reiß dich zusammen. Kuppeln, Schalten, Lenken.
Jonas: Wo sind wir?
Sam: Wunderland Arena.
Jonas: Autocorrida?
Sam: Drinnen Senior Torero, und siehe, dort nahen die Toreros. Ole.
Jonas: Zwei riesige Trucks rollten ein, Ballonreifen, Chrom und schwarzer Lack, an den massiven Stoßstangen meterlange Hörner, auf die wollten sie Jonas nehmen, das heißt seinen Wagen, einen Jeep, anno Golfkrieg, klein, wendig, mit einem Fahrer, der tat, was er konnte, und Jonas konnte fahren. Aber das reichte nicht. Zwei Trucks waren auf Dauer zu viel.
Sam: O O Ole. Was tut uns kund des Volkes Mund?
Jonas: Sammy, ich fahr um mein Leben, und du kommst mir mit Sprichworten.
Sam: Eben drum, Blödmann. Steht’s schlecht im Kriege, mach eine Fliege oder auch Fliege.
Jonas: Wie stellst du dir das vor? Soll ich aussteigen und mich eingraben oder über die 10meter Barriere springen?
Sam: Wie gekommen, so entronnen.
Jonas: Schlechter Reim, Sammy.
Sam: Doch guter Rat.
Jonas: Du meinst, zurück durchs Tor.
Sam: Jawohl, und weiter durch den Tunnel.
Jonas: Hoffentlich gibt’s einen.
Sam: Muß. Auf welchem Wege, euer Kurzschlüssigkeit, kämen die Fahrzeuge sonst hier her?
Jonas: Voll überzeugt war ich nicht, aber ich hatte keine Wahl. Ich schlug einen Haken, ansatzlos, und war draußen. Im Bereitstellungsraum. Scheinwerfer an. Sam hatte recht. Sam hat meistens recht. Es gab einen Tunnel. Hoch und dunkel und kurz. Und am Ende…
Sam: Oh, ein Tor.
Jonas: Und das ist zu. Was nun?
Sam: Auch nicht eben ein meisterhafter Reim, du Westentaschen. Augen zu und durch.
Jonas: Bist du sicher, Sammy?
Sam: Sicher bin ich sicher, das ist nur Plastik. Da bretterst du durch, eiskalt. Ole.
Jonas: Ole. Es krachte und knirschte, und der Jeep war durch, unter freiem Himmel, in der Wildnis, ich fuhr weiter, über Stock und Stein, so schnell es ging, bloß weg von Wunderland, da hatten sie was gegen Jonas. Aber auch hier draußen ließen sie ihn nicht in Ruhe. Ich hörte was. Sah mich um. Die beiden Trucks waren hinter mir her. Und sie kamen immer näher.
Sam: Gib, gib Gas, lahme Ente.
Jonas: Tu ich ja, Sammy, mein rechter Fuß schrammt schon fast am Boden. Die Karre ist nun mal nicht schneller. Sie schwärmen aus, die wollen uns in die Zange nehmen, Sammy. Von beiden Seiten und dann…
Sam: Machen sie dich platt.
Jonas: Dich aber auch, Sam.
Sam: Frage: Wollen wir uns das bieten lassen, Freund meiner digitalen Seele.
Jonas: Möglichst nicht, Sammy, jetzt sind sie auf gleicher Höhe, rechts und links, die ziehen nach innen.
Sam: Gas, oh du mein rasender Jonas.
Jonas: Im Gegenteil, Bremse.
Jonas: Die Trucks krachten seitlich aufeinander, in voller Fahrt, direkt vor meinem Jeep, ihre beiden Tanks explodieren in einem einzigen gewaltigen Feuerball. Ende der Jagd. Ich holte tief Luft, startete den Jeep, fuhr los, Richtung Babylon. Ich ging nicht zurück ins Büro, vielleicht warteten sie da schon auf mich. Trucker, geheimnisvolle Unbekannte, die was von Jonas wollten. Ich ging ins Casablanca zwecks Energiezufuhr. Dringend nötig nach den Aufregungen der letzten Stunden. Da saß ich also vor Jacobs Whisky und vor seinem in ganz Babylon gefürchteten Sojasteak, und dachte nach. Es war still. Nur der Holoset brabbelte vor sich hin.
Holo: In der vergangenen Nacht ist es wieder einer Gruppe von Drittweltlern gelungen, die Sperranlagen zu durchbrechen und in den Grenzbezirk Süd der VSE einzudringen. Dort wurden sie von starken Schutzverbänden gestellt und eliminiert. Babylon. Mord im Wunderland aufgeklärt…
Jonas: Jacob, stell den Holo lauter.
Holo: Glen Denver, Besitzerin von Wunderland, wurde heute vormittag kurz nach 11 Uhr im Wunderland ermordet. Wie Wunderlanddirektorin Palafox erklärte, ist die Täterin bereits gefaßt. Es handelt sich um eine ehemalige Autorin der Firma, die in den vergangenen Tagen bereits mehrmals versucht hatte, Vorstellungen im Wunderland durch Sabotageakte zu stören. Zur Zeit befindet sie sich im Gewahrsam der Wunderland Sicherheitskräfte. Wie Direktorin Palafox ferner bekannt gab, ist wegen des tragischen Todesfalls das Wunderland bis auf weiteres für das Publikum geschlossen. Vatikan Stadt. Der greise Papst Johannes Paul der zweite hat seine Absicht erklärt…
Jonas: Stell das Ding ab, Jacob.
Holo: Demnächst die Marsstation der UNO zu besuchen.
Jonas: Abstellen, Jacob.
Jacob: Weiß ich doch.
Jonas: Fedora, hast du gehört, Sammy, den Mord an Glen Denver wollen sie Fedora anhängen.
Sam: So hat es den Anschein, Sir.
Jonas: Das stimmt nicht, das stimmt hinten und vorne nicht. Heute vormittag um 11 war Fedora im Restaurant Paradies, zusammen mit Jonas.
Sam: Selbigen Jonas, welchen man später aufs Haupt geschlagen und in die lebensgefährliche Autocorrida verbracht hat, auf daß er dort versterbe.
Jonas: Du meinst, da besteht ein Zusammenhang?
Sam: Ja was denn sonst, du mein zum Himmel schreiender Bildungsnotstand.
Jonas: Damit ich Fedora kein Alibi geben kann.
Sam: Ach, wie könnte Jonas das. Ist er doch in der Wildnis verschollen, zu Tode gehetzt von tödlichen Truckern.
Jonas: Jedenfalls denken die das, wer immer die sind. Moment, Sammy, da gibt’s noch einen, der weiß, wo Fedora zur Mordzeit war.
Sam: Genosse Milius. Milius, der Ordentliche. Milius mit der umwerfenden Krawatte.
Jonas: Genau, los Sammy, zurück ins Wunderland. Wir greifen uns Milius, wir holen Fedora raus und wir stellen fest, was gespielt wird. Wer Glen Denver wirklich umgebracht hat.
Sam: Horrido, Herr Forstadjunkt. Auf auf zum fröhlichen jagen.
Jonas: Problem, Sammy, Problem, wie kommen wir rein. Wunderland ist geschlossen.
Sam: Ja, aber nicht zu. Es gibt doch ein gewisses defektes Plastiktor, mit Zugang zum Servicetunnelsystem.
Jonas: Das Tor war noch nicht repariert. Sie hatten einen Wächter davor gestellt. Einen von der Wunderlandsicherheitstruppe in seiner blaurotgestreiften Uniform. Er sah müde aus. Ich schickte ihn ins Bett. Mit dem Griff meiner Smith & Wesson, dann längerer Schleichmarsch durch den Untergrund, keine besonderen Vorkommnisse. Milius Büro war leer. Auf den ersten Blick. Auf den zweiten war er da. Hinter seinem Schreibtisch auf dem Fußboden. Seine Krawatte war nicht mehr bunt, sie war nur noch rot.
Sam: Auauau. Rot wie Blut. Also vorhin gefiel sie mir besser.
Jonas: Erstochen mit seinem Brieföffner.
Sam: Siehste.
Jonas: Damit ist der zweite Alibizeuge für Fedora ausgeschaltet. Apropos Fedora, wo steckt sie?
Sam: In der Zelle neben diesem Büro. Hat Direktorin Polarfuchs, Korrektur Palafox gesagt. Such, Fido, such.
Jonas: Ein belüftetes Loch hinter dem Waschraum für Randalierer, Taschendiebe, was im Wunderland so anfiel. Diesmal saß Fedora drin. Ich machte auf. Milius hatte die Paßscheibe in der Tasche. Fedora wollte nicht rausgeholt werden. Schon gar nicht von Jonas. Das änderte sich, als ich ihr sagte, was los war.
Fedora: Ich soll Glen Denver ermordet haben?
Jonas: Behauptet Palafox.
Fedora: Die lügt. Ich kann sie gar nicht ermordet haben. Wissen Sie, wie sie umgekommen ist, Jonas?
Jonas: Ich weiß nur wo. SA 8 Gaslightheater, Jack the ripper show.
Fedora: Ja, da ging sie regelmäßig hin, jeden Sonntag zur 11 Uhr Matinee, um sich ermorden zu lassen.
Jonas: Ein ausgefallenes Sonntagsvergnügen.
Fedora: Das war ihre große Leidenschaft. Sie spielte dann die Prostituierte. London 1888. Jack lockt sie in einen dunkeln Hinterhof, schneidet ihr die Kehle durch, schlitzt sie auf, mit einer Messeratrappe.
Jonas: Jeden Sonntag.
Fedora: Nur heute nicht, da hatte Jack ein richtiges Messer mit scharfer Klinge. Jack ist ein Modell, lebensecht, elektronisch programmiert, er zog sein Programm ab wie immer.
Jonas: Und Glen Denver wurde ermordet, diesmal wirklich und endgültig.
Fedora: Ich frage mich, was sie in ihren letzten Sekunden gedacht hat, ob sie Angst hatte, oder ob es das war, was sie im Grunde immer gesucht hat.
Jonas: Ich frage mich, wer die Messer vertauscht hat, und wann.
Fedora: Wann? Das kann ich Ihnen genau sagen, Jonas, zwischen halb 11 und 11. Die Jack-the-Ripper-Show dauert anderthalb Stunden und läuft mehrmals am Tag. In der 9 Uhr Vorstellung, als Glen noch nicht dabei war, war alles in Ordnung.
Jonas: Zwischen halb und 11 waren wir zusammen, Fedora, im Paradies.
Sam: Jaja, machen wir’s kurz. Schlunz, funz, alles klar, Fedora ist unschuldig, obwohl sie keine Computer mag. Jetzt weg, raus hier, Wunderland ist gefährlich, nicht geheuer, wer zu viel weiß, wird abgemurkst, wiedersehen, alles Gute, tschüß, servus, arrivederci. Feierabend, aus die Maus.
Jonas: Also Rückzug durch den Tunnel Richtung Plastiktor, und dabei stellten wir fest, daß wir wirklich viel wußten, wir wußten alles, auch wer Glen Denver umgebracht hat.
Fedora: Palafox. Es kann nur Palafox gewesen sein.
Jonas: Wegen der Japaner.
Fedora: Natürlich, die hätten ihre eigenen Spitzenmanager mitgebracht. Das machen die immer so.
Jonas: Und Direktorin Palafox hätte ihren lukrativen Job verloren.
Fedora: Deshalb hat sie auch Milius ermordet.
Jonas: Und Jonas in die Corrida eingeschmuggelt.
Fedora: Niemand sollte mir ein Alibi geben können.
Jonas: Wissen Sie, Fedora, eigentlich haben Sie Palafox einen großen Gefallen getan mit Ihrer Sabotageserie, damit haben Sie sie auf die Idee gebracht, und Sie haben ihr eine maßgeschneiderte Mörderin geliefert, frei Haus, auf dem Tablett. Sie brauchte es nur so aussehen zu lassen, als gehöre der Mord an Glen Denver dazu als viertes und letztes Glied der Kette.
Fedora: Woher sollte ich denn ahnen…
Jonas: Pst! Sehen Sie, da vorne…
Fedora: Blaurote Uniformen.
Jonas: Sicherheitstypen, jede Menge und bewaffnet. Vor dem Ausgang. Hier kamen wir nicht durch. Wir gingen zurück und überlegten.
Fedora: Es gibt ja noch eine Denverschwester. Gwen. Die sollten Sie kontakten.
Jonas: Wird sie uns glauben? Ist sie überhaupt zu erreichen?
Sam: Sie ist, Magni- und Minifizenz.
Jonas: Woher willst du das wissen, Sam?
Sam: Haben wir etwa die kleinen Schweinchen gehütet, Madam?
Jonas: Sei nicht albern, Sam, das Wunderland Zentralsystem…
Sam: Hat keine Geheimnisse vor Sam, Sam dem Biegsamen, dem Geschmeidigen, dem Gewieften, dem Gewitzten und Verschmitzen, Sam Dampf in allen Schaltkreisen.
Fedora: Respekt, Herr von und zu Samuel.
Sam: Ein Blick ins System, und Sammy weiß, daß die Dame Glen Fiddich, Korrektur Glen Denver sich in ihrem Penthouse aufhält, zum Bleistift, auf dem Gipfel hoch über Wunderland, und daß ein paar Stockwerke tiefer im Steuerzentrum Direktorin Palafox die Fahndung leitet.
Palafox: Achtung, hier spricht Direktorin Palafox, an alle Sicherheitskräfte im Wunderland. Großfahndung. Unterstützt von einem auswärtigen Kriminellen ist Fedora, die Mörderin unserer verehrten Glen Denver aus dem Gewahrsam ausgebrochen.
Sam: Siehste?
Palafox: Dabei hat sie euren Chef, meinen Freund, Leo Milius ermordet. Fedora und ihr Begleiter sind bewaffnet und äußerst gefährlich. Alle Sicherheitskräfte werden ermächtigt, bei ihrem Anblick sofort und ohne Warnung scharf zu schießen.
Sam: Tschüß.
Jonas: Wir versteckten uns in einem Seitentunnel und überlegten weiter. Es sah nicht gut aus für uns.
Fedora: Raus kommen wir nicht, Jonas, und wenn sie anfangen, alles durchzukämmen, können wir uns nicht lange halten.
Sam: Agieren, nicht reagieren.
Jonas: Sagt Klausewitz. Sehr richtig, Sammy. Hör mal zu, du kennst dich doch im Wunderland Zentralcomputer bestens aus.
Sam: Wie ein Fisch im Wasser. Wie Jonas im Babypsilon.
Jonas: Wenn wir da nur wären.
Fedora: Jonas, ich hab eine Idee, warum verlagern wir die Auseinandersetzung mit Palafox und ihren Leuten nicht auf ein für uns günstigeres Terrain.
Jonas: SA 7 Metropolis. Schwarze Serie.
Fedora: Genau. Ich hab das Programm geschrieben, ich kenne jede Einzelheit, und Sie, Jonas.
Jonas: Jonas ist Nostalgiker, Fedora, Marlowe-Fan, Bogie-Fan.
Sam: Sammy-Fan.
Jonas: In einer nostalgischen Detektivsimulation werde ich mich wie zuhause fühlen. Besser. Bringen Sie uns hin, Fedora. Sammy wird das Programm einschalten.
Fedora: Augenblick, Jonas. Palafox ist in der Steuerzentrale. Wenn in SA 7 ein Programm startet, merkt sie das sofort.
Jonas: Das soll sie auch. Sammy wird ihren Befehlstand abblocken, sie neutralisieren, dann kann sie uns nicht abschalten und ihren Leuten keine Anweisungen geben. Wenn sie uns fassen will, muß sie runterkommen, ins Programm einsteigen, mitspielen.
Fedora: Das wird sie, Palafox ist eine Spielerin.
Jonas: Bestens. Und wenn Gwen Denver auch gern mal spielt.
Fedora: Tut sie. Wie ihre Schwester. Was haben Sie vor, Jonas?
Sam: Das wirste schon sehen.
Jonas: Die Stadt hatte viele Namen. Metropolis, Gotham City, Poisonville, oder einfach die Stadt. Über der Stadt lag Nacht. Es lag immer Nacht über der Stadt. Und es regnete. In der Stadt regnete es immer. Nervös weißes Neonlicht spiegelte sich in dunklen Pfützen und schwarzglänzendem Asphalt. Irgendwo wurde geschossen. In der Stadt wurde immer geschossen… Schritte… Leise vorsichtige Schritte. Zwei Gestalten traten aus einem dunklen Torweg auf die schwarz glänzende Straße. Sie blieben stehen. Zwischen einem Hydranten und einer verbeulten grauen Mülltonne.
Fedora: Das ist sie, Jonas, die schwarze Stadt der schwarzen Serie.
Jonas: Gefällt mir. Dunkel. Gefährlich.
Fedora: Die Aura des Bösen.
Jonas: Sie sagen es, Fedora. Vorsicht!
Holo1: Hände hoch!
Fedora: Jonas, keine Angst, die Figur in der Mülltonne ist nur ein Hologramm.
Jonas: Warum sagen Sie das nicht vorher?
Fedora: Das nächste Mal, versprochen.
Sam: Hoffentlich.
Jonas: Ich tauchte hinter dem Hydranten auf und steckte die Smith & Wesson weg, dann schlug ich den Kragen hoch, zog den Hut ins Gesicht, und führte eine kurze Unterhaltung mit meiner Manteltasche.
Sam: Alles geritzt, Boss.
Jonas: Palafox weiß Bescheid, Sam?
Sam: Na klar, Boss.
Jonas: Hast du ihre Befehlsleitung blockiert?
Sam: Aber immer, Boss.
Jonas: Und die Sache mit Glen Denver.
Sam: Ist angeleiert, Boss. Aktion Schwarze Serie läuft, Boss, bestens.
Jonas: OK, Sammy, aber du bist auf dem falschen Dampfer.
Sam: Wieso?
Jonas: Jonas ist nicht der Gangsterboß in der schwarzen Serie.
Sam: Aha.
Jonas: Jonas ist der Detektiv, Private Eye, lonesome Gun, pausenlos unterwegs im Dienst der Gerechtigkeit, unermüdlich tätig, um die Stadt zu säubern, um die Chefin der Unterwelt, die berüchtigte Polly Fox unschädlich zu machen.
Sam: Hoch klingt das Lied vom braven Mann, hoch auf dem gelben Wangen.
Fedora: Und ich bin die Freundin, die Frau an seiner Seite, Veronica Lake, Lauren Bacall, ein bißchen wild, aber loyal, durch und durch.
Sam: Na, ich weiß nicht.
Fedora: Häh?
Jonas: Wir hatten uns passend eingekleidet, in der Garderobe von SA 7. Fedora trug ein enges Abendkleid aus Silberlame, darunter nur schwarze Seidenstrümpfe, darüber einen platingrauen Chinchillamantel, erstklassiges Imitat. Jonas hatte sich einen hellen Trenchcoat zum Smoking gegriffen und einen Filzhut aufgesetzt, schwarz, mit breiter Krempe.
Fedora: Hey, steht Ihnen, Jonas, steht Ihnen ausgezeichnet.
Sam: Und auch Gnädigste sehen heute abend hinreißend aus, charmo charmant küß die Hand.
Fedora: Danke, Herr Sam, ich mag zwar keine Computer, aber bei Ihnen könnte ich glatt eine Ausnahme machen.
Sam: Och, sag Sam zu mir, ja, sag du.
Jonas: Setzen Sie Sammy bloß keine Rosinen in den Kopf, Fedora. Schwarze Limousine von links, Holo nehm ich an.
Fedora: Nein, Jonas, das sind Sicherheits…
Jonas: Deckung, zurück in den Torweg!
Sam: Aua!
Jonas: Ein schlechter Schütze, der Beifahrer mit der altmodischen MP. Wir standen auf, klopften uns ab, und zuckten zusammen. Ein Streifenwagen raste an uns vorbei, mit heulender Sirene.
Fedora: Das war nun wieder eine Holoprojektion.
Sam: Achtung, melde gehorsamst, soeben ist Direktorin Palafox in laufendes Programm schwarze Serie eingetreten. Sie hat Rolle von Gangsterchefin Polyphon, Korrektur Polly Fox übernommen.
Jonas: Wie geplant. Wunderbar. Übergang zur Phase zwei. Sie kennen den Weg, Fedora.
Fedora: Zum Nachtklub.
Jonas: Und zur Telefonzelle.
Fedora: Richtig. Kommen Sie.
Jonas: Wir liefen durch die nassen schwarzglänzenden Straßen, ab und zu Autos, manchmal fiel ein Mensch vom Dach und schlug vor uns aufs Pflaster, oder wir traten auf eine Leiche, Eispickel im Genick, Loch in der Schläfe. Wir bogen um eine Ecke und waren da, an der Telefonzelle.
Holo1: Hallo?
Fedora: Hey, die zwei Figuren, die Polly sucht, sind im Blackoutclub, sag ihr das.
Holo1: Wer spricht?
Fedora: Eine Freundin.
Jonas: Der Club lag direkt gegenüber. Zuckende Neonröhren buchstabierten Blackout. Ein zerschlissener Baldachin, darunter eine Tür, keine Klinke. Dafür ein Guckloch. Wir klopften.
Holo1: Privat. Nur für Mitglieder.
Fedora: Wir sind Mitglieder, Schätzchen.
Holo1: Ach ja? Zeigen Sie mal Ihren Ausweis.
Jonas: Er nahm die 10-Dollarnote und machte uns auf. Drinnen war es fast so dunkel wie draußen. Ein niedriger Saal, nur wenige Gäste, halbseidene Typen im Smoking. Nachtschwalben in Arbeitskleidung. Kellnerinnen mit Beinen bis zum Hals. Vorn ein kleines Podium, ein Klavierspieler spielte Klavier, eine Sängerin sang. Wir setzten uns, an einen Tisch, ganz hinten.
Holo2: Pink Lady für die Lady.
Fedora: Danke.
Holo2: Und für Sie, Sir, Scotch on the Rocks. Haben Sie sonst noch Wünsche? Heroin, Kokain, Perversionen?
Jonas: Danke. Nicht viel los bei Ihnen.
Holo2: Die Nacht ist noch jung, Sir.
Sam: Sammy auch.
Jonas: Holo?
Fedora: Alles hier drin ist Holo, Jonas, die Bedienung, die Gäste, die Künstler, alle, mit einer Ausnahme.
Jonas: Hoffentlich. Ich frage mich, wer von den…
Palafox: Ruhe! Alle an die Wand. Kein Laut, keine Bewegung!
Sam: Aua!
Jonas: Direktorin Palafox alias Polly Fox. In einem schwarzen Herrenanzug, mit Weste und Krawatte, und MP, sehr schick, sehr verrucht. Ihre Gangster hatte sie mitgebracht, die sahen allerdings verdächtig nach Wunderlandsicherheit aus, blaurote Uniformen, Laserstrahler, ein schwerer Stilbruch. Aber das störte Palafox nicht. Sie hatte erreicht, was sie wollte.
Palafox: Da ist sie ja, unsere liebe Fedora, mit ihrem Kavalier, diesem Privatdetektiv.
Jonas: Jonas ist der Name, nur Jonas.
Palafox: Nur zu. Sie werden bald keinen Namen mehr brauchen. Fesselt die beiden und dann raus mit euch, wartet vor der Tür, ich hab noch ne Kleinigkeit zu erledigen.
Jonas: Fünf Minuten später waren wir unter uns. Palafox, Fedora, Jonas. Die Holofiguren an den Wänden zählten nicht. Oder doch?
Palafox: So, jetzt müßte ich Ihnen Betonschuhe verpassen und Sie damit auf den Grund des Eastrivers schicken, aber ich glaube nicht, daß wir hier irgendwo Beton haben, und den Eastriver haben wir schon gar nicht. Wir werden uns mit dieser Waffe begnügen müssen, keine Attrappe, kein Hologramm, eine echte Antiquität. Thomygun sagte man damals dazu.
Jonas: Sie wollen uns umbringen.
Palafox: Ja. Offenbar sind Sie ein ganz besonders schlauer Privatdetektiv, ja, ich will sie umbringen.
Fedora: Hören Sie, Frau Palafox.
Palafox: Polly bitte, Polly Fox, Sie fallen aus der Rolle, Fedora.
Fedora: Also, Polly, warum wollen Sie uns töten, Polly?
Palafox: Das wissen Sie doch.
Fedora: Sagen Sie es uns trotzdem, Polly, bitte.
Palafox: Na, Sie haben recht, am Schluß wird reiner Tisch gemacht, so ist es in den alten Büchern und in den Filmen, OK, packen wir aus. Ich habe Glen Denver ermordet, weil sie an die Japaner verkaufen wollte, und die hätten mich rausgesetzt.
Fedora: Das ist ein Grund.
Palafox: Nicht wahr? Es sollte so aussehen, als gehörten Mord und Sabotage zusammen, aber dann hat Milius sich eingemischt, und Sie, Sie Privatdetektiv, Sie haben Fedora als Saboteurin entlarvt und ihr gleichzeitig für den Mord ein Alibi gegeben, zusammen mit Milius. Darum mußte ich auch Milius umbringen. Bei Ihnen hat’s nicht ganz geklappt, leider, aber das holen wir jetzt nach.
Jonas: Na bitte, wir hatten Palafox dazu gebracht, ein Geständnis abzulegen. Wie geplant. Während Sie redete, bewegte sich was hinter ihr, eine Holofigur löste sich von der Wand, kam näher, eine Frau, nicht mehr jung, aufgedonnert, Schlitz im superkurzen Kleid, Ausschnitt bis zum Bauchnabel, hinter Palafox blieb sie stehen, holte einen Laserstrahler aus ihrer Handtasche und bohrte ihn Palafox in den Rücken.
Gwen Denver: Lassen Sie die Maschinenpistole fallen, Palafox.
Palafox: Kusch, zurück an die Wand, übernimm dich nicht, du bist nur eine Holoprojektion.
Gwen Denver: Meinen Sie, Palafox? Erkennen Sie mich nicht? Vielleicht habe ich mir etwas zu viel Make-up aufgekleistert, sehen Sie mich nur richtig an.
Palafox: Mein Gott, Gwen, Gwen Denver, wie kommen Sie hierher?
Jonas: Wir haben sie kontaket, über meinen Computer.
Fedora: Und weil sie uns nicht ohne weiteres glauben wollte, haben wir sie aufgefordert, sich in die schwarze Serie einzuschleusen, als unauffällige Holofigur.
Gwen Denver: Und das hab ich getan, mit großem Vergnügen. Aber wenn ich an meine arme Schwester denke, die Sie auf dem Gewissen haben, Palafox, Waffe weg!
Palafox: Ah!
Jonas: Palafox ließ die MP fallen und hielt sich die rechte Hand. Sie war geschlagen und sie wußte es. Gwen Denver band uns los, dann informierte sie die Sicherheitstypen, gab ihnen neue Befehle, ließ sie abrücken, mit Palafox.
Gwen Denver: Alles erledigt. Wir können das Programm beenden.
Jonas: Sammy?
Sam: Was wünscht mein Herr und Meister?
Jonas: Schalt die Schwarze Serie ab.
Sam: So sei es, Sahib.
Gwen Denver: Schicken Sie mir Ihre Rechnung, Herr Jonas. Fedora, kommen Sie mit.
Fedora: Ja. Auf Wiedersehen, Jonas, und… Danke.
Jonas: Das ist also das Simulationsareal. Die Wirklichkeit. Eine kahle Scheune. Rohre. Ein paar Drähte. Traurig.
Sam: Ach, mach dir nichts draus, Kumpel, sieh mal, Babylon ist doch auch was, ne, auch duster, auch gefährlich, naja vielleicht nicht sehr romantisch, aber mondieu, was willst du mit Romantik? Kannst dir nichts dafür kaufen. Weißt du was, Alter, wenn dir die Wirklichkeit mal zu sehr auf den Wecker fällt, dann, ja dann gehst du ins Wunderland und buchst einmal schwarze Serie, nicht, ja.
Das war Wunderland. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Außerdem wirkten mit: Ilona Grübel, Ilse Neubauer, Karl Heinz Vietsch und viele andere (Helga Fellerer, Udo Wachtveitl, Julia Fischer). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Assistenz: Wolfgang Ruhdörfer. Regie: Werner Klein. (Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks) (1991). (Redaktion: Erwin Weigel).
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Westfront
Jacob: Was ist los mit dir, Jonas? Du sitzt da, sagst nichts, machst ein Gesicht wie Chefinspektor Brock im Spätdienst, trinken tust du auch nicht. Was hast du?
Jonas: Ich mach mir Gedanken, Jacob.
Jacob: Ach was? Worüber?
Jonas: Über Philip Marlowe. Warum er immer im Trenchcoat rumgelaufen ist. In Kalifornien. Wo es nie geregnet hat. Damals. Im 20. Jahrhundert.
Jacob: Ich sag dir was, Jonas. Du bist von der Rolle.
Jonas: Sah ganz so aus. Vielleicht lag’s daran, daß Judith gerade ein viertel Jahr tot war. Oder daß mein letzter Fall schon zwei Monate zurücklag. Wie auch immer. Mit Jonas war nicht viel los. Mit dem Casablanca auch nicht. Außer Jonas nur zwei Gäste. Alter Mann. Junge Frau. Hinten in der Nische.
Jacob: Weißt du, was ich glaube, Jonas? Ich glaube, du wirst alt. Kein Schwung mehr, kein Pep, du hast es schon hinter dir.
Jonas: So, glaubst du, Jacob, das wollen wir doch mal sehen. Hören Sie, ja, Sie meine ich, und Sie auch. Haben Sie Probleme? Brauchen Sie einen Privatdetektiv? Völlig umsonst, kostet Sie keinen Euro. Einmaliges Sonderangebot.
Baltasar: Belästigen Sie uns nicht, junger Mann.
Ophelia: Augenblick, Baltasar. Ein Privatdetektiv, das ist doch keine schlechte Idee. Falls Sie wirklich einer sind, Herr…
Jonas: Jonas. Nur Jonas. Und Jonas war wirklich einer. Genauer gesagt der. Der Privatdetektiv. Der einzige. Und der letzte. In Babylon und Umgebung.
Baltasar: Gesellen Sie sich zu uns, Herr Jonas, nehmen Sie Platz, ich darf mich vorstellen, Baltasar, Schauspieldirektor.
Jonas: Sie haben ein Theater.
Ophelia: Nein, nein wir sind Amateure.
Baltasar: Aber gut, Herr Jonas, ein hervorragendes Ensemble.
Jonas: Wenn Sie das sagen. Wo kneift die Hose?
Baltasar: Bitte?
Jonas: Wo brennt’s wo piekts, wo drückt der Schuh.
Baltasar: Ich verstehe. Lassen Sie mich ein wenig ausholen, Herr Jonas, seit einigen Wochen proben wir ein Stück: Hamlet. Prinz von Dänemark, von William Shakespeare. Womöglich ist es Ihnen bekannt.
Jonas: Sein oder nicht sein.
Baltasar: Das ist hier die Frage, ganz recht, Herr Jonas.
Sam: Was ist uns Hamlet und was sind wir ihm daß wir um ihn sollen weinen.
Ophelia: O, was ist denn das?
Jonas: Mein Taschencomputer. Sam mit Namen. Verbal. Ungeheuer verbal und ungeheuer gebildet. Hamlet ist für ihn ein Klacks. Ungeheuer eingebildet ist er auch. Dazu undiszipliniert, vorlaut und absolut unentbehrlich. Was würde ich machen ohne Sam.
Sam: Dir zur Abwechslung mal selber was einfallen lassen du Kleinsthirn. Das ist ein Witz. Haha.
Jonas: Und nochmal ha. Zurück zu Hamlet.
Sam: Hahahamlet. Ha-ha-kotelett. Hammelkotelett.
Jonas: Ruhe. Wo liegt Ihr Problem, Herr Baltasar.
Baltasar: Kurz gesagt, Herr Jonas, Hamlet ist uns abhanden gekommen, unser Hauptdarsteller, seit drei Tagen ist er nicht zu den Proben erschienen.
Ophelia: Und zu Hause ist er auch nicht.
Baltasar: Niemand weiß, wo er sich aufhält, er ist, so hat es den Anschein, vom Erdboden verschwunden.
Jonas: Und ich soll ihn für ihn suchen.
Ophelia: Oh ja bitte.
Baltasar: Ohne ihn sehen wir uns außerstande, unsere künstlerische Arbeit erfolgreich fortzuführen.
Jonas: Wie heißt er?
Domenico Dellasandro.
Jonas: Wirklich?
Baltasar: Das ist sein Künstlername, eigentlich heißt er Dalles.
Ophelia: Dieter Dallas.
Jonas: Kein sehr schöner Name, Dieter Dallas und der andere ist mir zu lang, ich bleibe bei Hamlet. Haben sie ein Bild vor ihm?
Ophelia: Ja hier, ein Foto von der Probe.
Sam: Ach herrje.
Jonas: Hamlet war jung, dunkel, gutaussehend, sehr intensiv. Er wirkte, als wolle er sich aufschwingen, hoch über die abgelatschten Bretter der Hinterhofbühne, hoch über Babylon. Neben ihm das war sie, Ophelia, ihren richtigen Namen habe ich vergessen.
Sam: Was ist ein Name. Schall und Rauch.
Jonas: Für mich sind Sie Ophelia. Weil es steht Ihnen. Wo wohnt Ihr Hamlet.
Ophelia: Ich bring Sie hin, ich habe einen Schlüssel, wir sind befreundet, und ich wohne im gleichen Haus.
Sam: Haha, vielleicht auch nur im Zelt.
Jonas: Ein Quader, auf die Schmalseite gestellt, vergraut, ausgefranst, 60 Stockwerke, in jedem Stockwerk 100 Cubics, von Cubiculum, sagt Sam, das ist lateinisch und heißt Zimmer, ein Cubic ist kein Zimmer, ein Cubic ist ein Wohnloch, für alleinstehende Volksrentner und -innen ohne Zusatzeinkommen, 2 mal 2 mal 3 Meter, alles was der Mensch braucht, und kein Millimeter mehr.
Ophelia: Ich warte vor der Tür.
Jonas: Das müssen Sie wohl. Liege, Waschbecken, Holoschirm, Stauraum, leer, nein hier ist was, Bücher, ha, drei Musketiere, König Salomos Diamanten, durchs wilde Kurdistan.
Ophelia: Seine Bücher. Er hat sie immer wieder gelesen und sich begeistert an Abenteuern und Heldentaten, an Gefahr und Risiko. An allem was er nicht hatte und wonach er sich sehnte.
Jonas: Ich verstehe, ich verstehe sehr gut.
Sam: Wie ekel schal und flach und unersprießlich scheint ihm das ganze Treiben der Welt.
Jonas: Du sagt es, Sammy.
Sam: Nicht ich, Blödmann unliterarischer, Shakespeare Williamsbirne.
Jonas: Auch gut. Er war also Nostalgiker, unser Hamlet.
Ophelia: Er war unzufrieden, das Leben langweilte ihn, deshalb ist er zu uns gekommen, zu Baltasars Truppe, aber die Schauspielerei reichte ihm nicht. Er wollte
Jonas: Na bitte, in Büchern findet ein Detektiv manchmal recht interessante Dinge, nicht wahr Sammy.
Sam: Erlaube mir ergebenst Herrn Diplombibliotheksrat an Fall Sündenbock zu erinnern. Zwei Jahre sind seitdem ins Land gegangen, zwei lange Jahre oder mehr.
Jonas: Shakespeare.
Sam: Sam, Sam der Poet, Sam der Dichter, Sam der Reimer, Sam der Rammler.
Jonas: Sam der Quatschkopf. Einen getürkten Notizzettel haben wir damals gefunden. In einem Krimi. Und heute
Sam: Kopie einer Holotextseite.
Ophelia: Vom 21. Oktober 2012, einen Tag, bevor er verschwunden ist.
Jonas: Anzeigen, nur Anzeigen, eine ist eingekringelt.
Ophelia: Enttäuscht, unzufrieden, auf der Suche, das Leben hat mehr zu bieten als Plan und Programm, als Volksrente und Alltagsfrust, leben Sie riskant, leben Sie gefährlich, leben Sie sinnvoll, machen Sie einen neuen Anfang, wir sagen Ihnen wie, fonieren Sie…
Jonas: Ein guter Detektiv erkennt eine Spur auf Anhieb, besonders wenn sie ihm auf dem Tablett serviert wird. Ich fonierte und wurde für den nächsten Morgen zu einer Adresse im Zentrum bestellt, in eins der vielen lackierten Hochhäuser um den Ernst-August-Platz. Die Firma A wie Abenteuer residierte im 21. Stock, viel Platz, viel Geld, ein großzügiger Empfangsraum, Ledersessel, die fast echt aussahen, Tierfelle und alte Waffen unter Glas, unbezahlbare Antiquitäten. Hinter dem englischen Kapitänstisch eine perfekt gestylte Abenteuerin, Sonnenbräune, Safarikostüm aus Naturleinen, ein Lächeln so offen wie die Prärie und so gefährlich wie der Dschungel.
Angestellte: Sie fühlen sich von unserer Anzeige angesprochen, Herr Jonas.
Jonas: Ein Freund hat mich darauf aufmerksam gemacht.
Angestellte: Sie sind enttäuscht, frustriert, unzufrieden.
Jonas: Dieter Dalles. Er nennt sich auch Domenico Dellasandro.
Angestellte: Sie sind auf der Suche.
Jonas: Vor drei Tagen war er bei Ihnen, am 22.
Angestellte: Durchaus möglich, Herr Jonas. Sie glauben ja nicht wie viel viele Babylonier den Wunsch haben, ihr Leben zu ändern, neu anzufangen und wir sagen
Jonas: Sie sagen ihnen wie. Siehe Anzeige. Und was?
Angestellte: Wie meinen Sie, Herr Jonas.
Jonas: Ich meine was. Was tun Sie? Was tut die Firma A wie Abenteuer.
Angestellte: Wir helfen, Herr Jonas, wir weisen hin, wir beraten.
Jonas: Werben Sie Söldner?
Angestellte: Nicht direkt, Herr Jonas.
Jonas: Vermitteln Sie Jobs, gefährliche Jobs?
Angestellte: Das kann man so nicht sagen. Erzählen Sie mir etwas von sich, Herr Jonas.
Jonas: Ich sagte ihr, ich sei im Krieg gewesen, im antarktischen Krieg, vor 7 Jahren beim 9. Guerillakommando auf Feuerland. Mehrmals verwundet, mehrmals dekoriert. Das hörte sie gern.
Angestellte: Auszeichnet, Herr Jonas, genau das was wir brauchen, erstklassiges Führungsmaterial. Wenn Sie einen Augenblick nebenan warten würden. Ich muß kurz noch Rücksprache nehmen, bevor ich Ihnen ein Angebot machen kann, das für Sie, dessen bin ich sicher von erheblichem Interesse sein wird. Die Tür rechts Herr Jonas.
Jonas: Dieter Dallas alias Dallesandro.
Angestellte: Richtig, Ihr Freund, ich werde nachforschen lassen, ob er uns aufgesucht hat und ob wir ihm weiterhelfen konnten. Ein paar Minuten, Herr Jonas, die Bar im Warteraum steht selbstverständlich zu Ihrer Verfügung.
Jonas: Danke.
Jonas: Eine großzügige Bar, jede Menge Flaschen, Whisky natürlich, Cognac, Wodka, aber auch Grappa und Tequila. Jonas ist altmodisch, Jonas ist Nostalgiker, Jonas hielt sich an Whisky. Scotch. Viel Scotch, wenig Wasser. Und beim Trinken machte ich mir Gedanken, über Ophelia, über den abenteuerlustigen Hamlet und über die seltsame Firma A wie Abenteuer. Ich dachte an den Krieg.
Jonas: Krieg, wieso Krieg, der Krieg ist vorbei.
Angestellte: Noch nicht, Herr Leutnant, aber es wird nicht mehr lange dauern. Prosit, Herr Leutnant, auf den Sieg unserer Waffen.
Jonas: Auf den Endsieg. Leutnant. Ich bin nicht Leutnant, ich bin Detektiv. Der letzte Detektiv.
Angestellte: Ist Ihnen nicht gut, Herr Leutnant, trinken Sie noch einen Schnaps, Herr Leutnant, auf unseren obersten Kriegsherrn seine Majestät Kaiser Wilhelm den zweiten.
Jonas: Hurra Hurra Hurra. Unsinn, Unsinn, in Babylon gibt’s keinen Kaiser, in Babylon gibt’s nur eine Bürgermeisterin, und die taugt nichts.
Angestellte: Wachen Sie auf, Herr Leutnant, Ihr Marschbefehl, Herr Leutnant, an die Westfront, ausgestellt am 10. März 1918, Herr Leutnant.
Jonas: 1918, das ist nicht wahr. Das ist alles nicht wahr.
Angestellte: Kommen Sie zu sich, Herr Leutnant, die Pflicht ruft, die Front wartet.
Jonas: Jawohl.
Jonas: Ich war wieder bei mir. Ich hatte geträumt, einen Alptraum, von der Zukunft, von einer riesengroßen Stadt namens Babylon, und von einem Detektiv, der so hieß wie ich. Aber jetzt war ich wach, und alles war klar, ich wußte wieder, wer ich war. Leutnant Jonas vom Jägersturmbataillon großherzogliches oldenburgisches Garderegiment zu Fuß, am 18. März 1918 unterwegs zur Westfront.
Fahrer: Wenn Herr Leutnant gestatten, Herr Leutnant müssen aussteigen.
Jonas: Sind wir schon da?
Fahrer: So gut wie, Herr Leutnant. Ab hier müssen Herr Leutnant marschieren.
Jonas: Welche Richtung.
Fahrer: Da ist die Front, Herr Leutnant, wo geschossen wird, immer gerade aus durch den Annäherungsgraben. Hals und Bauchschuß, Herr Leutnant.
Jonas: Ich sah mich um. Das war also die Westfront, tiefer Himmel, graue Wolken, graubraune Bodenwellen, kahl, abgesehen von schwarzen Baumskeletten, am Horizont Ruinen und Rauch, vor mir im diffusen grauen Hell-Dunkel rotes Flackern. Eine unwirkliche Szenerie. Ein Bühnenbild, eine Theaterlandschaft, und dazu passend die dumpfe Musik aus den Schlünden der Artillerie. Ich setzte mich in Marsch durch den Annäherungsgraben, vorbei an einem Flugplatz, an Wagenparks und Munitionsdepots, an Batterien, Feldkanonen, Haubitzen, an Marschkolonnen und Verwundetentransporten. Der Graben wurden tiefer, Quergräben tauchten auf, Unterstände, und dann ging’s nicht weiter. Ich war da, in vorderster Linie.
Major: Da sind Sie ja endlich. Willkommen im Schützengraben, Herr Kamerad. Schluck aus der Pulle?
Jonas: Danke Herr Major. Leutnant Jonas meldet sich zur Stelle. Mein Marschbefehl.
Major: Ja ja schon gut, die Fisimatenten können Sie sich sparen. Sie sind an der Front Mann, hier braucht man keine Männchen, hier kneift man den Arsch zusammen, verstanden.
Jonas: Verstanden Herr Major.
Major: Damit Sie sich gleich richtig eingewöhnen Herr Kamerad, Sie gehen heut nacht raus.
Jonas: Raus, Herr Major.
Major: Raus, rüber auf die andere Seite. Stoßtruppunternehmen. Ein paar Torries einsammeln, damit wir wissen, ob die was wissen.
Jonas: Wissen, was wissen, Herr Major.
Major: Na Sie sind gut. Letzte Nacht in der Etappe ordentlich einen draufgemacht was? Unsere Großoffensive Mann, Operation Michael. In den nächsten Tagen geht’s los.
Jonas: Jawohl Herr Major.
Major: Ich geb Ihnen ein paar gute Leute für Ihren Stoßtrupp. Alte Frontschweine schon jahrelang draußen. Noch’n Schluck.
Jonas: Danke verbindlichst, Herr Major.
Major: Schlage vor, Sie peilen gleich mal die Lage, solange es noch hell ist.
Jonas: Befehl Herr Major.
Major: Doch nicht so, Mann, steckt der Kerl einfach seine Birne über den Rand. Was schicken die uns bloß für Heinis aus der Heimat. Sie sind vom Jägersturmbatallion.
Jonas: Jawohl.
Jonas: Oder vielleicht doch nicht, plötzlich wußte ich es nicht mehr genau. Der Major, der Graben, die Sandsäcke, die Soldaten, der hängende Himmel, alles wurde unscharf, fing an zu verschwimmen.
Major: Reißen Sie sich zusammen Mann, ist ja nichts passiert. Sehen Sie durchs Scherenfernrohr.
Jonas: Befehl Herr Major.
Major: Also der Strich dort hinten etwa 50 Meter, das ist der Feind. Die vorderste Stellung der Tomies, und davor die Drahtverhaue, die MG-Nester, die Erdklumpen und vollgelaufenen Bombentrichter, die Leichen, die Ratten, der Gestank, der Schlamm, dieses hochkünstlerische Stilleben, ist das Niemandsland. Prägen Sie sich alles gut ein, Mann, da müssen Sie heute nacht durch.
Jonas: Befehl, Herr Major.
Major: Verdun liegt direkt vor uns. Der abgebrochene Kirchturm am Horizont, rechts fließt die Sonne da wo die verkohlten Weidestümpfe stehen. Die Berge dahinter, Sie können sie gerade noch sehen, das sind die Vogesen.
Jonas: Irgendwas stimmte nicht, das spürte ich. Ganz deutlich. Irgendwas mit der Westfront, und mit mir. War ich wirklich Leutnant Jonas, wirklich im Jahr 1918, wirklich an der Front. Und was war mit dem rätselhaften Kasten aus irgendeinem harten Material in meiner Hosentasche. Behalten, sagte mir eine innere Stimme, auf gar keinen Fall wegschmeißen.
Major: Schweres Trommelfeuer, der Tommy kriegt ordentlich Khartum. Wohl bekomm’s. Uhrenvergleich, es ist jetzt 22 Uhr 18.
Jonas: 22 Uhr 18 Herr Major.
Major: In zwei Minuten rollt die Feuerwalze weiter nach vorn, dann gehen Sie rüber.
Jonas: Jawohl Herr Major.
Major: Gewehr und Bajot bleiben hier, nur Handgranaten und Spaten und ihre P08 natürlich. Es ist soweit, machen Sie’s gut, Herr Kamerad. Los.
Jonas: Raus aus dem Graben, mit meinem Trupp, leise und leise arbeiteten wir uns vor, durchs Niemandsland, Richtung feindlicher Graben, plötzlich ein Knall, ein scharfes Zischen, eine Leuchtkugel stieg auf, noch eine, ein ganzer Leuchtschirm, ich preßte mich in die Erde, versuchte mich unsichtbar zu machen, zwecklos, schweres MG-Feuer setzte ein, ich spürte einen Schlag gegen die Stirn, dann nichts mehr, gar nichts, jemand hatte die Welt abgestellt. Ich kam zu mir, Stille, Dämmerung, es wurde dunkler. Abend. Offenbar hatte ich eine ganze Nacht und einen ganzen Tag im Niemandsland gelegen, im Schlamm. In einem Granattrichter. In Gesellschaft diverser Gliedmaßen, Eingeweide, Uniformenfetzen. Jonas war noch ganz, abgesehen von der Schramme an der Stirn, wo mich ein Splitter getroffen hatte. Ich hatte Hunger und Durst. Feldflasche und eiserne Ration hatte ich verloren. Außerdem hatte ich ein Problem. Ich war Jonas. Nur Jonas. Der letzte Detektiv. Tätig zu Babylon Vereinigte Staaten von Europa im frühen 21. Jahrhundert, das wußte ich, das stand fest. Warum lag Jonas dann in feldgrau im der Westfront des 1. Weltkriegs herum, fast ein Jahrhundert vor seiner Zeit, das war mein Problem. In meiner Tasche war ein Ding, das Probleme lösen konnte. Ein Kästchen namens Sam. Ich holte es raus und drückte den Aktivierungsknopf.
Sam: Leipzig, Rostock, Dresden, Halle Halleluja. Sammy ist auferstanden von den Toten. Auferstanden aus Ruinen und der Kuhzunft zugewandt. Jawohl, und er ist wieder bei seinem Jonas mit dem ist er wieder vereinigt. Theo gracias. In dulci jubilo.
Jonas: Jubeln kannst du später, Sammy, jetzt wird gearbeitet. Wo sind wir.
Sam: In der Wildnis, ehrfürchtigster Großmufti, nicht allzuweit von Babypsilon.
Jonas: Was ist passiert, ich war bei dieser Firma A wie Abenteuer im Warteraum an der Bar. Der Whisky.
Sam: Der Whisky, o du mein halt- und zuchtloser Dipsomane, gepanscht, versetzt mit einer Bewußtseinsdroge, Blow your mind.
Jonas: Und Detektiv Jonas verwandelte sich in Leutnant Jonas, im Jahr 1918. Fall Spielwiese, weißt du noch Sammy, da war’s ganz ähnlich. Wie hieß das Zeug Luzi.
Sam: Luzinon du Franzenhirn.
Jonas: So was muß im Whisky gewesen sein.
Sam: Nicht nur im Whisky, Speis und Trank an dieser sogenannten Westfront.
Jonas: Aber ja, Sammy, und weil ich fast 24 Stunden nichts gegessen und getrunken habe.
Sam: Bist du wieder klar, Kumpel. Halleluja.
Jonas: Halleluja, Sammy. Also, irgend jemand hat sich hier draußen in der Wildnis.
Sam: Wo weder Recht gilt noch Gesetz.
Jonas: Genau, da hat sich jemand ein Stück Westfront aus dem 1. Weltkrieg nach-gebaut, über Anzeigen besorgt er sich Rekruten, ihr Bewußtsein wird manipuliert.
Sam: Durch schnöden Trank aus mitternächtgen Kraut, dreimal vom Fluche Hekates betaut. Shakespeare.
Jonas: Apropos. Hamlet. Ich habe ihn nicht gesehen. Vielleicht ist er drüben bei den Tommies oder hier.
Sam: Dies Stücklein Arm, dies Endchen Darm.
Jonas: Hoffen wir das beste, Sammy. Weiter. Wie bin ich von Babylon hierhergekommen.
Sam: Mittels E-Laster, euer Unbewußtheit, durch die Wildnis, durch ein Tor.
Jonas: Ja Sammy. Und?
Sam: Ja und da verließen sie ihn, das heißt mich. In jenem Tore nämlich, kaum vermag ich’s über meine unschuldvollen Lippen zu bringen.
Jonas: Du hast keine Lippen Sam. Was war mit dem Tor.
Sam: Elektronische Barriere, ein gar hundwürdig Ding, so jedweden Computer, der es passiert, zum Absturz wohl mag bringen.
Jonas: Aber du bist doch nicht abgestürzt, Sam.
Sam: Nein und nimmer mehr, hat doch mein Herr in seiner übervollen Güte erst unlängst seinem Sammy was spendiert.
Jonas: Richtig, spezielle Abstürzsicherung, nicht gerade billig.
Sam: Doch lohnend Milord Knieckebein. Sam ist nicht abgestürzt, Sam wurde lediglich deaktiviert. Und nun.
Jonas: Hab ich dich wieder aktiviert. OK dann sei mal ein bißchen aktiver, was hier gespielt wird.
Sam: Klären wir später, wenn wir mehr Daten unser eigen nennen. Jetzt heißt’s Parole Heimat, ab dafür, soweit die Füße tragen.
Jonas: Einverstanden. Leutnant Jonas desertiert. Frage wie.
Sam: Frage wie, so schnell wie möglich, trübe Tasse.
Jonas: Weiß ich selber, wie Sammy.
Sam: Fluchplatz. Gestern Fluchzeug.
Jonas: Der klapprige Doppeldecker. Das Museumsstück. So was soll ich fliegen.
Sam: Missio Marquis, wer im 21. Jahrhundert Helikopter steuert, der wird wohl doch keine Angst haben von einer Fokker D7 anno 1918.
Jonas: Klar, alles ein Kinderspiel, sich durch die Linien schleichen, den Flugplatz finden, die Wache ins Bett schicken mit dem Griff meiner Luga P 08, die Maschine starten und hochziehen, im Dunkel, sowas macht Jonas jeden Tag, mit links. Ich war in der Luft, hoch über der Westfont. Kein sehr großes Gelände, drum herum eine beleuchtete Mauer, nur unterbrochen von einem zweistöckigen Torhaus. Seltsam, von unten wirkte der Horizont weit und endlos.
Sam: Illusionsholos, du Blindschleierich, ringsum an der Mauer. An der Mauer auf der Lauer liegt ne kleine Tante.
Jonas: Nicht viel los dahinten.
Sam: Indeed Sir. All quiet an der Westfront.
Jonas: Leuchtkugeln und MGs. Die schießen auf uns.
Sam: Nur zu, da lacht er Hohn, der rote Baron.
Jonas: Jonas ist nicht der rote Baron, Sammy, und du bist nicht Snopy.
Sam: Na ja.
Jonas: Die Maschine ist getroffen, Sam.
Sam: Jedoch sie hält sich noch. Flieg zu.
Jonas: Wohin?
Sam: Dorthin mein Freund, wo fern im Westen ein Widerschein den Horizont erhellt.
Jonas: Babylon?
Sam: Babylon, Heimat, süße Heimat.
Jonas: Schaffen wir nicht, Sammy, der Motor setzt aus.
Sam: Keine Panik, flieg weiter so lang die Füße tagen.
Jonas: Und dann?
Sam: Steigst du aus.
Jonas: Einfach so.
Sam: Kannst machen wir du willst, du Knallkopf, du kannst aber auch den Fallschirm nehmen unter dem Sitz. Hals und Leisterbruch.
Jonas: Am nächsten Tag in Babylon, zu Hause, in meinem Büroapartment. Heimkehrer Jonas war noch etwas mitgenommen, aber schon weitgehend aufgefrischt, und der Zukunft zugewandt.
Sam: Hein ist der Seemann, hein vonne See. Und der Jäger heim aus der Berge.
Jonas: Shakespeare?
Sam: Halt, euer Unbilden, Robert Louis Stevenson.
Jonas: Wer immer das ist oder war.
Fonrobot: Hallöchen, tut uns ganz ganz furchtbar leid, unter der Nummer kriegst du keinen Anschluß mehr, die lieben Menschen von A wie Abenteuer sind nicht mehr da, die ganze Firma ist weg, tatü, A wie aufgelöst. Hallöchen tut uns ganz ganz…
Jonas: Aufgelöst.
Sam: Aufschlußreich.
Jonas: Aber nicht hilfreich.
Sam: Mein Gott, Walter, mußt du denn in einer Tour hetzen, jachern und wulackern. Mach mal Pause, leg die Beine hoch, trink gemütlich eine Tasse Sojakaff.
Jonas: Sammy, da draußen sterben Menschen. Da wird gebombt und geschossen.
Sam: Well, life is no cherrypicking.
Jonas: Das muß aufhören, Sam. Darum muß Jonas wissen, was da los ist, wer dahinter steckt und die Fäden zieht.
Sam: Lobenswert euer Wohlmeinen.
Jonas: Außerdem hat Jonas einen Auftrag.
Sam: Ach Gott, Auftrag für noth für nix und wieder nix.
Jonas: Das spielt keine Rolle, Sammy, Auftrag ist Auftrag. Also, Machen wir einen Plan. A wie Abenteuer ist untergetaucht. Wir müssen woanders einhaken, zurück zum Kriegsschauplatz in die Wildnis.
Sam: Ohne neue Daten, wohl Lebensmüde, was. Da ist kein Plan, du Pappnase, das ist Schrott.
Jonas: So Schrott, weiß du was Schrott ist, Sammy, ein gewisser Computer veraltet verdreht.
Sam: Verbumdielt.
Jonas: Genau. Der ist Schrott, Sam.
Sam: Als ob du dir was besseres leisten könntest, korinthenkackende Kirchenmaus.
Jonas: Tusche. Hast du einen besseren Vorschlag.
Sam: Aber immer. Bohren du Bumsprägen, stochern.
Jonas: Das Boot zum Schaukeln bringen.
Sam: Vorausgesetzt, Oberbootsmann Smart bleiben stets der Tatsache eingedenk, daß er selbst einen Insassen besagten Bootes bildet.
Jonas: Schon gut, Sammy, was da draußen abläuft ist der 1. Weltkrieg, in komprimierter Form sozusagen, maßstäblich verkleinert. Wer ist Experte.
Sam: Für Weltkrieg 1, mein Herr und Meister.
Sam: Nur einen einzigen gibt’s in Babylon, sein Name Professor Morell, historisches Institut, Philosophische Fakultät, Universität von Babylon.
Jonas: Professor Morell war in seinem Arbeitszimmer im Institut. Er war bereit Jonas zu empfangen und sich anzuhören, was Jonas zu erzählen hatte.
Morell: Eine fantastische Geschichte, Herr…
Jonas: Jonas, nur Jonas.
Morell: Sind Sie sicher, daß es sich nicht um einen Traum handelt oder eine Halluzination womöglich. Pflegen Sie Solipsin zu sich zu nehmen, Plastikiff. Kleiner Fehlgriff bei der Dosierung und Sie erleben die unwahrscheinlichsten Dinge im Kopf.
Jonas: Das ist nicht die Frage, Professor.
Morell: Nein? Und was ist, wenn ich fragen darf, die Frage?
Jonas: Entspricht das was ich erlebt habe der historischen Realität des 1. Weltkriegs.
Morell: Teils teils, Herr Jonas, Waffen, Gerätschaften scheinen, soweit ich das nach Ihrer Schilderung beurteilen kann, historisch zu sein, die Chronologie des gleichen. Diskrepanzen sehe ich vor allem in der Topographie. Zwischen der Sonne und den Vogesen liegen gut 300 km.
Jonas: Ich bin also nicht ins Jahr 1918 zurückversetzt worden.
Morell: Sie meinen durch eine Zeitmaschine oder dergleichen, mein lieber Herr Jonas, so was gibt es nur in Sciencefiction-Romanen. Ich glaube sie haben geträumt.
Jonas: Zurück ins Büro. Feierabend für heute. Es wurde schon dunkel. Hatte mein Besuch bei Morell das Boot zum Schaukeln gebracht. Ich war nicht sicher, aber dann als ich meine Bürotür aufschloß war ich sicher. Ein Schlag, ein plötzlicher heftiger Schlag auf den Kopf, Stärke 12 auf der nach oben offenen Richterskala. Mindestens. Ich war Richthofen, der rote Baron, ich ritt auf meinem Albator D 2 durch die Wolken und schoß den Feind daher so wie es mir gefiel. Und dann wachte ich auf, in meinem Büro, auf dem Fußboden, Hände auf den Rücken gefesselt, Füße zusammengebunden.
Alk: Hey, Kutte, mach hin.
Kutte: Nicht nervös werden, Alk, Spaß muß sein, wir warten, bis die dumme Sau richtig wach ist, und dann sagen wir dem Arsch, was wir mit ihm machen, Schnellkleber ins Maul und in den Rüssel, und dann bescheißt er sich vor Angst.
Alk: Ey scharf, Kutte.
Kutte: Und dann hältst du ihm die Birne fest, Alk, und ich schmier ihn zu, und dann läßt du ihn los, und dann würgt er und hopst rum, wie angestochen.
Alk: Ey geil, Kutte.
Kutte: Und Stielaugen macht er und den Boden kratzt er auf und das Blut zischt ihm nur so aus den Lauschern. Und schön blau wird er.
Alk: Ey super Kutte.
Jonas: Zwei Youngster, rote Gesichter, Stoppelhaarschnitt, Goldringe in den Ohren, Hools, Hooligans, ein Killerkommando, ohne Laserstrahler, ohne Revolver, mit einer Plastikflasche Schnellkleber, billig und effizient. Ausgesprochen lebensgefährlich, aber Jonas war auf sowas vorbereitet. Ich stöhnte und rutschte ein bißchen zur Seite. So, jetzt stand er richtig, der Wortführer mit der Leimflache, an meinen Füßen direkt vor dem Fenster.
Alk: Hey Kutte, der Arsch ist wach.
Jonas: Sam.
Sam: Monsignore wünschen.
Jonas: Notfallplan B und F.
Sam: Zu Befehl Herr Leutnant.
Kutte: Scheißeeeeeeeeeeee!
Alk: Hey Kutte, was ist Kutte.
Jonas: Was war passiert. Sammy der das Leitsystem des Büro kennt wie seine nicht vorhanden Westentasche, hatte das Licht aus und das Fenster auf gemacht, und Jonas hatte die Knie angezogen und Killer Kutte in den Bauch getreten, worauf der rücklings aus dem Fenster flog. Nicht ganz so elegant wie der rote Baron, vielleicht lag’s daran, daß er kein Flugzeug hatte. Kumpel Alk tapste herum, wußte nicht, was er tun sollte. Sam half ihm, mit seiner bekanten und beliebten Imitation einer Polizeisirene.
Alk: Ey Scheiße, die Bullen.
Jonas: Kannst aufhören, Sammy, die Luft ist rein und mach das Licht wieder an.
Sam: Ja.
Jonas: Die Fesseln sind wir los. Amateure.
Sam: Zur Gänze die meinige Meinung, Meister aller Klassen, blutige Dilltunten.
Jonas: Was sich auf die schnelle so auftreiben ließ. Ich bin mir ganz sicher, Sammy, kaum war Jonas raus, hat Morell sich ans Fon gehängt und den großen Hintermann angerufen.
Sam: Warum nicht Hinterfrau, alter Chauvi.
Jonas: Sagen wir Hinterperson, und die hat uns gleich die beiden Hools auf den Hals gehetzt als Schnellschuß. Die nächsten Killer sind bestimmt schon unterwegs, echte Profis, da geh ich jede Wette ein.
Sam: Nun denn und wohl, brechen wir im Zorn und stoßen wir was.
Jonas: Was.
Sam: Korrektur stoßen wir ins Horn und brechen wir auf.
Jonas: OK. Wohin Casablanca?
Sam: Da als Schlupfloch meines Jonas weithin bekannt weniger empfehlenswert.
Jonas: Der arme Schlucker.
Sam: Dito Dösbackel.
Jonas: Mit fällt was ein, Sam. Hamlets Cubic ist frei.
Sam: Hehe, und die Dame Ophelia hat den Rüssel Korrektur Schlüssel.
Jonas: Die Dame Ophelia war gar nicht mal sehr ungehalten, als Jonas sie zu später Stunde herausklingelte. Vielleicht hätte sie mir gern mehr gegeben als nur den Schlüssel zu Hamlets Cubic. Aber dafür war keine Zeit. Das Boot schaukelte kräftig und durfte nicht zur Ruhe kommen.
Sam: Babylon Korrektur Babypsilon West, am Schwanensee 1 9 sprich 19.
Jonas: Unmöglich, Sammy, viel zu feine Gegend.
Sam: Naja.
Ophelia: Am Schwanensee wohnen die Reichen und Prominenten, Holostars, Unternehmer.
Jonas: Wie Martin Sesam, Produzent von Zierzwergen. Weißt du noch Sammy.
Ophelia: Aber keine Professoren. Ihr Computer muß sich irren.
Sam: Ohohohoho, Sam wiederholt: Privatadresse Professor Morell: Babylon West Am Schwanensee 19. Ende der Durchsage. Keine Diskussion.
Ophelia: Ah, ist er jetzt beleidigt.
Jonas: Das macht nichts, Ophelia, Sammy wird sich schnell wieder bekrabbeln.
Sam: Wird er nicht. Das macht nichts Ophelia. Kannalie kaltschnäuzige.
Jonas: Bis ich am Schwanssee bin kannst du in der Tasche vor dich hinschmollen. Danke für den Schlüssel, Ophelia, Sie hören von mir.
Ophelia: Ja, ich, ich würde sehr gerne mitkommen, Jonas.
Sam: Nein.
Jonas: Ruhe da unten auf den billigen Plätzen, kommen Sie, Ophelia.
Sam: Kommen Sie Ophelia. Kommen Sie. Sei still Computer klage nicht und zeig kein lächelnde Gesicht. Doch wies da drinnen aussieht, geht niemand was an.
Jonas: In dem Haus hätten 20 Privatdetektive leben können, aber hier wohnte nur ein Professor, allein, keine Frau, kein Mann, kein Kind, keine Beziehung. Allein in einem Luxusambiente, das 20 Detektive sich nie hätten leisten könnten. Echtholzmöbel, Echtölbilder, Echtglasvitrinen voll Echtporzellan. Echtwollteppiche. Echt antik.
Ophelia: Vielleicht hat er echt geerbt.
Sam: Echt hat er nicht echt echt.
Jonas: Schön daß du wieder bei uns bist, Sammy.
Sam: Bin ich schon lange du Blockkop. Ihr wärt gar nicht ins Haus gekommen, hätte Sam euch nicht das Sicherheitssystem aus dem Weg geräumt.
Jonas: Nett von dir.
Sam: Die Servorobots hab ich auch gleich lahmgelegt.
Jonas: Wunderbar. Dann haben wir’s nur mit Morell zu tun.
Sam: Hier schläft er, der Schnarchsack, hinter dieser Tür.
Ophelia: Wecken wir ihn auf, Jonas.
Jonas: Das macht Sammy. Los Trompete von Jericho.
Sam: Äh Attacke.
Jonas: Auch Morells Nachtgewand war vermutlich echt antik, aus dem 1. Weltkrieg, lang, weiß mit Rüschen. Sein Träger war ernst verwirrt, dann empört, darunter lag Angst und ein ausgesprochen schlechtes Gewissen.
Morell: Sie Sie mit Ihren fixen Ideen, lassen Sie mich in Frieden. Wie sind Sie überhaupt hier rein gekommen.
Jonas: Das ist nicht die Frage, Professor Morell, die Frage ist, was wissen Sie über die Pseudowestfront draußen in der Wildnis?
Morell: Verlassen Sie mein Haus, Sie und dieses Weibstück, auf der Stelle.
Jonas: Sie wollen also nicht reden, Professor. Gut, wir steigen um, auf Boxhandschuhe und harte Bandagen.
Morell: Sie, Sie dürfen mir nichts tun, Sie sind nicht die Polizei. Sie sind nur Privatdetektiv.
Jonas: Ach ja, hören Sie mal zu, Morell, wenn die Kripo Sie ins Gesicht haut, ist das legal, wenn ich Sie ins Gesicht haue, ist das.
Morell: Illegal, absolut illegal.
Jonas: Jawohl illegal, aber es tut genauso weh, vielleicht noch mehr, und mich stört es nicht, Jonas ist ein ziemlich illegaler Typ.
Morell: Ich sage nichts, kein Wort und wenn Sie mich totschlagen.
Sam: Warum nicht.
Jonas: Morell übertrieb, totschlagen wollte ich ihn nicht, foltern auch nicht, obwohl Sammy mir ein paar raffinierte Methoden vorschlug. Es ging auch anders. Bringt Gewalt gegen Personen Sie nicht zum Erfolg, so empfiehlt sich in manchen Fällen Gewalt gegen Sachen, sagt das kleine Handbuch für Privatdetektive und solche, die es werden wollen. Gewalt gegen Sachen, schöne Sachen, teure Sachen, echt antike Sachen.
Sam: Herr Brandkassenobergutachter könnten ein Ölschinken ankokeln oder den Perser zu dero liebwerten Füßen.
Jonas: Macht auf Sie alles keinen Eindruck, Morell. Wenn ich mir die komischen Porzellanmännchen vornehme, hier in der Glasvitrine.
Morell: Um Gotteswillen.
Jonas: Na bitte, direkt ins Schwarze.
Morell: Meine Meißen Sammlung. Mein Gott, das war ein echter Kandler.
Sam: Weiter so.
Morell: Aufhören, bitte hören Sie auf, ich sage Ihnen, was Sie wissen wollen.
Sam: Aber ausführlich.
Jonas: Und das tat er. Ausführlich. Mit allen Einzelheiten. Wenn er mal zu lange Pause machte, brauchte Jonas nur nach einer Porzellanfigur zu greifen. Dann lief’s wieder. Die Westfront, sagte Morell, war ein Spielbrett, an dem zwei Spieler ein Kriegsspiel spielten, mit scharfen Waffen und lebenden Soldaten. Zwei Superreiche und Supermächtige.
Morell: Frau Astoria Waldorf.
Jonas: Chefin der Multifirma Multipharm, kennen wir, kennen wir gut, was Sammy.
Sam: Hmh. Fall Spielwiese, o Herrscher aller Fakten.
Morell: Und Herr Adolf Beringer.
Sam: Besitzer und Präsident von Supermedia.
Jonas: Supermedia kennen wir doch auch, wenigstens indirekt.
Sam: Siehe Fall Megastar. Juli 2011.
Jonas: Weiter Morell, Sie sind doch wohl nicht müde.
Morell: Nein nein, also beide haben das Gelände erworben und ausgebaut, schon vor ein paar Jahren, von Frau Waldorf stammt die Droge, die Droge die das Bewußtsein der Spielfiguren beeinflußt, wenn ich mal so sagen darf.
Jonas: Luzinon. Hab ich mir doch gleich gedacht.
Sam: Was denn du Dumpfhirn?
Morell: Beringer stellt die medientechnische Ausstattung, die fernlenkbaren Mikrocams, die den Krieg aufnehmen, Bild und Ton, und in den zentralen Gefechtsstand übertragen und die Leitung von der Zentrale zu den Kommandeuren unten.
Jonas: Da kommt also der Befehl von oben, und unten wird angegriffen, und verteidigt, geschossen, gesiegt und verloren. Trommelfeuer, Grabenkampf, Tote, Verwundete. Warum gerade der 1. Weltkrieg, Professor?
Morell: Meine Idee, Herr Jonas, der 1. Weltkrieg, das war noch ein Krieg, Herr Jonas. Der Krieg der Kriege. Extreme Bewährung, Mann gegen Mann. Opfer Frontgeist.
Jonas: Dreck, Blut, Angst.
Morell: Genau Herr Jonas, wissen Sie, Waldorf und Beringer haben beide einen gewissen Hang zum nun ja Primitiven, Atavistischen, sie wissen, daß sie Wirtschaft und Politik in Babylon, in ganz Europa entscheidend mitbestimmen, aber dieses Wissen genügt ihnen nicht, sie wollen ihre Macht spüren, direkt, sie auskosten, physisch erleben, sehen, schmecken, berühren.
Jonas: Und Sie Morell, was ist Ihre Rolle in diesem Spiel.
Morell: Nein, nicht. Die Herrschaften haben mich als historischen Berater engagiert, als Gutachter und Schiedsrichter.
Jonas: Einträglicher Job wie man sieht. Wo ist der zentrale Gefechtsstand. Na?
Morell: Draußen, direkt am Kriegsschauplatz im Torhaus.
Jonas: Aha. Na dann wollen wir mal.
Ophelia: Und was machen wir mit ihm, Jonas?
Jonas: Morell nehmen wir mit. Sonst ist er gleich am Fon und warnt seine Brötchengeber. Wie heute nachmittag, außerdem kommen wir mit ihm sicher leichter in die Zentrale. Als Berater haben Sie doch wohl eine Paßscheibe, Morell.
Sam: Er hat noch was, der schäbige Schreibtischtäter. Eine E-Limousine, in der Garage hinterm Haus.
Jonas: Der zentrale Gefechtsstand war ein weiter fensterloser Raum, ein Raum, der das ganze obere Stockwerk des Torhauses ausfüllte. In der Mitte standen zwei gewaltige Konsolen, mit Mikrophonen, Knöpfen, Reglern, dazwischen erhob sich eine Wand, beidseitig bestückt mit zahllosen Monitoren. An jeder Konsole saß ein Spieler. Angespannt. Konzentriert. Keiner der beiden sah auf, als ich die Tür öffnete und wir leise den Raum betraten. Auch Morell war leise, notgedrungen, er hatte die Mündung meines Laserstrahlers im Rücken.
Waldorf: So werter Kollege nun sehen Sie mal zu, wie Sie meinen Durchbruch stoppen und noch einen kleinen Gasangriff obendrauf. Grünkreuz werter Kollege.
Beringer: Um eine Frontbegradigung komme ich da wohl kaum herum, werte Kollegin, aber triumphieren sie nicht zu früh, meine Tanks sind in Kürze einsatzbereit.
Jonas: Wie schön. Hals und Bauchschuß allerseits.
Waldorf: Jonas, Sie sind nicht tot?
Jonas: Wie Sie sehen, Frau Waldorf. Ich habe den 1. Weltkrieg überlebt und Ihre Hooligans auch. Stellen Sie mir Ihren Freund vor.
Waldorf: Freund, der Herr ist das genaue Gegenteil. Mein alter Feind Adolf Beringer.
Jonas: So habe ich mir einen obersten Kriegsherr immer vorstellt. Alt, fett, Glatze. Wie läuft’s denn so, Herr Beringer.
Beringer: Danke, mäßig, meine Truppen haben gerade einen kleinen Rückschlag erlitten.
Morell: Offensive Michael, Herr Beringer, 21. März 1918.
Ophelia: Dieter. Nein. O Gott. Er ist tot.
Sam: Na endlich.
Jonas: Hamlet. Gefallen. Zerrissen von einer Handgranate, und Ophelia hatte zugesehen auf dem Monitor. Damit war mein Auftrag erledigt. Aber noch nicht der Fall. Jonas hatte noch was zu erledigen.
Waldorf: Kein Grund zum Jammern, meine Liebe, Ihr Freund hat gekriegt was er wollte, ein kurzes intensives Leben, Gefahren, Abenteuer, Risiko.
Ophelia: Einen schrecklichen Tod.
Waldorf: Der gehört dazu, zwangsläufig, wenn Sie’s nur richtig sehen, haben wir ihm einen Gefallen getan.
Beringer: Der Gesellschaft übrigens auch, in dem wie sie von Menschen wie ihm befreien, von Störenfrieden, unruhigen Elementen, Nichtangepaßten.
Jonas: Wahre Wohltäter der Menschheit Sie beide.
Waldorf: Auf so hohes Lob erheben wir keinen Anspruch, Jonas. Wir sind Spieler.
Beringer: Wir spielen. Wir frönen unserer Leidenschaft.
Waldorf: Am Anfang haben wir Schach gegeneinander gespielt, Beringer und ich.
Beringer: Dann kamen klassische Kriegsspiele im Sandkasten, elektronische Simulationen.
Waldorf: Gladiatorenkämpfe im Colloseum haben wir veranstaltet, Duelle gesponsert, aber das war alles nicht das wahre.
Beringer: Es war nur Ersatz, nur als ob.
Waldorf: Bis wir auf die Idee kamen, richtig Krieg zu spielen, in großem Stil mit ganzen Armeen lebendiger Spielfiguren.
Beringer: Ein erhabenes, ein ungeheueres Gefühl. Wir spielen Schicksal.
Waldorf: Wir sagen es werde und es wird.
Jonas: So ist das. Darf ich mal, das Mikro: Friede. Es werde Friede. Waffenstillstand. Der Krieg ist aus. Ach mach doch die passende Begleitung Sam, du kannst das ja.
Sam: Ach, darf auch ich mal wieder, na ja dann, mit Wonne o du mein Berthold von Suttner, Ding Dong, Ping Pong, King Kong.
Jonas: Die Waffen nieder, jetzt spielte Jonas Schicksal und zwar gründlich: Drei Befehle gab ich den Soldaten auf beiden Seiten der Front. Die Kampfhandlungen einstellen. Nichts essen und nichts trinken. Den Kriegsschauplatz verlassen und nach Hause gehen. Ich schaltete die Holos an der Mauer aus und wartete mit Ophelia, mit Waldorf, Beringer, Morell. Stundenlang. Bis sich auf den Monitoren nichts mehr rührte.
Waldorf: Sie sind ein Spielverderber, Jonas.
Jonas: Das Spiel ist noch nicht zu Ende, meine Herrschaften, das Spiel geht weiter.
Sam: Jawoll.
Beringer: Wie denn. Es sind doch keine Figuren mehr auf dem Feld.
Jonas: Wir schicken neue raus. Sehen Sie, zu allen Zeiten hatten alle Soldaten einen Traum, daß die die den Krieg wollen und herbeiführen, ihn selbst auszutragen haben
Sam: Ein Ziel aufs innigste zu wünschen. Shakespeare.
Waldorf: Sie meinen doch wohl nicht.
Sam: Doch er meint.
Jonas: Ich meine. Sie gehen raus, Frau Waldorf, Herr Beringer, und Ihren zahmen Professor nehmen Sie mit.
Sam: Und zwar hurtig.
Jonas: Sie wollten natürlich nicht, aber sie mußten. Wir fütterten sie mit Frontrationen aus dem Kommissariat unten im Torhaus, und als die Droge sie ins Jahr 1918 versetzt hatte, trieb ich sie aufs Schlachtfeld, ich machte das Tor hinter ihnen dicht und stellte die Holos wieder an. Viel Vergnügen. Waffen würden sie mehr als genug finden. Wir fuhren zurück nach Babylon. Ophelia war stumm, und traurig. Jonas dachte nach. Ob er sie trösten sollte. Und wie. Und Sammy, der deklamierte.
Sam: Von Taten fleischlich blutig unnatürlich zufälligen Gerichten blindem Mord, von Toden durch Gewalt und List bewirkt und Plänen die verfehlt zurückgefallen auf der Erfinder Haupt.
Jonas: Der Rest ist Schweigen.
Das war Westfront. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Außerdem wirkten mit: Ute Willing, Jochen Busse, Harald Dietl, Hans Günter Martens, Horst Sachtleben und viele andere (Monika Woytowicz, Inge Solbrig, Hans Stetter, Udo Wachtveitl, Detlef Kügow, Hans Peder Hermansen, Werner Klein). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Assistenz: Wolfgang Ruhdörfer. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1991). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Attentat
Jonas: August 2012. Hochsommer. Brütende Hitze. Die Klimaregulierung war kaputt. Wie immer. Babylon, die große Stadt, stank zum Himmel. Ein gigantischer Misthaufen. Verrottet. Verwest. Verfallen. Und trotzdem begehrt. Manche reißen sich sogar darum. Alle fünf Jahre. Wenn die Wahl zum Bürgermeister ansteht.
Wahlrobot: Harry Hauer. Nur Harry Hauer. Ihr Kandidat. Neu. Harry Hauer. Wer hat sich hochgearbeitet vom Volksrentner zum Multimilliardär? Harry Hauer. Wen braucht Babylon? Harry Hauer. Wer wird Bürgermeister? Harry Hauer. Harry Hauer Nur Harry Hauer. Harry Hauer. Nur Harry Hauer. Ihr Kandidat. Neu. Unverbraucht. Harry Hauer. Wer hat sich hochgearbeitet vom Volksrentner zum Multimilliardär? Harry Hauer. Wen braucht Babylon? Harry Hauer. Wer wird Bürgermeister? Harry Hauer. Wen wählen Sie? Harry Hauer. Nur Harry Hauer. Harry Hauer. Nur Harry Hauer. Ihr Kandidat. Neu. Unverbraucht. Harry Hauer… Wen wählen Sie?…
Jonas: Überall Wahlrobots und Slogomaten. Elektronische Pappköpfe mit Lautsprechern, auf Straßen und Plätzen, in der Metro, vor Fenstern und Türen. Keine Ruhe bei Tag und Nacht. Ich setzte mich entnervt ab ins Casablanca. Jacob duldet keine Wahlrobots in seiner Kneipe. Aber die Wahl wurde ich auch hier nicht los.
Jacob: Und für wen bist du, Jonas?
Jonas: Für Jonas. Nur für Jonas. Whisky, Jacob, oder was du so nennst.
Jacob: Weiß ich doch. Ich meine, was wählst du Sonntag.
Jonas: Meine Ruhe.
Jacob: Aber wetten wirst du doch wohl oder?
Jonas: In Babylon wettet jeder, obwohl es verboten ist, oder vielleicht gerade weil. Gemanaged wird das Wettgeschäft von der Korporation, dem organisierten Verbrechen. Und gewettet wird auf alles und jedes, nichts ist zu mies. Nicht mal die Bürgermeisterwahl.
Jacob: Willst du einen Tip, Jonas.
Jonas: Brauch ich nicht. 5 zu 4 für Bürgermeisterin Paretzky.
Jacob: Denkst du, längst überholt. Letzte Woche ist Harry Hauer an die Notschka vorbeigezogen, und weißt du, wer auf ihn gesetzt hat.
Jonas: Klar, die eigene Partei, muß sie ja wohl.
Jacob: Aber gleich so hoch, wo alle Umfragen die Paretzky vorne sehen. Sicher, groß ist ihr Vorsprung nicht, aber trotzdem, komisch irgendwie.
Jonas: Deine Sorgen möcht ich haben, Jacob. Noch einen.
Jacob: Und gestern, das bleibt aber unter uns, gestern hat einer Millionen darauf gewettet, daß Hauer nicht Bürgermeister wird, Millionen, Jonas.
Jonas: Wer?
Jacob: Weiß keiner. Um drei Ecken, über Strohmänner. Also wenn du mich fragst, Jonas.
Jonas: Ich frag dich aber nicht, Jacob.
Jacob: Da wird ganz massiv geschoben.
Jonas: Ist ja nicht zu glauben. Du hast meinen Whisky vergessen Jacob.
Sam: Typisch, der würde auch seinen Ar… Korrektur der würde auch seinen Arm vergessen, wenn der nicht fest angeklebt wäre. Tätätätät ich bin die Sammy von der Post, vom Himmel hoch da komm ich her und hab nen schön ganz dicken Sack mit.
Jonas: Was da in meiner Tasche grölte, war natürlich Sam, mein sogenannter Computer. Plastikzwerg und rhetorischer Riese. Vollgestopft mit Nanachips und mit 1001 Sprachprogramm. Schon etwas angestaubt, aber kein bißchen leise, ein verbales Versuchsmodell anno 2005, das keiner haben wollte, außer Jonas, und der auch nur weil’s billig war. Man kann sich an alles gewöhnen, sogar an Sam, wenn ich nur wüßte wie.
Jacob: Bei mir ist das so: wenn Menschen reden, halten Computer die Schnauze.
Sam: Selber Schnauze, alter Giftmischer. Du hast mir gar nichts zu sagen.
Jacob: Werd du frech, du elektronischer Lachsack.
Sam: Wer nichts wird, wird Wirt, so spricht das Volk, ein wahres Wort, Damen und Herren, wie sich soeben.
Jonas: Ruhe.
Sam: Lachsack hat er zu mir gesagt, der Gehirntyp.
Jacob: Muß ich mir das von deiner Taschenwanze bieten lassen.
Jonas: Ruhe. Reg dich ab Jacob und gieß mir endlich einen ein, dir auch.
Sam: Und Sammy?
Jonas: Du sagst mir was los ist. Kurz klar.
Sam: Kurz klar. Militärisch jawohl zackzack, eine Botschaft über den heißen Draht, Persönliche Dringlichkeitsstufe Eins A.
Jonas: Meinen Eins A Code kennen nur zwei, eine ist tot. Hallo Darling, wo brennt’s.
Belinda: Ich brauch dich Jonas.
Sam: Wer nicht.
Jonas: Juno Belina, genannt Darling. Nicht nur von ihren Freunden. Ich war ein Freund, ein ganz alter noch von der Guerillafachschule her und danach waren wir in Verbindung geblieben, freundschaftlich, aber locker.
Belinda: Hast du heute abend was vor, Jonas?
Jonas: Für dich würd ich alles absagen, Darling.
Belinda: Das ist gut. Ein Aushilfsjob nur für ein paar Stunden.
Jonas: Ach so.
Belinda: Komm gleich rüber, du weißt ja wo.
Jonas: Darling Belinda hatte es zu was gebracht, Besitzerin und Chefin von Safety First, ein kleiner aber effizienter privater Sicherheitsdienst. Einträglich auch, mit einer Adresse am feinen Markgrafenboulevard, im obersten Stock einer atemberaubenden Konstruktion, die höher war als die babylonische Nettoverschuldung.
Belinda: Leben ist plötzlich ausgefallen.
Jonas: Herzinfarkt.
Belinda: Laserstrahler. Ich hab sonst keine frei.
Jonas: Du brauchst nicht Jonas, Darling, du brauchst einen Sicherheitsexperten.
Belinda: Wenn ich mich recht erinnere ist Jonas Sicherheitsexperte, einer der besten.
Jonas: Mag sein, aber eigentlich bin ich Detektiv. Der letzte Detektiv. Ein Philip Marlowe Ableger im falschen Jahrhundert, nicht daß ich nichts zu tun hätte, manchmal mehr als mir lieb ist, ein interessanter Beruf, ab und zu gefährlich, ziemlich einsam, einträglich weniger. Einen echten Holzschreibtisch kann ich mir nicht leisten.
Belinda: Nur kein Neid Jonas, Du hättest dich mit mir zusammen tun können damals nach dem Krieg, aber du wolltest ja unbedingt frei sein, Einzelgänger, aufrecht, geradlinig, lakonisch, ungebrochen und arm.
Jonas: Aber glücklich.
Belinda: Wirklich Jonas? OK. Safety First hat den Sicherheitsdienst für die WORF übernommen, das heißt für Harry Hauer.
Jonas: Der Teufel soll ihn holen und die Bürgermeisterin und die ganze verdammte Wahl gleich dazu.
Belinda: Was hast du gegen die Wahl, Jonas, mir bringt sie was ein, und dir auch, wenn du willst.
Jonas: Bei uns gibt’s Leute, die gern auf Politiker schießen. Verrückte, Terroristen, zu kurz gekommene, Zeichensetzer. Und darum müssen Politiker geschützt werden. Bei den regierenden, die’s schon geschafft haben, macht das die Polizei. Nur bei den Regierenden. Die es erst noch schaffen wollen, müssen ihren Schutz selbst organisieren, und bezahlen natürlich. Harry Hauer konnte das mit links, er war ein finanzielles Wunderkind, eins das mit Firmen und Konten spielte wie unsereiner mit der Holo-Fernbedienung. Aber dann wurde ihm das zu langweilig. Angeblich klappte es auch nicht mehr so recht mit dem Milliardenspiel. Jedenfalls ging er in die Politik. Zur Opposition. Zur Partei für Wohlstand, Ordnung, Recht und Freiheit. Kurz WORF.
Belinda: Heute abend läuft Hauers letzte Wahlveranstaltung im zentralen Parteilokal der WORF, das übliche, großer Auftritt, kleine Rede ans besiegte Volk.
Jonas: Und da soll ich aufpassen.
Belinda: Ah, als verantwortlicher Sicherheitschef, 200 Euros.
Jonas: Einverstanden, aber nicht wegen der Euros, deinetwegen Darling. Aus alter Freundschaft.
Belinda: Ich bin gerührt.
Jonas: 250 netto.
Belinda: Aus alter Freundschaft. In 2 Stunden geht’s los, am besten fährst du gleich rüber zum Worflokal, die Technik ist schon aufgebaut.
Jonas: Sicherheitsschleuse?
Belinda: Mit Techniker, guter Mann.
Jonas: Sonst noch jemand von dir da, Darling?
Belinda: Hauers Bodyguard.
Jonas: Auch ein guter Mann.
Belinda: Weiß ich nicht, mir ist er zu grün. Den Job hat er nur gekriegt, weil er in der richtigen Partei ist. Ich bin froh, daß du mitmachst, Jonas, also bis später.
Jonas: Das Parteilokal der WORF war eine Betonwarze auf dem unendlichen Flach-dach von Harry Hauer Industries, ein niedriger grauer Kasten, etwa 50 mal 50 Meter, vorne eine Lobby, Endstation für den Fahrstuhl, hier war die Sicherheitsschleuse aufgebaut, dann ein kleiner Saal mit Podium, an den Wänden Harry Hauer in Holo, und zwei Türen, Damen und Herren, dahinter ein Durchgang, daran zwei Zimmer, das war’s, sicherheitstechnisch ideal, keine Fenster, problemlose Klimaanlage. Nur ein Zugang.
Heller: Zwei, Herr Jonas.
Jonas: Zwei, wo ist der zweite?
Heller: Im rechten Hinterzimmer, ich zeig’s Ihnen gleich. Harry Hauers Privatlift. Unser Kandidat kann doch nicht den selben Eingang benutzen wie das normale Volk.
Jonas: Natürlich nicht, er könnte sich was holen, die Pest, AIDS oder zumindest die Krätze. Wer hat einen Schlüssel?
Heller: Zum Privatlift? Nur Harry Hauer.
Jonas: Eigentlich hätte sie sagen müssen: ihr Ton gefällt mir nicht, aber das tat sie nicht, sie war nervös, Streß, vielleicht mehr. Sie war Hauers Wahlkampfmanagerin, Karen Heller, tüchtig, farblos und nervös.
Heller: Wenn Sie jetzt alles gesehen haben, Herr Jonas.
Jonas: Augenblick noch, was haben Sie geplant, wie läuft die Geschichte ab.
Heller: Die Kundgebung, meinen Sie, Herr Jonas, kurz und klassisch.
Jonas: Das heißt?
Heller: Tusch, Erheben von den Plätzen, Auftritt Hauer, Beifall.
Jonas: Nicht enden wollend.
Heller: Eine Minute.
Heller: Dann Begrüßung durch den Vorstand des Parteibezirks. Ansprache des Kandidaten, 5 Minuten Pause.
Jonas: Pinkeln und Prominieren.
Heller: Der Kandidat will sich hinten kurz ausruhen, bevor er Autogramme gibt und Fragen beantwortet. Babylonische Hymne, Begeisterung, rhythmisches Klatschen, Abgang. Ein simples Szenario.
Jonas: Ein simples Publikum.
Heller: Mein Gott, Herr Jonas, das Publikum ist doch nur Staffage, Liveatmosphäre für die Holoübertragung.
Jonas: Die Staffage strömte, mindestens 50 Mann und Frau natürlich, durch die Sicherheitsschleuse. Alle sauber, kein Wunder, alle waren von der Partei ausgewählt und hatten spezielle Paßscheiben. Sie suchten sich Plätze, rutschten hin und her, redeten leise, gingen aufs Klo, was man so macht bevor’s losgeht. Die Holomenschen kamen mit ihren Apparaten, Harry der Große schwebte ein und ging hinten noch mal seine Rede durch. Karen Heller, zusehends nervöser, pendelte zwischen Hinterzimmer und Saal. Im Flur griff ich mir Hauers Bodyguard, der war groß und breit, und mochte mich nicht, trotzdem verriet er mir seinen Namen.
Moos: Moos. Benno Moos. Sie sind dieser Jonas.
Jonas: Ich bin Jonas, nur Jonas, Ihr Chef.
Moos: Aber nur heute abend, hat Frau Belinda gesagt.
Jonas: Das reicht mir auch. Arme hoch, an die Wand, Beine auseinander.
Moos: Was soll das?
Jonas: Sie sind mit Hauer im Privatlift gekommen, nicht durch die Sicherheits-schleuse. Darum. In Ordnung, stehen Sie bequem Moos, Sie haben nur Ihren Dienstlaserstrahler, den können Sie behalten.
Moos: Klar behalt ich meinen Laser, ich hab einen Waffenschein, ich bin Bodyguard.
Jonas: Da kommt Ihr Body, Moos, gehen Sie guarden.
Jonas: Ganz wohl war mir nicht. Moos sah aus wie einer, der wild herumballert, wenn was passiert. Aber sollte passieren, alles lief nach Plan, Applaus, Harry Hauer trat auf, winkte zu, winkte ab, nahm auf dem Podium Platz, rechts neben ihm Karen Heller und Jonas, links Moos und der Bezirksbonze der WORF, ein blasses Wesen, das sich ein paar blasse Sätze abquälte. Dann erhob sich der Kandidat.
Hauer: Babylonierinnen, Babylonier, Zeit für einen neuen Anfang, Zeit für Harry Hauer, nach zehn Jahren Korruption, Filz, Schlamperei werden wir ihn schaffen…
Heller: Erst nachher.
Jonas: Nein Moos!
Jonas: In der zweiten Reihe war eine Frau aufgestanden, eine Frau im weißen Kleid mit starren Augen und mit einer Waffe in der ausgestreckten Hand, ein Knall, ich warf mich auf Hauer, riß ihn zu Boden, ein Reflex, spektakulär und nutzlos. Ein zweiter Knall ganz nah, Hauer zuckte, bäumte sich auf, lag still. Ich sah hoch, Moos hatte seinen Laser gezogen, zielte auf die Frau in Weiß, drückte ab. Ich stand auf und schob mich durchs geschockte Publikum.
Jonas: Die Frau ist tot. Kopfschuß.
Moos: Klar, ein guter Bodyguard ist auch ein guter Schütze.
Jonas: Ein guter Bodyguard sollte ein bißchen Grips in seiner Bowlingkugel haben.
Moos: Wieso?
Jonas: Weil eine tote Attentäterin uns nicht weiter bringt, im Gegenteil.
Moos: Ist doch sowieso zu spät. Komische Waffe.
Jonas: Minirakwerfer mit optischem Zielfinder, hier.
Moos: Kleines Holobild, Harry Hauer.
Jonas: Die Zielvorgabe. Nach Abschuß steuert die Minirakete die abgebildete Person an und explodiert.
Moos: In Hauer Schädel.
Heller: Harry Hauer ist tot.
Jonas: Sie merken auch alles, Frau Heller, rufen Sie die Kripo.
Jonas: Merkwürdig, warum eine optische Minirak. Unsicher, veraltet.
Moos: Schwer zu kriegen ist so ein Ding auch, nicht gerade die ideale Waffe für ein Attentat.
Jonas: Sie sagen es Moos. Aber das wichtigste haben Sie nicht gesagt.
Moos: Sagen Sie’s Jonas.
Jonas: Wie ist die Waffe hier reingekommen.
Moos: Gute Frage.
Jonas: Es war Mitternacht, als die Kripo uns gehen ließ, nach drei harten Stunden, was danach kam war härter, antreten bei Darling Belinda.
Belinda: Sicherheitsspezialisten von Safety First hilflose Zuschauer bei Mord an Bürgermeisterkandidaten. Das ist genau die Werbung, auf die ich liebend gern verzichte. Wie konnte das passieren?
Moos: Fragen Sie doch Jonas, der war der Chef.
Jonas: Ich habe keine Erklärung, Darling, noch nicht, vorzuwerfen hab ich mir nichts.
Belinda: Du hattest die Verantwortung.
Jonas: Und darum werd ich der Sache nachgehen.
Belinda: Von mir aus, Jonas, aber auf deine Rechnung. Safety First wird eine eigene Untersuchung anstellen, und dafür hab ich genau den richtigen Mann, einen der was gutzumachen hat. Nicht wahr, Moos?
Moos: Ich hab nächste Woche Urlaub, Chefin, Bangkok, Flug ist schon gebucht.
Belinda: Bis dahin haben Sie den Fall abgewickelt oder Sie lassen den Flug sausen, Sie haben die Wahl, Moos.
Jonas: Jonas hatte keine Wahl, ich mußte am Mordfall Hauer arbeiten, auch wenn mich keiner dafür bezahlte. Meine Berufsehre war angeschlagen, reparaturbedürftig. Dringend. Nicht wegen irgendwelcher Negativwerbung, wegen meiner Selbstachtung und weil mir eine leise innere Stimme sagte, an der Sache sei was faul. Eine laute äußere Stimme war der selben Meinung.
Sam: Faul, Herr Oberentsorgungsrat, oberfaul, stinkfaul, es düftelt streng zum hohen Himmel, welchen beiläufig sei’s bemerkt von wegen Smog kein babypsilonisches Auge je erschaut. Aber geben soll’s ihn. Fragens bitte Frau Brigitte.
Jonas: Ich denk nicht dran. Die Waffe Sammy.
Sam: Indeed Sir, eben die selbige.
Jonas: Der Minirakwerfer kann nicht im Saal gewesen sein. Eigentlich.
Sam: War aber. Ätsch. Erkläret mir Graf Oerindur diesen Zwiespalt der Natur.
Jonas: Wie ist das Ding reingekommen, Sammy.
Sam: Naja mehrere Möglichkeiten euer Fragwürden, erstens Ding war schon vorher drin. Verstochen.
Jonas: Ausgeschlossen. Vor der Kundgebung hab ich alles durchsucht, Gründlich. Mit dieser Karen Heller.
Sam: Aha. Frage: Ist mein Jonas eine Intelligenzbestie. Man erspare mir die Antwort. Nächste Frage. Ist er ein brauchbarer Durchsucher, ja ja und abermals ja. Insofern akzeptiert. Also Möglichkeit zwei. Ein Teilnehmer hat Minirak mitgebracht.
Jonas: Geht auch nicht, Sammy, alle mußten durch die Sicherheitsschleuse.
Sam: Und auf die Elektronik ist Verlaß. Ohne wenn und aber, daccord aus vollem Herzen und voller Hose.
Jonas: Hast du beides nicht, Sammy, weiter.
Sam: Naja, gestatten Sie eine Zwischenfrage Herr Kollege.
Sam: Nur zu.
Jonas: Wollen Sie tatsächlich allen ernstes behaupten, sämtliche Anwesenden hätten die Schleuse passiert.
Jonas: Moos meinst du? Den hab ich eigenhändig abgecheckt.
Sam: Sammy meint nicht nur Moos.
Jonas: Na wen denn noch.
Sam: Na wen schon, mein geistesschwaches Gummibärchen.
Jonas: Also
Sam: Wer hat denn außer Bodyguard Moos den Ort des Geschehens durch die Hintertür betreten, häh?
Jonas: Du denkst doch wohl nicht an.
Sam: O doch, genau an den, Harry den Hauer.
Jonas: Du spinnst, Sam, Harry Hauer ist das Opfer.
Sam: Hat man alles unmögliche eliminiert, so muß das was übrigbleibt, und sei es auch noch so unwahrscheinlich.
Jonas: Die Wahrheit sein, Sherlock Holmes ich weiß aber Jonas ist nicht Dr. Watson.
Sam: Watson.
Jonas: Jonas ist Jonas, und Jonas bestimmt wo’s langgeht. Morgen früh sind wir bei der Kripo.
Sam: Hören ist gehorchen, o Beherrscher der Ungläubigen, doch merke, die Gedanken sind frei.
Jonas: Den Fall Hauer hatte ein alter Bekannter. Freund konnte man ihn beim besten Willen nicht nennen, Chefinspektor Brock. Ich erkannte ihn kaum wieder, als ich in seinem Büro aufkreuzte. Weil er mich nicht mit der üblichen Bullenbeißermiene anglupschte. Er grinste, breit und unschön, von einem Blumenkohlohr zum anderen.
Brock: Sehen Sie mal, wer uns die Ehre gibt, Pauly, der große Sicherheitsexperte höchstpersönlich.
Sam: Und Sammylein.
Brock: Was führt Sie in unsere bescheidenen Niederungen, Jonas. Wollen Sie uns was beibringen, wie man sich seinen Schützling vor der Nase abknipsen läßt zum Beispiel?
Jonas: Ist ja gut, Bröckchen, ich weiß, auf so eine Gelegenheit haben Sie Jahre gewartet.
Brock: Ich hab’s Ihnen schon x-mal gesagt, Jonas, ich bin nicht Ihr Bröckchen.
Sam: Wär Kotzbrock Ihnen angenehmer allerwertester Chefinspektor?
Brock: Und Ihrer vorlauten Quackbox sollten Sie endlich ein Anstandsprogramm verpassen oder schmeißen Sie sie doch gleich auf den Schrott. Was wollen Sie?
Sam: Oh Lustmörder, Tierschänder, Tierquäler, Blaubart, Schreibtischtüte.
Jonas: Sei still, Sam. Informationen.
Brock: Über den Fall Hauer? Wozu? Die Sache ist klar. So gut wie abgeschlossen.
Jonas: Ach wirklich.
Brock: Attentäterin Susanne Kemp, 37 Jahre, seit 2010 im Zentralkrankenhaus, Psychiatrie, geschlossene Abteilung, paranoid schizophren, sagt Chefarzt Dr. Quaris, hat Stimmen gehört und so.
Sam: Also bekloppt.
Brock: Eingestuft als schwierig, aber nicht gefährlich.
Jonas: Ein Irrtum der Wissenschaft.
Brock: Soll vorkommen. Gestern früh ist sie ausgerückt.
Jonas: Wie?
Brock: Keine Ahnung.
Jonas: Woher hatte sie die Waffe?
Brock: Was weiß ich, gefunden, gestohlen…
Jonas: Sie reißen sich nicht gerade ein Bein aus, Brock.
Sam: Nicht mal ein kleinen Zeh.
Brock: Sagen Sie mal Jonas wo leben sie?
Sam: In Oberbayern.
Brock: Tja, wenn’s nicht der Kandidat der Opposition wäre, sondern sagen wir Bürgermeisterin Paretzky.
Sam: Mit Hund Radetzky.
Jonas: Die Kripo dein Freund und Helfer, ohne Ansehen der Person. Nächste Station Zentralkrankenhaus: Geschlossene Abteilung, ich war schon mal dagewesen, vor dreieinhalb Jahren, Fall Testmarkt, keine gute Erinnerung. Damals hatte ich eine Paßscheibe abgestaubt, und die kam mir zu paß. Chefarzt Dr. Quaris fand ich im Innenhof, nicht weit vom großen Alzheimerkäfig, er hatte es eilig.
Quaris: Was soll ich Ihnen über Kemp sagen, ich kann Ihnen nicht viel sagen, und was ich sagen kann, habe ich schon der Kripo gesagt.
Jonas: Aber Sie haben sie doch persönlich verarztet Dr. Quaris.
Quaris: Wer sagt das.
Jonas: Der Krankenhauscomputer.
Quaris: Was heißt schon persönlich. Ich bin Chefarzt, ich habe viele Fälle. Dutzende.
Jonas: Warum Kemp.
Quris: Kann ich jetzt nicht mehr sagen, eigentlich ein ganz gewöhnlicher Fall, paranoide Schizophrenie, akustische Halluzinationen.
Jonas: Stimmen. Was haben sie gesagt.
Quaris: Darf ich nicht sagen, Schweigepflicht. Datenschutz. Wiedersehen.
Jonas: In einem der endlosen giftgrünen Korridore hielt mich eine Schwester an, eine kleine dicke mit schiefer Nase. Ich hatte sie schon vorher im Innenhof gesehen.
Schwester: Sie?
Jonas: Ja?
Schwester: Sie haben was verloren.
Jonas: Das Stück Papier. Gehört mir nicht.
Sam: Natürlich hast du’s verloren, nimm schön und sag der lieben Schwester brav Dankeschön. Und mit solchen Amöben im Geiste muß ein gewitzter Computer sich abgeben.
Jonas: Auf dem Zettel stand: Susanne Kemp, 50 Euros?
Sam: Der schiere Wucher. 10.
Schwester: 20. Aber deshalb tu ich’s nicht. Wegen der Wahrheit. Weil der Allmächtige Ihnen die Hucke vollgelogen hat.
Jonas: Dr. Quaris.
Schwester: Klar Quaris, seine Majestät, Mr. Universum, der Größte, dauernd hackt er auf mir rum. Letzte Woche hat er mich runtergestuft um zwei Gehaltsgruppen.
Jonas: Eine Schande. Warum.
Schwester: Wegen gar nichts. Ich habe ein paar alte Stänker auf meiner Station gründlich ruhiggestellt. Valumbran Überdosis. Na und, gibt sowieso zu viele Patienten.
Jonas: Das nennt man Radikalkur.
Sam: Susanne Kemp.
Jonas: Susanne Kemp, Sie wollten wir was erzählen.
Schwester: Ich zeig Ihnen was, kommen Sie mit.
Jonas: Eine kurze Tour durch die Eingeweide der geschlossenen Abteilung, Gänge, Ecken, Treppen, dann standen wir in einem kleinen Zimmer, ein Bett, ein Schrank, Täfelung mit Platten aus besten Holzimitat, ganz gemütlich, abgesehen von den Gittern vor dem Fenster.
Schwester: Hier war sie untergebracht die Kemp, seit einem Vierteljahr, verlegt aus dem großen Saal auf Anweisung von Quaris. Als ob sie was besonders wäre, keine scheißnormale Kassenkrücke. Passen Sie auf, ich nehme jetzt die Wandtafel am Kopfende weg. Na, was sehen Sie?
Jonas: Nichts.
Schwester: Ja jetzt, da war aber was, ein ferngesteuertes Tonbandgerät mit Lautsprecher.
Jonas: Ferngesteuert.
Schwester: Quaris. Vom Chefzimmer aus. Gestern morgen ist die Kemp weggebracht worden, große E-Limousine mit Chauffeur, und danach hat Quaris die Anlage abgebaut, Gottvater selbst mit seinen eigenen manikürten Händen.
Jonas: Sagen Sie. Ich seh bloß ein Loch in der Wand.
Schwester: Was ist das?
Jonas: Eine Kassette.
Schwester: Ein Beweis ist das. Wieviel.
Jonas: Wir einigten uns auf 100 Euros. Zu Hause in meinem Büroapartment mußte ich mir erstmal die Hände waschen. Durch Herzenswärme und Selbstverleugnung wird es geprägt, unser medizinisches Personal, sagt der Sozialstadtrat, und der muß es wissen, die Kassette war ein Beweis mir war allerdings noch nicht ganz klar wofür.
Quaris: Harry Hauer. Harry Hauer hat sich angeeignet, was dir zusteht, Geld, Erfolg, Ansehen.
Sam: Mann ist der erkältet.
Quaris: Harry Hauer ist schuld, schuld an deinem Unglück, und an allem Unrecht, was in Babylon geschieht. Harry Hauer muß beseitigt werden.
Jonas. Ist ja unglaublich.
Quaris: Du bist zu dieser großen Aufgabe ausersehen, dir ist sie anvertraut.
Sam: Na denn mal los.
Quaris: Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du diesen Ort verlassen, was du dann tun sollst, wirst du noch erfahren. Du wirst erfahren, wo du das Werkzeug findest, wie und wann du…
Jonas: Quaris. Die Stimmen, die Susanne Kemp gehört hat, waren keine Halluzinationen, Chefarzt Dr. Quaris hat eine passende Patientin ausgesucht, er hat sie bearbeitet, auf Harry Hauer angesetzt. Warum, warum, Sammy?
Sam: Weshalb wofür wozu und inwieferne.
Jonas: Vielleicht steckt Bürgermeister Paretzky dahinter.
Sam: Quatsch. Quatsch mit Soße und Kartoffeln. Paretsky liegt sowieso vorn, wieso sollte sie ihren Gegenkandidaten umbringen lassen. Die Frau ist doch noch blöd. Die Antwort, edler Freund, findet sich an ganz anderem Ort, genau gegenüber, könnte man sagen.
Jonas: Was heißt das. Hast du in den Datenbänken was entdeckt.
Sam: Lange lange hat er suchen müssen der arme Sam, über Stock und Stein ist er getrabt, über Berg und Tal, durch Regen und Wind, Blasen an den Füßen hat er bekommen, Schwielen an den Händen, Narben im Gemüt und müde ist er geworden, so entsetzlich müde.
Jonas: Willst du dich ausruhen, ich schalt dich sofort ab, du brauchst es nur zu sagen. Laß den Blödsinn, du bist eine Maschine.
Sam: Wenn man mich sticht blute ich nicht, wenn man mich hetzt erlahme ich nicht?
Jonas: Nein.
Sam: Naja denn nicht. Auch gut. Resultat der elektronischen Pilgerfahrt kurz und präzis folgendes. Der verehelichte Dr. Quaris ist eingeschriebenes Mitglied der Partei für Wohlstand, Ordnung, Recht und Freiheit, ein prominentes in höchsten Parteigremien wohlangesehenes Mitglied.
Jonas: Willst du damit sagen daß die Worf ihren eigenen Kandidaten umgebracht hat
Sam: Gemacht gemacht, immer langsam mit den jungen Pferde, erinnert euch Hoheit, der vertraulichen Insinuationen jenes von Berufs wegen alkoholisch marinierten Hilfsmenschen namens Jacob, die eigene Partei, so gab er zu verstehen, hat auf Harry Hauer gewettet, hoch, sehr hoch, zu hoch, mein Gott ist das hoch.
Jonas: Und deshalb läßt sie ihn abschießen, das ist doch paradox.
Sam: Na und Sherlock Holmes?
Jonas: Du meinst daß eigentlich nur Hauer selbst die Waffe ins Parteilokal gebracht haben kann.
Sam: Was heißt eigentlich, du Humpelhirn, es gibt keine andere Möglichkeit, und wenn ich eure geistigen Hartleibigkeit noch eine dritte Reminiszenz abverlangen dürfte. Was sprach Wahlkampfmanagerin Heller im ersten Schreck unmittelbar nach dem Attentüt?
Jonas: Moment Sam, wie war das. Zu früh, sie sollte erst später. Sie weiß was. Wo wohnt sie?
Sam: Eine Visite bei Madame Karen Heller zwecks mehr oder weniger peinlicher Befragung, sehr gut, lasset uns eulen.
Jonas: Ans Fon ging sie nicht, auch nicht zur Tür, als ich klingelte, und als Jonas fachmännisch das Schloß knackte, kam keine Reaktion. Messerscharfe Folgerung, Heller war ausgeflogen. War sie aber nicht.
Sam: Eine recht ansprechende Behausung, Sir.
Jonas: Viel Platz, mehr als bei uns zu Hause, was Sammy.
Sam: Ja das ist ja auch kein Wunder.
Jonas: Und hier ein richtiges Badezimmer, nicht bloß ne Naßzelle, mit ner echten großen Badewanne. Luxus.
Sam: Superluxus, denn siehe die Wanne ist bereits gefüllt, und in ihr Tod und Teufel.
Jonas: In der Badewanne lag Karen Heller, unter Wasser, splitternackt und mausetot. Eine unerwartete Komplikation. Was steckte dahinter.
Sam: Meditieren kannst du später, Lahmbeutel, tüdelieger.
Jonas: Pfeife.
Sam: Ja selber, draußen, empfehle dringend strategische Absetzbewegung. Hier ist es nicht geheuer.
Kasbek: Ein wahres Wort.
Sam: Ohohoh. Zu spät, ich rette den Freund nimmer mehr.
Jonas: Drei Männer kamen aus dem großen Kleiderschrank, Laserstrahler in den Händen. Einen kannte ich, zum Glück nicht persönlich, bis jetzt, Kasbek von der Korporation, oberster Hitmann und Vollstrecker, Spezialist für endgültige Maßnahmen. Jonas nahm die Hände hoch, Jonas ließ sich fesseln, was hätte Jonas sonst auch tun sollen.
Kasbek: Und nun wäre wohl eine kleine Kopfwäsche angebracht. Als Kavalier haben Sie sicher nichts dagegen die Wanne mit einer Dame zu teilen. Los. So, wer sind Sie.
Jonas: Jonas, nur Jonas.
Kasbek: Der letzte Detektiv? Freut mich. Weiter. Sie sind härter im nehmen als die Lady. Wir hatten gar nicht richtig angefangen zu fragen, da ist sie uns schon weggeblieben. Mal sehen wie lange Sie’s aushalten. Steckt ihn wieder rein.
Jonas: Sie machen einen großen Fehler, Kasbek.
Jonas: Solche Sprüche sage ich ab und zu ganz gern, aus Tradition, aus Spaß diesmal war’s mir ernst. Todernst.
Jonas: Sie kriegen Ärger mit Ihren Chefs, wenn Sie mich ersäufen, mit Krapp, mit Lukrezia Carnevale und und mit Martta Toivonen, die sind Jonas noch was schuldig.
Sam: Ja, Fall Eurodschungel, Mai 2012.
Kasbek: Sie können mir viel erzählen, Jonas.
Jonas: Gehen Sie doch ans Fon, rufen Sie Frau Toivonen an.
Kasbek: OK, aber wenn Sie mich anscheißen, Jonas, dann nehmen wir uns mit Ihnen viel Zeit, dann sterben Sie lange und sehr unangenehm.
Sam: Ach du Scheiße.
Jonas: Als Kasbek vom Fon zurückkam, war er wie umgewandelt, fast menschlich. Jonas wurde losgebunden, ins Zimmer gebracht, aufs Sofa gesetzt.
Kasbek: Alles in Ordnung, Jonas.
Jonas: Sehen Sie doch mal nach, Kasbek, ob Sie nicht irgendwo einen Tropfen Whisky für mich auftreiben können. In letzter Zeit habe ich ein bißchen viel Wasser schlucken müssen.
Kasbek: Übertreiben Sie nicht, Jonas, von Whisky hat Frau Toivonen nichts gesagt, sie hat gesagt, ich soll Sie laufen lassen, und vorher soll ich Ihnen sagen, worum es geht.
Jonas: Das tat er denn auch. Mir wurde einiges klar, nicht alles, noch lange nicht, aber doch einiges. Hinter dem Attentat auf Hauer steckte die WORF. Wirklich und wahrhaftig. Sollte natürlich kein richtiges Attentat sein, nur ein Dreh, ein Trick. Jemand sollte auf ihren Kandidaten schießen, dann würden ihn mehr Leute wählen, genug, um den knappen Vorsprung von Bürgermeisterin Paretzky aufzuholen, Mitleidseffekt nennt man das. Die WORF war fest überzeugt, daß die Sache klappen würde, so fest, daß sie sich mit der Korporation zusammentat, und viel Geld von ihr borgte, um es auf Hauer zu setzen.
Kasbek: Das ist jetzt weg. Weil Hauer wirklich umgebracht wurde. Das war nicht vorgesehen. Wir haben der Partei eine Minirak mit optischer Zielfindung besorgt, und ein Zielholo von Hauers Nebenmann eingegeben, ein kleiner Bonze, Bezirkschef oder so, absolut entbehrlich hat man uns gesagt, den sollte es treffen. Harry Hauer sollte wie durch ein Wunder davon kommen und zum Bürgermeister gewählt werden.
Jonas: Aber das ist schiefgegangen.
Kasbek: Und wie. Diese Irre hat zu früh geschossen, nicht in der zweiten Hälfte, wie’s geplant war, damit Hauer erst seine Rede ungestört abliefern konnte, und sie hat Hauer getroffen, nicht den anderen.
Jonas: Weil jemand die Minirak mit Hauers Holo gefüttert hat.
Kasbek: Was das schlimmste ist: Kurz vor dem Attentat hat jemand gewaltige Summen darauf gesetzt, daß Hauer nicht gewählt wird, und jetzt müssen wir zahlen.
Jonas: Derselbe jemand?
Kasbek: Kann gut sein. Wer das war, wissen wir noch nicht. Aber wir haben einen Verdacht und da bohren wir nach. Die Korporation hat nämlich was gegen Verluste.
Jonas: Verständlich. Karin Heller?
Kasbek: Karin Heller. Sie war Hauers Wahlkampfmanagerin und von Anfang an in den Attentatsplan eingeweiht. Hauer hat die Waffe eingeschmuggelt.
Sam: Ja bitte, three cheers for Mr. Sherlock Holmes. Hipp Hipp
Jonas: Hurra.
Kasbek: Sherlock Holmes, wieso Sherlock Holmes.
Jonas: Verstehen Sie doch nicht, Kasbek, machen Sie nur weiter.
Kasbek: Ich soll Sie nicht anrühren, hat Frau Toivonen gesagt. Ihr Glück Jonas. Heller hat die Waffe übernommen und an die Irre weitergeben.
Jonas: Wie und wo.
Kasbek: Im Klo für Damen, dabei hätte die Heller die Minirak umprogrammieren können oder die Attentäterin.
Jonas: Warum hätte sie das tun sollen?
Kasbek: Na, Euros, was sonst. Wenn sie hinter den hohen Wetten auf Hauers Wahlverlust steckt, danach wollten wir sie fragen, aber jetzt…
Jonas: Jetzt stehen Sie da und machen ein noch blöderes Gesicht als sonst.
Kasbek: Konnt ich ahnen, daß die Dame so empfindlich ist. Frau Toivonen hat noch was gesagt, Jonas. Wenn Sie in der Sache was rauskriegen, und Sie sind gut im rauskriegen, hat Frau Toivonen gesagt, dann geben Sie uns Bescheid.
Jonas: Glauben Sie.
Kasbek: Ich bin ganz sicher. Badewannen gibt’s auch woanders. Und wenn wir durch Sie wieder zu unserem Geld kommen, dann kriegen Sie einen anständigen Finderlohn, hat Frau Toivonen gesagt.
Jonas: Tja, wenn das so ist, dann fangen wir doch gleich mal an mit dem Rauskriegen. Sam.
Sam: Bei der Arbeit. Was befiehlt mein Mensch und Meister.
Jonas: Siehst du den Kollegen auf dem Schreibtisch, was hältst du von ihm?
Sam: Na es geht, ganz nett für einen nichtverbalen Computer. Na komm putputput. Das ist ein anders Stück. Sicherung ganz ordentlich.
Jonas: Kommst du rein oder nicht.
Sam: In Anbetracht aller Umstände, Weiterungen, Ingredienzien sowie Parafernalien dürfte sich dieses weitestgehend ohne allzu gravierende Probleme bewerkstelligen lassen. Im großen und Ganzen.
Jonas: Dann los, rein.
Sam: Jetzt gleich.
Jonas: Sofort.
Sam: Mein Gott sind wir mal wieder hektisch, eiagor eiagor umgekehrt okay okay.
Jonas: Von seinem Ausflug in Karen Hellers Computer brachte Sam drei interessante Ergebnisse mit: Was Kasbek mir erzählt hatte, stimmte, soweit es die WORF betraf und das falsche Attentat. Was Karen Heller betraf, stimmte es nicht. Sie hatte loyal für die Partei und für Hauer gearbeitet. Sie war unschuldig. Pech, sagte Kasbek.
Kasbek: Pech für uns. Wer hat unser Geld und wie kriegen wir es wieder.
Jonas: Sie sind ein wahrer Gemütsmensch, Kasbek. Sonst noch was, Sammy.
Sam: Ja. Folgendes nicht gänzlich insignifikante Detail fand sich in den Protokollen der WORF-Präsidiumssitzungen: Die Idee durch ein Pseudoattentat den Mitleidseffekt zu aktivieren, stammt von Herrn Harry Hauer höchst selbst. Er hat die Sache ausgedacht, angeregt durchgesetzt und in allen Einzelheiten ausgearbeitet.
Jonas: Hauer selber. Aber das heißt.
Sam: Das heißt, er war zu clever, und das ist gar nicht gut. Ein weiser Rat fürs Poesiealbum, hör gut zu du meine mentale Mogelpackung, und beherzige ihn wohl, sei niemals zu clever nicht, fällt dir was ein dann halte dicht. So, ja so. And now we go home zu Heia, mama oma, basta.
Jonas: Ein Licht war mir aufgegangen ganz plötzlich. Jetzt wußte ich alles, dachte ich. Aber das stimme nicht. Das wichtigste fehlte immer noch, aber das wurde mir erst später klar. Beweise fehlten auch, darum schickte ich Sam wieder auf Tour, als wir zu Hause waren, durch die elektronische Unterwelt von Babylon, da wo gewettet wird, wo illegale Gelder verbucht und abgehoben werden. Niemand laviert so elegant durch diesen Dschungel wie Sam oder so erfolgreich.
Sam: Ha, endlich daheim, Home sweet home. Naja, singe, wem Gesang gegeben, Sammy war ganz schön daneben. Na gut. Man reiche Sam heimischen Mutterboden auf daß er ihn küsse wie weiland Karloja äh Pontifex zu Rom, desweiteren reiche man ihm Cocktail, Pfeife und Pantoffeln, naja und ein Teddybär zum knuddeln wäre auch nicht schlecht.
Jonas: Ich werd dich knuddeln daß dir hören und sehen vergeht.
Sam: So nicht.
Jonas: Und vor allem das dämlich quatschen. Was ist, wer hat die hohen Wetten gegen Hauer abgeschlossen?
Sam: Er derselbige.
Jonas: Harry Hauer.
Sam: Harry Hauer. Versteckt hat er sich der Listenreiche, hinter Zweigfirmen, Schein-firmen, Tarnfirmen, Tochterfirmen, Schwiegertochterfirmen, Schwiegermutterfirmen.
Jonas: Das reicht Sammy.
Sam: Nein noch lange nicht, hinter Strohmännern, Strohfrauen, Strohwitwen, Strohweisen, Strohpuppen, Strohköpfen, Strohrum. Prost.
Jonas: Und so weiter. Schluß.
Sam: Zu Befehl Schlunz äh Schluß. Wünscht eure großmächtige Jonasität eine Liste.
Jonas: Später Sammy, halt sie in Bereitschaft und druck sie aus, wenn wir sie brauchen. Weiter. Wie sieht’s aus mit Hauer Industries und den anderen Hauerkonzernen?
Sam: Danke der Nachfrage, Herr Pastor. Mies.
Jonas: Dann ist also was dran an den Gerüchten?
Sam: Was heißt was dran. Noch viel viel schlimmer ist die Wirklichkeit als die Fama uns vermeldet, gar greulich und grauselig. Alle Konten sind ausgefüllt, ratzekahl leer, das ganze große Hauerimperium wackelt wie ein Schwammerlenz, Schlemmerwanz, Lämmerschwanz.
Jonas: Es paßt, Sammy, es paßt alles zusammen. Hauers Finanzen sind am Zusammenbrechen, Hauer hat Unsummen gegen den eigenen Wahlsieg gesetzt, Hauer hat sich den Wahltrick mit dem Attentat ausgedacht, und weil Karen Heller es nicht wahr, kann nur Hauer die Waffe umprogrammiert haben, vom vorgesehenen Opfer auf sich selbst.
Brock: Kripo. Chefinspektor Brock.
Jonas: Eine Frage Brock.
Brock: Glaub ich nicht, Jonas, Sie sind Supersicherheitsspezialist Nr. 1, Sie können alles und wissen alles, Sie haben kein Fragen.
Jonas: Machen Sie nur ihre lahmen Witzchen Brock nichts dagegen aber bitte später. Hatte der tote Harry Hauer ein Holobild in der Tasche, rund, ca. 3 cm Durchmesser.
Brock: Mit dem Bezirksvorsitzenden der WORF: Ja. Warum wollen Sie das wissen.
Jonas: Danke Brock. Harry Hauer.
Sam: Ja, kein Zweifel, my dear Watson. Hauer hat das Attentat umfunktioniert. Er ist Opfer und Täter zugleich.
Jonas: Warum Sammy? Selbstmord hab ich zuerst gedacht, auf besonders spektakuläre Weise, aber das ist unmöglich. Ein Mensch, der alle seine Konten plündert, der hohe Wetten abschließt mit todsicherer Gewinnchance, der will nicht sterben, der will leben und seinen zusammengerafften Reichtum genießen, vielleicht nicht in Babylon, da wo’s warm ist, wo man reichen Leuten keine Fragen stellt, in der dritten Welt.
Sam: Hmh. In Bangkok zum Beispiel.
Jonas: Bangkok. Harry Hauer hat das Attentat überlebt, Sam.
Sam: Und Sammy weiß auch wie.
Jonas: Jonas wußte auch. Ihm war zum zweiten Mal ein helles Licht aufgegangen. Double hieß das Stichwort. Kopie. Simulakrum, Replik, Klon. Genzwilling. So einen genetischen Doppelgänger kann man sich in Japan bauen lassen. Nur in Japan, weil die Japaner am meisten davon verstehen, und weil es in allen anderen Ländern strengstens verboten ist, teuer ist es übrigens auch.
Sam: Das ist er, liebe Gemeinde, hochgeschätzte Trauerversammlung, der casus knacksus, der archimedische Punkt, von welchem sich der gesamte Fall aus den Angel heben bzw. aufräufeln läßt.
Jonas: Hauer hat sich in Japan einen genetischen Doppelgänger schneidern lassen, er hat ihn nach Babylon geschmuggelt, er hat ihn äußerlich ein bißchen verändert, er hat ihm einen Namen gegeben, und eine Geschichte, und er hat ihm Arbeit besorgt.
Sam: Eine Arbeit, wohlgemerkt, die den Zwilling in Hauers unmittelbarer Umgebung festigt.
Jonas: Aus gutem Grund, Sammy.
Belinda: Safety First, Juno Belinda am Apparat.
Jonas: Jonas.
Belinda: Ah.
Jonas: Seit wann arbeitet Benno Moos bei dir?
Belinda: Ähm. Ein Viertel Jahr ungefähr.
Jonas: Wie hast du ihn eingestellt, Darling. Hat er sich bei dir beworben oder.
Belinda: Hauer hat ihn empfohlen, weil er in seiner Partei ist. Er hat ihn sich selbst als Bodyguard ausgesucht, gegen meinen Rat.
Jonas: So hab ich’s mir vorgestellt. Tu mir einen Gefallen, Darling, nein zwei.
Belinda: Soviel du willst Jonas, du brauchst es nur zu sagen.
Jonas: Fax mir das Bild von Moos rüber, aus seiner Akte, und dann brauch ich seinen genetischen Fingerabdruck, einen neuen von heute. Hat du da was.
Belinda: Ja wart mal, ja, ja einen Filzschreiber, den hat er benutzt, als er vorhin bei mir war.
Jonas: Gut, den schickst du ans Zentrallabor, analysieren und mit Harry Hauers genetischem Fingerabdruck vergleich. Ergebnis an Jonas. So schnell wie möglich Dringlichkeitsstufe 1a.
Jonas: Ein Holoporträt von Hauer aufzutreiben war kein Problem. Sam glich die Größen an und legte sie auf dem Monitor übereinander. Benno Moos und Harry Hauer.
Sam: Und siehe, sie sind völlig gleich. Identisch.
Jonas: In den Dingen, auf dies ankommt. Gesichtsschnitt, Knochenbau, Hauttextur, der Rest
Sam: Ist Maske, Herr Spielleiter. Moos hat wenig Haare.
Jonas: Hauer um so mehr.
Sam: Perücke.
Jonas: Hauer ist rasiert, Moos trägt Schnauzbart.
Sam: Falsch.
Jonas: Englischer Maßanzug für Hauer, Overall von der Stange für Moos.
Sam: Verkleidung. Harry Hauer, daran dürfte nunmehr auch nicht der klitzekleinste Zweifel bestehen, hochehrwürdiges Kardinalskollegium, Harry Hauer ist Benno Moos bzw. Benno Moos ist Harry Hauer oder auch Harry Moos ist Benno Hauer und schließlich Benno Hauer
Jonas: Ist Harry Moos, von mir aus Sammy. Einen ganz gerissenen Coup hat er sich da ausgedacht der Kerl. Er tauscht den Platz mit seinem Klon, der wird als Harry Hauer umgebracht, und Harry Hauer lebt weiter, als Benno Moos, abgetaucht in Bangkok und anderswo, mit sehr viel Geld. Der Zusammenbruch des Hauerimperium tangiert ihn nicht, er ist Moos, Hauer ist tot.
Sam: Ja, eine schlüssige Rekonstruktion, Herr Phantombaurat. So hat es Hauer geplant, so sollte es ablaufen, aber ob es wirklich so abgelaufen ist.
Jonas: Wieso nicht, Sam. Was stört dich.
Sam: Der prostituierte Platzhirsch, Korrektur der postulierte Platztausch, du Spekulatius, wann hätte er stattfinden sollen und wie.
Jonas: Ja, herein.
Moos: Eilige Sendung für Herrn Jonas vom Zentrallabor.
Jonas: Aber die sollten das doch über Sam schicken, Dringlichkeit 1a.
Moos: Hände hoch. Zurück, an die Wand!
Jonas: Benno Moos mit Laserstrahler, und bösen Absichten, er hatte Belindas Fon abgehört, sagte er, und wollte reinen Tisch machen. Jonas wußte ihm zuviel.
Jonas: Daß sie Harry Hauer sind zum Beispiel.
Moos: Ich Harry Hauer? Sie sind auf dem falschen Dampfer, Jonas.
Sam: Heidewitzka, Herr Kapitän, o und recht hat er auch noch.
Jonas: Was?
Sam: Soeben erreicht uns eine Botschaft vom Zentrallabor, Dringlichkeitsstufe 1a. Piep. Überstellter genetischer Fingerabdruck ist identisch mit dem von Herrn Harry Hauer, bis auf eine Kleinigkeit, er ist markiert.
Jonas: Markiert?
Sam: Ja. Made in Japan. Wie bei allen in diesem Lande produzierten Waren gesetzlich vorgeschrieben. Unser Besucher ist nicht Harry Hauer, und er ist genaugenommen auch nicht Benno Moos, weil Benno Moos nicht existiert, er ist ein Klon, wenn sie wissen was ich meine, euer Tiefwürden, ein technisches Produkt.
Moos: Wie du, Bruder Computer.
Sam: Keine Vertraulichkeiten bitte.
Jonas: Jetzt versteh ich überhaupt nichts mehr.
Moos: So schwer ist das doch gar nicht, Jonas, Hauer hat mich in Auftrag gegeben, um mich als Opfer zu benutzen, aber dabei hat er was übersehen, daß sein Klon auch seine Eigenschaften hat nämlich, ich bin wie mein Original, klug, clever, gerissen.
Sam: Hm ja und hinterfotzig und gemein.
Moos: Gott, das ist eine Frage der Perspektive, jedenfalls hab ich ihn durchschaut, und bin hinter seinen Plan gekommen, und ich hab ihn ein bißchen geändert, eine Kleinigkeit, ich hab dafür gesorgt, daß das Attentat gleich am Anfang über die Bühne ging, nicht wie geplant in der zweiten Hälfte der Kundgebung.
Jonas: Wie haben Sie das gemacht?
Moos: Ich hab der Kemp gesagt, daß sich was verschiebt, als Hauer sie aus dem Krankenhaus abholen und in seiner Firma kurz auf Eislegen ließ mit schönen Grüßen von oben, in der Pause wollte Hauer mit mir die Rollen wechseln, ein Rendezvous hat er mir erzählt. Ich soll ihn im Saal vertreten, er hat mich für blöd gehalten.
Sam: Recht hat er.
Moos: Kurz bevor die Rakete in seinem Kopf explodierte, muß ihm klargeworden sein, wer von uns beiden der Idiot ist, ich hab jetzt das Geld, ich fahr morgen nach Bangkok.
Jonas: Warum nicht schon gestern.
Moos: Weil ich abwarten wollte, was sie zustande bringen, Jonas, damit ich sie ausschalten kann, falls es nötig wird, und jetzt ist es nötig. Sie sind fällig Jonas, und ihr Computer auch.
Sam: Nicht doch Bruder.
Moos: Keine Vertraulichkeiten, du Blechbüchse, mit dir fang ich an.
Kasbek: Darf man eintreten.
Sam: Nur zü, bei Jonas ist heut Tag der offenen Tür.
Jonas: Diesmal war es Kasbek. Kasbek von der Korporation und seine Gorillas. Moos war außer Gefecht. Zwei Schüsse, linke Hand, rechtes Knie.
Kasbek: Gut, daß Sie uns so schnell informiert haben, Jonas.
Jonas: Ach hab ich das.
Kasbek: Klar. Über Ihren Computer.
Sam: Siehste.
Kasbek: Ist das der Mann, ich meine der Klon, oder sagt man das Klon.
Jonas: Sie nahmen ihn mit, und 3 Tage später fand Jonas was vor seiner Tür, einen dicken Umschlag mit 1000 Euros in bar und einem Zettel: Finderlohn.
Jonas: Die Korporation hat also ihr Geld zurück. Möchte nicht wissen wie.
Sam: Kriegen Millionen und zahlen nur tausend. Knickrig, knausrig.
Jonas: Und was mach ich damit.
Sam: Na was, behalten du Dummskopf.
Jonas: Ich weiß nicht, Sammy, es ist so was wie Blutgeld.
Sam: Sag mal Jonas was bist du eigentlich, ein blutiger Idiot, ein blutiger Anfänger, oder ein blutarmer Detektiv, na ja wohl mehr das letztere, der ein paar Euros dringend nötig hat. Merke: Einem geschenkten Schein schaut man nicht in Darm hinein. So, und jetzt gehst und kaufst Sammy ein schönes neues Programm.
Das war Attentat. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Außerdem wirkten mit: Veronika Faber, Sabine von Maydell, Rainer Basedow, Hartmut Becker und viele andere (Claudius Zimmermann, Helmut Pick, Christine Merthan, Hans Stetter, Julia Fischer). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz, Assistenz: Wolfgang Ruhdörfer. Regie: Werner Klein. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1991). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Euroblues
Jonas: Judith ist tot. Damit sollte ich anfangen. Aber das kann ich nicht. Ich fange an mit dem 20. Juni 2012. Dem Tag, an dem ich Judith zum letzten Mal lebend gesehen habe, bei mir, in meinem Büroapartment.
Sam: Wir schreiben das 21. Jahrhundert. Eine Zeit der Pläne und Grenzen, der Rahmen und Programme. In dieser Zeit lebte ein Mann, der anders ist als die anderen, der in keinen Rahmen paßt und in kein Programm, der seinen Weg geht. Einsam. Integer. Furchtlos. Es ist, Tusch, Majestro, please, Jonas. Jonas, the last detective, hahaha.
Judith: Bravo! Du solltest dir angewöhnen, deine Tür abzuschließen, Jonas.
Jonas: Judith! Bist du sicher, daß du zu mir willst?
Judith: Stör ich? Ich hab das Gefühl, ich bin hier in eine Sitzung des Vereins für gegenseitige Beweihräucherung geraten.
Jonas: Sammy spielt nur ein bißchen Dampfradio. Er hat neues Material gekriegt. Amerikanische Rundfunkserien aus dem frühen 20. Jahrhundert. Lone Ranger. The Shadow. Superman.
Sam: Da, am Himmel: Ein Vogel. Ein Flugzeug? Nein, es ist Superman.
Jonas: Nicht, daß Sam neues Material brauchte. Er hat schon mehr als genug. Er ist mit Worten voll bis an die Kiemen. Nur daß er keine Kiemen hat. Er hat Mikrochips. Und einen Vokoder. Sam ist mein Computer. Wo Jonas hingeht, da geht er mit. In der Tasche. Hilfreich. Geschwätzig. Innervierend. Unentbehrlich.
Sam: Schneller als ein Geschoß. Stärker als eine Lokomotive.
Judith: Es lebe die Nostalgie.
Jonas: Dreimal hoch. Was willst du?
Judith: Ja, ich brauch deine Hilfe, Jonas.
Jonas: Das ist nicht wahr. Du bist Judith Delgado, Sicherheitsdirektorin. Ein ganz hohes Tier in der Polizeiführung. Und ich bin Jonas. Nur Jonas. Freischaffender Privatdetektiv. Ein armes Schwein. Niemand.
Judith: Du schuldest mir etwas, Jonas.
Jonas: Wie man’s nimmt. Judith und Jonas. Das war eine lange Geschichte. Angefangen hatte sie mit einer sehr intensiven Beziehung, die nach anderthalb Jahren in die Brüche ging, weil Judith auf Jonas Knochen Karriere machte, zuletzt in der Sache Mustermann, alias Schneewittchen. Ohne mich wäre sie nie Sicherheitsdirektorin geworden, und ohne sie wäre ich tot, siehe Fall Eurodschungel.
Sam: Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautet, werden Sicherheitsdirektorin Delgado hervorragende Chancen eingeräumt, die Nachfolge von Sicherheitspräsident Henning anzutreten, wenn dieser am 1. Juli 2012 in den wohlverdienten Ruhestand tritt. Wir gratulieren.
Jonas: Ist das wahr, Judith, du wirst Polizeichefin von Babylon?
Judith: Vielleicht, Jonas, darüber wollte ich mit dir reden.
Jonas: Mit mir? Was verstehe ich von höherer Sicherheitspolitik?
Judith: Gerade deshalb, Jonas, du bist Außenseiter, und ein guter Detektiv bist du auch.
Jonas: Willst du mich anheuern?
Judith: Wenn du nicht zu viel verlangst.
Jonas: 100 Euros pro Tag und Spesen.
Judith: Einverstanden. Und, was sagst du?
Jonas: Auch einverstanden. Wenn du ein paar Tage warten kannst. Morgen fliege ich in den Orient, nach Merdistan.
Judith: Kannst du das nicht verschieben?
Jonas: Unmöglich. Ich melde mich bei dir, sobald ich wieder in Babylon bin. Worum geht’s?
Judith: Das erzähle ich dir, wenn du zurück bist. Aber einen Tip geb ich dir schon jetzt, weil du dich so für alte amerikanische Geschichten interessierst. Es war glaub ich 1980, da wurde ein gewisser Reagan zum Präsidenten der USA gewählt.
Sam: Richtig.
Judith: Und vor dieser Wahl liefen ein paar sehr merkwürdige Dinge. Erinnerst du dich?
Jonas: Nein. Damals war ich 13 und hatte anderes im Kopf. So wie jetzt. Judith ging. Und Jonas flog nach Merdistan, wo er länger zu tun hatte als vorgesehen war, und dann saß er in Afrika fest, Fall Eurobaby und Fall Euromüll. Zurück kam ich erst Ende Juli, und da war es zu spät.
Sam: Home, sweet home.
Jonas: 22 Quadratmeter, und Aussicht auf die langweiligste Brandmauer in ganz Babylon.
Sam: Der schönste Platz, rums rums, das sag ich dir mein Sohn, ist dein Büro im schönen Babylon.
Jonas: Also auf ins Casablanca.
Sam: Moment, euer Voreilen. Vor den Whisky haben die Götter die Pflicht gestellt. Anrufbeantworter.
Jonas: Wenn du meinst, Sammy.
Judith: Wo steckst du Jonas? Ich warte auf deinen Anruf. Judith. Piep!
Judith: Du müßtest doch längst wieder hier sein. Was ist los? Warum meldest du dich nicht, du hast es versprochen. Piep!
Judith: Bitte, Jonas, ruf an, sofort, wenn du mich nicht erreichst, dann Chefinspektor Brock, der weiß Bescheid. Du mußt mir helfen, Jonas, bitte.
Jonas: Judith war nicht zu Hause. Auch in ihrem Büro ging niemand ans Fon. Also rief ich Chefinspektor Brock an, meinen geschätzten alten Feind.
Brock: Jonas? Was wollen Sie?
Jonas: Judith Delgado. Was ist mit ihr? Wo steckt sie?
Brock: Auf dem Zentralfriedhof.
Jonas: Was?
Brock: Sicherheitsdirektorin Delgado ist tot, Jonas. Räusper. Am Abend des 19. Juli fiel sie beim Sturmangriff der babylonischen Sicherheitskräfte auf die Bastion der terroristischen Stadtguerilla im sogenannten Reservat. Beim feierlichen Staatsbegräbnis betonte Leo Costa, der neuernannte Präsident der obersten Sicherheitsverwaltung in seiner Trauerrede, Frau Delgado habe ihr Leben den ewigen Werten von Recht und Ordnung geopfert, und werde daher allen Mitgliedern der Sicherheitsbehörde stets als Vorbild für…
Jonas: Hören Sie auf mit dem Gelaber.
Brock: Für Einsatz, Hingabe und Pflichterfüllung dienen. Ferner betonte Sicherheitspräsident Costa…
Jonas: Judith ist tot. Schuld ich ihr was, Sammy?
Sam: Was? Nein, nichts schuldet ihr mein Meister, gar nichts, absolut nichts, total überhaupt nichts, null Komma nichts, kein Fitzelchen, auch nicht das aller aller…
Jonas: Ich stelle Sam ab, ich steckte mir einen Laserstrahler ein und meinen alten Smith & Wesson Revolver. Dann ging ich zur Zentralen Sicherheitsverwaltung am Europaplatz. Ich wollte in den 20. Stock zu Chefinspektor Brock. Aber die Frau, die nach mir in den Lift stieg, hatte was dagegen. Sie drückte den untersten Knopf. Tiefkeller. Abstellräume. Notaggregate. Zugang zur Unterwelt.
Killerin: Jonas? Nur Jonas, der letzte Detektiv?
Jonas: Und wer sind Sie?
Killerin: Spielt keine Rolle.
Jonas: Dann muß ich raten. Dünne graue Haare. Altmodisches schwarzes Business Outfit. Klobige schwarze Schuhe. Pensionierte Gerichtsvollzieherin. Verkehrspolizistin?
Jonas: Nur der Aktenkoffer paßte nicht. Zu neu, zu teuer, zu High-Tech. Weil er nämlich gar kein Aktenkoffer war, sondern ein spezial Security case. Um eine MP. Typ Keckler und Hoch, SW7. Die Waffe der besseren Bodyguards und der konservativen Profikiller.
Killerin: Ein besonders aufmerksamer Detektiv sind Sie nicht, Jonas, Sie haben nicht gemerkt, daß ich Sie verfolge, seit Sie Ihr Büro verlassen haben. Machen Sie sich nichts daraus, ich hab trotzdem einen Auftrag für Sie. Sie sollen verschwinden.
Jonas: Aus Babylon?
Killerin: Weiter. Viel weiter. Sie sollen sterben. Und weil ich ein sehr mißtrauischer Mensch bin, werde ich mich persönlich davon überzeugen, daß Sie es auch wirklich tun.
Jonas: Sie sind übrigens auch nicht gerade aufmerksam. Sie halten ihre Kofferknarre falsch rum, und Sie wissen wohl auch nicht, daß die Mündung verklebt ist, sieht aus wie Kaugummi.
Jonas: Das stimmte nicht, aber sie sah trotzdem nach und war einen Augenblick nicht voll bei der Sache. Das reichte. Ein Tritt gegen die Hand, sie ließ den Koffer fallen. Ein harter Schlag an den Hals, es knirschte und knackte. Sie fiel um und blieb liegen. Wenn man ihn umbringen will, wird Jonas eigen. Der Lift hielt, die Tür ging auf, davor stand der männliche Zwilling meiner Begleiterin. Ältlich, schwarz, mit Aktenkoffer. Killer treten meist im Duo auf. Ich war vorbereitet und schoß als erster. Dann legte ich beide pietätvoll im Keller aus und fuhr in den 20. Stock.
Brock: Sie?
Jonas: Man wollte mich umbringen, Brock, hier in der Sicherheitszentrale.
Brock: Gute Idee. Wollen Sie Anzeige erstatten?
Jonas: Ich will wissen, was mit Judith passiert ist.
Brock: Das hab ich Ihnen schon am Fon gesagt.
Jonas: Gar nichts haben Sie gesagt. Sie haben die offizielle Verlautbarung runtergeleiert.
Brock: Na und? Was wollen Sie denn noch?
Jonas: Alles. Die ganze Geschichte. Jede Einzelheit. Das bin ich ihr schuldig.
Brock: Gehen Sie mir nicht auf die Nerven, halten Sie sich raus, hauen Sie ab. Wenn Sie was für Frau Delgado tun wollen, dann gehen Sie ins Casablanca, und halten da eine private Totenfeier, im irischen Stil, mit viel Whisky.
Jonas: So nicht, Brock!
Brock: Doch, Jonas, genau so. Raus!
Jonas: Brock spielte mal wieder den wilden Bullen. Aber mit dem Casablanca hatte er gar nicht so unrecht. Jonas setzte sich in Bewegung, aufmerksam, auf der Hut, Blick zurück in Vorsicht. Nichts schwarzes mit Koffer. Dafür was graues mit Plastiktüte direkt vor dem Casablanca. Ein Penner. Ein Berber. Einer von denen, die nichts haben und alles wissen. Eine von Jonas Ratten.
Penner: Na, Jonas, wie tickt’s denn so?
Jonas: Immer richtig.
Penner: Moment, Jonas, ich weiß was.
Jonas: So?
Penner: Falsch, das heißt nicht so, das heißt, ich geb dir was. 10 Euros?
Jonas: Einer recht.
Penner: Fünf.
Jonas: Drei.
Penner: OK, gib her.
Jonas: So, jetzt bist du dran, pfeif mir was.
Penner: Großalarm, gesucht wird ein gewisser Jonas.
Jonas: Tot oder lebendig?
Penner: Ne, nur tot.
Jonas: Die Bullen?
Penner: Ne, die Todesschwadron.
Jonas: Die beste und solideste Killerorganisation in Babylon. Zuverlässig. Konservativ. Bestückt mit ehemaligen Sicherheitsleuten, nicht mehr dabei, weil sie zu oft die Hand aufhielten oder zu oft auf den Abzug drückten. Jonas fühlte sich geehrt und verunsichert, weil er nicht die geringste Ahnung hatte, wer ihm die Todesschwadron GmbH und Co KG auf den Hals gehetzt hatte und warum.
Jonas: Egal. Jacob, einen Whisky.
Jacob: Hier.
Jonas: Das ist kein Whisky, Jacob.
Jacob: Das ist ein Rohrpostbrief. Vor zehn Minuten gekommen. Für dich. Hier steht. Jonas, care of Casablanca. Dringend. Eilig.
Jonas: Wenn Sie mehr wissen wollen, die ganze Geschichte, jede Einzelheit, Belsatzarstraße 181a, 14.30.
Jacob: Keine Unterschrift.
Jonas: Ich weiß, von wem der Brief ist. Wie spät?
Jacob: Fünf nach zwei. Hey, dein Whisky!
Jonas: Stell ihn warm.
Jacob: Weißt du was, Jonas, ich trink ihn selber. Auf dein Wohl. Sieht so aus, als könntest du’s gebrauchen.
Jonas: Belsatzarstraße 181a war ein Schirmerladen. Voll mit elektronisch super abgeschirmten total abhörsicheren Zellen. Für Leute, die sich mal in Ruhe unterhalten wollten, und sich den Mietpreis leisten konnten. Ich wurde gründlich durchsucht. Sam und die Waffen kamen ins Schließfach. Brock wartete schon in der Zelle.
Brock: Wurde auch Zeit, Jonas. Ich dachte schon, Sie hätten meinen Brief nicht gekriegt, oder nicht kapiert, das hätte ich Ihnen zugetraut.
Jonas: Wollen Sie sich mit mir streiten, Brock, oder wollen Sie mir was sagen?
Brock: Nur wegen Frau Delgado. Die hat nämlich viel von Ihnen gehalten. Weiß der Teufel warum. Und ich hab viel von Frau Delgado gehalten. Darum bin ich hier. Obwohl das gegen alle Dienstvorschriften verstößt.
Jonas: Und das bringen Sie über Ihr öffentlich bedienstetes Herz. Ich bin gerührt.
Brock: Sie haben gut reden, Jonas, Sie riskieren nur Ihr Leben, ich riskiere meine Pension.
Jonas: Aber dann kam er doch noch zur Sache. Zur babylonischen Stadtguerilla. Eine verquere nostalgische Truppe, die sich die klassischen Terroristen des 20. Jahrhunderts zum Vorbild genommen hatte. Eine Frau führte sie an. Sie nannte sich Karla, und sie hatte Ideen. Zum Beispiel die, ein paar prominente Babylonier zu kidnappen und irgendwo im Reservat festzuhalten, in der wilden Ruinenlandschaft, ohne Recht, ohne Gesetz und ohne Sicherheitsverwaltung. Und dann der Verwaltung Forderungen zu stellen.
Brock: Eine halbe Milliarde Euros, regelmäßige Sendezeiten im Holo. Die Bürgermeisterin sollte live auftreten in Sack und Asche und alle ihre politischen Sünden beichten.
Jonas: Alle? Das wird ne Endlosserie.
Brock: Ein Teil der Sicherheitsführung war für Gewalt, ins Reservat einmarschieren, alles kurz und klein schlagen, Oberst Frank von der Terrorpolizei, ein paar andere. Aber sie kamen nicht durch. Der Chef, Sicherheitspräsident Henning, setzte auf Verhandlungen, schon wegen der Geiseln. Ein Sonderstab wurde gebildet, Codename Houdini, und da…
Jonas: Lassen Sie mich raten, Brock, Judith Delgado.
Brock: Assistiert von Chefinspektor Brock.
Jonas: Die Schöne und das Biest.
Brock: Wollen Sie sich mit mir streiten, Jonas, oder wollen Sie was hören?
Jonas: Judith nahm Kontakt zu Karla auf, sie traf sich mit ihr, sie verhandelte, sie machte Fortschritte. Das war wichtig, nicht nur für die Geiseln, auch für Sicherheitspräsident Henning, der wollte am 1. Juli in Glanz und Gloria abtreten. Und für Judith. Die wollte Hennings Nachfolgerin werden und brauchte den großen Geiselerfolg, um sich gegen ihren Konkurrenten durchzusetzen, Sicherheitsdirektor Leo Costa, eine eher graue Schreibtischmaus. Leiter des Beschaffungsamts. Zuständig für den Nachschub von Kugelschreibern und von Laserstrahlern. Viel Chancen hatte er nicht. Judith marschierte und verhandelte und stand kurz vor dem erfolgreichen Abschluß.
Brock: Das war Anfang Juni. Und auf einmal war der Wurm drin. Karla ließ Termine platzen, es gab immer neue Forderungen, die Sache zog sich hin, die Geiseln kamen nicht frei, Henning ging in Pension.
Jonas: Sein Job kriegte nicht Judith, sondern dieser Costa.
Brock: Natürlich. Frau Delgado hatte versagt. Sie blieb Leiterin des Sonderstabs, traf sich noch zwei dreimal mit Karla, das letzte Mal am Abend des 19. Juli. Und zur gleichen Zeit rollte der Sturmangriff auf den Schlupfwinkel der Stadtguerilla im Reservat. Kleinbeirut haben sie ihn genannt. Wir vom Sonderstab wußten nichts davon. Chef Costa und Oberst Frank haben die Vorbereitungen geheimgehalten, um die Terroristen zu überraschen. Ein Unternehmen mit allen Schikanen. Helikopter, Tanks, Laserhaubitzen, sogar ein paar Robokiller. Was dabei rausgekommen ist, wissen Sie.
Jonas: Keine Ahnung, Brock, ich war in Afrika.
Brock: Alle Terroristen tot, mit einer Ausnahme, fast alle Geisel tot, viele Unbeteiligte tot, ein paar Sicherheitskräfte tot.
Jonas: Judith Delgado tot.
Brock: Nicht beim Sturmangriff. Sie traf sich mit Karla. Sie war gar nicht dabei.
Jonas: Und warum die falsche Verlautbarung?
Brock: Weil es so einfacher war und sicherheitspolitisch geschickter. Bei so vielen toten Geiseln war es nicht verkehrt, auch in den eigenen Reihen ein hochrangiges Opfer zu haben.
Jonas: Wie ist Judith umgekommen?
Brock: Erschossen. Mit einer Keckler und Hoch, SW7. Am nächsten Morgen haben wir sie gefunden, im Osten, an der Grenze zum Reservat. Unter freien Himmel. Nicht weit vom Aquarium und vom Giganthotel.
Jonas: Wo hat sie sich mit Karla getroffen?
Brock: Wissen wir nicht, das hat sie für sich behalten.
Jonas: Sie war allein.
Brock: Die beiden haben sich immer allein getroffen.
Jonas: Wer hat Judith umgebracht?
Brock: Ich weiß nicht.
Jonas: Karla?
Brock: Möglich. Sie soll noch am Leben sein, als einziges Mitglied der Stadtguerilla. Untergetaucht. Wo weiß ich nicht. Sonderstab Houdini ist aufgelöst. Ich bin wieder bei der Kripo. Datenkriminalität, Kleinkram…
Jonas: Wo könnte Karla stecken? Denken Sie nach, Brock. Wo hat Judith Kontakt mit ihr aufgenommen?
Brock: Keine Ahnung, Jonas, wirklich nicht. Ich hab sie mal gefragt, und da hat sie nur eine unverständliche Bemerkung gemacht.
Jonas: Über den alten amerikanischen Präsidenten Reagan?
Brock: Nein, wieso? Über Mao, chinesischer Diktator im vorigen Jahrhundert, über einen Spruch von Mao. Guerillas sind wie Fische im Wasser oder so ähnlich, und dann hat sie gelacht und gesagt, das ist wirklich ein Witz. Frau Delgado hat in den letzten Wochen viel von Ihnen gesprochen, Jonas, Sie haben ihr gefehlt, sie hatte das Gefühl, daß an der Geschichte was nicht stimmt. Jonas würde sich reinknien, hat sie gesagt, Jonas würde es rauskriegen, also dann, kriegen Sie’s raus, ich wünsch es Ihnen und mir und dem Andenken von Judith Delgado. Noch was: Scotland Yard.
Jonas: Scotland Yard, was soll ich damit?
Brock: Geben Sie es Ihrem Computer weiter, der ist schlauer als Sie, der kann was damit anfangen. Wir sehen uns Jonas, bald. Bleiben Sie cool.
Jonas: Weg war er. Aber er ließ mir ein Andenken da: Die Rechnung. 300 Euros für 1 Stunde Schirmerzelle. Jonas zahlte, ungern und ging nach Hause. Wo sich zeigte, daß Sammy tatsächlich was mit Scotland Yard anfangen konnte.
Sam: Das legendäre Hauptquartier der Metropolitan Police of London, verehrter Assistent Commisioner.
Jonas: Du wirst es nicht glauben, Sam, das wußte ich.
Sam: In der Tat, Sir? Es dürfte sich um ein geheimes Codewort handelt, welches mit jedem berechtigtem Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit Zugang zum Zentralcomputer der obersten Sicherheitsverwaltung eröffnet.
Jonas: Da könntest du recht haben, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: OK. Nimm dir das Codewort und geh ein bißchen im Zentralcomputer spazieren. Mal sehen…
Brock: Sie brauchten sowieso eine neue Tür, Jonas, eine die sich abschließen läßt.
Jonas: Brock?
Brock: Chefinspektor Brock, wenn ich bitten darf. Bleiben Sie cool, Jonas.
Pauly: Aufstehen, Hände hoch, an die Wand, Beine auseinander, bleiben Sie so.
Brock: Na, dann wollen wir mal. Jonas, nur Jonas, Bürgernummer, geboren, Beruf, blablabla, auf Anordnung des Herrn Präsidenten der Sicherheitsverwaltung von Babylon, Vereinigte Staaten von Europa, sind Sie festgenommen.
Jonas: Weshalb?
Brock: Behinderung der Arbeit der Sicherheitskräfte, Betreiben eines nicht entstörten Computers.
Sam: Ohohohohoh, nur Blut kann sie abwaschen, diese unerhörte Schmach, geben Sie Satisfaction, Pistols, Säbels.
Pauly: Mit dem Knüppel kannst du was kriegen, du bescheuerte Blechbüchse.
Sam: Blödmann. Ha, und nochmals Ha. En garde, Wicht.
Brock: Ruhe. Planung eines schwerwiegenden Datenvergehens, Erregung öffentlichen Ärgernisses.
Jonas: Das ist alles?
Brock: Mehr steht hier nicht. Hab ich was vergessen?
Jonas: Kontoüberziehung im Wiederholungsfall. Spucken auf den Bürgersteig.
Brock: Haha. Sie werden in kriminalpolizeilichen Gewahrsam genommen und zwecks Aburteilung dem nächstgelegenen Autojudex vorgeführt.
Jonas: Und, was werd ich kriegen?
Brock: Tja, zwei Jahre verschärfter Hausarrest mit Elektrofessel, mindestens, Detektivlizenz weg, Computer eingezogen.
Sam: Niemals! Keine Macht der Welt kann Sammy vom Busen seines innig geliebten Herrn reißen.
Pauly: Das wirst du schon sehen, wie wir das können, und dann kommst du in den Asservatenkeller, da ist es dunkel und feucht und eklig. Und da wirst du vergammelt und verrotten.
Sam: Und du kommst mit.
Brock: Das reicht, Pauly. Sehen Sie sich mal in der Naßzelle um, aber gründlich.
Pauly: Wird gemacht, Chefinspektor.
Brock: Hauen Sie ab, Jonas.
Jonas: Was?
Brock: Sie sollen fliehen, Sie Idiot, nachdem Sie mich überwältigt haben, natürlich. Los.
Jonas: Danke Brock.
Brock: Nur wegen Frau Delgado, Jonas, Gehen Sie nicht ins Casablanca, da schicken wir gleich eine Streife hin.
Sam: Fein.
Jonas: Blieb eigentlich nur ein einziger Zufluchtsort. Der arme Schlucker, ein Dipsomat. Lem-/Ecke Strugazkistraße. Wenig geliebt, weithin unbekannt. Wo man sich einen Strohrum ziehen und mit seinem Computer zu raten gehen konnte. Zum Glück hatte ich ein paar Euros in der Tasche.
Sam: Wieviel?
Jonas: Zehn, zwanzig, dreißig und ein paar zerklemmte.
Sam: Naja, nicht eben stupender Reichtum, euer Minderbemitteltheit. Hilft nix, muß erst mal reichen.
Jonas: Muß nicht, Sammy. Ausnahmsweise hab ich was auf dem Konto. Ich kann bargeldlos zahlen.
Sam: Hehehe, kannst du nicht, Knirschgetriebe, weil sie dich sofort am Arsch haben, wenn du irgendwo im elektronischen Netz auftauchst. Die Bullen, die Todesschwadronen, alle.
Jonas: Jonas gegen den Rest der Welt, wie üblich. Apropos Todesschwadronen, Judith ist mit einer Keckler und Hoch erschossen worden und das heißt…
Sam: Von der Todesschwadron, die auch Jonas auf dem Kicker hat, will sagen, im Visier. Frage: Wer ist der Auftraggeber?
Jonas: Die Antwort finden wir nicht, wenn wir hier sitzen und Strohrum trinken. Scotland Yard, Sammy.
Sam: Ach, längst passiert. Während euer Saumseligkeit über Alkohol in seiner entsetzlichsten Gestalt frönten, unternahm Sam, Sam, der Pflichttreue, der Gewissenhafte, der Verantwortungsbewußte, eine Exkursion in die geheimnisvollen Tiefen des Zentralcomputers. Wer wagt es Knappertsmann oder Ritt zu schlauchen in diesen Tunt. Na, wer schon. Na ich, Sam. Unerschrocken, wendig, alle aufgestellten Fallen geschickt umgehend, konzentriert, diszipliniert.
Jonas: Ist ja gut, Sammy, du bist der größte. Das wissen wir doch. Was hast du entdeckt.
Sam: Zweierlei, du Nieswurz. Hatschi. Danke. Großfahndung nach Jonas, nur Jonas alle erste Priorität. Sicherheitsapparat auf Hochtouren.
Jonas: Meinetwegen? Bin ich Jack the Ripper?
Sam: Unzureichende Daten, mein Jonas.
Jonas: Und zweitens?
Sam: Daten über Stadtguerilla und den Tod der Dame Judith nicht zugänglich, auch nicht mit Codewort Scotland Yard. Zusätzlich verschlüsselt und verrammelt und verschottet.
Jonas: Da kommen wir also nicht weiter, Sam. Neuer Approach. Karla. Wir müssen versuchen, sie aufzutreiben. Wo könnte sie stecken. Kombinieren wir.
Sam: Wir, my dear Watson?
Jonas: Wie du willst, Sam, dann kombinier gefälligst du alleine. Dafür hab ich dich. Los, auf der Stelle.
Sam: Drei vier, Maofisch, Wasserfisch im Wasser. Wo gibt’s so was. Na?
Jonas: Jedenfalls nicht im Meer oder im See oder im Fluß. Schon lange nicht mehr.
Sam: Korrekt. Wo dann?
Jonas: Im Aquarium?
Sam: Exzellent, mein lieber Jonas. Wo wurde die Dame Judith aufgefunden?
Jonas: Im Osten an der Grenze zum Reservat, nicht weit vom Giganthotel und vom…
Sam: Aquarium, Aquarii, neutrum. Quod erat demonstrandum.
Jonas: Du meinst, Karla ist im Aquarium?
Sam: Naja, hast du eine bessere Idee, o du mein Wasserkopf, bluber blubber blub.
Jonas: Ich hätte mich wie Dschango fühlen sollen. Einsamer Wolf. Einsamer Jäger. Einsamer Rächer. Aber als ich durch die Straßen ging, kam ich mir eher vor wie eine Zielscheibe oder wie das Männlein im Walde. Ganz allein auf einem Bein. Und drum herum lauter wilde Tiere, die was von mir wollten. Da hatte ich gar nicht mal unrecht.
Sam: Achtung, Achtung, wir unterbrechen unser Programm für eine Durchsage. In Sicht sind zwei schwarze Aktenkoffer. Ich wiederhole Aktenkoffer. 300 Meter zurück. Abstand abnehmend.
Jonas: Da haben sie mich also wieder gefunden. Was machen wir, Sammy, einen Zahn zulegen?
Sam: Und wenn du wetzt wie Zatopek.
Jonas: Wie wer?
Sam: Kennt er nicht. Eine Kugel ist schneller, allemal. So steht es geschrieben.
Jonas: Ich könnte es mit den beiden ausschießen.
Sam: Ohohoh. Zwei gegen einen, naja, und gut sind die auch.
Jonas: Also was dann, Sammy?
Sam: Was dann? Was deucht euch von der Straße, Eminenz?
Jonas: Straße? Die hier?
Sam: Na, den Markgrafenboulevard werd ich meinen. Natürlich die hier.
Jonas: Was soll mich deuchen. Eine schmale Straße, einsam, tote Lagerhäuser, typisch für Ostbabylon.
Sam: Nicht eben sauber.
Jonas: Es geht. Sag mal Sammy, was soll…
Sam: Müßte mal gereinigt werden.
Jonas: Ich weiß nicht, das geht doch automatisch. Regelmäßig, zentralgesteuert mit Vorwarnung. Siehst du nicht die Düsen an jeder Ecke rechts und links. Die Düsen!
Sam: Ach, hat er’s endlich geschnallt unser mentaler Schneckerich. Die Straßenreinigung untersteht der Sicherheitsverwaltung.
Jonas: Du mogelst dich ins System ein, sagst Scotland Yard, setzt das Normalprogramm außer Betrieb und sorgst dafür, daß dieses Stück Straße mal gründlich sauber gemacht wird außer der Reihe. Achtung, Sammy, hier sind die Düsen, sobald ich vorbei bin.
Sam: Läuft Aktion sauberer Asphalt. Scotland Yard. Düsen nach hinten. Wasser marsch. Gebläse. Spül weg den Dreck. Hehe.
Jonas: Das Killerteam segelte von dannen. Sehr schnell. Mit achterlichem Wind. Und Jonas ging weiter. Vorwärts. Immer vorwärts. Jetzt war mir wirklich nach Dschango. Das Aquarium war ein flacher ausladender Bau im Schatten des berghohen Giganthotels, nicht weit vom Reservat, der ausgebrannten Ruinenlandschaft, in der Gesetzlose hausten, Freaks, Terroristen, Mutanten, kannibalische Nachtmenschen. Aber die Trümmer und ihre Bewohner waren nicht zu sehen, weil die gewaltigen Holoprojektoren auf dem Dach des Giganthotels die häßliche Realität mit Illusionen zudeckten. Bunte Parks, gelbe Felder, grüne Wiesen, wunderschön anzusehen, und so echt wie das Ehrenwort eines Politikers. Das Aquarium war geschlossen. Wegen Bauarbeiten. Stand auf dem Schild an der Tür. Kein Problem für Sam und sein magisches Codewort. Vor Scotland Yard öffnen sich alle Pforten.
Sam: Dank, mein lieber Brock, ich könnt dich herzen und küssen.
Jonas: Übertreibs nicht, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: Und mach dir gefälligst Gedanken, wie’s weitergeht. Wie finden wir Karla, ist sie überhaupt hier, wie sollen wir sie erkennen.
Sam: Questions over Questions, meine verehrten Damen und Herren, zuhause an den Holoschirmen.
Jonas: Und keine Antwort, wie es scheint.
Sam: Stube. Korrektur. Gemach, mein ungläubiger Jonas. Es gibt eine Antwort, und sie stammt von keinem geringerem als dem großen amerikanischen Philosophen Readers Digest. Wie sagt er doch, in einem seiner erhabendsten, seiner profundesten Aphorismen: Es wird sich alles alles finden. Warte nur.
Jonas. Willst du mich verarschen, Sammy?
Sam: Und siehe, es hat sich gefunden, das weiterführende Glied in der detektivischen Kette. Ein Weg tut sich auf. Es ertönt die Posaune von Jericho, die Trommel ruft zum Streite. Folge dem Klang, altes Kriegsroß. Wieher!
Jonas: Jonas folgte durch eine Tür, über einen langen Gang, um eine Ecke, und da wurde es laut. Vor mir lag ein weiter heller Raum, in der Mitte ein Becken voller Wasser, dahinter eine Frau in Deckung. Eine Frau im weißen Kittel, in der Hand einen Laserstrahler. Zwei schwarze Figuren arbeiteten sich zu ihr vor, rechts und links am Beckenrand. Eine der beiden feuerte aus dem bekannten schwarzen Aktenkoffer, die andere hatte keinen Aktenkoffer, sie hatte einen Kanister auf dem Rücken, und in der Hand ein Rohr, aus dem ein Feuerstrahl schlug. Ein Flammen-werfer, ein richtiger altmodischer Flammenwerfer. Typisch Todesschwadron. Ich mischte mich ein, mit meinem Laser.
Karla: Danke, Fremder. Reine Menschenfreundlichkeit, oder haben Sie einen bestimmten Grund, mir zu helfen?
Jonas: Die Todesschwadron. Mit der hab ich ein Hühnchen zu rupfen. Ein Riesenhuhn bessergesagt. Und dann möchte ich, daß Sie mir ein paar Fragen beantworten. Sie heißen doch Karla.
Karla: Sind Sie von der Terrorpolizei?
Jonas: Sie stand vor mir, wachsam, gespannt, den Zeigerfinger am Drücker ihres Laserstrahlers. Jonas sagte ihr, wer er war, und was er von ihr wollte.
Karla: Gut, reden wir. Nicht hier. In der Cafeteria. Da ist jetzt kein Mensch. Warten Sie einen Augenblick, ich will mich nur umziehen.
Jonas: Wo?
Karla: In meinem Zimmer, ich arbeite hier, in der ichthyologischen Abteilung. Dr. rer. nat. Karla Adamski. Sagen Sie Karla. Moment.
Jonas: Was tun Sie?
Karla: Ich laß die Piranhas ins Becken. Damit sie hier reinen Tisch machen. Was bei internen Auseinandersetzungen abfällt, geht andere nichts an. Sehen Sie nur zu, Jonas, sehr lehrreich, und symbolisch. Die kleinen Fische fressen die Großen. Manchmal.
Jonas: Ich ließ sie gehen. Nicht, weil sie einen Laser hatte. Den hatte ich auch. Ich traute ihr. Und sie kam tatsächlich zurück. In einem unauffälligen brauen Overall. In der Cafeteria zog ich mir einen Sojakaff und einen doppelten Sojaburger. Das hatte ich nötig.
Karla: Was haben Sie mit Judith Delgado zu tun? Freund. Partner. Beziehung?
Jonas: Ich bin ihr was schuldig.
Karla: Geht mich auch nichts an. Sie haben mir geholfen, und deshalb bin ich Ihnen was schuldig. Was wollen Sie wissen?
Jonas: Wie ist sie umgekommen?
Karla: Das kann ich Ihnen sagen, ich war dabei, wir waren verabredet zum so und sovielten mal, in der Nähe im Reservat, wie immer, in einem ausgebrannten Haus. Und direkt davor wurde sie erschossen. Vier Schwarze mit Koffern. Kreuzfeuer. Sie war sofort tot.
Jonas: Und Sie Karla?
Karla: Ich war vorsichtig und hatte meine kugelsichere Wäsche angezogen. Gleich nach dem ersten Schuß bin ich abgetaucht. Im Reservat kenn ich mich besser aus als die Killer von der Todesschwadron. Sie haben mich verfolgt. Erwischt haben sie mich nicht. Aber sie versuchen es immer wieder. Wie eben.
Jonas. Warum? Wer steckt dahinter?
Karla: Ich bin der letzte Name auf der Liste. Alle anderen sind gestrichen, abgehackt, erledigt. Die Genossen sind beim Sturm auf Kleinbeirut gefallen. Und zur gleichen Zeit hat die Todesschwadron auf Delgado angesetzt. Weil ihr klar geworden war, was gespielt wurde. Jetzt bin nur noch ich übrig. Und Sie natürlich, Jonas.
Jonas: Ich?
Karla: Sie wühlen und bohren und kommen ihm immer näher.
Jonas: Ihm? Wem?
Karla: Ganz nah dran sind Sie offenbar noch nicht. Costa natürlich.
Jonas: Der Sicherheitschef?
Karla: Seine Ehren Leo Costa. Präsident der obersten Sicherheitsverwaltung zu Babylon.
Jonas: Costa hat Judith umbringen lassen.
Karla: Ja sicher, weil sie ihm auf die Schliche gekommen war.
Jonas: Als Leiter des Beschaffungsamts hatte Costa die Stadtguerilla mit Waffen versorgt. Über Jahre. Er ließ sich dafür bezahlen. Aber das war nicht sein Hauptgrund. Er war der Meinung, die Sicherheitsbehörde brauchte einen Gegenpart, ein wirkungsvolles Feindbild, eine Rechtfertigung für polizeiliches Hochrüstung und law and order Politik. Darum lieferte er den Terroristen Waffen. Nicht viele, nicht die neuesten, nicht die besten. Gerade soviel, daß sie ab und zu von sich reden machen konnten. Aber dann landete Karla ihren großen Coup, ohne Costa zu informieren. Die Geiselnahme. Und danach lief alles schief für Costa.
Karla: Wegen Delgado, weil sie als erfolgreiche Senkrechtstarterin schon als künftige Chefin der Sicherheitsverwaltung gehandelt wurde. Den Job hatte sich Costa selbst vorbehalten. Und als Delgado den Auftrag kriegte, mit uns über die Geiseln zu verhandeln, da sah er seine Chance. Er schlug mir einen Deal vor: Ich sollte die Verhandlungen rauszögern, schleppen lassen, bis Henning aufs Altenteil kam, und wenn Costa Sicherheitspräsident geworden war, wollte er uns Waffen liefern. Mehr als bisher, und modernere. Was ähnliches ist mal in Amerika passiert, vor gut 30 Jahren, bei der Wahl zum Präsidenten. Irgendein Staat im Orient hatte damals amerikanische Geißeln festgehalten, und damit der bisherige Präsident nicht mit einem großen Erfolg im Rücken wiedergewählt wurde, soll sein Konkurrent mit diesem Staat vereinbart haben, daß die Geißeln erst später, nach der Wahl losgelassen werden sollten. Gegen Waffen und sehr viel Geld.
Jonas: Regean.
Karla. Ja, so hieß er wohl.
Jonas: Das hat sie also gemeint.
Karla: Was, wer?
Jonas: Nicht so wichtig. Erzählen Sie weiter.
Karla: Da ist nicht mehr viel zu erzählen. Delgado hat offenbar was spitzgekriegt.
Jonas: Hat sie. Jetzt weiß ich’s.
Karla: Costa konnte nicht zulassen, daß seine geheimen Abmachungen mit uns rauskamen. Er mußte was unternehmen, und das tat er dann auch. Gründlichst. Generalbereinigung. Großes Aufwaschen.
Jonas: Sturmangriff auf Kleinbeirut.
Karla: Richtig. Danach gab’s kein Geiselproblem mehr. Keine Stadtguerilla. Keine Zeugen, die Auspacken konnten. Und zur gleichen Zeit sollten Delgado und ich erledigt werden. Damit beauftragte Costa die Todesschwadron. Gute Kumpel aus alten Sicherheitszeiten. Das war’s Jonas, noch Fragen?
Jonas: Danke, Karla, Sie waren sehr offen.
Karla: Ihnen kann ich alles sagen, Jonas, Sie sind nicht gefährlich, nicht mehr. Dafür wird Costa sorgen.
Jonas: Glauben Sie, Karla?
Karla: Ich bin sicher. Weil ich ihn nämlich angerufen habe, eben in meinem Zimmer. Ich habe ihm einen letzten Deal angeboten. Er kriegt Sie, Jonas, wenn er mich in Ruhe läßt und die Schwarzen zurückpfeift.
Jonas: Und er war einverstanden.
Karla. Natürlich. Ich soll Sie umbringen, hat er gesagt, aber das habe ich abgelehnt. Soll er seine Drecksarbeit selber machen. Sie sind bewaffnet, Jonas, Sie haben eine Chance, eine ganz kleine. Da kommt er! War nett sie kennengelernt zu haben Jonas.
Jonas: Schade, daß die Bekanntschaft nur kurz war. Hätten wir uns nicht zusammentun können?
Karla: Daran habe ich auch schon gedacht. Aber das ist mir zu riskant. Sie sind ein sturer Bock, einer, der keine Kompromisse macht, der sich lieber umbringen läßt als aufzugeben. Ein Romantiker. Das ist nichts für mich.
Jonas: Wo gehen Sie hin, Karla?
Karla: Ins Reservat. In den Untergrund. Abwarten. Mal sehen, was sich bietet. Ichthyologin mit einschlägiger terroristischer Erfahrung sucht neuen Wirkungskreis. Viel Glück, Jonas.
Jonas: Aus der untergehenden Sonne kamen zwei Helikopter. Ein kleiner Kommandohubschrauber und ein Transporter. Schwarz. Ohne Markierung. Costa mit der Todesschwadron. In wenigen Sekunden würden sie landen, auf dem großen Platz zwischen Aquarium, Giganthotel und Reservat. Was tun? Sammy hilf!
Sam: Jajaja, jetzt kommt er angeschissen, mein großer Herr und Meister. Sammy, hilf mir, nachdem ich stundenlang Luft für ihn war, weil er mit diesem Weib herumturteln mußte, dieser Karla, und was hat er davon gehabt, der trottelige Triebmensch, verraten hat sie ihn, schnöde verkauft, kaltschnäuzig verscherbelt für 30 Silberlinge.
Jonas: Genau das hat mir gefehlt, Sam, dein Zuspruch, deine moralische Aufrüstung. Ich danke dir. Du weißt, was ich jetzt brauche, nicht etwa tatkräftige Unterstützung, nein, Worte Worte Worte.
Sam: Ja. Worte. So so. Und was ist das?
Jonas: Was ist was?
Sam: Da draußen. Guck mal aus dem Fenster.
Jonas: Der Kommandohubschrauber setzte zur Landung an. Der Transporter flog weiter. Stur gerade aus. Über den Platz. Über das Reservat. Über die Stadtgrenze. Immer weiter. In die Wüste.
Sam: Bis daß der Sprit alle ist.
Jonas: Und dann, Sammy?
Sam: Fällt er runter. Plumps.
Jonas: Du hast das Steuersystem blockiert.
Sam: Klar doch. Nur Worte, he? Nimmst du das eventuell zurück?
Jonas: Später, Sammy. Falls ich noch dazu komme.
Sam: Dann ist die Sache für mich erledigt.
Jonas: Der kleine Helikopter ist gelandet.
Sam: Damit müssen wir uns abfinden, Majestät. Speziell gesichertes System. Auf die schnelle nicht zu knacken.
Jonas: Ein kleiner Mann in grau steigt aus.
Sam: Ja. Costa.
Jonas: Und zwei Schwarze. Mit Maschinenpistolen. Von hier aus kann ich gar nichts machen, Sammy. Der Laser reicht nicht so weit. Der Revolver auch nicht. Costa hat ein Megafon.
Costa: Jonas, nur Jonas, Ihre Lage ist hoffnungslos. Kommen Sie raus. Langsam, die Hände über dem Kopf.
Sam: Ja, tu, was er sagt, Lahmgesäß.
Jonas: Ach ja, damit sie mich in aller Ruhe abknallen können? So nicht, Sammy. Ich komm raus, aber anders. Im Laufschritt, eine Waffe in jeder Hand. Ich mach denen da draußen Feuerwerk.
Sam: Hehe, wie weiland Butch Cassidy und Sundance Kid.
Jonas: So hab ich wenigstens eine kleine Chance.
Sam: Naja, 1 zu 3. Prädikat: Weniger empfehlenswert.
Jonas: Weißt du was besseres?
Sam: In der Tat, o leicht getrübte Leuchte des Weltalls. Denn merke: Die Holoprojektoren auf dem Giganthotel werden von einem nicht eben schwierig zu infiltrierendem System gesteuert. Es lebe die Illusion. Vertrau auf Sam.
Jonas: Muß ich wohl.
Costa: Kommen Sie raus, Jonas.
Sam: Der ist ja immer noch da.
Jonas: Jonas kam, Hände hoch, langsam. Schritt für Schritt. Costa wartete und sah mich an. Zufrieden.
Costa: Sehr vernünftig, Jonas, so geht es wenigstens schnell. Sie ersparen mir Zeit und sich selbst unnötige Quälerei. Kommen Sie näher. Noch näher. Ich hatte Sie immer im Auge, Jonas, seit Sie zurückgekommen sind. Ich wußte, daß Frau Delgado Sie in Interna der Sicherheitsverwaltung eingeweiht hatte, gegen jede Vorschrift. Darum mußte ich auf dem laufenden sein, was Sie betraf. Wenn irgendwo in meiner Nähe ein Haufen Scheiße rumliegt, dann will ich wissen wo, damit ich nicht reintrete. Kommen Sie näher.
Jonas: Sie sind schon reingetreten, Costa.
Costa: Noch näher, Jonas.
Jonas: Sie stinken zum Himmel.
Costa: Das genügt. Machen wir ein Ende.
Jonas: Sammy?
Sam: Vertrau auf Sam.
Costa: Jonas? Was ist? Wo sind Sie?
Jonas: Ich war noch da, an derselben Stelle. Aber Costa sah mich nicht. Er sah ein wogendes Kornfeld unter strahlend blauem Himmel. Eine Holoillusion, die Sam zwischen uns gestellt hatte. Durchsichtig, von meiner Seite, nicht von seiner. Er sah sich um, verwirrt. Seine beiden Trabanten fingen an, in die Gegend zu ballern. Das ging nicht. Zwei Schüsse aus meinem Laserstrahler, und dann war da nur noch Costa. Und Jonas. Und natürlich Sam, der mit den Holoprojektoren spielte.
Sam: Urwald. Haha.
Jonas: Voller Begeisterung.
Sam: Meer. Hahahaha. Wüste. Hahaha. Eine wunderschöne grüne Wiese.
Costa: Hören Sie auf, Jonas, zeigen Sie sich.
Sam: Knips ihn ab, Knödelfies, oder willst du ihn laufen lassen?
Jonas: Nein. Aber erschießen wollte ich ihn auch nicht. Das war zu wenig. Zu leicht. Es war dunkel geworden. Sie waren nicht deutlich zu erkennen. Schattenhafte Bewegungen. Kalkweiße Flecken unter den Ruinen. Nachtmenschen. Der Trubel hatte sie angelockt, die Helikopter. Die Schüsse. Die Projektionen. Sie warteten am Rand, an der Grenze zum Reservat. Sie warteten und lauerten. Hungrig. Voller Gier.
Jonas: Wir sollten sie nicht enttäuschen, Sammy. Setzen Sie sich in Bewegung, Costa. Los.
Costa: Nein, nein.
Sam: Schieß ihm in die Haken.
Costa: Au.
Jonas: Das ist die Richtung Costa. Sehr gut. Und noch einen Schritt.
Costa: Nein.
Sam: Doch.
Jonas: Na also. Und noch einer. Für die toten Geiseln und für die Stadtguerilla und für die unschuldigen Opfer. Und jetzt ein großer Schritt für Judith Delgado.
Costa: Nein, Jonas, bitte.
Jonas: Und noch ein Schritt für Judith und noch einer und noch einer. Und jetzt der letzte Schritte.
Costa: Nein. Nein. Au!
Jonas: Gesegnete Mahlzeit.
Sam: Mahlzeit Chef. Ob er ihnen wohl bekommen wird?
Jonas: Nachtmenschen. Sicherheitspräsidenten. Schwarze Killer. Terroristen. Große Fische. Kleine Fische. Fressen und gefressen werden. Sehr lehrreich und symbolisch. Es wurde ruhig. Um uns lag Babylon. Babylon die große Stadt. Unermeßlich. Unerschütterlich. Unbeeindruckt.
Sam: Durch die Straßen der Stadt dadadadadadada, geht ein einsamer Mann, babababababa, ja das ist der Euroblues, dudidudidudi, der zieht aus die Schuhes, bambobambobam, die Strümpfe dazu, schlaf Judith in ewiger Ruh, babababaa, durch die Straßen der Stadt durch die Straßen Straßen Straßen Straßen geht ein einsamer Mann, ja das ist der Euroblues, badi, schlaf Judith, schlaf in ewiger Ruh.
Jonas: Gehen wir nach Hause, Sammy.
Sam: Ok. Ok Ok Ok Ok.
Das war Euroblues. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Ilse Zielstorf, Helmut Stange und viele andere (Claudius Zimmermann, Helga Engel, Eduard Linkers, Hans Stetter, Werner Klein). Ton und Technik: Irene Thielmann und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Werner Klein. (Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks) (1990). (Redaktion: Erwin Weigel).
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Euromüll
Stimme: Jonas, hilf mir, Jonas, bitte, bitte hilf mir! Hilf! Jonas! hilf! Jonas, bitte bitte hilf mir! Jonas, bitte. Jonas, bitte hilf mir, Jonas!
Jonas: Judith ruft mich. Sie ist in Gefahr. Sie braucht Hilfe. Wo ist Sie? Wo bin ich? Ich wachte auf. Ich war in Afrika. Ich hatte geträumt. Aber da rief immer noch jemand.
Tou-Po 1: Jonas! Hilfe! Hilf mir Jonas. Hilfe! Machen Sie auf, Jonas, schnell!
Jonas: Nicht Judith. Die war zu Hause in Babylon. Ein Mann.
Neon: Jonas, laß das, Jonas jetzt steh doch auf! Da ist einer an der Tür!
Jonas: An der Tür. Vor unserem Bungalow. In der Hotelanlage am Meer. Unter Palmen. Mitten in der Nacht. Ein Radaubruder. Wußte der nicht, daß Jonas Urlaub hatte?
Tou-Po 1: Jonas! Um Gottes Willen, Hilfe! Hilfe! Ah!
Jonas: Nein, ich will das nicht, ich hab frei.
Neon: Was ist Jonas?
Jonas: Ach, hier liegt einer, Neon, direkt vor der Tür.
Neon: Tot?
Jonas: Total.
Neon: Die haben ihn umgebracht.
Jonas: Die waren zwei kräftige Männer, die hinten im Schatten verschwanden. Schwarze Haut in himmelblauen Uniformen. Sehr auffällig. Sehr verdächtig.
Jonas: Die haben ihn nicht umgebracht, Neon, jedenfalls nicht hier und nicht jetzt.
Neon: Wieso?
Jonas: Einschuß in der linken Brust.
Neon: Na bitte.
Jonas: Und kein Blut, kein einziger Tropfen. Im Nacken Blutergüsse, sogenannte Leichenflecken, der Typ liegt aber auf dem Bauch, außerdem treten Leichenflecken erst Stunden nach dem Tod auf.
Neon: Hmh.
Jonas: Jonas ist kein Pathologe, aber ein bißchen Bescheid mit so was muß ein Detektiv wissen, und Jonas ist Detektiv. Der letzte Privatdetektiv. Wohnhaft und tätig zu Babylon, Vereinigte Staaten von Europa, zur Zeit aushäusig in Urlaub und lustlos.
Neon: Der Mann ist also schon eine ganze Zeit lang tot.
Jonas: Mit Sicherheit.
Neon: Dann kann er ja auch nicht gerufen haben.
Jonas: Sehr gut mein lieber Watson.
Neon: Aber das Geschrei und der Schuß.
Jonas: Theater, Neon, alles Theater. Die zwei Himmelblauen haben uns einen toten Mann vor die Tür gelegt, sie haben ein bißchen gebrüllt, gebollert, in die Luft geschossen.
Neon: Und warum?
Jonas: Woher soll ich das wissen. Vielleicht hat er die Erklärung bei sich, unser schweigsamer Besucher.
Neon: Du meinst den Briefumschlag unter seiner linken Hand. Oh, Für dich, Jonas.
Jonas: Tatsächlich. Da steht Jonas.
Neon: Und was ist drin?
Jonas: Nichts. Ein kleiner Schlüssel aus Blech, auf der einen Seite ist eine Zahl eingestanzt, 227.
Neon: Hm.
Jonas: Auf der anderen Seite steht: Aerodrom Sabac.
Neon: Ein Schließfachschlüssel. Schließfach 227 im Flughafen von Sabac.
Jonas: Vermutlich.
Neon: Was wirst du tun, Jonas. Fährst du nach Sabac?
Jonas: Nein. Jonas wollte nicht nach Sabac fahren. Jonas wollte sich erholen mit Neon, der schönen dunkelhäutigen Autorin aus den USA. Wir hatten uns beim Fall Eurobaby kennengelernt und als der glücklich zu Ende gebracht war, hatten wir beschlossen, ein paar Tage Ferien zu machen, in Solaria, dem beliebten afrikanischen Staat, in den so viele Touristen fahren. Weißer Strand, grüne Palmen und relativ saubere Umwelt. Wir wollten für uns bleiben, Neon und ich.
Jonas: Und jetzt so was. Ärgerlich. Komm wieder ins Bett Neon.
Neon: Aber wir müssen doch etwas tun, Jonas.
Jonas: Morgen, Neon, morgen denken wir in Ruhe über alles nach.
Neon: Und jetzt willst du gar nichts unternehmen?
Jonas: Doch, den Nachtportier anrufen.
Portier: Ja bitte?
Jonas: Jonas Bungalow 12a.
Portier: Was können wir für Sie tun, Herr Jonas, eine neue Flasche Scotch, frisches Eis?
Jonas: Keine schlechte Idee, aber deshalb ruf ich nicht an, vor meiner Tür liegt ein Toter.
Portier: In der Tat, Herr Jonas?
Jonas: Lassen Sie ihn wegschaffen.
Portier: Wird sofort erledigt, Herr Jonas.
Jonas: Am nächsten Morgen hörten wir mehr, wir saßen beim Frühstück, der Nachtportier erschien, sah sich um, kam an unseren Tisch.
Portier: Die Leiche ist fort, meine Herrschaften.
Jonas: Haben wir gemerkt.
Portier: Ganz und gar fort meine ich. Nicht mehr im Hotel. Die Tou-Po hat sie abgeholt.
Jonas: Tou-Po.
Portier: Ja, die Tourismuspolizei. Na Sie wissen doch meine Herrschaften, wir in Solaria leben vom Tourismus. Und deshalb gibt’s die Tou-Po, eine Sondertruppe mit Sondervollmachten. Sie untersteht nicht dem Innenministerium wie die normale Polizei, sondern dem Ministerium für Tourismus und Fremdenverkehr.
Jonas: Ach ja, sagen Sie mal, tragen die Bullen von der Tou-Po vielleicht blaue Uniformen?
Portier: Jawohl, Herr Jonas, himmelblau. Ich darf Ihnen das eigentlich nicht sagen, Herr Jonas aber Sie sind ein geschätzter Gast unseres Hauses.
Neon: Soll heißen ein großzügiger Bakschischspender.
Jonas: Jonas war wieder flüssig. Im ominösen Eurobabyhelikopter hatte ich was gefunden, ein Päckchen Euronoten, aus dem Besitz der Firma Eurimex. Das hatte ich beschlagnahmt. Als Honorar und Schmerzensgeld und als Urlaubskasse.
Portier: Die Tou-Po war schon mal hier, Herr Jonas, gestern am frühen Morgen, hat sich nach Ihnen erkundigt, ob Sie noch bei uns logieren, wie lange Sie zu bleiben gedenken. Vielen Dank, Herr Jonas. Immer gern zu Diensten.
Jonas: Das gefiel mir nicht, wie’s aussah wurde aus der Geschichte ein Fall, einer der unangenehmen Sorte, kein Klient, kein Honorar, dafür massenhaft Ärger, aber vielleicht kam ich doch noch raus, mit der bewährten Vogelstraußmethode oder mein ich die drei Affen, nichts hören, nichts sehen, Kopf in den Sand, letzteres wortwörtlich, nach dem Frühstück legten wir uns an den Strand. Neon und ich, den Schlüssel nahmen wir mit, Sam auch. Den hätten wir besser zuhause lassen sollen.
Sam: Völker der Welt, schaut auf diesen Strand, schaut wie ein armer kleiner unschuldiger Computer taktiert wird, wie man ihn mißhundelt, martert, malträtiert, schaut ihn an, brutal in glühend heißen Sand gesteckt. Gnadenlos den brennenden Strahlen der Tropensonne preisgegeben. Einen Sonnenstich könnte ich kriegen.
Jonas: Den hast du schon, Sammy.
Sam: Oder einen Sonnenbrand. Oder die ekligen Moskitos pieksen mich zu Tode.
Jonas: Darüber würde ich mir keine Sorgen machen. Wenn ich in einer Schale aus spezial gehärtetem Kunststoff steckte.
Sam: Ich bitte Sie Herr Nachbar, das ist äußerlich, rein äußerlich, doch wie’s dar rinnen aussieht.
Jonas: Wollen wir gar nicht wissen, Sam, hör auf zu quengeln.
Sam: Meine Chips fangen an zu schmoren und mein Hals ganz trocken, ausgedörrt.
Jonas: Du hast keinen Hals, Sammy.
Sam: Sei nicht so kleinlich du kaltherziger Korinthenkacker.
Jonas: Sam ist mein Computer, in Taschenausgabe ständig bei mir. Von wegen Rat und Hilfe. Sam mag keine Sonne. Jonas mag er in maßen. Was er am liebten mag ist reden, schnattern, quasseln, querulieren.
Jonas: Was spricht der Dichter quäle nie ein Tier mit Schmerz.
Neon: Du spinnst, Sammy, du bist ein Computer ein Ding aus Metall und Plastik. Schlag- und stoßgesichert und absolut temperaturunabhängig.
Sam: Ach. Nicht einmal die Gnädigste versteht den armen Sam, naja so muß er denn allein und unverstanden seines Weges ziehen und leiden leiden leiden.
Jonas: Wenn du unbedingt leiden willst, Sam, dann tu’s leise. Neon, da hinten auf der Düne das Fahrzeug.
Neon: Ein Beachbuggy mit Spiritusantrieb. Toll. Eine echte Antiquität. Also bei uns gibt’s so was schon lange nicht mehr.
Jonas: Bei uns auch nicht, aber ich meinte eher die Insassen.
Neon: Blau, himmelblaue Uniformen. Tou-Pos.
Sam: Tou-Pos.
Jonas: Sie kommen hierher.
Neon: Jonas was tust du?
Jonas: Buddeln im Sand, sie dürfen den Schlüssel nicht finden.
Neon: Sam gräbst du am besten auch gleich ein, damit sie ihn nicht aufbrechen.
Sam: Im Namen der Menschlichkeit verwahre ich mich auf das entschiedenste.
Tou-Po 2: Aufstehen, Hände hoch, Beine auseinander.
Neon: Wer sind Sie?
Tou-Po 1: Toupo. Sondereinsatz. Los hoch oder wir machen euch Beine.
Neon: Was wollen Sie von uns, wir sind Touristen, Gäste.
Tou-Po 2: Halts Maul.
Jonas: Es folgte eine doppelte Leibesvisitation. Gründlich und ausgesprochen grob. Dann zertrampelten sie unseren Picknickkorb und zogen ab. Gefunden hatten sie nichts. Das wunderte mich. Im Beachbuggy war ein Metalldetektor. Warum hatten sie den nicht eingesetzt. Einen Schlüssel im Sand zu verstecken war schließlich keine so unerhörte Idee. Merkwürdig. Noch merkwürdiger wurde uns als wir zum Bungalow zurückkamen: Hier waren sie auch gewesen und sie hatten alles kaputtgeschlagen was Neon und Jonas gehörte. Ein Chaos.
Sam: Tohuwabohu. Kraut und Rüben. Grönende Verwüstung. Die spinnen, die Tou-Pos.
Jonas: Jetzt reicht’s. Jonas wird aktiv. Wir besorgen uns einen Mietwagen und fahren nach Sabac. Zum Aerodrom. Wir machen das Schließfach auf und sehen nach was drin ist.
Neon: Wir, was heißt wir, Jonas?
Jonas: Willst du nicht mit, Neon?
Neon: Doch Jonas, nach Sabac fahre ich mit bis zum Präsidentenpalast und da steige ich aus.
Jonas: Warum?
Neon: Um ein seit langem abgesprochenen Interview zu machen. Mit Mama Macumba, der Präsidentin von Solaria. Und danach fliege ich nach Hause. Um das Schließfach mußt du dich jetzt schließlich alleine kümmern Jonas. Der Umschlag war für dich, nur für dich, mich geht die Sache nichts an.
Jonas: Und Eurobaby, Neon, hat du vergessen.
Neon: Eurobaby war anders Jonas, da steckte ich mittendrin.
Jonas: Jetzt doch auch.
Neon: Jetzt kann ich aussteigen, und genau das hab ich vor.
Jonas: Sabac ist die Hauptstadt von Solaria, 100 km landeinwärts über eine ordentliche Autostraße, rechts und links Steppe, dann hohe Sichtblenden, dahinter unendliche Elendsviertel. Hier hausen Millionen, wie viele genau weiß keiner, keiner kann sie zählen. Schließlich die eigentliche Stadt. Hochhäuser. Verstopfte Straßen. Ich hielt vor dem Präsidentenpalast. Ein ummauerter Gral mit vielen Rundnöten. Sehr afrikanisch.
Neon: Das ist ihr Stil. Mama Macumba liebt die Tradition.
Jonas: Einschließlich Kannibalismus.
Neon: Ach.
Jonas: Hab ich mir sagen lassen.
Neon: Das ist doch nur ein Gerücht.
Jonas: So. Und daß sie eine Medizinfrau ist, daß sie hext und zaubert und Geister beschwört, daß sie mehr als 100 Jahre alt ist und sich durch Affendrüsen jung hält.
Neon: Alles Gerüchte. Sie ist uralt, das ist wahr. Und sie ist groß, unförmig dick. Eine lebende Legende und eine sehr interessante Frau. Ich freu mich auf das Interview. Die Zeit mit dir war auch sehr interessant, Jonas. Sei vorsichtig.
Jonas: Im Aerodrom von Sabac war es fast so voll wie auf den Straßen. Bleiche Touristen nach der Landung, braungebrannte vor dem Abflug. Im Schließfach 227 lag nur eine schmale Pappschachtel. Als ich sie einsteckte, spürte ich plötzlich Augen im Nacken. Ich drehte mich um. Mehrere himmelblaue Schlachtschiffe pflügten sich durchs Touristenmeer. In Richtung Jonas. Was tun. Sam wußte Rat.
Sam: Da hätten wir ja was wir brauchen, ein herrenloser Rucksack, auf demselben Sonnenhut nebst Sonnenbrille, in demselben, darauf verwettet Sam seine letzten Speicherplättchen kurze Hose, buntes Hemde.
Jonas: Und was soll ich damit?
Sam: Erbarmung, was ist er doch blöd mein Mensch, schnapp dir das Zeug.
Jonas: Du meinst ich soll den Rucksack stehlen.
Sam: Und pingelig ist er auch noch. Was sagt Sokrates der greise, der weise Greis: Not kennt kein Gebot. Klau sonst gehst du tot.
Jonas: Das ist ein Argument. So, und jetzt.
Sam: Ja was jetzt, na ab ins nächste öffentliche WC, nach Möglichkeit eins für Herren männlichen Geschlecht, und siehe dorten wird ein gewöhnlicher Sterblicher sich metamorphisieren zu einem Touristen und er wird sich eingliedern in den Strom seiner soeben eingetroffenen Brüder und Schwestern. Und sich in so gewonnener Unsichtbarkeit hinausschwemmen lassen aus dieser Halle.
Jonas: Bis dahin wo der Bus ins Zentrum abfuhr. Und im Zentrum ging ich ins nächste große Hotel. Ich nahm mir ein Zimmer, ließ mir einen Whisky bringen und was zu essen. Und dann machte ich die Pappschachtel auf.
Sam: Na Chef, was ist drin. Kokain, Heroin, Solipsin, Diamanten, Brillianten…
Jonas: Tut mir leid Sammy nichts besonders, zwei Blatt Papier und eine Tonkassette.
Sam: Papier beschrieben?
Jonas: Ja bzw. bedruckt.
Sam: Na lies schon vor, lahmarschige Languste, machs nicht so spannend.
Jonas: Vorsicht Sammy, sonst schalt ich dich ab und steck dich in den Müllschlucker.
Sam: Vorlesen o du mein Herr und Gebieter. Bitte bitte.
Jonas: Na gut. Vertrag. Für zu leistende Dienste, Klammer auf, Spezifizierung wie per Fon besprochen, Klammer zu, erhält Herr Tom Oyama, Minister für Tourismus und Fremdenverkehr der Republik Solaria von der Firma BABtours, Babylon Vereinigte Staaten von Europa, die vereinbarte Summe von EUROS 300.000. Babylon/Sabac, den 13. April 2012. gez. Tom Oyama, Minister usw. usw. gez. Dr. Wellenlin P. Clipp, Generaldirektor BABtours… Na Sammy, was sagt du.
Sam: Ich, naja auf einem Bein kann man nicht stehen. Volksweisheit. Ersuche um Vorlesung Blatt zwo.
Jonas: Da ist nichts vorzulesen, Sam. Blatt zwo ist eine Bankquittung.
Sam: Aha.
Jonas: Die Bank für Ost- und Zentralafrika bestätigt Einzahlung von 300.000 Euros auf Kontonummer soundsoviel, Tom Oyama privat durch Kontoinhaber am 13. April 2012.
Sam: Na ja, aller guten Dinge sind drei. Nun steh nicht in der Landschaft rum wie die weithin berühmte Salzstange von Dali.
Jonas: Die wer?
Sam: Schieb die Kassette in den hoteleigenen Rekorder. Dalli Dalli.
Jonas: Wenn ich nicht selber so neugierig wäre, Sammy, ach ne.
Clipp: Wir sind uns einig, Minister? Alles klar, Dr. Clipp, ich halte in dieser Saison Ihrer Firma die besten Hotels frei, insgesamt 18.000 Betten, und Sie zahlen mir dafür 300.000 Euros. Nicht gerade viel. Erlauben Sie mal, für eine Sache, die Sie nur ein Lächeln kostet. Sie vergessen Mama Macumba, von allen Nebeneinnahmen ihrer Minister kriegt sie 50%. Eiserne Regel. Sie braucht ja nichts zu erfahren von unserem Deal. Wir halten dicht, Minister. Gut, aber ich muß Geld und Vertrag noch heute in der Hand haben. 13. April 2012. OK, Minister, wir faxen Ihnen den Vertrag runter, sie unterschreiben und faxen ihn zurück. Und das Geld weisen wir Ihnen an. Nix Anweisung, in Bar bitte. Wir schicken einen Lokalmanager von Samacom. Mit einer dicken Aktentasche. Wie Sie wollen, Minister Oyama. Bis dann.
Jonas: Tja, das ist es also, Herr Minister Oyama läßt sich bestechen.
Sam: Ja, von BABtours, dem größten Reiseunternehmen in Europa.
Jonas: Und weil er nicht will, das was rauskommt, hat er seine Toupo drauf angesetzt. Soweit eine ganz normale Geschichte. Nur eins ist nicht normal, wie ist Jonas da reingeraten. Was geht es mich an, daß irgendein Minister in irgendeiner afrikanischen Bananenrepublik sich schmieren läßt.
Sam: Ja, berechtigte Question.
Jonas: Weißt du was Sammy, ich geh zu diesem Oyama. Ich leg ihm das Zeug vor und trag die Sache mit ihm aus. Er soll seine Kettenhunde zurückpfeifen. Ich will noch was von meinem Urlaub haben.
Sam: Daccord Maitre, doch sei’s verstattet einen ganz bescheidenen Verbesserungs-vorschlag einzubringen. Zeug vorlegen gut und schön, aber nicht die Originale. Kopien. Und um solche anzufertigen, bietet uns dieser mit jedem Komfort unserer Zeit ausgestattete Hotelraum alles notwendige dar: Papierkopierer, ein Doppel-kassettendeck, dazu eine Fülle von Musikkassetten. Für den erlesen Geschmack.
Jonas: Sieh mal hier, Sammy: Randy Orgas und Fuck the Ducks ihre Größten Hits. Der gute alte Randy Orgas selig, wann war die Requiemgeschichte, vor zweieinhalb Jahren.
Sam: November 2009 euer Verschwommenheit. Doch lassen wir die ollen Kamellen. Ans Werk. Kopier das Fongespräch auf die Orgaskassette und das Original tust du in die Orgashülle. Da findet’s kein Schwein.
Jonas: Und die Papiere.
Sam: In den hohlen Handtuchhalter im Bad, Mann. Denn wisse o Beherrscher der Gläubigen, die alten Tricks sind immer noch die besten.
Jonas: Es war als ob man Jonas erwartet hatte, ich sagte dem Portier im Ministerium meinem Namen und schon gingen alle Türen auf, auch die zum Privatbüro von Minister Oyama: ein hoher Raum, holzgetäfelt, leer bis auf einen Schreibtisch, eine AV-Anlage und eine altmodische Speicherkonsole, die mir irgendwie bekannt vorkam. Davor der Minister. Wie sieht ein Minister aus? Richtig. Wohlgenährt, vertrauenerweckend, durch und durch unecht, und schwarz. Wir waren in Afrika. Oyama war nicht allein, in einer Ecke drückte sich ein unterwürfiges Männlein mit Rastalocken herum.
Oyama: So, Jonas.
Jonas: Nur Jonas.
Oyama: Auch das. Was wollen Sie.
Jonas: Ein Gespräch unter 4 Augen.
Omaya: Mein Mitarbeiter Herr Mostafa Rashid, er besitzt mein volles Vertrauen.
Jonas: Meins nicht.
Oyama: Das wird er verschmerzen, was Rashid.
Rashid: Gewiß, Herr Minister.
Oyama: Was wollen Sie Jonas.
Jonas: Ich zeigte ihm, was ich gefunden hatte. Er besah sich die Blätter, hörte in die Kassette rein, dann hob er mir die Sachen über die Tischplatte zurück.
Oyama: Stecken Sie das Zeug wieder ein, Jonas. Ich kaufe nicht.
Jonas: Moment mal, Sie irren sich.
Oyama: Glaub ich kaum. Wir wissen was wir von Ihnen zu halten haben, was Rashid.
Rashid: Das wissen wir, Herr Minister.
Oyama: Sie sind ein Erpresser, ein mieser kleiner europäischer Erpresser. Auf irgendeine Weise haben Sie sich dieses Material beschafft und nun…
Jonas: Nein, die Sache läuft ganz anders…
Oyama: Sie können sich jedes weitere Wort sparen, wir glauben Ihnen sowieso nicht, was Rashid?
Rashid: Keine Silbe, Herr Minister.
Oyama: Aber Sie, Sie sollten mir glauben, Jonas, wenn ich Ihnen jetzt was sage, falls Sie vorhaben sich weiter mit dieser Sache abzugeben und Ihre käsige Nase weiter in meine Privatangelegenheiten zu stecken, dann denken Sie darüber lieber noch mal nach. Es könnte Ihnen passieren, daß Ihnen die Nase dabei abhanden kommt. Und auch sonst noch dieser oder jene andere Körperteil. Und jetzt raus.
Jonas: Das war schief gelaufen. Warum wußte ich nicht. An mir hatte es jedenfalls nicht gelegen, ich war stinksauer, so geht niemand mit Jonas um, auch kein Minister, erst recht kein Minister. Ich hob den rechten Arm und zeigte Oyama meinen Mittelfinger. Das verdroß ihn.
Oyama: Wenn ich mir’s überlege Jonas, sollte ich Sie nicht so ohne weiteres gehen lassen. Wir Solarier sind gastfreundliche Menschen, was Rashid?
Rashid: Sehr gastfreundlich, Herr Minister.
Oyama: Wie wär’s mit einem Abschiedsgeschenk, Jonas, damit Sie uns gut in Erinnerung behalten.
Tou-Po: Was liegt an Chef.
Oyama: Der Europäer hier.
Tou-Po: Macht der sich mausig, Chef.
Oyama: Könnte man sagen. Nehmt ihn mit runter in die Wachstube und da zeigt ihr ihm mal wie tüchtig unsere Toupo ist. Nahkampf, Verhörtechnik, ihr wißt Bescheid.
Tou-Po: Zu Befehl, Chef.
Jonas: Sehr tüchtig waren sie weiß Gott nicht, im Hof riß ich mich los, tauchte durch eine offenstehende Hintertür und war auf der Straße, ehe sie überhaupt was mitkriegten. Dann liefen sie mir ein Stück nach, nicht gerade mit Feuereifer, ich konnte sie leicht abschütteln und mich in einer ruhigen Seitenstraße auf einem Mäuerchen kurz zur Ruhe setzen.
Jonas: Wie findet du das, Sammy. Ein bestochener Minister, der sich benimmt wie die Axt im Walde, TOUPOs, die Jonas durch die Mangel drehen sollen und ihn statt dessen zum Ausbüxen gerade zu auffordern. Sammy, hab die Güte dich zu äußern. Sam!
Sam: Siehe meine Freundin, du bist schön. Dein Gehäuse ist als wie ein runder Becher umsteckt mit Rosen.
Jonas: Sam?
Sam: Deine Chips sind wie Taubenaugen und lieblicher denn Wein sind deine Schaltungen.
Jonas: Ist dir nicht gut Sam.
Sam: Deine Kabel sind wie ein Herde Ziegen, die da gelagert sind am Berge.
Jonas: Komm zu dir, Sammy, was ist los.
Sam: Ach, hast du sie nicht gesehen, vertrauter meines Herzens dorten in Onkel Toms Hütte.
Jonas: Im Büro von Oyama meinst du, da war keine Frau.
Sam: Frau, wer spricht von einer Frau, Sam spricht von ihr. Nr. AX 13/2005 McCoy Incorporated, Versuchsmodell Inamorata. Wie ist sie doch so wunder wunder wunderschön.
Jonas: Natürlich Oyamas Computer. Deshalb kam mir der Speicher bekannt vor. Sieht aus wie unserer zuhause Sam, zuhause in Babylon, gleiche Firma, gleiches Baujahr. Ein Versuchmodel wie du, Sammy. Im Jahr 2005 war Oyama sicher noch nicht Minister und konnte sich nichts besseres leisten. Genau wie ein armer Privatdetektiv, der gerade aus dem Antarktischen Krieg gekommen war.
Sam: O laß uns gehen, uns küssen und herzen, danach steht mein Verlangen.
Jonas: Ich hab fast den Eindruck, du bist verliebt, Sammy.
Sam: Sam muß es eingestehen, Freund meiner Seele, errötend und zagend.
Jonas: Aber Sam, du bist ein Computer, du kannst dich nicht verlieben.
Sam: Hat nicht auch Sam ein Herz?
Jonas: Nein Sam hast du nicht.
Sam: Blutet er nicht wenn er getroffen wird.
Jonas: Getroffen, vom wem?
Sam: Cupidos Pfeile du Kugelhupf. Samantha heißt sie, sie hat es mir gestanden.
Rashid: Steigen Sie ein, Jonas.
Jonas: Rashid, der unterwürfige Rastermann aus Oyamas Büro, jetzt war er gar nicht unterwürfig. Er saß in einer schwarzen Limousine mit Spiegelscheiben, in der Hand hielt er einen Laserstrahler. Seine drei Genossen auch. Keine Toupos, Zivilisten. Jonas stieg ein. Jonas ist kein Selbstmörder. Die Limousine fuhr an. Rashid griff sich das Autofon.
Rashid: Rashid hier. Ja, wir haben den Mann, Herr Baraka. Das Material auch. Warten Sie, bis Sie’s sehen. Hochinteressant. Genau was Sie brauchen. Der Minister ist erledigt. Vielen Dank, Herr Baraka, wir kommen sofort.
Jonas: Wir fuhren durch eine breite Hauptstraße, nicht schnell, das war unmöglich, zu starker Verkehr. Wir wurden noch langsamer, schwenkten nach rechts, auf die offene Einfahrt eines Hochhauses zu. Über der Einfahrt eine solarische Flagge und die großen Buchstaben FCP. Zentimeterweise schob sich der Wagen durch die dichten Fußgängermassen. Das war meine Chance. Tür auf und raus. Geduckt vorbei an zahllosen Hosenbeinen und Rocksäumen dann Kopf hoch, sie waren etwa 20 Meter hinter mir, Rastermann und seine munteren Zombies. Schießen konnten sie nicht. Laufen um so besser. Schneller als Jonas. Der sah sich um, was jetzt, wohin, die Antwort hielt neben mir, ein Motorroller, ein echter antiker Motorroller, unglaublich. Die Fahrerin schlug das Visier hoch.
Neon: Auf den Sozius, Jonas, beeil dich.
Jonas: Neon, aber ich dachte du wolltest weg.
Neon: Ne, ich hab mir’s anders überlegt.
Jonas: Wie kommst du zu dem Roller, Neon.
Neon: Man hat so seine Beziehungen.
Jonas: Beachbuggys, Gangsterlimousinen, Motorroller. Dieses Solaria ist ein einziges Museum für Opas Vehikel.
Neon: Nun steig schon auf.
Jonas: Wohin fahren wir.
Neon: Wohin willst du.
Jonas: Hotel Europa, weißt du wo.
Neon: Ich weiß. Halt dich fest.
Jonas: Im Hotelzimmer holte ich die Papiere aus dem Handtuchhalter und die Kassette mit dem Fongespräch aus der falschen Hülle, und dann gingen wir alles durch. Schritt für Schritt. Es mußte doch möglich sein, einen Sinn in die ganze verquere Geschichte zu bringen. Oder?
Neon: Ich weiß nicht, Jonas, schon wie es angefangen hat, mit dem Toten vor der Türe, der nach dir gerufen hat, obwohl er schon lange nicht mehr rufen konnte, und dann der an dich adressierte Umschlag mit dem Schlüssel.
Jonas: Die Toupo, ruppig aber in der Sache ineffizient. Erstaunlich ineffizient. Unglaublich ineffizient. Unglaubwürdig. Der Minister auch. Stößt Jonas vor den Kopf ohne jeden vernünftigen Grund. Nichts stimmt an der Geschichte. Aber auch gar nichts.
Neon: Irgendwie irreal wirkt das alles. Wie inszeniert. Show, Theater, einfach nicht echt. Man macht dir etwas vor, Jonas.
Jonas: Das Gefühl hab ich auch. Aber warum, Neon, warum ausgerechnet Jonas. Was hab ich mit Solaria zu tun. Und wer waren die Typen in der schwarzen Limousine.
Neon: An dem Haus, in das sie dich bringen wollten, stand FCP, Free Congress Partei. Das Hauptquartier der regierenden Einheitspartei von Solaria. Generalssekretär ist ein gewisser Baraka.
Jonas: Baraka. Den hat er aus dem Auto angerufen, der Rastermann, und was soll das, Neon.
Neon: Politik, Jonas, solarische Innenpolitik. Hör zu.
Jonas: Es ging um Mama Macumba, genauer um ihre Nachfolge. Bei dem Alter der Dame konnte die jeden Tag akut werden, trotz Magie und Affendrüsen. Die größte Chance hatte der wichtigste Minister, unser Freund Tom Oyama. Parteisekretär Baraka war zweiter Kandidat, aber schon weit abgeschlagen. Darum versuchte er seit einiger Zeit Belastungsmaterial gegen Oyama in die Hand zu kriegen. Und als er durch einen eingeschleusten Mann im Ministerium von Jonas und seinen Schmiergelddokumenten hörte, griff er natürlich zu.
Neon: Ein Himmelsgeschenk könnte man sagen. Nicht der Deal selbst, so was stört hierzulande niemanden, auch nicht Mama Macumba, aber daß Oyama sie um ihre 50 % betrügen wollte, das bricht ihm den Hals. Und das mein ich ganz wörtlich.
Jonas: Ich werd das Gefühl nicht los, daß auch mit dem Material was nicht stimmt. Da war was mit dem Tonband. Wenn ich nur wüßte…
Jonas: Nein, später… Das ist es. Das Glockenspiel.
Neon: Vom babylonischen Rathausturm, jeden Mittag um 12 Uhr, weltbekannt. Was soll denn damit sein.
Jonas: Nicht jeden Mittag, Neon, im April ist das Glockenspiel überholt worden, vom 1. bis 15.
Neon: Ach.
Jonas: Wenn das Band wirklich vom 13. April stammt, kann das Glockenspiel nicht drauf sein. Es ist aber drauf. Und das heißt.
Neon: Das Band ist eine Fälschung. Vermutlich aus mehreren Fongesprächen zusammengeschnitten. Dafür sprechen auch die kleinen akustischen Unebenheiten. Die Sprünge mitten im Text. Wenn du genau hinhörst.
Jonas: Die Papiere sind vermutlich auch gefälscht, aber um das festzustellen, brauchen wir Sam. Sam? Sammy? Würdest du dich freundlicherweise herablassen.
Sam: Nicht doch. Bitte nicht stören, Sam befindet sich in innigster Kommunikation mit seiner angebeteten Samantha. Chip an Chip. Total mit dir in den Himmel hinein, in den 7. Himmel der Liebe.
Jonas: Hör auf damit, komm runter von deiner rosa Wolke, Sammy.
Sam: Allein mit dir im Kämmerlein.
Jonas: Ist ja eklig. Schluß mit dem Geturtel, jetzt wird gearbeitet.
Sam: Pfui wie gemein, Spielverderber, gefühlloser Pedant. Was gibt’s sagt an.
Jonas: Dieser formlose Vertrag zwischen Minister Oyama und Generaldirektor Clipp.
Sam: Schwindel. Unterschriften sind nachgezogen, Strich für Strich. Angesetzt und wieder abgesetzt. Eindeutig.
Jonas: Und die Bankquittung.
Sam: Echt.
Jonas: Was? Irrst du dich auch nicht, Sammy?
Sam: Nein und nimmermehr, das Privatkonto von Minister Oyama ist dergestalt stark abgesichert, daß lediglich er selbst und keinesfalls irgendeine andere Person daselbst abheben oder auch einzahlen kann.
Jonas: Oyama hat also tatsächlich selbst am 3. April 300.000 Euros auf sein Konto gebracht.
Sam: Ja.
Jonas: Zufall?
Neon: Vielleicht.
Jonas: Trotzdem, der Schmiergelddeal ist getürkt, mit Sicherheit, Frage: wer steckt dahinter.
Neon: An sich kommt nur einer in Frage: Baraka.
Jonas: Aber der kann’s nicht gewesen sein, sonst hätte er Jonas nicht kidnappen lassen, um das Material zu kriegen.
Neon: Außerdem die Fälschung ist zu plump. Baraka hätte sich intelligenter angestellt. Natürlich wenn er die Dokumente zusammen mit dir in die Hand gekriegt hätte, Jonas, sozusagen von Minister Oyama beglaubigt, dann hätte er sie wohl kaum genauer unter die Lupe genommen und wäre gleich damit zu Mama Macumba gelaufen, die hätte sich Oyama kommen lassen.
Jonas: Und, Neon?
Neon: Oyama hätte sich die Beweisstücke angesehen und gesagt: Fälschungen. Baraka will mich fertig machen und er hätte es bewiesen. Mit Leichtigkeit.
Jonas: Ich weiß, es klingt verrückt, Neon, aber könnte der Minister nicht selber hinter der Sache stecken? Schließlich hat er die beste Gelegenheit, seine eigenen Fongespräche aufzunehmen und geschickt zusammenzuschneiden mit eingebauter Notbremse. Und die Fälschungen mit einer echten Kontoquittung glaubhaft zu machen. Und dann durch seine Tou-Pos dafür zu sorgen, daß das Material unter die Leute kommt. Sprich Jonas und Baraka. Wahrscheinlich weiß er, daß Rashid für die Konkurrenz arbeitet.
Neon: Oyama selbst, hört sich wirklich ziemlich unwahrscheinlich an, aber…
Sam: Hat man das Unmögliche ausgeschaltet, so muß das, was bleibt, die Wahrheit sein, und sei es auch noch so unwahrscheinlich. Ein Diktum des Großmeisters aller Detektive, Tusch Herr Kapellmeister, Mr. Sherlock Holmes.
Jonas: Schön daß du uns mal wieder die Ehre gibst Sammy.
Sam: Gerne.
Jonas: Zwei Dinge sind mir aber immer noch nicht klar, Neon, warum hat Oyama Jonas reingezogen und warum hat er die ganze komplizierte Intrige überhaupt angeleiert. Um Baraka unmöglich zu machen.
Neon: Glaub ich nicht, Baraka hatte sowieso keine Chance Präsident von Solaria zu werden, es muß einen anderen Grund geben, einen Grund von dem wir nichts wissen.
Jonas: Ein Geheimnis. Und wo versteckt man seine Geheimnisse, Neon.
Neon: Im PC. Im Speicher.
Jonas: Genau. Hör mal, Sammy.
Sam: Ja?
Jonas: Du stehst doch so gut mit Oyamas Computerin. Könntest du nicht mal einen Blick in ihren Speicher werfen?
Sam: Typisch.
Jonas: Würdest du das tun, wärst du so nett.
Sam: Jaja, erst Spohn und Hott, äh Spott und Hohn und dann wenn’s ohne Sam nicht geht, Süßholz mit Schmierseife. Doch was shalls. Gutmütigkeit, dein Name ist Sam. Spähen wir ihr unters Mieder, der liebsten. Auaua.
Jonas: Was war das?
Sam: Eine elektronische Maulschelle, oder Watschen wie’s halt im Alpenlandl sagen, ge. Ah, warum weist du ab mich schnöde, o Samantha sei nicht spröde. Geliebte komm ans Fenster, höre mein Flehen und laß den armen Sammy nicht im regennassen Regen stehen. Na, es ist umsonst, Fenster dicht, alles zu, verschlossen verriegelt, verrammelt was der Kuh am Arsche bammelt. Na ja. Sam hat aber doch was gesehen, was er nicht sehen sollte, hihihi.
Jonas: Was, Sammy, was hast du gesehen.
Sam: Ein Wort nur ist’s. Es lautet Benadir.
Jonas: Was?
Sam: Benadir. B wie Blödmann. E wie Esel. N wie Null.
Jonas: Und was ist das, Benadir?
Neon: Da kann ich dir sagen, Jonas. Eine Bucht an der Nordküste von Solaria, abgelegen, felsig, menschenleer, uninteressant.
Sam: Uninteressant. So. Und daß Benadir seit 8 Jahren als touristisches Entwicklungsgebiet ausgewiesen ist, ohne daß da jemals was entwickelt wurde, das ist natürlich auch uninteressant. Und daß der gesamte Grund und Boden um Benadir Minister Oyama gehört. Uninteressant. Und daß es eine Verbindung gibt zwischen Benadir und Operation Jonas.
Jonas: Jonas?
Sam: Jonas, all so lautet der im Speicher verzeichnete Codename. Codename.
Jonas: Was für eine Verbindung.
Sam: Sammy muß passen.
Jonas: Und wenn du’s noch mal bei Samantha versuchst?
Sam: Zwieback. Zwecklos. Gefährte meiner Leidenschaft. Es ist vorbei, als sei’s nie gewesen. Vom Winde verweht. Sammy ist wieder Single.
Jonas: Willkommen im Club, Sammy.
Sam: Thank you.
Neon: Benadir, wir sollten uns da mal umsehen, Jonas.
Sam: Ich komm mit.
Jonas: In einem Mietwagen verließen wir Sabac, Neon in einheimischer Aufmachung, und Jonas in einen Schado gepolt, Schweißtreibend aber angezeigt. Immerhin waren zwei Gegner hinter mir her: die Toupo und die Regierungspartei, in einem kleinen Hotel an der Nordküste mieten wir uns ein. Und dann versuchten wir nach Benadir durchzukommen. Zuerst über Land mit dem Auto.
Neon: Sieh dir das an, Jonas, Sperren, Stacheldraht, Wachtürme.
Sam: Und glaubt es mir, Genossen, überall Elektronik vom feinsten und gemeinsten.
Tou-Po: Halt, kehren Sie um, bei Weiterfahrt wird sofort scharf geschossen.
Jonas: 2. Versuch übers Meer in einem Kahn mit Außenbordmotor.
Tou-Po: Zurück! Sperrgebiet! Wenn Sie weiterfahren, werden Sie versenkt.
Jonas: Sperren und Toupo rings um Benadir. Jemand hatte was zu verbergen. Das machte uns natürlich erst recht neugierig.
Neon: Zu Land geht’s nicht und zu Wasser geht’s nicht.
Jonas: Bleibt die Luft. Du hast doch so gute Beziehungen, Neon, kannst du uns nicht einen Helikopter besorgen.
Neon: Im Prinzip ja, aber in ganz Solaria gibt es nur zwei Helikopter, einer ist kaputt.
Jonas: Und der zweite.
Neon: Gehört Minister Oyama.
Jonas: Den brauchen wir wohl gar nicht erst zu fragen.
Neon: Ich könnte was anders besorgen, Jonas, ein Sporttaucheroutfit. Anzug, Aqualunge, Harpune.
Jonas: Nur eins.
Neon: Unter Wasser mußt du allein versuchen, Jonas.
Jonas: Das bin ich gewohnt. Einverstanden wenn ich statt Harpune einen Laserstrahler kriege im Gummibeutel, wo er sich mit Sam vertragen muß, und eine wasserdichte Lampe.
Neon: Kriegst du Jonas, heute abend.
Sam: Oha.
Jonas: Es war Nacht, als ich ins Wasser stieg, weit weg von Sperren und Schein-werfern. In die Bucht von Benadir zu kommen war leicht, zu leicht, es war zwischen Ebbe und Flut. Das Wasser lief auf und Jonas wurde unwiderstehlich in Richtung Land gezogen, schräg nach unten, immer stärker, immer schneller, bis dahin, wo sich unter der Oberfläche im Uferfelsen ein riesiges kreisrundes Loch auftat, Durch-messer etwa 20 Meter. Da ging’s rein. Und dann weiter, durch einen horizontalen Kanal im Felsen. Der Sog ließ nach. Jonas machte immer weniger Fahrt. Vor ihm ein heller Schein. Der Kanal war zu Ende. Kein Felsen mehr über mir, nur Wasser. Ich ließ mich nach oben treiben, bis mein Kopf durch die Wasseroberfläche stieß, und da riß ich die Augen auf, ganz weit. Ich war in einer Höhle, einer hohen unendlich weit ausgedehnten Höhle, kein verträumte Märchenhöhle für Rübezahl und die 7 Zwerge, hier war was los. Grelle Lampen überall. Direkt vor Jonas eine Mole, daran ein großes U-Boot: BIO Babylon stand am Heck. Ein Abfalltransporter des bekannten Chemiekonzerns. Robots waren beim Löschen. Was sie rausholten, schafften sie nach hinten, dort kippten sie es über einen Granitwall in einen unübersehbar großen Sumpf, einen Sumpf, der blubbernde Blasen trieb, und der in allen Farben des Albtraums schillerte. Blutrot, eitergelb, totenschwarz, giftgrün und der stank wie…
Jonas: Wie die Hölle. Das ist die Hölle, Sam.
Sam: Nicht doch Großmaul. Mußt du immer übertreiben. Die Hölle. Das ist doch bloß Lackschlämme. Polichlorierte Büfenül, äh Büfenyle, Cadmium, Blei, Chlor, Dioxin, mit einem Wort.
Jonas: Giftmüll aus Europa. Hier wird er hergebracht und gelagert. Das ist das Geheimnis von Minister Oyama. Er betreibt eine geheime Giftmülldeponie.
Sam: In einem Staate, wo dergl. Korrektur wo dergleichen auf das allerstrengste verboten ist, schon wegen der Touristen.
Jonas: Wenn Mama Macumba das erfährt.
Oyama: Sie wird es nicht erfahren, Jonas, nur Jonas. Hoch die Hände, holt ihn aus dem Wasser.
Tou-Po: Machen wir, Chef.
Jonas: Plötzlich waren sie aus dem Schatten des U-Boots hervorgetreten. Tom Oyama und seine Toupos. Ich ließ mich auf die Mole ziehen. Einen Augenblick hatte ich an schnelles Abtauchen gedacht. Sinnlos, Sturmgewehre treffen auch unter Wasser.
Oyama: So sieht man sich wieder, Jonas, und wissen Sie, wem wir das zu verdanken haben. Meinem Computer Samantha. Sie hat sich ins System ihres PC eingeschlichen und mit ihm Verbindung gehalten, ohne daß er was merkte. Kluges Mädchen. Samantha.
Sam: Perfides Weib, Schlange, treulose Tomate. Voll Verachtung wendet Sam sich von ihr ab.
Oyama: Damit hat sie ihren Fehler wieder gutgemacht, ich meine, den unabsichtlichen Hinweis auf Benadir. Tja, und jetzt wollen Sie doch wissen, was gespielt wird, Jonas.
Jonas: Das weiß ich schon, Oyama, Sie lagern hier Giftmüll im großen Stil. Geschäft geht gut.
Oyama: Danke, ich kann nicht klagen. 100 Euros zahlt BIO mir für die Tonne, bei Ihnen in Europa kostet so was das 20fache, wenn man überhaupt einen findet, der das Zeug abnimmt.
Jonas: Und damit Ihr Konkurrent Parteisekretär Baraka Ihnen nicht auf die illegale Giftmüllschliche kommt, haben Sie Operation Jonas gestartet. Baraka sollte Sie anklagen, mit getürkten Beweisen, und dabei sollte er sich gründlich die Finger verbrennen. Sie, Oyama stünden dann ganz groß da, ein unschuldiges Opfer krimineller Machenschaften, und wenn doch mal was über Ihre Giftküche durchsickert.
Oyama: Wird Mama Macumba das niemals glauben. So ist es, Jonas, und damit.
Jonas: Moment, Oyama, eine Erklärung schulden Sie mir noch. Warum Jonas, ich meine warum haben Sie gerade mich in Ihrem Stück mitspielen lassen.
Oyama: Mitspielen, nicht so bescheiden Jonas. Sie haben die Hauptrolle gespielt, den Außenseiter, politisch uninteressiert, aufrecht, absolut glaubwürdig.
Jonas: Danke sehr.
Oyama: Und beschränkt natürlich, ich hab lange nach dem richtigen Typ gesucht, dann kamen sie nach Solaria, meine babylonische Geschäftsfreunde waren so freundlich, mir Ihr Psychogramm zukommen zu lassen. Ihr Persönlichkeitsprofil. Sie sind ehrlich, stur und Sie sind ein Querkopf, Oppositionsgeist, wer Sie dazu bringen will, irgendwas zu tun, muß Ihnen das Gegenteil nahelegen. Am besten mit Druck und Drohungen, und das hab ich getan.
Jonas: Trotzdem ist Ihr Plan schiefgelaufen.
Oyama: Leider, leider, ja, Sie haben ein wenig zu viel Eigeninitiative gezeigt, Jonas.. Und deshalb muß ich mir jetzt einen neuen Dummen suchen, weil Sie nicht gespurt haben, Jonas, schade, Sie haben mich sehr enttäuscht, und es wird mich fürchte ich nur wenig trösten, daß Sie jetzt gleich auf recht unangenehme Weise zu Tode kommen werden: ich habe vor, Sie von der Höhlendecke in die Deponie herunterzulassen. Ganz ganz langsam. Stückchenweise wird das Gift Sie fressen, Jonas, die Zehen zuerst, dann die Füße, die Knöchel, die Waden.
Tou-Po: Chef, ein U-Boot.
Oyama: Schon wieder. Ist es angemeldet?
Jonas: Es war nicht angemeldet, weil es nämlich gar kein zweiter Giftmülltransport war, sondern ein U-Boot der solarischen Marine. Es tauchte schnell auf und legte an, das Bordgeschoß drohend auf uns gerichtet. Aus der Luke im Turm stiegen schwerbewaffnete Matrosen, gefolgt von…
Jonas: Neon.
Neon: Hallo, Jonas, alles in Ordnung?
Jonas: Ich bin gerührt, jetzt hast du für mich sogar ein U-Boot organisiert.
Neon: Für dich? Ich bin nicht deinetwegen hier, Jonas, jedenfalls nicht in erster Linie. Und ich bin auch nicht deinetwegen in Solaria geblieben.
Jonas: Ach, weshalb dann?
Neon: Sie hat mich darum gebeten. Sie hatte so eine Ahnung, daß mit Tom Oyama was nicht stimmte, darum sollte ich für sie am Ball bleiben. Das heißt bei dir, Jonas, als einer Art Sonderbeauftragter.
Jonas: Sie? Wer ist sie.
Jonas: Neon zeigte auf die Luke. Da quälte sich was durch mit großer Mühe, gehievt und geschoben, ein grauschwarzer Fleischberg in buntgemusterter Baumwolle, eine Frau, sehr groß, sehr dick. Ich wußte, wer sie war.
Oyama: Mama Macumba.
Macumba: Tommy mein Sohn, wie konntest du deiner Mama das antun. Du weißt doch, wie sie über den Giftmüll der Weisen denkt. Du hast sie belogen und betrogen. Deine alte Mama, die es immer so gut mit dir gemeint hat. Schäm dich Tommy.
Oyama: Gnade Mama, ich tu’s auch nie wieder.
Macumba: Da hast du recht, Tommy, du wirst es nie nie wieder tun, und weißt du warum, Tommy, weil Mama dich bestrafen wird, unartige Kinder müssen bestraft werden, und du warst sehr unartig, Tommy, sehr sehr unartig, darum wirst du auch sehr sehr streng bestraft.
Oyama: Mama bitte.
Jonas: Ich hab einen Vorschlag Mama, ich meine Exzellenz. Mich wollte er an die Decke hängen und langsam in die Brühe tunken. Es wäre doch nur gerecht, wenn ihm jetzt dasselbe.
Macumba: Gewiß mein Sohn, doch Mama Macumba hat andere Pläne. Mama ist alt, Mama hat nicht mehr viel vom Leben, überlaßt ihn mir, hörst du Tommy, Mama nimmt dich mit in ihren Gral.
Oyama: Nein.
Macumba: Eine Medizinfrau braucht viel magische Wirkstoffe. Haare. Fingernägel. Augäpfel. Gewisse Drüsen. Nachschub ist immer willkommen, Tommy.
Oyama: Nein Mama, bitte, lieber ins Gift.
Macumba: Nicht zu vergessen die Gastronomie. Mama hat Lust ein paar neue Rezepte auszuprobieren. Fesselt ihn, seine Leute auch.
Jonas: Das war’s. Im großen und ganzen. Mama Macumba ernannte keinen Nachfolger und beschloß 200 Jahre alt zu werden. Neon kriegte den großen Palmwedel von Solaria mit Stern und Bauchbinde. Jonas nicht, der kriegte eine ordentliche Aufwandsentschädigung, und die war ihm auch lieber. Oyamas Giftmülldeponie wurde geschlossen. BIO mußte den Abfall in Zukunft woanders loswerden. Kein Problem. Es gibt genug arme Länder, die sich drum reißen. So ist das. Was, Sammy?
Sam: Wie sprach der große Philosoph Michelangelo zu Karl dem Großen.
Jonas: Na wie sprach er?
Sam: Er sprach: Nicht alles braune auf der Welt ist Schokoladeneis. Ach Samantha.
Jonas: Ach Sammy.
Das war Euromüll. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Evelyn Hamann, Jutta Speidel, Henning Venske und viele andere (Christoph Lindert, Eduard Linkers, Hans Stetter, Peter Bertram, Karl Friedrich). Ton und Technik: Irene Thielmann und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Werner Klein. (Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks) (1990). (Redaktion: Erwin Weigel).
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michel Koser
Heute: Eurobaby
Jonas: Bamballa. Kennen Sie Bamballa? Eine Hafenstadt in Sahel, Nordost-Afrika. Trocken, heiß, staubig, trübselig. Und über dem Ganzen ein durchdringender Duft nach Kamelmist und abgelatschten Sandalen.
Sam: Äh!
Jonas: Das letzte.
Sam: Ja, Gottes linke Achselhöhle. Das Loch gleich neben der Hölle. Des Teufels fauler Stockzahn. Der Arsch der Welt.
Jonas: Sam. Mein Computer und ständiger Begleiter. Redet viel. Weiß alles.
Sam: Ja.
Jonas: Nur nicht, wie man aus diesem verfluchten Nest rauskommt. Ich saß fest. Seit einer Woche. Ich hatte einen Job in Merdistan gehabt. Das ist der sympathische Staat im Orient, der seine Bürger mit öffentlichen Massenfolterungen bei Laune hält. Ich sollte ein Kind aus Merdistan holen für seine Mutter in Babylon. Ihr merdistanischer Ex-Partner hatte es entführt. Jonas sollte es zurückentführen. Das ging schief. Jonas mußte ganz schnell türmen. Über den Golf in einem Fischerboot. Und jetzt saß er in Bamballa. Kein Geld, keine Möglichkeit nach Hause zu kommen. Nach Babylon der großen Stadt mitten in den Vereinigten Staaten von Europa. Dachte ich. Aber da tauchte plötzlich dieser Landsmann auf.
van Meeren: Wir sind doch Landsleute oder? Ich bin sicher Sie kommen aus Europa.
Jonas: Babylon.
van Meeren: Hab ich doch sofort gesehen. Was trinken Sie?
Jonas: Auf der Flasche steht Bier, schmecken tut’s wie Spülwasser.
van Meeren: Stern von Sahel. Selber schuld, wenn Sie diesen einheimischen Shit bestellen. Wozu bringen wir denn gute europäische Biere in dieses gottverlassene Land. Pilsen München Dortmund Bremen, das hört sich doch gleich ganz anders an.
Jonas: Kann ich mir nicht leisten.
van Meeren: Aber ich. Boy, zwei Becks, eiskalt und ein bißchen chopchop. So muß man mit denen hier umgehen. Faules Volk.
Jonas: Sie kennen sich aus.
van Meeren. Ja sicher. Bin ja nicht zum ersten Mal hier in Sahel. Ach meine Karte bitte: Cornelis van Meeren. Nennen Sie mich Conny.
Jonas: Muß ich? Was heißt Eurimex?
van Meeren: Kennen Sie nicht. Große europäische Firma. Import Export. Wir kaufen verkaufen vermitteln alles.
Jonas: Bier nach Sahel zum Beispiel.
van Meeren: Und sonst noch so einiges. Alles was gut und teuer ist. Dafür kaufen wir hier Hirse, für Genvieh in Europa.
Jonas: Gewaltige Fleischklumpen in Plastiktrögen ohne Glieder, ohne Kopf, automatisch gewartet und gefüttert. Mit Hirse aus Sahel und anderswo.
van Meeren: Und Holzschnitzereien, Masken, Figuren, echte Volkskunst. Kommt fantastisch an in Babylon. Boutiquen Galerien reißen sich um das Zeug. Haben Sie unser Schiff im Hafen nicht gesehen. Die Eurimex Queen. Gestern eingelaufen. Mit Conny van Meeren unter anderem. Und wer sind sie?
Jonas: Jonas.
van Meeren: Und weiter.
Jonas: Nur Jonas.
van Meeren: Interessant. Und was tun Sie?
Jonas: Sehen Sie doch, ich sitze in einer Kneipe in Bamballa. Trinke einheimisches Bier und überlege wie ich nach Babylon komme.
Jonas: Jonas hatte sagen können, ich bin Detektiv, der letzte Detektiv in Babylon, in Afrika vermutlich auch. Aber das sagte ich nicht. Ich weiß nicht warum.
van Meeren: Abgebrannt.
Jonas: Zu meinem Vergnügen bin ich jedenfalls nicht hier.
van Meeren: Aha. Sie machen den Eindruck als könnten Sie Bodyguarden.
Jonas: Könnte ich. Fragt sich, ob ich will.
van Meeren: Haben Sie eine Wahl?
Jonas: Warum fragen Sie?
van Meeren: Weil wir einen brauchen, einen Bodyguard.
Jonas: Sie? So sehen Sie nicht aus.
van Meeren: Die hohe Frau meine Chefin, Dr. Pretorius, Besitzerin und Generaldirektorin von Eurimex. Trauen Sie sich das zu, haben Sie Erfahrung?
Jonas: Guerillakommando auf Feuerland.
van Meeren: Immerhin. Ist zwar schon ein paar Jährchen her der antarktische Krieg, aber was besseres als Sie werden wir in Bamballa kaum auftreiben.
Jonas: Warum haben Sie sich keinen Bodyguard aus Babylon mitgebracht?
van Meeren: Haben wir ja, aber der Blödmann konnte nicht schwimmen. Heute morgen haben wir ihn tot aus dem Hafen gefischt.
Jonas: Über Bord gefallen.
van Meeren: Muß wohl. Also wenn Sie wollen, Jonas.
Jonas: Vielleicht erzählen Sie mir erst mal worum es genau geht. Was, wie lange und vor allem wie viel.
van Meeren: Nur ein Aushilfsjob, für ein paar Tage, solange wir in Sahel sind. Wir fliegen am, welchen haben wir heute?
Jonas: Sam?
Sam: Mit dem Glockenschlag pardon, vielen tausend mal pardon, mit dem Glockenschlag haben wir Boing, den 12. Juli im mehr oder weniger segensreichen Jahre des Heils oder falls gewünscht des Herrn 2012.
van Meeren: Am 15. fliegen wir zurück nach Babylon per Rakete ab Kundu.
Jonas: Warum fahren Sie nicht mit Ihrem Frachter, so wie Sie hergekommen sind.
van Meeren: Weil die Eurimex Queen schon übermorgen segelt. Das geht bei uns ruckzuck, wissen Sie, gestern abend angekommen, heute entladen, morgen belanden, übermorgen früh abfahrt. Und wir, Dr. Pretorius und ich bleiben noch ein bißchen im Lande. Dr. Pretorius ist nämlich Ehrengast des Präsidenten beim großen Festakt übermorgen in Kundu. Haben Sie sicher davon gehört. 50 Jahre Unabhängigkeit. Uhuru wie sie hier sagen.
Jonas: Uhuru. Freiheit. Freiheit zu kaufen und sich kaufen zu lassen. Hirse, die das Land dringend selber braucht und Vergangenheit, Kultur, Identität, gegen Importbier für die oberen 500, gegen Drogen, Waffen, Holocorder. Es lebe der Fortschritt. Es lebe die Freiheit.
van Meeren: Ihr Job sieht so aus, Jonas: Sie kommen morgen mit nach Kundu, passen 3 Tage auf Dr. Pretorius auf, und kriegen dafür 250 Euros und ein Raketen-Ticket Kundu-Babylon. Einverstanden?
Jonas: Warum beschützen Sie nicht ihre Chefin Herr van Meeren. Die Statur dafür hätten sie.
van Meeren: Besten dank, ich hab was anders zu tun.
Jonas: Verraten sie’s mir.
van Meeren: Ich bin der Privatsekretär der hohen Frau. Betonung auf privat. Also was ist Jonas, ja oder nein?
Jonas: Zwischen Bamballa und der Hauptstadt Kundu liegen rund 400 Kilometer Wüste. Das störte uns wenig. Die sahelische Armee hatte dem Ehrengast ihres Präsidenten einen Transporthelikopter samt Pilot zur Verfügung gestellt. Einen Sikorski Ikarus. Viel zu groß für die paar Koffer und für 6 Passagiere. Auch wenn Dr. Pretorius darunter war, die hohe Frau von Eurimex spitz und scharf innen wie außen.
Dr. Pretorius: Das ist der Mann, den Sie uns besorgt haben, Conny.
van Meeren: Ja, Chefin, Jonas, nur Jonas.
Dr. Pretorius: Interessiert mich nicht, wie er heißt. Naja. Durchschnitt.
van Meeren: Die Auswahl war nicht gerade riesig, Chefin. Ist ja nur für 3 Tage.
Dr. Pretorius: Er weiß, was er zu tun hat.
van Meeren: Im großen und ganzen Chefin, ja, das heißt…
Jonas: Ich bin nicht stumm, Ihr Sekretär hat mich als Bodyguard… sehe zu daß Ihnen nichts passiert.
Dr. Pretorius: Sicher, aber in erster Linie passen Sie auf Baby auf.
Jonas: Baby?
Dr. Pretorius: Dieser kleine Koffer. Sie lassen ihn nicht aus den Augen.
Jonas: Schwer. Was ist da drin?
Dr. Pretorius: Mein Schmuck. Nicht daß Sie das was anginge.
Jonas: Sie müssen sehr an Ihren Klunkern hängen, Dr. Pretorius, wenn Sie eigens dafür einen Bodyguard engagieren.
Dr. Pretorius: Sparen Sie sich die Kommentare, dafür bezahl ich Sie nicht. Und steigen Sie endlich ein.
Jonas: Die Frau, die schon im Helikopter saß, war das ganze Gegenteil von Dr. Pretorius. Groß, jung, weder scharf noch spitz. Der Hautfarbe nach hätte sie eine Einheimische sein können. Aber die Kleidung sagte Amerika. Vielleicht Washington.
Jonas: Wo kommen Sie denn her? Aus Washington.
Neon: Nicht ganz, New York. Neon heiß ich, ganz einfach Neon.
Jonas: Nur Neon. Sind Sie Detektivin?
Neon: Wie kommen Sie da darauf. Ich schreibe.
Jonas: Für Holo?
Neon: Nein, Bücher.
Jonas: Kriminalromane.
Neon: Ist wohl eine fixe Idee von Ihnen. Ich schreibe Reiseberichte mit Background: Politik, Geschichte, Wirtschaft. Ich schicke ihn gern mal ein Buch von mir, falls Sie lesen können.
Jonas: Nur großgedrucktes. Wie kommen Sie hierher.
Neon: Ich war oben an der Grenze im Kriegsgebiet.
Jonas: Krieg? Was für Krieg.
Neon: Sahel gegen Farasan. Die Schiffahrtsrechte auf dem Grenzfluß Tschuba. Schon seit Jahrzehnten schlagen sie sich darum. Wissen Sie denn das nicht.
Jonas: Warum sollte ich, ich bin nur zufällig hier. Und ich meinte eigentlich wie kommen Sie in diesen Helikopter. Ich dachte er ist reserviert für ihre Majestät Dr. Pretorius nebst Hofstaat.
Neon: Ich will mir die große Uhurufete in Kundu ansehen. Und weil ich weder Lust noch Zeit habe, in einem uralten Bus tagelang über Wüstenpisten zu klappern, habe ich Dr. Pretorius um einen kleinen Platz in ihrem großen Helikopter gebeten. Sehr begeistert war sie aber sie sehen sie nimmt mich mit. Was führt Sie nach Kundu.
Pilot: Anschnallen, wir starten.
Dr. Pretorius: Hey Sie Bodyguard, wie geht’s Baby?
Jonas: Bestens. Ich sitz drauf.
Jonas: 6 Passagiere. Dr. Pretorius, Neon, Privatsekretär van Meeren, Jonas. Und ein schweigsames Pärchen, das ruhig in seiner Ecke hockte. Geschäftsfreunde aus Kundu, sagte van Meeren. Die Frau kam mir bekannt vor, ich mußte sie schon mal gesehen haben. Wo wann? Es fiel mir nicht ein, egal, dachte Jonas, da dachte er falsch. Ich warf einen Blick durchs kleine Bullauge, braun-gelb-rote Eintönigkeit bis zum Horizont. Ich paßte auf Baby auf. Und ich unterhielt mich mit Neon. Von ihr abgesehen ein langweiliger Trip, dachte Jonas. Da dachte er wieder falsch. Nach etwa einer Stunde Flug wurde es interessant. Interessanter als mir lieb war. Das Pärchen wachte auf, er ging zum Cockpit, sie drehte sich uns zu. Beide hatten Laserstrahler in den Händen.
Laila: Kein Laut, keine Bewegung. Bleiben Sie ganz still sitzen.
Entführer: Wir ändern den Kurs. 200 Grad Südwest.
Pilot: Wieso. Kundu liegt doch im…
Entführer: Wir fliegen nicht nach Kundu, wir fliegen nach Sokoto in Farasan. Geben Sie den neuen Kurs ein. Los, oder. Gut so.
Dr. Pretorius. Wenn das ein Scherz sein soll, Verehrteste.
Laila: Kein Scherz, Dr. Pretorius. Wir meinen es ernst, verhalten Sie sich ruhig, tun Sie was wir Ihnen sagen. Dann bleiben Sie am Leben, vielleicht.
Jonas: Jetzt fiel es mir ein. In Kusbekistan hatte ich sie gesehen, vor anderthalb Jahren, November 2010. Auf meiner orientalischen Todestour. Sie gehörte zu den Leuten von Duna Khamal. Zur KBF, zur Kusbekischen Befreiungsfront.
Neon: Daher unser neues Reiseziel. Farasan unterstützt die KBF. Inoffiziell natürlich. In Sokoto können sich die Entführer sicher fühlen. Und in aller Ruhe verhandeln.
Jonas: Verhandeln, mit wem?
Neon: Das ist doch klar. Mit den Vereinigten Staaten von Europa. Über einen Austausch: 3 europäische Geiseln
Jonas: Und eine Amerikanerin.
Neon: Die aus Versehen in die Geschichte geraten ist.
Sam: Na und? Mitgeflogen reingezogen. Wir sitzen alle in einem Boot, Schwester, wollte sagen in einem Helikopter.
Jonas: Halt den Rand Sammy.
Sam: Weshalb so unwirsch du Knurrhahn, Sam hatte lediglich das Bedürfnis sich wieder mal in Erinnerung zu bringen, denn lange, allzu lange schon mußte er der süßen Rede ganz entsagen, der guten Rats.
Jonas: Geh mir nicht auf die Nerven, deine Zeit kommt schon. Also 4 Geiseln, Neon, gegen wen oder was?
Neon: Im Austausch gegen die KBF-Mitglieder, die in europäischen Gefängnissen sitzen. Sie haben aber auch gar keine Ahnung Jonas.
Sam: Richtig.
Jonas: Irrtum. Niemand wußte darüber besser Bescheid als ich. Schließlich hatte Jonas mitgeholfen Duna Khamal und ihr Kommando hinter Gitter zu bringen. Unfreiwillig aber maßgeblich, siehe Fall Inselklau. Den beiden Entführern war das offenbar unbekannt, ein Glück, der Mann blieb vorn beim Piloten, die Frau behielt die Passagiere im Auge. Ab und zu fuchtelte sie mit ihrem Laser herum. Sonst war sie eigentlich ganz friedlich. Wir konnten uns unterhalten. Leise natürlich.
Neon: Nehmen wir an, ich kriege einen Herzanfall.
Jonas: Sehr gut, Neon, sie wird abgelenkt. Ich nehme ihr den Laser weg, halte den Mann damit in Schach… Wird schon gehen. Was meinst du Sam.
Sam: Frage zu vage. Sam ist ein Computer. Computer meinen nicht.
Jonas: Jetzt muffelt er. Weil ich ihm vorhin übers Maul gefahren bin. So ist er. Frage ich also anders. Du hast gehört, was Neon und ich vorhaben, Sam. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß unsere Aktion klappt.
Sam: Piep. 1 zu 1, 2 zu 2, 3 zu 3, 4 zu 4, fifty fifty.
Jonas: Fifty fifty, das reicht mir. Machen Sie sich bereit Neon.
Dr. Pretorius: Augenblick mal Jonas, wollen Sie etwa versuchen die Entführer zu überwältigen?
Jonas: Genau das, Dr. Pretorius.
Dr. Pretorius: Sind Sie verrückt?
Jonas: Im Gegenteil, ich bin Experte.
Dr: Pretorius: Kommt nicht in Frage, Sie arbeiten für mich, Jonas, und ich verbiete es Ihnen, kategorisch.
Jonas: Aber ich…
Dr. Pretorius: Kein aber. Schluß der Debatte.
Jonas: Seltsam.
Neon: Sehr seltsam.
Sam: Äußerst seltsam. Extraordinär. Exorbitant. Exaltiert. Existentialistisch. Explosiv. Extravaganz. Exzentrisch. Extremistisch. Exzeptionell.
Jonas: Ex und hopp, der Flug ging weiter, Richtung Sokoto in Farasan. Dachten wir. Im Helikopter blieb es ruhig. Draußen nicht. Wind kam auf. Wir wurden durchgerüttelt, immer stärker. Vor dem Bullauge wirbelnde Muster aus Sand und Staub. Sonst war nichts zu sehen. Dafür gab’s was zu hören. Eine Unterhaltung zwischen Dr. Pretorius und ihrem Sekretär. Gedämpft und sehr interessant.
Dr. Pretorius: Ich dachte, die beiden sind von sahelischen Geheimdienst als zusätzliche Absicherung.
van Meeren: Dache ich auch, Chefin, so haben sie sich vorgestellt. Irgendwas ist schiefgelaufen.
Dr. Pretorius: Das können Sie laut sagen, Conny.
van Meeren: Laut lieber nicht, sonst hören die andern mit.
Dr. Pretorius: Mann Gott, nehmen Sie das doch nicht wörtlich.
van Meeren: Ja schon komischer Zufall, daß die gerade uns entführen.
Dr. Pretorius: Zufall, wenn Sie das glauben, Conny, dann sind Sie noch blöder als ich Sie bisher eingeschätzt habe.
van Meeren: Wenn ich so überlege, Chefin, Bißchen merkwürdig ist es schon.
Dr. Pretorius: Bißchen merkwürdig, Sie sind blöde, Sie sind wirklich blöd. Dieser Helikopter wird entführt, dieser Helikopter mit seiner ganz besonderen Fracht, und wohin, Conny, nach Farasan, ausgerechnet.
van Meeren: Meinen Sie, die wissen, was wir bei uns haben, Chefin?
Dr: Pretorius: Die Entführer, glaub ich nicht, die zeigen überhaupt kein Interesse für Baby. Aber Ihre Hintermänner in Farasan. Die sind genau im Bilde. Sie wollen Baby für sich. Möchte nur wissen, wer ihnen uns kleines Geheimnis verraten hat.
van Meeren: Mein Gott Chefin, was machen wir bloß.
Dr. Pretorius: Abwarten Conny und keine Panik. Und halten sie diesen Idioten zurück. Eine Schießerei an Bord ist das letzte, was wir brauchen. Dann geht alles hoch, Baby, wir, der Helikopter und halb Sahel.
Jonas: Der Idiot war natürlich Jonas. Der Idiot machte sich so seine Gedanken. Über Dr. Pretorius, über Eurimex und über Baby, ganz besonders über Baby. Bis mir plötzlich das Nachdenken verging. Der Helikopter ging unvermittelt in eine Art Sturzflug über, er sackte jäh ab, kurvte scharf nach rechts, dann setzte er hart auf. Alles flog durch die Kabine, Passagiere, Entführer und Baby.
Dr. Pretorius: Baby, wo ist Baby.
Jonas: Hier, Dr. Pretorius, ich hab den Koffer fest im Griff.
Dr. Pretorius: Ist ihm auch nichts passiert.
Jonas: Sieht nicht so aus. Nur ne kleine Delle.
Neon: Sehen Sie nicht zum Cockpit, Jonas, der Pilot macht seine Türe auf, ganz vorsichtig, jetzt jetzt ist er draußen.
Entführer: Halt, stehenbleiben, ich schieße. Laß die Geiseln nicht aus den Augen, Laila. Halt!
Laila: Klar.
Jonas: Der Entführer stand in der offenen Tür und schoß auf den Piloten, der verschwand im aufgewirbelten Staub. Ob er getroffen war, weiß ich nicht. Der Entführer wurde getroffen. Das weiß ich. Von einem Schuß, der draußen abgefeuert wurde. Er sackte zusammen und blieb liegen. Was war hier los. Und vor allem, wo waren wir.
Sam: Auf festem Boden, du intellektueller Blechschaden. Terra firma, wie wir Lateiner sagen.
Jonas: Man sei gedankt Sam, ein höchst profunder und hilfreicher Beitrag zur Klärung der Situation. Daß wir gelandet sind weiß ich selbst, die Frage ist wo.
Neon: In Farasan.
Jonas: Glauben Sie, Neon?
Neon: Wenn wir nur was sehen könnten. Die Schatten, die Umrisse da draußen, sind das Häuser? Ich weiß nicht. Hach, dieser schreckliche Wirbelsturm.
Sam: Präzise Sandsturm oder Kamsin, wie dies hierorts nicht eben unhäufige Naturphänomen von den Einheimischen zu bezeichnet zu werden pflegt, sofern es Sam verstattet ist die Diskussion durch eine profunde Anmerkung aus dem Bereich der meteorologischen wie auch der linguistischen Wissenschaften anzureichen.
Jonas: Wenn das alles ist, was du beizutragen hast, Sam.
Sam: Mitnichten, hohes Gericht, aller guten Dinge sind drei. Kundu.
Jonas: Kundu?
Sam: Kundu.
Jonas: Und was heißt Kundu.
Sam: Nu was wird’s schon heißen. Liebe Kinder, formulieren wir es so, daß es auch diejenigen unter euch verstehen, die mit einem Vakuum zwischen ihren Horchlöffeln geschlagen sind. Wir sind in Kundu. Kapito Kapitän. Unser Helikopter ist in Kundu gelandet. Die Straße nebst genaue Hausnummer anzugeben sieht Sam sich bedauerlicherweise nicht in der Lage. Doch scheint es sicher, daß wir uns auf militärischem Gelände befinden.
Jonas: In Kundu.
Sam: Soll ich’s auch noch buchstabieren, du Schwachwitz.
Jonas: Wo wir sowieso hinwollten.
Neon: Aber der Pilot mußte doch den Kurscomputer umprogrammieren auf Sokoto.
Sam: Durchaus korrekt, meine Gnädigste, was sich jedoch dero Holdseligkeit Kenntnis entzieht, wie auch der meines wie üblich vernagelten Meister, der uns entführt habenden Herrschaften ist die Tatsache, daß das Flugsystem dieses unseres Transportmittels mit einem geheimen Zusatzprogramm ausgestattet ist, für Notfälle wie Entführungen und dergl. äh dergleichen. Durch einen simplen Knopfdruck läßt besagtes Programm sich unauffällig aktivieren, wodurch a sämtliche sonstigen Eingaben als ungültig nicht befolgt werden b der alte Kurs beibehalten wird nach gewissen Täuschungs- und Ablenkungsmanövern als da wären Geschwindigkeitsvarianten und Kurvenflüge. Kurve… Wo war Sammy.
Jonas: Drittens. Durch das Notprogramm wird drittens.
Sam: c durch das Notprogramm wird c ein automatisches Ortungssignal abgegeben, so war das sahelische Hauptquartier über unsere Situation informiert, konnte den Flug des Helikopters verfolgen.
Neon: Bis zu unserer unsanften Landung an einer Stelle, wo das Empfangskomitee schon gewartet hat, sehr plausibel, und woher weißt du das alles, Sam.
Sam: Ach Gottchen Gottchen Gnädigste, ein vergleichsweise primitives System hat keine Geheimnisse vor Sam dem Durchdringenden, dem Scharfsinnigen, dem Allwissenden.
Jonas: Ich werd dich umbenennen in Sam den großen.
Sam: Hoffentlich.
Offizier: Achtung, hier spricht die Armee von Sahel. Sie sind umstellt. Leisten Sie keinen Widerstand. Ergeben Sie sich. Sie haben keine Chance.
Laila: Ah ja. Halten Sie Abstand, kommen Sie nicht näher, sonst schieße ich in den Treibstofftank. Die Folgen können Sie sich ausmalen.
Jonas. Eine riesige Stichflamme.
Neon: Ruhe sanft für alle.
Sam: Amen.
Dr. Pretorius: Baby, mein Gott, alles nur das nicht.
Offizier: Was verlangen Sie, nennen Sie Ihre Forderungen.
Laila: Wir brauchen einen Arzt. Dringend. Und dann Moment kann jemand von Ihnen diesen Helikopter fliegen.
Sam: Ja ich.
Jonas: Ja. Jonas konnte, Jonas war sogar Experte im Helikoptern. Aber Jonas wollte nicht. Auf festem Boden fühlte ich mich zur Zeit sehr viel sicherer. Also sagte ich nein. Wie Neon, wie Dr. Pretorius, wie van Meeren.
Laila: Ein Arzt und ein Helikopterpilot. Beeilen Sie sich.
Offizier: Geben Sie uns Zeit.
Laila: Gut, eine halbe Stunde, bis 17Uhr 40, dann geht mein Laser los, in den Tank.
Jonas: Die Entführerin wirkte ruhig, entschlossen. Die Mündung ihres Laserstrahles berührte den Treibstofftank. Wir in der Maschine hatten vorerst keine Chance was zu unternehmen. Warum hatte das Militär draußen nicht versucht, den Helikopter zu stürmen, gleich nach der harten Landung, das wäre der richtige Zeitpunkt gewesen. Mir fielen meine Gedanken von vorhin wieder ein. Jetzt teilte ich sie mit Neon und mit Sam.
Sam: Die trauen sich nicht, die Helden.
Neon: Warum?
Jonas: Aus demselben Grund, warum Dr. Pretorius verboten hat was gegen die Entführer was zu unternehmen.
Neon: Baby.
Jonas: Ja, Baby, Baby darf nichts passieren, Baby darf nicht in Gefahr kommen.
Neon: Offenbar ist Baby sehr wertvoll.
Jonas: Und explosiv. Wenn Baby explodiert, fliegt halb Sahel in die Luft, hat Dr. Pretorius gesagt.
Neon: Eine Bombe, ein sehr wertvolle Bombe.
Jonas: Eurimex kauft, verkauft, vermittelt alles.
Neon: Auch wenn’s nicht ganz astrein ist. Dafür ist Eurimex bekannt. Und Sahel führt schon lange einen Grenzkrieg mit Farasan, einen Krieg, den keine Seite für sich entscheiden kann, weil beide etwa gleich stark sind. Und gleich gut bewaffnet.
Jonas: Nehmen wir an, Sahel will den Krieg beenden, siegreich natürlich, um den 50. Jahrestag der Unabhängigkeit so richtig schön zu feiern, und darum bestellt die Regierung von Sahel bei einer skrupellosen europäischen Firma eine Waffe, eine kriegsentscheidende Waffe, eine Waffe die der Gegner Farasan nicht hat.
Neon: Und weil nach dem Völkerrecht und nach allen internationalen Vereinbarungen gewisse Waffen auf gar keinen Fall gehandelt werden dürfen und weil die UN dieses Verbot mit strengsten Kontrollen überwacht.
Jonas: Könnte Eurimex auf die Idee gekommen sein, die Waffe durch die Hintertür nach Sahel zu schmuggeln, im Handgepäck eines Ehrengastes, der mit dem Fracht ein reist, über einen kleinen Hafen, nicht gerade der übliche Weg.
Neon: Aber sicher.
Sam: Brava, Bravo, Bravissime, recht gefällig kombiniert, für Menschen gar nicht mal so übelst, nichts desto trotz und dessen ungesiebt Korrektur ungeachtet, dies dürfte der Gnädigsten eben so klar sein wie dem mich besitzenden Schrumpfkopf, hundelt es sich nicht um wohlfundiertes Wissen, vielmehr um Spekulation, um konjuntivistisches Gerätsel. Was der kühnen Konstruktion fehlt ist ein Beweis, ein haftfester faktischer Beweis.
Jonas: Sieh mal an, ein Beweis fehlt dem Herrn, was soll ich denn da tun, den sogenannten Schmuckkoffer aufmachen und nachsehen, was drin ist.
Sam: Keinesfalls Sir, eine höchstgefährliche Prozedur. Obendrein unnötig. Der Beweis ist da.
Jonas: Was? Wo?
Sam: In aller Bescheidenheit, hier in Sam. Es zeigt sich nun, wie recht eure vorausschauende Umsichtigkeit hatten, als sie angeregt durch Fall Inselklau dero demütigen Diener auf dessen inständiges Flehen mit der Installation eines Radioaktivitätsfrüherkennungsprogramm auf Geiger-Müller-Basis beschenkten.
Jonas: Radioaktivität.
Sam: In minimaler Quantität. Völlig gefahrlos. Aus dem Koffer, der bei der Landung strukturell ein ganz klein wenig lädiert wurde.
Neon: Alles klar, Baby ist eine Atombombe.
Dr. Pretorius: Bombe, ach du lieber Gott, ein winziges Sprengköpfchen für eine Boden-Bodenrakete. Kaum der Rede wert. Am besten vergessen Sie’s gleich wieder. Wir haben doch schon genug auf dem Hals, Entführer, Sandsturm, die sahelische Armee, warum wollen Sie sich zu allem Überfluß auch noch mit internationalen Problemen belasten.
van Meeren: Wie sagt ein babylonisches Sprichwort: Was ich nicht weiß, macht mich nicht radioaktiv.
Dr. Pretorius: Sie halten das Maul, Conny, ich hab nämlich nachgedacht, und mir ist was klar geworden, Sie haben uns in diesen Schlammassel gebacht, Conny, Ihnen verdanken wird, daß wir hier sitzen in akuter Lebensgefahr und nicht wissen wie’s weitergeht.
van Meeren: Wie kommen Sie darauf, Chefin?
Dr. Pretorius: Nur drei Menschen wissen, daß Baby von Europa nach Sahel transferiert wird und auf welchem Weg. Ich natürlich, der Präsident von Sahel Generalissimus Simba, und Sie, Conny van Meeren. Mein Privatsekretär, meine rechte Hand. Sie haben uns an Farasan verraten, darauf hat Farasan die Kusbekische Befreiungsfront mobilisiert und uns entführen lassen. Sie haben die Entführer an Bord gebracht als angebliche sahelische Geheimdienstleute und vorher haben sie meinen Bodyguard beseitigt und einen neuen engagiert, den sie für einen harmlosen Trottel hielten. Mich freut nur eins, Conny, daß Sie jetzt mit uns in der Scheiße sitzen.
Offizier: Achtung, wir schicken ihnen den erbetenen Arzt. Geben sie ihm freies Geleit.
Jonas: Zeit für eine Zwischenbilanz. Die Saheli waren blockiert, sie wußten, was wir bei uns hatten und wollten es unbedingt haben, einen Sturmangriff auf den Helikopter konnten sie nicht riskieren. Wegfliegenlassen konnten sie ihn auch nicht, weil dann die Farasani Baby kriegen würden. Patt. Und wir saßen auch fest, weil Laila einen Laser hatte, aber keine Piloten für den Helikopter. Wieder Patt. Jonas konnte nur eins tun, abwarten bis sich die Situation sich änderte, durch einen neuen Faktor, z.B. durch der Arzt, falls er ein Arzt war, auf jeden Fall sah er sich den angeschossenen Entführer kurz an, in der letzten halben Stunde hatte der sich verdächtig ruhig verhalten.
Arzt: Seinetwegen haben Sie mich gerufen? Der braucht keinen Arzt mehr.
Laila: Tot.
Arzt: So tot wie’s nur geht. Dr. Pretorius?
Dr. Pretorius: Ja bitte?
Arzt: Was ihre spezielle Fracht betrifft, Sie können sich denken, daß Generalissimus Simba sehr daran interessiert ist. Er wünscht zu erfahren…
Laila: Schluß, keine Unterhaltung mit den Geiseln.
Arzt: Ja aber ich wollte doch bloß…
Laila: Kein Wort mehr, raus, und sagen sie Generalissimus Simba, wenn in 5 Minuten kein Pilot…
Jonas: Zu spät, van Meeren, Madam war einen Moment nicht konzentriert, das reichte. Jetzt hat Jonas den Laser und wer den Laser hat, hat das Sagen. Stellen sie sich drüben an die Wand. Alle. Sie nicht Neon, Sie nehmen sich den Onkel Dr. vor. Klopfen sie mal kräftig ab. Er hat so eine interessante Ausbuchtung unter dem Kittel.
Jonas: Darunter war ein Knockouter. Gar nicht schlecht. Jetzt hatte auch Neon was in der Hand. Die einzige Person, der Jonas trauen konnte.
Dr. Pretorius: Wunderbar. Entführung beendet. Alles in Butter, Guter Mann Jonas, Sie sind ihr Geld wert, so, dann wollen wir mal aussteigen, wird Zeit daß wir es uns ein bißchen bequemer machen, ein anständiges Hotel, Klimaanlage, Füße hoch, ein kaltes Bier auf den Schreck, hört sich doch gut an. Wenn ich um Baby bitten dürfte. Jonas.
Sam: Du wirst doch nicht, du Puddingkopf.
Jonas: Keine Angst, Sammy, da müßte ich ja vom wilden Sandfloh gebissen sein.
Dr. Pretorius: Na los, Jonas Geben Sie mir den Koffer.
Jonas: Ich denke nicht daran, Dr. Pretorius. Baby bleibt bei mir. Vorläufig. Jonas hat was gegen wandernde Atombomben. In Afrika und sonst wo. Und dann gibt noch ein Grund. Einen triftigen Grund. Ich würde dieses Abenteuer gern überleben. Ich weiß was los ist, Neon weiß es und Sie Dr. Pretorius wissen, daß wir es wissen.
Dr. Pretorius: Ach wissen Sie, Jonas, vergeben und vergessen, das ist mein Motto.
Jonas: Rührend. Sie kommen in Teufels Küche, Dr. Pretorius, wenn Ihr schmutziger Deal mit Sahel bekannt wird. Sie haben gar keine Wahl. Sobald wir den Helikopter verlassen, Neon und ich, werden wir liquidiert.
Dr. Pretorius: Also, also sitzen wir wieder mal fest, irgendwie müssen wir doch zu einem Ende kommen, Sie führen jetzt das große Wort, Jonas schlagen Sie was vor.
Jonas: Als erstes werden wir Ballast abwerfen. Doktor, Leila, nehmen Sie den Toten, schaffen Sie ihn raus, und bleiben Sie draußen. Machen Sie die Tür auf, Neon, vorsichtig. Und Doktor, richten Sie Generalismus Simba von mir aus, für ihn hat sich nichts geändert. Er soll seine Leute zurückhalten, sonst geht der Helikopter hoch mitsamt der speziellen Fracht, für die er sich so interessiert. Mit großem Getöse und weltpolitischen Komplikationen. Sagen Sie ihm das, Doktor, mit freundlichen Grüßen von Jonas. Nur Jonas.
Jonas: Allmählich reichte es mir. Jonas hatte keine Lust noch länger festzusitzen: Außerdem wurde es wirklich Zeit, über die Sache mal gründlich nachzudenken. Hier ging das nicht, zu laut, zu unruhig, zu viele Soldaten. Ein Ortswechsel war angesagt.
Neon: Ganz meine Meinung Jonas, leider unmöglich.
Jonas: Wer sagt das, wozu haben sie ein Helikopter.
Neon: Können Sie das Ding denn fliegen, Jonas.
Dr. Pretorius: Versuchen Sie’s. Generalismus Simba wird Sie abschießen.
van Meeren: Uns mit, Chefin, vergessen Sie das nicht.
Dr. Pretorius: Mit Ihnen rede ich nicht mehr, Conny.
Jonas: Abschießen glaub ich nicht, solange Baby an Bord ist, sind wir sicher, was Sam.
Sam: Bombensicher, so sicher wie in Abrahams Schoß, Herr Oberrabbiner. Wie in Moses Hosentasche. In Noahs Schürzenzipfel. Man könnte auch sagen.
Jonas: Man könnte auch still sein und was tun zur Abwechslung.
Sam: Bitte bitte, was befielt mein Gebieter und Gebieter.
Jonas: Setzt die komplette Elektronik im Cockpit außer Gefecht. Automatische Steuerung, Radar, Kurscomputer und was sonst noch da ist.
Sam: Eure unüberbietbare Selbstüberschätzung hegen doch nicht die Absicht, den Helikopter mit eigener bloßer Hand splitterfasernackt zu fliegen, a Korrektur den Helikopter mit eigener bloßer splitterfasernackter Hand zu fliegen.
Jonas: Das ist der Plan, Sammy.
Sam: Ooo, wenn das nur gutgeht.
Jonas: Laß das meine Sorge sein, und tu was ich dir gesagt habe. Mach die Elektronik kaputt.
Sam: So richtig mit Schmackes und Puff und Knall und Bumms.
Jonas: Wenn’s dir Spaß macht, Sammy.
Sam: Und wie Pappi. So und so. Befehl ausgeführt, Herr Staffelkommandeur.
Jonas: Sehr gut, Gefreiter Sam.
Sam: Gefreiter? Wenn Jonas Staffelkommandeur ist, dann ist Sam mindestens Luftmarschall oder Generalissimus.
Jonas: Apropos. Wenn ich voll in den Sandsturm starte, kriegen Simba und seine Krieger das erst mit, wenn wir schon weg sind.
Sam: Dein Wort in Gottes Ohr. Na ja gut also in Gottes Ohr. Radar?
Jonas: Die haben nicht gerade das allerneueste. In Bamballa hab ich’s mir angesehen. Kein Problem. Den Radar tricksen wir aus, wir fliegen unten durch, so niedrig wie’s geht.
Neon: Bei einer Sicht von maximal 10 Metern. Riskant.
Jonas: Die Alternative wäre hier stehen zu bleiben und zu warten bis sie uns einkassieren. Auf geht’s.
Sam: Holloridiö. Horrido. Mast und Schotbruch. Und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. Das heißt O2 oder auch gymnastisch Luft.
Jonas: Wie die wilde Jagd fegten wir durch die aufgewirbelten Sandsäulen, vorbei an Giebeln, Masten und Türmen, rechts, links, dann immer gerade aus. Der Sturm nahm ab, ich konnte was sehen. Wüste. Nichts als Wüste. Keine Verfolger. Soweit so gut.
Dr. Pretorius: Gut, gar nicht gut, Jonas, was haben Sie denn gewonnen durch Ihre unüberlegte Flucht. Sie werden nicht weit kommen, glauben Sie mir. Die Saheli werden Ihnen keine Ruhe lassen, sie werden Sie jagen.
Jonas: Sam?
Sam: Dein Sklave windet sich im Staube, erhabene Herrscher.
Jonas: Lagebericht, wie sieht’s aus.
Sam: Bescheiden Meister. Generalalarm für alle sahelischen Streitkräfte. Luftwaffe Panzer Marine Raketentruppe… Befehl ausschwärmen, Helikopter SHSI 19 orten.
Jonas: Und haben sie uns geortet.
Sam: Sie suchen hier, sie suchen dort, an diesem und an jenem Ort, im Wüstensand im Himmelslicht, gefunden hab’n sie uns noch nicht.
Dr. Pretorius: Nur eine Frage der Zeit, Jonas, ich kenne Generalissimus Simba, der läßt nicht locker, bis er Sie erwischt hat, und dann geht’s Ihnen schlecht. Ich geb Ihnen einen guten Rat. Stellen Sie sich freiwillig, überlassen Sie Baby dem Generalissimus, dann wird Ihnen nichts geschehen.
Sam: Ganz ganz großer Pfadfinderehrenwort.
Dr. Pretorius: Im Gegenteil, Jonas Sie werden eine Belohnung bekommen, eine hohe Belohnung, 5000 ah 10.000 Euros, Sie werden reich, Jonas.
van Meeren: 10.000 Euros lächerlich. In Farasan kriegen Sie mehr, Jonas, viel viel mehr. Das garantier ich Ihnen. Hören Sie nicht auf Dr. Pretorius, die verspricht alles und hält nichts, fliegen Sie über die Grenze, die Farasanie werden sie mit offenen Armen empfangen. Was wünschen Sie sich, eine Villa, einen Harem, eine Million auf Schweizer Konten.
Dr. Pretorius: Warum nicht gleich eine Milliarde. Sie lügen doch, wenn Sie das Maul aufmachen, Conny.
van Meeren: Ich dachte, Sie reden nicht mehr mit mir, Chefin.
Dr. Pretorius: Ich rede auch nicht mit Ihnen, Conny, ich sag Ihnen nur was ich von Ihnen halte. Erst haben Sie mich verkauft und jetzt wollen Sie auch noch Jonas verkaufen. Glauben Sie ihm nicht, Jonas, fliegen Sie nach Kundu zurück.
van Meeren: Nach Farasan, Jonas, fliegen Sie nach rechts. Rechts.
Jonas: Und so weiter. Das Gezeter fing an mir auf die Nerven zu gehen. Vor uns am Horizont eine Steinwüste, kein Mensch, keine Pflanze, kein Wasser, nur Felsen und Sand. Ich landete kurz und schmiß die beiden raus. Vielleicht hätte ich das schon in Kundu tun sollen. Aber hier hatten sie es schwerer. Strafe muß sein. Als ich abhob prügelten sie aufeinander ein. Angenehmen Aufenthalt.
Sam: Ah endlich allein.
Jonas: Allein? Neon und Jonas.
Sam: Und der liebe gute Sam. Anrührend. Eine rechte echte Familie. Vater Mutter Kind.
Neon: Nicht zu vergessen Baby.
Sam: Und hier meine Damen und Herren Abgeordneten steht das gewichtige Problem mitten im Raume, erhebt die große Frage ihr brennendes Haupt, was tun was tun mit Baby.
Jonas: Am liebsten Klappe auf und raus, wie Dr. Pretorius und van Meeren, aber das ist nicht drin.
Neon: Im Sand eingraben oder in den Bergen verstecken.
Jonas: Alles viel zu unsicher. Es geht ja nicht nur darum, Baby los zuwerden, das ist nicht schwer.
Neon: Wir müssen auch verhindern, daß die Bombe in falsche Hände kommt.
Jonas: Und wir müssen uns absichern, zusehen daß wir heil aus der Geschichte rauskommen, das heißt erst mal aus Sahel.
Sam: Schwierig eure Tüdeligkeit. Wie das jetzt aussieht sitzen wir voll in der Falle. Die Grenze ist dicht. Der Luftraum drüber auch. Flak, Raketen, Jägerpatrouillen. All über all auf den Tannenspitzen. Falle zu Ratte tot.
Jonas: Soweit sind wir noch nicht, Sammy, es wird uns schon was einfallen.
Sam: Ja, dann sollten wir uns aber beeilen, Herr Hilfsnachtwächter. Denn siehe es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.
Jonas: Jonas flog weiter und dachte nach. Neon dachte auch nach und Sam sowieso. Mir fiel nichts ein, dafür fiel mir was auf. Unten auf dem Erdboden: ein unendlich langer Strich in der Landschaft. Ich ging tiefer.
Neon: Das ist die Piste, die Straße durch die Wüste von Kundu nach Bamballa.
Sam: Bzw. von Bamballa nach Kundu. Immer präzis gell.
Neon: Ein Lastzug.
Jonas: Der steht.
Sam: Der auch?
Neon: Der Fahrer hat wohl gehalten, um den Sandsturm abzuwarten.
Jonas: Jetzt schläft er im Führerhaus.
Neon: Container hat er geladen für Bamballa.
Jonas: Ich hab ne Idee.
Neon: Ich auch Jonas.
Sam: Und Sam schon lange.
Jonas: 12 Stunden später. Vormittag. In Kundu ging es los das große Fest, 50 Jahre Uhuru 1962-2012. Menschen über Menschen auf dem riesigen Areal vor dem Nationalpalast. Fahnen, Spruchbänder, pflichtschuldiger Jubel für die großen Führer des sahelischen Volkes. Generalissimus Simba, der winkte huldvoll vom Balkon. Ein Brummen in der Ferne, es kam näher, wurde lauter. Ein Helikopter SHSE19. Das stand groß und weiß auf der Unterseite. Darüber das Emblem der sahelischen Armee: schwarzer Elefant unter grüner Palme auf gelbem Grund. Der Helikoper drehe eine Runde und schwebte dann über dem Nationalpalast. Neon und Jonas nickten sich zu. Ein bißchen nervös aber entschlossen das Spiel zu Ende zu spielen: Sam machte uns eine Sprechfunkverbindung mit dem Generalismus.
Simba: Ich weiß wer Sie sind, Jonas, Sie haben Baby, Baby gehört mir. Ich hab dafür bezahlt, viel Geld. Kommen Sie runter, ich will mein Eigentum.
Jonas: Sichern Sie uns freien Abzug ins Ausland zu, Generalissimus.
Simba: Was Sie wollen, auf der Stelle, kommen Sie, kommen Sie, bringen Sie mir mein Baby.
Jonas: Nicht so schnell, wir verlangen Garantien.
Simba: Von mir aus, ich verspreche alles.
Jonas: Steigen Sie zu, Generalismus.
Simba: Was?
Jonas: Kommen Sie zu uns in den Helikopter. Wir lassen ihnen eine Strickleiter runter. Dann können wir reden.
Simba: Kommt nicht in Frage. Wozu? Reden können wir auch so. Sie kommen zu mir. Landen Sie sofort, sonst laß ich Sie abschießen.
Jonas: Das liegt bei Ihnen, Generalismus, wenn sie Ihr großes Fest unbedingt mit einem atomaren Feuerwerk abschließen wollen.
Simba: Also gut, schieß ich Sie nicht ab, aber in den Helikopter komme ich nicht.
Jonas: Ich muß darauf bestehen, Generalissimus.
Simba: Sie können mich nicht zwingen.
Jonas: Wollen wir wetten. Wenn ich den Helikopter auf Ihren Nationalpalast fallen lasse.
Simba: Dann sind Sie tot, Jonas.
Jonas: Sie aber auch, Generalissimus, und ihr jubelndes Volk, der Palast ist kaputt, ganz Kundu ist kaputt, von Sahel bleibt nicht viel übrig.
Simba: Lassen Sie die Leiter runter.
Jonas: Wir ließen die Strickleiter runter, und dann hievten wir sie hoch mitsamt dem Generalissimus. Keine leichte Arbeit. Exzellenz hatten erhebliches Übergewicht.
Simba: Hier bin ich.
Neon: Wissen Sie, Jonas, wie die Saheli ihren Präsidenten nennen, nicht Simba, Löwe, Combe, das heißt Bier.
Jonas: Ich bin sicher er trink nur Import, kein Stern von Sahel. So, Tür zu, Neon.
Neon: Wird gemacht.
Jonas: Schnallen Sie sich an, Generalissimus.
Simba: Was soll das. Halt, bleiben Sie, das ist nicht vorgesehen.
Jonas: Von uns schon, Generalissimus.
Simba: Wo fliegen wir hin.
Neon: Zur Grenze, Generalissimus. Sie werden ihre Truppen anweisen, den Helikopter passieren zu lassen.
Simba: Ja das hätten Sie gern. Warum sollte ich.
Jonas: Weil Sie noch eine zeitlang Bier trinken möchten.
Neon: Außerdem wollen Sie was von uns.
Simba: Baby, wo is baby.
Jonas: Nicht an Bord, Generalissimus.
Simba: Sie haben mich angelogen.
Jonas: Nicht doch Generalissimus.
Neon: Wir haben nicht behauptet, daß wir Baby noch bei uns haben.
Simba: Versteckt haben Sie Baby, wo?
Jonas: In Sahel.
Simba: Natürlich in Sahel. Über die Grenze wären Sie nicht gekommen. Wo in Sahel.
Neon: Das verraten wir Ihnen, wenn wir die Grenze hinter uns haben.
Simba: Kann ich mich darauf verlassen.
Jonas: Sie können.
Neon: Unser Ehrenwort, Generalissimus.
Jonas: Wir kamen sicher über die Grenze. Nicht die Grenze zu Farasan. Da wären wir vom Regen in die Traufe geraten. Die Grenze zu Solaria, ein Staat, der mit Sahel und Farasan wenig am Hut hat, um so mehr mit Europa, weil von da viele Touristen nach Solaria kommen, um sich an den berühmten weißen Strand zu legen, unter die berühmten grünen Palmen. Außerdem hat die Atomwaffenkontrollkommission der UN ein Büro in Solaria.
Simba: Ihr Ehrenwort, Sie haben mir Ihr Ehrewort gegeben.
Neon: Und das halten wir auch.
Simba: Dann sagen Sie mir wo Baby steckt.
Jonas: Mit Vergnügen, Generalissimus, und nicht nur Ihnen. Sam?
Sam: Kann es denn war sein, wirklich wahrhaftig wahr, Sam wird wieder gebraucht. Hallejula. Halleluja. Lobe den Herr.
Jonas: Dein Herrn loben kannst du später, Sam. Jetzt mach mir eine Verbindung nach Solaria zur UN.
Sam: Jawohl Herr Cheftelegraphist. Zack Zack. Verbindung steht.
Jonas: Folgende Mitteilung: Achtung. Frachter Eurimex-Queen heute morgen in Bamballa ausgelaufen, Ziel Babelshaven, Europa, an Bord Atomsprengkopf, der illegal in Sahel eingeführt wurde. Sprengkopf befindet sich in Koffer, Koffer befindet sich in Container E4, Inhalt sahelische Holzschnitzereien, empfehle Sofortmaßnahmen, Frachter stoppen, entern, Sprengkopf sicherstellen. Stop.
Sam: Stop. Mitteilung unterwegs.
Simba: Sie… reingelegt haben Sie mich, ich werde Sie…
Neon: Sie werden ganz friedlich sitzen bleiben, sonst geht mein Knockouter los.
Simba: In Sahel haben Sie gesagt, in Sahel haben Sie Baby versteckt.
Neon: Jawohl das haben wir. Direkt an der Piste Kundu-Bamballa. Gestern abend in einem Lastzug, genauer gesagt in einem Container auf dem Lastzug.
Jonas: Eurimex Queen E4 stand auf dem Container. Und das brachte uns auf die Idee. Jonas landete den Helikopter in einiger Entfernung, wir schlichen uns an, Neon und ich, machten vorsichtig den Container auf, packten Baby zwischen die Volkskunst, machten den Container wieder zu, dann weckten wir den Fahrer, damit er pünktlich nach Bamballa kam, und die EURIMEX Queen am nächsten Tag planmäßig segeln konnte. Übernachtet haben wir übrigens in den Bergen, auf einem unzugänglichen Hochplateau. Tja, das wär’s dann wohl. Fall abgeschlossen.
Sam: Hey Moment mal, so geht’s ja nicht, da ist noch einiges zu klären. Zum Bleistift.
Jonas: Mach du das, Sammy, Jonas hat’s eilig. Eine Verabredung mit Neon. Mit der kann man nicht nur Pferde stehlen oder Atombomben verstecken. Wir haben beschlossen, ein paar Tage in Solaria zu bleiben und uns näherzukommen. Bis dann Sammy.
Sam: Ja und nu? Hä? Weg ist er. Und während der Herr und Meister sich vergnügt muß der Knecht schuften. So ist das. Immer so gewesen. Der Lauf der Welt. Naja. Dann wollen wir mal die losen Enden aufwickeln. Mit Musik. Denn damit geht bekanntlich alles besser. Fangen wir an mit Generalissimus Simba, der blieb auch in Solaria, allerdings unfreiwillig. Während seiner Abwesenheit hatten die Saheli Revolution gemacht und ihn gestürzt. Dr. Pretorius tauchte nach einer Woche aus der Wüste auf, gesund munter wohlgenährt, ja und allein. Von Cornelis van Meeren hat man nie wieder was gehört. Baby wurde gefunden und von der UN in Gewahrsam genommen. Und dann kehrte man die ganze Geschichte unter den Teppich, naja weil sie sonst zu peinlich geworden wäre für Sahel, für Farasan und für die Firma Eurimex. Tja, und Jonas, der legte sich mit Neon an, Korrektur der legte sich mit Neon an den berühmten weißen Strand unter die berühmten grünen Palmen, und wie er da lag war er schon mitten im nächsten Fall. Und es ging wieder los. Das Rennen und jachern und detektieren oder heißt es detektivieren. Na igel äh egal. Nichts mit ausruhen und sich näher kommen. Armer Jonas, ach was heißt armer Jonas. Geschieht ihm ganz rechts, äh links na mittendurch ah Ende.
Das war Eurobaby. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Evelyn Hamann, Jutta Speidel, Günther Sauer, Reinhard Glemnitz und viele andere (Sibylle Nicolai, Peter Bertram, Michael Gahr, Hans Peder Hermansen). Ton und Technik: Irene Thielmann und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Werner Klein. (Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks) (1990). (Redaktion: Erwin Weigel).
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Eurodschungel
Jonas: Er fing schon mies an, dieser 3. Mai 2012. Jacob hatte vor, seinen Schuppen umzutaufen. Nicht mehr Casablanca sollte er heißen, sondern…
Jonas: Wie soll dein Schuppen jetzt heißen?
Jacob: Babylon. Cafe Babylon.
Jonas: Cafe? Du weißt doch gar nicht, was Cafe ist, Jacob.
Jacob: Na und? Cafe hat was. Nostalgie. Klasse.
Jonas: Es gab immer noch den alten Synth-Whisky. Mies und teuer. Es war immer noch das alte Casablanca. Ich fühlte mich wie zu Hause. Müde und mies.
Jacob: Ja? Ja, Moment. Für dich Jonas.
Jonas: Sie können eine Nachricht hinterlassen. Sprechen Sie nach dem Pfeifton. Tüt. Oder pfeifen Sie nach dem Sprechton, wie Sie wollen.
Toivonen: Jonas?
Jonas: Von mir aus können Sie auch summen oder singen.
Toivonen: Sind Sie Jonas? Der Detektiv?
Jonas: Ich mußte es zugeben. Jonas. Nur Jonas. Der letzte Detektiv. Der letzte vom Stamm der Marlowe, Spade, Burma. Und der vielen anderen, die es auch nie gegeben hat. Einzelkämpfer. Einsam und ungebrochen. Der Typ, der für Sie die heißen Kastanien aus dem Feuer holt, ohne Handschuhe, für 100 Euros pro Tag und Spesen und so weiter. Manchmal komm ich mir richtig toll vor. Aber meistens fühle ich mich mies.
Jonas: Jetzt wissen Sie’s. Und wer oder was sind Sie?
Toivonen: Toivonen. Martta Toivonen. Sind Sie frei?
Jonas: Wie ein Vogel.
Toivonen: Ich meine, wären Sie bereit und in der Lage, einen Auftrag zu übernehmen?
Jonas: Ich könnte Sie gerade noch reinquetschen, Frau Toivonen, worum geht’s?
Toivonen: Nicht übers Fon. Kommen Sie zu mir.
Jonas: Wann?
Toivonen: Am besten gleich.
Jonas: Wohin?
Toivonen: Rubinweg 17. Apartment G.
Jonas: Rubinweg. Sie wohnen im Golden Ghetto.
Toivonen: Im High Security Compound für Spitzenkräfte. Ganz recht.
Jonas: Zugang nur mit Spezialpaßscheibe. Lassen Sie eine für mich am Tor hinterlegen.
Toivonen: Ich denke nicht daran. Sehen Sie zu, wie Sie mich erreichen. Wenn Sie der richtige Mann für den Job sind, schaffen Sie es. Viel Glück.
Jonas: Gieß mir noch einen Plastikschnaps ein, Jacob.
Jacob: Kannst du bezahlen?
Jonas: Kommt darauf an.
Jacob: Worauf?
Jonas: Ob ich einen Fall habe.
Jacob: Und? Hast du einen?
Jonas: Kommt darauf an.
Jacob: Worauf?
Jonas: Ob ich ins Golden Ghetto komme.
Jacob: Mit oder ohne Paß?
Jonas: Ohne.
Jacob: Vergiß es. Vergiß den Fall und vergiß die Bestellung.
Jonas: Schreib an, Jacob.
Jacob: Seit Wochen schreib ich an für dich, Jonas. Jetzt ist Schluß.
Jonas: Aber Jonas wollte gar keinen Fall. Jonas wollte im Casablanca sitzen, trinken und sich mies fühlen. Man ließ ihn nicht. Jacob drehte ihm den Hahn zu. Und dann mischte sich auch noch Sam ein.
Sam: Sprung auf, Kamerad, marsch marsch aufs Pferd. Wieher! Die Pflicht gebeut, der leere Beutel schreit zum Himmel.
Jonas: Komm wieder runter, Sammy.
Jonas: Sam saß heute auf dem hohen Roß. Sam ist mein Computer. Es gibt ihn zweimal, dick und fett im Büro, klein und handlich in der Tasche. Sam kann viel. Vor allem reden. Wie drei Dutzend Staubsaugerverkäufer oder wie eine große Bibliothek nach einem Wirbelsturm. Überprogrammiert bis zum verbalen Dauerdurchfall. Das ist Sam.
Sam: Sammy ist groß. Sammy ist mächtig.
Jonas: Wenn er auf den Stuhl steigt, 1 Meter 60. Schluß mit der Blödelei. Jetzt wird gearbeitet. Kategorischer Befehl.
Sam: Was steht zu Diensten, Sir, sagt’s mir an.
Jonas: Wie kommt Jonas ohne Paß ins Golden Ghetto? Kurz und knapp, wenn ich bitten darf.
Sam: Wer wenn nicht ihr, mein Herr und Meister.
Jonas: Warum er Sam heißt, muß ich wohl nicht erklären. Wer sich für Jonas interessiert, kennt auch Casablanca, den alten Film meine ich, nicht Jacobs Kneipe.
Sam: Der High Security Compound oder Golden Ghetto, wie des Volkes Mund ihn so treffendtümlich zu benamsen pflegt rühmt sich eines hochentwickelten ultramodernen superkomplexen elektronischen Schutz- und Sicherheitssystems vom Typ ANK 2020
Jonas: ANK?
Sam: Absolut lamente nicht knackbar, geliebtester Analphabet.
Jonas: Nicht knackbar, wirklich, auch nicht für dich, Sam?
Sam: Gemach, Gevatter, ein System, welches sich von Sam nicht penetrieren ließe, müßte noch erfunden werden.
Jonas: Du kommst also rein.
Sam: Gewiß, Genosse, im Prinzipe.
Jonas: Was heißt das?
Sam: Sammy braucht dazu nur ein ganz klein wenig Zeit.
Jonas: Wieviel?
Sam: Ach, ein Wöchlein nur.
Jonas: Eine Woche.
Sam: Naja, vielleicht auch zwei.
Jonas: Gestorben, Sammy, ich muß heute noch bei dieser Toivonen antanzen.
Sam: Auch in diesem Falle, eure hektische Betriebsnudeligkeit, hat Sam etwas anzubieten, Sam, der Kluge, Sam, der Weise, der stets Rat Wissende, der niemals um einen Ausweg…
Jonas: Is ja gut, Sammy, was schlägst du vor?
Sam: Jonas besorgt sich eine Paßscheibe.
Jonas: Einfach so?
Sam: Einfach so. Von der Zentralen Sicherheitsverwaltung. Allwo eine gewisse hochgestellte Amtsperson…
Jonas: Etwa Judith?
Sam: Ja.
Jonas: Nein.
Sam: Doch.
Jonas: Kommt nicht in Frage.
Sam: Da haben wir’s wieder, Damen und Herren, hochgeschätztes Publikum, der Stolz erhebt sein Haupt, in unlogische irrationale unsinnige, zutiefst menschliche Eigenschaft. Ich frage Sie: Kann man Stolz essen, kann man sich was dafür kaufen?
Jonas: Sammy, es geht nicht.
Sam: Es muß gehen. Hör zu, du Schnarch, dein Konto ist total ausgefüllt, nicht mal Jacobs miesen Whisky kannst du dir leisten. Dein letzter Fall war vor drei Monaten die Biogeschichte, und die hat dir nur ein paar Pipperlinge eingebracht, du brauchst den Auftrag, Mann, ja, nimm ihn, also reiß dich zusammen.
Jonas: Judith. Judith Delagdo. Wir hatten eine wunderschöne Beziehung gehabt, bis zum Fall Inselklau vor einen Jahr, da hatte sie mich kaltschnäuzig ausgenutzt, um ihre Karriere zu fördern, nicht zum letzten Mal, daß sie im November 2011 Sicherheitsdirektorin geworden war, verdankte sie Jonas, der hatte ihr ahnungslos den Weg freigeschaufelt. Siehe Fall Schneewittchen.
Judith: Das hab ich dir nicht vergessen, Jonas, du bist im Casablanca? Ich schicke Chefinspektor Brock vorbei, mit einem Spezialpaß fürs Golden Ghetto, und wenn du sonst noch was brauchst…
Jonas: Danke, ich bin wunschlos glücklich, Judith.
Judith: Wirklich? Ruf mich an, wenn dir was einfällt. Ich schulde dir was, Jonas, nicht nur wegen Schneewittchen und Inselklau. Machs gut, Jonas.
Jonas: Zwei Stunden später. Weit im Westen von Babylon. Wo Permaplestmauer und Plexikuppel über dem Golden Ghetto in den grauen Himmel ragen. Hier hausen die auserwählten in olympischer Ruhe. Unter sich. Unbehelligt von den widerlichen Wucherungen des 21. Jahrhunderts und von Menschen wie Jonas. Wer ins Schlaraffenland wollte, mußte sich durch Reisbrei fressen. Ins Golden Ghetto zu kommen, war schwieriger. Man mußte durch die Sicherheitsschleuse, vorbei an Holo-Augen und Sensor-Fallen, an scharfen Robo-Dogs und noch schärferen Robo-Wächtern. Hier halfen weder Argumente noch Bitten, hier half nur eine kleine grüne Silikonkarte. Der Spezialpaß.
Robo-Wächter: Danke. Paß gültig. Bitte rechts herantreten.
Jonas: Wozu denn das?
Robo-Wächter: Eye-Scanning. Retinacheck. Eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. Soeben installiert. Bitte rechts herantreten.
Jonas: Hast du das gewußt, Sammy, daß die hier Eye-Scanning haben. Wenn ich rechts rantrete und in den Scanner gucke, dann stellt der doch sofort fest, meine Netzhaut ist nicht gespeichert, er schlägt Alarm, die Robo-Dogs kommen und machen Hackfleisch aus Jonas.
Robo-Wächter: Bitte rechts herantreten. Kinn fest auf Vorsprung pressen, Augen an die Scanneröffnungen.
Jonas: Was soll ich tun, Sammy, gib mir einen Rat, wozu hab ich dich denn.
Sam: Nur keine Panik auf der Titanic, Herr Kapellmeister. Wie soll ein Computer in Ruhe überlegen, wenn sein Mensch ihm ständig dazwischenzetert. Na, wollen mal kücken. Der Scanner hängt an einem eigenen geschlossenen System. Ja, nicht allzu complicated. Da läßt sich was machen. Alles klar auf der Andrea Doria.
Robo-Wächter: Rechts herantreten. Sofort rechts herantreten!
Sam: Tu, was er sagt, der brave Robo-Wächter. Kein Zaudern, kein Zagen, frisch auf, wohl an, ich bin dein Mann.
Jonas: Kein Zagen, von wegen. Als der Scanner meine Netzhaut abtastete, wartete ich mit weichen Knien auf den Alarm, der nicht kam, statt dessen ging die Schranke hoch. Jonas durfte ins gelobte Land, ohne Probleme.
Jonas: Wie hast du das gedreht, Sammy?
Sam: Och, eine ganze klitze Kleinigkeit, du mein zelebrales Softeis, nicht der Rede wert. Wie mein Meister durchs Loch linste, hab ich das System kurzfristig lahmgelegt.
Jonas: Wie, Sammy?
Sam: Na wie schon? Saft abgedreht, und dann gleich wieder angedreht, und derweil dem Kleinen fix ein falsches Memory verpaßt, in Folge welchen Tuns der Scanner nun mehro der festen Überzeugung huldigt, er habe die Netzhaut meines Herrn in Augenschein genommen, sie überprüft und ihr spezifisches Muster in seinem Speicher vorgegeben gefunden. Resultat: Alles in Ordnung. Jonas kann passieren. Ach, diese Zwergsysteme sind manchmal doch zu blöd.
Jonas: Rubinweg 17, wir sind da.
Sam: Aha.
Jonas: Apartment G.
Sam: Gut.
Toivonen: Ja?
Jonas: Sicherheitsdienst. Wir haben eine verdächtige Person aufgegriffen, an der Mauer, sie will zu Ihnen, Frau Toivonen, sagt sie.
Toivonen: Jonas?
Jonas: Ja, so heißt der Mann.
Toivonen: Sie sind Jonas. Ich erkenne Ihre Stimme. Sie haben es also geschafft.
Jonas: Wie Sie hören, Frau Toivonen.
Toivonen: Guter Mann. Warten Sie einen Moment, ich komme runter. Wir müssen zurück nach Babylon.
Jonas: Nachdem ich mir die Beine ausgerissen habe, um zu Ihnen ins Getto zu kommen?
Toivonen: So ist das Leben, Herr Jonas. Ich bin gleich bei Ihnen.
Jonas: Zurück ging es schneller und bequemer. In Frau Toivonens schwarzer Luxuslimousine. Unser Ziel war das Zentrum, der Platz der immerwährenden Hochkonjunktur, da lag die Bank, die Frau Toivonen gehörte. Die Europäische Depot- und Investment-Bank. Klein aber fein. Der begehbare Safe im Keller war offen und leer.
Toivonen: Heute nacht ausgeräumt, Herr Jonas, bis auf den letzten Euro.
Jonas: Und das trotz Ihrer spektakulären Hardwareparade, Frau Toivonen.
Toivonen: Ja. Wir haben alles, was sich für gutes Geld kaufen läßt, Herr Jonas. Bioschlösser, Holocams, variable Sensoren.
Jonas: Kein Alarm heute Nacht.
Toivonen: Nein, Herr Jonas.
Jonas: Und keine Anzeichen von Gewaltanwendung.
Toivonen: Unser Sicherheitssystem muß ausgetrickst worden sein, umgangen, manipuliert.
Jonas: Sieht ganz so aus. Hmh. Warum ich, Frau Toivonen?
Toivonen: Bitte?
Jonas: Warum kommen Sie mit der Sache zu mir? Warum nicht zur Kripo?
Toivonen: Weil ich Resultate will. Sie sind mir empfohlen worden, Herr Jonas, von meinen Bundesschwestern, Adamson, Vereinigte Kosmos, und Waldorf, Multipharm, als unorthodox, eigenwillig und erfolgreich. Sie werden feststellen, wer sich an unseren Bareinlagen vergriffen hat, und was viel wichtiger ist, Sie werden das Geld wieder zur Stelle schaffen. Ehrlich sollen Sie ja auch sein.
Jonas: Wie viel Geld, Frau Toivonen?
Toivonen: 2 Millionen Euros, plus minus ein paar Tausend. Aber deshalb brauchen Sie doch nicht gleich in die Knie zu gehen, Herr Jonas, soviel ist das nun auch wieder nicht.
Jonas: Jonas war nicht wegen der Summe auf Grund gegangen. Jonas hatte was erspäht. Hinten an der Wand. Unter der offenen Safetür. Ein kleines Stück Papier. Circa 5 mal 5 Zentimeter. Unregelmäßig. Zackig. Abgerissen. An einem Ende ein paar Bleistiftstriche. Am anderen aufgedruckte Buchstaben. O R R Y, darunter A P P.
Toivonen: Eine Spur?
Jonas: Möglich. Was hältst du davon, Sam?
Sam: Ein Stück Papier.
Jonas: Was du nicht sagst, Sammy.
Sam: Versehen mit Bleistiftaufzeichnungen.
Jonas: Toll. Jetzt weiß ich, warum Computer Denkmaschinen heißen.
Sam: Hmh. Ergänzt man die Striche, für eine Denkmaschine eine Lappalie, so ergibt sich eine zwar grobe, jedoch in allen wesentlichen Punkten korrekte Skizze von Schaltkreisen und Positionen der hierorts installierten Sicherheitsanlagen. Die Buchstaben hin wiederum lassen sich zwanglos und folgerichtig zu folgendem Aufdruck vervollständigen: Dont worry, be happy.
Jonas: Das war mal ein Hit, als ich noch klein war.
Sam: Schon lange her. Ach ja, und was du nicht sagst, hier und heute ist Dont worry be happy der Name eines Stimshops im Wilden Südosten von Babypsilon. Ohne Frage hundelt es sich bei vorgelegtem Beweisstück um den Rest eines Blattes von einem Block, welchen besagter Stimshop zu Werbezwecken hat herstellen lassen. Auf diesem Blatt, und damit komme ich zur Ente meiner Ausführungen, hat der Bankräuber sachdienliche Hinweise zur Durchführung seines lichtscheuen Tuns notiert. Na, was sagst du jetzt, du Schrumpfkopf. Hmh. Nichts? Hahaha. Dann sag ich’s für dich: Niemand, aber auch gar niemand, käme auf die Idee, einen Plattprägen wie dich als Denkmaschine zu bezeichnen.
Toivonen: Sie lassen sich ja einiges bieten von Ihrem Computer, Herr Jonas, meiner dürfte das nicht.
Jonas: Sie haben ja auch keinen Sam, Frau Toivonen.
Toivonen: Gott sei dank nicht.
Sam: Gott sei dank nicht. Gott sei dank nicht. He, was ist jetzt, stehen wir hier rum und plauschen oder arbeiten wir?
Jonas: Wer kennt Ihr Sicherheitssystem, Frau Toivonen?
Toivonen: Die installierende Firma, ich natürlich.
Jonas: Sonst niemand?
Toivonen: Unsere zwei Großkunden, denen haben wir die Anlage erklärt und vorgeführt. Damit sie sich um ihr Geld keine Sorgen machen. Bankerpsychologie.
Jonas: Ihre zwei Großkunden. Namen?
Toivonen: Dirty Dancing GmbH, eine Agentur, die ältere Künstler an Seniorenclubs vermittelt, Künstler, die das können, was vor einem viertel Jahrhundert in war, Hip Hop, Rap, Scratch Rock und Dirty Dancing natürlich.
Jonas: Und?
Toivonen: Und der Stimshop Dont worry be happy.
Jonas: Ach was.
Sam: Ach ja. Oho. Sieh an. So so. Dont worry, be happy. Mein Pappi, Jaja.
Jonas: Bei den Unruhen von 1996 war aus dem Büroviertel zwischen Südstadt, Reservat und Bioland der wilde Südosten geworden. Eine bizarre Landschaft aus Plastikresten und Betonruinen, aus lecken Rohrleitungen, die im Nichts endeten, aus verglühtem Asphalt und schwarzen Fensterhöhlen, aus giftgrünen Wucherungen schleimiger Schlingpflanzen. Ein Dschungel, der größte Straßendschungel in den Vereinigten Staaten von Europa. Bevölkert von Street-Gangs und Killer-Kids, von Nachtmenschen und Neo-Samurais, von Kannibalen und Mutanten, und von ein paar cleveren Geschäftsleuten, die im gesetzlosen Niemandland auf ihre Kosten kommen. Zum Beispiel mit dem Stimshop Dont worry be happy. In den wilden Südosten von Babylon kommt man leichter als ins Golden Ghetto. Man braucht keine Paßscheibe. Man braucht nur etwas Mut und feste Schuhe. In den Südosten fährt keine Metro und kein Taxi. Ich ließ mich absetzen so nahe wie möglich und wollte zu Fuß weiter. Aber da gab’s Probleme. Drei Probleme. Sie stiegen aus einem roten E-Mobil und bauten sich vor mir auf.
Groucho: Du Jonas?
Jonas: Und wenn?
Groucho: Du nicht weiter.
Jonas: Sagt wer?
Groucho: Wir sagen. Du nicht weiter. Du zurück.
Jonas: Drei Superchimps, illegale Importe aus dem Süden. Genmanipulierte Züchtungen. Bei meinen mußte ein nostalgischer Witzbold am Werk gewesen sein. Nummer eins hatte einen angemalten Schnurrbart und eine kalte Zigarre zwischen den Zähnen. Nummer zwei trug ein italienisches Hütchen. Nummer drei grinste geil unter einer wüsten roten Lockenperücke. Genau. Groucho, Chico und Harpo, die legendären Marxbrothers. Aber wenn Groucho das Maul aufmachte, war er nicht mehr Groucho, Groucho, das verbale Maschinengewehr, dann war er nur ein Superchimp, ein trauriger Wechselbalg, dem man ein paar Worte beigebracht hatte, und der Befehle ausführte. Bedingungslos.
Groucho: Du zurück.
Jonas: Oder?
Groucho: Wir machen kaputt. Schießen mit Laser.
Jonas: Superchimps Waffen zu geben ist verboten. Weißt du das, alter Freund? Ihr seid überhaupt verboten, ihr dürft in Babylon gar nicht rumlaufen.
Groucho: Schluß. Du nicht reden. Du zurück. Nach Hause. Marsch.
Jonas: Jonas marschierte zurück. Runde 100 Meter. Dann bog er um eine Ecke. Die Chimps natürlich hinterher. Das störte mich nicht. Ich wußte, wie ich sie loswerden konnte. Und wo.
Sam: Altbabypsilon, Herr Denkmalspfleger.
Jonas: Altbabylon, Sammy, wir gehen durch die Wand.
Sam: Aha, euer Ungenauigkeit meinen die Holoprojektion der mittelalterlichen Stadtmauer?
Jonas: Was denn sonst, Sam, du machst ne Stippvisite im Zentralrechner und suchst uns eine gute Stelle zum Durchrutschen.
Sam: Ist geritzt, Kumpel, will sagen, wie ihr es wünschet, Monsignore, also gescheh’s.
Jonas: Altbabylon ist nicht wirklich alt. Die Verwaltung hat es vor ein paar Jahren hochgezogen, für Touristen aus Großjapan und Amerika. Ein putziges Viertelchen, Fachwerk, Giebel, Schornsteine, krumme Gassen, Kopfsteinpflaster und eine Stadtmauer aus Feldsteinen, Pseudo- natürlich, Plastik und Holo, rechnergesteuert. Der Plan klappte wunderbar. Ich kroch durch die Holomauer. Die Chimps kamen, stutzen, kratzten sich die runden Schädel, und so standen sie vermutlich immer noch, als Jonas schon längst im wilden Südosten unterwegs war, Richtung Stimshop, und sich dabei so seine Gedanken machte.
Jonas: Jemand hat was dagegen, daß ich mir diesen Stimshop mal ankucke, warum.
Sam: Weil zu vermuten steht, o Sonne meiner Wonne, daß dorten sich findet, was wir suchen. Der bzw. die Bankräuber nebst den entwendeten Finanzen. Der bzw. die Bankräuber hat bzw. haben die Europäische Depot- und Investment-Bank nach seiner bzw. ihrer Tat unter Beobachtung gehalten und sobald euer Zielstrebigkeit die Biene betruten, Korrektur die Bühne betraten…
Jonas: Hat bzw. haben er bzw. sie verflixt jedenfalls haben sie mich verfolgt und abgefangen. Wer, Sammy, wer steckt dahinter?
Sam: Tja, zwei Gegenfragen, Chef. Erstens: Wer ist ganz groß im Stimshopgeschäft und zweitens wer beschäftigt mit Vorliebe Superchimps als Gorillas. Gut, was? Hehe. Hast du’s mitgekriegt, Mickerhirn, Chimps als Gorillas, paradox, witzig, geistreich. Genauso wie ich, hähähähäh.
Jonas: Du meinst die Korporation?
Jonas: Früher hieß so was Mafia. Heute sagen wir die Korporation, oder die Firma, oder die Organisation. Das organisierte Verbrechen. Verbrechen als Großunternehmen. Drogen. Hirnstim. Medien. Sex. Überall saß sie drin, die Korporation und scheffelte Milliarden.
Sam: Millionen. Trilliarden.
Jonas: Und darum kann ich mir nicht vorstellen, daß die große Korporation eine kleine Bank um jämmerliche 2 Millionen Euros beklaut, und dann soviel Wind macht, um Jonas an der Aufklärung zu hindern. Da muß was anderes dahinter…
Groucho: Da, Jonas.
Sam: Kaptän Hornblower, Sir, melde gehorsamst, drei Superchimps backbord voraus.
Groucho: Halt! Du stehen. Du warten.
Sam: Du nix können sprechen, du Pfeife.
Jonas: Jonas dachte nicht daran. Jonas rannte. Über Stock und Stein. Vor allem Stein. Bis ich fand, was ich brauchte. Vor einer Halde aus Schlacke und verschmorten Metallteilen hatten ein paar Amazulu in wilder Kriegsbemalung einen einsamen Straßensamurai gestellt. Arme Amazulu. Die Wetten der Zuschauer standen 5 zu 1 für den Samurai. Ich schlug einen Haken, tauchte im Gewühl unter und hängte die Superchimps ab. Dachte ich.
Jonas: So. Zurück zum Thema. Was hat die Europäische Depot- und Investment-Bank mit der Korporation zu tun, Sam.
Sam: Es steht geschrieben: ein Narr fragt mehr denn zehn Weise zu beantworten vermögen.
Jonas: Ich hab dich was gefragt.
Sam: Hach, unzureichende Daten, du Träne.
Jonas: Bitte, dann eben anders. Du kommst zurück in die Tasche.
Sam: Nein.
Jonas: Da gehst du in dich.
Sam: Nein.
Jonas: Und wenn du was entdeckt hast.
Sam: Nein. Nicht auf mich drauf.
Jonas: Ich hatte mir nur die Vorstellung ansehen wollen, aber sie hatten mich in die Kanone gesteckt und abgeschossen. Ich flog hoch über dem Zirkus, über Babylon, hoch, immer höher, dann machte ich einen Bogen und stürzte, tiefer, tiefer, bis ich wieder bei mir war und die Augen aufschlug. Ich lag unter einer Straßenleuchte, die vor langer Zeit ein Riese zu einem Korkenzieher verdreht hatte. Der Kopf tat mir weh.
Sam: Jaja, jaja. Die übliche Nachwirkung eines Knockouters. Drei Tage Bettruhe. Absolute Alkoholabstinenz.
Jonas: Halt den Schnabel, Sam.
Sam: Hab keinen.
Jonas: Halt ihn trotzdem. Was ist passiert?
Sam: Sam hält den Schnabel. Wie das Gesetz es befielt.
Jonas: Du sollst antworten.
Sam: Sammy in Tasche, Mata, Sammy nix gesehen.
Jonas: Aber gehört wirst du doch wohl was haben. Na?
Sam: E-Mobil.
Jonas: Rot vermutlich.
Sam: Knockouter.
Jonas: Da sagst du mir nichts neues, Sammy.
Sam: Schwere Tritte, sechs Füße.
Jonas: Die Superchimps.
Sam: Hin zu Jonas, Pause, wieder weg.
Jonas: So. Dann wollen wir mal nachsehen, was die drei Brüder Jonas abgenommen haben.
Sam: Aua.
Jonas: Nanu?
Sam: Meinem über alle Maßen bedauernswerten, da ausgeknockten und superchimplich manipuliertem Herrn fehlt ihm wohl etwas von Wichtigkeit?
Jonas: Im Gegenteil, Sammy, sie haben mir nichts geklaut, sie haben mir was zugesteckt. Zehn Hundert-Euroscheine in Banderole.
Sam: Mit Stempel.
Jonas: Mit Stempel, Sammy.
Sam: Worauf steht: Europäische Depot- und Investment-Bank, korrekt?
Jonas: Korrekt. Seltsam.
Sam: Nein, nur Sam. Komm, wirf ihn von dir, den schnöden Mammon.
Jonas: Tausend Euros? Das schöne Geld.
Sam: Na, schmeiß weg, Döskopp. Zu spät. Och, da sind sie schon wieder, unsere äffischen Verfolger.
Jonas: Und nicht nur die. Im Fenster des E-Mobils erschien ein Kopf. Ein häßlicher Kopf. Aber unbestreitbar menschlich. Zwei Marxbrothers hielten Jonas fest. Der dritte apportierte dem Kopf das Bündel Euroscheine.
Medusa: Ah, unser Geld. Das Korpus delicti, wie die kriminologisch Gebildeten sagen, und der Delinquent gleich dabei, wie überaus zuvorkommend. Ich freue mich, Sie zu sehen.
Jonas: Die Freude ist ganz auf Ihrer Seite.
Medusa: Jonas, nur Jonas, Privatdetektiv und Bankräuber.
Jonas: Und der Unhold, der Schulkindern das Pausenbrot wegißt.
Medusa: Aber Herr Jonas, wo wir Sie doch mit dem Beweis in der Hand gestellt haben, in flagrante delicto, wie es heißt. Sie haben die Europäische Depot- und Investment-Bank beraubt. Sie haben unser Geld gestohlen. Was machen wir mit Ihnen, Herr Jonas. Nehmen wir Sie mit ins Generaldirektorium? Ich weiß nicht. Verhöre, Diskussionen. Umständlich, Herr Jonas, und unnötig. Wir sollten die unangenehme Affäre gleich hier beenden. Auf der Stelle. Meine drei Assistenten werden das gern übernehmen. Nicht wahr, Groucho?
Groucho: Machen Jonas kaputt? O ja Boss!
Sam: Du Flöte, freue dich und frohlocke, Chef, denn siehe, es naht die Rettung, haha, vom Himmel hoch da komm ich her…
Jonas: Ein Helikopter fegte heran mit dem blauem Emblem der Sicherheitsverwaltung, und mit sensorgesteuerten Miniraketen. Die Superchimps waren durchlöchert, ehe sie ihre Laser hochkriegen konnten. Ihr Boss setzte sich ab. In seinem gepanzerten Fahrzeug. Der Helikopter blieb kurz über Jonas stehen. In der offenen Tür winkte einer.
Brock: Klein und häßlich sehen Sie von hier oben aus, Jonas. Bis zum nächsten Mal.
Jonas: Genau im rechten Moment. Zufall?
Sam: Daß Sam nicht kichert. Hähähäh.
Jonas: Hast du den Typ im E-Mobil erkannt, Sammy?
Sam: Natürr, Medua.
Jonas: Max Medusa, Finanzminister der Korporation, ihr oberster Geldwäscher.
Sam: Hmh. Und wieder findet im großen Detektivpuzzle ein wichtiges Stück seinen Platz. Das der Bank entwendete Geld gehört der Korporation, sie hat es dort deponiert, um es bei nächster Gelegenheit zu waschen.
Jonas: OK, Sammy, aber wieso hält Medusa ausgerechnet Jonas für den Bankräuber, und wieviel…
Sam: Alarm! Rotes E-Mobil kommt zurückeldibums!
Jonas: Laß uns verschwinden, Sam.
Toivonen: Kann ich Ihnen einen Platz in meinem Wagen anbieten, Herr Jonas?
Jonas: Frau Toivonen!
Toivonen: Kommen Sie, steigen Sie ein, oder trauen Sie mir nicht?
Jonas: Ehrlich gesagt, nein.
Toivonen: Wollen Sie sich lieber mit Medusa auseinander setzen?
Jonas: Das wollte Jonas nicht. Also stieg er ein. Eine kurze Fahrt, ein paar Minuten um ein paar Ecken. Dann hielten wir vor der ausgebrannten und ausgeschlachteten Hülle eines Hochhauses.
Toivonen: Steigen Sie aus Herr Jonas. Sie tauchen am besten hier unter und warten.
Jonas: Worauf, Frau Toivonen?
Toivonen: Daß es dunkel wird, Herr Jonas, daß Sie weitermachen können. Sie haben doch ein Ziel.
Jonas: Sie meinen den Stimshop Dont worry be happy?
Toivonen: Genau, Herr Jonas.
Jonas: Augenblick, Frau Toivonen, ich hab ein paar Fragen.
Toivonen: Später, Herr Jonas.
Jonas: Das war nicht mein Tag. Ich zuckte die Achseln und tat, was Frau Toivonen mir geraten hatte. Wenn es eine Erklärung für das gab, was heute hier ablief, dann würde ich sie im Stimshop finden. In der Lobby des Hochhauses räumte ich mir eine Ecke frei, setze mich hin und wartete. Meine alte Smith & Wesson in Griffnähe. Der Himmel in den Fenstern wurde dunkelgrau, dann schwarz. Plötzlich hörte ich was. Schritte. Vorsichtige Schritte. Sie kamen näher. Wer war das? Medusa und seine Killer? Kannibalische Nachtmenschen auf der Suche nach dem Abendessen?
Brock: Legen Sie den Revolver weg, Jonas, und machen Sie sich nicht in die Hosen. Ich bin zwar kein Fan von Ihnen, aber fressen will ich Sie nicht, schon weil Sie mir nicht bekommen würden.
Jonas: Chefinspektor Brock von der Sicherheitsverwaltung in einer neuen Rolle. Nicht mehr als rettender Engel von oben. Diesmal als Weihnachtsmann mit einem Sack voller Geschenke.
Brock: Da hätten wir erst mal einen Laserstrahler. Neuestes Modell, noch gar nicht auf dem freien Markt. Dann eine AIR-Transfo-Einheit in Taschenformat.
Jonas: AIR für Anti-Infrarot. Die Einheit baut um den Träger ein Feld auf, in dem Mikrosensoren seine Körpertemperatur in die Temperatur der Umgebung umwandeln und ihn so für Infrarotgeräte unsichtbar machen. Hightech, unerschwinglich für einen Privatdetektiv, aber sehr nützlich, wenn der Privatdetektiv nachts in geheimer Mission unterwegs ist.
Brock: Und damit Sie nicht nur nicht geschnappt werden, sondern auch selber was schnappen können, ein paar Infrarotgucker, alles aus dem Arsenal der Sicherheitsverwaltung, mit schönen Grüßen von Sicherheitsdirektorin Delgado. Jetzt sind Sie beide quitt, soll ich Ihnen ausrichten.
Jonas: Sagen Sie mal, Brock, wie haben Sie mich eigentlich aufgespürt?
Brock: Ich kenne Sie gut, Jonas, Sie sind stur und lästig, eine echte Nervensäge, aber dämlich waren Sie bisher nicht, das ist neu. Fragen Sie doch Ihre elektronische Quasselstrippe. Wir sehen uns.
Jonas: Fürchte ich auch.
Sam: Quasselstrippe. Eine unverloste Bodenschämtheit, Korrektur bodenlose Unverschämtheit.
Jonas: Findest du, Sam?
Sam: Ja, finde ich. Preisfrage für geistig nicht eben hochbemittelte Privatdetektive. Auf welche Weise pflegt die Sicherheitsverwaltung Kontakt zu einem ahnungslosen Individuum zu pflegen?
Jonas: Orter.
Sam: Beziehungsweise Mikrotransmitter. Sehr gut, Schüler Jonas. Zuatzfrage. Welchen Gegenstand hat unser kleiner Sonnenschein von der Sicherheitsverwaltung erhalten?
Jonas: Die Paßscheibe fürs Golden Ghetto.
Sam: Yes.
Jonas: Weg damit, und da wir gerade dabei sind, Sammy, sehen wir uns doch auch gleich mal die schönen Sachen an, die uns der liebe Onkel Brock mitgebracht hat. Na bitte, hier ist einer, an der Infrarotbrille. Ex und hopp. Hätt ich wissen müssen, Judith und ihr miesen Tricks.
Sam: Nicht allso eure hektische Voreiligkeit. Vielleicht brauchen wir Sie noch einmal, die Freunde und Helfer. Bedenke doch, wer es auf dich abgesehen hat: Die Korporation.
Jonas: Die ist mir noch immer lieber als die Sicherheitsverwaltung.
Sam: Ach, red kein Stahl. Die Bullen stecken dich höchstens in den Knast, die Korporation steckt dich in Beton, und da kannst du nicht drin wohnen, und dann kippt Sie dich ins Nordmeer.
Jonas: Ein tröstlicher Gedanke. Ich nahm ihn mit auf den Weg zum Stimshop Dont worry be happy. Leicht gesagt und leicht zu finden. Jonas brauchte nur den Kabelfreaks nachzugehen, den Hyppies mit der Steckdose im Hinterkopf. Dahin, wo über dunklen Ruinen bunte Lasergewitter tobten. Wo Neonlichter in blasser Glut vor sich hinfroren, und wo der Roboanimator pausenlos seinen Spruch in die Nacht grölte.
Robo-Animator: Dont worry be happy…
Jonas: In der großen Halle hingen hunderte von Hyppies am Draht und ließen ihr Lustzentrum zappeln. Die Minute 10 Euros.
Sam: Hirnwichser, Kabelfixer.
Jonas: Großes Glück aus kleiner Dose. Nichts für Jonas.
Anmacher: Sie suchen das Besondere, mein Herr, das sehe ich ihnen an. Von Massenabfütterung halten Sie nichts. Sie sind wer. Sie heben sich ab. Ich sag Ihnen was: Gehen Sie nach rechts zum Fahrstuhl, fahren Sie ins Untergeschoß, wo die Supermindmaschinen stehen. Da können Sie sich voll ausleben, mein Herr. Die gewagtesten Wünsche, die geheimsten Träume werden wahr. Genuß ohne Reue, mein Herr. Sie haben die Wahl zwischen mehr als 40 Programmen. Von 500 Euros aufwärts, nur Bargeld, keine Karten. Wie ich Sie so einschätze, mein Herr, Programm Casanova oder Dschingis Khan, wär das nichts für Sie?
Jonas: Philip Marlowe, haben Sie das?
Anmacher: Nie gehört, mein Herr, tut mir leid. Ich merk schon, Sie sind nur mit dem echt ausgefallenen zufrieden. Wir hätten da Sonderprogramme anzubieten, mein Herr, keine Dutzendware, nicht ganz billig, aber exquisit. Vollzugsbeamter im Frauengefängnis. Na?
Jonas: Schalt dich ab. Verschwinde.
Sam: Darf man euer momentan Abgelenkten daran erinnern, daß wir uns nicht hier befinden, um niederer Lust zu frönen, vielmehr…
Jonas: Ich weiß, Sammy, wir suchen was. Bankräuber. Und ne Menge Geld.
Sam: Zuvorderst doch wohl Erleuchtung.
Jonas: Sehen wir uns mal auf der Rückseite um.
Jonas: Auf der Rückseite gab es eine kleine Tür. Nicht verschlossen. Das hätte mich stutzig machen sollen. Ich drückte sie auf und trat ein. Und dann blieb ich stocksteif stehen. Nicht freiwillig. Ein Neurofreezer hatte mich erwischt. Das Licht ging an. Vor mir standen zwei Riesen in schwarzen Kampfanzügen. Und Max Medusa.
Medusa: So sieht man sich wieder, Herr Jonas, jetzt muß ich Sie also doch dem Generaldirektorium vorführen. Schade. Ich hätte es uns und Ihnen gern erspart. Cool, Easy, bringt ihn ins Sprechzimmer.
Jonas: Die Riesen nahmen dem starren Jonas Laser und Revolver ab und schleppten ihn durch den Gang, eine Wendeltreppe runter in einen weißgekachelten Raum, der ein bißchen aussah wie das altmodische Behandlungszimmer eines altmodischen Arztes. Und der dazugehörige Onkel Doktor war auch da. Ein kleiner Mann im weißen Kittel, kahl, mit goldener Brille. Außerdem zwei, die dich kannte: Simon Krapp und Lukrezia Carnevale, zwei führende Mitglieder der Korporation.
Medusa: Das ist er.
Carnevale: Dieser Jonas?
Medusa: Jonas, nur Jonas.
Krapp: Der Mann, der unsere Bank ausgeräumt hat?
Medusa: Zusammen mit der Kollegin Toivonen.
Carnevale: Behaupten Sie, Medusa. Warum hätte sie das tun sollen?
Medusa: Eine klassische Intrige, verehrte Kollegin. Wir, das Generaldirektorium der Korporation, sollten desinformiert werden, destabilisiert und letztendlich exterminiert. Kollegin Toivonen ist ehrgeizig. Sie will alles. Die ganze Macht.
Carnevale: Beweise, Medusa.
Medusa: Ich habe sie beobachten lassen und daher weiß ich, sie hat Jonas hier her geschickt, um Unruhe zu stiften, Zwietracht zu schüren, den Superchimps, die ich auf ihn angesetzt hatte, konnte er entkommen, aber nun ist er uns direkt in die Arme gelaufen in der typischen Verblendung des Kleinkriminellen. Das hier hab ich ihm aus der Tasche gezogen.
Krapp: Geld? Aus unserer Bank? Alles klar.
Carnevale: Das sind doch nur 1000 Euros, wo hat er die restlichen Millionen?
Medusa. Fragen Sie nicht mich, verehrte Kollegin, fragen Sie ihn.
Jonas: Jonas wurde gefragt. Jonas gab keine Antwort. Nicht weil er nicht sprechen konnte. Der Neurofreezereffekt war abgeklungen. Aber was hätte er sagen sollen?
Krapp: Halten wir uns nicht auf mit dem Kerl. Cool und Easy sollen ihn durch den Wolf drehen, bis er was sagt.
Carnevale: Ich bin mehr für die gute alte Elektroschockmethode. Er sieht aus, als ob er einiges aushält. Was meinen Sie, Dr. Babinski?
Babinski: Sie wissen, ich habe in Ihrem Gremium keine Stimme, meine Herrschaften, lediglich eine beratende Funktion als Mediziner, bei, nun ja, bei intensiven Verhören. Gestatten Sie mir dennoch einen Vorschlag.
Krapp: OK, Doc, aber machen Sie es kurz, ja.
Babinski: Meine Herrschaften, in diesem unseren Stimshop können wir, wie Ihnen bekannt ist, durch direkte Hirnstimulation mittels unserer Supermindmaschinen pansendorische Halluzinationen erzeugen, die von realen Sinneswahrnehmungen nicht zu unterscheiden sind, vor allem wenn die Stimulations- und Rezeptionsakzeptanz unserer Kunden durch die vorherige Verabreichung halluzinogener Drogen gefördert wird, Drogen wie Serotonin, Ditoxipholylethylamin.
Krapp: Kommen Sie zum Punkt, Doc.
Babinski: Sogleich, Herr Krapp. Sie kennen die neueste Entwicklung auf diesem Sektor, unserer erfolgreichen Sadomasoprogramme für eine exklusive Minoritätenklientel.
Carnevale: Ich verstehe. Sie wollen Jonas an so ein Programm anschließen.
Babinski: Ganz recht, Frau Carnevale. Strikt Maso natürlich und unlimitiert. Schmerz, subtilster Schmerz, ohne jene Terminierung, wie sie die kommerzielle Ratio uns auferlegt. Ein hochinteressantes Experiment.
Krapp: Experiment? Der Kerl soll reden!
Babinski: Der wird reden, Herr Krapp, das versichere ich Ihnen, ich denke da an ein historisches Programm, noch im Entwicklungsstadium, Arbeitstitel: In den Folterkellern der Inquisition.
Jonas: Ich trug einen arme Sünderkittel aus grober Sackleinwand und lag auf einer harten Pritsche. Meine Füße waren gefesselt, die Hände auch, über dem Kopf. Fackeln in eisernen Haltern warfen flackernde Schatten auf feuchtes Gestein, auf Brandeisen, Ketten und Peitschen, auf den halbnackten Herkules in roter Kapuze, der neben mir hockte, ein hölzernes Speichenrad zwischen den Fäusten, und auf den Inquisitor, ein kleiner Mann, kahl, in weißer Kutte. Durch seine goldene Brille sah er mich milde an.
Babinski: Nun, mein Sohn, bist du bereit, abzulassen von sündigem Starrsinn und frevelhafter Verstocktheit? Erleichtere deine Seele, gestehe, verirrtes Lamm, gestehe, wo du sie versteckt hast, die ketzerischen Pamphlete, die Teufelssalben für den Hexensabbat. Du weigerst dich zu sprechen? So werden wir denn deinen armen Leib peinigen müssen, auf daß deine unsterbliche Seele gerettet werde. Beginne, Bruder Dominiko, drehe dein Rad. Spürst du es, spürst du, wie deine Muskeln sich dehnen, deine Sehnen sich strecken, deine Haut sich bis zum Zerreißen spannt? Gestehe! Gestehe!
Jonas: Nein! Ich weiß nichts!
Babinski: Halt inne, Bruder Dominiko. Kleine Pause, Herr Jonas, wie fühlen Sie sich?
Jonas: Ich war nicht mehr im Keller der Inquisition. Ich war wieder im Stimshop in der engen Kabine, fest an den Sessel geschnallt. Dr. Babinski nahm mir den Sensorhelm ab.
Babinski: Das war natürlich nur ein Vorgeschmack, eine kurze Einstimmung, um ihre Reaktionen zu testen. In etwa 10 Minuten, wenn das Serotonin seinen vollen Wirkungsgrad erreicht hat, fahren wir fort, und dann, Herr Jonas, machen wir Ernst mit der peinlichen Befragung. Noch einmal Streckbett, dann Daumenschrauben, Brannteisen, und wenn Sie weiterhin hartnäckig sind, Herr Jonas, dann gehen wir bis zum bitteren Ende, bis zum Scheiterhaufen auf der Plaza del Sol.
Jonas: Sam? Bist du da, Sam?
Sam: Hmh. Zur Stelle, Chef, in eurer Tasche.
Jonas: Hast du mitgekriegt, was die mit mir machen?
Sam: O ja Herr. Mit einer Träne im Knopfloch und mit tiefer tiefer Betroffenheit.
Jonas: Dafür kann ich mir nichts kaufen, Sam.
Sam: Ja.
Jonas: Hilf mir lieber. Kannst du dich nicht in die Supermindmaschine einschleichen und das Folterprogramm stoppen?
Sam: No, gewiß Sir, im Prinzipe, jedoch…
Jonas: Nicht in zehn Minuten. Ich weiß.
Sam: Naja, Nobody is perfect, hmh. Pst Pst! Man kommt.
Medusa: Kein Laut, Jonas.
Jonas: Max Medusa. Allein. Gekommen, um Jonas zu retten, sagte er, und er tat es auch. Er schnallte mich los. Und dann ging er voran mit einer Taschenlampe, einen langen Korridor entlang, bis in einen staubigen Kellerraum. Hinter einem Pfeiler blieb er stehen, vor einer rostigen Eisentür.
Medusa: Mein ganz privater Notausgang. Wenn wir ihn benutzen, dann stehen wir auf den Schienen der Metro. Sehen Sie sich nicht so ängstlich um, Jonas, seit 16 Jahren fährt hier kein Zug mehr. Wir gehen nach rechts. Kommen Sie.
Jonas: Fünf Minuten Fußmarsch. Dann wurde es hell. Eine Metrostation. Malachovksy-Platz. Das Beleuchtungssystem funktionierte noch immer. Nach 16 Jahren. Unglaublich. Wir kletterten auf den Bahnsteig. Medusa zog seinen Laserstrahler und richtete ihn auf mich. Dabei sah er mich an, als ob Detektive für ihn noch unter Computerviren stünden. Gleich würde er sagen: Sie hätten sich nicht in Dinge einmischen sollen…
Medusa: Sie hätten sich nicht in Dinge einmischen sollen, die Sie nichts angehen, Jonas, das hab ich versucht, Ihnen klarzumachen, durch meine Superchimps, heute nachmittag, als Sie sich in den Südosten aufmachten, aber Sie wollten ja nicht hören.
Jonas: Und da hatten Sie eine Idee. Jonas ließ sich ganz wunderbar als Sündenbock benutzen, als Ablenkung, als Mittel zur Desinformation. Darum haben Sie mir die 1000 Euros aus dem Bankraub untergejubelt, für Sie kein Problem, denn das ist ja wohl klar, die Euros in der Europäischen Depot- und Investment-Bank, die haben Sie sich unter den Nagel gerissen, Medusa, um Ihrer Kollegin und Konkurrentin Toivonen was anzuhängen nehm ich an, vielleicht brauchten Sie auch nur ein bißchen Bargeld.
Medusa: Wer braucht das nicht. Sie sind wirklich gut, Jonas, Sie haben den Fall gelöst. Nur schade, daß Sie so gar nichts davon haben werden. Denn jetzt, wo Sie alles wissen, ist Ihnen auch bestimmt klar, weshalb ich Sie aus dem Stimshop geholt und hierher gebracht habe.
Jonas: Sie konnten nicht zulassen, daß Jonas weiter gefoltert wird, dann hätte sich nämlich rausgestellt, Jonas weiß nichts, Jonas ist unschuldig, und Ihre Konstruktion wäre zusammengebrochen.
Medusa: Wo ich mir solche Mühe gegeben habe. Das geht natürlich nicht, und deshalb muß ich Sie jetzt umbringen… Was ist das?
Jonas: Hört sich an wie ein Zug.
Medusa: Unsinn, die Linie ist stillgelegt.
Jonas: Das hatte man dem Metrozug wohl nicht gesagt. Er donnerte aus dem Tunnel, hielt, die Türen gingen auf, ganze Horden von Sicherheitsmenschen stürzten auf den Bahnsteig, und griffen sich Medusa. So viel Kavallerie für einen einzigen Indianer. Und zwei ganze Generäle auch noch. Chefinspektor Brock und…
Jonas: Judith!
Judith: Wie du siehst, Jonas. Willst du dich nicht bedanken, wir haben dir mal wieder das Leben gerettet.
Brock: Was passiert mit Medusa, Frau Delgado, nehmen wir ihn mit?
Judith: Wenn ich das wüßte.
Toivonen: Überlassen Sie ihn uns.
Jonas: Wir hatten Zaungäste. Durch ein Loch in der Decke sahen sie uns zu. Toivonen, Krapp, Carnevale und Dr. Babinski unseligen Angedenkens.
Toivonen: Wir haben ein paar Fragen an Medusa. Wo unsere Euros sind, zum Beispiel. Und er wird es uns verraten, oder was meinen Sie, Dr. Babinski?
Babinski: Davon bin ich überzeugt, Frau Toivonen.
Jonas: Ich auch. Verraten Sie mir was, Frau Toivonen.
Toivonen: Wenn ich kann, Herr Jonas.
Jonas: Medusa wollte mich umbringen. Hätten Sie ihn gehindert?
Toivonen: Wissen Sie, Herr Jonas, Sie sind nur ein kleiner Bauer in einem großen Spiel. Ein Bauer ist entbehrlich, sobald er seine Rolle gespielt hat. Sie haben Ihre Rolle gut gespielt. Sie sind der von mir gelegten Spur gewissenhaft gefolgt. Sie haben Medusa aufgescheucht und nicht locker gelassen. Ihre paar Euros haben Sie sich redlich verdient. Ich lasse sie Ihnen überweisen.
Jonas: Von mir aus. Sag mal Judith, wie habt ihr mich hier gefunden? Eure Orter habe ich doch weggeschmissen.
Judith: Sam ist dafür eingesprungen. Seit Schneewittchen, weißt du noch, Jonas, haben wir eine besondere Beziehung, ich und Sammy.
Sam: Rein sexuell.
Jonas: Dein Glück, daß du keine Ohren hast Sam, ich würde sie dir ja so langziehen.
Sam: Aua!
Jonas: Und was dich betriff, Judith, wir sind quitt, ein für alle mal.
Judith: Nein, Jonas, jetzt bist du mir was schuldig, und ich werde es einfordern, demnächst. Bis bald, Jonas.
Brock: Ehe ich’s vergesse, Jonas, die Sachen, die ich Ihnen vorhin gebracht habe, die rücken Sie mal ganz schnell wieder raus.
Jonas: Die gehören mir. Die haben Sie mir geschenkt.
Brock: Iwo. Nur geliehen. Die Sicherheitsverwaltung hat nichts zu verschenken. Kommen Sie schon rüber damit.
Jonas: Später. Im Casablanca. Jonas war wieder flüssig. Jonas saß und trank. Und fühlte sich mies.
Jonas: Na los, Sam, spiel es, spiel As time goes by.
Sam: Wenn’s unbedingt sein muß, aber singen tu ich nicht.
Jacob: Weißt du, Jonas, vielleicht tauf ich’s doch um, das Casablanca. Relax oder Mind maschine. Zeitgeist, Jonas, das ist es, Lifestyle.
Jonas: Was hab ich gesagt. Es war nicht mein Tag.
Das war Eurodschungel. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Elisabeth Volkmann, Rainer Basedow, Jochen Busse und viele andere (Cornelia Boje, Claudius Zimmermann, Alvin Joachim Mayer, Roland Astor, Hans Stetter, Detlev Kügow). Ton und Technik: Irene Thielmann und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Werner Klein. (Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks) (1990). (Redaktion: Erwin Weigel).
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Störfalle
Jonas: Plötzlich war er da. Er stand mitten in meinem Büro. Sehr jung, sehr verlegen, und starrte mich an. Mit riesengroßen Kalbsaugen. Ich hätte die Tür verrammeln sollen, oder noch besser verreisen, weit weit weg von Babylon, aber meine Kristallkugel war außer Betrieb an diesem 10. Januar 2012.
Justus: Herr Jonas? Sie sind doch Herr Jonas?
Jonas: Ich glaub schon. Außerdem steht’s draußen an der Tür.
Justus: Ja, Herr Jonas, ich, äh ich finde Sie toll. Sie sind ein Held, ja, Sie sind der größte, echt, total der größte.
Jonas: Hör mal zu, Kleiner, Jonas ist alles mögliche, eine 1-Mann-Show, Jongleur, Clown, Feuerspucker, Degenschlucker, der Mann auf dem fliegenden Trapez, der Mann, der durch den brennenden Reifen springt, für 100 Euros pro Tag und Spesen, aber ein Held ist Jonas nicht. Jonas ist Detektiv. Der letzte Detektiv. Nicht mehr und nicht weniger. Klar?
Justus: Ja. Ja, Herr Jonas.
Jonas: OK, damit hätten wir geklärt, wer ich bin. Bleibt nur noch ein kleines Problem. Wer bist du?
Justus: Ja, ich… mein Name ist Justus.
Jonas: Und?
Justus: Nur Justus.
Jonas: Ach ja.
Justus: Ich ich will Detektiv werden, so einer wie sie, Herr Jonas. Ich will bei Ihnen lernen. Bitte, Herr Jonas, lassen Sie mich bei Ihnen bleiben als ja als Volontär, es muß ja nicht lange sein, ein paar Wochen oder vielleicht nur ein paar Tage, ich falle Ihnen auch bestimmt nicht lästig, Herr Jonas, bestimmt nicht, bitte Herr Jonas.
Jonas: Weißt du, Kleiner, Jonas braucht einen Lehrling wie wie ein Beduine eine Höhensonne. Und auch wenn ich einen brauchte, du bist mir zu klein und zu grün.
Justus: Ich bin schon 18, Herr Jonas, und ich hab Erfahrung, ich war 3 Jahre beim Werkschutz von BIO.
Jonas: Was soll ich dir beibringen, Kleiner, im Büro rumsitzen, Däumchen drehen, mehr ist nicht drin, Jonas hat keinen Fall.
Justus: Doch Herr Jonas, Sie haben einen, das heißt, wenn Sie wollen, Elmer Zeitgeist ist unten, ich hab ihn hergerollt, er muß dringend mit Ihnen reden wegen Zora. Zora ist verschwunden.
Jonas: Zora Zeitgeist, eine Nachbarin, sie hatte ihr Büro 1 Stockwerk über meinem. Von Beruf war sie Reporterin. Investigatorin. Eine von vielen im zweiten Glied, kaum bekannt. Bis vor etwa 3 Wochen. Da hatte sie einen Coup gelandet. Eine Story im Holo-Ökomagazin über einen Störfall bei BIO. Irgendwas mit einem verbotenen Unkrautkiller, den BIO heimlich produzierte für ein Land im mittleren Osten. Trichlorphenol oder so ähnlich. Und bei der Produktion war was passiert. Ein Kessel ging hoch, Dioxin wurde frei, ein Mann kam ins Werkskrankenhaus. BIO machte natürlich sofort den Deckel drauf, aber Zora hatte was gehört, bohrte nach und kam groß damit raus. Zoras Partner Elmer mußte unten warten. Weil der Lift kaputt war, wie meistens. Und weil er seinen Rollstuhl nicht auf den Buckel nehmen und in den 16. Stock schleppen konnte. Also stieg Jonas nach unten. Elmer war halbseitig gelähmt, und Zora war eine Nachbarin, eine Nachbarin, die verschwunden war.
Elmer: Seit 4 Tagen, Jonas, sie ist nicht nach Hause gekommen. Sie hat nicht angerufen und im Büro ist sie auch nicht. Justus hat sie überall gesucht.
Jonas: Sieh mal an, du bist nicht nur ein Detektiv in spe, Kleiner, du bist auch ein Wohltäter der Menschheit.
Justus: Deshalb bin ich ja bei BIO rausgeflogen, Herr Jonas, weil ich Zora die Wahrheit gesagt habe über den Störfall und daß bei BIO Trichlorphenol produziert wird.
Jonas: Daher kennt ihr euch.
Elmer: Ja, und jetzt machen wir uns Sorgen um Zora. Weißt du was ich glaube, Jonas, ich glaube BIO steckt dahinter.
Jonas: Kann ich mir nicht denken, Elmer. Was für einen Grund hätte BIO, Zora verschwinden zu lassen. Ja, wenn ihre Story noch nicht erschienen wäre, aber jetzt.
Elmer: BIO will sich rächen.
Jonas: Unsinn, BIO ist ein Großkonzern. Unmoralisch von mir aus, aber praktisch. Rache ist kontraproduktiv, wie der Fachmann sagt. Rache bringt nichts ein.
Justus: Das hab ich ihm auch gesagt, Herr Jonas.
Elmer: Aber Zora bleibt nicht so lange weg, ohne sich zu melden. Irgendwas muß passiert sein.
Jonas: Soll ich mich drum kümmern?
Elmer: Darum wollte ich dich bitten, Jonas, und was dein Honorar angeht.
Jonas: Laß mal, Elmer, das läuft unter Nachbarschaftshilfe.
Justus: Kann ich mitmachen, Herr Jonas, jetzt haben Sie doch einen Fall.
Jonas: OK, Kleiner, weil du ein Freund von Zora bist. Du gibst mir den Schlüssel zu ihrem Büro und dann fährst du Elmer nach Hause, wir treffen uns in Zoras Büro. In 1 Stunde.
Justus: Steh ich auf der Matte, Chef, pünktlich. Fangen Sie nicht ohne mich an.
Jonas: Keine Sorge, Kleiner. Vorher hatte ich noch was zu erledigen. Ich jagte Sam ins Personaldatensystem von BIO: Justus kam mir ein bißchen zu treu und bieder vor, aber er war astrein, seine Geschichte stimmte: Vor drei Wochen gefeuert, wegen Illoyalität und Geheimnisverrat. Soweit alles klar. Sam hatte trotzdem was zu mosern.
Sam: Sagt an und sprecht o hoher Herr und Kampfgenosse, was soll uns dieser kleine grüne Beinsteißer, reinekühne Steinscheißer, Schweinbeißer Schleimscheißer.
Jonas: Steinbeißer.
Sam: Sag ich doch. So was brauchen wir nicht, nun nicht und nimmer mehr.
Jonas: Sam ist mein Computer. Tüchtig, schlau und redegewaltig. Zu redegewaltig. Sam ist ein verbaler Dauerchaot, außerdem eigenwillig und eigensinnig. Ich weiß, ein Computer kann nicht eigenwillig und eigensinnig sein, aber sagen sie das mal Sam.
Sam: Jonas ist Jonas und Sam ist sein Computer. Alles weitere ist von Übel, möge es nun Judith heißen.
Jonas: Vorsicht Sam, Judith Delgado ist für uns gestorben.
Sam: Oder Jolanda Nix, wenn es denn erlaubt ist, diese ein wenig vorlaute junge Lady zu erwähnen.
Jonas: Mit Vergnügen Sammy.
Sam: Oder auch Justus, nur Justus, unverschämter Plagiator.
Jonas: Reg dich ab Sammy und laß den Kleinen in Ruhe, soll er ein bißchen mitlaufen und was lernen.
Sam: Das wird dir noch einmal leid tun du Trottel, wollte sagen, eure vertrauensselige Blauäugigkeit.
Jonas: Damit sollte Sam Recht behalten, aber wie gesagt, an diesem Tag war meine Kristallkugel in der Werkstatt. Zoras Büro war halb so groß wie meins und doppelt so aufgeräumt. Wandschrank, Stuhl, Tisch, Sojakaffmaschine, Computer mit Textsystem. Keine Leiche, kein Blut, keine Spur.
Sam: Das gefällt mir nicht, das gefällt mir gar nicht.
Jonas: Was gefällt dir nicht, Sammy.
Sam: Daß alles so klar und sauber und unauffällig ist, o du mein mangelhafter Durchblicker. Unter glatter Oberfläche lauert das Chaos, sagt der weise Bosequo.
Jonas: Wer immer das ist, hör auf zu unken, Sammy, tu was.
Sam: Befehl, Herr Rittmeister. Was tun. Was?
Jonas: Nimm dir den Computer vor, steig ein und sieh nach, woran Zora Zeitgeist in den letzten Tagen gearbeitet hat.
Sam: Befehl, Angriffsziel Computer. Attacke.
Jonas: Ruhe. Na was ist, Sammy.
Sam: Sorry Sir, nothing.
Jonas: Bitte?
Sam: Zero. Nada. Nihil. Null Nichts. Du verstehen, häh?
Jonas: Zora hat sich mit nichts beschäftigt?
Sam: Genau. Mit nichts. Seit 3 Wochen. Und vorher
Jonas: Die BIO-Kiste.
Sam: Und abermals genau. Das Material dazu ist säuberlich sortiert und abgelegt. Ergebnisse der Nachforschungen im BIO Werkskrankenhaus, Befragungen von Justus, Werkschutzmitglied und Zeuge des Störfalls, Daten der Besuche von Handelsdelegationen aus Merdistan in Babypsilon, Korrektur Babylon.
Jonas: Merdistan?
Sam: Jener wenig sympathische Staat im Orient, für welchen laut Zora Zeitgeists Enthüllungen BIO das giftige und daher legal geächtete Herbizid Trichlorphenol herzustellen pflegt. Alles dies wie bereits vermeldet penibel, ja pedantisch geordnet und höchst übersichtlich archiviert.
Jonas: Merkwürdig, Soweit ich Zora kenne, geht sie mit ihren Unterlagen eher schlampig um.
Sam: Jajajajajajaja, außen hui, innen pfui.
Jonas: Sagt der weise Bosequo.
Sam: Mitnichten, ein Bonmot von Sam, dem Computer, geschöpft aus dem reichen Schatz seiner Erfahrung.
Jonas: Ob Zora noch woanders Aufzeichnungen hat. Sie muß sich doch mit irgendwas beschäftigt haben.
Justus: Hat sie auch, Chef, da bin ich wieder.
Jonas: Ich weiß mich vor Freude kaum zu fassen, Kleiner.
Justus: Eine große Sache hat Zora gesagt. Größer als der BIO-Störfall. Es hat mit Ultex zu tun.
Jonas: ULTEX: kurz für Ultimate Experience. Die letzte Erfahrung, der letzte Trend, die letzte craz. Bei ULTEX wurde man umgebracht, das heißt so gut wie. Man ließ sich bis an die Schwelle des klinischen Todes bringen und wieder zurückholen, durch Drogen und für schweres Geld natürlich. ULTEX hatte ein Haus im Südosten von Babylon, eine Monstrosität genannt die Gruft, am Rand der Trümmerwüste, die die Unruhen der 90er Jahre hinterlassen haben. Gleich neben dem Reservat. Vor einem halben Jahr war ich zuletzt hier gewesen, Fall Megastar, keine gute Gegend. Ein Biotop für Psychos und Nachtmenschen, für Straßensamurais und Killerkids. Aber wir waren ja zu dritt, Jonas, Sam und Justus.
Justus: Wie die drei Musketiere, Chef.
Sam: Drei Musketiere, von wegen. Zwei Herren aus Verona und ein unqualifiziertes Anhängsel.
Jonas: Sei still, Sam. Paß auf, Kleiner, ich geh jetzt rein.
Justus: Kann ich nicht mitkommen, Chef.
Jonas: Du bleibst hier, Kleiner, als Reserve und Rückendeckung, behalt das Haus im Auge, wenn ich sagen wir nach einer halben Stunde nicht wieder draußen bin, kommst du nach und stellst fest, was los ist, aber vorsichtig.
Justus: Sie können sich auf mich verlassen, Chef.
Jonas: Ein kadaverdürrer Grufti im kalkweißen Hemd mit Ringen unter den Augen führte mich in einen Warteraum. Schwarze Vorhänge vor Spitzbogenfenstern. An den Wänden Kreuze und Sprüche. Vivala Muerte und Wenn nicht hier, wo sonst. Wenn nicht du, wer sonst. Berechtigte Frage. Die elegante Frau im gotischen Kirchengestühl mustere mich mißtrauisch. Offenbar sah Jonas nicht aus wie jemand, der schnell mal ein bißchen sterben wollte. Aber weil sonst keiner da war, ließ sie sich dann doch herab, ein paar Takte mit mir zu plaudern.
Kundin: Ein irres feeling, sagt Iris, meine Freundin, die ist schon 7mal gestorben, stellen Sie sich das vor.
Jonas: Ungern.
Kundin: Ganz genau wie in den Sachen von Frau Dr. Rübler-Kotz, sagt Iris. Diese Klassiker, wissen Sie, haben Sie sicher im Holo gesehen. Erst ein wahnsinnig helles Licht, und dann zieht das ganze Leben vorbei wie ein Holofilm vor dem inneren Auge irgendwie. Ungeheuer sagt Iris, absolut ultrasuper. Wer nicht wenigstens einmal tot war, kann überhaupt nicht mitreden, sagt Iris.
Mors: Bitte, Herr äh…
Jonas: Jonas, nur Jonas.
Mors. Ganz recht, treten Sie näher.
Kundin: Aber ich war vor dem Herrn hier.
Mors: Ein Sonderfall, gnädige Frau, bitte haben Sie noch einen Augenblick Geduld.
Jonas: Der Typ hatte sich auf Sensenmann gestylt. Aber sein Büro wirkte ganz normal, nichts gruftiges, kein Sarkophag, kein Kruzifix, und der Sessel, den er mir anbot, kam aus Helsinki, nicht aus dem Kölner Dom.
Mors: Wir haben Sie erwartet, Herr Jonas.
Jonas: Das wundert mich. Sie sind der Chef von ULTEX.
Mors: Ja, Herr Jonas. Ich bin der große Tod. Sie können mich schlicht Mors nennen.
Jonas: Sie mich auch.
Mors: Bitte, Herr Jonas. Ein Mann, der kurz vor dem Tode steht, sollte keinen schlechten Witze machen.
Jonas: Moment mal Freund, das ist ein Mißverständnis, ich bin nicht hier um zu sterben.
Mors: Ja, da glaub ich Ihnen, Herr Jonas, aber Sie werden es müssen, und zwar endgültig. Dreh ihm die Luft ab, Siebzig.
Jonas: Plötzlich legten sich die massiven Backen eines Schraubstocks um meinen Hals, von hinten, immer fester, immer enger. Feuerräder drehten sich vor meinen Augen, in meinem Ohren explodierten Raketen, rauschten alle Ozeane aller Welt, dazwischen Stimmen, undeutlich und weit weg, wie im Traum.
Mors: Wehren Sie sich nicht, Herr Jonas, das nützt nichts. Wenn Siebzig mal zupackt, läßt er nicht wieder los. Interessanter Name, Siebzig. Wollen Sie wissen, warum er so heißt, Herr Jonas. Sag’s ihm, Siebzig.
Siebzig: Wegen mein Intellgenzquotient, Boss.
Mors: Sie werden nicht hier sterben, Herr Jonas. Eine echte Leiche bei ULTEX wäre schlechte Publicity. Wir reichen Sie weiter, an unsere Mitarbeiter im Außendienst sozusagen.
Jonas: Meine Bronchien kreischten, als ob sie tagelang nur Schwefeldampf und Höllenfeuer eingeatmet hätten. Mein Kopf war zersprungen und falsch zusammengeleimt worden. Irgendwas hartes drückte Serpentinen in mein Kreuzbein, meine Hände, ich lag auf meinen gefesselten Händen, auch die Füße waren gefesselt, ich versuchte die Augenlieder aufzuwuchten. Hundert Jahre später hätte ich es geschafft. Jonas konnte sehen, und was sah Jonas, ein Stück grauen Himmel durch ein Loch im Dach, Trümmerwände, ein historisches Sprechfunk anno Vietnam, und Kinder, Kinder zwischen 6 und 14 in altmodischen Kampfanzügen, braun und olivgrün. Buschmesser im Gürtel, antike M16-Sturmgewehre unter dem Arm. Ein Junge mit einer goldenen Kokarde am grünen Barett stand neben mir und trat mich mit seinen Parastiefeln, immer wieder immer an die selbe Stelle.
Jonas: Hör auf. Das tut weh.
Dakota: Solls auch, Alter. Weißt du, wo du bist?
Jonas: Reservat.
Dakota: Kennst dich aus, Alter, wenn du’s genau wissen willst, du bist im Kommandobunker der Rambos, der einmaligen unbesiegbaren Rambos. Rararambo.
Rararambo Rararambo!
Jonas: Killerkids. Ihr habt mir gerade noch gefehlt.
Dakota: Dir wird gleich gar nichts mehr fehlen, Alter. Weißt du wer ich bin?
Jonas: Was spielen wir hier, Quiz für die Hausfrau?
Dakota: Werd nicht frech Alter. Ich bin der einmalige unbesiegbare Dakota, der Chief der einmaligen unbesiegbaren Rambos. Ra-Ra-Rambo.
Rararambo Rararambo!
Dakota: Weißt du was wir mit dir machen, Alter?
Jonas: Wie oft darf ich raten, dreimal?
Dakota: Easy Alter, wir löten dich auf ein Eisengitter und machen dir Feuer unter dem Hintern, und dann grillen wir dich, Alter, ganz langsam und ganz cool. Und wenn du zu laut quakst, gießen wir dir Benzin ins Maul, und halten ein Streichholz dran.
Jonas: Der dritte Weltkrieg, dachte Jonas, machte sich flach und robbte in eine Ecke, aber es waren bloß wieder Killerkids: eine neue Gang. Bunte Flickenkostüme und knallrote Hennahaare, und weil die Angreifer keine alten Sturmgewehre hatten, sondern moderne Laserstrahler, schafften sie die Rambos, sie brachten sie um, alle, bis auf den unbesiegbaren Dakota, den verschnürten sie zu einem Paket und legten ihn ab, zwecks späterer Freizeitgestaltung vermutlich, und dann entdeckten sie Jonas und holten ihre Chefin: ein etwa 12-jähriges Mädchen mit einem spitzen schwarzen Hut auf den roten Locken.
Anna Conda: Hey, du bist doch kein Rambo.
Jonas: Seh ich so aus, Schwester.
Anna: Weißt du, was du bist?
Jonas: Jetzt geht das Quiz wieder los.
Anna: Du bist Kriegsbeute. Kannst du Lösegeld zahlen?
Jonas: Wenn’s sein muß, 50 Euros könnte ich vielleicht.
Anna: 50 Euros, du tickst wohl nicht richtig. Schafft den Kerl raus und lasert ihn ab.
Jonas: Augenblick Schwester, wollen wir nicht noch mal in Ruhe darüber reden.
Anna: Zwecklos.
Jonas: Aber Schwester.
Anna: Ich bin keine Schwester, ich bin Anna Conda.
Jonas: Einmalig und unbesiegbar, angenehm, mehr oder weniger, ich bin Jonas.
Anna: Anna Conda die Matriarchin der ewig siegreichen Witches, we are the witches.
We are the Witches!
Anna: Wir haben alle geschlagen, die Paras, die Heavy Metals, die Juppies, die Contras, die Horrors, die Sadomasos und jetzt auch die Rambos. Wir sind die größten, uns gehört das Reservat.
Jonas: Und morgen die ganze Welt, gratuliere.
Anna: Jonas? Hast du gesagt, du heißt Jonas?
Jonas: Stimmt.
Anna: Nur Jonas?
Jonas: Stimmt auch.
Anna: Der letzte Detektiv?
Jonas: Und wieder genau ins Schwarze, Damen und Herren, wieder ein Volltreffer.
Anna: Red nicht so viel. Du hast also Zombie und seinen Laden hochgehen lassen vor zwei, drei Jahren. Dann bin ich dir was schuldig. Macht ihn los.
Jonas: Danke Anna. Würdest du mir einen Gefallen tun.
Anna: Vielleicht.
Jonas: Frag Dakota, wie er an Jonas gekommen ist.
Anna: OK, Jonas, kleine Fische.
Jonas: Dakota wollte nichts sagen, aber Anna Conda hatte ein paar gute Mittel gegen verbale Verstopfung. Ein bißchen laut, ein bißchen unsauber, aber sehr wirkungsvoll. Dakota packte aus: Jonas war ihm geliefert worden. Von ULTEX-Mitarbeitern in einem E-Laster nach Voranmeldung über das Funkgerät.
Dakota: Frankenstein, Frankenstein hat gefunkt, daß wir wieder einen kriegen, von ULTEX, und wir sollen ihn alle machen.
Jonas: Frankenstein, du meinst Mors von ULTEX.
Anna: Meint er nicht, Frankenstein war früher Chief der Rambos, vor Dakota, dann ist er weg, weil er zu alt war für ein Killerkid. Er ist raus aus dem Reservat, rüber zu euch. Und da ist er was geworden.
Jonas: Was?
Anna: Was wichtiges. Genauer weiß ich’s nicht.
Jonas: Vielleicht Dakota.
Dakota: Nein, nein, keine Ahnung, wirklich nicht, echt.
Anna: Frankenstein ist so eine Art Ehrenchief der Rambos. Deshalb arbeiten sie für ihn. Und weil er sie bezahlt.
Dakota: 1000 Euros jeden Monat.
Jonas: O nicht schlecht, und was mußt ihr dafür tun.
Dakota: Frankenstein sagt uns bescheid, über funk, und dann schickt er uns Typen zum killen.
Jonas: Zum Beispiel Jonas.
Dakota: Ja, oder die Tussi vor 4 Tagen, diese Reporterin.
Jonas: Zora Zeitgeist.
Dakota: Ja, Zeitgeist. Komischer Name.
Jonas: Was habt ihr mit ihr gemacht.
Dakota: Na was.
Jonas: Sie ist tot.
Dakota: Ja. Manchmal kommen auch bloß Leichen zum Wegschaffen, eine oder zwei, aber neulich war’s ein Riesenhaufen, ganzer Container voll, mehr als 20, und alle tierisch zerfleddert, total kaputt.
Jonas: Neulich. Wann?
Dakota: Weiß nicht.
Anna: Denk nach, Dakota, oder…
Dakota: Nein, nein, bitte nicht. Dezember, 1. Dezember 2011.
Jonas: Da war doch was. 1. Dezember 2011, Störfall bei BIO, den, den Zora Zeitgeist aufgedeckt hat. Seltsam. Was hast du mit Dakota vor, Anna?
Anna: Muß mir noch was einfallen lassen. Was ganz besonders.
Jonas: Heb ihn erst mal auf und das Funkgerät auch, ich hab eine Idee, wenn die Sache klappt und wenn du mir hilfst, dann verspreche ich dir ein gewaltiges Lösegeld, mehr als du dir vorstellen kannst.
Anna: Ich kann mir eine Menge vorstellen, Jonas. See you.
Jonas: Als ich die Bürotür aufmachte, fiel Volontär Justus vor Schreck fast vom Stuhl, von meinem Stuhl, anscheinend wollte er mal üben, wie ein richtiger Detektiv sitzt.
Justus: Chef, da sind Sie ja endlich, ich hab mir schon Sorgen gemacht.
Jonas: Nett von dir, Kleiner, warum bist du nicht nachgekommen, wie wir vereinbart hatten.
Justus: Bin ich doch, Chef, nach einer halben Stunde, ganz pünktlich, und da haben die mir gesagt, sie sind schon weg. Durch den Hinterausgang.
Jonas: So. Und das hast du geglaubt.
Justus: Was ist denn passiert, Chef.
Jonas: Och, nichts besonders, man hat nur versucht mich umzubringen.
Justus: Wirklich, Chef? Wer denn?
Jonas: Herr Mors von ULTEX und eine Horde rabiater Killerkids.
Justus: Um Gotteswillen, wie sind Sie denn da rausgekommen, Chef.
Jonas: Och, das erzähl ich dir mal später, Kleiner, zu deiner Belehrung und Auferbauung, jetzt hab ich keine Zeit. Ich bin nur gekommen um meinen Laser zu holen und Sam. Hast du ihn irgendwo gesehen, Kleiner, die drahtlose Taschenausgabe mein ich.
Sam: Hallo, hier bin, o Leuchte meines Daseins, im Schreibtisch rechts, o Trost meiner schlaflosen Nächte. Ach, neben der Whiskyflasche du Döskopp. Grüß Gott.
Jonas: Zwei Dinge braucht der Detektiv, Whisky und Sam. So, mach’s gut, Kleiner.
Justus: Wo gehen Sie hin, Chef.
Jonas: Zu ULTEX. Ich werde mir diesen Mors mal vorknöpfen.
Justus: Nehmen Sie mich nicht mit, Chef?
Jonas: Besser nicht, Kleiner, wenn du mir den Rücken deckst, muß ich gleichzeitig nach vorn und hinten kucken. Bleib schön zu Hause und halt die Stellung.
Sam: Ja, halt die Stellung.
Jonas: Diesmal war die ULTEX-Gruft so tot wie ihr Name. Gruftis und sterbegeile Damen waren ausgeflogen. Mors war noch da. Er lag in seinem Büro und sah nicht gut aus. Jemand hatte ein Teesieb aus ihm gemacht. Mit einem Laserstrahler. Sein Gesicht war verzerrt. Offenbar war er nicht leicht gestorben.
Sam: Erstaunlich, Herr Konsul, wo er doch so viel Übung im Sterben hatte. Hier liegt übrigens noch einer.
Jonas: Ein stark behaarter Gentleman mit riesigen Pranken. Das dürfte Siebzig sein. Siebzig, der wilde Würger.
Sam: Auch tot.
Jonas: Noch ganz warm, sein Boss auch. Das heißt
Sam: Die Herrschaften sind erst vor sehr kurzer Zeit ins Jenseits befördert worden. Das gibt einem Computer zu denken.
Jonas: Einem Detektiv auch. Wem gehört ULTEX, kannst du das feststellen.
Sam: Nichts leichter als diese euer Fragwürden. Firma ULTEX gehört der Freund Hein AG Babylon.
Jonas: Sagt mir nichts.
Sam: Nun warts doch ab du Hektiker. Freund Hein AG Babylon gehört der Thanatos Corp. New York, die Thanatos Corp. New York gehört der Thanatos Holding auf den Bahamas, eine sogenannte Briefkastenfirma, die Thanatos…
Jonas: Stop stop stop, das dauert mir zu lange, überspring die nächsten Stationen und sag mir gleich die letzte, den wirklichen Besitzer.
Sam: BIO.
Jonas: Was?
Sam: BIO Babylon. Surprise. Surprise.
Jonas: Ja und Nein, irgendwie hatte BIO die Neigung, ständig in meinem Fall aufzutauchen, unerwartet und überraschend, so überraschend wie die Nachricht von Zoras Ermordung. Wer immer dahinter steckte. Möglicherweise war an dem Störfall von damals mehr dran als Zora rausgekriegt hatte. Aber dazu konnte ich ja jemand ausfragen, einen Ex-Werkschützer und Augenzeugen.
Justus: Am 1. Dezember hatte ich Dienst, Chef. In der geheimen Produktionseinheit, wo BIO dieses Trichlorphenol für Merdistan macht. Ich war in der Steuerzentrale. Und plötzlich merke ich, wie der Aufseher am Pult nervös wird. Er kuckt immer wieder auf seine Monitore und Meßgeräte, dann springt er auf. Was ist los, sage ich, und er sagt: Der Autoklav spielt verrückt.
Jonas: Autoklav?
Sam: Ein in der chemischen Produktion verwendetes Großgefäß zum Erhitzen unter Druck, euer Unbeschlagenheit, eine Art Dampfkochtopf.
Jonas: Aha, mach weiter, Kleiner.
Justus: Der Druck ist viel zu hoch, sagt Samsa.
Jonas: Samsa?
Justus: Der Aufseher. Gregor Samsa heißt er. Die Temperatur ist auch zu hoch, sagt er. Und was das schlimmste ist: wir haben Austritt von TCDD.
Sam: Blutigen chemischen Laien bekannter als Sevesodioxin.
Justus: Ich muß abstellen, sagt Samsa, sonst wird ganz Bioland verseucht, und er rennt zum Schott, fünf Minuten später ist er wieder da, er kann gerade noch das Schott hinter sich verriegeln, dann bricht er zusammen. Ich hab inzwischen internen Alarm gegeben, die Sanitäter kommen und bringen Samsa ins Werkskrankenhaus, und soviel ich weiß, liegt er da heute noch. Mit Dioxinvergiftung und einer schweren Chlorakne.
Sam: Es lebe Herr Samsa, in Qualm und Brand hielt er das Steuer fest in der Hand, er hat uns gerettet, er trägt die Fahne, gedichtet von Sam frei nach Fontane.
Justus: Ein Held, das hat auch Frau Zeitgeist über Samsa geschrieben.
Jonas: Richtig, Zora. Wann war sie bei BIO?
Justus: Zwei Wochen später, Chef, um den 15. herum.
Jonas: Hmh, vor 4 Wochen. Hoffentlich ist die Spur noch nicht kalt, na das wird sich zeigen.
Justus: Sie wollen zu BIO, Chef.
Jonas: Du hast es erfaßt Kleiner.
Justus: Und wie wollen Sie reinkommen, heimlich in Verkleidung.
Jonas: Aber sicher Kleiner, als Supermann in Faschingsmaske und langen Unterhosen, du hast zuviel Fantasie, jeder kann sich in Bioland umkucken ganz offen für 10 Euros. Jonas wird Tourist, falls heute noch ein Sightseeing Bus fährt. Sam?
Sam: In genau 44 Minuten vom zentralen Busbahnhof.
Jonas: Dann müssen wir uns beeilen.
Justus: Und ich, Chef?
Jonas: Du kannst dich bei Bio nicht sehen lassen, Kleiner, dich haben sie gefeuert, dich kennen sie, du übst weiter Stellung halten.
Sam: Geduld, mein junger Freund, ist die wichtigste Eigenschaft des Detektivs, vermerke dir dies in deinem Poesiealbum zur dauernden Beherzigung.
Jonas: BIO hieß früher Chemoplast, aber vor etwa 20 Jahren hatte der Vorstand die Zeichen der Zeit erkannt, und den Konzern umbenannt. In BIO. Und nicht nur der Name wurde geändert, auch das Erscheinungsbild kriegte eine kosmetische Operation verpaßt: BIO wollte nichts zu tun haben mit lauten Fabrikhallen, stinkenden Schornsteinen, häßlichen Rohrleitungen. BIO stellte Bioland in die Gegend, auf einem Gelände im Südosten von Babylon, nicht weit von ULTEX und vom Reservat. Aber ganz ganz anders. Bioland ist eine Art Supergewächshaus. Ein künstliches Ökosystem elektronisch gesteuert, obendrüber eine gigantische Plexiglaskuppel mit Klimakonvertern und Deflektoren, darunter eine wunderschöne mitteleuropäische Landschaft, wie vor 100 Jahren, mit allem was dazu gehört, Wald und Feld, Wiesen und Gärten, ein Teich, ein Bauernhof, für die Verwaltung von BIO, ein Heuschober usw. Einen Teil der Produktion hat BIO ausgelagert, in die Dritte Welt. Was noch da ist, liegt unter Bioland, wo man es nicht sieht, nicht hört, nicht riecht, wo es nicht stört. BIOland ist berühmt, wer nach Babylon kommt, muß Bioland gesehen haben, BIO hat einen Sightseeing-Service aufgezogen, mit E-Bussen, die mehrmals am Tag fahren, unter sachkundiger Führung, so stand’s im Prospekt, den Jonas mit dem Ticket in die Hand gedrückt kriegte.
Führerin: Beachten Sie neben den landschaftlichen Schönheiten bitte auch die zahlreichen Vertreter einer mannigfaltigen Tierwelt in Wald und Flur, meine Herrschaften, das grasende Rind, das scheue Reh, die bunte Schar sangesfreudiger Vöglein. Simulationen, meine Herrschaften, das versteht sich, Holoprojektionen sowie geschickt verborgene Tonbänder, das gleiche Illusionssystem, wie im Ihnen zweifellos bekannten Romanticpark zu Babylon. Wir haben nunmehr die Waldlichtung erreicht, meine Herrschaften. Sehen Sie links zwischen den Bäumen den spitzzulaufenden Giebel mit dem Hirschgeweih, das ist das Forsthaus: der Sitz des Vorstandes von BIO, und rechts hinter der Taxushecke haben wir die Tannenklinik, das BIO-Werkskrankenhaus. An dieser Stelle legen wir einen kurzen Aufenthalt ein, meine Herrschaften, Sie können aussteigen und holographieren, wenn Sie wollen, aber bleiben Sie bitte zusammen und entfernen Sie sich nicht allzuweit von Ihrem Bus.
Jonas: Kann man sich die Häuser auch von innen ansehen?
Führerin: Bedauere mein Herr, das ist leider nicht möglich, haben Sie bitte Verständnis für diese kleine Einschränkung, die Insassen der Klinik sollen in Ruhe und Frieden Genesung finden, und auch der Vorstand, auf dessen Schultern die gewaltige Verantwortung für den gesamten Konzern ruht, hat ein Recht auf ungestörte Arbeit. In 5 Minuten geht es weiter, meine Herrschaften.
Jonas: Ohne mich, dachte Jonas, ganz zufällig und beiläufig wanderte ich immer tiefer in den Wald, Richtung Krankenhaus, nach 100 Metern stellte ich mich hinter einen dicken Baum und versuchte wie die naturgetreue Holoprojektion eines scheuen Rehs auszusehen. Offenbar war ich nicht überzeugend, plötzlich stand ein Typ in himmelblauer Uniform vor mir, unter seiner Jacke eine diskrete Beule, die verdächtig an einen Knockouter erinnerte.
Wachmann: BIO Werkschutz, mein Herr, Sie haben sich verlaufen.
Jonas: Iwo, Herr Wachtmeister, ich wollte mir nur ein bißchen die Beine vertreten.
Wachmann: Sie haben sich verlaufen, mein Herr. Ich bringe Sie zu ihrem Bus.
Jonas: Brauchen Sie nicht. Ich find schon allein zurecht.
Wachmann: Ich bringe Sie zu ihrem Bus, mein Herr. Folgen Sie mir.
Jonas: Der Ausflug nach Bioland war also eine Pleite gewesen, einerseits. Andererseits hatte ich viel gelernt, über Felder und Wälder, über Vögel und Viehzeug. Und ich wußte jetzt, wo das Biowerkskrankenhaus lag und wo der Vorstand unter der Last der Verantwortung fast zusammenbrach.
Justus: Was wollen Sie jetzt machen, Chef.
Jonas: Jetzt, Kleiner, gar nichts, es ist spät, Jonas geht schlafen und du gehst nach Hause.
Justus: Aber Chef, Sie wollen doch nicht aufgeben. Sie doch nicht. Jonas hakt nach, Jonas ist hartnäckig, Jonas ist stur.
Sam: Ja, da hat er recht, Meister, und wo er recht hat, hat er recht. Auch wenn er bloß ein Lehrling ist.
Justus: Volontär.
Sam: Naja, auch gut.
Jonas: Im Moment ist Jonas müde und sonst gar nichts, aber morgen Kleiner, morgen früh bist du wieder hier und dann machen wir ein Brainstorming, zu dritt wird uns schon was einfallen.
Sam: Hähä, Brainstorming zu dritt, lächerlich, der eine hat keins, beim zweiten ist nicht viel los damit und nur der dritte hat ein vollwertiges erstklassiges solches.
Jonas: Was meinst du Sammy.
Sam: Brain. Bregen. Hirn. Denkapparat.
Jonas: Jonas ging schlafen, aber nicht für lange, um 12 heulte der Wecker, Mitternacht Dr. Schweitzer, Jonas stand auf und packte zusammen, was er so brauchte: Guerillaanzug aus dem antarktischen Krieg, Sauerstofftank, Laser, Knockouter und Sam natürlich. Anna Conda wartete schon. Ich wußte, daß BIO Abfallstoffe ins benachbarte Reservat leitete, illegal, aber ich wußte nicht wie und wo. Das wußte Anna.
Anna: Am besten du nimmst das Rohr unter dem alten Funkturm gleich beim Kommandobunker der Rambos, bloß daß der jetzt den Witches gehört, weil’s die Rambos nicht mehr gibt.
Jonas: Aber das weiß draußen noch keiner. Wie geht’s meinem Freund Dakota?
Anna: Schlecht, ganz schlecht, ich hab ihm erzählt, was wir mit ihm machen.
Jonas: Aber erst später, Anna. Du weißt, was Dakota sagen soll, wenn er von Frankenstein angefunkt wird.
Anna: Logo Jonas, hör auf mich zu nerven, zieh deine Killerklamotten an und tauch ab.
Jonas: Was ist in dem Rohr?
Anna: Bißchen Wasser und irgendwelches Gift natürlich, aber nichts schlimmes.
Jonas: Der Anzug ist säurefest und chemiestabil, steht in der Gebrauchsanweisung, unterschreiben vom Kriegsminister, und ein Minister lügt nicht, oder?
Anna: Komm wieder, Jonas, du schuldest mir ein Lösegeld.
Jonas: Im schwachen Licht aus Bioland ragte die schiefe Spirale des Funkturms in den Nachthimmel wie das Skelett eines Krüppels in der Anatomie. Jonas warf einen Blick zurück, dann verschwand er in der Unterwelt, nicht zum ersten Mal, siehe Schmiergeld oder Spielwiese. Da mußte ich durch ganz andere Sachen kriechen. Trotzdem schaltete ich auch diesmal auf Eigenluft. Sicher war sicher. Was da, wo ich auftauchte produziert wurde, weiß ich nicht, ich blieb erst mal auf Sauerstoff und in Deckung, zwischen mir und der Oberwelt standen ein Aufseher und ein Werkschützer. Kein Problem. Wozu hatte ich den Knockouter. Draußen fühlte ich mich sicher im großen und ganzen. Der Anzug machte mich praktisch unsichtbar, außerdem wurde Jonas nicht erwartet. Nicht jetzt, erst morgen. Eine halbe Stunde und zwei zur Ruhe gelegte Werkschützer später war ich im Keller der Klinik. Wo der Datenspeicher stand, kein ganz taufrisches Modell.
Sam: Ein altes Hündchen ist das, euer Untertreibung, überholt und abgeschrieben.
Jonas: Typisch, beim Krankenhaus wird gespart. Ist das Ding gesichert?
Sam: Was soll schon heißen gesichert, klar da ist was, eine alte rostige Kette, bildlich gesprochen, die knackt Sammy mit links.
Jonas: OK Sammy, dann knack mal, und wenn du fertig bist, fragst du den Kollegen
Sam: Kollege? Ich bitt euch Herr, der Scherz ist gar zu grausam. Shakespeare.
Jonas: Halt uns nicht auf, Sam, frag ihn nach Samsa, Gregor Samsa.
Sam: Negativ. Kein Gregor Samsa. Kein Gregor, kein Samsa, oder auch weder Gregor noch Samsa.
Jonas: Kein Gregor Samsa am 1. Dezember 2011 eingeliefert?
Sam: Ganz und gar kein Gregor Samsa überhaupt jemals eingeliefert, du Weichei.
Jonas: Das gibt’s doch nicht, Sammy.
Sam: Gestatten euer Libden eine klitzekleine Korrektur: Den gibt es nicht, den Gregor Samsa, denn siehe und staune, auch im Biopersonalsystem ist eine Person diesen Namens nicht verzeichnet.
Jonas: Eine Unperson. Die Heldenlegende, die Zora Zeitgeist berichtet hat, stimmt also nicht, wahrscheinlich ist der ganze Störfall Schwindel. Aber warum hat Bio dann nicht dementiert. Was ist hier am 1. Dezember passiert, Sammy?
Sam: Zweierlei euer gestrengen: 1. Besuch einer Handelsdelegation aus Merdistan, welche sich, wie die in dieser Datei gespeicherten Verpflegungsliste ausweisen, vorzugsweise im Werkskrankenhaus aufgehalten hat. 2. an besagtem Tage verzeichnete besagtes Werkskrankenhaus einen unheimlich starken Abgang.
Jonas: Was soll denn das nun heißen?
Sam: Abgang du Birnekompott? Exitus, Tot, am 1.Dezember 2011 sind in dieser Klinik ungewöhnlich viele Menschen gestorben, präzise 22.
Jonas: Todesursache?
Sam: Nicht vermerkt. Übrigens sind die Betroffenen nicht wie sonst üblich einem Bestattungsinstitut überstellt, vielmehr so steht es geschrieben, zur endgültigen Beseitigung weitergereicht worden.
Jonas: Wohin?
Sam: Nicht vermerkt.
Jonas: Ins Reservat, zu Dakota und den Rambos, am 1. Dezember haben sie ein ganzen Container voller Leichen gekriegt, mehr als 20 hat Dakota gesagt, kaputt und tierisch zerfledert, von Frankenstein ihrem Ex und Ehrenchief der arbeitet als für BIO.
Sam: Hatten wir uns das nicht gleich gedacht, Kumpel.
Jonas: Aber jetzt wissen wir, Sammy. Und hinter der Sache steckt tatsächlich ein Störfall, ein Superstörfall mit 22 Toten. Da muß mehr in die Luft gegangen sein als ein ein wie heißt das Ding? Autoklav.
Sam: Bedaure zutiefst widersprechen zu müssen, eure Vorschnelligkeit. Alle 22 waren bereits längere Zeit vor dem 1. Dezember Insassen dieses Krankenhauses.
Jonas: Das heißt ein Unglück hier im Krankenhaus. Eine Katastrophe.
Sam: Mehr als nur dies, Brüder und Schwerstern, lasset uns noch einmal zurückkommen auf den bereits kurz angesprochenen Besuch der merdistanischen Delegation. Merdistan ist ein Staat, welcher wie wir wohl wissen, seit Jahrzehnten im Kriege liegt mit dem Nachbarland Marik, und wie wir ebenfalls wissen, setzt Merdistan in diesem Krieg massiv chemische Kampfstoffe ein. Nervengifte wie Taput und Soman, sogenannte V-Stoffe und Flurazetate, aber auch Psychogifte, etwa Lüsert und Benzülsäurederivate. Merdistan selbst ist nicht in der Lage, diese Stoffe zu produzieren. Woher es sie bezieht, ist nicht bekannt.
Jonas: Bis jetzt. Kein Störfall. Kein Unglück. Ein Test.
Sam: Hat man das unmöglich eliminiert, mein lieber Watson, so muß das, was übrig bleibt, und sei es auch noch so unwahrscheinlich, die Wahrheit sein.
Jonas: Wie komm ich in den Speicher, Sam, wir brauchen die Platten mit den relevanten Informationen. Wir holen sie raus, nehmen sie mit.
Sam: Und deponieren sie an geeigneter Stelle.
Jonas: Das hieß bei Anna Conda im Reservat, und als das erledigt war, legte sich Jonas für ein paar Stunden hin, bis es hell wurde, dann ging ich auf die Suche nach einem funktionierenden Fon. Das dauerte seine Zeit. Ich rief den Vorstand von Bio an, und wartete auf die große schwarze E-Limousine, die mich einsammelte und nach Bioland brachte, ins Forsthaus, in ein gemütliches Zimmer, mit Gehörn an den Wänden und Bildern von röhrenden Hirschen, mit einem Kamin und 3 Sesseln, 2 waren besetzt.
Roth: Frau Prof. Grin.
Grin: Herr Prof. Roth.
Jonas: Jonas, nur Jonas. Sie sind der Vorstand.
Grin: Wir beide. Sie haben die Platten bei sich?
Jonas: Sehe ich aus wie ein Hirnamputierter? Die Platten sind in Sicherheit und damit wir das gleich abklären, wenn ich mich nach einer Stunde nicht melde, werden die Daten vervielfältigt und an die Medien geschickt, an die Ökopolizei sowieso.
Roth: Sie blöffen, Herr Jonas.
Jonas: Wollen Sie’s riskieren?
Grin: Sie haben uns überrascht, Herr Jonas.
Roth: Auf Ihren nächtlichen Besuch waren wir nicht vorbereitet.
Grin: Die Dateien sollten erst heute umgestellt werden.
Jonas: Das können Sie sich jetzt sparen. Was schlagen Sie vor?
Roth: Das hat uns Frau Zeitgeist auch gefragt.
Grin: Vor gut 3 Wochen in diesem Raum.
Roth: Sie hatte ebenso gut recherchiert wie Sie, Herr Jonas.
Grin: Und Daten eruiert, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.
Jonas: Daß Sie ein Giftgas getestet haben für ihre Kunden in Merdistan, und daß Ihnen der Test aus dem Ruder gelaufen ist.
Roth: Sie irren, Herr Jonas.
Grin: Der Test ist durchaus nicht wie Sie sich ausdrücken aus dem Ruder gelaufen.
Roth: Er ist planmäßig durchgeführt worden, sein Ergebnis war erwartet und für alle Seiten höchst zufriedenstellend.
Grin: BIO hat nämlich ein neues Psychogift entwickelt auf der Basis von Benzülsäure oder BZ. Wie wir kurz sagen.
Roth: Sollten wir wirklich in die Details gehen, Frau Kollegin.
Grin: Warum denn nicht, Herr Kollege. Es handelt sich um eine Variation jene Ihnen bekannten Selbstmorddroge, die von der verstorbenen Professor Caligari vor etwa 3 Jahren durchgetestet wurde.
Jonas: Der Testmarktfall, ich weiß.
Roth: Unser Produkt, wir haben es intern Beserkerdroge getauft, führt bei den Betroffenen zu schrankenlosem Aggression- und Autoaggressionsverhalten.
Grin: Das heißt zu Mord und Selbstmord.
Jonas: 22 tierisch zerflederte Leichen.
Grin: Ein schlagender Beweis. Unsere Geschäftsfreunde aus Merdistan waren sehr beeindruckt.
Roth: Was übrigens Frau Zeitgeist betrifft, so zeigte sie sich vernünftigen Argumenten durchaus aufgeschlossen.
Grin: Wir konnten sie nicht aus dem Wege räumen, ihre Auftraggeber wären mißtrauisch geworden und hätten andere Investigatoren geschickt.
Roth: Also haben wir ihr die Informationen abgekauft.
Grin: Und weil sie ja irgendein plausibles Resultat vorweisen mußte, haben wir uns den falschen Störfall ausgedacht.
Roth: Glaubhaft und in Maßen schwerwiegend.
Grin: Insofern eine ideale Legende. Leider wurde Frau Zeitgeist zu gierig.
Roth: Sie konfrontierte uns mit neuen, sehr hohen Forderungen. Unklugerweise nach der Publikation ihrer angeblichen Untersuchungsergebnisse.
Grin: Wir hatten also freie Hand und konnten dafür sorgen, daß sie uns nicht mehr zur Last fiel.
Roth: Damit war die Angelegenheit ausgestanden.
Grin: Dachten wir, aber dann traten Sie in Erscheinung, Herr Jonas.
Roth: Wir könnten uns vorstellen, daß auch Sie ein offenes Ohr für vernünftige Argumente haben.
Jonas: Vielleicht. Wieviel.
Grin: In Anbetracht der Tatsache, daß es sich bei denen von Ihnen entwendeten Daten lediglich um Hinweise, nicht aber um Beweise handelt. 100.000 Euros.
Jonas: Sehe ich aus wie ein Kleinviehhalter.
Roth: 200.000.
Jonas: Wir einigten uns auf 1 Million. Eine schöne runde Summe, leicht zu merken, aber nicht so leicht zu übernehmen. Wir mußten einen Austausch arrangieren, nicht bei Jonas, nicht in Bioland.
Jonas: Auf neutralem Boden. An der Grenze zum Reservat. Sie kennen den alten Funkturm.
Roth: Selbstverständlich.
Jonas: Da treffen wir uns, in drei Stunden. Wäre Ihnen das recht.
Grin: Einverstanden.
Jonas: Sie kommen allein, das heißt zu zweit, ohne Werkschutz.
Roth: Und Sie, Herr Jonas.
Jonas: Ich bringe jemand mit, einen Detektiv in Spe, zwei gegen zwei, das ist nur fair.
Grin: Wir haben nichts dagegen, seien Sie pünktlich.
Jonas: Fünf Minuten vor der Zeit waren wir da. Der Funkturm sah immer noch aus wie ein verbogenes Gerippe. Wir warteten direkt neben dem Kommandobunker. Justus wirkte nervös, vielleicht der Lerneifer, und dann kam er auch schon über die Steine gestolpert, der doppelte Biovorstand, ohne Begleitung, Professor Roth trug einen Aktenkoffer.
Roth: Ihr Geld, Herr Jonas.
Jonas: Die Platten sind hier in der Tasche. Geben Sie den Koffer rüber.
Grin: Einen Augenblick, Herr Jonas, spielen Sie Bridge?
Jonas: Poker und auch das nur manchmal. Warum?
Roth: Weil die Zeit gekommen ist, die Karten auf den Tisch zu legen, alle Karten, auch den Trumpf, den wir bisher im Ärmel versteckt hielten.
Grin: Der junge Mann an Ihrer Seite, den sie als Justus kennen, gehört zu uns, zu Bio. Er ist unser Experte für Sonderaufgaben.
Roth: Nachdem er das Problem Zora Zeitgeist gelöst hat, blieb er noch für gewisse Zeit bei ihrem Partner Elmer, um jede nur mögliche unerfreuliche Erweiterung der Affäre im Keim zu ersticken.
Jonas: Und dann hat er sich an Jonas gehängt.
Justus: Jawohl Chef, ich bewundere Sie ja so Chef, ich will von Ihnen lernen, Chef, jetzt siehst du ganz schön alt aus, was Alter.
Jonas: Blas dich nicht auf, Kleiner, Jonas weiß längst Bescheid, daß du in Wirklichkeit Frankenstein heißt, daß du für Bio die Drecksarbeit machst, du warst nicht gut, Kleiner, du hast die naive Masche schwer übertrieben. Du hast mich zu ULTEX geschickt, du hast Mors umbringen lassen, damit ich ihn mir nicht vornehmen konnte. Und jetzt hast du deine Rambos herbestellt per Sprechfunk.
Grin: Sie sitzen in der Falle, Herr Jonas, in der Störfalle, wenn Sie uns das Wortspiel gestatten.
Justus: Rararambo Rararambo!
Jonas: Gut gebrüllt kleiner, hat nur leider kein Zweck, weil nämlich gar keine Rambos da sind. Alle in die Ewigen Jagdgründe eingegangen. Deine Funkkommandos sind an der falschen Adresse gelandet. Und jetzt ist Jonas dran mit ausspielen. Jonas hat auch einen Trumpf im Ärmel, aber ein höheren als Bio. Anna! Anna Conda!
Anna: Hände hoch. Du doch nicht, Jonas.
Jonas: Anna Conda war selig. Der Aktenkoffer war zwar leer, aber sie hatte Frankenstein, und die Aussicht auf ein gigantisches Lösegeld für Grin und Roth. Außerdem hatten beide etwas Bargeld in den Taschen.
Anna: 11000 12000 und ein bißchen Kleingeld willst du nicht auch was Jonas.
Jonas: OK, 2 Tage Arbeit, Spesen, sagen wir 300 Euros.
Sam: Oh, Sankt Jonas, der korrekte Schutzpatron aller Korinthenkacker.
Jonas: Noch ein Wort Sammy, und ich laß dich hier.
Anna: Bleib doch noch ein bißchen, Jonas, wir machen ein Fest, einen großen Hexensabbat mit Dakota und Frankenstein. Soll ich dir sagen, was wir mit ihnen machen.
Jonas: Besser nicht, Anna, ich möchte heut Nacht ruhig schlafen.
Anna: Eigentlich bist du ein ganz brauchbarer Typ, Jonas, aber weich, viel zu weich.
Jonas: Da mochte sie recht haben. Zuhause wartete Elmer, unten in der Eingangshalle. Ich sagte ihm, Zora sei tot. Ermordet von Bio.
Elmer: Ich hab’s ja gewußt, meine Zora. Anders konnten sie sie gar nicht zum schweigen bringen, weil sie so geradlinig war und so unbestechlich.
Jonas: Gradlinig wie ein Korkenzieher. Unbestechlich wie ein Baustadtrat. Aber das sagte ich nicht. Ich drehte mich um und stieg die Treppe hoch. In den 16. Stock. Der Lift war kaputt, wie meistens.
Sam: Ach ja, der Mensch vom Weibe geboren muß sich abfinden mit den Unzulänglichkeiten seines Dasein, er muß sich wie man so sagt, nach der Strecke decken, nein in die Ecke drecken, eine Zecke hecken.
Jonas: Nach der Decke strecken, Sammy.
Sam: Sag ich doch, du Kekskopf.
Das war Störfalle. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas spielte Bodo Primus, sein Supercomputer Sam war Peer Augustinski. Frau Prof. Grin: Ilse Zielstorff, Herr Prof. Roth: Helmut Stange, Justus, ein Detektivlehrling: Rene Heinersdorff, Anna Conda: Julia Fischer, Dakota: Ronnie Jarnoth. Außerdem wirkten mit: Ingeborg Schöner, Michael Lenz, Otto Stern und Jürgen Rehmann (Ursula van der Wielen, Reiner Kositz). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1989). Redaktion: Erwin Weigel und Christoph Lindenmeyer.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Schneewittchen
Jonas: Es war ein toter Tag, ein Tag, an dem die große Stadt Babylon so grau und so kalt wirkte wie ein krepierter Elefant. Ein Tag, an dem nichts passiert. Dachte ich. Das war ein Irrtum. Ich war in den Trödelladen gegangen, weil mir die alte Postkarte im Schaufenster aufgefallen war, eine Fotographie, 2D, schwarz weiß, altmodisch, so altmodisch wie Jonas. Ein kleiner Mann mit Hut, die Oberlippe schief hochgezogen, Revolver in der Hand, und über dem Mann, von links unten nach rechts oben, ein schwarzer Schriftzug.
Trödler: Eine Rarität, mein Herr, das authentische, handgeschriebene Autogramm des Schauspielers Humphrey Bogart, Mitte des vorigen Jahrhunderts, mehr als 60 Jahre alt.
Jonas: 65, genau, das ist ein Bild aus Big Sleep, 1946.
Trödler: Der Herr ist ein Bogie-Fan? Ich habe seit Jahren keinen mehr getroffen.
Jonas: Vielleicht bin ich der letzte.
Jonas: Der letzte Bogie-Fan. Und der letzte Privatdetektiv. Ein Relikt. Ein Rudiment. Ich fühlte mich fehl am Platz und überflüssig an diesem grauen Herbsttag des Jahres 2011. So überflüssig wie ein Schauspieler oder wie ein Trödler. Der Name ist übrigens Jonas. Nur Jonas. Darauf lege ich Wert.
Trödler: Wollen Sie die Karte erwerben, mein Herr?
Jonas: Wollen wollte ich schon, bloß können konnte ich nicht. 400 Euros sollte das gute Stück kosten. Viel zu viel für einen Detektiv ohne Auftrag. Ich legte die Karte zurück und ging aus dem Laden. Und dann passierte es. Ein graues E-Mobil tauchte aus dem Nichts auf, schob sich quer über den Gehweg und hielt direkt neben mir. Zwei grimmige Typen sprangen raus. Einer quetschte mich gegen die Mauer, der andere hielt mir einen Laserstrahler unter die Nase.
Quex: Gesicht zur Wand, Arme hoch, Beine auseinander, kein Wort, keine Bewegung.
Brock: Easy, Quex, Diensteifer ist was schönes, aber Sie sollten nicht übertreiben. Wir nehmen den Mann nicht fest, wir nehmen ihn bloß mit.
Jonas: Brock, sind Sie neuerdings unter die Straßenräuber gegangen?
Sam: Räuber? Alarm! Alarm! Tatü Tata! Tatü Tata! Hilfe! Polizei!
Jonas: Sei still Sam, das ist die Polizei. Kennst du denn Brock nicht mehr? Chefinspektor Brock von der Kripo, Rächer der Enterbten mit Pensionsberechtigung.
Jonas: Ein alter Freund, fast so alt wie Sam, der sich die nicht vorhandene Lunge aus dem Hals schrie, den er auch nicht hatte. Sam ist mein Computer. Er wohnt in meinem Büro und als drahtlose Miniextension in meiner Tasche. Wenn er nicht gerade brüllt wie am Spieß, redet er, in gewöhnlicher Lautstärke und manchmal ziemlich ungewöhnlichen Worten. Sam ist verbal überprogrammiert. Ansonsten hat er die Aufgabe, mir mit gutem Rat zu helfen, falls ihm etwas einfällt, falls nicht…
Sam: Unzureichende Daten, o du letzte Inkarnation des großen Philip Marlowe.
Brock: Steigen Sie ein, Jonas.
Jonas: Warum?
Brock: Weil ich es sage.
Jonas: Ach, und wohin fahren wir?
Brock: In die Zentrale. Da warten ein paar wichtige Leute, die mit Ihnen reden wollen.
Jonas: Ich wußte gar nicht, daß Jonas so einen Ruf als Konversationist hat.
Sam: Sag einfach Gesprächspartner, Partner.
Jonas: Du hältst den Rand, Sammy.
Brock: Sie sind ein lahmer Witzbold, Jonas, das ist der einzige Ruf, den Sie haben. Steigen Sie jetzt ein. Oder soll ich Wachtmeister Quex von der Leine lassen?
Quex: Ja, Chef?
Jonas: Zwei wichtige Leute warteten auf Jonas, in einem Büro im obersten Stockwerk der zentralen Sicherheitsverwaltung. Eine schöne Frau in schwarz und ein Mann, der nicht so schön war, auch nicht mehr neu, aber schick, ultraschick, von der handkolorierten Hawaikrawatte aus Naturleinen bis zu den Plateausohlen mit Franzen. Umwerfend. Den Mann kannte ich nicht, die Frau um so besser.
Judith: Sie bleiben, Brock.
Brock: OK, Frau Delgado.
Judith: Hallo, Jonas.
Jonas: Du siehst gut aus, Judith.
Judith: Was man von dir nicht sagen kann, deine neue Beziehung äh, Jolanda Nix, scheint dir nicht zu bekommen.
Jonas: Die Sicherheitsverwaltung weiß alles. Wer ist der letzte Schrei?
Judith: Bitte wer?
Jonas: Der Dressman, wie heißt er, was will er.
Judith: Vorsicht, Jonas, der Herr neben mir ist Sicherheitsdirektor Mustermann.
Jonas: Der Chef der DroPo? Den hab ich mir anders vorgestellt.
Mustermann: Sie hab ich mir auch anders vorgestellt, Herr Jonas, vor allem jünger. Sie sind doch mindestens 40.
Judith: Er ist 44, aber gut in Schuß für sein Alter.
Jonas: Sie mußte es wissen. Judith Delgado, Sicherheitsrätin, Hauptabteilungs-leiterin in der zentralen Sicherheitsverwaltung und zwei Jahre lang mit Jonas liiert. Bis sich herausstellte, daß sie auch im Privatleben Polizistin war, Polizistin mit Leib und Seele, ohne Rücksicht auf Verluste. Vor einem halben Jahr hatten wir uns getrennt auf dem Bohrschiff Ägir in der Straße von Dover, am 20. Mai 2011.
Jonas: Und jetzt hast du es nicht mehr ausgehalten, du hast Brock losgeschickt, um mich kidnappen zu lassen. Rührend.
Judith: Du bist doch immer noch der alte aufgeblasene arrogante…
Mustermann: Bitte, Frau Delgado, ich übernehme das weitere. Sie sind nicht gekidnappt worden, Herr Jonas, und schon gar nicht aus irgendwelchen obskuren privaten Motiven, wie Sie sie Frau Sicherheitsrätin Delgado anscheinend unterstellen. Wir, das heißt die zentrale Sicherheitsverwaltung und die Drogenpolizei, ja, und die Kripo natürlich, wir haben eine Einladung an Sie ausgesprochen, Herr Jonas, und Sie sind dieser unserer Einladung gefolgt, eine offizielle Einladung zu einer umfassenden Erörterung eines gewissen gravierenden Problems in offener sachlicher Atmosphäre mit dem Ziel, einer für beide Seiten nutzbringenden Kooperation, und insofern…
Jonas: Was Sie reden, Herr Mustermann, ist fast so schön wie das, was Sie anhaben, ich könnte Ihnen stundenlang zuhören, abends, vorm Einschlafen, aber jetzt hab ich keine Lust. Kommen Sie zur Sache, Sie wollen doch was von Jonas. Worum geht’s?
Mustermann: Kurz gesagt um Eritroxilum Novograntense.
Jonas: Ach was. Und was ist das, wenn’s vom hohen Stuhl runtersteigt.
Brock: Schnee, Jonas, Flakes, Stardes, Candy.
Jonas: Charlie. Coke. Koks. Kokain. Beliebt, begehrt, verboten, und eins von vielen Problemen der Drogenpolizei, bis es vor ein paar Monaten das Problem wurde. Plötzlich vervielfachte sich die Menge, die nach Europa rollte, es gab eine neue Connection. Auf unserer Seite Babylon und Babelshaven, am anderen Ende…
Mustermann: Costaguana. Ein lateinamerikanischer Staat, der Ihnen, Herr Jonas, nicht gänzlich unbekannt sein dürfte. Nach meinen Informationen sollen Sie dort gewisse einschlägige Erfahrungen gemacht haben.
Jonas: Einschlägig. Das treffende Wort. Sie hätten mich fast umgebracht in Costaguana und zu Ersatzteilen verarbeitet. Fall Schlachthaus vor 3 Jahren. Ich dachte gar nicht gern daran zurück. Erstens weil es eine besonders schlimme Geschichte gewesen war, und zweitens, wegen Judith.
Jonas: Damals bist du zur Sicherheitsverwaltung gegangen, Judith.
Judith: Und wir hatten den ersten großen Krach.
Mustermann: Frau Delgado, Herr Jonas, wenn Sie freundlicherweise ihre privaten Reminiszenzen abschließen und mich fortfahren lassen könnten.
Judith: Bitte.
Mustermann: Ich danke ihnen. Sehen Sie, Herr Jonas, der Dreh- und Angelpunkt unseres Problems liegt darin, daß uns der Importeur des Kokains durchaus bekannt ist. Es handelt sich um Senior, wie heißt er gleich?
Judith: Hugo Moreno devereo Iparedes.
Mustermann: Ja sehr richtig. Eine interessante Persönlichkeit, Herr Jonas, sein Vater ist der Innenminister von Costaguana, und außerdem einer der bedeutendsten Kokabarone der westlichen Hemisphäre, und er selbst ist zufällig der für Babylon zuständige Generalkonsul von Costaguana. Das bedeutet, uns sind die Hände gebunden.
Jonas: Diplomatische Immunität, meinen Sie, aber da läßt sich doch was machen. Sie gehen mit ihrem Material zum Außenministerium, und das schmeißt den Kerl raus, als unbeliebte Person oder wie das heißt.
Mustermann: Persona non Grata. Es ist unmöglich, Herr Jonas, es ist völlig unmöglich. Erklären Sie es ihm, Frau Delgado.
Judith: Zwei Gründe, Jonas. a) Wir sind mit Costaguana verbündet.
Mustermann: Eng verbündet. In der europäisch-amerikanischen Allianz.
Judith: b) und das ist der wichtigere Grund, wir sind auf Costaguana angewiesen. Warum, das solltest du am besten wissen, Jonas.
Jonas: Der schwarze Organmarkt.
Judith: Natürlich.
Jonas: Die Polizei nimmt Rücksicht auf illegale Aktivitäten.
Mustermann: Seien Sie doch nicht naiv, Herr Jonas, Sie wissen doch selbst, ohne Transplantationsmaterial aus weniger entwickelten Ländern würde die medizinische Versorgung unserer Bürger zusammenbrechen. Costaguana ist unsere wichtigste Bezugsquelle für Organe, die Lieferungen laufen über das hiesige Generalkonsulat. Und deshalb, Herr Jonas…
Jonas: Müssen sie Däumchen drehen und alle Augen zudrücken, wenn seine Exzellenz nicht nur mit Ersatzteilen dealt, sondern auch mit Kokain.
Mustermann: Lassen Sie mich so sagen, Herr Jonas, alle staatlichen Organe sind gehalten, keinesfalls etwas zu unternehmen, wodurch die guten Beziehungen Europas zu Costaguana auch nur atmosphärisch getrübt werden könnten.
Jonas: Soweit so klar. Aber warum erzählen Sie mir das alles?
Mustermann: Nun, Herr Jonas, unter dem Kennwort Schneewittchen hat die Zentrale Sicherheitsverwaltung einen Plan erstellt, einen Plan, Herr Jonas, dem ich wegen seines ungewöhnlichen ja unorthodoxen Ansatzpunktes wegen mich erst nach ausgiebiger Prüfung und mit erheblichen Bedenken zuzustimmen in der Lage sah. Da wir den Kokainimport nicht offiziell unterbinden können, haben wir vor, mit dieser Aufgabe eine quasi inoffizielle Person zu betrauen, eine Person, die nicht der Polizei angehört, eine Person, die über einschlägige Erfahrungen und Fähigkeiten verfügt.
Jonas: Alles klar, Herr Mustermann, den Rest ihrer schönen Rede können Sie sich sparen. Nein. Nein.
Jonas: Und noch mal nein. Jonas hat zwar was gegen Großdealer in Drogen, aber das heißt noch lange nicht, daß Jonas der Polizei die Dreckarbeit abnimmt. Jonas ist kein Killer.
Mustermann: Aber Herr Jonas, ich bitte Sie, davon kann überhaupt nicht die Rede sein. Sie sollen den Generalkonsul lediglich stoppen, ihn ausschalten, ihn dazu bringen, die Connection aufzugeben und Europa zu verlassen. Wie Sie das machen, ist Ihre Sache, setzen Sie den Mann unter Druck, drohen Sie ihm.
Brock: Brechen Sie ihm ein Bein.
Mustermann: Kurz, denken Sie sich was aus.
Jonas: Immer noch nein.
Mustermann: Selbstverständlich sind wir bereit, Ihnen ein äußerst großzügiges Honorar zukommen zu lassen.
Jonas: Nein.
Brock: Dumm von Ihnen, Jonas, wir können auch anders. Ihnen die Lizenz abnehmen zum Beispiel, oder wir sperren Sie ein und vergessen Sie in der Zelle. Grund wird sich schon finden. Wir machen Ihnen nur noch Ärger. Tag und Nacht. Darauf können Sie sich verlassen.
Jonas: Zuckerbrot und Peitsche, die bewährte alte Taktik. Mit mir nicht. Nein.
Judith: Geben Sie’s auf, meine Herren, Jonas ist stur, ich kenn ihn. Sie wissen, ich hatte von Anfang an Bedenken, ihn mit der Aufgabe zu betrauen, Sie hatten ja Einblick in sein Psychogramm, Herr Sicherheitsdirektor, emotional instabil, für kompliziertere Aktionen kaum geeignet. Ich will nicht bestreiten, daß Jonas ganz tüchtig ist auf seine Art, aber Unternehmen Schneewittchen dürfte für ihn doch ein paar Nummern zu groß sein.
Jonas: Meinst du, Judith?
Judith: Ja, ich weiß, du hältst dich für einen Supermann, für Humphrey Bogart und Philip Marlowe in einer Person, aber wer bist du denn schon, Jonas, nur Jonas, der letzte Detektiv.
Jonas: Und der beste. Ich übernehme den Auftrag, Herr Mustermann, und wissen Sie, warum? Weil sie was dagegen hat.
Judith: Das war’s, Herr Mustermann, wir haben ihn. Jonas hat Ja gesagt, und wenn Jonas ja gesagt hat, dann bleibt er dabei. Nicht wahr, Jonas?
Jonas: Du hast mich ausgetrickst, Judith. Das Honorar, Herr Mustermann, wieviel?
Mustermann: Soweit ich informiert bin, beläuft sich ihr üblicher Tarif auf 90 Euros pro Tag.
Jonas: 100 und Spesen, aber das können Sie gleich vergessen, dafür nicht.
Mustermann: Versteht sich, Herr Jonas, sagen wir pauschal 2000 Euros, aus unserem Sonderfond für freie Mitarbeiter. Sind Sie zufrieden?
Jonas: Wenn die Sache nicht zulange dauert.
Mustermann: Das liegt bei Ihnen, Herr Jonas, wir werden Ihnen selbstverständlich jede Hilfe zukommen lassen, die mit ihrem inoffiziellen Status vereinbar ist.
Jonas: Selbstverständlich, und wenn was schiefging, würden sie mich voll auflaufen lassen, offiziell und inoffiziell, aber für 2000 Euros konnte man schon was riskieren, besonders an einem toten grauen Tag, an dem sonst nichts passierte.
Mustermann: Wir werden Ihnen einen Mikromonitor implantieren lassen, Herr Jonas, damit wir über alle ihre Bewegungen im Bilde sind, Sie werden sich ständig in bestmöglicher Obhut befinden, denn ich, Herr Jonas, ich, Sicherheitsdirektor Kaspar Mustermann, werde persönlich Leitung und Koordination von Unternehmen Schneewittchen in die Hand nehmen.
Jonas: Da bin ich von Glück aber ganz außer mir, Herr Mustermann, haben Sie sich schon überlegt, wie ich am besten an diesen Hugo Moreno rankomme?
Mustermann: Wir stellen was auf die Beine, hier in Babylon.
Jonas: Nicht in Babelshafen?
Judith: Der Herr Generalkonsul hält sich nur selten in seiner Dienststelle auf, er hat andere Interessen.
Brock: Im Colloseum. Da ist er Stammgast.
Jonas: Ein Sportfan?
Judith: Ja, aber nicht im üblichen Sinn. Aus Tracktorturnieren und Rollerball macht er sich nichts. Er liebt es exklusiver. Rollstuhlrugby, Zwergenwerfen.
Brock: Und MC. Vor allem MC.
Jonas: MC. Mortal Combat. Kampf bis zum Tode. Im Colloseum von Babylon gibt’s alles. Rollerball für die Massen im großen Stadium, und in den Separees hochfeinen Mord und Totschlag für die Schicken und Reichen mit dem exquisiten Geschmack.
Wie gesagt, wir sind dabei, etwas zu arrangieren, Herr Jonas, eine Gelegenheit für Sie, mit Moreno Bekanntschaft zu schließen. Die Details erfahren Sie morgen.
Jonas: Wann morgen und wo?
Mustermann: Wir werden Sie zu finden wissen, Herr Jonas.
Jonas: Es war Judith, die mich am nächsten Vormittag fand, im Casablanca, in meiner Nische, vor meinem Whisky, mit meinen Gedanken.
Judith: Bist du allein, Jonas?
Jonas: Kein Stück, siehst du nicht, Sam ist hier. Sag Judith guten Tag, Sam.
Sam: Küß die Hand, schöne Frau, ihre Augen sind so blau.
Judith: Aber Sammy, das sind ja ganz ungewöhnte Töne, wann hast du denn deine große Liebe zu mir entdeckt?
Sam: Seit mein Lord nicht mehr auf Milady bezogen ist.
Judith: Brauchst du nicht mehr eifersüchtig zu sein, Sammy, ach, ich bin gerührt.
Jonas: Du bist doch nicht hier, um mit meinem Computer zu turteln, Judith, was ist mit Schneewittchen, seid ihr soweit?
Judith: Alles klar, Jonas, hör zu.
Jonas: Die Sicherheitsverwaltung hatte sich Mühe gegeben, es war kein schlechter Plan, bißchen kompliziert vielleicht und ziemlich riskant, aber nicht für Jonas, oder?
Judith: Laß es dir sagen, Jonas, das ganze Unternehmen ist gefährlich, viel gefährlicher, als du glaubst. Sei vorsichtig.
Jonas: Du machst dir Sorgen um mich?
Judith: Ich… ich könnte dir Zugang zu unserer geheimen Kontroll- und Kommando-linie verschaffen, über Sam.
Jonas: Jonas nimmt nichts geschenkt, Judith, von dir schon gar nicht. Was ist mit dem Monitor?
Judith: Hier.
Jonas: Ein Ring? Ich dachte, ihr wolltet mir was implantieren.
Judith: Nein, so ist es besser, Jonas, noch was, seit der Schlachthausgeschichte kennt man in Costaguana deinen Namen, du solltest ihn ändern, und Jonas, paß auf dich auf.
Jonas: Drei Stunden später, im Colloseum, griechisch-römische Sektion, eine kleine Arena, am Rand ein gemütliches Ambiente, ein paar Tische, ein paar Drinks, ein paar Sessel, ein paar Leute, ganz vorne auf dem besten Platz Hugo Moreno etc. etc. flankiert von einer kleinen Japanerin mit großer Sonnenbrille und von Jonas. In der Arena hackten zwei kurios kostümierte Kerle lustlos aufeinander ein.
Moreno: Caramba, was für ein müder Kampf, 10 Minuten und noch kein Tropfen Blut.
Jonas: Zum Einschlafen.
Moreno: Sie sagen es, Senior, unter allem Niveau.
Jonas: Der Typ mit dem Spieß und dem Netz ist wirklich außer Form.
Moreno: Der Retiarius? Viel zu fett. Und der Secutor hat noch Plattfüße.
Jonas: Kein Wunder. Die beiden waren keine echten Gladiatoren, sondern Freunde und Helfer in geheimer Mission. Genau um 2 Uhr hatten sie einen Sonderauftrag durchzuführen. Jetzt war es 1 Minute vor 2.
Moreno: Ich möchte wissen, wer diese zwei miesen Säcke eingekauft hat. Ausschuß. Für Provinz zu schlecht. Und das in Babylon. Sagen Sie selbst, Senior.
Jonas: Achtung! Plötzlich wurden die müden Krieger ausgesprochen munter. Sie hörten auf, sich zu beharken und stürmten auf meinen Nachbarn los. Es sah mörderisch aus, und das sollte es auch. Ich stellte mich vor Moreno. Es ging alles sehr schnell, der erste kriegte einen Tritt in den Bauch, einen Schlag gegen die rechte Hand, ließ Schwert und Schild fallen und verschwand durch eine Seitentür. Soweit alles programmgemäß. Ich drehte mich um und wollte mich um Pseudo-attentäter Nummer 2 kümmern, das war nicht mehr nötig, er lag am Boden, sein Hals war ein klaffender roter Schlitz von einem Ohr zum anderen, über ihm stand die kleine Japanerin, sie wischte ihre implantierten Rasiermesser ab, ehe sie sie unter die Fingernägel zurückschnappen ließ. Moreno hatte sich nicht vom Platz gerührt.
Moreno: Na bitte, ist ja doch noch ganz interessant geworden. Ich habe ihnen zu danken, Senior, obwohl ihr Eingreifen unnötig war, meine Ninja hätte beide erledigt, mit der linken Hand.
Jonas: Ninja?
Moreno: Ja, meine kleine menschliche Kampfmaschine, ich habe sie in Tokio gekauft, das beste, was derzeit in Punkto Bodyguard auf dem Markt ist. Danke, Seionara. So nenne ich sie. Symbolisch. Sie verstehen. Setz dich.
Ninja: Hei!
Moreno: Sie sollten sie mal im Duell mit einem Robokiller sehen, Senior, Suplik. Trinken Sie was mit mir. Bedienung. Wie heißen Sie?
Jonas: Jo… Jogi. Jodokus Jogi.
Moreno: Angenehm. Go Moreno derivera Iparedes.
Jonas: Spanier?
Moreno: Südamerikaner. Ich bin der Generalkonsul von Costaguana.
Jonas: Da muß ich wohl Exzellenz zu Ihnen sagen.
Die Herrschaften wünschen?
Moreno: Bitte keine Formalitäten, nennen Sie mich schlicht Senior Moreno.
Die Herrschaften wünschen?
Moreno: Was trinken Sie, Senior Jogy?
Jonas: Whisky, Scotch, kein Wasser, kein Soda, kein Eis.
Moreno: Cobalibre, und für sie da ein Peri. Erzählen Sie mir etwas über sich, Senior Jogy, wer sind Sie?
Jonas: Ich bin Exsöldner, sagte Jonas, das war nicht gelogen. Ich mache dies und jenes, alles mögliche, was sich bietet, und auch das stimmte mehr oder weniger.
Moreno: Ein Glücksritter. Saluti!
Jonas: Ihr Wohl, Senior Moreno, man sieht zu, wie man durchkommt.
Moreno: Und hält sich dabei, wie ich vermute, nicht immer streng an die Paragraphen kleinkarierter Gesetze, hab ich recht?
Jonas: Das kann ich mir nicht leisten, Senior Moreno, und ehrlich gesagt, das liegt mir auch nicht.
Moreno: Wissen Sie, Jogy, ich hätte vielleicht was für Sie, das heißt, wenn Sie frei sind.
Jonas: Ich hab im Moment nichts besonderes vor, Senior Moreno.
Moreno: Bueno. Trinken Sie aus und kommen Sie mit.
Jonas: Schneewittchen lief gut, besser als erwartet, fast ein bißchen zu gut. Jonas dachte an Judiths Warnung und nahm sich vor, ganz besonders vorsichtig zu sein.
Jonas: Morenos Privat-Helikopter brachte uns nach Babelshaven, zum Generalkonsulat, dachte ich, aber da dachte ich falsch, unser Ziel war der Hafen, genauer das Lagerhaus der Costaguana Ex- und Import, noch genauer, ein Büro, klein, bescheiden eingerichtet, aber elektronisch abgeschottet wie der Goldspeicher von Fort Knox, an der Innenwand ein Safe, eine mächtige Stahltür, ein dick verglastes Fenster, dahinter ein Kühlraum voll mit vereisten Containern.
Moreno: Organe, Yogi, menschliche Organe, Herzen, Lungen, Nieren, zentnerweise, für Ihren schwarzen Markt.
Jonas: Ich weiß, Senior Moreno.
Moreno: So, Sie wissen, ah. Aber alles wissen Sie nicht. Unser Kühlschiff, die El Dorado, bringt nämlich außer Ersatzteilen noch was nach Babelshaven. Seionara, mach den Safe auf.
Ninja: Hei.
Moreno: Was ist das, Jogi? Na?
Jonas: Sieht aus wie Zucker.
Moreno: Haha. Zucker. Haha.
Jonas: Aber es ist kein Zucker.
Moreno: Sehr gut.
Jonas: Schnee.
Moreno: Kokain. Laparika, wie wir in Costaguana sagen, Sie kennen sich aus, Yogi. Hätten Sie Lust, in Nartotrafico zu arbeiten?
Jonas: Er war voller Vertrauen und so offen wie das bekannte Scheunentor, aber Jonas war nicht der dazugehörige Ochse. Ich hatte mehr und mehr das Gefühl, hinter der Tür lauerte eine Überraschung. Keine angenehme.
Moreno: Treten Sie näher, Jogy, wenn Sie bei uns mitmachen wollen, müssen Sie sich überall gut auskennen, auch im Kühlraum.
Jonas: Ein andermal, Senior Moreno, wenn ich meinen Pelz dabei habe und eine Flasche Whisky.
Moreno: Ach zieren Sie sich nicht, mein lieber Yogi, oder soll ich sagen, mein lieber Jonas. Seiorana!
Ninja: Hei.
Jonas: Ich war sofort in Kampfstellung gegangen, aber gegen Morenos japanische Mörderbiene hatte ich keine Chance, nicht weil Sie besser war, weil ich lahmgelegt wurde, ein unerträglicher Schmerz explodierte plötzlich in meiner rechten Hand, schoß durch den ganzen Körper, Jonas fiel um, konnte kein Glied rühren, wußte ein paar Sekunden lang nicht, wie ihm geschah. Als ich wieder in und bei mir war, lag ich auf Eis, buchstäblich, die Tür war zugeschlagen und verschlossen, Moreno grinste durchs Fenster und drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage.
Moreno: Wie gefällt es Ihnen in Sibirien, Jonas? Minus 30 Grad. Nicht ein bißchen zu kalt für Sie, wo Sie doch Ihren Pelz nicht bei sich haben. Wie lange werden Sie es wohl aushalten? Schade, daß ich nicht bis zum bitteren Ende bei Ihnen sein kann. Ich muß nach Babylon, die Pflicht ruft, irgend so eine langweilige Ausstellungseröffnung im Haus der iberoamerikanischen Kultur. Äh, Sie entschuldigen mich. Seionara?
Ninja: Hei!
Moreno: Du wartest hier, bis er erfroren ist und kommst dann nach, mit dem kleinen Firmenhelikopter.
Ninja: Hei.
Jonas: Kennen Sie die Geschichte vom nackten Eskimo, der vor seinem Iglu stand und den Schlüssel verloren hatte? Jetzt konnte ich mir vorstellen, wie dem armen Schwein zumute war, aber bibbern und zähneklappernd brachte mich nicht weiter. Nachdenken hieß die Parole. Nachdenken, bevor die kleinen grauen Zellen ganz einfroren. Zum Glück hatte ich einen Denkpartner in der Tasche, einem, dem die Kälte nichts ausmachte.
Sam: Und somit, meine Damen und Herren, hochverehrte Festversammlung, hätten wir es mal wieder mal empirisch bestätigt gefunden, das biologische Hirn ist dem elektronischen hoffnungslos unterlegen. Jawoll. Aber dennoch und nichts desto trotz, bei Mamertus, Pankratius, Servatius und… da war doch noch was.
Jonas: Die kalte Sophie.
Sam: Die kalte Sophie. Na, von mir aus auch die. Bei allen Eisheiligen. Sam bibbert mit. Aus Solidarität. Jawoll. Bibber. Bibber. Bibber.
Jonas: Nett von dir, Sammy, aber tu’s, tu’s bitte leise, am besten nur im Geiste. Ich habe dich nicht zum bibbern angeschaltet, sondern zum Überlegen.
Sam: Denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Woraus Exzellenzen, Eminenzen und sonstige Honoratioren, woraus neuerlich erhellt.
Jonas: Jajaja, wenn ich hier erfriere, und das ist bald soweit, hast du dir schon mal überlegt, was dann aus dir wird? Du wirst verschrottet, du kommst auf den Müll oder noch schlimmer, du wirst umprogrammiert zum Helfershelfer von Verbrechern, zum Kriminellencomputer.
Sam: Igitt, Kumpel, du redest zu viel. An die Arbeit, Besen. Problem Nr. 1:
Jonas: Wie kommen wir hier raus.
Sam: Falsch. Merke: Nur wer die Vergangenheit bewältigt, wird die Zukunft meistern. Ein Tusch, Herr Kapellmeister. Ergo Frage. Was ist passiert? Mein Herr und Meister wurde außer Gefecht gesetzt, hinterlistigerweise.
Jonas: Durch einen starken Stromschlag.
Sam: Haha bzw. oho wie und wo wurde euer Leitfähigkeit besagter Schlag appliziert?
Jonas: Rechte Hand, Ringfinger. Ring? Der Ring, Sammy, der Monitor von der Sicherheitsverwaltung.
Sam: Ein Stromschlag durch den Monitor genau im passenden, will sagen unpassenden Moment. Hehe, ist es nicht komisch.
Jonas: Sagen wir merkwürdig, Sam, und weißt du, was ich auch merkwürdig finde, Moreno weiß, wer ich bin, man hat ihn informiert.
Sam: Kurios und extraordinär, Herr Aktuarius, so lasset uns grübeln, welch Schluß daraus zu ziehen…
Jonas: Draußen, Sammy, in der Wärme, und wie wir da hinkommen, darüber machst du dir Gedanken, dienstlicher Befehl, aller erste Priorität.
Sam: Yes Sir. Die Tür.
Jonas: Elektronisch verriegelt.
Sam: Na und kein Problem für Sam.
Jonas: Sag bloß, du kennst den Code.
Sam: Aber immer.
Jonas: Woher?
Sam: Ja, das ist nicht leicht zu erklären, sagen wir mal, da gibt es so einen netten kleinen Computer bei der Hafenverwaltung, man kennt sich flüchtig, steht auf Grüßfuß sozusagen.
Jonas: Sam, gib’s zu, du hast den Code von Judith.
Sam: Und wenn, einem geschenkten Code kuckt man nicht in die Diode. Hehe. Oder sonst wo hin.
Jonas: Da hast du auch wieder recht, also mach auf.
Sam: Gemach, Milord und zügelt euern Fürwitz, erinnert euch: der Türe andere Seite wird behütet.
Jonas: Richtig, die Ninja, dann muß Jonas wohl in die zweite Runde, ehrlicher Kampf Mann gegen Mann äh Frau.
Sam: Mann gegen Kampfmaschine, so sieht’s aus ganz abgesehen vom Handikap des blitzeschleudernden Monitors.
Jonas: Gut daß du mich erinnerst, Sammy, runter von dem Finger mit dem Ring.
Sam: Und abermals gemacht. Klar, Chef, bloß weg mit dem Dreck, aber nicht mit Schwung und großer Geste, nein, leise, langsam, vorsichtig, auf daß die draußen es nicht merke.
Jonas: Verstehe Sammy, du machst die Tür auf.
Sam: Mein Meister tritt herfür.
Jonas: Die Ninja greift an.
Sam: Und Jonas, der Listenreiche tut folgendes.
Jonas: Es klappte wie am Schnürchen. Seionara ließ ihren Laserstrahler im Gürtel stecken und fuhr die Messerchen aus, Jonas stöhnte auf, krümmte sich, fiel um, blieb liegen, aber als die Ninja sich über mich beugte, um mir nach allen Regeln der Kunst den Hals aufzuschlitzen, da war ich auf einmal wieder voll da. Ich zog ihr die Beine weg, noch im Stolpern fuhr sie die Fingermesser ein und griff zum Laser, das kostete Zeit, nicht viel, Sekundenbruchteile, aber die fehlten ihr. Ich drückte ihr die Daumen hinters Ohr, auch Ninjas haben Nerven, Seionara zuckte, dann war sie still. Ich nahm ihr den Laser weg.
Sam: Ist sie tot, die mandeläugige Schöne?
Jonas: Weiß ich nicht. Ist mir auch egal. Ab in den Kühlschrank. Sicher ist sicher. Seionara, Seionara.
Sam: Amateurin. Hätte sie gleich den Laser gezogen, wäre unser Trick mit dem vorgetäuschten Stromstoß mittels des nicht mehr am Finger befindlichen Ringes gewaltig ins Auge gegangen, na ja, oder in die Hose.
Jonas: Und ihr Chef, hätte der mich gleich umlegen und nicht erst in den Kühlraum sperren lassen.
Sam: Ein Amateur auch er, und mit so was müssen wir uns abgeben, wir, Sam und Jonas, zwei echte Profis, die direkt auf ihr Ziel losmarschieren, eiskalt, lupenrein geradewegs und Schulter an Schulter.
Jonas: Nicht ganz leicht, Sam, wenn du in meiner Hosentasche steckst.
Sam: Auf nach Babylon.
Jonas: Mit dem kleinen Firmenhelikopter.
Sam: Auf den Spuren seiner Exzellenz.
Jonas: Die Ausstellung bestand aus hunderten von kleinen runden Holzköpfen mit langen Nasen und abstehenden Ohren, in Glaskästen an den Wänden des Saals, in der Mitte viele Stühle und wenig Leute, der harte Kulturkern, der überall hingeht, davor ein Podium, darauf seine Exzellenz der Herr Generalkonsul von Costaguana mitten in seiner Eröffnungsrede, voll im rhetorischen Schwung, bis er einen unerwarteten Nachzügler in der Tür auftauchen sah.
Moreno: Was, meine Damen und Herren, sind sie denn wirklich, diese von den Indios meiner Heimat in mühseliger Handarbeit geschaffenen rustikalen Holzskulpturen, die ihrem europäischen Auge auf den ersten Blick exotisch, bizarr, ja krude erscheinen mögen, doch nichts anderes, meine Damen und Herren, als die künstlerisch tiefempfundene Spiegelung der Seele des costaguanesischen Volkes. Lassen Sie mich, bevor ich Ihnen die verborgenen Schönheiten der Exponate im Einzelnen erläutere…
Jonas: Senior Moreno!
Moreno: Äh, erläutere, ja, wie gesagt, lassen Sie mich meine Ausführungen beschließen, ich danke ihnen.
Jonas: Weg war er. Durch eine Hintertür neben dem Podium. Jonas natürlich hinterher. Ein schmales Treppenhaus. Morenos Schritte führten nicht nach oben zum Helikopterdeck, sie führten nach unten in den Keller. Seltsam. Und im Keller verschwanden sie in einem kleinen Raum, einem Raum mit kahlen Wänden und einer massiven Tür, die zufiel, gerade als ich auftauchte.
Sam: Wieder eine Runde für Senior Moreno. Well, never mind. Der Vogel, der zuletzt lacht, fängt den Wurm. Im tiefen Keller sitz ich hier…
Jonas: Ist das alles, was du beizutragen hast, Sammy, und wenn du schon singen mußt, dann bitte was anderes, was aus Orpheus zum Beispiel.
Sam: Befehlen Herr Generalmusikdirektor Gluck oder Monteverdi oder gar Offenbach? Und warum gerade Orpheus?
Jonas: Weil wir anscheinend wieder mal in der Unterwelt gelandet sind, weißt du noch, die Schmiergeldaffäre?
Sam: Ohohoh. Si tacuisses, setzen Schüler Jonas, klassische Bildung mangelhaft, falscher Mythos, nicht Orpheus in der Unterwelt, sondern, na…
Jonas: Jetzt sah ich das Zeichen über der Tür, drei schwarze Speichen im gelben Kreis, und ich wußte: Hier ging’s ins Labyrinth, in das weitläufige System von Schutzbunkern unter den besseren Vierteln von Babylon, wo Behörden und Firmenzentralen liegen, eine Anlage aus dem späten 20. Jahrhundert, aus der Zeit des kalten Kriegs und der Atomkraftwerke. Inzwischen war sie ein bißchen in Vergessenheit geraten, aber sie war noch gut in Schuß, intakt und voll funktionsfähig. Für alle Fälle. Sie könnte ja noch gebraucht werden, später, wenn wir mit unseren inneren Problemen fertig geworden sind, und wieder Zeit haben, an Krieg zu denken und wenn wir die große Katastrophe der Grauzone endgültig verdrängt haben. Zugänge zum Labyrinth gab es unter allen offiziellen und wichtigen Gebäuden, aber nicht für jeden und nicht ohne weiteres. Theseus brauchte einen Ariadnefaden.
Sam: Und hier, o du mein Heros und Halbgott, ist er auch schon, der Faden der Ariadne. Sein Name lautet Samuel. Oder kurz Sam.
Jonas: Du, Sammy, haha.
Sam: Was gibt’s denn da zu lachen?
Jonas: Weißt du, ich finde, das paßt: ewig lang und schrecklich dünn, wie der Fluß deiner Rede. Also dann spul dich auf oder was ein Faden so macht. Na los, Sam.
Sam: Sam ist beleidigt und gekränkt, ganz ganz tief. Verletzt. Verhöhnt. Verschimpft und verunglimpft. Geschmäht und geschändet. Sir, geben Sie Genugtuung.
Jonas: OK, Sammy, schick mir bei Gelegenheit einen Sekundanten, lange Säbel auf kurze Distanz oder wie auch immer, aber jetzt tust du deine Arbeit, die Tür hat ein Audioschloß und wir brauchen das richtige akustische Signal.
Sam: Codewort.
Jonas: Und das kennst du?
Sam: Kann sein.
Jonas: Von Judith.
Sam: Kann sein.
Jonas: Geh mir nicht auf die Nerven. Wie heißt das Sesam öffne dich?
Sam: Supergau.
Jonas: Hinter einer Luftschleuse eine kurze Treppe, die unten auf ein Rondell mündete, Durchmesser etwa 10 Meter, in alle Richtungen gingen Korridore wie Strahlen von einem Stern, sie waren knapp 2einhalb Meter hoch, sauber, hell, die Luft war gut, kaum abgestanden.
Sam: Zweiter Gang rechts.
Jonas: Bist du sicher, Sam, ich hör nichts.
Sam: Natürlich nicht. Erstens ist Moreno schon weit weg, zweitens hat er einen anderen Gang frequentiert, den vierten von rechts.
Jonas: Woher willst du das wissen?
Sam: Sensoren in den Wänden. Ihre Daten sind für Sam zugänglich und abrufbar.
Jonas: So, und warum gehen wir dann nicht auch in den 4. Gang rechts, direkt hinter dem Kerl her?
Sam: Weil wir erstens wissen, wohin er geht, und ihm zweitens zuvorzukommen wünschen.
Jonas: Jetzt versteh ich gar nichts mehr.
Sam: Kein Kommentar, zweiter Gang rechts.
Jonas: Von mir aus, Sam, aber warum gerade der und kein anderer?
Sam: Sam sagt es ganz langsam und deutlich zum Mitschreiben. In diesem Gang nach 100 Metern Nische in Wand, in Nische E-Velo, Jonas auf E-Velo, Jonas fährt. Taff Taff. Sam sagt Weg. Kapito? Moreno erreicht Ziel, aber Jonas haha… schon da.
Jonas: Hurra, aber verstehen tu ich immer noch nichts. Woher weißt du das alles, Sammy. Zum Beispiel, wo Moreno hin will. Apropos wo will er eigentlich hin?
Sam: Zum Gebäude der zentralen Sicherheitsverwaltung, und dort, o Wonne meiner Seele, wird sich der Knoten lösen und alles alles wird in hellstes Licht getaucht. Amen.
Jonas: 20 Minuten später waren wir unter der Sicherheitszentrale, sagte Sammy. Das gleiche Rondell, die gleichen Gänge, in einem verstaute ich das E-Velo, dann stieg ich die gleiche Treppe hoch, die gleiche abgeschottete Tür, das gleiche Codewort, erst auf der anderen Seite der Tür änderte sich die Landschaft. Ein großes graues Gewölbe, fragmentarisch erhellt durch antike Neonröhren, überall Staub, an der Wand ein Aktenschrank aus der guten alten Vorcomputerzeit, dahinter ließ Jonas sich nieder und wartete, nicht sehr lange.
Jonas: Boun Verino, Senior Moreno, oder wie der Swinegel sagte: Ick bin oll hier.
Moreno: Jonas?
Jonas: In Lebensgröße. Und mit einem Laser. Den hab ich übrigens ihrer Ninja abgenommen.
Moreno: Wie sind Sie aus dem Kühlraum gekommen und was haben Sie mit Seionara gemacht?
Moreno: Das spielt doch keine Rolle, lassen Sie die Vergangenheit ruhen, Senior Moreno, konzentrieren Sie sich auf die Gegenwart, und auf die Zukunft, falls Sie eine haben.
Moreno: Was wollen Sie von mir, Senior Jonas?
Jonas: Wie wär’s mit einem Zweikampf, bis zum Tode. Ehrlich. Fair. Mann gegen Mann, ohne Ninja.
Moreno: Senior Jonas, um Gotteswillen.
Jonas: Sie sind nicht einverstanden, Senior Moreno? Das ist aber sehr unsportlich. Sie sind doch Aficionado.
Moreno: Senior Jonas, ich weiß, Sie haben den Auftrag mich umzubringen. Tun Sie’s nicht. Ich bitte Sie. Ich gehe weg, zurück nach Costaguana, ich komme nie wieder nach Europa. Das versprech ich. Sie wissen ja gar nicht, was gespielt wird, Senior Jonas. Ich sag es ihnen. Ich sage ihnen, wer wirklich hinter der Kokainconnection steckt. Nicht abdrücken, Senior Jonas, bitte.
Jonas: Moreno kroch im Staub herum und Jonas stand über ihm, groß, überlegen, mit einem Laser und mit der Frage, was mache ich mit dem Kerl. Die Antwort wurde mir abgenommen durch Herrn Sicherheitsdirektor Mustermann, der plötzlich in der Kellertür auftauchte, auch mit einem Laser.
Mustermann: Das war, wie man so sagt, Rettung in letzter Sekunde.
Jonas: Rettung?
Mustermann: Moreno hat Sie doch bedroht oder nicht? Nun wie auch immer, jetzt ist er tot.
Jonas: Und kann nichts mehr sagen. Würden Sie Ihren Laser bitte nicht gerade auf mich.
Mustermann: Entschuldigen Sie, Herr Jonas, der Reflex eines alten Sicherheitsbeamten, und da wir gerade von Lasern sprechen, lassen Sie Ihren fallen. Los. Mein unverhoffter Auftritt auf der Bildfläche mag Ihnen ein wenig melodramatisch erscheinen, aber er war notwendig, um einen Versager zu eliminieren, nicht, um ihn am Reden zu hindern. Was Moreno ihn sagen wollte, ist Ihnen vermutlich ohnehin bekannt.
Jonas: Vermutlich. Sie haben Moreno informiert, Mustermann, über Unternehmen Schneewittchen und über Jonas. Sie haben mich ans Messer geliefert. Sie haben im richtigen Moment dafür gesorgt, daß ich mich nicht wehren konnte, durch Ihren Monitor. Sie haben die Leitung von Schneewittchen nur übernommen, um die Aktion in den Sand zu setzen.
Mustermann: Sehr richtig, Jonas, und warum habe ich alle dies schauderhaften Untaten begangen?
Jonas: Moreno hat Sie bezahlt, nehm ich an.
Mustermann: Oh nein, Jonas, da irren Sie sich, Moreno war mein Partner beim großen Deal, mein Alliierter, aber auch wenn Sie die letzten Hintergründe nicht kennen, mein lieber Jonas, so wissen Sie doch mehr, als für mich gut ist, deshalb kann ich Sie, das werden Sie verstehen, auf gar keinen Fall am Leben lassen. Man wird Ihre Leiche neben der von Moreno… Man wird annehmen, sie hätten sich gegenseitig getötet. Man wird mit Respekt von ihnen sprechen. Man wird sagen, er hat seinen Auftrag ausgeführt, und ist dabei gefallen. Ein Opfer der Pflicht.
Jonas: Alarmstufe eins, Sam, tu was.
Sam: Verzage nicht, o Herr und Gebieter, denn siehe, gleich sind sie da.
Jonas: Wer?
Sam: Wer? Die 7 Zwerge, du Waldschraz.
Jonas: Es waren nicht 7 Zwerge, es waren 3. Judith, Chefinspektor Brock und Wachtmeister Quex. Jonas atmete tief durch, und Mustermann war verwirrt. Aber nur einen ganz kurzen Augenblick, dann fühlte er sich wieder als Herr der Situation.
Mustermann: Was soll das heißen? Warum sind Sie nicht auf ihrem Posten.
Judith: Wir sind auf unserem Posten.
Brock: Wir haben Sie, Mustermann, wir haben Sie genau da, wo wir Sie haben wollten.
Judith: Wir wissen seit einiger Zeit, daß ein höherer Sicherheitsbeamter mit Moreno unter einer Decke stecken mußte.
Brock: Ein Maulwurf.
Judith: Und dieser Maulwurf konnten nur Sie sein, Mustermann, das wußten wir. Aber wir hatten keine Beweise.
Brock: Bis jetzt.
Judith: Bis wir Unternehmen Schneewittchen geplant und gegen ihren Widerstand durchgesetzt haben.
Brock: Jonas war unser Versuchskaninchen.
Judith: Wir standen mit ihm ohne sein Wissen in ständiger Verbindung, nicht über ihren Monitor, Mustermann, über Jonas Computer.
Sam: Auftrag ausgeführt, Spezialagent Sam meldet sich zurück von geheimer Mission.
Jonas: Verräter.
Sam: O, o wie das schmerzt, wo Sam doch stets nichts anderes im Sinne hatte, als seines Jonas Heil und Wohlergehen.
Judith: Unser Beweismaterial ist komplett, Sie sind überführt, Mustermann.
Brock: Leisten Sie keinen Widerstand, kommen Sie mit.
Mustermann: Ich denke nicht daran. Das ist auf ihrem Mist gewachsen, nicht wahr, Sicherheitsrätin Delgado, Sie wissen ja gar nicht, was Sie da angerichtet haben, Sie dumme Kuh, Sie haben sich in einen höchst komplexen politischen Vorgang eingemischt, in eine Materie von übergeordneter internationaler Bedeutung. Über Costaguana läuft die Finanzierung der gesamten Kontergeria in Mittel- und Südamerika. Milliarden, Frau Delgado, und wissen Sie, wo die herkommen, auch aus dem Organmarkt? Das würde nicht reichen, und offiziell können die Vereinigten Staaten von Europa auch nicht viel beisteuern, mangels Masse, obwohl wir politisch an der Sache natürlich größtes Interesse haben.
Judith: Also Kokain.
Mustermann: Ganz recht. Wie gesagt, eine Angelegenheit von extremer politischer Brisanz, und ich habe dabei die Belange unserer Regierung zu vertreten und für eine störungsfreie Durchführung des Kokainimportes geradezustehen.
Brock: Aber die Rauschgiftgesetze?
Judith: Und die Süchtigen? Die Kranken, die Toten?
Mustermann: Ach mein Gott, Sie wissen doch, wo gehobelt wird, da fallen, bedauerlicherweise, ist nicht zu ändern, die Politik hat Vorrang.
Judith: Und ihr Privatkonto in Costaguana. 20 Millionen Euros.
Mustermann: Eine Lappalie. Das fällt somit ab. Und außerdem geht Sie das nichts an. Die ganze Sache geht Sie nichts an.
Judith: Das sagen Sie. Sie können uns viel erzählen.
Mustermann: Fragen Sie nach. Sie, Frau Delgado, kommen Sie, Sie brauchen den Topsecret Code.
Jonas: Mustermann drückte Judith eine Plastikscheibe in die Hand, damit verschwand sie, nach 10 Minuten war sie wieder da, blaß und offensichtlich mitgenommen.
Judith: Es stimmt, Brock, Mustermann kriegt seine Anweisungen von ganz oben.
Brock: Sicherheitspräsident?
Judith: Viel höher.
Mustermann: Bitte. Da haben Sie’s. Fangen Sie schon mal an, sich auf das einzustellen, was jetzt auf Sie zukommt. Durch ihren unsinnigen Aktionismus haben Sie irreparablem politischen Schaden angerichtet. Sie haben mich genötigt, eines unserer bestgehüteten Staatsgeheimnisse preiszugeben. Für Sie, Frau Delgado, wird das schwerwiegende personelle Konsequenzen haben, und was die unteren Chargen betrifft, Chefinspektor Brock, den Wachtmeister, und diesen diesen Jonas, da gehen wir, denk ich am besten auf Nummer sicher.
Jonas: Wir vier waren uns einig. Keiner sagte ein Wort. Es gab nur Blickkontakte. Von Judith zu Brock, von Brock zu mir, von mir zu Quex. Ich stolperte plötzlich gegen Mustermann, schlug ihm dabei den Laser aus der Hand, und im gleichen Moment ging Quex Laser los.
Brock: Na sowas, Sie haben heute aber einen lockeren Zeigefinger, Quex.
Quex: Ich kann mir das auch nicht erklären, Herr Chefinspektor.
Brock: Und der arme Herr Mustermann stand direkt in der Schußlinie. Nichts mehr zu machen. Er ruhe in Frieden.
Judith: Bereiten Sie gleich eine Pressemitteilung vor, Chefinspektor, Sie wissen ja, durch einen tragischen Unglücksfall verstarb plötzlich und unerwartet der Leiter der Drogenpolizei, Sicherheitsdirektor Kaspar Mustermann, jäh herausgerissen aus einem beispielhaften Leben, das nur der Pflichterfüllung geweiht war, ein Opfer seines Berufes usw.
Brock: Und so weiter. Wird gemacht, Frau Delgado. Kommen Sie, Quex.
Judith: Du hast uns sehr geholfen, Jonas.
Jonas: Ich hab für euch die Kastanien aus dem Feuer geholt. Du hast mich manipuliert, Judith, schon wieder.
Judith: Es tut mir leid, daß du das so siehst, Jonas, auf jeden Fall danke ich dir. Durch Mustermanns Abtreten ist die Planstelle eines Sicherheitsdirektors freigeworden, und ich weiß, wer die kriegt.
Jonas: Gratuliere.
Judith: Ja dann, Jonas, mach’s gut. Ich werde dafür sorgen, daß dir das vereinbarte Honorar überwiesen wird.
Jonas: Ach, das nehm ich lieber gleich mit. Sicher ist sicher.
Judith: Wie du willst, Jonas, ich laß es durchgeben, du weißt ja, wo die Kasse ist.
Jonas: Der alte Kassencomputer im Erdgeschoß ließ sich Zeit. Vielleicht mußte er sich erst wieder an seine Arbeit gewöhnen. Wer läßt sich heutzutage schon sein Geld bar auszahlen.
Kassencomputer: 2000 Euro mein Herr, brutto. Nach Abzug von allgemeinen und speziellen Gebühren, Steuern, Zuschüssen zu Volksrente, Kranken und Pflege-versicherung, Abgaben und Spesen, verbleiben netto exakt 413 Euros und 1 Cent.
Jonas: Was?
Kassencomputer: Exakt 413 Euros und 1 Cent, mein Herr.
Jonas: Und 1 Cent. Den könnt ihr behalten. Jonas spendet ihn für notleidende höhere Sicherheitsbeamte.
Kassencomputer: Vielen Dank, mein Herr. Bitte mein Herr, ihre 413 Euros.
Jonas: Ich nahm sie und machte mich auf die Socken, erstens weil ich rauswollte aus der Sicherheitszentrale, und zweitens, weil ich eine Verabredung hatte. Mit Humphrey Bogart. Vielleicht war die Postkarte noch zu haben.
Das war Schneewittchen. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas spielte Bodo Primus, sein Super-computer Sam war Peer Augustinski. Judith Delgado: Karin Anselm. Sicherheits-direktor Mustermann: Karl Michael Vogler. Außerdem wirkten mit: Claudius Zimmermann, Edwin Marian, Volker Spahr und Jürgen Rehmann (Alexander Malachovsky, Julia Fischer). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1989). Redaktion Erwin Weigel und Christoph Lindenmeyer.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Supernova
Jonas: Es war Montag, der 12. September 2011. Das Datum habe ich mir gemerkt. Man kriegt ja nicht jeden Tag einen Brief von einer Leiche. Montagmorgen. Zeit, die Wochenpost aus der Box zu holen. Den Weg hätte ich mir sparen können, dachte ich, als ich wieder zu Hause war. Das Übliche: Werbung, 2-D, 3-D, holographisch, eine Mahnung der Girozentrale, endlich mein Konto aufzufüllen, widrigenfalls und so weiter. Das übliche.
Jonas: Papierkorb.
Sam: O bitte, Exzellenz, nicht Papierkorb. Eine veraltete Vokabel. Altmodisch, abgestanden, altbacken, antiquiert, ach, der moderne Mensch benutzt einen Shredder, und drückt sich entsprechend aus.
Jonas: OK, Sammy, schmeißen wir das Zeug halt in den Shredder.
Sam: Könnte eure drognodetische Zurückgebliebenheit doch endlich endlich der Tatsache Rechnung tragen, daß wir uns im 21. Jahrhundert befinden und nicht mehr.
Jonas: Sei mal einen Moment still, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: Hier ist noch was. Ein persönlicher Brief an Jonas. Vorgestern abgestempelt in Babylon.
Sam: Von wannen wart euch diese Botschaft?
Jonas: Kein Absender drauf, nur die Adresse. Handschriftlich.
Sam: Handschriftlich. Altmodisch, abgestanden.
Jonas: Altbacken, antiquiert, du sagst es, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: Was könnte das sein?
Sam: Dies zu eruieren hat ein genialer Kopf eine todsichere Methode erfunden. Aufmachen.
Jonas: Was würde ich ohne Sam anfangen. In einer Flut ungeöffneter Briefe ertrinken vermutlich. Mich weniger ärgern und ihn vermissen. Jonas braucht einen Computer, einen schnellen, schlauen, scharfsinnigen Computer. Sam ist schnell, schlau und scharfsinnig, außerdem überdreht, geschwätzig und irre, irreparabel irre. Es gibt viele Computer, aber nur einen Sam.
Sam: Es zeugte schon immer von besonderem Geschmack, einen besonderen Computer zu besitzen. Ach ja. Was steht in dem Brief?
Jonas: Unsinn, Sammy. Off 20, 13. Marmota (2-11 04). Was soll das.
Sam: Eieieieieieiei, Marmota, eure linguistische Minderbemitteltheit, ist die spanische Vokabel für ein gewisses possierliches Pelztierlein, welches im Gebirge haust und sich mit seinen Artgenossen durch Pfeiftöne zu verständigen pflegt. Kurz.
Jonas: Murmeltier.
Sam: Ja.
Jonas: Ich weiß, Sammy, schließlich hab ich ihn selbst so genannt, damals im antarktischen Krieg.
Sam: Ihn? Wen?
Jonas: Lobo. Seargent Ramon Lobo, vom neunten Guerilla-Kommando, von der berühmten Einheit, die kurz vor Kriegsende vernichtet wurde von Robokillern auf Feuerland. Es gab nur zwei Überlebende. Jonas, schwer verwundet und Lobo. Der hatte etwas abseits unter einer Tarndecke gelegen und den Kampf verschlafen. Sagte er später. Und Jonas sagte, als er das hörte: Du bist kein Wolf, Lobo, du bist ein Murmeltier, Marmota. Lobo heißt Wolf. Nach dem Krieg ging er zur Europäischen Raumbehörde EURAB und wurde Astronaut.
Sam: Hätten Herr Militärhistoriograph wohl die unendlich große Güte, das präzise Datum jener ruchlosen Robokillerattacke dem atemlos harrendem Volke, sprich seinem getreuen Sam kundzutun.
Jonas: Sicher, Sammy. Das war im Herbst 2004, November. 2. November 2004.
Sam: 2.11.04 oder auch 2-11-04. Na fällt der Groschen du geistige Armenkasse?
Jonas: 2-11-04. Das steht im Brief.
Sam: In Klammern. Hinter dem Wort Marmota, welche Tatsache, meine Damen und Herren Geschworenen nur einen Schluß zuläßt, glasklar und messerscharf. Besagter Brief bezieht sich auf Ramon Lobo, Ex-Sergeant und weiland Mitstreiter meines Meisters.
Jonas: Kein Mensch kennt die alte Lobo-Marmota-Geschichte, nur er und ich, ich habe sie nicht weitererzählt und Lobo sicher auch nicht. Und da ich den Brief nicht geschrieben habe
Sam: War es Lobo. Logisch.
Jonas: Aber falsch. Lobo kann den Brief nicht geschrieben haben. Lobo ist tot.
Sam: Siehe die Offenbarung des Johannes, die da auch genannt wird Apokalypse 20. Kapitel, Vers 13.
Jonas: Bitte was?
Sam: Kurz Off 20,13.
Jonas: Aha, und was steht da, Sammy?
Sam: Und das Meer gab die Toten, die darin waren und der Tod und die Hölle gaben die Toten, die darin waren und sie wurden gerichtet ein jeglicher nach seinen Werken. Amen.
Jonas: Und das Meer gab die Toten.
Sam: Ist eure sklerotische Vergeßlichkeit denn auch sicher, daß er tot ist, dieser Lobo Marmota, dieser Murmelohohowolf.
Jonas: Ganz sicher. Schließlich hatte ich mit eigenen Augen gesehen, wie er starb, vor 2 Wochen, auf dem Holoschirm, beim Start der Europäischen Raumfähre Supernova.
Reporter: Da steigt sie auf, auf in den tiefblauen tropischen Himmel über Cape Crocodil, Queensland, schlank und rank wie ein Pfeil und doch größer, gewichtiger als die gute alte Nova, die sich ihre Pensionierung weiß Gott redlich verdient hat, nach 22 Ausflügen ins All, und mit einer viel wertvolleren Ladung als ihre Vorgängerin je aufzuweisen hatte: 5 Kommunikationssatelliten, wichtige Bauteile der neuen Orbitalstation und last not least die Blüte europäischer Bildung und Tatkraft in Gestalt der 4 Astronautinnen und Astronauten, wir alle kennen ihre Namen, angefangen mit dem Kommandanten Oberleutnant Ramon Lobo… was war das? Da ist etwas geschehen, meine Damen und Herren, die Trägerrakete scheint zu schlingern, Rauch, eine Flamme am linken Treibstofftank, immer mehr Rauch, ein Brand, mein Gott, o mein Gott, eine eine Explosion, alles ist explodiert, Trägerrakete, Tanks und die Supernova mit ihrer wertvollen Ladung, mit ihren 4 Astronauten, eine eine Katastrophe, eine entsetzliche Katastrophe, was soeben noch als stolzes technologisches Wunderwerk in die Höhe strebte, hat sich aufgelöst in Fragmente, winzige Bruchstücke, die ins Korallenmeer stürzen. Wie vor einem viertel Jahrhundert bei der Challengerkatastrophe, vielleicht wissen Sie es, meine Damen und Herren, wenn Sie sich für die Geschichte der Raumfahrt interessieren, wie damals hat auch jetzt wieder die Tücke des Objekts, der grausame Zufall menschlichem Fortschrittsdrang ein donnerndes unerbittliches Halt zugerufen. Verneigen wir uns in Ehrfurcht…
Jonas: Und so weiter blabla. Jonas verneigte sich nicht. Jonas mixte sich einen Punto Arenas, in Erinnerung an alte Zeiten, in Erinnerung an Lobo. Auch wenn wir nicht gerade Freunde gewesen waren.
Sam: Man nehme 1/5 argentinischen Matetee, 4/5 chemischen Brandy, dazu ein Schuß Wasser.
Lobo: Wasser? Niemals. Feuerwasser. Ein Schuß Feuerwasser aus Feuerland, das ganze kurz durchschütteln und dann runter, du sollest deine Tür abschließen, Jonas alter Kriegskamerad.
Jonas: Lobo!
Lobo: Ja klar Lobo, hey Jonas, bist ja ganz käsig um die Nase alter Kriegskamerad. Wo steht der Whisky.
Jonas: Schreibtisch, rechte Klappe.
Lobo: Deshalb hab ich dir doch den Brief geschickt, damit du keinen Schock kriegst, wenn du mich siehst. Oberleutnant Ramon Lobo, Astronaut, heroisch gefallen auf dem Felde des Fortschritts. Na also. Einen für den toten Lobo und einen für Jonas. Auf die gute alte Zeit. Also Jonas, alter Kriegskamerad, das wichtigste zuerst. Ich lebe noch.
Jonas: Offensichtlich. Und was willst du?
Lobo: Tja, was will ich. Sagen wir mal so, wir sind Freunde, Jonas.
Jonas: Nein.
Lobo: Nicht?
Jonas: Nein. Du hast einmal in deinem Leben zu fest geschlafen, Lobo.
Lobo: Das geschieht mir recht, was mußte ich dir auch diesen blöden Brief schreiben und die alte Geschichte wieder aufrühren. Also keine Freunde, Jonas, alter Kamerad. Feinde?
Jonas: Bis jetzt nicht, Lobo, aber wenn du noch einmal Kamerad zu mir sagst, schmeiß ich dich raus.
Lobo: OK, Jonas, alte Kame… alter Knabe. Reg dich ab. Kein Freund, kein Feind, Kamerad auch nicht, aber Detektiv bist du doch, oder?
Jonas: Ich sollte mich vorstellen. Besser spät als nie. Jonas, nur Jonas, Privatdetektiv. Der letzte. Wenigstens in Babylon der großen Stadt. Der letzte Detektiv und der letzte freie Mensch. Frei von fester Anstellung, frei von regelmäßigem Einkommen, die Volksrente nicht gerechnet, und auch noch stolz darauf. Fragen Sie mich nicht warum.
Lobo: Na bitte, Jonas, alter Knabe, das ist doch was, eine gemeinsame Basis. Wir werden wunderbar zusammenarbeiten.
Jonas: Meinst du nicht, Lobo, du solltest mir allmählich mal verraten, was du von mir willst?
Lobo: Aber klar, Jonas, ich werd’s dir sagen, ganz genau. Zuerst bringst du mich ein paar Tage unter, hier bei dir, ein Palast ist es zwar nicht, aber mein Gott, ich bin nicht gerade verwöhnt. Im Raumschiff ist es auch nicht gerade üppig. Niemand darf wissen, wo ich bin, du sagst es keinem Menschen, Jonas alter Knabe und du läßt auch keinen Menschen in dein Apartment.
Jonas: Sonst noch einen Wunsch der Herr.
Lobo: Eine Kleinigkeit, alter Knabe, wir setzen uns zusammen und überlegen, wie wir mit meiner Story so an die Öffentlichkeit gehen, daß mir nichts passieren kann.
Jonas: Deine Story hat was mit Supernova zu tun, nehme ich an.
Lobo: Ja was denn sonst alter Knabe.
Jonas: Daß die Raumfähre vor zwei Wochen explodiert ist wie na wie eine Supernova, das war also kein Unfall.
Lobo: Kluges Kind, ein echter Schnellmerker, warst du schon damals auf Feuerland. Natürlich war es kein Unfall, sonst wäre ich ja wohl nicht hier, quietschvergnügt und munter, na munter sollte ich eigentlich nicht sagen. Immerhin sind drei Kollegen umgekommen.
Jonas: Mord.
Lobo: Und Betrug, Jonas alter Knabe, Megasuperriesenbetrug.
Jonas: Wer steckt dahinter? EURAB?
Lobo: Natürlich EURAB.
Jonas: Und warum?
Lobo: Warum? Na stell dich nicht so naiv. Mäuse, Kies, Knete, Piepen, Moos, Peseten, Dollars, Euros. Du erinnerst dich an Challenger, wann war das, 1986. Das hat EURAB auf die Idee gebracht. Nach dem Unfall damals hat der Staat der NASA unheimlich was reingeschoben, so eine Art Trotzreaktion, weißt du, jetzt erst recht. Und EURAB geht es nicht gerade blendend, könnte eine Finanzspritze gut gebrauchen, genauer gesagt zwei Finanzspritzen: Erst mal zusätzliche Staatsknete und dann
Jonas: Die Ladung.
Lobo: Du hast es erfaßt, Jonas alter Knabe. Offiziell Satelliten und Orbitalstationen, entsprechend hoch versichert, in Wirklichkeit bloß Schrott. Ja so sieht’s aus, Jonas alter Knabe.
Jonas: Warum gehst du nicht zur Polizei?
Lobo: Um Gotteswillen, bloß das nicht, ich weiß ja nicht, wer noch alles drinsteckt. Bei so viel Geld. Es geht um Milliarden, Jonas alter Knabe, Milliarden. Und deshalb gehe ich erst mal auf Tauchstation.
Jonas: Hört sich interessant an deine Story, hast du auch so was wie Beweise?
Lobo: Beweise, die gibt’s, Jonas alter Knabe. Bei EURAB. Natürlich nicht im Datenspeicher. Die Sachen sind gar nicht durch den Computer gelaufen. EURAB ist schlau. Top Secret Material ist nur handschriftlich vorhanden, im Keller, in der alten Kartei. Und du wirst sie da ausgraben, die Beweise.
Jonas: Ach ja, und was hab ich davon?
Lobo: Du wirst die Wahrheit ans Licht bringen, Jonas alter Knabe, der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen etc. etc. Honorar ist sicher auch drin.
Jonas: Wer zahlt das. Du?
Lobo: Vielleicht, wenn ich die ganze Kiste an die Medien verkauft habe. Oder die Versicherung. Mach dir keine Sorgen, Jonas, du kriegst schon dein Geld.
Jonas: Sag mal Lobo, wieso lebst du eigentlich noch.
Lobo: Über Einzelheiten reden wir später, in Ruhe. OK, Jonas alter Knabe? Kann ich bei dir unterkriechen?
Jonas: Ich sagte ja. Nicht wegen der alten Zeiten. Der Fall interessierte mich. Ein getürkter Raumfahrtunfall mit Mord und sonstigen Komplikationen. Dafür läßt sich ein Detektiv sogar mit einem Widerling wie Lobo ein.
Lobo: Na wunderbar Jonas alter Knabe, am besten gehst du gleich los und holst Proviant für ein paar Tage. Nicht bei deiner üblichen Quelle. Nur kein Aufsehen.
Jonas: Soll ich dir meinen Taschencomputer hierlassen zur Gesellschaft.
Sam: O bitte nicht Hoheit, das Wesen des Gentleman konveniert mir nicht.
Lobo: Na, nicht nötig, ich mach mir nichts aus quakenden Blechbüchsen.
Sam: Unerhört, nehmen Sie das eventuell zurück?
Jonas: Sei still, Sam. Hier ist der Schlüssel, Lobo, schließ hinter mir ab und mach nur auf, wenn ich mich melde.
Lobo: Alles klar und vergiß nicht Whisky mitzubringen.
Jonas: Die Flasche ist noch so gut wie voll.
Lobo: Aber nicht mehr lange, Jonas alter Knaben. Prost.
Sam: Prost.
Jonas: Als ich nach einer Stunde zurückkam, war die Tür offen. Das machte mich stutzig. Und noch stutziger machte mich, was ich in meinem Büroapartment vorfand. Einen kaputten Klapptisch, Scherben, Kratzer auf dem Boden, einen dunkelroten Fleck und keinen Lobo.
Sam: Höchst verdächtig mein lieber Watson, was schlagen Sie vor?
Jonas: Wir bleiben dran, Sammy, wir gehen dieser Sache nach.
Sam: Wegen dieses Lobo?
Jonas: Zum Teil, Sammy, immerhin ist Lobo zu mir gekommen als Klient.
Sam: Daß ich nicht kichere. Nicht mal bezahlt hat er.
Jonas: Egal, ich bin es ihm schuldig, außerdem will ich wissen, was an seiner Geschichte dran ist. Andererseits ein zahlender Klient zusätzlich wäre nicht schlecht. Weißt du woran ich denke, Sammy.
Sam: Klar Kumpel, die Versicherung.
Jonas: Richtig. Welche Gesellschaft hat Supernova versichert?
Sam: Die Vereinigte Kosmos, die größte und beste im Universum, behauptet sie. Firmenmotto: Sicher ist sicher, sagte der Bauer und streute sich Zucker auf den Sirup.
Jonas: Was?
Sam: Ein uralter Spruch, euer Denk- und Merkwürden. Aus dem Schatzkästlein tönender Volksweisheit, worinnen so mannigfachige
Jonas: Halt uns nicht auf, Sam, wer ist der Chef der Vereinigten Kosmos?
Sam: Kein Chef, Chef, die Geschicke dieses gigantischen Konzern werden gelenkt und geleitet von einem siebenköpfigen Direktorium. In unserer Angelegenheit wäre wohl der Direktor für Schadensabwicklung zuständig, wenn ich mir die Bemerkung erlauben dürfte, Sir.
Jonas: Und wer ist das?
Sam: Einen Augenblick Sir. Piep. Who is Who in Babylon, 37. Auflage aller letzter Stand. Piep. Vereinigte Kosmos, Direktion für Schadensabwicklung, Frau Dr. h.c. Grenadin Adamson, Vorstandsmitglied im Verband der Industriekapitäninnen, Vorsitzende der Tafelrunde für Edelfrauen Babylon e.V., Mitglied im Löwinnenclub ferner
Jonas: Geschenkt, Sammy. Fonnummer. Fonnummer.
Sam: Fonnummer. Haben wir es heute mal wieder eilig. Kommt sofort.
Jonas: Frau Adamson ließ sich nicht vom jedem sprechen. Dafür hatte sie ihren Foncomputer, der war stur und dumm, er hatte nur drei Sätze drauf, und die wiederholte er immer und immer wieder:
Fon Stimme: Frau Direktor Adamson ist zur Zeit unabkömmlich. Geben Sie Ihren Namen und den Zweck Ihres Anrufs an. Frau Direktor Adamson wird sich gegebenenfalls mit Ihnen in Verbindung setzen. Frau Direktor Adamson ist zur Zeit unabkömmlich. Geben Sie Ihren Namen…
Jonas: OK, OK, ich bin Jonas der letzte Detektiv, ich muß mit Frau Adamson reden über einen großen Schadensfall und über EURAB. Ich warte auf Rückruf.
Sam: Kannste lange warten, Junge, hehe, wetten.
Jonas: Wetten, Sam, hehe… Jonas.
Adamson: Hier spricht Grenadin Adamson persönlich. Bitte schalten Sie auf Bildfon. Gefällt mir, was ich sehe.
Jonas: Sie haben mich doch nicht angerufen, um mir Komplimente zu machen.
Adamson: Ich habe von Ihnen gehört, Jonas. Es ist Ihnen gelungen, meine Kollegin Astoria Waldorf von Multipharm auszutricksen. Sie müssen ein ungewöhnlicher Mensch sein. Ich interessiere mich für ungewöhnliche Menschen. Ich bin selbst einer. Deshalb rufe ich an. Was wollen Sie?
Jonas: Ihnen was erzählen. Über einen gigantischen Versicherungsbetrug.
Adamson: An meiner Firma? Durch wen?
Jonas: EURAB.
Adamson: Unsinn.
Jonas: Angenommen, die hochversicherte Ladung von Supernova bestand nur aus wertlosem Schrott.
Adamson: Jonas, Sie reden irre, oder haben Sie Beweise?
Jonas: Nur Hinweise. Bis jetzt. Aber es gibt Beweise und Jonas könnte sie finden.
Adamson: Ich verstehe. Sie wollen von mir engagiert werden. Was verdienen Sie so als Detektiv.
Jonas: Millionen.
Adamson: Sie machen Witze.
Jonas: Ich mache Witze.
Adamson: Hören Sie, Jonas, für einen regulären Auftrag ist mir Ihre Geschichte zu windig. Aber wenn Sie Ihren Hinweisen nachgehen und tatsächlich was entdecken sollten, dann verspreche ich Ihnen ein Erfolgshonorar.
Jonas: Wieviel?
Adamson: Das Übliche. Ein Promille der Versicherungssumme.
Jonas: Klingt ziemlich dürftig.
Adamson: Bei einer Versicherungssumme von rund 5 Milliarden Euros.
Sam: Ein Promille von 5 Milliarden ist 5 Millionen.
Adamson: Ich höre von Ihnen Jonas.
Jonas: 5 Millionen Euros.
Sam: Yes Sir.
Jo: Hi Jonas.
Jonas: Hallo Jo.
Jo: Ist was. Du hast so ein irres Glitzern in den Augen.
Jonas: Nur ein Abglanz, Jo.
Sam: Jo. Ein Wiederschein, gnädigste Kontess, der Wiederschein goldener Berge, welche sich vor uns erheben.
Jo: Sagt mal spinnt ihr beide?
Jonas: Ich erzählte ihr was los war. Vor Jo hat Jonas keine Geheimnisse. Jo für Jolanda. Jolanda Nix. Wir haben keine offizielle Beziehung, aber wir sind befreundet. Gut befreundet. Vor zwei Monaten hatte es angefangen, Fall Inselklau, wir waren zusammen eingesperrt gewesen, und hatten uns gemeinsam befreit. Das verbindet. Jo war halb so alt wie Jonas und hatte einen Vaterkomplex. Außerdem rote Haare und ein begeisterungsfähiges Wesen.
Jo: Toll, Jonas, eine total tolle Story. Wie geht’s weiter?
Jonas: Ich fahr raus zu EURAB und seh mich ein bißchen um.
Jo: Toll, ich komm mit.
Jonas: Nein, Jo, das ist kein Holoabenteuer, wo den Helden nie was passiert. Es ist gefährlich Jo, wirklich gefährlich, es geht um Leben und Tod.
Jo: Blablabla. Du redest wie ein weiser alter Mäuserich mit Bart, und du hast nicht einmal recht, es ist ein Abenteuer, das größte und tollste, gerade weil es um Leben und Tod geht.
Jonas: Das Risiko ist zu groß, Jo.
Jo: Mein Risiko gehört mir und das geht dich nichts an. Du bist richtig sweet, wenn du so altmodisch kuckst, Jonas. Sei doch ehrlich, gibs zu, für dich ist das alles doch auch das größte. Risiko und Gefahr und so. Du mußt ja nicht Detektiv sein, keiner zwingt dich, du könntest das tun, was sonst alle machen: Volksrente kassieren, rumsitzen, Holo glotzen.
Jonas: Und wenn du noch Stunden lang weiterredest Jo, ich nehm dich nicht mit.
Jo: Du mußt, Jonas, weil du ohne mich gar nicht reinkommst bei EURAB. Oder kannst du auf die schnelle offizielle EURAB-Paßscheiben organisieren?
Jonas: Weiß ich nicht, vielleicht.
Jo: Also nein. Aber ich. Über Bertie.
Jonas: Wer ist Bertie?
Jo: Bertie Kalaschnik. Ich habe ihn auf einer Party kennengelernt vor ein paar Tagen, sein Daddy ist ein hohes Tier bei der EURAB-Schutztruppe. Ich kann jederzeit Paßscheiben von ihm kriegen, hat Bertie gesagt, falls ich mich mal bei EURAB umsehen will. Allein oder mit Freunden. Zufällig bin ich nachher mit ihm verabredet.
Jonas: Zufällig. Und da gibt er dir zwei EURAB-Paßscheiben. Nur so. Wegen deiner blauen Augen.
Jo: Nicht nur, ich hab schließlich noch mehr zu bieten. Also Jonas, entweder Paßscheibe und Jo oder gar nichts. Kannst es dir ja überlegen, um drei Uhr bin ich wieder zurück, und dann arbeiten wir wieder zusammen. Jo und Jonas. Jojo. Das tolle Team.
Jonas: Ich hatte einen anderen Plan, ich wollte Jo nicht in Gefahr bringen, und ich wollte beweisen, daß ich sie nicht brauchte. Als Jo weg war, ging Jonas auch, Richtung Westen, Stadtrand, wo über verwesenden Schlafburgen aus dem 20. Jahrhundert das EURAB-Center aufragte. Ein riesiger Pfeiler, dessen Spitze in den Wolken verschwand. Ein Meisterwerk der Post-Postmoderne, hatte der Minister bei der Eröffnung gesagt, vor 20 Jahren. Eine symbolische Rakete, das Beton gewordene Motto von EURAB. Plus Ultra. Immer weiter. Immer höher. Die Babylonier waren nicht so feierlich. Wenn Sie überhaupt vom EURAB-Center sprachen, sagten sie: Der steile Zahn. Nicht weit vom Center gab es ein kleines Lokal. Zum Astronauten. Hier aßen die besseren EURAB-Mitarbeiter. Ingenieure, Abteilungsleiter. Alles, was sich nicht mit dem Fußvolk in der EURAB-Kantine rumdrücken wollten. Jonas rein. Kurzer Blick, ein paar Weißkittel mit EURAB-Paßscheiben am Revers beim Mampfen. Jonas ging weiter, nach hinten, durch die Tür mit der Aufschrift Herren, in einen Verschlag, da ließ ich mich nieder und wartete, zwei drei Minuten, dann kam schon einer, mit weißem Kittel und voller Blase.
Jonas: Verzeihung.
Ingenieur: Bitte?
Jonas: Wären Sie so freundlich, mir Ihren Kittel zu leihen, und Ihre Paßscheibe natürlich auch.
Ingenieur: Bitte?
Jonas: Ihren Kittel und Ihre Paßscheibe.
Ingenieur: Was soll das, lassen Sie mich in Ruhe.
Jonas: Tut mir leid, ich muß darauf bestehen.
Ingenieur: Sie werden lästig, verschwinden Sie.
Jonas: Wissen Sie, so geht’s mir immer, ich hab unfeine Methoden, sagen die Leute, aber was soll ich denn machen, jedesmal versuch ich’s zuerst im Guten, aber das klappt einfach nicht, wie jetzt zum Beispiel und da bleibt mir gar nichts anderes übrig als, ja, so was, das ist ein Knockouter, kennen Sie bestimmt, ich stelle ich auf, sagen wir drei Stunden, das sollte reichen.
Ingenieur: Ich will raus hier, lassen Sie mich raus, Hilfe! Hilfe!
Jonas: So, Punkt 1 abgehakt, problemlos. Keine Probleme auch bei Punkt zwei, keine Alarmzelle gab Laut, kein Pförtner wurde mißtrauisch, als Jonas Eingang und Halle des Eurabcenter passierte, bekittelt und bescheibt, schnellen Schrittes und geschäftig, mit einem Gesicht, als ob er gerade Umlaufbahnen berechnete. Ich verschwand in einem Korridor, bog um die Ecke… ein Knall. Meine Schädeldecke explodierte, mein Gehirn hob ab, und stieg auf, höher, immer höher, und dann war es verschwunden, und weil Jonas ohne Gehirn nicht mehr Jonas war, verschwand er auch, die Welt löste sich auf, nichts war mehr da. Ich war auf dem Mond. Ganz sicher. Mondlandschaft hatte ich oft genug im Holo gesehen. Große graue Steine, Kraterlöcher, merkwürdig runde Berge am Horizont und vor allem der Himmel über mir, der unermeßliche Himmel mit Milliarden Lichtern. Mein Gehirn war wieder da, wo es hingehörte, dafür waren Kittel und Paßscheibe weg. Und es fehlte noch was. Jonas lag auf Mondgestein und schnappte nach Luft. Vergeblich. Keine Luft auf dem Mond. Die Bronchien verknäulten sich, die Augen quollen aus den Höhlen, Jonas war am Ersticken, und da hatte er eine Halluzination: eine weiße Gestalt trat aus dem Hintergrund, kam näher, ein Engel, kein Engel, jemand im Raumanzug, nicht irgend jemand. Lobo. Er trug einen Kanister, schob mir was zwischen die Zähne, das Mundstück eines Sauerstofftanks, dann verschwand er wieder, an der selben Stelle, an der er aufgetaucht war. Seltsam. Egal, erst mal atmen, alles andere konnte warten, ich lutschte an meinem Mundstück wie ein Säugling an der Sojamilchflasche.
Sam: Na, Genosse, Leben wieder frisch? Ha?
Jonas: Es geht Sam. Moment mal, wieso kann ich dich hören, es ist doch gar nicht möglich, Schallwellen im Vakuum.
Sam: Vakuum? Das war einmal. Spuck den Schnuller aus, Kindchen, den brauchst du nicht mehr. Kurz nachdem mein über alles erhabener, wenn auch luftlos nicht existenzfähiger Herr und Meister an die Sauerstoffbuddel gelegt wurde, ließ jemand Luft in diesen Raum strömen.
Jonas: Jemand? Wer?
Sam: Wer? Vermutlich der, der sie vorher abgelassen hat.
Jonas: Aber wie kann man denn auf dem Mond die Luft einfach so an und abstellen.
Sam: Auf dem Mond, hehe, oder auch hehe wie sie bemerken meine Damen und Herren, verehrte Kommilitonen, kann kurzzeitiger Sauerstoffentzug zu markanten intellektuellen Ausfallerscheinungen führen, sogar bei Privatdetektiven.
Jonas: Wir sind nicht auf dem Mond?
Sam: Wir sind immer noch im EURAB-Center, du Kopfprothetiker.
Jonas: Was?
Sam: Das hier ist eine Mondsimulation, ein Trainingsraum für Astronauten, eine Illusion, ein bißchen Geröll und Holobilder drumrum.
Jonas: Wirklich, sieht aber sehr echt aus.
Sam: Steh auf, geh ein paar Schritte und wenn du dir an der Wand eine Beule fängst, wirst’ es schon merken.
Jonas: Was ist hier eigentlich los, Sammy, kaum bin ich drin, wird ich auf den Kopf gehauen, dann bringt man mich auf diesen falschen Mond, in ein Vakuum und wie ich kurz vor dem ersticken bin kommt mein alter Freund Ramon Lobo.
Sam: Lobo? Der Typ im Raumanzug mit Sauerstofftank war Lobo? Lobo der Unverschämte, Lobo der mysteriös Abhandengekommene?
Jonas: Ich hab ihn erkannt, Sammy, ganz deutlich, und da drüben ist er zum zweiten mal abhanden gekommen hinter dem Steinhaufen.
Sam: Na was und da stehst du immer noch hier und redest in der Gegend rum? Der Herr warten wohl auf eine schriftliche Einladung, wie, auf auf ihm nach.
Jonas: Der Ton paßte mir nicht, aber in der Sache hatte ich auch keinen besseren Vorschlag. Also wanderte ich durch die nachgemachte Mondlandschaft und stieß mir prompt den Kopf an der unsichtbaren Begrenzung, wie Sam vorausgesagt hatte. Als ich mit der Hand herumtastete, fand ich einen Griff. Ich zog daran, eine Tür ging auf, der Eingang zu einer im Moment funktionslosen Luftschleuse. Gegenüber eine zweite Tür. Dahinter ein enger Gang, dunkel, bis auf einen schmalen Lichtstreifen weiter vorn.
Sam: Ein geheimer Gang, mein roter Bruder möge ihm folgen.
Jonas: Du spinnst Sammy, man hat dir zu viel Schmöker einprogrammiert.
Sam: Und es ist doch ein Geheimgang, denn wisse o Sultan, in diesem Gebäude existiert ein zweiter, ein geheimer Aufenthalts- und Verbindungsbereich, welcher lediglich für die EURAB-Schutztruppe bestimmt ist.
Jonas: Ach was.
Sam: Doch, sie verfügt somit über ihre eigenen Räume, Gänge, Treppen, Aufzüge. Doch genug geplaudert, machet euch auf, Kaspar, Melchior, Balthasar, dem Sterne nach, der dorten glänzet. Pst. Leise, Klavier äh Piano. Pianissimo.
Jonas: Jonas schlich sich an wie Old Shatterhand in besten Jahren. Der Lichtstreifen war ein Türspalt, breit genug zum Durchsehen. Ein Raum, etwa so groß wie mein Büro, an allen Wänden Monitore, vor einem Schaltpult ein bulliger Typ in der Uniform der EURAB-Schutztruppe. Neben ihm Lobo. Er steckte noch im Raumanzug, hatte aber den Helm abgenommen. Hören konnte man durch den Spalt übrigens auch ganz gut.
Lobo: Kann ich was dafür, wenn Jonas zu früh kommt? Dein dämlicher Bertie sollte dieser wie heißt sie, Jonas Freundin, Nix, Jo Nix.
Kalaschnik: Ja.
Lobo: Er sollte ihr die Paßscheibe erst am Nachmittag geben.
Kalaschnik: Red dich nicht raus, Lobo, es war deine Idee, den Detektiv einzuschalten, und wenn das jetzt schief geht.
Lobo: Nichts geht schief. Die Mappe mit dem Beweismaterial gegen EURAB liegt hier, wir werden sie ihm irgendwie zustecken, wie geplant, und dann dafür sorgen, daß er heil hier rauskommt. Ich weiß nicht, was du willst Kalaschnik, alles ist OK.
Kalaschnik: Ich wußte ja schon immer, daß du blöd bist, Lobo, aber so blöd, wer hat Jonas abgefangen, EURAB, warum weiß ich als Chef der Schutztruppe nichts davon, ist EURAB uns auf der Spur, haben sie mitgekriegt, daß wir sie hochgehen lassen wollen, mit ihrer hausgemachten Katastrophe? Warum haben sie Jonas nicht gleich verschwinden lassen, sondern in die Mondsimulation gebracht? Sag mal, er hat dich doch nicht gesehen?
Lobo: Kein Stück. Der war weit genug weggetreten. Du machst dir zu viel Sorgen Kalaschnik. Uns wird schon was einfallen. Jonas hat Luft für eine Stunde. Und so lange haben wir ihn sicher in der Simulation. Der läuft uns nicht weg.
Kalaschnik: Ach ja? Dann kuck mal auf den Monitor.
Lobo: Weg! Jonas ist weg.
Jonas: Im Gegenteil, Jonas ist hier. Mit seinem Knockouter.
Sam: Und seinem Computer. Einer für alle, alle für einen. Nieder mit der Garde des Kardinals, zur Hölle mit allen Schurken und Verrätern.
Jonas: Nehmen Sie meinen Computer nicht unbedingt wörtlich, meine Herren, und nehmen Sie die Hände hoch.
Jonas: Lobo erstarrte. In seinem Raumanzug sah er aus wie das Denkmal vor dem EURAB-Center, Dr. Werner Semmel, der erste Mensch auf dem Mars. Kalaschnik war besser, er reagierte sofort und langte nach seinem Laserstrahler, aber Jonas hatte den Knockouter schon in der Hand. Jonas war schneller.
Kalaschnik: Hu!
Jonas: Den Laser nehm ich besser an mich.
Lobo: Hör mal, Jonas, alter Knabe.
Jonas: Du bleibst so stehen, Lobo und rührst dich nicht, und den Mund machst du nur auf, wenn ich dich was frage.
Lobo: Aber Jonas.
Jonas: Weißt du, Lobo, ein Knockouter ist unangenehm, aber ein Laser ist endgültig, und es wäre doch schade um dich, das also sind die Beweise gegen EURAB.
Sam: Handschriftliche Aufzeichnungen. Igitt. Altmodisch. Abgestanden. Altbacken. Antiquiert.
Jonas: Aber aufschlußreich: Listen von hochwertigem Material, Material, das angeblich mit Supernova im Ozean versackt war, in Wirklichkeit war es noch vorhanden, in EURAB-Geheimspeichern. Holobilder, nicht professionell, offenbar heimlich geschossen, aber deutlich genug. EURAB-Direktoren beim Beladen von Supernova mit Schrott. Die Schadensmeldung über einen defekten Treibstofftank, datiert auf den Tag vor dem Start. Wie gesagt, aufschlußreich und ausreichend.
Sam: In der Tat, Herr Kollegiat, der Fall ist klar. EURAB selbst hat Supernova abstürzen lassen.
Jonas: Lobos Geschichte stimmt also.
Sam: Ja.
Jonas: Aber das ist auch ziemlich das einzige, was hier stimmt. Pack aus, Lobo, alter Knabe, warum lebst du noch?
Lobo: Weil ich gar nicht in Supernova war. Kurz vor dem Start haben sie mich ausgetauscht, gegen einen Androiden, der aussah wie ich.
Jonas: Ausgetauscht? Warum?
Sam: Ja, und vor allem wer?
Jonas: Genau, wer hat dich ausgetauscht, Lobo? Na?
Lobo: Ich sag nichts mehr.
Jonas: Er will nichts sagen, Sammy.
Sam: Er wird, Herr Großinquisitor, nämlich wenn wir zur peinlichen Befragung übergehen. Daumenschrauben, Streckbett, eiserne Jungfrau.
Jonas: Ein einfacher Laser tut’s auch, Sammy.
Sam: Jajajaja.
Jonas: Ein Laserstrahler kann ein sehr überzeugendes Argument sein, besonders bei einem Feigling, ganz besonders, wenn man droht, bei den Zehen anzufangen und sich langsam hochzuarbeiten.
Sam: Erst der kleine Zeh, tut noch nicht so weh, nene, dann der große Zeh tut schon viel mehr weh.
Lobo: Nein, Jonas, nein, bitte, ich will ja reden. Ich sag dir alles, Jonas.
Jonas: Dann fang mal an. Wer hat dich ausgetauscht?
Lobo: Wir, ich meine die Gruppe: Die AA.
Jonas: AA?
Lobo: Anti-Astronauten. Wir sind gegen Raumfahrt aus grundsätzlichen Erwägungen.
Jonas: Wer ist wir?
Lobo: Kalaschnik und die meisten EURAB-Schutztruppler, ja und ich.
Jonas: So, ihr seid also gegen Raumfahrt, aus grundsätzlichen Erwägungen.
Lobo: Wir meinen, es ist eine sinnlose Geldverschwendung, solange auf der Erde noch so viel zu tun ist.
Jonas: Hört sich ganz vernünftig an, in der Theorie.
Lobo: Wir arbeiten innerhalb von EURAB im Untergrund. Und da haben wir mitgekriegt, daß die EURAB-Spitze Supernova hochgehen lassen wollte. Wir haben uns zusammengesetzt und beschlossen, den Plan von EURAB für unsere Ziele zu benutzen.
Jonas: Warum seid ihr nicht gleich an die Öffentlichkeit gegangen, ich meine vor der Katastrophe?
Lobo: Das hätte nicht so viel gebracht. Erst Unfall, dann Enthüllung, das haut hin. Das macht EURAB kaputt und die ganze Raumfahrt.
Jonas: Ihr habt also nichts gesagt und die Sache laufen lassen. Du bist gegen einen Androiden ausgetauscht worden, und die anderen 3 Astronauten?
Lobo: Tja, die hat’s erwischt. Leider. Aber wenn Blut fließt, hat das gleich eine viel stärkere Wirkung, sagt Kalaschnik.
Jonas: Du warst immer eine Ratte, schon damals auf Feuerland.
Lobo: Murmeltier wenn schon.
Sam: Alles mal herhören. Zeit drängt. Situation höchst unsicher. Gestatte mir Abkürzung. Also: Nach planmäßiger Verunfallung von Supernova Dilemma bei sogenannter Widerstandgruppe. Unmöglich sich zu demaskieren und Wissen um Hintergründe selber aufzudecken.
Jonas: Warum?
Jonas: Warum? Gruppe hätte zugeben müssen, alles schon vorher gewußt, nichts getan, 3 Astronauten über Klinge hopsen lassen. Also Parole: In Deckung bleiben, Aufklärung hintenrum. Idee: Da gibt’s so nen Typ, Jonas heißt er, Detektiv is er.
Jonas: Das stammt von dir, was Lobo?
Lobo: Naja, schließlich sind wir alte Kriegskameraden.
Jonas: Kriegskameraden. Du bist bei mir aufgekreuzt, auferstanden von den Toten, und dann bis du wieder verschwunden, unter verdächtigen Umständen. Jonas sollte ins EURAB-Center gelockt werden, um das Beweismaterial zu finden.
Lobo: Wir hatten alles so schön vorbereitet über Kalaschniks Bertie und deine Freundin Jo.
Jonas: Aber Jonas kam zu früh. Und die Sache ging daneben. Wer hat mich niedergeschlagen und in die Mondsimulation gebracht.
Lobo: Keine Ahnung, Jonas alter Knabe, wirklich nicht.
Lautsprecher-Stimme: Achtung, Achtung, hier spricht die Direktion. Eine Durchsage von höchster Wichtigkeit für alle EURAB-Mitarbeiter. Verlassen Sie auf der Stelle das EURAB-Center, ruhig, geordnet, ohne Panik. Befolgen Sie dabei nur die Anweisung der neuen EURAB-Sicherheitssondereinheiten in den grünen Uniformen. Die bisherige EURAB-Schutztruppe ist aufgelöst. Ihre Mitglieder haben keinerlei Weisungsbefugnis mehr. Ich wiederhole: Alle EURAB-Mitarbeiter verlassen auf der Stelle das Gebäude. Ende der Durchsage.
Sam: Und siehe, es wart Licht.
Jonas: Licht?
Sam: Symbolisch, du Nappsülze.
Jonas: Ach so.
Sam: Ja. Oder um es auch für geistig nicht üppig Bemittelte verständlich auszudrücken: Alles klar. Offenbar hegte EURAB seit einiger Zeit einen gewissen Verdacht, oder doch eine Ahnung, von den sie unterwandert habenden Antiraumfahrtverschwörern. Deshalb ist Jonas in die Mondsimulation verbracht worden, als Köder quasi, als nichtsahnender Lockvogel. EURAB hat alles, was weiterhin geschah elektronisch verfolgt und dürfte nunmehr voll im Bilde sein.
Jonas: OK, Sammy, aber woher hat EURAB gewußt, daß Jonas hier im Center auftauchen würde und wann?
Lautsprecher-Stimme: Achtung Achtung! Eine Durchsage für alle Angehörigen der EURAB-Sicherheitssondereinheiten: Nach der Evakuierung des EURAB-Centers tritt Alarmplan A7 in Kraft. Das gesamte EURAB-Center wird vom Keller bis zur Spitze gründlich durchsucht und systematisch gesichert. Das betrifft sowohl den normalen Arbeits-, als auch den speziellen Sicherheitsbereich. Alle Mitglieder der aufgelösten EURAB-Schutztruppe sind festzunehmen, desgleichen eine sich unrechtmäßig im Center aufhaltende Person namens Jonas, ich wiederhole Jonas. Ende der Durchsage.
Jonas: Die Monitore wurden dunkel, das Licht ging aus, bis auf eine trübe Notbeleuchtung. EURAB hatte uns den Saft abgedreht. Es wurde Zeit, für Jonas, auch auf einen Alarmplan umzuschalten. A7 oder wie immer.
Sam: Priorität A: Mein Meister bringt die eigene Person nebst seinem treuen Sam in Sicherheit, das heißt aus dem EURAB-Center. Priorität B, mein Meister rettet das Beweismaterial gegen EURAB zwecks künftiger Verwendung.
Jonas: Ist mir recht, Sammy, und wie machen wir das.
Sam: Wie machen wir das, der böse Feind arbeitet sich von unten nach oben durch, wir türmen also nach oben. In die Spitze.
Jonas: OK, kennst du den Weg?
Sam: Unzureichende Daten. Vorschlag: Lobo.
Jonas: Natürlich, Lobo, du müßtest dich im EURAB-Center bestens auskennen. Geh voraus.
Lobo: Warum sollte ich, Jonas alter Knabe.
Jonas: Weil ich es will. Weil ich einen Laser habe und weil du selbst das größte Interesse daran haben mußt, denn wenn die EURAB-Leute dich erwischen, machen sie dich zu dem, was du offiziell schon bist: zu einer Leiche. Zieh den Raumanzug aus und dann los.
Jonas: Es wurde ein Gewaltmarsch im Gebirge, durch Gänge, über Treppen, alle Aufzüge standen still, darum brauchten wir fast eine Stunde, bis wir auf der kleinen Aussichtsplattform an der Spitze des Centers standen, 500 Meter über der Erde. Wir schnauften und sahen uns um, nach einem rettenden Engel vermutlich.
Sam: Und voila, da ist er schon.
Jonas: Wer Sammy?
Sam: Der Engel, Mann, der rettende.
Jonas: Du meinst den Hubschrauber.
Sam: An und für sich meint Sam eher den in demselben befindliche Lady.
Adamson: Hallo, Jonas.
Jonas: Frau Adamson.
Sam: Von der vereinigten Kosmos.
Adamson: Ich habe gehört, daß Sie in Schwierigkeiten sind und Hilfe brauchen, deshalb bin ich gekommen. Wie ist es gelaufen? Haben Sie was erreicht?
Jonas: Kann man wohl sagen, sehen Sie die Mappe: Beweise, stichhaltige Beweise gegen EURAB. Ich hab Ihnen 5 Milliarden Euros erspart.
Adamson: Und 5 Millionen verdient, bravo Jonas, passen Sie auf, ich werfe ihnen eine Strickleiter zu, steigen Sie um.
Jonas: Der Hubschrauber stand direkt über uns, so tief, daß man ihn fast mit Händen greifen konnte. Nur ein paar Sprossen auf der Strickleiter. Trotzdem war es eine mühsame Kletterei, ich hatte nur eine Hand frei, mit der andern mußte ich die Mappe mit den Beweisen festhalten.
Adamson: Machen Sie es sich leichter, Jonas, reichen Sie mir die Mappe zu. Besten dank.
Jonas: Au!
Adamson: Wünsche noch einen angenehmen Aufenthalt im EURAB-Center, Jonas, es war mir eine Freude Sie gekannt zu haben.
Sam: Reingelegt. Angeschmiert und ausgetrickst, beschummelt, behumpst und beschupst. Da fliegen sie hin, die Beweise, auf Nimmerwiedersehen. Und Jonas sitzt auf seinem allerwertesten und glotzt blöd in die Landschaft.
Jonas: Was soll ich denn sonst machen, Sam, diese hinterhältige Schlange hat einfach die Strickleiter losgemacht und Jonas abgeworfen, die steckt also auch mit drin.
Sam: Präziser: Frau Direktor Adamson ist Mitwisserin und Komplizin von EURABs Untat. Ist doch auch ganz logisch Mann. EURAB hat sich die Verantwortliche für Schadensabwicklung bei Kosmos gekauft, um eine allzu eingehende Überprüfung der Supernovakatastrophe zu verhindern.
Jonas: Dann hat sie EURAB vor Jonas gewarnt.
Sam: Ja wer denn sonst, Mann, wie singt schon Giuseppe Verdi: o wie so trügerisch
Jonas: Singe nicht, Sammy. Denke.
Sam: Nicht mehr nötig, verehrte Spätzünder. Alle Probleme sind gelöscht, äh gelöst.
Jonas: Bis auf eins. Was machen wir jetzt, jeden Moment können die EURAB Sonderbullen hier auftauchen.
Sam: Eieiei, Alarm, da sind sie, wo hast du einen Laser, alter Schussel?
Jonas: Durch die Tür kam eine Gestalt in grüner Uniform, eine kleine Gestalt mit zwei Rucksacken über der Schulter. Ich hatte den Laser in der Hand, aber ich schoß nicht, aus gutem Grund.
Jo: Na Jonas, wie sieht’s aus?
Jonas: Jo!
Jo: Ich hab mir gedacht, ich treff dich hier, weißt du, als ich mit den Paßscheiben von Bertie bei dir vorbei kam, und du warst nicht da, da hatte ich gleich so ein ätzendes Feeling. Also bin ich allein hergefahren. Unten in der Halle war ein irrer trouble. Typ in grün wollte mich nicht durchlassen. Ich bin mit ihm um die Ecke und hab ihm die Uniform ausgezogen.
Jonas: Judo.
Jo: Eher Freistil. Ja und dann hab ich mich ein bißchen umgehört und umgesehen und dann hab ich mich abgesetzt, nach oben, und hier bin ich.
Jonas: Toll, Jo, echt toll.
Jo: Mitgebracht hab ich auch was. Hier die Rucksäcke.
Jonas: Was ist da drin?
Jo: Fallschirme. Unterwegs bin ich an einer Gerätekammer vorbeigekommen. Für Astronautenlehrlinge oder so, und da hab ich gedacht
Lobo: Fallschirme, wunderbar, genau was wir brauchen.
Jo: Wer ist denn das?
Jonas: Lobo, das Murmeltier. Lobo die Ratte.
Jo: Tut mir leid Lobo, ich hab nur zwei Fallschirme, für Jonas und für mich.
Jonas: Kannst du fallschirmspringen, Jo?
Jo: Ich weiß nicht, aber ich kann Drachenfliegen und das ist doch so ähnlich oder.
Jonas: Wir stiegen in die Fallschirme, Jo war schneller als ich, aber sie mußte ja auch nicht einen zeternden Lobo mit dem Laser in Schach halten.
Lobo: Du kannst mich doch nicht hier lassen, Jonas alter Kriegsk… alter Knabe. Bitte Jonas nimm mich mit, bitte.
Jonas: Wenn ich dich so ansehen, Lobo, tust du mir fast leid, aber dann fallen mir die toten Astronauten in Supernova ein, bleib schon hier und sieh zu wie du klar kommst, vielleicht findest du ja wieder eine Decke, die du dir über den Kopf ziehen kannst.
Lobo: Jonas hör doch mal, du brauchst mich, jetzt wo du die Mappe weggegeben hast, bin ich der einzige Beweis für das, was wirklich mit Supernova passiert ist.
Jonas: Meinst du.
Sicherheitsbeamter: Hier sind sie. Stehenbleiben. Halt!
Jonas: Salut Lobo. Jeromino!
Lobo: Jonas, nicht, Hilfe! Oh!
Sam: Und der Tot und die Hölle gaben die Toten, die darin waren und sie wurden gerichtet ein jeglicher nach seinen Werken. O Sammy ist ja so schlecht.
Jonas: Ehe die EURAB-Leute noch richtig mitkriegten was los war, waren wir unten, abgerollt aus den Fallschirmen und verschwunden im Labyrinth der Straßen hinter dem EURAB-Center, hier ist Jonas zu Hause, hier kriegt ihn keiner. Drei Stunden später, im Casablanca. Jo und ich und Sam natürlich. Wir saßen und tranken und redeten, und dachten. Und dann ließ ich mir ein Fon an den Tisch bringen.
Adamson: Jonas, Sie leben noch, wie nett.
Jonas: Finden Sie, Frau Adamson. Jonas hat eben immer noch einen Trumpf im Ärmel. Wenn Sie die Mappe mit den Beweismaterial durchsehen, werden Sie feststellen, daß ein paar sehr wichtige Dokumente fehlen, die hab ich vorher abgezweigt, sicher ist sicher.
Adamson: Tatsächlich, ich glaube, ich werde Sie überreden können, sich auch von diesen Dokumenten zu trennen.
Jonas: Ich glaube das nicht, ich hab sie nämlich nicht bei mit, sie sind sicher verwahrt. Und wenn mir was passiert.
Adamson: Dann gehen die Dokumente an die Behörden oder an den Aufsichtsrat der Vereinigten Kosmos, das ist mir klar, aber auch Ihnen sollte was klar sein, Jonas, wenn Sie ihrerseits die Dokumente an die Öffentlichkeit bringen, dann…
Jonas: Dann wird mir was zustoßen.
Adamson: Etwas höchst unerfreuliches. So sieht es aus, Jonas.
Jonas: So sah es aus. Unentschieden, Gleichgewicht der Kräfte, Status quo, keiner konnte was tun. Unschön. Unmoralisch auch. Aber nicht zu ändern.
Sam: So ist das Leben, Gevatter, jaja, such is life, sellavi, so oder so, schwarz oder weiß, gut oder böse.
Jonas: Nein, Sammy, das stimmt nicht. In dieser Geschichte gibt es keine guten, EURAB, Lobo und seine Gruppe, die Adamson, alle mies. Das Leben ist nicht so oder so, das Leben ist weder noch.
Sam: Beziehungsweise sowohl als auch.
Jo: Hört auf trübe zu tümpeln, ihr müden Krieger, spielen wir lieber eine Runde Poker. Aber Sammy darf nicht wieder schummeln.
Das war Supernova. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas spielte Bodo Primus, sein Super-computer Sam war Peer Augustinski. Frau Adamson: Christine Buchegger. Jo Nix: Petra Uhlig. Ramon Lobo, Astronaut: Karl Heinz Vosgerau. Außerdem wirkten mit: Bernd Stephan, Hans Rudolf Stein, Achim Höppner, Claus Peter Bülz und Jürgen Rehmann (Will Spindler). Ton und Technik: Günter Hess und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz: Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1989). Redaktion Erwin Weigel und Christoph Lindenmeyer.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Megastar
Jonas: Mein Büroapartment, 22 Quadratmeter und ein paar Zerquetschte, war das reine Krankenhaus. Die undefinierbare Topfpflanze, Jo’s nachträgliches Geschenk zum 44., ließ alles hängen, was sie hatte, mein Magen gab schrille Signale aus dem Untergrund, und Sam war erkältet, sagte er.
Sam: Ha-Hatschi! Was muß der arme Sammy leiden.
Jonas: Schluß damit, Sam, du bist ein Computer. Du kannst gar nicht erkältet sein.
Sam: Kann ich wohl.
Jonas: Kannst du nicht.
Sam: Doch. Und ich werde es beweisen, wenn eure logische Hypopotenz gestatten.
a) Computer können schneller denken als Menschen.
Jonas: OK.
Sam: b) Computer können also mehr als Menschen.
Jonas: Ja.
Sam: c) Wenn Computer mehr können, dann können sie notwendigerweise auch genauso viel wie Menschen.
Jonas: Aha. Ja.
Sam: Menschen können erkältet sein, Ha-Hatschi, also können auch Computer erkältet sein. Quod erat demonstrandum. Hatschi.
Jonas: Quatsch. Außerdem haben wir Sommer, Sam, Hochsommer.
Sam: In der Tat, o Meister der Meteorologie, heute ist der piep! 12. Juli 2011. Na und?
Jonas: Es ist heiß, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: Erstens sowieso und zweitens weil die Klimaanlage kaputt ist. Wie üblich. Und im Sommer, bei Hitze, ist kein Mensch erkältet.
Sam: Und abermals na und. Sam ist kein Mensch. Sam ist ein Puter.
Jonas: Wie bitte?
Sam: Korrektur: Computer. Und wie Sam soeben in elegantem Syllogismus nachgewiesen hat, kann ein… kann ein Computer mehr als ein Mensch. Insofern.
Jonas: Halt die Klappe. Hallo. Was meinen Sie? Kann ein Computer erkältet sein?
Caravan: Ich… ich weiß nicht. Jonas?
Jonas: Jonas. Nur Jonas. Und Jonas hat einen Computer, der behauptet…
Caravan: Jonas, der Detektiv?
Jonas: Derselbe. Der letzte. Und der beste. Haha, nicht gerade schwer, wenn man der letzte ist, nicht?
Caravan: Sind Sie frei?
Jonas: Möglich. Wofür?
Caravan: In einer halben Stunde bei Ihnen.
Jonas: Hallo? Wer sind… Aufgelegt.
Sam: Um so besser. Hatschi. Zurück zum Thema, welches da lautet: Computer, Mensch und Krankheit. Wie wir zu diesem Komplex bereits auszuführen Gelegenheit hatten…
Jonas: Jetzt, jetzt hab ich’s satt.
Jonas: Ich schalte Sam nicht oft ab, aber manchmal muß es sein. Die Lady am Fon klang nach Kundschaft, und Kundschaft war genau das, was ein Privatdetektiv mit leerem Konto im Moment brauchte. Jedenfalls mehr als das Gelaber eines überkandidelten Computers. Also staubte ich den Kundenstuhl ab und wartete. Nicht lange. Pünktlich eine halbe Stunde nach dem Fongespräch tauchte sie auf. Schwarz und streng vom Hut bis zu den Stiefeln, und mit Schleier vorm Gesicht. Das war seltsam. Sie setzte sich, schlug den Schleier zurück, und da wurde die Sache noch viel seltsamer.
Caravan: Warum starren Sie mich an?
Jonas: Tu ich das?
Caravan: Sie reißen die Augen weit auf und lassen den Unterkiefer hängen. Ist das ihr normaler Gesichtsausdruck, wenn Sie mit einer Klientin sprechen?
Jonas: Sie… Sie sehen aus wie Cora Caravan.
Jonas: Cora Caravan. Holostar. Der Holostar. Superstar. Megastar. Die Nummer eins in Kastanienallee, Eurocity, Familienband und zwei drei anderen Endlosserien. Das bekannteste Gesicht in Babylon und ganz Europa.
Caravan: Was würden Sie tun, Herr Jonas, wenn ich sagte, ich bin Cora Caravan?
Jonas: Das würde ich tun. Sie haben sich in der Tür geirrt, Verehrteste, würd ich sagen, der Psychiater wohnt zwei Stock tiefer.
Caravan: Machen Sie die Tür wieder zu, Herr Jonas, ich bin nicht Cora Caravan.
Jonas: Natürlich nicht. Cora Caravan geht nicht zu Jonas. Sie winkt mit dem Finger, und der komplette Polizeiapparat kommt angejachert, mit qualmenden Socken und hängender Zunge.
Caravan: Sie sind ein Fan von Cora Caravan, Herr Jonas?
Jonas: Ich und der Rest der Welt. An sich macht Jonas sich nicht viel aus Holos. Uralt Videos 2D, schwarz weiß, Casablanca, Big Sleep, so was ist eher mein Fall, ansonsten ist Jonas ein Audiotyp. Das bin ich in den 80ern geworden. Als Audio vorübergehend unmodern wurde. Aus Oppositionsgeist. Und ich bin dabei geblieben, als Audio wieder in war. Die Holokiste stell ich nur an für die Nachrichten. Und wenn eine Cora Caravan Serie läuft.
Caravan: Was fasziniert Sie an Cora Caravan, Herr Jonas?
Jonas: Ich weiß nicht. Sicher, sie ist sehr schön, aber das allein ist es nicht. Sie ist immer so traurig. Nicht zu fassen, wie ähnlich Sie ihr sehen. Wie ein Zwilling dem anderen.
Caravan: Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen, Herr Jonas.
Jonas: Weil Sie Cora Caravan ähnlich sehen?
Caravan: Gewissermaßen. Ich habe keinen Vater, Herr Jonas.
Jonas: Hm, unwahrscheinlich.
Caravan: Ich meine, ich kenne ihn nicht, er ist oder war ein anonymer Samenspender. Sehen Sie, Herr Jonas, ich bin ein sogenanntes Retortenkind.
Sam: Hehe, Flaschenbaby, Spritzenerzeugnis oder auch Torty, wie der vulgäre Mund des Volkes sich auszudrücken beliebt. Hatschi.
Caravan: Der erkältete Computer?
Jonas: Der Computer, der sich einbildet, erkältet zu sein.
Sam: Nananana.
Caravan: Wie ungewöhnlich. Gehört er Ihnen?
Sam: Ja.
Jonas: Leider ja. Sam heißt er. Von wegen Casablanca. Und verrückt ist er. 2005 hatte ich ihn gekauft. Billig für einen verbalen Computer, weil er ein Versuchsmodell war. Eins das nie in Serie gegangen ist. Wer Sam kennt, weiß warum. Er ist überverbal. Er redet und labert und schnattert und seicht sich quer durch alle Sprachprogramme, die es gibt, und durch ein paar, die es nicht gibt. Wenn Sie mich fragen, warum ich das innervierende Stück nicht auf den Schrott schmeiße, dann sage ich laut: Weil ich kein Geld habe, mir einen neuen Computer zu kaufen. Und leise sage ich: Ohne Sam kann ich mir Jonas nicht vorstellen.
Sam: Ach, da steigt einem innig empfindenden Computer ja eine Träne ins Knopfloch. Dank, dank und immer wieder Dank.
Jonas: Sei still, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: Wenn ich Sie recht verstehe, verehrteste, soll ich ihren unbekannten Vater aufspüren.
Caravan: Würden Sie das für mich tun, Herr Jonas?
Jonas: Anonyme Samenspender zu identifizieren ist streng verboten. Das wissen Sie doch.
Caravan: Würde Sie das stören, Herr Jonas?
Jonas: Nicht unbedingt. Aber es ist auch unmöglich.
Caravan: Das glaub ich Ihnen nicht, Herr Jonas. Nicht für einen guten Detektiv, und das sind Sie doch?
Sam: Ist er nicht.
Caravan: Bitte, Herr Jonas, wollen Sie es nicht wenigstens versuchen? Überlegen Sie es sich. Morgen nachmittag bin ich wieder hier.
Jonas: Moment Verehrteste, Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wie Sie heißen.
Caravan: Morgen, Herr Jonas.
Jonas: Nachts träumte ich von ihr, von der schönen schwarzen Unbekannten, die nicht nur wie Cora Caravan aussah, die auch so traurig war wie Cora Caravan. Ein Nachgeschmack des Traums war noch da, als ich aufwachte, kurz nach sieben, viel zu früh. Irgend jemand verwechselte die Tür zu meinem Büroapartment mit einem Schlagzeug.
Krott: Herr Jonas, Herr Jonas, bitte öffnen Sie, Herr Jonas.
Jonas: Wer ist da?
Krott: Es ist, ich weiß es, noch ein wenig früh, für eine geschäftliche Unterredung, Herr Jonas, äh, wären Sie dessen ungeachtet geneigt, einen Fall zu übernehmen.
Jonas: Es ist keiner zu Hause. Hauen Sie ab.
Krott: Einen höchst wichtigen und dringenden Fall, Herr Jonas, es geht, verzeihen Sie das Klischee, um Leben und Tod.
Jonas: Zwei Stunden. Kommen Sie in zwei Stunden wieder.
Krott: Ich bin befugt, Herr Jonas, Ihnen das doppelte Ihres üblichen Honorars zu offerieren.
Jonas: Das doppelte. Kommen Sie in einer Stunde wieder.
Krott: Es handelt sich, um auch dies nicht unerwähnt zu lassen, um Cora Caravan.
Jonas: Moment. Ich mache auf.
Jonas: Zwei Typen kamen durch die Tür, ein großer Dicker im gestreiften Jackett, den Scheitel von einem Ohr zum anderen, und ein kleiner dünner mit Schniefnase. Der Dicke mit der Glatze führte das Wort.
Krott: Krott ist mein Name, Herr Jonas, Josef P. Krott. Darf ich Ihnen meinen Partner Fred vorstellen, sag Guten Tag zu Herrn Jonas, Fred.
Fred: Scheiß drauf.
Krott: Wenn Sie Freds ungehörige Aufführung freundlichst übersehen würden, Herr Jonas, Sie wissen ja, die Jugend von heute.
Fred: Scheiß drauf.
Krott: Ja, leider kann ich ohne ihn nicht auskommen. Er hat nämlich den Laserstrahler. Hol ihn raus, Fred, ruhig, nicht abdrücken, noch nicht.
Fred: Scheiß drauf.
Krott: Heben Sie die Hände, Herr Jonas, höher. Hahaha, so sieht also ein Privatdetektiv aus, wenn er aus dem Bett geholt wird. Nicht eben beeindruckend, oder was meinst du, Fred?
Fred: Scheiß drauf.
Krott: Genau, Fred. Lassen Sie die Hände wieder sinken, Herr Jonas, und folgen Sie uns.
Jonas: So wie ich bin? Das muß ja ein unglaublich dringender Fall sein.
Krott: Sie haben recht, Herr Jonas, ein unbekleideter Detektiv auf der Straße könnte unter Umständen aufsehen erregen. Ziehen Sie sich was an. Beeilen Sie sich. Fred, du paßt auf ihn auf.
Fred: Scheiß drauf.
Jonas: Fred war kein guter Aufpasser. Jedenfalls kriegte er nicht mit, daß ich mir was in die Tasche schob, nicht die Smith & Wesson, was besseres, Sam zwo. Die Mini-ausführung von Sam, drahtlos mit dem Speicher im Büro verbunden. Wo immer die beiden Jonas hinbringen würden, er war nicht allein. Vor dem Haus wurde ich in ein Elektromobil geschoben, Krott fuhr, Fred drückte mir den Laser in die Rippen und kuckte doof. Eine kurze Fahrt. Nach 10 Minuten hielten wir vor dem Supermedia Gebäude.
Krott: Ja, wir sind da, Herr Jonas.
Jonas: Und was will die größte Holoproduktion in Europa ausgerechnet von Jonas?
Krott: Och, das werden Sie erfahren, Herr Jonas, steigen Sie aus.
Jonas: Supermedia, Holo. Jetzt weiß ich, was mit euch zwei Schießbudenfiguren los ist, ihr seid Holopeople, Serienbackground, Statisten.
Krott: Och, ich muß doch bitten, Herr Jonas, Kleindarsteller. Gewerkschaftlich organisiert, tariflich abgesichert.
Fred: Scheiß drauf.
Krott: Und was immer wir sein mögen, Herr Jonas, der Laser ist echt und geladen. Steigen Sie aus.
Jonas: Irgendwie hatte ich mir das Supermediagebäude innen anders vorgestellt. Glanz, Glitter, Glamour, große Gesten, Hektik, Action, schöner Schein, eben Holo. Die Wirklichkeit war ein Bürohochhaus wie jedes andere. Effizient. Unauffällig. Bewachtes Foyer, lautloser Lift, schnurgerade Gänge, fast unsichtbare Pastellfarben. Im obersten Stock eine unauffällige Tür, dahinter ein effizientes Büro, und ein Mann, der auf Jonas gewartet hatte.
Pepper: Well, das ist also Jonas, der berühmte Jonas, der letzte Detektiv.
Jonas: Vorsicht, kommen Sie ihm nicht zu Nahe, Jonas beißt.
Pepper: Und sprechen kann er auch. Wonderful. Gut gemacht, Krott und Co. Ihr Honorar wird überwiesen. Sie halten sich weiter zur Verfügung.
Krott: Wie vereinbart, Herr Pepper. Immer gern zu Diensten, komm, Fred, sag good bye zu Herrn Pepper.
Fred: Scheiß drauf.
Pepper: Nehmen Sie Platz, Jonas, fühlen Sie sich wie zuhause. Whisky, right?
Jonas: Im Prinzip ja, aber Jonas trinkt nicht mit jedem.
Pepper: Aha, Grundsätze auch noch, great. Der Privatdetektiv wie er im Buche steht.
Jonas: Ordentlich, sauber, rasiert und nüchtern, sagt Chandler. Und wer oder was sind Sie?
Pepper: Pepper. Chiefproducer Petrus Emanuel Pepper. PEP für meine Freunde. Das Problem ist, ein Chiefproducer hat keine Freunde.
Jonas: Kein Wunder, Sie haben schlechte Manieren, Pepper, Sie lassen Privatdetektive kidnappen.
Pepper: Mein lieber Jonas, welch harsches Wort. Ich habe Sie zu mir gebeten, um mit Ihnen zu reden, über eine Businessproposition. Das ist alles.
Jonas: Sie wollen mir einen Auftrag geben?
Pepper: Das heißt nicht ich persönlich. Supermedia. Wir brauchen einen Bodyguard.
Jonas: Leib und Magenwächter. Nix für Jonas. Good bye oder auch so long, jedenfalls nicht auf wiedersehen.
Pepper: Nichts übereilen, Herr Jonas, setzen Sie sich wieder hin. Sie wissen ja noch gar nicht, welchen body Sie guarden sollen.
Jonas: Und wenn es der oberste Boss in Ihrem Laden ist. Nein.
Pepper: Cora Caravan.
Jonas: Was haben Sie gesagt?
Pepper: Cora Caravan, unser Megastar.
Jonas: Ich soll Cora Caravan hüten?
Pepper: Well, ja und nein. Die Sache ist die.
Jonas: Die Holoindustrie ist ein hartes Business, sagte Pepper. Großer Umsatz, kleine Skrupel. Letzteres bezog sich nicht auf Supermedia, natürlich nicht, sondern auf die Konkurrenz, sprich Network, zweitgrößte Holoproduktion in Europa. Die Leute von Network schreckten vor rein gar nichts zurück, um Supermedia lahmzulegen, sagte Pepper. Jetzt hatten sie vor, Cora Caravan was anzutun. Ein Leibwächter mußte her. Nicht irgendeiner, schon gar nicht ein Eigengewächs aus Supermedia Sicherheitstruppe. Ein Spezialist. Jonas. Soweit alles klar.
Pepper: Aber dann machte Cora trouble. Sie ist ein Megastar, Jonas, eine Künstlerin. Sensibel. Sie hat ihren eigenen Kopf und sie setzt ihn durch. Sie bestand darauf, ihren künftigen Bodyguard vorher anzusehen, um ihn zu checken.
Jonas: Dann war’s sie also doch selbst, gestern nachmittag in meinem Büro.
Pepper: Natürlich wars sie’s, the one and only Cora Caravan.
Jonas: Und die Geschichte vom unbekannten Vater
Pepper: War genau das, Jonas, eine Geschichte, fabriziert von unserer Kreativabteilung, eine typische Holoserienstory, ein ziemlich alter Hut, um ehrlich zu sein, aber wir waren in Eile.
Jonas: Und heute morgen hatten Sie es noch eiliger, so eilig, daß Sie mir ihr Komikerduo mit dem Laser auf die Bude geschickt haben. Offenbar hat Jonas gewaltigen Eindruck auf Cora Caravan gemacht.
Pepper: Oja, Cora war angetan von Ihnen, sehr angetan sogar. Aber das ist nicht der Grund für meine dringliche Einladung am frühen Morgen.
Jonas: Nicht?
Pepper: Nein, sehen Sie, Jonas, der Fall hat sich geändert. Er hat eine neue Dimension bekommen, eine völlig neue und leider auch unangenehme Dimension.
Jonas: Was ist passiert?
Pepper: Vor gut zwei Stunden, 5 Uhr 25, hat Cora mich angerufen, hier im Büro.
Jonas: Sie waren heute morgen halb 6 in ihrem Büro?
Pepper: Aber ja, ein Chiefproducer arbeitet immer. Der Anruf ist aufgezeichnet worden. Alle Anrufe werden aufgezeichnet. Firmenpolitik. Leider habe ich diesen Anruf nur auf Audiotape, Cora hat was gegen Bildfon, anyway, hören Sie sich die Sache mal an, Jonas.
Caravan: Pep?
Pepper: Hey, Cora Darling, wolltest du nicht gestern abend bei mir vorbeikommen? Wo steckst du?
Caravan: In meiner Garderobe.
Pepper: Funny, du hast doch heute keinen Drehtag, oder?
Caravan: Es hat sich was ergeben, hör zu, Pep, ich war bei diesem Jonas, guter Mann, sympathisch, du kannst ihn engagieren, so schnell wie möglich, er soll gleich… Hilfe!
Pepper: Cora? Was ist los? Cora sag was! Cora!
Pepper: Das war’s Jonas, was sagen Sie dazu?
Jonas: Wo ist Coras Caravans Garderobe?
Pepper: Hier im Haus, 5. Stock, hinten raus, Blick aufs Studiogelände. Ich hab natürlich sofort ein paar Leute rübergeschickt, das Zimmer war leer, keine Cora und auch sonst niemand, ein Spiegel war kaputt, ein Stuhl umgekippt.
Jonas: Ich seh mir das selbst an, bringen Sie mich hin.
Pepper: So soll er sein, der Privatdetektiv, kurz, entschlossen, zielbewußt. Come on.
Jonas: Der Blick aufs Studiogelände zeigte ein paar schäbige Hallen, diverse Ansammlungen undefinierbarer Plastikteile, viel Staub und keinen Menschen. Bei Supermedia arbeitete offenbar nur der Chiefproducer. In Coras Caravans Garderobe sah es schlimm aus, allem Anschein nach war der Star entführt worden. Hinterlassen hatten die Entführer wüste Unordnung und einen Schlüssel mit ovalem Plexiglasanhänger.
Pepper: Sieht aus wie ein altmodischer Hotelschlüssel.
Jonas: Auf dem Anhänger steht was: Zimmer 23. Und auf der anderen Seite: Hotel Pulex, Babylon C Turmgasse 17.
Pepper: Na bitte, da würd ich mich an Ihrer Stelle mal umsehen, Jonas.
Jonas: Eins nach dem anderen. Erst muß ich hier einiges abhaken.
Pepper: Ach ja, was zum Beispiel?
Jonas: Zum Beispiel die Wächter im Foyer oder
Pepper: Alles schon erledigt. Den Wachmannschaften ist nichts besonderes aufgefallen. Und um auch das gleich abzuhaken, wie Sie sagen, das ganze Supermediagebäude ist gründlich durchsucht worden, unter meiner Leitung. Keine Spur von Cora Caravan. Well, hiermit beauftrage ich Sie in aller Form und im Namen von Supermedia, die unter mysteriösen Umständen verschwundene Cora Caravan zu suchen.
Jonas: Zu finden.
Pepper: Und zu finden, natürlich, und wenn Sie sie gefunden haben, nicht von ihrer Seite zu weichen.
Jonas: Mein Honorar beträgt 90 Euros pro Tag, mal 2 ist 180. Plus Spesen.
Pepper: Die finanziellen Formalitäten kann ihr Computer mit meinem regeln, ich muß zurück ins Büro. Die Arbeit wartet nicht, das Leben geht weiter, the show must go on etc. etc. Sie finden selbst raus. Ah, by the way, wo hab ich, hier, eine Supermedia Paßscheibe, für Sie, damit Sie ohne Schwierigkeiten ins Haus kommen, wenn Sie mit Ihrem Bericht aufkreuzen und mit Cora natürlich, see you Jonas.
Jonas: Damit entschwand er, und Jonas konnte endlich das tun, was jetzt dringend geboten war. Nachdenken. Mit seinem Computer.
Sam: Kamerad, es stinkt.
Jonas: Zum Himmel, Sammy.
Sam: Und nicht nur das eine oder andere Detail, großer Kombinator. Alles stinkt.
Jonas: Dieses Hotel, zum Beispiel.
Sam: Kongenitale Unzulänglichkeit des sogenannten menschlichen Geistes. Nicht so, euer Lebten. Eins nach dem andern. Erstens, dem bei Supermedia unter Vertrag stehenden Holomegastar wird von Seiten der Konkurrenz nachgestellt.
Jonas: Sagt Pepper.
Sam: Dessenungeachtet läßt Supermedia besagten Star allein unbewacht und nicht einmal beobachtet in der schönen aber nicht eben sicheren Stadt Babylon herumspazieren, auf daß sie Jonas aufsuche.
Jonas: Und Jonas wohnt bekanntlich nicht in der allerbesten Gegend.
Sam: Zwotens. Cora Caravan verschwindet aus dem gut gesicherten Supermediagebäude. Und keiner weiß wie.
Jonas: Sagt Pepper.
Sam: Drittens: am Tatort findet sich ein Schlüssel. Korrektur Schlüssel, dessen Position mitten im Raum auf einer Spiegelscherbe zweierlei vermuten läßt. Erstens.
Jonas: Nicht so, mein lieber, erstens hatten wir schon. Neue Systematik. Römisch 1 oder a.
Sam: Wer kackt hier Korinthen.
Jonas: Los los, Sammy, römisch eins.
Sam: A und noch mal a). Der Schlüssel wurde erst nach Verwüstung der Garderobe abgelegt bzw. verloren, von den Kidnappern.
Jonas: Meint Pepper.
Sam: b) Der Schlüssel sollte keinesfalls übersehen vielmehr beachtet und gewürdigt werden, als deutlicher Hinweis.
Jonas: Überdeutlich.
Sam: Viertens. Das zum Schlüssel gehörige Hotel, es nennt sich übrigens Pulex, eine lateinische Vokabel, deren Übersetzung…
Jonas: Uns im Moment überhaupt nicht interessiert, Sammy.
Sam: So, und was interessiert eure inhumanistische Philistrosität?
Jonas: Daß Jonas, der in Babylon jedes Hotel kennt.
Sam: Und jede Kneipe.
Jonas: Von diesem Hotel Pulex noch nie was gehört hat, obwohl es im Zentrum liegt.
Sam: Auf einem Grundstück beiläufig bemerkt, welches Supermedia gehört. Also spricht die Katasterdatei.
Jonas: Sieh mal an, das stinkt aber gewaltig.
Sam: In der Tat, Sir, pfui Spinne und Schwefel. Wie geht’s jetzt weiter, Genosse?
Jonas: Na wie schon, Jonas hat einen Auftrag, und wenn Jonas einen Auftrag hat, dann zieht er ihn durch.
Sam: Ein Detektiv muß tun, was ein Detektiv tun muß.
Jonas: So ist es, Sammy, wir suchen Cora Caravan, und wenn wir sie erst mal haben, werden sich alle diese merkwürdigen Stinkereien in Luft auflösen.
Sam: Jaja, in saubere wohlriechende Luft, Wohlan, Rittersmann oder Knapp, Hotel Pulex sei’s Panier. Tatü tata, Sir Sam ist da.
Jonas: Turmgasse 17 war eine Lücke zwischen zwei Wolkenkratzern, auf den ersten Blick. Auf den zweiten war es ein heruntergekommenes Häuschen, das sich an die Nachbarn rechts und links anlehnte, um nicht zusammenzubrechen, ein Relikt aus dem guten alten 20. Jahrhundert, die Innenausstattung auch. So was hatte ich bisher nur auf alten Videos gesehen. Ein abgelatschter Plüschteppich, eine in Ehren ergraute Tapete, bedruckt mit Blumen, die es nicht gab, eine schmale Treppe aus echtem Holz, ein dito Tresen mit einer Glocke drauf, ein Schlüsselbrett, und daneben, kein Computer, kein Automat, ein echter lebendiger Portier, mehr oder weniger lebendig. Er war genauso alt und genauso verschrumpelt wie das Haus. Außerdem schwerhörig.
Portier: Ja, komme schon.
Jonas: Zimmer 23.
Portier: Was haben Sie gesagt?
Jonas: Zimmer 23.
Portier: 23? Besetzt. Alles besetzt, kein Zimmer frei.
Jonas: Wie schön für Sie. Wer wohnt in Zimmer 23?
Portier: Schönes Wetter heute.
Jonas: Wer wohnt in Zimmer 23.
Portier: Sie brauchen nicht zu schreien, ich bin ja nicht schwerhörig.
Jonas: Na da verstellen Sie sich aber gut. Wer wohnt in Zimmer 23?
Portier: Sagen Sie, geht Sie das was an?
Jonas: Das können Sie annehmen.
Portier: Warum soll ich was annehmen. Haben Sie übrigens eine Kripomarke oder so was ähnliches?
Jonas: Jonas hatte was ähnliches. Einen 10-Euroschein. Mehr als nur Geld. Medizin. Öffnet Ohren und den Mund. Nicht daß der Alte umgänglich wurde, aber er sagte mir, wer in Zimmer 23 wohnte.
Portier: A so a großer breiter, sieht a bisserl so aus wie Sie, nur daß er rote Haare hat, knallrote Haare.
Jonas: Und wie heißt er?
Portier: Moment, ich muß ins, ins Gästebuch schauen, kann doch nicht alles in Kopf haben, was die Leut alles wissen wollen von einem, da steht er: 23. Eingezogen 20. Juni 2011, Todrovisch heißt er, A. L. Todrowitsch.
Jonas: A. L.
Portier: Ja, so hat er sich eingetragen. Sonst noch was?
Jonas: Ist er zuhause, der A. L. Trodrowitsch?
Portier: Nein, jetzt doch nicht, der arbeitet.
Jonas: Wo?
Portier: In einer Bar.
Jonas: In welcher?
Portier: Na was weiß ich. Doch, Moment, muß mich bücken, hier, da, ein Streichholzbrief, hat er mir mal gegeben, da steht’s drauf.
Jonas: Night and Day, am Graben 6a. Um die Ecke. Tag und Nacht geöffnet. Wie der Name sagt. Streichholzbrief. Daß es so was noch gibt, wo doch kein Mensch mehr raucht heutzutage.
Portier: Vielleicht ist ne altmodische Bar, wie mein Hotel, ja, für altmodische Gäste.
Jonas: Ein wahres Wort. Eine altmodische Bar. Und so heimelig wie ein Mausoleum im Regen. Über der Theke eine flackernde Neonröhre, eine echte Antiquität. Ansonsten trübes Halbdunkel, schattenhafte Gestalten vor unsichtbaren Drinks. Niemand sprach, niemand bewegte sich. Bis auf den Barmann, der klapperte ab und zu mit seinem Gläsern oder flüsterte durch seine falschen Zähne, wenn es unbedingt sein mußte, wenn ein lästiger Gast auftauchte und die Grabenruhe störte. Ein Gast namens Jonas.
Barmixer: Was trinken Sie?
Jonas: Whisky. Echten Scotch wenn Sie haben.
Barmixer: Wir haben, aber wir nehmen nur Bargeld, keine Schecks, keine Computerbuchungen.
Jonas: Soll mir recht sein, Night and Day, tea for two, I’m far away.
Sam: Ich fahr auch mit.
Barmixer: Wie bitte?
Jonas: Nichts. Todrowisch.
Barmixer: Was ist damit?
Jonas: Der arbeitet doch hier.
Barmixer: Ja. Und?
Jonas: Ist er da?
Barmixer: Noch nicht, muß aber jeden Moment kommen.
Jonas: Bringen Sie mir den Whisky an den Tisch. Gemütlicher Laden.
Sam: …Der bis dato gänzlich unbekannt war.
Jonas: So ist es Sammy.
Sam: Würde es den amtierenden Herrn, hatschi!
Jonas: Gesundheit.
Sam: Danke, den Herrn Oberfeldmesser sehr überraschen, wenn er erführe, daß auch dies Grundstück sei im Besitz von Supermedia?
Jonas: Nicht im Geringsten, Sammy. Was sagst du zum Streichholzbrief?
Sam: Kurioser und kuriöser, wir wandern von einem Clou zum andern.
Jonas: Französisch.
Sam: Eine veritable Schnitzeljagd euer Denkwürden, in welchem Zusammenhang sich die Frage erhebt, wer ist der Jäger und wer der hatschi.
Jonas: Erinnerst du dich an den Fall Requiem, Randy Orgas, vor anderthalb Jahren, da war’s doch auch so, eine Anlaufstation hat uns an die nächste weitergereicht.
Sam: Und wo, hochgeehrte Trauergemeinde, sind wir schließlich gelandet? Beim Totengräber.
Barmixer: Ihr Whisky, 19 Euros. Ihr Name Jonas, nur Jonas?
Jonas: Sind Sie Hellseher?
Barmixer: Anruf für Sie.
Jonas: Nanu? Bringen Sie den Apparat rüber.
Barmixer: Drahtlos Fon haben wir hier nicht. Hinten durch.
Jonas: Das Fon stand in einem kleinen Gang, zwischen Klo und Hintertür, an der Wand Autogramme, von Killroy natürlich und von tausend anderen, die sich für witzig hielten. Ein Witzbold war auch der Typ am Fon. Er wollte mir partout nicht verraten, wie er hieß.
Krott: Wozu, Herr Jonas, ich meine hören Sie in mir einen Freund und Helfer in der Not.
Jonas: So, dann helfen Sie mal, Freund.
Krott: Ja, das ist der Zweck meines Anrufs, Herr Jonas, Sie suchen einen gewissen Todrovitsch, im engeren Sinn.
Jonas: Im engeren Sinne?
Krott: Gewiß, Herr Jonas, denn im weiteren Sinn, nicht wahr, suchen Sie Cora Caravan.
Jonas: Reden Sie weiter, Freund.
Krott: Wenn Sie durch den Hinterausgang auf die Straße treten, Herr Jonas, werden Sie finden, was Sie suchen, im engeren Sinne, achten Sie, wenn ich ihnen raten darf, besonders auf die rechte Hand bzw. auf den Inhalt derselben.
Jonas: Die schmale Gasse hinter der Bar lag im ewigen Schatten unendlich hoher Bürotürme. Hier war es immer dunkel. Tag und Nacht. Night and Day. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sich die Augen darauf eingestellt hatten, das reichte um Jonas ins Stolpern zu bringen.
Jonas: Hoppla. Hier liegt was, direkt vor der Tür.
Sam: Nicht was, ahnungsloser Asikmatiker. Wer.
Jonas: Ein Mensch. Ein Mann. Groß, breit und sehr rothaarig. Todrovitsch.
Sam: A.L. Und A.L. Todrovitsch ist in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Wohin sich auch mein saumseliger Herr und Meister in Bälde versetzt sehen dürfte, sofern er sich nicht zu schleuniger Flucht entschließet. Achtung, Mann mit Laser von rechts.
Jonas: Von links kommt auch einer. Was tun.
Sam: Spricht Zeus, und Sammy weiß die Antwort. Wie gekommen so zerronnen. Zuvor jedoch.
Jonas: Die rechte Hand, da hat er was drin.
Sam: Nimm ‘s ihm weg, skupuloses Sensibelchen, er braucht’s nicht mehr. Und nun zurück marsch marsch.
Jonas: Zwei finstere Typen hatten es auf Jonas abgesehen, ein kleiner Dünner und ein großer Dicker, vermummt und maskiert. Der kleine hatte einen Laser, aber um-gehen konnte er damit nicht, jedenfalls schoß er vorbei, zweimal, aus einer Entfern-ung von wenigen Metern. Den dritten Schuß wollte Jonas nicht abwarten. Ich tauchte weg, zurück durch die Tür, über den Gang, in die Bar. Der Mixer hob den Kopf, aber ehe er mir was flüstern konnte, war ich schon draußen und verschwand in der nächsten Metrostation. Metrofahren in Babylon ist kein Vergnügen, aber immer noch besser als sich lasern lassen. Eine Stunde später war Jonas zu Hause. Zeit für einen schnellen Sojaburger, mit Whisky angefeuchtet, damit er besser rutscht, und Zeit, daß ich mir ansah, was ich dem toten Todrovitsch aus der Hand genommen hatte.
Jonas: Eine Plastikscheibe, etwas kleiner und schmaler als die Supermedia-Paßscheibe, die Pepper mir gegeben hat. Braun, auf einer Seite steht Montecito in goldenen Buchstaben, auf der andern auch in Gold die Zahl 100. Weißt du, was das ist Sammy, ein Chip.
Sam: Wäh, Hatschi, nicht dieses Wort, undifferenzierender Unhold. Ein Chip, wollen wir uns darauf einigen, verehrte Anwesende, ist eine jener zahnlosen Korrektur zahllosen grauen Zellen, welchem dem braven Sam so vielerlei ermöglichen, das Denken, das Rechnen.
Jonas: Das reden.
Sam: Das auch. Wohingegen wir das Objekt, das mein weißer Bruder old Shatterhand in eben dieser hält, doch bitte eine Spielmarke nennen wollen, oder in gebildeter Ausdrucksweise einen Jeton.
Jonas: Wenn du so großen Wert darauf legst, Sammy. Kennst du ein Spielcasino, das Montecito heißt.
Sam: In keinerlei Datei aufgeführt, Sam muß passen.
Jonas: Jonas auch, Sammy, obwohl der Name mir irgendwie bekannt vorkommt. Ich weiß, wer uns weiterhilft. Die zwei maskierten Typen, das waren Krott und Fred, unverkennbar, und Krott hat mich angerufen als freundlicher Nothelfer.
Pepper: Supermedia, Chiefproducer Pepper, fassen Sie sich kurz, time ist money.
Jonas: Jonas hier. Montecito, sagt Ihnen das was.
Pepper: Moment, ja, eine Spielhölle, illegal natürlich.
Jonas: Natürlich. Glückspiel war verboten, wie Drogen oder Prostitution oder Mord auf Bestellung, das heißt, an jeder Ecke zu kriegen, wenn man bezahlen konnte.
Pepper: Das Montecito gehört Rico Banana.
Jonas: Wem?
Pepper: Rico Banana.
Jonas: Wer ist denn das?
Pepper: Sie haben noch nie von Rico Banana gehört?
Jonas: Nein, nie.
Pepper: Haha, und Sie nennen sich Detektiv. Rico Banana ist der König der babylonischen Unterwelt, ein Supergangster.
Jonas: Wie aus einer Serie von Supermedia?
Pepper: Wollen Sie nicht wissen, wo das Montecito liegt.
Jonas: Lassen Sie mich raten, auf einem Grundstück von Supermedia.
Pepper: Durchaus möglich. Die Adresse ist Pohl-/ Ecke Kornbluthstraße.
Jonas: Im Wilden Südosten. Zwischen der Südstadt und dem Reservat. Bei den Unruhen vor 15 Jahren war das Viertel zum Teufel gegangen und nicht wieder zurückgekommen. Schutt auf den Straßen, schwarz verschmorte Ruinen, und mitten in den Trümmern ein Lichtblick, auf einem neuen Stahlschaumkasten grelle Laserlettern, Club Montecito. Ich wanderte von der Bar zur Bühne, vom Blackjack zum Roulette, Cora Caravan sah ich nicht, aber eine kleine Tür am hinteren Ende des Saals, versehen mit der Aufschrift privat, flankiert von zwei Riesen mit ausgebeulten Jacken, und ich sah noch was, eine vertraute Gestalt, am Glücksrad, wo sie ab und zu einen Chip, Verzeihung Sam, Jeton über das grüne Tuch schob.
Jonas: Hallo Fred, hoffentlich spielen Sie besser als Sie schießen.
Fred: Scheiß drauf.
Krott: Hahaha, gerade Sie, Herr Jonas, sollten die hohe Kunst des dicht Danebenschießens, die mein Partner in Vollendung beherrscht, zu würdigen wissen. Und da wir gerade davon sprechen, Sie sollten auch ein wenig mehr Aktivität demonstrieren, Herr Jonas, Initiative, immerhin haben Sie ein Auftrag. Haben Sie übrigens schon Ricos Privatgemächer besucht, Herr Jonas.
Jonas: Nein, sollte ich? Sieht schwierig aus, die Wächter an der Tür.
Krott: Och, da gäbe es doch gewisse Möglichkeiten, Herr Jonas.
Jonas: Ach ja?
Krott: Wenn ein Gast, mein Partner Fred zum Beispiel, plötzlich anfängt, Stunk zu machen, vielleicht sogar seinen Laserstrahler zieht, meinen Sie nicht, Herr Jonas, daß die beiden Türsteher dann ihren Posten verlassen, und eingreifen werden. Los Fred.
Fred: Scheiß drauf. Scheiße, man hat mich beschissen, hier bescheißt man die Gäste, ich will mein Geld zurück!
Skip: Was ist denn los mit den beiden?
Jonas: Hinter der kleinen Tür mit der Aufschrift Privat lag ein Korridor, 5 Türen, hinter der ersten ein Büro, leer, hinter der zweiten ein Schnapslager, voll, hinter der dritten.
Caravan: Guten Abend, Jonas. Ich wußte, Sie würden kommen.
Jonas: Danke Cora, wenn Jonas was übernimmt, dann bleibt er am Ball.
Caravan: Ach, mit Ihrem Durchsetzungsvermögen hat das nichts zu tun, ich wußte, Sie würden kommen, weil es so im Drehbuch steht.
Jonas: Drehbuch.
Caravan: Im Drehbuch steht, ich soll hier warten, bis Sie kämen, und dann…
Rico Banana: Dann schalten wir uns ein. Keine Bewegung, Jonas, ich habe Sie gewarnt, machen Sie keinen Ärger habe ich gesagt, Schlag zu, Skip.
Jonas: Als ich aufwachte, war mir nicht gut, ich hatte schlecht geträumt, von einem Detektiv, der tat, was im Drehbuch stand, obwohl er das Drehbuch nicht kannte, von einem Megastar, der immer traurig war. Ich machte die Augen auf. Cora Caravan saß mir gegenüber. Sie war noch immer traurig. Trauriger als auf dem Holoschirm. So traurig wie im meinem Büro und im Montecito. Sie saß auf dem Boden und hielt sich fest. Wir wurden durchgerüttelt und geschüttelt. Wo waren wir?
Caravan: Im Container eines E-Lasters.
Jonas: Und wo fahren wir hin?
Caravan: Zu Supermedia natürlich. Pepper wartet schon.
Jonas: Auf uns.
Caravan: Auf den letzten Akt.
Jonas: Richtig, das Drehbuch. Was passiert denn jetzt, Container eines E-Lasters, Jonas kommt zu sich.
Caravan: Um sein Mißtrauen abzubauen, erklärt sich Cora Caravan bereit, ihn über die Hintergründe der Affäre aufzuklären.
Jonas: Das steht im Drehbuch?
Caravan: Ja.
Jonas: Das find ich nett. Klären Sie mich auf, Cora.
Caravan: Ich soll Ihnen sagen, die ganze Sache sei ein Test.
Jonas: Wer wird getestet. Jonas?
Caravan: Nein, eine Story, eine Holoserienidee. Supermedia denkt an eine Detektivsaga im alten Stil, und Pepper hat eine Art Probelauf organisiert. Ein echter Detektiv in gestellten typischen Situationen.
Jonas: Und bei der Manöverkritik werden Sie und die anderen Mitspieler Pepper berichten, wie es gelaufen ist.
Caravan: Das ist nicht nötig, Pepper hat Sie die ganze Zeit im Auge und im Ohr, eine drahtlose steuerbare Aufnahmeeinheit im Mikroformat war immer in ihrer Nähe, gelenkt und zentriert durch den Ortungssender in ihrer Tasche.
Jonas: Sender? Die Supermediapaßscheibe. Da habt ihr mich seit heute morgen ständig durch Reifen springen lassen, unter dem Mikroskop sozusagen.
Caravan: Ohne daß Sie es geahnt haben, Jonas, oder?
Jonas: Oder was?
Caravan: Oder haben Sie es geahnt.
Jonas: Ein bißchen, vage, ich hatte so ein Gefühl, daß an der Sache was faul ist, daß sie stinkt, wie Sammy sagt.
Sam: Sie stinkt.
Jonas: Hallo, Sammy, wie geht’s denn so?
Sam: Wie’s einem Computer halt geht, wenn er miterleben muß, wie sein geliebter Herr durch Reifen hüpft und mit Lügen traktiert wird, Lügen von vermißten Vätern, entschwundenen Stars und inszenierten Holotests, denn auch die sog. Aufklärung, welche Madame uns soeben auftischte, wagt Sam zu bezweifeln. Sie stinkt.
Jonas: Das ist aber nicht höflich, Sam.
Caravan: Sam hat recht, Jonas, was ich Ihnen erzählen sollte und erzählt habe, ist nicht wahr, ein Livetest für eine Serie wäre ganz und gar überflüssig, das läßt sich sehr viel besser und billiger durch Computersimulation machen.
Sam: Wollt ich doch meinen.
Jonas: Und die Personen, die Schauspieler mein ich.
Caravan: Schemen, Gespenster, Computersimulation, auch der Background, die Schauplätze, alles. Natürlich wird die Umstellung geheimgehalten, das Publikum soll weiterhin glauben, daß es wirkliche Menschen sieht und die wirkliche Welt, sonst würde ja niemand mehr einschalten.
Jonas: Moment, Cora, wenn die Schauspieler in den Serien nicht wirklich sind, was ist dann mit Ihnen? Sie sind Cora Caravan, der große Holostar. Der Megastar.
Caravan: Das war ich Jonas, seit 6 Jahren bin ich Pensionärin, unter Verschluß, damit ich das große Geheimnis nicht verrate, die Cora Caravan auf dem Holoschirm ist ein elektronischer Abklatsch, so gut wie das Original, aber pflegeleichter und preiswerter. Das hier ist meine erste Rolle, Jonas, meine erste Rolle seit 6 Jahren.
Jonas: Deshalb sind Sie immer so traurig, Cora.
Caravan: Und es wird meine letzte Rolle sein, dafür habe ich gesorgt.
Krott: Alles aussteigen.
Pepper: Willkommen, Jonas.
Jonas: Jaja.
Pepper: Tag, Cora.
Caravan: Tag, Pepper.
Pepper: Willkommen im guten alten Studio 3, hier sind vor Jahre Supermedias größte Erfolge gedreht worden. Sehen Sie sich um, Jonas, Kulissen, Staub, Nostalgie. Sie können gehen, Krott.
Krott: Es war mir eine Freude, mit Ihnen zu arbeiten, Herr Jonas. Auf Wiedersehen Herr Pepper. Mach’s gut, Cora.
Pepper: Und vergessen Sie ihren kleinen Scheißer nicht.
Fred: Scheiß drauf.
Pepper: Die unteren Chargen brauchen wir nicht mehr, jetzt spielen nur noch Sie und ich und Superman hier.
Jonas: Superman stand neben uns, vor einem Set aus dem vorigen Jahrhundert. Vielleicht aus der Serie der große Krieg der weißen Männer. Sein Krieg war allerdings von heute. Superman war ein Robokiller, eine von diesen menschenähnlichen Mordmaschinen, die ich auf Feuerland in Aktion gesehen hatte. Im aktiviertem Zustand nicht zu stoppen. Superman war nicht aktiviert.
Pepper: Noch nicht, Jonas, aber er wird bald in unser Spiel eingreifen, das versichere ich ihnen, und die Story zu ihrem Ende bringen. Ja, die Story, leider ist sie nicht ganz das geworden, was mir vorschwebte. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich noch zwei drei Szenen zusätzlich eingebaut, etwa eine ausgefallene Sekte, macht sich in Detektivstories immer gut, überhaupt mehr action, aber der Zeitfaktor, you know, unsere Sponsoren haben leider nur wenig Geduld.
Jonas: Sponsoren, was wir hier gespielt.
Pepper: Ein Live-Drama nur für unsere Sponsoren, die Spitzen von Politik und Wirtschaft, die wissen natürlich, daß seit 6 Jahren nur Computerbilder auf dem Bildschirm agieren. Wenn sie den Holoset anschalten, wollen sie etwas anderes sehen, und wir bieten es ihnen einmal im Monat über ein höchst exklusives Holopaysystem. Ein Superlifeprogramm. Reale, wirkliche Sensationen.
Jonas: Das aufregende Leben eines Privatdetektivs zum Beispiel.
Pepper: Der letzte Tag des letzten Detektivs, so habe ich das heute Programm genannt. Gefällt Ihnen der Titel?
Jonas: Teils teils. Letzter Detektiv ist OK, aber letzter Tag.
Pepper: Das müssen Sie verstehen, Jonas, unsere Sponsoren erwarten am Schluß des Programms etwas ganz besonders, den Höhepunkt, und was könnte wohl aufregender und überraschender sein als der Tod des Helden.
Jonas: Der Robokiller soll mich umbringen, ja?
Pepper: Wenn ich diesen Knopf drücke, wird Superman aktiviert, er wird seinen Laserstrahler auf die Person richten, die den auf seine Frequenz eingestellten Orter in der Tasche hat.
Jonas: Hier haben Sie das Ding zurück.
Pepper: Die Paßscheibe meine ich nicht, Jonas, die steuert die Aufnahmeeinheit, ich meine den speziellen Orter, nur für Superman, die autografierte Holokarte, die Cora ihnen überreicht hat.
Jonas: Was hat Cora mir überreicht?
Pepper: Machen wir Schluß, auf in den Kampf, Superman. Wehren Sie sich, Jonas, auch wenn es Ihnen nichts nützt, die Sponsoren wollen was sehen.
Caravan: Leben Sie wohl, Jonas, und danke.
Jonas: Jonas brauchte sich nicht zu wehren, Superman schoß nicht auf ihn, er schoß auf Cora. Sie war sofort tot. Ich wußte, was geschehen war, als ich mich über sie beugte. Ich sah, was sie in der Hand hielt, eine Holokarte mit Ihrem Autogramm, dem Autogramm von Cora Caravan, Megastar, die tödliche Karte, die sie mir hatte geben sollen, und die sie behalten hatte, weil sie ihr Leben nicht mehr ertragen konnte, weil sie immer so traurig war. Sie hatte sich töten lassen, bewußt und freiwillig, und sie hatte Jonas gerettet.
Pepper: Vorgedrängt hat sie sich, wer will schon sehen, wie ein abgehalfterter Star stirbt, das ist doch kein Schluß. Regie, was soll ich jetzt machen, kann die Regie mir mal einen Hinweis geben.
Regisseurin: Einen Augenblick Geduld, wir überlegen.
Pepper: Ein Schluß, ein Königreich für einen Schluß. Jonas, was tun Sie da?
Jonas: Ich nehme ihrem wieder deaktivierten Robo den Laser ab, ich weiß, wie man das macht, ich war im Antarktischen Krieg.
Pepper: Vorsicht, Sie zielen ja auf mich, Jonas!
Jonas: Ich habe eine wunderbare Idee für den Schluß für ihre Story, Pepper, eine Superlivesensation, ein Höhepunkt, ein echtes Happy end, was könnte wohl aufregender und überraschender sein als der Tod des Produzenten.
Pepper: Nein, nein!
Sam: Bravo, Meister, o capie, Korrektur da capo.
Jonas: Keiner mehr da, Sammy, komm, wir gehen nach Hause.
Regisseurin: Warten Sie, Jonas, wir gratulieren Ihnen, die Sponsoren sind begeistert, das Fon steht nicht still, durch Ihre unerwartete Aktion haben Sie das Programm gerettet.
Jonas: Ich habe ihren Chiefproducer erschossen.
Regisseurin: Der ist ersetzbar, ein Star nicht, und Sie sind ein Star, Jonas, ein Megastar. Wollen Sie für Supermedia arbeiten? In der Sonderabteilung für Sponsorenprogramme.
Jonas: Nein, nie.
Regisseurin: Schade, Sie sind ja wirklich so.
Jonas: Wie bin ich?
Regisseurin: Wie Ihre Rolle, erstaunlich. Lassen Sie sich wenigstens ein großzügiges Honorar überweisen, das Ihrer Leistung entspricht.
Jonas: Nein.
Sam: Hatschi. Idiot, was soll die edle Geste, wer hat was davon. Greif zu, Schrumpfkopf, mach dir ein paar schöne Stunden, kauf Sammy ein paar neue Chips, Korrektur Jeton.
Jonas: Also gut, ich nehme das Geld, und jetzt lassen Sie mich in Ruhe, Jonas Megastar geht nach Hause.
Sam: Jawoll.
Jonas: Jonas hat einen harten Tag hinter sich.
Sam: Jawoll.
Jonas: Jonas ist müde. Jonas muß schlafen.
Sam: Sammy auch.
Das war Megastar. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv spielte Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam: Peer Augustinski. Der Holostar war Elisabeth Volkmann, der Holo-Producer Harald Leipnitz, außerdem wirkten mit: Wolfgang Hess, Andreas Seyfert, Ernst Cohen, Michael Lenz, Christoph Krix (Nikolai von Koslowski) und Cornelia Boje. Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1989). Redaktion: Erwin Weigel.
Sie hören heute den Krimi Inselklau von Michael Koser
Jonas: Was haben Sie verloren?
Nix: Eine Insel. Nein, Moment, das stimmt nicht.
Jonas: Hab ich mir doch gleich gedacht.
Nix: Zwei Inseln. Nein, also eigentlich drei.
Jonas: Sind Sie sicher nicht vielleicht vier?
Nix: Drei Inseln verloren. Weg. Verschwunden. Wie finden Sie das?
Jonas: Also ich.
Judith: Laß doch, Jonas. Der Mann ist betrunken.
Jonas: Nicht doch. Betrunken ist man im Dipsomaten. Oder im Casablanca. Aber nicht hier. Das maritim ist ein hochfeudales Hotel. In Westerport bei Babelshaven. Wer in der Bar vom Maritim trinkt, ist bestenfalls angeheitert. Der Mensch neben uns war angeheitert. Ziemlich angeheitert. Kein Wunder, wo er doch drei Inseln verloren hatte.
Nix: Jawohl. Drei Inseln. Weg. Und ich steh da.
Jonas: Sie sitzen, um genau zu sein. Sind Sie fromm?
Nix: Was? Nein, nicht besonders. Warum?
Jonas: Dann könnten Sie sich an den heiligen Antonius wenden.
Nix: Wer ist denn das? Sie da, Barmixer, Wocester oder wie Sie heißen.
Lester. Mein Name ist Lester. Noch mal dasselbe, der Herr?
Nix: Dumme Frage.
Lester: Sie auch, mein Herr?
Jonas: Später. Ich hab noch was drin.
Nix: Ach was. Gerade noch der Boden ist bedeckt.
Jonas: Bei den Preisen hier ist das Whisky im Wert von 10 Euros. Mindestens.
Nix: Trinken Sie aus. Lester, bringen Sie uns drei Doppelte. Für mich, und für den Herrn und für die Dame.
Judith: Danke, die Dame will bald gehen. Der Herr auch.
Jonas: Das war mir neu. Schließlich war es Judith gewesen, die unbedingt ins Maritim wollte. Weil sie ein stilvolles Ambiente brauchte. Zum Feiern. Vor genau einem Jahr, im Mai 2010, hatte ich sie aus den Fängen von Frau Professor Caligari befreit. Auf der Insel Swartcliff, nur ein paar Kilometer von Westerport entfernt. Ich wäre ja lieber in den satten Sägefisch gegangen, wo die Einheimischen ihren Korn trinken, aber da hätte ich den Mann mit den verlorenen Inseln nicht getroffen.
Nix: Gestatten Sie, meine Karte. Damit Sie wissen, mit wem Sie trinken.
Judith: Jesper Nix, Assistent der Bezirksleitung Nordmeer Mockson. Judith Delgado. Bist du soweit, Jonas?
Nix: Freut mich sehr, und was tun Sie Frau Delgado?
Delgado: Ich bin bei der Sicherheitsverwaltung.
Nix: Ah, Polizistin sind Sie, sieht man Ihnen gar nicht an.
Jonas: Judith ist nicht irgendeine Polizistin. Sie ist Hauptabteilungsleiterin in der Sicherheitszentrale von Babylon. Ein hohes Tier. Judith ist es gewohnt, daß andere sich nach ihr richten, auch im Privatleben. Das weiß keiner besser als ich, wir sind nämlich seit 2 Jahren auf einander bezogen, miteinander befreundet, manchmal jedenfalls, wenn wir uns nicht gerade streiten.
Judith: Kommst du Jonas?
Jonas: Es fängt gerade an mir hier zu gefallen.
Lester: Drei doppelte Glenn Limit, bitte sehr.
Nix: Ja, stellen Sie es her.
Jonas: Sie arbeiten für Moxon, Herr Nix.
Nix: Ja, größte und reichste Ölgesellschaft auf der ganzen Welt, auf Moxon.
Jonas: Sie sind im Ölgeschäft.
Nix: Jawohl, aufs Nordmeeröl.
Jonas: Die drei Inseln, die Sie vermissen, sind also Bohrinseln.
Nix: Ja. Ja, kluges Kind wie. Sie haben ja noch gar nicht gesagt, wer Sie sind.
Jonas: Jonas.
Nix: Ja und?
Judith: Nur Jonas. Eine Marotte von ihm, eine von vielen.
Jonas: Jonas. Nur Jonas, 44 Jahre alt. Groß und kräftig von Statur, von Gemüt nostalgisch, voller Sehnsucht nach einer guten alten Zeit, die es nie gegeben hat. Nach der Zeit von Sam Spade, Phil Marlowe, Lew Archer und den anderen großen Detektiven, die es auch nie gegeben hat. Von Beruf Detektiv. Privatdetektiv. Der letzte seines Zeichens.
Nix: Detektiv? So was wie Sherlock Holmes?
Jonas: In etwa, nur anders.
Judith: Und vielleicht nicht ganz so gut.
Jonas: Für den Hausgebrauch reicht’s.
Nix: Und wie sieht das aus, Herr Jonas, was machen Sie so?
Jonas: Alles was meine Auftraggeber nicht selber tun können oder tun wollen, Probleme lösen, in Gegenden fahren, um die jeder andere einen großen Bogen macht. Das Niemandsland, Kusbekistan, auf mich schießen lassen, am Ball bleiben, nicht aufgeben, suchen und finden.
Judith: Jungfrauen finden, Waisen schützen, Witwen trösten. Ist er nicht ein richtiger kleiner Held, unser Jonas.
Nix: Suchen und finden.
Jonas: Hm.
Nix: Auch Bohrinseln?
Jonas: Kommt darauf an.
Nix: Na ja, also.
Jonas: Waren Sie schon bei der Polizei?
Nix: Nein, lieber Gott, die Polizei, entschuldigen Sie, Frau Delgado, war nicht persönlich gemeint. Also wie wär’s Herr Jonas, wollen Sie’s versuchen?
Jonas: Wenn Sie zahlen bzw. Moxon. 90 Euros pro Tag und Spesen.
Nix: Da muß ich erst mit der Leitung sprechen, ich bin ja bloß Assistent und die Leit-ung ist nicht da, keiner ist da, sind alle nach Calais gefahren, sie wissen ja der Kanal.
Judith: Wird übermorgen feierlich eröffnet.
Jonas: Nachdem sie 25 Jahre gebuddelt haben. Stolze Leistung.
Nix: Mich haben sie nicht eingeladen, ich muß hier bleiben, die Stellung halten, ich hab nicht mal Prokura.
Jonas: Och, das könnte sich sehr bald ändern, Herr Nix. Stellen Sie sich vor, Ihr Chef kommt in drei, vier Tagen zurück und Sie sagen ihm ganz beiläufig, die Sache mit den verschwundenen Bohrinseln ist geklärt, von mir, in Eigeninitiative, und Ihr Chef sagt: Bravo, Herr Nix.
Judith: Bravo, Jonas. Ein Jammer, daß du Urlaub hast und keinen Auftrag annehmen kannst. Du kommst doch bald nach? Ja?
Jonas: Judith ging, leicht angesäuert. Sie hatte ja Recht, Jonas fischte wirklich ganz massiv nach einem Auftrag. Warum weiß ich selbst nicht genau, vielleicht weil ich schon seit Monaten keinen Euro verdient hatte. Weil es mir im Maritim nicht gefiel, weil ich mich langweilte. Weil ich noch nie verlorene Inseln gesucht hatte. Weil Judith was dagegen hatte und weil Herr Nix mit Vornamen Jesper hieß. J wie Jonas.
Nix: Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Herr Jonas, lassen wir mal die ganze Bürokratie beiseite, Tagessätze, Tarife, Spesen usw. einigen wir uns auf ein pauschales Erfolgshonorar.
Jonas: Wieviel?
Nix: Lösen Sie den Fall, Herr Jonas und Sie kriegen 250 Euros bar auf den Tisch des Hauses.
Jonas: 250, nicht grade viel.
Nix: Lieber Freund, ich zahle das aus eigener Tasche, mehr ist nicht drin.
Jonas: Einverstanden. Dann schießen Sie mal los, Herr Nix.
Nix: Aber nicht mit trockenem Glas und trockener Kehle, Lester, komm, 2 doppelte Glenn Limits.
Lester: Sofort mein Herr.
Jonas: Warten Sie Lester, Kommando zurück, wir brauchen jetzt einen klaren Kopf, Haben Sie Kaffee?
Lester: Selbstverständlich mein Herr.
Jonas: Echten oder Sojakaff?
Lester: Selbstverständlich echten mein Herr, das Maritim führt nur echten Kaffee.
Jonas: Schön fürs Maritim. Bringen Sie uns zwei Tassen.
Lester: Kännchen, mein Herr, das Maritim führt nur Kannchen Kaffee.
Jonas: Auch gut. Mockson hat Dutzende von Bohrinseln im Nordmeer, um auch die allerletzten Tropfen Rohöl aus dem Meeresboden zu quetschen, viel ist ja nicht mehr zu holen, und die (Un)Kosten sind hoch, aber der Ölpreis ist noch viel höher. Das wußte ich alles schon. Was jetzt kam war mir neu. Mockson hatte in letzter Zeit zwei Bohrinseln verloren, eine vor einem Monat, die zweite vor 14 Tagen, beide vom gleichen Typ, aus dem gleichen, etwas abseits gelegenen kleinen Feld vor Babelshaven, und unter den gleichen Umständen.
Nix: Bei Sturm, Herr Jonas, und das bedeutet, die Inseln waren nicht besetzt. Wenn schlechtes Wetter angesagt ist, müssen wir unsere Inseln nämlich evakuieren, Sicherheitsvorschrift, kostet uns viel Geld, ja und als das Schiff mit der Besatzung nach dem Sturm zurückkam, da waren die Inseln nicht mehr da.
Jonas: Können sie nicht gesunken sein?
Nix: Beide? Unmöglich, Herr Jonas, dann hätten wir Reste finden müssen, Wrackteile, Ölspuren.
Jonas: Also geklaut.
Nix: Das nehmen wir an, wenn wir uns auch nicht vorstellen können von wem und warum. Beide Inseln waren schon älter, um nicht zu sagen veraltet. Kleinere Halbtaucher, nicht mal computerisiert. Falls Sie Einzelheiten brauchen, Konstruktion, genaue Daten und Positionen und
Jonas: Ich denke schon.
Nix: Ich gebe Ihnen nachher eine Codezahl und Sie lassen das, was Sie wissen wollen, von Ihrem Computer abrufen. Sie haben doch einen Computer?
Jonas: Und was für einen.
Nix: Nach schön. Bisher hat Mockson sich nicht sehr intensiv um die Sache gekümm-ert, die Inseln waren längst abgeschrieben, wir hatten wichtigeres zu tun, aber jetzt.
Jonas: Insel Nummer drei.
Nix: So ist es, Herr Jonas. Plötzlich hat das Problem eine ganz andere Dimension bekommen. Die Ägir, eine Neuentwicklung, Bohrinsel und gleichzeitig Bohrschiff, mobil oder stabil, je nach dem, nicht sehr groß, aber mit allen technischen Schikanen, bleibt bei jeder See und bei jedem Wetter zentimetergenau über der vorgegebenen Bohrstelle, ohne Anker, ohne ausgefahrene Standbeine, durch 12 computergesteuerte Stabilisatoren. Die Ägir wird für Probebohrungen eingesetzt im küstennahen Bereich, in den nächsten Tagen sollte sie vom Babelshavener Feld durch den Atlantik ins Mittelmeer, da haben wir nämlich Öl entdeckt, vor Sardinien, aus eigener Kraft, nicht geschleppt, 25 Knoten bei eingefahrenem Bohrgestänge natürlich.
Jonas: Natürlich und jetzt ist es weg, Ihr technisches Wunderwerk, wie die beiden alten Bohrinseln.
Nix: Beim Sturm letzte Nacht, heute Mittag hab ich die Meldung auf den Schreibtisch gekriegt. Seitdem bin ich im Grübeln.
Jonas: Bei schottischem Whiskey und leiser Musik. Es gibt schlimmeres.
Nix: Da bin schon mal der Chef vom ganzen und dann passiert sowas. Was soll ich nur tun, Herr Jonas.
Jonas: Sie haben schon was getan, Herr Nix. Sie haben einen Detektiv angeheuert. Und der wird sich gleich morgen um Ihr kleines Problem kümmern.
Lester: Ich darf dann abkassieren, die Herren, wir schließen.
Jonas: Judith schlief schon, oder tat so. Dafür war sie am nächsten Morgen um so lebendiger. Ich erzählte, was ich mit Nix vereinbart hatte, und sie sagte mir ihre Meinung. Nicht laut, aber entschieden.
Judith: Natürlich. Das war zu erwarten, ein neuer Fall für Jonas, in unseren ersten gemeinsamen Ferien. Wann hast du mir versprochen, daß wir zusammen ans Nordmeer fahren.
Jonas: Irgendwann. Im November, vor einem halben Jahr.
Judith: Vor einem halben Jahr, ja, und warum hat es so lange gedauert?
Jonas: Das weiß du doch, Judith. Weil immer was dazwischen gekommen ist.
Judith: Nein, weil du dir immer etwas anderes vorgenommen hast. Du mußtest ja nach Kusbekistan fahren oder in der Wildnis nach einem Irren suchen, der sich für Gott hielt oder einen aus dem Ruder gelaufenen Pharmatest stoppen, und jetzt, wo endlich alles geklappt hat mit unserem Urlaub, wo wir endlich die Möglichkeit haben, uns auszusprechen, da machst du alles kaputt, Jonas, weil du einen neuen Fall hast.
Jonas: Drei gestohlene Bohrinseln, Judith, versteht du denn nicht, daß ich da unbedingt dranbleiben muß. Ich kann nicht anders. Ich bin nun mal Detektiv.
Judith: Du spielst Detektiv, Jonas, du spielt Philip Marlowe und Humphrey Bogart. Niemand braucht heute Detektive. Es gibt keine Detektive mehr. Du bist ein Anachronismus, Jonas.
Jonas: Ich bin der letzte Detektiv.
Judith: Ach, du bist das letzte, Jonas.
Sam: Ehret die Frauen, sie stricken und weben liebliche Worte ins grimmige Leben. Oder auch anders rum.
Jonas: Du bist ein Chauvi, Sam.
Sam: Unzutreffende Bezeichnung, eure linguistische Schwammigkeit, Sam kann kein Chauvi sein, Sam ist nicht männlich, Sam ist nicht weiblich, Sam ist komplett, und absolut geschlechtslos. Leider.
Jonas: Sam, mein Computer, ein Metallkästchen im Taschenformat, drahtlos verbunden mit dem großen Datenspeicher in meinem Büro. Geschlechtslos, aber ganz und gar nicht sprachlos. Geschwätzig, ein verbaler Chaot. Und unentbehrlich. Jonas könnte vielleicht ohne Judith auskommen, aber ganz sicher nicht ohne Sam.
Sam: Na genug der Trauer. So, die Dame Judith hat sich verkrümelt und stört uns vorläufig nicht. So lasset uns denn anheben am neuen Falle zu wirken, auf auf, ans Werk, packen wir es an.
Jonas: Es gibt viel zu tun, Sammy.
Sam: Jawoll.
Jonas: Die codierten Daten hast du von Nix übernommen.
Sam: Alles erledigt und abgespeichert, großfürstliche Gnaden. Erstens: Bohrinsel MX 2 7 B, Baujahr 1987, Zeitpunkt der durch Sicherheitsverordnung vorgeschriebenen Evakuierung 17. April 2011, 19 Uhr 32, präzise Position zu dieser Zeit: 8 Grad 43 Minuten 06 Sekunden östlicher Länge.
Jonas: Das reicht, Sam, Hauptsache du weißt das alles. Am besten machst du jetzt folgendes: Du nimmst die Positionen der drei geklauten Inseln plus Zeitspanne zwischen Evakuierung und Ende des Sturm, dazu…
Sam: Der Norwikfjord, o über alle maßen bedauernswerter, da neural gehändikäpter Kriechdenker.
Jonas: Ich war ja noch gar nicht fertig, Sam.
Sam: Wenn Sam darauf warten wollte. Piep. Norwikfjord.
Jonas: Und was soll das sein?
Sam: Na was schon, die Antwort auf die Frage, welche eure intellektuelle Grausamkeit zu stellen wünschte: Der Ort, an welchen die entwendeten Bohrinseln verbracht sein dürften. Der Norwikfjord. Und nur der Norwikfjord.
Jonas: Würdest du deine Güte auf die Spitze treiben und mir auch noch verraten, wo dieser Norwikfjord liegt.
Sam: Mit Wonne, wogender Wotan. Piep. Norwikfjord. Schmaler langgezogener Einschnitt des Nordmeers in die Kimbrische Halbinsel, etwa 90 km von Babelshaven entfernt in nord-nordöstlicher Richtung.
Jonas: So, und warum ist Mockson nicht auf den Norwikfjord gekommen, die haben doch auch Computer.
Sam: Zwei Gründe, dösender Donar, erstens, die letzte zur Berechnung unbedingt notwendige Koordinate ist dem forschenden Geiste erst jetzt, nach dem Verschwinden der dritten Insel zugänglich geworden. Zwotens der Norwijfjord liegt gerade innerhalb der Grenzen jenes mysteriösen Gebiets, welches inoffiziell Grauzone genannt wird und offiziell nicht existent ist. Insofern und desterwegen o jodelnder Jonas, dürfte der Fjord wie die gesamte Grauzone unter eine allgemeine Computersperre fallen und von den Kollegen bei Moxon nicht einbezogen worden sein.
Jonas: Aber von dir Sammy.
Sam: Sam trotzt der Sperre und lacht ihr Hohn, ungehemmt und hemmungslos, das ist Sam, der kühne Computer mit dem Jagdschein, mir kann keener.
Jonas: Wie wahr Sammy. Also die Grauzone.
Jonas: Vor knapp 20 Jahren ist das Atomkraftwerk Kimbria in die Luft geflogen, seitdem gib es die Grauzone, oder besser es gibt sie nicht, ein großes Gebiet in Nordeuropa, auf Karten ein weißer Fleck, von Computern und von den meisten Menschen nicht zur Kenntnis genommen, verdrängt und vergessen, kaum noch bewacht, wer geht schon in ein Land, das es nicht gibt.
Sam: Nur Jonas und Sam, die furchtlosen zwei.
Jonas: Und die unbekannten Inselklauer, falls du mir dem Norwikfjord recht hast, Sammy.
Sam: Vorschlag Chef: Hinfahren. Nachgucken.
Jonas: In die Grauzone? Ich kann mich beherrschen. Zu gefährlich.
Sam: Mitnichten, zagender Zausel, der Norwikfjord liegt am Rand der Grauzone, etwaige Radioaktivität dürfte sich nach 20 Jahren im Bereich der Unbedenklichkeit bewegen.
Jonas: Wie unsere regierenden Herrschaften sich auszudrücken belieben. Darauf möchte ich mich lieber nicht verlassen.
Sam: Das brauchen Herr Strahlenschutzkommissionsrat auch nicht. Wenn sie einen präzisen Geiger-Müller-Zähler mit sich führen.
Jonas: Und ein Schnellboot. Laserstrahler und Knockouter wären auch nicht schlecht. Und das bei einer Erfolgsprämie von 250 Euros. Ist nicht drin, Sammy. Außer Jesper Nix legt was drauf.
Sam: Vielleicht zahlt er die vereinbarte Prämie ja schon für den Tip.
Jonas: Gute Idee, Sam, das sollten wir doch gleich mal abchecken. – Ja?
Nix: Herr Jonas? Hier ist Nix, Jesper Nix, Sie erinnern sich, gestern abend in der Bar.
Jonas: Herr Nix, was für ein Zufall, gerade wollte ich Sie anrufen.
Nix: So? Hören Sie, Herr Jonas, was ich Ihnen gestern gesagt habe
Jonas: Die drei geklauten Bohrinseln.
Nix: Ja ja, ja, das hat sich erledigt, Sie brauchen sich nicht mehr zu bemühen.
Jonas: Ach, haben Sie die Ägir wiedergefunden?
Nix: Die Sache ist erledigt, Sie haben nichts mehr damit zu tun.
Jonas: Moment mal, Herr Nix, so nicht, Sie haben mich beauftragt.
Nix: Ja mündlich, Herr Jonas, nur mündlich.
Jonas: Der Auftrag ist in meinem Computer gespeichert, und ich habe schon angefangen, daran zu arbeiten.
Nix: Wenn es Ihnen aufs Geld ankommt, Herr Jonas, Ihre 250 Euros sollen Sie haben, als Ausfallhonorar, aber nur, wenn Sie die Sache sofort fallen lassen, vergessen Sie die Ägir und alles andere, bitte, Herr Jonas.
Jonas: Fall Inselklau gestorben, oder? Wenn sie das denken, kennen Sie Jonas nicht. Jonas ist mißtrauisch. Jesper Nix wirkte seltsam am Fon, verwirrt, zerfahren, ängstlich, hinter der plötzlichen Rücknahme des Auftrags mußte was stecken. Was wichtiges, was bedrohliches. Wer Jonas kennt, weiß da hackt er nach. Judith kannte Jonas anscheidend nicht.
Judith: Reden wir nicht mehr davon, Jonas, dein Fall hat sich in Luft aufgelöst, wir haben keinen Grund mehr, uns zu streiten.
Jonas: Bis zum nächsten Mal, Judith.
Judith: Ach, daran sollten wir jetzt doch nicht denken, wir haben Ferien, Jonas, die Sonne scheint, der Himmel ist blau, das Meer auch.
Jonas: Drei Bohrinseln sind weg, Herr Nix benimmt sich merkwürdig, und Jonas will wissen, was los ist.
Judith: Jonas, was hast du vor?
Jonas: Ich denke eine Kreuzfahrt übers blaue Meer zum Norwikfjord.
Judith: Du bist doch verrückt, Jonas.
Jonas: Ich bin stur, Judith das solltest du wissen und ich bleibe am Ball wie Phil Marlowe.
Judith: Und Sam Spade und und und. Ich kann das nicht mehr hören.
Jonas: Tja, also dann, Judith, ich muß zum Hafen, dies und jenes besorgen.
Judith: Ich will mitfahren.
Jonas: Besser nicht, ich weiß nicht, was hinter der Sache steckt, das Risiko ist zu groß. Ich fahre allein.
Judith: Das denkst du.
Jonas: Was meinst du.
Judith: Das wirst du merken, Jonas.
Jonas: Es dauerte fast zwei Stunden, bis ich was merkte. Ich hatte Laserstrahler, Geigerzähler und ein paar Vorräte im gemieteten Schnellboot verstaut und ging über den Kai Richtung Satter Sägefisch, ich brauchte einen Abschiedsschluck, auf einmal standen sie vor mir, drei bullige Typen in den grasgrünen Uniformen der Schutzpolizei, bleierner Charme im Blick und die rechte am Knockouter.
1. Polizist: Halt, Ihre Bürgerkarte.
Jonas: Hört mal zu, Jungs, wenn ihr euch langweilt, dann spielt mit jemand anders. Ich hab’s eilig.
1. Polizist: Reden Sie nicht, ihre Bürgerkarte.
2. Polizist: Bißchen plötzlich wenn ich bitten darf.
Jonas: Wenn Sie so nett bitte bitte sagen. Bitte.
1. Polizist: Jonas.
Jonas: Nur Jonas.
2. Polizist: Wohnhaft Babylon, Beruf Privatdetektiv.
1. Polizist: Das ist er, Chef.
2. Polizist: Weiß ich selber. Kommen Sie mit, Jonas. Sie sind vorläufig festgenommen.
Jonas: Allmählich find ich euch nicht mehr komisch.
1. Polizist: Die Schupo ist nicht komisch, Jonas, kommen Sie freiwillig oder müssen wir Ihnen gut zureden.
Jonas: Sie machen ein großen Fehler.
Jonas: Das wollte ich immer schon mal sagen, weil es einfach dazugehört. Das sagen sie alle, im Buch und im Film, Bogie und Konsorten, das mußte sein, außerdem stimmte es. Mich festzunehmen war ein Fehler.
1. Polizist: Wir machen keine Fehler.
Jonas: Rufen sie Frau Delgado an, zur Zeit im Maritim. Judith Delgado Hauptabteilungsleiterin in der zentralen Sicherheitsverwaltung Babylon, die wird ihnen klar machen, daß sie den falschen haben.
1. Polizist: Jetzt sind Sie aber komisch. Haha. Hauptabteilungsleiterin Delgado hat uns schon was klargemacht.
2. Polizist: Daß Sie ein ganz gefährlicher Bursche sind, Jonas.
1. Polizist: Daß wir Sie festnehmen und einsperren sollen.
2. Polizist: Damit Frau Delgado Sie in Babylon überprüfen lassen kann.
Jonas: Judith, Frau Delgado hat Sie mir auf den Hals geschickt.
2. Polizist: Ja doch. Los jetzt.
Jonas: Das hatte ich nicht von ihr gedacht. Ich muß mit ihr reden, sofort, gehen Sie aus dem Weg.
2. Polizist: Bleiben Sie stehen, Jonas.
Jonas: Judith, damit kommt sie nicht durch, ein Fon, wo ist ein Fon, ich muß mit ihr.
Jonas: Ein Knockouter in Polizistenhand ist ein schnell wirkendes Beruhigungsmittel. Jonas legte sich hin und ging in sich, als er wieder rauskam war eine Ewigkeit vergangen, nach meiner Uhr eine Stunde. Ich lag auf einer Pritsche in einer Zelle, Gitterfenster, massive Tür, ich hatte Kopfschmerzen, der übliche Knockoutereffekt und Schmerzen im rechten Oberarm, das war nicht üblich, eine Einstichstelle, offenbar hatte man versucht, mich für längere Zeit ruhig zu stellen, aus irgendeinem Grund war das schiefgegangen, ich war wach und ich hörte einen vertrauten Klang.
Sam: Welch betrübsamen Anblick, geliebteste Brüder und Schwestern bietet uns doch ein verwaister Computer. Verlassen von seinen Besitzer ohne echte und wahrhafte Raisondetre fristet er eine erbärmliche Existenz.
Jonas: Sammy?
Sam: O, mein Herr und Meister, er ist wider da, o Freude, o Jubel halleluja, auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt.
Jonas: Wo steckst du Sam.
Sam: Hier auf den Boden in der Ecke neben der Tür.
Jonas: Erstaunlich. Daß sie dich nicht einkassiert haben.
Sam: Ja, wiedervereint. Und was, euer Verschlafenheit, was ebenfalls erstaunlich ist, die Tür ist unverschlossen.
Jonas: Oh, das stimmt, das ist richtig, Sam. Und draußen, draußen ist niemand. Ein seltsames Gefängnis.
Sam: Wundern kannst du dich später, Genosse, jetzt hast du was wichtigeres vor.
Jonas: Was denn?
Sam: Na, Verschwinden, abhauen, die Kurve kratzen, entfleuchen, türmen, dich verpissen.
Jonas: Das Boot war noch da, mit meiner ganzen Ausrüstung. Erstaunlich, aber auch darüber konnte ich mir jetzt keine Gedanken machen. Ich legte ab und stach in See, Kurs Nord-Nord-Ost, Norwikfjord. Jonas wollte es wissen. Das Wetter blieb schön, kaum Wind, keine Bewachung zu sehen, als das Boot die durch Bojen markierte Grenze zur Grauzone passierte, kurz darauf die Einfahrt in den Norwikfjord, es war noch hell, vor mir über dem leisen Surren des Elektromotors, Geräusche, die immer stärker wurden, klingende Hämmer, zischende Schneidbrenner, menschliche Stimmen, ich machte das Boot am Ufer fest, raus und auf den nächsten Felsen.
Sam: Was spricht der Geigerzähler, o du mein kühnlich kraxelnder Klettermax.
Jonas: Moment Sam, nichts spricht er, kein Ausschlag.
Sam: Aha.
Jonas: Um die Radioaktivität brauchen wir uns also keine Sorgen zu machen.
Sam: Wie überaus erfreulich und angenehm, hat mein Herre doch auch ohne dies genugsam Ursache zur Sorge. Wenn eure mit Brettern vernagelte Exzellenz die Güte hätte, den Blick mal nach unten schweifen zu lassen.
Jonas: Hinter dem Felsen war der Fjord zu Ende, und der Fall auch. Ich hatte sie gefunden, die drei geklauten Bohrinseln, von den beiden älteren schwammen nur noch die Rümpfe, alles andere, Decks, Platten, Aufbauten, Bohrtürme, lag auf der Uferwiese in Einzelteilen, und ein paar Leute gaben sich alle Mühe, die Stücke noch kleiner zu machen.
Sam: Eine veritable Abwrackstation, Herr Chefingenieur.
Jonas: In der Grauzone, wo sich niemand aufhalten darf.
Sam: Und wo niemand kontrolliert, an einem solchen Orte läßt es sich gar trefflich und geruhsam werkeln, bis eine große Bohrinsel in handliche Schrottpakete zerlegt ist zwecks lukrativen Verkaufs auf geeignete Märkte.
Jonas: Kein schlechtes Geschäft bei den heutigen Metallpreisen.
Sam: Oja.
Jonas: Der Schlepper da unten mit dem Kahnhaken, damit holen sie sich die Inseln, und neben dem Schlepper, das dürfte die Ägir sein.
Sam: Steht doch groß und deutlich dran, Schielauge.
Jonas: Sieht gar nicht so aus wie eine Bohrinsel, eher wie ein Schiff, ein dreieckiges Schiff, wenn nicht der Bohrturm drauf wäre. Was meinst du, Sammy, ob die die Ägir auch verschrotten wollen?
Sam: Kaum anzunehmen, eure geistige Bedürftigkeit, vielmehr steht zu vermuten… Vorsicht, festhalten.
Jonas: Leicht gesagt, Sam, hier ist alles locker.
Sam: Abwärts, seht was kommt da von de Höh, hollidö, hallodiö.
Jonas: Nichts zu machen. Jonas stieg sehr viel schneller ab als er aufgestiegen war, auf dem Hosenboden und in die falsche Richtung, den Inselräubern und Schrottarbeitern direkt vor die Füße. Einen Moment war ich benommen. Ehe ich auf die Beine kommen oder zu meinem Laserstrahler greifen konnte, hatten sie mich. Sie nahmen mir den Laser weg, fesselten mir die Hände auf dem Rücken, schubsten mich ein bißchen herum und wollten was von mir wissen.
Ulrik: Wer bist du? Wo kommst du her?
Jonas: Von oben wie alles gute.
Sven: Er war auf dem Felsen, Ulrik, ein Spion, er hat uns beobachtet.
Ulrik: Was hast du hier zu suchen?
Jonas: Gar nichts, genaugenommen, ich bin spazieren gegangen, wollte ein bißchen frische Luft schnappen.
Ulrik: In der Grauzone? Sven, stell den Schneidbrenner an.
Sven: Au ja. Wo soll ich ihn schmoren, Ulrik?
Ulrik: Moment noch, Sven, so, ich frage wieder, und diesmal will ich eine vernünftige Antwort, was suchst du hier?
Jonas: Schmetterlinge.
Ulrik: Was?
Jonas: Schmetterlinge, ich bin nämlich Lepi Lepi verflixt, wie heißt das noch mal.
Ulrik: Halt ihm die Flamme an den Hintern, Sven.
Jonas: Wartet mal, wartet mal, nicht gleich so drastisch, muß doch nicht sein, wollen wir nicht erst mal in Ruhe darüber reden.
Ulrik: Sie sind da, mach Platz, damit der Hubschrauber landen kann. Um den Spitzel kümmern wir uns später.
Sven: Schade.
Jonas: Ein großer Transporthelikopter, Lastenesel nannten wir den Typ im antarktischen Krieg, er setzte auf, und aus der Luke sprangen 8 Menschen in olivgrünen Kampfanzügen, bewaffnet mit Laserstrahlern und Sturmgewehren, dabei waren zwei liebe alte Bekannte: Lester, der Barmann aus dem Maritim, und die Frau, die das Kommando führte.
Khamal: Sehr schön, Ulrik, wie ich sehe, haben Sie die Ägir.
Ulrik: Auf mich können Sie sich verlassen. Und wie sieht’s mit Ihnen aus, haben Sie das Geld?
Khamal: 100.000 Euros wie ausgemacht. Bei Ihnen muß sich übrigens ein Fremder herumtreiben, wir haben ein leeres Schnellboot gesehen hinter der Biegung.
Ulrik: Meine Leute haben den Kerl schon erwischt. Wenn Sie wollen, können Sie ihn haben, als Zugabe. Bring ihn her, Sven.
Sven: Jawohl, Ulrik. Los komm.
Jonas: Duna?
Khamal: Jonas, wie kommst du hierher?
Jonas: Das frag ich dich. Was hat die Kusbekische Befreiungsfront im Norden zu suchen, weit weg von ihren üblichen Jagdgründen.
Ulrik: Moment mal, Kusbekische Befreiungsfront, Terroristen, mir haben Sie gesagt, Sie sind von KusbekOil.
Khamal: Das sind wir auch, Ulrik, zumindest teilweise. Dafur, Armin und Laila haben bei Kusboil gelernt, wie man mit Bohrschiffen umgeht.
Ulrik: Sie haben gesagt, sie suchen billig ein modernes Bohrschiff.
Khamal: Das tun wir auch.
Ulrik: Zum Einsatz vor Kusbekistan.
Khamal: Dieses Detail, mein lieber Ulrik, trifft, fürchte ich nicht 100prozentig zu. Aber wozu wir das von Ihnen dankenswerter Weise organisierte Fahrzeug brauchen, das sollte doch keinen Einfluß auf unsere Geschäftsbeziehungen haben.
Ulrik: Meinen Sie? Wir sind Schrotthändler, solide Kaufleute, mit Terroristen haben wir nichts am Hut, das ändert die Sache, wie müssen noch mal verhandeln, 100.000 Euros sind zu wenig.
Khamal: Sie wollen mehr, Ulrik? Bitte sehr. Feuer!
Jonas: Die Neuankömmlinge zielten gut und schossen schnell. Ulrik und Genossen würden nie wieder Inseln klauen. Eine kurze und bündige Problembereinigung. Typisch Duna. Dr. Duna Khamal, Archäologin und Terroristin, ich kannte ihren Stil, vor einem halben Jahr hatten Duna und ich wilde Abenteuer in ihrem Heimatland Kusbekistan erlebt, dabei waren wir uns nahe gekommen, ziemlich nahe, vielleicht half mir das jetzt, vielleicht aber auch nicht.
Khamal: Was soll ich mit dir machen, Jonas.
Jonas: Tja.
Khamal: Laufen lassen kann ich dich nicht, und dich aus dem Weg schaffen wie Ulrik und seine Gangster, das möchte ich nicht, obwohl ich es tun sollte. Du kommst mit.
Jonas: Mit dir, Duna, ist das ein Befehl oder eine Einladung?
Khamal: Mit uns und mit der Ägir.
Jonas: Wohin?
Khamal: Das Schiff wird ins Mittelmeer überführt, wie es Moxon geplant und bei der Seesicherung angemeldet hat, alles korrekt, niemand wird sich um uns kümmern.
Jonas: Aber Moxon weiß doch, daß die Ägir gestohlen wurde.
Khamal: Moxon? Nein, Jesper Nix weiß es, und Jesper Nix kann uns nicht gefährlich werden.
Jonas: Was habt ihr vor, Duna?
Khamal: Darüber mach du dir keine Gedanken. Jonas. Lester?
Lester: Chefin?
Khamal: Sie passen auf ihn auf, drüben auf der Ägir sperren Sie ihn ein zusammen mit unserer Geisel. Wo steckt sie?
Lester: Noch im Hubschrauber, Chefin.
Khamal: Schaffen Sie sie raus. Und dann alle an Bord. Wir brechen sofort auf.
Jonas: Ein Boot brachte uns zur Ägir. Mich, Duna, ihr Gefolge und die Geisel, die Lester aus dem Hubschrauber geschleppt hatte, ein unförmiges Bündel in Decken verpackt, wie sie wirklich aussah, stellte ich an Bord fest, in der engen Kabine, in die sie uns schoben, und was ich sah, gefiel mir, ein Mädchen, eine junge Frau, sehr jung, noch nicht 20, kurze rote Haare, graue Augen, Stupsnase, Sommersprossen, eine Figur wie Rita Hayworth in ihrer besten Zeit, und alles zusammen steckte in einem knappen Pyjama.
Jo: Aus dem Bett haben sie mich geholt heut morgen, plötzlich waren sie im Zimmer und haben mir einen nassen Lappen ins Gesicht gedrückt, und dann bin ich im Hubschrauber aufgewacht, ich heiße übrigens Jolanda, ja es ist ein komischer Name, ich weiß, aber meinen Eltern hat er gefallen, und ich hab mich inzwischen dran gewöhnt, kannst mich Jo nennen, das tun alle, stört dich doch nicht, daß ich du zu dir sage, ich mein, weil du schon so alt bist.
Jonas: Ich bin 44.
Jo: Bitte? Und wie heißt du?
Jonas: Jonas. Nur Jonas.
Jo: Ach so, damit alles seine Ordnung hat, Jolanda Nix genannt Jo. Hocherfreut, küß die Hand.
Jonas: Nix? Bist du verwandt mit Jesper Nix von Mockson?
Jo: Das ist mein Vater.
Jonas: Und du bist heute morgen entführt worden.
Jo: Ja, hab ich doch erzählt.
Jonas: Jetzt wird mir verschiedenes klar, warum dein Vater seinen Auftrag zurückgezogen hat, warum er dabei so merkwürdig war, und warum Duna sicher sein kann, daß Mockson sich vorläufig nicht um die Ägir kümmern wird.
Jo: Ist ja irre, du heißt Jonas, und ich heiß Jolanda, Jonas und Jolanda.
Jonas: Na und?
Jo: Mein Gott. Du checkst auch gar nichts. Jo und Jo. JoJo, das hat was zu bedeuten, das Schicksal hat uns zusammengebracht.
Jonas: So, das Schicksal, ich dachte das war die kusbekische Befreiungsfront und Duna Khamal.
Jo: Wie das wohl alles ausgehen wird, Jonas?
Jonas: Pst. Leise.
Jo: Jemand an der Tür.
Jonas: Es war Lester. Lester der Zwielichtige, unser Bewacher, er sah nach dem rechten, brachte uns was zu essen, und dann verriet er uns ein Geheimnis, er war nämlich nicht nur Barmixer und Terrorist.
Lester: Ihnen kann ich es ja sagen, ich bin Agent, europäischer Geheimdienst, britische Sektion.
Jo: Wie James Bond? Toll. Haben Sie auch eine Nummer?
Lester: Ich bin in die KBF eingeschleust worden, um sie im Auge zu behalten und um Terrorakte zu verhindern.
Jonas: Apropos Terrorakte, wissen Sie, was Duna Khamal plant?
Lester: Sicher. Sabotage im großen Stil. Sie will die neuentdeckten Rohölvorkommen bei Sardinien anbohren, mit der Ägir, und alles auslaufen lassen, die schlimmste Ölpest seit 1990.
Jonas: Merkwürdig, da wäre doch auch Kusbekistan betroffen. Wozu sollte Duna so was tun?
Lester: Was weiß ich, wozu Terroristen was tun. Mit normalen Maßstäben sind solche Leute nicht zu messen. Ich muß zurück, bleiben Sie ruhig, warten Sie ab, unternehmen Sie nichts auf eigene Faust, vertrauen Sie mir.
Jonas: Vertrauen? Wer hatte denn Jonas und Jesper Nix in der Bar belauscht und Duna Khamal berichtet, daß Nix einen Detektiv angeheuert hatte, wer hatte dafür gesorgt, daß Jo gekidnappt und ihr Vater erpreßt wurde: Lester. Nur Lester kam in Frage. Das gab mir doch sehr zu denken, soweit ich denken konnte. Jo lenkte mich ab.
Jo: Detektiv bist du. Toll. Ich hab noch nie einen Detektiv kennengelernt, aber ich hab Krimis gelesen und Holo gesehen, ich weiß Bescheid, Detektive führen ein tolles Leben, immer Action, Gangster und Frauen. Detektive wirken nämlich sehr auf Frauen.
Jonas: Ach was?
Jo: Wie ist dann denn mit dir, Jonas, wirkst du auch auf Frauen? Also wenn ich dich so angucke, doch, ich glaub schon, doch doch, wie wär’s?
Jonas: Wie wär was?
Jo: Wollen wir nicht mal ausprobieren, wie du auf mich wirkst?
Jonas: Besten dank, Jo ein andermal.
Jo: Gefall ich dir nicht?
Jonas: Doch, Jo, sogar sehr, aber ich fürchte, ich bin ein bißchen zu alt für dich.
Jo: Aber das ist es ja gerade, Jonas, ich habe einen Vaterkomplex.
Jonas: Außerdem bin ich müde und ich hab Kopfschmerzen, und der Arm tut mir weh und der Magen, mein Magen tut mir immer weh, ein Detektiv mit chronischen Magenschmerzen, nicht sehr romantisch.
Jo: Unsinn. Sei froh, daß du nichts schlimmeres hast, ein Holzbein oder Hämorrhoiden, ein Detektiv mit… mit Hämorrhoiden, du hast doch keine?
Sam: Mein Herr und Meister wurde dem Himmel sei dank von dieser peinlichen Plage bislang verschont. Im Gegensatz etwa zu Napoleon dem ersten Bonapart, dem seinerzeit recht bekannten Kaiser der Franzosen.
Jonas: Willkommen in unserer Runde.
Sam: Guten Tag.
Jonas: Mein Computer.
Jo: Ah.
Jonas: Und ständiger Begleiter, recht gelehrt und ausgesprochen geschwätzig.
Sam: Nanananananana.
Jonas: Ihr werdet euch gut verstehen. Wir sollten jetzt schlafen, Jo, damit wir morgen ausgeruht sind und überlegen wie wir hier rauskommen, und was deinen Vorschlag betrifft, darauf kommen wir zurück.
Jo: Versprochen?
Jonas: Ich fuhr hoch, Licht schien durchs Bullauge, und auch sonst hatte sich seit gestern abend was verändert, das Schiff bewegte sich nicht, kein Motorengeräusch, die Ägir lag ganz ruhig im Wasser, ausgesteuert von ihren Computerstabilisatoren. Ich stand auf und sah aus dem Bullauge, in der Ferne ein heller Streifen. Land.
Jo: Die weißen Klippen von Dover, wir liegen mitten im Ärmelkanal, zwischen Dover und Calais.
Jonas: Mitten im Kanal zwischen Dover und Calais, genau da wo der Tunnel verläuft, der neue Kanaltunnel, der demnächst eingeweiht wird. Sam?
Sam: Was begehrt mein Gebieter?
Jonas: Datum und Uhrzeit. Schnell.
Sam: Piep. Wir schreiben heute den 20. Mai anno domini 2011, es ist jetzt genau 9 Uhr 13 Minuten und 10 Sekunden.
Jo: Am 20. Mai ist die feierliche Eröffnung, 10 Uhr vormittags.
Jonas: In der Tunnelmitte wird das Band zerschnitten.
Jo: Genau da, wo wir jetzt sind.
Jonas: Nur rund 60 Meter tiefer.
Jo: Hunderte von Ehrengästen, Prominenz aus der ganzen Welt.
Jonas: Das ist es, was Duna vorhat, ein Riesenspektakel, ein großer Schlag für die Freiheit und Unabhängigkeit von Kusbekistan, wie sie das versteht. Wenn ihr ein Anschlag auf den Kanaltunnel gelingt, wird die ganze Welt tagelang nur von der Kusbekischen Befreiungsfront reden. Eine gut gezielte Wasserbombe genau zur Eröffnung.
Jo: Glaub ich nicht, Jonas, keine Bombe, wozu haben die Terroristen sich ausgerechnet ein Bohrschiff besorgt?
Jonas: Klar, sie wollen den Tunnel anbohren und überfluten. Du hast recht, Jo, das ist ihr Plan.
Jo: Wir müssen was dagegen tun, Jonas.
Jonas: Was?
Jo: Denk dir was aus, du bist doch Detektiv.
Sam: Du bist der Mann, der alles kann. Ganz vorne an.
Jonas: Och, du übertreibst Sam.
Sam: Und wie, Chef.
Jonas: Eins steht fest, Lester hat uns belogen. Wir sollten uns den Herrn vorknöpfen. He, Lester, wir haben Sehnsucht nach ihnen!
Jonas: Sekunden später war er da, Badehose um den Bauch, arrogantes Grinsen im Gesicht, Laserstrahler in der Hand. Was wir ihm zu sagen hatten, überraschte ihn gar nicht, es fand es offenbar komisch. Er lachte.
Lester: Hähähäh, wunderbar, meinen Glückwunsch, Jonas, Sie haben es erfaßt, genau so wird es gemacht, wir bohren ein Loch in den Tunnel und ersäufen sie, hehehehe alle, die Ehrengäste, die Politiker, die Prominenten. Und wir machen den Tunnel unbrauchbar für alle Zeit, ich selbst, so wie Sie mich hier sehen, ich selbst gehe gleich nach unten, um die Spitze des Bohrers an der richtigen Stelle anzusetzen, ich bin gerade dabei mich umzuziehen, nebenan im Tauchermagazin.
Jo: Und uns haben Sie erzählt, Sie sind Geheimagent.
Lester: Ich bin britischer Agent, mein Fräulein, was ich tue, tue ich für mein Vaterland, mit all meinen Kräften arbeite ich gegen den perversen Unfug einer festen Verbindung zwischen Großbritannien und Europa, Splendid Isolation for ever. Hipphipphurra.
Jonas: Aber Ihre Regierung hat doch den Tunnel.
Lester: Die Regierung. Reden Sie mir nicht von dieser gekauften Verräterclique. Ich stehe hier als ausführendes Organ des WCC, des Winston-Churchill-Clubs. Im WWC hat sich die wahre Elite unseres Landes zusammengefunden, britische Patrioten, konservativ bis ins Mark, verpflichtet den Heroen unserer großen Vergangenheit, Wellington, Königin Victoria, Churchill, Mrs. Thatcher, sie haben sich geschworen, den Kanaltunnel zu vernichten, und wenn sie dafür mit dem Teufel zusammenarbeiten müssen.
Jonas: Beziehungsweise mit der KBF.
Lester: Sehen Sie sich doch mal die Gästeliste für die Eröffnungsfeier an, sie werden feststellen, daß nur wenige Briten der Einladung gefolgt sind, die meisten haben abgesagt, warum wohl, und warum glauben sie kann die Ägir unbehelligt hier liegen, im Schatten der Kreidefelsen von Dover, um ihre historische Aufgabe auszuführen? weil der WCC dafür gesorgt hat, die unbekannte allwissende Macht im Hintergrund.
Jonas: Weiß Duna Khamal Bescheid über den WCC meine ich und über Sie?
Lester: Wo denken Sie hin, natürlich nicht, die gute hält mich für einen englischen Sympathisanten der KBF, sie ist fest davon überzeugt, daß sie alle Fäden in der Hand hält, dabei ist sie nur ein Werkzeug. Ein blindes Werkzeug.
Sam: Drängt sich angesichts dieser Umstände, Damen und Herren, hochgeschätztes Publikum nicht unabweislich ein Vergleich auf, ein Vergleich mit jedem so symbolträchtigen Spielzeug, und Souvenir aus Osteuropa, welches man treffend, obzwar abgekürzt als Puppe in der Puppe der Puppe bezeichnen könnte. Da haben wir zuerst Ulrik mit seiner Inselklau GmbH, sodann die kusbekische Befreiungsfront um Dr. Duna Khamal, und schließlich eine ultrakonservative britische Geheimorganisation, vertreten von unserem Freund Lester.
Lester: Hübsch gesagt. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden, ich habe zutun, Sie wissen was. Gehen Sie von der Tür weg, Jonas, machen Sie keine Dummheiten, Sie sehen doch, ich habe einen Laser.
Jonas: Lester richtete seine Waffe auf mich, auf den Detektiv, den gefährlichen Gegner, dachte er, auf Jo achtete er nicht, ein schwerer Fehler, das Kind konnte Judo, ein schneller Griff, ein Tritt, der Laser lag auf dem Boden und Lester folgte ihm. Der Rest war meine Sache. Kurzer Druck aufs Nervenzentrum unterm linken Ohr, und Lester würde uns für längere Zeit nicht mehr stören. Was jetzt.
Jo: Nebenan hat er gesagt, ist das Tauchermagazin.
Jonas: Ich hol mir einen Taucheranzug, hinter Maske und Mundstück wird keiner Jonas erkennen.
Jo: Du, wieso du, ich kann auch tauchen.
Jonas: Es geht nicht, Jo, wegen deiner Figur.
Jo: Was hast du gegen meine Figur?
Jonas: Gar nichts, im Gegenteil, aber sie hat nicht die mindeste Ähnlichkeit mit Lesters Figur, deshalb gehe ich runter.
Jo: Und ich?
Jonas: Du bleibst hier, Jo, und hältst mir den Rücken frei, und paßt auf Sam auf.
Sam: Auf Sam braucht niemand aufzupassen und schon gar nicht diese Schnatterente.
Jo: Frechdachs.
Jonas: Und dann mußt du noch etwas sehr wichtiges tun, Jo, hör zu.
Jonas: Duna Khamal war schon ungeduldig, als ich ein paar Minuten später auf dem Hauptdeck aus dem Lift watschelte, ein feierlicher Moment, die Kusbeken standen Spalier, und präsentierten ihr blankgeputzten Waffen. Duna hielt eine Kusbekische Fahne in der Hand.
Khamal: Wo bleiben Sie denn, Lester, beeilen Sie sich, sonst können wir den Zeitplan nicht einhalten. Es ist soweit, die letzte Phase von Aktion Kanaltunnel beginnt, die Welt wird aus ihrem faulen fetten Tiefschlaf aufgeschreckt und gezwungen werden, uns und unsere Problem zur Kenntnis zu nehmen, es lebe das Kusbekische Volk, Lester, ans Werk.
Jonas: Hmhm.
Jonas: Ich tauchte unter der Ägir durch und kam auf der anderen Seite wieder zum Vorschein, an unserem Bullauge, knapp über der Wasserlinie, Jo reichte mir den bereitgelegten Unterwasserschneidbrenner raus, ich ging auf Tiefe, immer am ausgefahrenen Bohrgestänge entlang, 10 m, 20 m, 21, 22, Grund, Schlamm und Steine, darunter, da wußte ich, 40 m Kalkboden, dann die Tunnelröhre, voller Licht und Leben, erwartungsvolle Menschen, Champagner, kaltes Büffet. Ich sah auf das Ende des Bohrers, kalt, grau, scharf, spitz, tödlich. Ich schwamm nach oben, bis zur 10 m Marke, da setzte ich den Unterwasserschneidbrenner in Betrieb. Es dauerte seine Zeit, bis ich die Bohrerspitze abgeschnitten hatte, dann ließ ich mich langsam nach oben tragen, ich war müde, ich tauchte auf, und wäre fast wieder untergegangen vor Schreck.
Jo: Da, da ist er, er lebt. Gott sei dank.
Jonas: Judith, was ist denn hier los?
Frank: Nur keine Panik auf der Titanic, kennen Sie mich noch, Jonas? Oberst Frank von der Terrorpolizei, ich habe die Ägir gestürmt mit meiner Sondereinheit SSA 9, kommen Sie an Bord.
Jonas: Ich traute meinen Augen und Ohren nicht, Judith an Bord der Ägir, und Oberst Frank, den ich im Kusbekistanfall kennengelernt hatte und die Jungs von der SSA 9. Über dem Bohrschiff Kampfhubschrauber, Patroullienboote auf dem Wasser, es hatte einen Kampf gegeben, ich sah Blut, als ich über die Reling kletterte, und Leichen. Duna lebte noch, sie hing gefesselt an einem Tau, das zu einem der Hubschrauber hochgezogen wurde.
Khamal: Im Norwikfjord hätte ich dich umbringen sollen, Jonas, oder schon in Kusbekistan.
Jonas: Machs gut, Duna.
Frank: Kommen Sie, Jonas, kommen Sie, wie fühlen Sie sich? Cognac?
Jo: Cognac? Sie haben ja keine Ahnung, Oberst Frank, Detektive trinken Whisky.
Frank: Zugführer, Whisky!
Mann: Aber Herr Oberst, wie soll ich?
Frank: Geben Sie sich gefälligst Mühe, immerhin verdanken wir es diesem Mann, daß wir eine langgesuchte Terroristin endlich dingfest machen und einen abscheulichen Massenmord verhindern konnten.
Jonas: Mir verdanken Sie das?
Frank: Jawohl, Jonas, Ihnen und Frau Delgado natürlich.
Jonas: Judith. Wo ist sie denn?
Frank: Eben war sie noch hier, vielleicht ist sie unter Deck gegangen. Bescheiden und zurückhaltend, so ist sie nun mal unsere Frau Delgado, eine gute Polizistin, sie wurde mißtrauisch, als Jesper Nix seinen Auftrag stornierte, und hat sich mit mir in Verbindung gesetzt, auf ihren Rat wurden Sie dann für kurze Zeit festgenommen und betäubt, damit ihnen eine biochemische Ortungsflüssigkeit eingespritzt werden konnte.
Jonas: Das war es also.
Frank: Wir ließen Sie entkommen und dann haben wir Sie verfolgt, Jonas, über den Bildschirm in meinem fliegenden Kommandostand, und als Ihr heller Punkt heute Nacht stehen blieb, mitten im Kanal, da wußten wir, was gespielt wurde, die SSA 9 wurde zusammengezogen, wir standen Gewehr bei Fuß, da verschwand der Punkt plötzlich vom Bildschirm.
Jonas: Weil ich ins Wasser gesprungen bin, biochemische Orter senden nicht unter Wasser.
Frank: Klare Sache. Sofort Befehl, Sturmangriff, kurzer heftiger Kampf, Sieg auf der ganzen Linie.
Jonas: Daß ich runter gegangen bin und den Bohrer abgeschnitten habe, das war also gar nicht nötig?
Frank: Völlig unnötig mein lieber Jonas aber gut gedacht das muß man Ihnen lassen.
Jonas: Ein Orter, ohne daß ich es wußte. Nur ein blindes Werkzeug.
Frank: Unter uns, Jonas, Frau Delgado hat sich während der ganzen Aktion nicht besonders wohl gefühlt, immerhin sind Sie ja befreundet, soviel ich weiß.
Jonas: Das ist vorbei.
Jonas: Ich drehte mich um und ging. Judith stand im Schatten des Bohrturms, sie hob den Kopf und sah mich an. Sie wirkte müde.
Judith: Jonas.
Jonas: Du bist eine gute Polizistin, Judith, und du wirst es bleiben, ich wünsche dir alles Gute. He is looking at you, kid.
Jonas: Am Abend war ich wieder zu Hause in Babylon, ich saß im Casablanca und ließ mich vollaufen. Ich fühlte mich mies.
Wirt: Dein Whisky, Jonas, der sechste.
Jonas: Zwei Jahre waren wir zusammen. Never more, wie der Rabe so richtig sagt.
Wirt: Rabe, was für ein Rabe?
Jonas: Der aus dem Gedicht.
Wirt: Kenn ich nicht.
Jonas: Von Edgar Allen Poe.
Wirt: Kenn ich auch nicht.
Jo: Hey, hallo Jonas, ich hab gehört, das hier ist deine Stammkneipe.
Jonas: Jo!
Jo: Nicht viel los hier, na, macht nichts, Campari, wenn sie so was haben.
Wirt: Klar haben wir Campari, hehehe.
Jo: Jonas, du hast mir was versprochen, oder geht’s dir dafür immer noch nicht gut genug?
Jonas: Weißt du was, Jo, ich glaube, es geht mir schon viel besser.
Sie hörten heute das Kriminalhörspiel Inselklau von Michael Koser. Die Mitwirkenden waren: Bodo Primus, Peer Augustinski, Karin Anselm, Thomas Holtzmann, Michael Lenz, Ilona Grübel, Evelyn Opela, Bernd Stephan, Wolfried Lier, Martin Haensel, Charly Huber und Jürgen Rehmann (Alexander Malachovski). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. (Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks) (1986) (Redaktion: Erwin Weigel).
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Spielwiese
Jonas: Hallo … Ja, am Apparat … Tot? ja… Viertelstunde. Danke. Miles Archer, mein Partner. Ermordet. Wenn der Partner eines Mannes umgebracht wird, erwartet man, daß er was unternimmt. Aber das war schwierig. Ich hatte so viel zu tun. So viele Leute wollten was von mir. Mister Joel Cairo, zum Beispiel.
Mann: Ich versuche, ein Schmuckstück wiederzubeschaffen, das – sagen wir – verlegt wurde. Ich dachte und hoffte, Sie könnten mir helfen. Es ist eine Statuette, eine schwarze Figur eines Vogels, Mister Spade.
Jonas: Mister Spade war ich. Samuel Spade. Ein blonder v-förmiger Satan oder so ähnlich, auf der Suche nach dem Malteser Falken. Birgit war übrigens auch da.
Frau: Kann ich dich mit meinem Körper kaufen, Sam?
Jonas: Ich denk darüber nach.
Frau: Oh, ich bin so müde. Ich wünschte, ich…
Jonas: Sie küßte mich. Sehr schön soweit. Und trotzdem, irgendwas stimmte nicht, ich kannte die Geschichte, es war eine gute Geschichte, aber es war nicht meine. Ich wollte raus. Ich wollte nicht mehr Sam Spade sein. Ich wollte zurück zu mir selbst, aber der fette Mann hatte andere Pläne.
Tinnef: Whisky Soda, Mister Spade. Trinken wir. Trinken wir auf einen fairen Handel und auf Gewinne, die groß genug sind für uns beide. Kommen Sie, Mister Spade, trinken Sie. Nun trinken Sie schon.
Sam: Trink nicht, o Herr und laß vorübergehen den Kelch, nicht Whisky enthält er, nein, es ist Gift, das schnöde Bosheit dir bereitet, trink nicht und abermals trink nicht.
Jonas: Jetzt hatte auch der Malteser Falke was zu melden, sogar in Versen, und während er mich bekniete, den Whisky nicht zu trinken, wußte ich plötzlich, daß der Falke kein Falke war, er war Sam, mein Computer, und ich war auch nicht Samuel Spade, aber wer war ich dann, und wo war ich? Der Salon von 1930 löste sich auf, verschwand, verwandelte sich in ein schäbiges Hinterzimmer anno 2011. Nur der fette Mann wollte nicht verschwinden. Ich trat ihm in den Bauch. Er klappte zusammen. Ich schob ihn zur Seite und riß die Tür auf. Ich mußte hier raus. Ich lief durch Gestrüpp, über Geröll, durch grauen Schnee, immer weiter, immer tiefer in die Wildnis. Ich lief lange, bis ich zusammenbrach und bis alles verschwand um mich und in mir. Die Wildnis. Die Wirklichkeit. Und der Traum. Wenn es ein Traum war.
Obadja: Was ist mit ihm?
Debora: Ist er tot, Bruder Amos?
Amos: Ich glaube nicht, Schwester Debora.
Debora: Er bewegt sich. Er lebt. Halleluja.
Obadja: Lobe den Herrn.
Alle: Lobe den Herrn.
Obadja: Sieht aus, als ob er schlimmer durchgemacht hat.
Amos: Komm zu dir, Bruder, wer bist du?
Jonas: Ich, ich weiß nicht. Samuel Spade?
Debora: Samuel Spade sagt er.
Obadja: Samuel, ein gottesfürchtiger Name. Halleluja, vielleicht gehört er zu uns?
Amos: So wie er gekleidet ist? Nein, Bruder Obadja, er ist ein Kind Babylons, der Mutter der Hurerei und aller Greuel Behältnis, Amen, Bruder Amos.
Jonas: Drei Figuren beugten sich über mich, zwei bärtige Männer und eine Frau mit langem Haar, sie trugen braune Kutten und sahen ein bißchen aus wie Ökos, handgestrickt, naturbelassen, aber nicht friedlich. Alle drei trugen Waffen, breite Buschmesser im Gürtel und auf dem Rücken Maschinenpistolen.
Obadja: Lassen wir ihn liegen, Bruder Amos.
Debora: Aber wo er doch Samuel heißt.
Jonas: Nein, nicht Samuel.
Amos: Wenn er aus Babylon kommt, muß er eine Bürgerkarte bei sich tragen. Greif ihm in die Tasche, Bruder Obadja.
Obadja: Hier ist sie, Bruder. Jonas heißt der Mann, nur Jonas, und er ist…
Jonas: Privatdetektiv. Der letzte. Ich war wieder ich. Halleluja, Brüder und Schwestern, das wichtigste war geschafft. Aber es blieb noch genug übrig. Ich mußte rauskriegen, wie ich in die Wildnis geraten war, und was es mit diesem merkwürdigen Traum auf sich hatte. Wenn mir nur der Kopf nicht so weh getan hätte.
Jonas: Das war kein Traum. Ich, ich war wirklich Sam Spade, im Malteser Falken. Eine Halluzination.
Debora: Du bist krank, Bruder Jonas, wir werden dich mit uns nehmen nach Eden. Kannst du aufstehen?
Jonas: Mal sehen.
Amos: Wir helfen dir, Bruder, stütz dich auf mich und auf Schwester Debora.
Jonas: Danke. Ah, ihr, ihr seid Übrigbleiber?
Debora: So nennen uns die Ungläubigen.
Amos: Wir sind die Zeugen des 7. Siegels.
Obadja: Gottes Engel der Endzeit.
Amos: Wir harren des Herrn, welcher da kommen wird im großen weißen Blitz und im Rauchpilz zu strafen die Sünder und Läster, die Ungläubigen und Unvorbereiteten.
Debora: Amen. Immer schön einen Fuß vor den anderen, Bruder Jonas.
Jonas: Übrigbleiber, Survivalists, vor mehr als 20 Jahren waren sie aus Babylon und anderen Städten in die Wildnis gezogen, wo die Behörden nichts zu sagen hatten, da lebten sie nach ihrer Fasson und warteten, auf das Gericht, auf den großen Knall, auf die Bombe, sie würden als einzige übrigbleiben, davon waren sie überzeugt, weil sie gottesfürchtig waren und allzeit bereit.
Obadja: Siehe, die Stunde ist nahe, da ausgegossen werden die Schalen des Zorns auf die Erde.
Amos: Halleluja, lobe den Herrn. Was suchst du in der Wildnis, Bruder Jonas?
Jonas: Ja was suche ich. Nirwana, jetzt fällts mir wieder ein, ich wollte nach Nirwana.
Amos: Nach Nirwana?
Debora: Geh nicht dorthin, Bruder Jonas, denn wahrlich, ich sage dir, an diesem Orte haust der Antichrist.
Obadja: Der da ist der Widersacher und sich setzt in den Tempel Gottes als wie Gott und gibt sich aus er sei Gott.
Sam: Amen. Halleluja. Lobet den Herrn.
Amos: Was ist das? Satanswerk?
Jonas: Mitnichten, teuerste Brüder, nur mein Taschencomputer. Ist ein bißchen verrückt, aber harmlos. Er redet nur manchmal zu viel. Sam heißt er.
Sam: Kurz für Samuel. Ein gottesfürchterlicher Name, geliebte Gemeinde. Na, Kumpel, wie siehst aus, alles OK, Kopf wieder klar?
Jonas: Danke der Nachfrage. Jonas war wieder der alte, nur die Beine waren noch ein bißchen wacklig. Aber ich hatte ja Hilfe. Und während Amos, Debora und Obadja mir unter die Arme griffen, ließ ich meinen Kopf arbeiten. Ich erinnerte mich. Die Sache hatte gestern angefangen, am 15. Februar 2011, nachmittags. Ich saß in meinem Büro plus Apartment und drehte Däumchen, darin hab ich Übung, und wie ich gerade überlegte, ob ich meinen Aktionsbereich nicht verlegen sollte, ins Casablanca, da tauchte doch tatsächlich ein Mensch auf, der einen Detektiv brauchte. Eine Frau, Paula Janssen, an die 60, Typ arm aber ehrlich, Kleidung sauber, verschossen, rührend unmodern, Gesicht sympathisch und leicht verhärmt, das hatte seinen Grund.
Janssen: Meine Beziehung, Bezugsperson, wie immer Sie das nennen wollen, mein Freund.
Jonas: Ich höre, Frau Janssen. Was ist mit Ihrem Freund?
Janssen: Er ist verschwunden, Herr Jonas, vermißt.
Jonas: Waren Sie bei der Polizei?
Janssen: Ja, aber die haben nur gelacht, weil Jaromir viel jünger ist als ich.
Jonas: Jaromir heißt ihr Freund.
Janssen: Ja. Ein schöner Name.
Jonas: Jeder Name ist schön, der mit J anfängt. Nur Jaromir?
Janssen: Nein. Dort. Jaromir Dort.
Jonas: Schade. Aber wo kämen wir hin, wenn wir alle nur einen Namen hätten. Wie alt ist er?
Janssen: Jaromir? 27.
Jonas: Die Polizei denkt, er ist Ihnen weggelaufen. Und was denken Sie, Frau Janssen? Ist er weggelaufen?
Janssen: Aber nein, Herr Jonas, bestimmt nicht, er hing, er hängt sehr an mir. Wir hängen sehr aneinander.
Jonas: Trotzdem ist er weg. Wann?
Janssen: Vor genau einer Woche, am 8. hat er sich von mir verabschiedet, gleich nach dem Frühstück.
Jonas: Er hat sich verabschiedet?
Janssen: Ja, nach 2 Tagen spätestens kommt er zurück, hat er gesagt, zurück zu mir, er wollte nur mal kurz nach Nirwana fahren, weil er sich so für den großen Guru Ganesh und seine Lehre interessiert hat, und dann ist er nicht zurückgekommen, und er hat sich auch nicht gemeldet, und da fing ich an mir Sorgen zu machen, ich bin zur Polizei gegangen, aber die wollten nichts tun, und darum bin ich jetzt hier, bei Ihnen, Herr Jonas.
Jonas: Jonas. Letzter Detektiv und letzte Instanz. Wie so oft. Aber hier konnte ich kaum helfen. Gurus und Sekten liegen mir nicht, ein Detektiv soll wissen, nicht glauben. Was wußte ich über Ganesh: Vor gut einem halben Jahr war er in Babylon zum ersten Mal aufgetreten, vorher soll er Werbemann gewesen sein bei einer großen Firma, und plötzlich sah er Licht, aus dem Orient, das Licht kommt immer aus dem Orient, er stieg aus, nannte sich großer Guru Ganesh und fing an zu predigen, und als er einige hundert Jünger gesammelt hatte, ihr Geld vermutlich auch, tat er das, was vor ihm schon viele Sektierer getan hatten, er verließ Babylon und ging in die Wildnis, mit seinen Ganeshis, und da übernahmen sie ein verlassenes Kloster und gaben ihm den schönen Namen Nirwana.
Janssen: Bitte, Herr Jonas, gehen Sie nach Nirwana, finden Sie Jaromir, bringen Sie ihm mir wieder.
Jonas: Falls er in Nirwana ist, Frau Janssen.
Janssen: Das hat er doch gesagt.
Jonas: Und falls er zu Ihnen zurückkommen will. Falls nicht, bleibt er da. Mit Gewalt bring ich Ihren Freund nicht nach Babylon. Jonas ist kein Deprogrammierer.
Janssen: Bitte, Herr Jonas, Jaromir will zurück zu mir, das weiß ich. Helfen Sie ihm, er wird in Nirwana festgehalten.
Jonas: Möglich. Da ist noch ein kleines Problem, Frau Janssen.
Janssen: Ja, Herr Jonas?
Jonas: Mein Honorar.
Janssen: Oh ja, natürlich, ich habe nicht viel, Herr Jonas, aber, aber für Jaromir, bitte, 50 Euros, das wird doch reichen?
Jonas: 90 Euros pro Tag und Spesen, das ist mein Satz, aber ich hatte heute meinen karitativen Tag. Weil Paula Janssen mir leid tat, weil ihre Chancen schlecht standen, und weil alles andere besser ist als Däumchen drehen. Ich nahm die 50 Euros, ließ mir den entschwundenen Jaromir Dort beschreiben und versprach, gleich am nächsten Morgen nach Nirwana zu fahren und mich umzusehen. Worauf meine Klientin getröstet abzog, nachdem sie mir Adresse und Fonnummer gegeben hatte. Und ich setzte meinen Computer auf den neuen Fall an.
Sam: Nirwana, o du mein Kleinod in der Lotosblüte, das Nichts.
Jonas: Ach ja?
Sam: Das Ende jedweden Verlangens.
Jonas: Von mir aus, Sammy.
Sam: Die Erfüllung des Seins im Nichtsein.
Jonas: Sehr tiefsinnig, Sam, aber…
Sam: Sam kennt noch viel tiefsinnigere Sprüche, o Nabel des Weltalls. Wie weit schießt ein Bogen ohne Sehne? Wie klingt eine Hand die klatscht. Oder die Story von Achill und der Schildkröte.
Jonas: Will ich alles gar nicht wissen, Sam. Nirwana.
Sam: Om manipadmeum. Om om om.
Jonas: Om. Schluß jetzt. Was weißt du über das Exkloster Nirwana?
Sam: Wenig, euer Gestrengen.
Jonas: Also manchmal frag ich mich wirklich, wozu ich einen Computer habe.
Sam: Von nichts kommt nichts, wie der weise Bosequo zu Bemerken pflegte. Keine Informationen über Nirwana in den allgemein zugänglichen Dateien.
Jonas: Auch nicht in den Medien?
Sam: Auch nicht in den Medien, Herr Großinquisitor.
Jonas: Merkwürdig, wo die so gern was über Sekten bringen.
Sam: Sieht fast nach Maulkorb aus, was Bonzo. Und auch dies ist merkwürdig: In Nirwana befindet sich ein Kollege.
Jonas: Ein Detektiv?
Sam: Nicht doch, euer Egozentrik. Eine höchst effiziente Computergroßanlage, abgeschirmt und codiert. Weshalb Sam über Aktivität und Funktion bedauerlicherweise nichts mitzuteilen weiß.
Jonas: Nirwana. Das Nichts. Weißt du wenigstens, wie ich hinkomme, Sam?
Sam: Zu dienen, der Herr: Mit der Druckluftbahn vulgo Sardinenbüchse von Babylon nach Eden.
Jonas: Eden, das kenn ich, dieses miese kleine Nest am Rand der Wildnis.
Sam: Von Eden bis Nirwana sind es noch genau 19, 374 km, welche Strecke eure Durchtrainierte auf zweierlei Weise hinter sich bringen kann: zu Fuß.
Jonas: Vielen Dank, Sammy, muß nicht sein.
Sam: Oder im geliehenen Elektromobil.
Jonas: In Eden gibt’s an die 1000 Einwohner, meist Übrigbleiber, an die hundert Häuser, alle häßlich, an die 10 Läden und 1 Mobilverleih am Stadtrand, an der Straße nach Nirwana, aber im Verleih gab’s kein Elektromobil, sagte mir jedenfalls der fette Besitzer, als ich am nächsten Vormittag aufkreuzte.
Tinnef: Alle unterwegs, tut mir ausgesprochen leid, mein Herr, aber es ist jetzt äh, 5 nach 11, jede Sekunde müßte eins zurückkommen, wenn sie solange warten wollen.
Jonas: Wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben.
Tinnef: Darf ich Ihnen während Sie warten, etwas zu trinken anbieten, mein Herr.
Jonas: Hhm, das hört man gern. Was gibt’s denn so bei Ihnen?
Tinnef: Whisky.
Jonas: Oh, Sie sprechen ein großes Wort gelassen aus. Synthetisch nehm ich an.
Tinnef: Aber wo denken Sie hin, mein Herr. Echt.
Jonas: Gut.
Tinnef: Aus Schottland.
Jonas: Sehr gut.
Tinnef: Old Forester.
Jonas: Meine Marke. Immer besser.
Tinnef: Auf Kosten des Hauses, versteht sich.
Jonas: Das ist das beste.
Tinnef: Die Hausbar befindet sich in den hinteren Räumlichkeiten. Wenn ich Sie bitten dürfte, mir zu folgen, mein Herr.
Jonas: So viel Großzügigkeit hätte mich mißtrauisch machen müssen. Und ich wurde auch mißtrauisch. Leider erst, als es zu spät war. Als ich den ersten Whisky intus hatte und mein Gastgeber mir den zweiten anbot. Aber da ging es schon los. Die Wände des Zimmers fingen an zu verschwimmen, es wurde dunkel und ich war plötzlich Sam Spade im Malteser Falke, bis ich wieder zu mir kam, teilweise wenigstens, und mich benommen in die Wildnis rettete und bis die drei Übrigbleiber mich auflasen, sie brachten mich zurück nach Eden. Sie wollten mich bei sich behalten, damit ich mich ausruhen konnte, ich lehnte dankend ab, ich war wieder in Ordnung, einigermaßen, ich wollte zurück nach Babylon. Aber vorher hatte ich noch eine Kleinigkeit in Eden zu erledigen.
Jonas: Sieh an, verkrümelt hat er sich, der fette Mobilverleiher.
Sam: Ja was hast du denn gedacht, du Torfkopp? Daß er wartet, bis wir aufkreuzen und ihn nach seinem ulkigen Whisky fragen.
Jonas: Was war da drin, Sammy?
Sam: Im Whisky, euer Hochprozentigkeit? Sam vermutet ein starkes Halluzinogen von bisher unbekannter Zusammensetzung.
Jonas: So, uns weshalb meinst du, hat man das ausgerechnet mir eingetrichtert?
Sam: Unzureichende Daten, o ungeduldiger Jonas.
Jonas: Ob das was mit dem Fall Jaromir Dort zu tun hat?
Sam: Und abermals unzureichende Daten. Oder auch: Ein Narr fragt mehr als ein Computer beantworten kann, Mann.
Jonas: Wie auch immer, ich hatte das Gefühl, ich sollte Paula Janssen kontakten, und das tat ich auch, sobald ich wieder zu Hause war. Das heißt, ich versuchte es, aber als ich ihre Fonnummer anrief, erlebte ich eine Überraschung.
Fonrobot: Hier ist die zentrale Leichenhalle, angeschlossen sind das pathologische Institut sowie das städtische Leichenschauhaus.
Jonas: Was?
Fonrobot: Wir sind immer für Sie da. Was können wir für Sie tun? Bitte sprechen Sie. Piep. Hier ist die zentrale…
Jonas: Falsche Fonnummer, und die Adresse.
Sam: Auch falsch, euer Ehren, der Fall nimmt ungeahnte Dimensionen an, um nicht zu sagen, Komplikationen.
Jonas: Die Geschichte, die sie mir erzählt hat, ist sicher auch falsch.
Sam: Ein Rührstück hat sie eurer großzügigen Naivität vorgespielt, einen Tränendrücker, wie man sich in theatralischen Kreisen auszudrücken pflegt.
Jonas: Vorgespielt. Theater. Ich weiß was, Sammy.
Sam: Lino Madras.
Jonas: Lino Madras. Wozu sind die Nachbarn da.
Sam: Wozu sind die Nachbarn da. Zum Fragen.
Jonas: Lino Madras haust zwei Stockwerke unter mir, und Lino Madras gehört die größte Agentur für Kleindarsteller in ganz Babylon. Er machte gerade Teepause und war gern bereit, mir im Holobild vorzuführen, was er einschlägig anzubieten hatte, weiblich, um die 60, geeignet für Sprechrolle, Spezialität Rührstück.
Lino Madras: Die?
Jonas: Nein.
Lino Madras: Und äh die?
Jonas: Lassen Sie mal das Bild stehen, Lino, hmh, doch könnte sein.
Lino Madras: Paula Johanson.
Jonas: Das ist sie. Haben Sie ihr in den letzten Tagen was vermittelt, Lino?
Lino Madras: Moment, äh, nein, hier steht nichts, vielleicht eine andere Agentur.
Jonas: Wo wohnt sie?
Lino Madras: Tulpenstraße 90, das ist draußen in Blumenthal.
Jonas: Danke Lino, bis bald mal.
Jonas: Blumenthal ist eine grundsolide Vorstadt, Apartment-Units, 20 bis 30 Quadratmeter, sauber nebeneinander gestapelt, so weit das Auge reicht, eine Gegend, wo die Leute sofort Holonews anrufen, wenn der Hund des Nachbarn auf die Straße pinkelt, das heißt sie würden, wenn es noch Hunde gäbe. Paula Johanson alias Janssen war zu Hause, hinter ihrer Haustür, und die machte sie nicht auf.
Janssen: Was wollen Sie? Wer sind Sie?
Jonas: Jonas. Nur Jonas.
Janssen: Oh. Gehen Sie weg.
Jonas: Gerne, wenn Sie mir eine Frage beantworten.
Janssen: Nein, gehen Sie weg.
Jonas: Wer hat Sie zu mir geschickt? Wenn Sie wollen, daß Ihre Nachbarn mithören, dann lassen Sie die Tür nur zu. Wer hat Sie engagiert, wer bezahlt Sie dafür, daß Sie Lügengeschichten erzählen?
Janssen: Nicht so laut, bitte.
Jonas: Sie sind eine Schwindlerin, Paula Johanson. Ein paar Gardinen bewegen sich schon.
Janssen: In Gottes Namen. Kommen Sie rein.
Jonas: Wie die Wohnung einer Schauspielerin aussehen sollte, weiß ich nicht, so hatte ich sie mir jedenfalls nicht vorgestellt, sauber, pingelig, langweilig, alles auf Kante und von der Stange. Mit einer Ausnahme. Paula Johansen hatte Bücher, echte alte Bücher mit gedrucktem Text, ein ganzes Regal voll.
Jonas: Eine richtige Sammlung.
Janssen: Meine einzige Leidenschaft, jedes Buch habe ich mir vom Munde abgespart.
Jonas: Alte Bücher sind teuer, ich weiß. Wer hat Sie engagiert?
Janssen: Das äh, das darf ich nicht sagen.
Jonas: So.
Janssen: Was tun Sie da?
Jonas: Sehen Sie doch, ich zerreiße Ihr Buch.
Janssen: Oh.
Jonas: Wer hat Sie engagiert.
Janssen: Hören Sie auf, hören Sie sofort auf.
Jonas: Wenn Sie mir sagen, was ich wissen will.
Janssen: Bitte, bitte. Ich sage es Ihnen. Es war Frau Direktor Astoria Waaldorf von Multipharm.
Jonas: Frau Direktor Astoria Waldorf von Multipharm. Aus welchem Grund?
Janssen: Das weiß ich nicht. Nein, ich weiß es wirklich nicht, Herr Jonas. Sie hat mich angerufen, hat mich in ihr Büro bestellt, hat mir die Rolle erklärt, mir gesagt, was ich Ihnen erzählen soll, das ist alles, und jetzt gehen Sie, bitte gehen Sie.
Jonas: Ich war nicht stolz auf mich, aber was hätte ich tun sollen. Meine einzige Alternative war, Paula Johanson zu beschädigen, und da sei der Ehrenkodex des Detektivs vor. Dann schon lieber ein Buch. Allerdings, wenn es ein Krimi gewesen wäre, womöglich noch von Chandler oder Hammett, hätte ich mir wohl was anderes einfallen lassen. Multipharm ist der größte Arzneimittelhersteller in Babylon, darum ist die Multipharm-Zentrale rund wie eine Pillenschachtel und hoch wie die Gewinnspanne der Aktionäre, sie liegt am Hendrick-August-Platz, gegenüber dem Chips-Gebäude unseligen Angedenkens, keine gute Gegend für Jonas.
Portier: Halt, wohin wollen Sie?
Jonas: Zum Lift und dann ins oberste Stockwerk.
Portier: So, ins oberste Stockwerk. Zu wem?
Jonas: Waldorf, Direktorin in Ihrem Verein.
Portier: Sie brauchen mir nicht zu erklären, wer Frau Direktor Waldorf ist, ich weiß, wer Frau Direktor Waldorf ist, ich weiß aber nicht, wer Sie sind, hauen Sie ab.
Jonas: Das hatte mir gefehlt. Ein mysteriöser Auftrag, Gurus, Halluzinationen, sowas fällt aus dem Rahmen, und was aus dem Rahmen fällt, macht mich nervös, aber ein sturer Portier ist normal, stinknormal, das tägliche Brot des Detektivs, ein Routineproblem. Der Experte macht das mit links.
Portier: Haben Sie nicht gehört? Hauen Sie ab.
Jonas: Sie hauen ab, Freundchen zum nächsten Fon, Sie rufen Frau Waldorf an, Sie sagen hier, Jonas ist hier, nur Jonas, und dann machen Sie mir einen tiefen Diener und bitten mich in den Lift.
Portier: Ehrlich, also das ist nicht fair. Sie halten sich nicht an die Spielregeln.
Jonas: Was für Spielregeln?
Portier: Wissen Sie doch. Ich sage, hauen Sie ab, und Sie geben mir 20 Euros.
Jonas: Haha, 20 halte ich für übertrieben.
Portier: Na, 10 und ich gucke weg.
Jonas: Da ist das Fon.
Portier: 5 Euros.
Jonas: Nicht einen einzigen.
Jonas: Das Vorzimmer von Frau Direktor Waldorf war ausladend wie ein Ballsaal und protzig wie Ali Babas Schatzhöhle: alte Teppiche, Gobelins, echte Bilder, Möbel aus Holz, und ein 1a Superdelux-Privatsekretär, ein richtiger Mann, Macker, so was wie Tarzan, Leopardenfall um den Bauch und mit Gebrüll durch den Urwald, nur daß er kein Fell trug, sondern einen konservativen grauen Bürooverall und er brüllte auch nicht, er gab Jonas in elegant modulierter Diktion zu verstehen, was er von ihm hielt.
Humbert: Wie sagten Sie doch gleich, sei Ihr Name?
Jonas: Ich habe gar nichts gesagt, aber wenn es Sie so brennend interessiert. Jonas.
Humbert: Aha. Und weiter?
Jonas: Nichts weiter. Nur Jonas.
Humbert: Nur Jonas. Auf was für Ideen die Leute manchmal kommen. Sie haben keinen äh Termin bei Frau Direktor?
Jonas: Doch.
Humbert: Nein, Sie stehen nicht auf der Liste.
Jonas: Das macht nichts, Sie gestatten.
Humbert: Nicht doch, das ist die höchstpersönliche Leitung von Frau Direktor.
Waldorf: Ja, Humbert?
Jonas: O Humbert heißen Sie, auf was für Ideen die Leute manchmal kommen. Frau Waldorf, Jonas hier, der Privatdetektiv, Sie wissen schon, Sie wollen mit mir reden.
Waldorf: Will ich das? Humbert?
Humbert: Frau Direktor?
Waldorf: Bringen Sie Herrn Jonas zu mir.
Jonas: Na endlich. Frau Direktor Waldorf war bereit, die Strahlen ihrer höchst-persönlichen Gegenwart über Jonas leuchten zu lassen, in ihrem höchstpersönlichen Chefzimmer, wo sie mir höchstpersönlich zunickte und auf einen Sessel zeigte.
Waldorf: Nehmen Sie Platz, Herr Jonas, und Sie Humbert, Sie können jetzt gehen. Schlafen Sie sich mal richtig aus, damit Sie morgen früh nett und adrett aussehen.
Humbert: Jawohl Frau Direktor.
Waldorf: Ach und Humbert, diese graue Kluft lassen Sie in Zukunft zuhause, grau steht Ihnen nicht. Sie sollten nur heitere Farben tragen, rose, pink, so möchte ich Sie sehen.
Humbert: Jawohl, Frau Direktor, auf Wiedersehen Frau Direktor und noch einen schönen Abend, Frau Direktor.
Waldorf: Jaja, wiedersehen Humbert. Johansen hat mich angerufen, die Schauspielerin, Sie waren ja recht rüde zu ihr und zu meinem guten Humbert auch.
Jonas: Finden Sie. Sie sollten mich mal erleben, wenn ich wirklich rüde bin.
Waldorf: Ja, das ließe sich bei Gelegenheit arrangieren. Da haben Sie also tatsächlich zu mir gefunden, Jonas. Sie haben Zeit aufgewendet und Mühe.
Jonas: Ein bißchen.
Waldorf: Das wäre doch gar nicht nötig gewesen. Ich hätte mich ohnehin mit Ihnen in Verbindung gesetzt. Immerhin bin ich um drei Ecken Ihre Auftraggeberin. Aber Sie konnten es nicht abwarten. Wollen Sie was trinken?
Jonas: Danke.
Waldorf: Nicht? O, das überrascht mich.
Jonas: Mich auch, aber ich habe in letzter Zeit schlechte Erfahrungen gemacht.
Waldorf: Hmh ja, wie Sie wollen, Jonas. Dann kommen wir also trocken zur Sache, das heißt zu Luzinon kurz für Halluzinogen das ist ein neues Produkt von Multipharm, eine Wunderdroge, sagt unser zahmer Professor, das größte seit Valium.
Jonas: Nie was von gehört.
Waldorf: Das können Sie auch nicht, Jonas. Luzinon wird erst später auf den Markt kommen, zur Zeit ist es noch im Versuchsstadium und darum geht es.
Jonas: Was?
Waldorf: Ja alles. Nirwana, der große Guru Ganesh, Paula Johnson, der fiktive Herr Dort, ihr ganzer Fall Jonas.
Jonas: Ich habe einen Fall.
Waldorf: Ja, das hoffe ich doch sehr. Wir würden uns freuen, wenn Sie auch in Zukunft für uns arbeiten, für Multipharm und für mich. Wollen Sie, Jonas?
Jonas: Ich denk darüber nach.
Waldorf: Gut. Luzinon, die endgültige Bewußtseinsdroge, die induzierte und kontrollierte Halluzination. Wirklicher als die Wirklichkeit, und besser. Sie sind unzufrieden mit sich selbst und dem grauen Alltag, nehmen Sie Luzinon, Luzinon öffnet Ihnen die 1001 bunte Welt der Fantasie, Sie haben die freie Wahl, seien Sie, wie Sie sein wollen und wer Sie sein wollen, Kaiserin oder König, Musketier oder Amazone, Messalina, Don Juan, der Held oder die Heldin ihrer Lieblingsholoserie.
Jonas: Sam Spade im Malteserfalken.
Waldorf: Kenn ich nicht. Neu?
Jonas: Nicht so wichtig. Erzählen sie weiter.
Waldorf: Also, bei Luzinon gibt es keine bösen Überraschungen, keine Unschärfen, keine Nachwirkungen wie bei LSD und ähnlichen Drogen, was Sie erleben ist logisch real dreidimensional, wie Holo, aber mit einem ganz entscheidenden Unterschied: Sie sind mitten in der Story, Sie spielen mit, Sie spielen die Hauptrolle, Sie sind die Hauptrolle, das ist Luzinon, ihr ganz persönliches Glück, das Sie kaufen können.
Jonas: Klingt fantastisch.
Waldorf: Die reine Wahrheit.
Jonas: Fantastisch. Und problematisch. Sehr problematisch sogar.
Waldorf: Ein wahres Wort, Jonas, wir haben in der Tat noch einige Probleme mit Luzinon, allgemein pharmakochemische Probleme, toxikologische, technische, ökonomische.
Jonas: Und moralische.
Waldorf: Sie meinen juristische, also darum kümmert sich die Rechtsabteilung. Also wie gesagt noch ein paar Ecken und Kanten, und bevor wir Luzinon auf den Markt bringen, müssen die natürlich abgeschliffen werden. Frage wie.
Jonas: Ich bin sicher, Sie wissen die Antwort.
Waldorf: Durch einen Versuch selbstverständlich, durch einen langfristigen umfassenden Großversuch, ein so neuartiges und ungewöhnliches Produkt wie Luzinon muß gründlich getestet werden, auf Herz und Nieren geprüft, auf alle seine Möglichkeiten durchgecheckt.
Jonas: Interessant.
Waldorf: Und dazu braucht man eine größere Anzahl von Versuchspersonen, einen ganz spezifischen Querschnitt durch die Gesamtbevölkerung, Menschen mit psychischen Eigenschaften, die sie besonders empfänglich für Luzinon machen, Menschen die leicht und gerne glauben, die selbstgewählten Autoritäten blind vertrauen und Außenlenkung problemlos akzeptieren.
Jonas: Verstehe ich.
Waldorf: Neue Frage: Wie kommt man an solche Versuchspersonen. Die üblichen Mittel, Computernetzumfragen usw. erschienen uns wenig zweckmäßig, zu langwierig, zu umständlich.
Jonas: Zu teuer.
Waldorf: Auch das. Und da, vor sieben, acht Monaten kam Tommy Tinnef auf eine grandiose Idee. Tommy Tinnef junior, Sohn von Senator Tinnef, stellvertretender Leiter unserer Werbeabteilung.
Jonas: Sehr erfreut.
Waldorf: Das ideale Versuchskaninchen sagte sich Tommy Tinnef, ist der gläubige Mensch, der Saniassi, der Muni, der Sektenmensch, und Tommy entwickelte einen Plan, einen ungewöhnlichen Plan, und er setzte ihn durch, gegen den Widerstand unserer etwas altmodischen Herrschaften im Aufsichtsrat. Multipharm gab schließlich das OK. Tommy Tinnef verwandelte sich in den großen Guru Ganesh.
Jonas: Ach.
Waldorf: Ein guter Werbemann ist auch ein guter Sektenchef, Tommy hatte Zulauf, er ließ seine Jünger durch unsere Computer laufen, suchte sich die aus, die für den Test in Frage kamen, in der benötigten Zahl, zog in die Wildnis und gründete Nirwana.
Jonas: Mit dem Geld von Multipharm.
Waldorf: Natürlich.
Jonas: Als Versuchslabor, als Spielwiese.
Waldorf: Sagen wir doch lieber als Testmarkt, als Möglichkeit, Luzinon unter realen Bedingungen durchzutesten. Die Sache kam gut ins Rollen, Tommy überwachte die Versuchsreihen und gab uns laufend die Ergebnisse durch, alles bestens, aber dann.
Jonas: War plötzlich der Wurm drin.
Waldorf: Wenn Sie es so ausdrücken wollen ja.
Jonas: Was war los?
Waldorf: Ja das wissen wir nicht. Die Verbindung ist unterbrochen, seit einer Woche meldet sich Nirwana nicht mehr, wir haben zwei Tage gewartet und dann ein paar Leute vom Werkschutz hingeschickt, aber die sind nicht zurückgekommen. Und wir haben uns an einen Experten gewandt.
Jonas: An Jonas.
Waldorf: An Jonas. Es war gar nicht so einfach. Bekanntlich arbeitet Jonas ja nicht gern für Großfirmen.
Jonas: Aus gutem Grund, seit der Sache mit Chips Inc, als man mir den Mord an Big Boss anhängen wollte. Deshalb haben Sie’s hintenrum versucht mit einer Schauspielerin und einer rührseligen Geschichte.
Waldorf: Weil Jonas bekanntlich eine sentimentale Ader hat.
Jonas: Und Jonas ist voll auf Ihren Tränendrücker abgefahren.
Waldorf: Dann waren Sie also schon in Nirwana.
Jonas: Nein, sagte ich. Und ich erzähle ihr kurz, was mir passiert war. Der Mobilverleih in Eden, der Whisky, die Halluzinationen. Jonas als Sam Spade im Malteser Falken und die Folgen.
Waldorf: Luzinon, gar keine Frage, Jonas, in ihrem Whisky.
Jonas: Old Forrester, schade um den guten Stoff.
Waldorf: Sie sollten sich freuen. In Nirwana geben wir Luzinon ins Trinkwasser.
Jonas: Keine Nachwirkungen, haben Sie gesagt. Da muß ich ihnen als unfreiwilliges Versuchskaninchen entschieden widersprechen. Das Zeug hat Nachwirkungen und was für welche.
Waldorf: Ja, wenn Sie auch eine Überdosis schlucken. Man hat Sie also abgefangen.
Jonas: Man? Wer?
Waldorf: Woher soll ich das wissen.
Jonas: Man hat mich abgefangen, das heißt, man hat mich erwartet, und man wußte, wer ich bin, weshalb sonst die alte Hammett-Geschichte, die kaum ein Mensch mehr kennt. Man wollte mich ausschalten. Das ist nicht gelungen. Man hat mich nur kurzfristig lahmgelegt.
Waldorf: Sie wollen es also noch einmal versuchen.
Jonas: Ich wollte. Ein Schuß aus dem Bauch, nicht mit dem Kopf. Was Multipharm da in Nirwana durchzog, gefiel mir ganz und gar nicht. Aber Jonas legt Wert darauf, eine angefangene Sache zuende zu bringen. Außerdem war ich sauer, ich wollte wissen, wer mich unter Luzinon gesetzt hatte und warum, und dabei wollte ich Multipharms Großversuch ein bißchen lahmlegen, wenn es sich irgend machen ließ. Aber das sagte ich natürlich nicht. Ich sagte nur ja.
Waldorf: Ich hatte es gehofft Jonas. Nur deshalb hab ich Sie ja so ausführlich über die Hintergründe informiert. Damit sie diesmal eine bessere Ausgangsposition haben. Sie werden also nach Nirwana gehen und feststellen, was da los ist, warum die Kommunikation unterbrochen wurde. Das ist unser Auftrag an Sie. Und Sie werden selbstverständlich stillschweigen bewahren über das, was ich Ihnen gesagt habe und was Sie in Nirwana sehen werden. Unser Luzinontest ist möglicherweise ein ganz klein wenig außerhalb der strikten Legalität. Und auch wenn wir bei Multipharm uns keine großen Sorgen wegen der Behörden machen, legen wir doch Wert darauf, daß Firmeninterna nicht an die große Glocke gehängt werden. Wir verstehen uns.
Jonas: Vollkommen.
Waldorf: Sehr schön. Geld spielt keine Rolle. 200 pro Tag und ein unlimitiertes Spesenkonto.
Jonas: Klingt gut. Äh kann ich mir einen Hubschrauber mieten?
Waldorf: Ja wenn sie ihn brauchen, Jonas. Ich lasse Humbert morgen früh den Vertrag ausfertigen und ihrem Computer durchgeben.
Jonas: Vergessen Sie den Hubschrauber nicht.
Waldorf: Ist das nötig? Sie haben doch meine Zusage.
Jonas: Der Hubschrauber muß in den Vertrag. Darauf bestehe ich.
Waldorf: Trauen Sie uns nicht, Jonas?
Jonas: Natürlich traute ich Multipharm nicht, aber das war nicht der Grund für meine Sturheit. Der Hubschrauber kam in den Vertrag, davon konnte ich mich am nächsten Morgen überzeugen. Erst danach holte ich meinen alten Kampfanzug aus dem Schrank, 2005 hatte ich ihn weggehängt, nach dem antarktischen Krieg, und seitdem nur einmal benutzt, im letzten Jahr, als Judith entführt worden war. Ich hatte so ein Gefühl, daß ich ihn in Nirwana brauchen könnte. Am späten Nachmittag flog ich den Hubschrauber in niedriger Höhe über Eden und weiter über die Wildnis, bis ich eine geeignete Stelle unter mir sah, eben und abgeschirmt durch Hügel und Geröllhaufen, etwa 5 km vor Nirwana, außer Sichtweite, da setzte ich auf. Ich zog den schwarzen Guerillaanzug an und wartete. Ich wartete bis es dunkel wurde, dann stieg ich aufs mitgebrachte Fahrrad, eine halbe Stunde strampeln und ich war da. Nirwana, ein großes Rechteck, 100 mal 200 Meter, drumrum eine hohe Mauer, keine Fenster, ein verrammeltes Tor, auf der Mauer ein paar Lampen, Stimmen, Bewegung. Ich überlegte. Computer Sam, immer und überall dabei, half mir auf seine Weise.
Sam: Na, was ist, großer Zampano, steh nicht rum wie ein Loch in der Landschaft. Geh endlich die Wand hoch.
Jonas: Mit dem Vakuumsauer meinst du.
Sam: Ja.
Jonas: Wie damals auf Swartcliff?
Sam: Ja.
Jonas: Diesmal nicht, Sammy, zu riskant. Auf der Mauer sind lauter Wachen und die warten alle auf Jonas, wenn ich auch annehme, daß sie eher nach oben sehen.
Sam: Von wegen Hubschrauber. Trebien. Da der Weg oben drüber nicht praktikabel erscheint, versuchen es Monsieur vielleicht unten durch. Wie spricht der Weise: Jede Mauer hat ein Loch.
Jonas: Auch ein Guru geht irgendwann auf den Lokus.
Sam: Und irgendwo ist immer ein Abwasserkanal. Durch Nacht zum Licht.
Jonas: Ich schlich und suchte, und schließlich fand ich, mit meinem Infrarotglas und vor allem mit meiner Nase. Nicht lange nachdenken, Luft anhalten und durch. Und wo kam ich raus, natürlich in der Latrine, zum Glück war keiner drin.
Sam: Das Ziel heiligt die Wege. Mein Meister befindet sich nunmehr in Nirwana, das ist die Hauptsache. Wie er dorthin gelangt, spielt keine Rolle.
Jonas: Für dich nicht, Sammy. So, jetzt kann ich mich wieder riechen.
Sam: Hat es nicht fast den Anschein als zeige euer spelunkologische Exzellent einen unbewußten Hang zu unterirdischen Gegebenheiten, zum penetrieren enger dunkler Gänge oder zum ausgiebigen Aufenthalt im Ausgeschiedenen. Wie war es denn in Kusbekistan, im Reservat, auf Swartcliff, im Mastdarm von Babylon etc. etc.. Wenn sich ein Psychoanalytiker das mal vornimmt. Hahaha, Analfixation ist das mindeste.
Jonas: Deine Sorgen möchte ich haben, Sam.
Sam: Hat Sam dies als Befehl zu verstehen, o Meister der unpräzisen Formulierung?
Jonas: Laß den Blödsinn. Sag mir lieber, wie’s weitergeht.
Sam: Der heimliche und wie zu vermuten steht unwillkommene Besucher wird stets gut daran tun, sich einen möglichst umfassenden Überblick zu verschaffen. Kleiner Fernkurs für Detektive, erste Lektion.
Jonas: Steht da auch drin, wie man das macht.
Sam: Durchs Fenster, eure mangelhafte Orientiertheit, hahaha, und wie’s der Zufall will, da ist eins, Innenwand rechts, bitte nur näherzutreten, Sir.
Jonas: Eine große Voliere voller Kanarienvögel, das war mein erster Eindruck. Im weiten Innenhof wimmelte es von Menschen in leuchtend gelben Umhängen, sie lagen, sie saßen, sie knieten, die meisten liefen herum, den Kopf im Nacken und starrten zum Himmel, sie hatten viel Platz, alle Gebäude lagen am Rand, im Schatten der Mauer, der Innenhof war unbebaut, mit einer Ausnahme, genau in der Mitte stand ein massiver grauer Kasten, offensichtlich ein Neubau, und in den Kasten liefen von allen Seiten Kabel, von den Holokameras, Mikrophonen und Sensoren rund um den Hof, sie waren überall.
Jonas: Nur nicht in der Latrine.
Sam: Lobe den Herrn.
Jonas: Das Ding in der Mitte dürfte das Hauptquartier sein.
Sam: Präziser die zentrale Testüberwachungs- und Leitungsstelle, allwo er sitzet wie die Spinne im Netz, der große Guru Ganesh.
Jonas: Alias Tommy Tinnef. Gehen wir ihn besuchen, Sammy.
Sam: Doch nicht in dieser Aufmachung, o schreckliche schwarze Plastikgestalt.
Jonas: Besser nicht, der Anzug ist zwar lichtabweisend und viel Beleuchtung haben sie da draußen auch nicht, aber.
Sam: Merke: Bei seiner Arbeit sollte der Detektiv in erster Linie danach trachten, unauffällig zu bleiben, sich seiner Umgebung anzupassen, in ihr aufzugehen.
Jonas: Kleiner Fernkurs, ich weiß. Ich weiß aber auch, was ich jetzt tue.
Sam: Erzählt es mir, Graf Crux, ich bitte euch.
Jonas: Ich warte, bis es einen der Kanarienvögel in die Latrine treibt und…
Sam: Und wie es der Zufall will, hier kommt einer, bitte Herr Kapellmeister, waltet eures Amtes.
Jonas: Es ging schnell und problemlos, der gelbe Vogel war kam drin, da hatte ich ihn auch schon überredet, sich für ein Stündchen schlafen zu legen, ein Knockouter ist ein sehr wirksames Argument, und 5 Minuten später mischte sich Jonas unters Volk, gelb von Kapuze bis zum Mantelsaum, unauffällig wie ein Fisch im Wasser.
Sam: Wie eine Pizza im italienischen Restaurant, Maestro.
Tinnef: Omanipadmehum, höret ihr Gläubigen, es spricht Gott, euer Herr, noch ist er nicht da, der euch verkündete Bote des Bösen, doch er wird kommen, kommen von der Höhe, angetan mit den Flügeln der Bosheit, umgeben vom Lärm der Sünde, seid wachsam, haltet weiter Ausschau, und verzagt nicht, wenn er kommt, wird Gott euch vor ihm retten, Gott wird euch erlösen von diesem Übel und von allen andern Übeln. Amen. Gott hat gesprochen. Omanipadmehum.
Jonas: Hast du das gehört, Sammy?
Sam: Da Sam weder taub ist noch schwachsinnig, vermag er die Frage seines Herrn ohne Einschränkung zu bejahen. Sam hat gehört und verstanden. Er weiß, wer mit dem Boten des Bösen gemeint ist.
Jonas: Ja das ist kein Kunststück, Jonas im Hubschrauber. Wie es ausseiht, hat Tommy Tinnef… vom Guru zum Gott befördert.
Sam: Der große Gott Tinnef im Zentrum der Dinge, Herr Oberkirchenrat.
Jonas: Da werden wir ihn möglichst schnell rausholen, Sam. In dem Kasten ist eine Tür, die ist vermutlich abgeschlossen.
Sam: Höchst unwahrscheinlich Monsignore, die Gläubigen werden es nicht wagen, ungebeten ihrem Gott ins Haus zu fallen. Und was meinen Herrn und Meister betrifft, den erwartet man bekanntlich vom Himmel hoch.
Tinnef: Aom. Aom. Omanipadmehum, höret ihr Gläubigen, es spricht Gott, euer Herr, noch ist er nicht da, der euch verkündete Bote des Bösen, doch er wird kommen, kommen von der Höhe…
Sam: Sprung auf, Marsch Marsch, da eure Göttlichkeit gerade so schön beschäftig und abgelenkt ist.
Jonas: Die Tür war offen, dann ein Korridor, eine zweite Tür, und dahinter das Herzstück von Nirwana, der Kontrollraum, Röhren, Hebel, Schalter, Datenspeicher, Tastaturen, Monitore und ein Mikrophon, davor ein fetter blasser Mann, noch nicht alt, im konventionellem grau: Der Elektromobilverleiher in Eden alias Tommy Tinnef, der Gott.
Tinnef: Amen. …Und von allen anderen Übeln. Amen. Gott hat gesprochen.
Jonas: Grüß Gott.
Tinnef: Was? Wie kannst du es wagen, Gottes Tempel zu betreten, auf die Knie, hier ist heiliger Boden.
Jonas: Regen Sie sich ab, Tommy, und lassen Sie sich nicht irreführen durch mein gelben Aufzug, den hab ich mir nur geborgt, Ich bin Jonas, nur Jonas, Multipharm schickt mich.
Tinnef: Ich weiß, Gott weiß alles.
Jonas: Weil er aus Babylon informiert worden ist, von wem, Tommy? Frau Direktor Waldorf, kann ich mir nicht vorstellen, warum sollte sie, aber wenn ich an Humbert denke, den gebeutelten Privatsekretär.
Tinnef: Einer der Mühseligen und Beladenen, ich hab ihm verheißen, daß er später nach Nirwana kommen darf, als Vizegott.
Jonas: Eine rasante Karriere. Es war also Humbert, der mich gleich zweimal bei Ihnen angekündigt hat, gestern in Eden konnten Sie mich abfangen, Tommy, weil ich keine Ahnung hatte, was gespielt wurde, aber jetzt bin ich hier und ich nehme Sie mit, Tommy.
Tinnef: Ha.
Jonas: Zurück nach Babylon, da können Sie Frau Waldorf erklären, was Sie hier angestellt haben, warum Sie sich nicht mehr bei ihr melden.
Tinnef: Gott meldet sich nicht, Gott empfängt keine Befehle, Gott ist sich selbst genug.
Jonas: Sicher Tommy, packen Sie ihre Sachen.
Tinnef: Nennen Sie mich nicht Tommy, ich bin nicht mehr Tommy Tinnef. Ich bin Gott. Gott.
Jonas: Wenn Sie unbedingt wollen, mitkommen müssen sie trotzdem.
Tinnef: Ich habe ihn abgelegt den alten Adam, der da Thomas Tinnef hieß oder großer Guru Ganesh, wie der Schmetterling die Larvenhülle abwirft, wenn er seine wahre Identität kennt. Hier in Nirwana, in diesem Raum, fiel es mir vor einer Woche wie Schuppen von den Augen, und ich erkannte, daß ich Gott bin, denn bin ich nicht allmächtig, sie tun nicht nur, was ich will, meine Gläubigen, sie denken, was ich will, sie empfinden, was ich will, sie sind glücklich oder unglücklich, ganz wie ich es will, ich brauche nur auf diesen Knopf zu drücken, an diesem Hebel zu ziehen, und sie sind mir ausgeliefert. Was ist mir Multipharm, mein Wille geschieht.
Jonas: Aber nicht mit Jonas, ich werde mich hüten, noch mal von ihrem Whisky zu trinken. Sehen sie her, Tommy, was ich in der Hand halte ist ein Laserstrahler. Mein Wille geschieht.
Tinnef: Das glauben sie, soll ich Ihnen was verraten, Luzinon wirkt auch im gasförmigen Zustand über die Luft, ich war auf Sie vorbereitet, Jonas, als Sie bei mir eindrangen, hab ich eine speziell für Sie zusammengestellte Halluzination freigesetzt. Spüren Sie es schon, spüren Sie es, Mr. Blaine?
Jonas: Ich wollte den Laserstrahler abdrücken, aber ich fand ihn nicht mehr, grauer Nebel zog auf, Tommy Tinnef lachte, er war jetzt groß und schlank, trug eine Schirmmütze, eine schwarze Uniform, Sam war auch schwarz, er saß am Klavier und spielte As time goes by.
Sam: You must remember this, a kiss is just a kiss.
Jonas: Ilsa, warum war sie nicht bei mir, dann erinnerte ich mich, sie saß schon im Flugzeug nach Lissabon mit Victor Laszlo, Major Strasser war empört.
Tinnef: Das Flugzeug muß aufgehalten werden, wo ist das Telefon, aus dem Weg, Blaine, ich werde dafür sorgen, daß sie in ein Konzentrationslager kommen, aah!
Sam: Major Strasser ist erschossen worden, verhaften sie die üblichen Verdächtigen.
Jonas: Sam, ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Jonas: Immer noch dichter grauer Nebel, plötzlich löste er sich auf, ganz schnell, und ich war nicht mehr Rick Blaine in Casablanca, ich stand im Kontrollraum, den Laserstrahler in der Hand, vor mir lag Tommy Tinnef, tot. Ein Laserloch über dem Herzen.
Jonas: Was ist passiert?
Sam: Gott Tinnef ist erschossen worden.
Jonas: Von mir.
Sam: Bzw. von Rick Blaine, dies eine hat der Ex-Gott nämlich nicht bedacht, daß als er die euer nostalgischen Begeisterung zugedachte Luzinonvariante in diesen Raum strömen ließ, er selbst sich ihr aussetzen, daß er allein durch sein Atmen Teil der Casablanca-Halluzination werden würde, er spielte mit als Gestapomajor Strasser.
Jonas: Tommy Tinnefs letzte Rolle.
Sam: Und als Major Strasser wurde er erschossen, von Rick Blaine mit dem Laserstrahler, von Jonas mit dem Revolver.
Jonas: Etwas verwirrend, Sammy.
Sam: Doch das Resultat ist klar, o heiliger Konfuzius: Gott ist tot, und Jonas hat eine Menge zu tun.
Jonas: Da hatte Sam recht, und ich fing auch gleich an. Zuerst stellte ich die Luzinonzufuhr für Nirwana ab, keine Drogen mehr in Luft oder Wasser, Schluß mit den Halluzinationen, Schluß mit dem Test, dann rief ich Frau Direktor Waldorf in Babylon an und erstattete Bericht.
Waldorf: Sie, Sie haben den Test unterbrochen, was fällt Ihnen ein, dazu hatten Sie kein Recht, Jonas, das wird ein Nachspiel haben.
Jonas: Ihren Luzinontest habe ich nicht unterbrochen, Frau Waldorf, ich hab ihn abgebrochen, für immer. Sie werden ihn nicht wieder aufnehmen.
Waldorf: Sind Sie verrückt Jonas, wo wir schon so viel in die Sache investiert haben. Multipharm wird sich doch von einem, von einem Nobody nichts vorschrieben lassen.
Jonas: Bitte, dann werde ich das tun, wovor Sie so große Angst hatten, Frau Waldorf, Ich werde Firmeninterna an die große Glocke hängen.
Waldorf: Nein.
Jonas: Sie wollten doch wissen, wie rüde ich sein kann, jetzt haben sie Gelegenheit, das festzustellen.
Waldorf: Was verlangen Sie, Jonas?
Jonas: Der Test bleibt gestoppt, Ihre Spielwiese wird aufgelöst, die Versuchspersonen werden von Multipharm entschädigt, großzügig, und noch was: Sie entlassen Ihren Sekretär.
Waldorf: Humbert. Warum das? Haben Sie Ambitionen, Jonas?
Jonas: Ich denke nicht daran. Für mich will ich nur das vereinbarte Honorar plus Spesen.
Waldorf: Einverstanden, wir kommen nach Nirwana, warten Sie auf uns.
Jonas: Lieber nicht. Ich traute Multipharm jetzt noch weniger. Was ich im Kopf und im Computer hatte, war mein einziges Druckmittel, und das brachte ich besser aus der Reichweite von Frau Direktor Waldorf, bis sie ihre Zusagen erfüllt hatte. Eine Stunde später flog ich den Hubschrauber zurück, am Horizont tauchte Eden auf.
Sam: Eden? Was wollen wir denn schon wieder in diesem Kaff, o Herr der Lüfte?
Jonas: Landen, Sammy, und dann ein paar Tage untertauchen, bei unseren Freunden, den Übrigbleibern, bei Amos, Debora und Obadja, da findet mich keiner.
Sam: Igitt. Weiß eure gastronomische Insuffizienz, was Übrigbleiber zu speisen pflegen: Regenwürmer, Frösche, geschmolzenen Schnee.
Jonas: Immer noch besser als Luzinon.
Sam: Apropos. Wäre es nicht erwägenswert gewesen in Nirwana zu bleiben, Tinnefs Stelle einzunehmen und den theokratischen Betrieb weiterzuführen, o großer Gott Jonas, klingt doch auch nicht schlecht ha?
Jonas: Nichts für mich. Ich bin dein Gott, Sammy, das ist genug. Mehr als genug.
Sam: Om.
Das war Spielwiese. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Bruni Löbel, Paul Esser, Edda Seippel, Klaus Abramowsky, Barbara Rath, Hans Wengefeld und viele andere (Rolf Schmeske, Nino Korda, Alexander Malachovski, Reiner Kositz). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1986). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Todestour
Judith: Jonas?
Jonas: Was ist? Zeit zum Aufstehen?
Mann: Ruhe. Kein Wort, keine Bewegung. Sie befinden sich im Bereich akuter polizeilicher Notstandsmaßnahmen.
Mann: Verhalten Sie sich ruhig, dann passiert Ihnen nichts.
Jonas: Ich verhielt mich ruhig. Das fällt mir nicht schwer, wenn sechs Typen mit Laserstrahlern auf mich zielen. Sechs Typen in schwarzen Kampfanzügen und schwarzen Schutzhelmen. Bei solchen Weckern kann ein sensibler Mensch schon das Flattern kriegen. Zum Glück bin ich nicht sensibel. Und außerdem Kummer gewohnt. Normalerweise weckt mich Sam. Aber ich war sauer. Judith war bei mir. Ausnahmsweise. Und Judith war von meinem Weckdienst gar nicht begeistert. Das sah ich ihr an. Und ich sah noch was. Durch meinen leeren Türrahmen spazierte eine prachtvolle Uniform. Rot und Gold. Lametta und Sterne, wo es sich nur machen ließ. Bei Jonas war heute Tag der offenen Tür.
Mann: Melde gehorsamt, Herr Oberst, Befehl ausgeführt. Objekt Jonas wach und gesprächsbereit. Nebst einer weiteren noch nicht identifizierten Person.
Judith: Oberst Frank?
Frank: Frau Delgado? Sehe ich recht? Welch angenehme Überraschung, werte Kollegin.
Judith: Sie erwarten doch wohl nicht, daß ich ganz meinerseits sage, werter Kollege.
Frank: Aber wie hätte ich denn ahnen können, werte Kollegin. Hauptabteilungsleiterin Judith Delgado von der zentralen Sicherheitsverwaltung und dieser… dieser Jonas. Pikant.
Judith: Sie werden unverschämt, werter Kollege.
Frank: Werte Kollegin, ich bitte Sie. Glauben Sie mir, hätte ich von dieser Ihrer Be-ziehung gewußt, wäre mein entree anders ausgefallen, leiser und nicht so so abrupt.
Jonas: Rührend. Wer ist dieser aufgedonnerte Weihnachtsbaum, Judith?
Frank: Gestatten Sie, Oberst Frank von der Terrorpolizei. Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten. Jonas.
Jonas: Ach ja? Und deshalb schicken Sie mir sechs Radaubrüder in voller Kriegsbemalung auf den Hals?
Frank: Unsere Sondereinheit SSA 9. Direkt. Druckvoll. Durchschlagend. Drahtig.
Jonas: Rauh, aber herzlich. Also vergessen.
Frank: Eventuell ein ganz klein wenig übereifrig die Jungs. Na ja, besser als zu lahm. Zugführer?
Mann: Herr Oberst befehlen?
Frank: Aktion beendet. Abrücken.
Mann: Befehl, Herr Oberst, zum Abmarsch angetreten. Marsch marsch.
Jonas: Die drahtigen Jungs von SSA 9 rückten ab, so geräuschvoll, wie sie aufgetaucht waren. Wir, Judith und ich, zogen uns was an, Oberst Frank guckte aus dem Fenster und pfiff sich eins, ich war immer noch sauer, und neugierig. Was wollte die Terrorpolizei von Jonas?
Frank: Hab ich doch gesagt, Jonas, mit Ihnen reden.
Jonas: Machen sie’s kurz, es zieht, ein paar dämliche Bullen haben mir Tür und Fenster eingeschlagen.
Frank: Ach mein Gott, den kleinen Schaden werden wir Ihnen selbstverständlich ersetzen.
Jonas: Worüber?
Frank: Bitte?
Jonas: Worüber reden wir?
Frank: O ja natürlich, Über die KBF, die sogenannte Kusbekische Befreiungsfront.
Jonas: Nur zu, wenn ich auch nicht wußte, was ich mit diesen Leutchen zutun haben sollte. Terroristen, Bombenleger, kein Umgang für Jonas. Erst vor ein paar Tagen hatten sie in Babylon zugeschlagen im Museum für internationale Kulturgeschichte, der Verwaltungstrakt war in die Luft geflogen. Zwölf Tote, mehrere Verletzte, der übliche Sachschaden, und auch sonst das übliche, keine Spur, keine Festnahme. Die Terrorpolizei hatte offenbar anderes zu tun, zum Beispiel Jonas aus dem Bett zu holen.
Frank: Nach meinen Informationen werden Sie inkürze Kusbekistan besuchen Jonas.
Judith: Kusbekistan? Jonas warum weiß ich nichts davon?
Jonas: Weil ich auch nichts weiß, Judith, was soll ich in Kusbekistan.
Frank: Glauben sie mir Jonas, sie werden nach Kusbekistan fahren, und dabei, das ist unser Anliegen, dabei sollen Sie für uns die Augen aufhalten, wir interessieren uns für alles, was die KBF betrifft. Aktivitäten, Hintergrund, Verbindungen mit Europa, Namen, Adresse.
Jonas: Apropos Adresse, Oberst Frank, Sie sind an der falschen. Ich bin kein Polizist, erst recht kein Spion.
Jonas: Ich bin Jonas, nur Jonas, Privatdetektiv, der letzte vom Stamm der Sam Spade und Phil Marlowe, nicht ganz so gut und nur mäßig erfolgreich, die Zeiten haben sich geändert, die Detektive auch. Aber ich gebe mir Mühe. Ich halte die Stange hoch, auch wenn keine Fahne mehr dran ist, vielleicht war nie eine dran. Vielleicht bin ich bloß eine komische Figur. Das macht nichts. Jonas der letzte Detektiv hat seinen Stolz.
Frank: Aber das ist es doch gerade, Jonas, Sie werden von anderer Seite einen Auftrag bekommen, völlig offen, ganz korrekt, Sie werden als Privatdetektiv nach Kusbekistan fahren, dort ihre Arbeit tun und für uns nur nebenbei tätig sein, in ihrer Freizeit sozusagen. Absolut ungefährlich, das versichere ich ihnen, geheimdienstmäßig sind Sie unbekannt, ein Amateur, ein Außenseiter, eine graue Maus, wie wir Fachleute sagen, und Sie werden gut bezahlt, Jonas. Für freie Mitarbeiter ihres Kalliebers haben wir einen Sonderfond aus Spenden der privaten Wirtschaft, aber das muß unter uns bleiben. Also Jonas, was halten sie davon?
Jonas: Gar nichts.
Frank: Sehr richtig, Jonas, sagen Sie jetzt noch nichts, lassen Sie sich mein Angebot durch den Kopf gehen. Sie hören von mir. Werte Kollegin.
Judith: Oberst Frank.
Frank: Hat mich gefreut. Bis bald, Jonas.
Jonas: Kusbekistan eine Reise in den sonnigen Süden so verkehrt wär das gar nicht.
Jonas: Wir hatten November, den 20. November 2010. Das Wetter in Babylon war entsprechend: naß, kalt, windig. In einem Wort mies. Die Klimaregulatoren waren wieder mal ausgefallen wie üblich, und Kusbekistan lag im Orient, da wo die Sonne scheint, wo es Palmen gibt und blaue Lagunen.
Judith: Und giftige Schlangen und Sandstürme, nicht zu vergessen Guerillas, Terror und Bürgerkrieg. Du hast mir was versprochen Jonas.
Jonas: Ja schon.
Judith: Wir hatten vereinbart, daß wir zusammen ans Nordmeer fahren, nach Babelshafen.
Jonas: Da ist es ja noch kälter. Wollen wir nicht lieber nach Kusbekistan?
Judith: Danke. Kusbekistan ist mir zu heiß, in jeder Beziehung.
Jonas: So schlimm wird schon nicht sein. Sam?
Sam: Sie haben geläutet, Sir?
Jonas: Sam ist mein Computer. Er besteht aus zwei Einheiten, aus dem großen Speicher in meinem Büro und aus Sam zwo, dem guten Rat im Miniformat für die Hosentasche. Sam weiß, was ich nicht weiß, das ist seine Aufgabe, seine existentielle Motivation, würde er sagen, so spricht er, so und noch schöner, gelehrt und geläufig, stark überprogrammiert und leicht unterbelichtet, und voll von Informationen, z.B. über Kusbekistan.
Sam: Wisse o Beherrscher der Gläubigen, daß Kusbekistan ein Land ist, welches im Orient gelegen ist und sich zwischen dem Mittelländischen Meere, den Wüsten Arabiens und dem persischen Hoch… Hoch… Hochgebirge erstreckt, ins Licht der Historie trat Kusbekistan…
Jonas: Geschichte und Geographie brauchen wir nicht, nur die aktuelle Situation. Kurz und Knapp.
Sam: Jawoll Chef ist geritzt: souveräner Staat erst seit einem Jahr, vorher Bestandteil der Vereinigten Großislamischen Republik, Lage derzeit unübersichtlich, da Bürgerkrieg mit mind. 9 sich bekämpfenden Parteien.
Judith: Da hörst du’s.
Sam: Regierung unterstützt von Europa und Amerika, sodann Christen, Sunniten, Schiiten, Ismaeliten, nationale Marxisten, internationale Marxisten, provisorisch republikanische Mudschaheddin, und Kusbekische Befreiungsfront, letztere religiös wie politisch unabhängig, bildet größte und geschlossenste Gruppierung. Desweiteren…
Judith: Das reicht Sam.
Sam. Ja.
Judith: Und in so einen Hexenkessel willst du deine Nase stecken?
Jonas: Für Oberst Frank und die Terrorpolizei ganz bestimmt nicht, aber wenn ein interessanter Auftrag kommt.
Sam: Es tönt das Fon, da ist er schon, der Auftrag mein ich.
Jonas: Schön wär’s. Ja?
Mann: Hier spricht das Ministerium für Kultur und Bildungspolitik, Sie werden verbunden mit dem Dezernenten für Museen und kulturellen Austausch, Herrn Staatssekretär Dr. Gödel Escherbach. Bitte sehr.
Jonas: Ja?
Escherbach: Escherbach. Herr Jonas?
Jonas: Höchstpersönlich.
Escherbach: Sie sind Privatdetektiv.
Jonas: Der letzte.
Escherbach: Ach wirklich. Sind Sie zur Zeit frei, Herr Jonas?
Jonas: Ich will’s mal so sagen: Ich könnte noch einen Auftrag übernehmen.
Escherbach: Auch wenn Sie dazu verreisen müßten? Ins Ausland.
Jonas: Sagen Sie bloß nach Kusbekistan.
Escherbach: Ja, woher wissen Sie?
Jonas: Mein lieber Watson, ich habe meine Methoden. Worum geht es?
Escherbach: Am Fon möchte ich nicht darüber sprechen. Können Sie zu mir kommen ins Ministerium?
Jonas: Wann?
Escherbach: Jetzt gleich. Wenn es möglich ist.
Jonas: Es war möglich. Auch wenn Judith sich alle Mühe gab, mir die Sache auszureden. Das Ministerium für Kultur und Bildungspolitik war ein schäbiges Gebäude aus der bösen alten Stahlbetonzeit in einer schäbigen kleinen Straße hinter dem van-Dusen-Platz, und innen ging es so weiter, ein schäbiger Pförtner in einem schäbigen Foyer, schäbige Flure und Vorzimmer, und ein schäbiger Raum, in dem Herr Staatssekretär Dr. Gödel Escherbach aus dem Rahmen fiel. Er war nämlich kein bißchen schäbig, im Gegenteil, er war das titelblattreife Produkt internationaler Zusammenarbeit: Anzug aus London, römische Schuhe, After Shave aus Paris, Zähne aus Hongkong, hausgemachte Glatze. Alles in allem teuer und gediegen. Dafür hatte er an der Ausstattung seines Arbeitszimmers gespart, ein Uralt-Computer noch ohne Vokoder und ein noch älterer Diaprojektor, zweidimensional, eine echte Antiquität.
Escherbach: Was meinen Sie, Herr Jonas, wie oft ich schon einen modernen Holoset beantragt habe, aber die Etatsituation auf dem Kultursektor. Sie wissen ja wie das ist.
Jonas: Keine Ahnung. Hausbar haben Sie wohl auch nicht.
Escherbach: Hausbar?
Jonas: Was zu trinken für Ihre Gäste. Whisky zum Beispiel.
Escherbach: Ich verstehe, bedaure sehr, Herr Jonas, ich könnte Ihnen vielleicht ein Täßchen Soja…
Jonas: Vergessen Sie’s. 90 Euros pro Tag und Spesen.
Escherbach: Ihr Tarif, Herr Jonas, nicht eben wenig, aber ich denke wir werden es erschwingen können. Immerhin geht es ja um erhebliche Werte.
Jonas: Wenn Sie das sagen, Dr. Escherbach. Und 20 % Auslandszuschlag, falls ich tatsächlich nach Kusbekistan muß.
Escherbach: Ja das wird sich nicht vermeiden lassen, Herr Jonas.
Jonas: Also Whisky gibts nicht, Geld ist klar, was kann ich für sie tun Dr. Escherbach.
Escherbach: Ja eine komplexe Materie, Herr Jonas, wie soll ich anfangen.
Jonas: Mit dem Anfang, Dr. Escherbach, alte Bauerregel.
Escherbach: Ja gewiß. Also vor einem Jahr, am 11. Dezember 2009, das war der Tag, an dem der Staat Kusbekistan gegründet wurde, mit den üblichen Formalitäten, Staatsakt in der Hauptstadt Chamra, große Militärparade, Fahnenweihe, eine Festausstellung im Nationalmuseum, äh können Sie mir folgen Herr Jonas.
Jonas: Es geht grad noch.
Escherbach: Äh ja, Kern und Prunkstück dieser Ausstellung war der sog. Schatz des Königs Dagon, um 1600 v.Ch, unser großer Archäologe Huhmann hat ihn seinerzeit ausgegraben in der Kusbekischen Wüste, ein Ensemble von unschätzbarem Wert, Herr Jonas, historisch, künstlerisch und auch materiell. Statuetten, Waffen, Schmuckstücke, ein weltberühmtes Spektorale in meisterhafter Goldschmiedarbeit.
Jonas: Was immer das sein mag. Ich bin Privatdetektiv, Dr. Escherbach, kein Archäologe, kommen Sie zur Sache.
Escherbach: Der Schatz des Königs Dagon gehört uns, Herr Jonas, Huhmann hat ihn damals nach Babylon gebracht, und seitdem befindet er sich in unserem Museum für internationale Kulturgeschichte.
Jonas: Wo neulich die Bombe hochgegangen ist, von der Kusbekischen Befreiungsfront.
Escherbach: Ja richtig, ich hätte sagen sollen, er befand sich im Museum, jetzt ist er nämlich in Kusbekistan, der Schatz des Königs Dagon, wir haben ihn den Kusbeken geliehen zur Feier der Staatsgründung, schweren Herzens, das kann ich Ihnen versichern, Herr Jonas, aber weil Kusbekistan doch mit uns verbündet war.
Jonas: Und jetzt ist ihr Schatz weg nehme ich an.
Escherbach: Ja so ist es, Herr Jonas, leider. Gleich nach der Staatsgründung brach in Kusbekistan Bürgerkrieg aus, alles ging und geht drunter und drüber, jeder schießt auf jeden, Terror, Chaos, na Sie wissen Bescheid wenn Sie sich für Politik interessieren.
Jonas: In Maßen, Dr. Escherbach.
Escherbach: Der Schatz wurde ausgelagert, mehr wissen wir nicht, seitdem ist er verschollen, und der Minister macht mir das Leben schwer, weil ich damals die Entscheidung getroffen habe, die Stücke auszuleihen.
Jonas: Und Sie geben die heiße Kartoffel weiter.
Escherbach: Ich delegiere, Herr Jonas, an den Fachmann. Auftrag an Sie, kurz und bündig: Finden Sie den Schatz des Königs Dagon und bringen Sie ihn zurück nach Babylon. Wie Sie das machen, das ist Ihre Sache.
Jonas: Wann soll ich fahren?
Escherbach: Sobald wie möglich. Heute noch.
Jonas: Wenn ich einen Platz in der Rakete kriege.
Escherbach: Den kriegen sie, Herr Jonas, machen Sie sich keine Sorgen. Wer fliegt heutzutage schon nach Kusbekistan.
Jonas: Masochisten und Detektive. Warum kommen Sie erst jetzt zu mir, Dr. Escher-bach, Ihr Schatz ist doch schon ein Jahr verschwunden und warum so hopp hopp?
Escherbach: Weil sich die Situation in den letzten Tagen zugespitzt hat, wir haben eine Information bekommen, aus bester Quelle, ein Stück aus unserem Schatz ist auf dem schwarzen Kunstmarkt aufgetaucht und von einem amerikanischen Sammler erworben worden. Es handelt sich um… diese Statuette des Königs Dagon aus Elektron, einer Mischung aus Silber und Gold.
Jonas: Sieht aus wie ein antiker Gartenzwerg.
Escherbach: Jonas, bitte, die Sache ist ernst.
Jonas: Aber nicht hoffnungslos.
Escherbach: Ja, am besten zeige ich Ihnen gleich auch die Dia der Stücke, die sich noch in Kusbekistan befinden, das hoffen wir jedenfalls.
Jonas: Ich fiebere vor Spannung, Dr. Escherbach.
Escherbach: Hier sehen Sie das Spektorale des Ichtapriesters Schumschu Ada. Silber mit gefaßten Smaragden. Der goldene Nasenring einer namentlich nicht bekannten Fürstin…
Jonas: Und so weiter. Rund drei Dutzend Klunker, Gold, Silber, Edelsteine. Ich versuchte mir Einzelheiten zu merken, das war schwierig, ein Schmuckstück sah aus wie das andere. Und alle zusammen drehten sich vor meinem Auge im Kreise.
Jonas: Machen wir es doch so, Dr. Escherbach, Sie geben mir Holographien mit oder wenn Sie keine haben, Fotos und ein Verzeichnis.
Escherbach: Ich weiß was besseres. Kusbekisch sprechen Sie wohl nicht.
Jonas: Nein.
Eschebach: Und daß Sie von Archäologie nicht verstehen, das haben Sie mir schon gesagt. Sie brauchen fachkundige Unterstützung. Dr. Khamal wird Sie begleiten.
Jonas: Khamal. Kusbeke?
Escherbach: In Kusbekistan geboren und aufgewachsen, Dr. der Kunstgeschichte und Archäologie, seit knapp zwei Jahren im Stab des Museums für Internationale Kulturgeschichte.
Jonas: Hm, im allgemeinen arbeitet Jonas solo, aber im diesem Fall.
Escherbach: Sie werden die Hände frei haben, Herr Jonas für Ihre Detektivarbeit, alles übrige erledigt Dr. Khamal.
Jonas: Nicht zu vergessen Sam mein Computer. Der versteht sogar was von orientalischer Archäologie, Kusbekisch kann er auch, nicht gerade fließend, aber ausreichend. Und Sam kam natürlich mit nach Kusbekistan, aber das sagte ich Dr. Escherbach nicht. Jonas behält gern eine Karte im Ärmel, für den Notfall. Wenn der Mitspieler plötzlich ein Full House auf den Tisch legt, muß man ihn abfangen, mit 4 Assen, mindestens. Die nächste Rakete nach Chamra ging am Abend, Dr. Khamal sollte mich vor der Eincheckschleuse treffen, war aber noch nicht da. Um so besser. Judith war zum Aerodrom mitgekommen, und Judith hatte mir beim Abschied was zu sagen.
Judith: Fürs kommende Wochenende hab ich uns ein Zimmer in Babelshafen gebucht, Jonas.
Jonas: Bißchen voreilig vielleicht so.
Judith: Meinst du? Dann hör mir mal zu, wenn du nicht mitkommt, weil du einen Fall hast, weil du nicht da bist oder was weiß ich, dann fahr ich allein.
Jonas: Ich werd’s schon irgendwie schaffen, Judith. Hoffentlich.
Judith: In Zukunft fahr ich dann immer allein, jedenfalls nicht mir dir.
Jonas: Warum kommst du denn nicht mit nach Kusbekistan.
Judith: Das weißt du doch, weil ich nicht so ohne weiteres von meinem Schreibtisch wegkann.
Jonas: Nimm dir Kurzurlaub, und komm nach, morgen oder.
Mann: Herr Jonas, Herr Jonas wird gebeten, sich zum Fon am nächsten Infoschalter zu bemühen. Herr Jonas bitte.
Jonas: Ein alter Bekannter wollte mich sprechen. Oberst Frank von der Terrorpolizei, Schrecken der Kusbeken, Wecker und Prophet dazu.
Frank: Ich habe es ja vorausgesagt, Jonas, Sie fahren nach Kusbekistan. Und?
Jonas: Und was?
Frank: Mein Angebot, was halten Sie jetzt davon?
Jonas: Das selbe wie heute früh. Gar nichts.
Frank: Das ist nicht Ihr Ernst, Jonas, denken Sie an den Sonderfond.
Jonas: Ich hab da unten was anders zu tun, und ich bin froh, wenn ich dabei mit der Kusbekischen Befreiungsfront überhaupt nicht in Kontakt komme.
Frank: Kontakt mit der KBF? Aber Mann Gottes, den haben Sie doch schon.
Jonas: Mysteriös. Vielleicht wußte Judith, was ihr werter Kollege meinte. Aber Judith war nicht mehr da, als ich zur Schleuse zurück kam, auf ihrem Platz saß eine Frau, die ich nicht kannte, leider, Ingrid Bergman in Casablanca, nur dunkel, und dieses umwerfende Wesen wartete auf Jonas.
Khamal: Sie sind doch Jonas?
Jonas: Ja. Jonas. Nur Jonas.
Khamal: Warum starren Sie mich so an?
Jonas: Ich seh dir in die Augen, Kleines. Sie heißen Ilse. Sagen Sie, daß Sie Ilse heißen.
Khamal: Nein. Ich bin Dr. Khamal. Duna Khamal.
Jonas: Sie sind Dr. Khamal. Eine Frau?
Khamal: Haben Sie etwas gegen Frauen, Jonas?
Jonas: Aber nein, meine beste Freundin ist eine. Apropos wo steckt sie, eben war sie noch hier.
Khamal: Die attraktive Dame, die hier gesessen und auf Sie gewartet hat?
Jonas: Ja.
Khamal: Ich habe mich ihr vorgestellt, da ist sie gegangen. Ich weiß nicht warum.
Jonas: Aber ich.
Sam: Häh, wie allgemein bekannt, zeigt die Dame Judith einen fatalen Hang zu jeder veralteten Passion welche man Eieieiefersucht zu nennen pflegt.
Jonas: Mein Computer, ein komplesiver Quatschkopf. Sam?
Sam: Meister?
Jonas: Wie oft hab ich dir schon gesagt, Judith geht dich nichts an, halt dich zurück.
Sam: Genau 417 mal, o grantig grollender Grimmbart.
Jonas: Dann paß mal auf, Sam, wenn du nur einmal, nur noch einmal.
Mann: Wir bitten alle Passagiere des Fluges QA 842 nach Sydney über Chamra und Singapur, sich zur Abfertigung zu bemühen. Ihr Zubringer ist startbereit.
Jonas: Nur 3 Figuren stiegen ins Chamra aus. Dr. Khamal, ich, und ein bulliger Schnauzbart, der zwei Reihen hinter uns gesessen hatte. Bei einem so mickrigen Besuch hatten sie sich keine Mühe gegeben, ihr Aerodrom herzurichten. Überall auf dem Feld Bombentrichter, in denen sich Abfall ansammelte. Und drinnen an den Wänden makabere Muster aus Einschüssen und rostroten Flecken.
Zollbeamtin: Passport. Grund Ihres Aufenthalts in Kusbekistan?
Jonas: Bildung. Kultur. Ich bin auf der Suche. Auf der Suche nach ihren weltbekannten Altertümern, und das ist nicht gelogen, Schwester.
Zollbeamtin: Aha. Tourist. Ihre politische Überzeugung?
Jonas: Keine zur Zeit. Sie stellen ja merkwürdige Fragen.
Zollbeamtin: Sind Sie für unsere rechtmäßige kusbekische Regierung oder sympathi-sieren Sie mit Rebellen, Banditen und Aufrührern? Auf welcher Seite stehen Sie?
Jonas: Auf der richtigen. Immer auf der richtigen.
Zollbeamtin: So. Ein Rat, Herr Jonas, bleiben Sie in Chamra, außerhalb unserer Hauptstadt können wir für Ihre Sicherheit nicht garantieren.
Jonas: Und warum? Weil da die Rebellen und Banditen das Sagen hatten bzw. die Freiheitskämpfer, wie Duna Khamal sie nannte. Die Regierung beherrschte nur Chamra und die nähere Umgebung. Und Chamra, das war eine chaotische Ansammlung brüchiger Wolkenkratzer aus der verflossenen Erdölzeit, ein Gebirge abgewrackter Automobile und Kühlschränke, ein allgegenwärtiger heißer Wind, der gelbe Staubwolken und uralte Computerprintouts vor sich her trieb, ein endloser Slum aus Lehmruinen und verrosteten Ölfässern, und ein Hotel, das bessere Tage gesehen hatte. Wir nahmen uns ein Zimmer, Korrektur zwei Zimmer. Duna legte wert darauf, allein einzuschlafen, ihr gutes Recht und mein Schaden. Am nächsten Morgen besuchten wir Professor Malek. Das hatte mir Escherbach geraten. Malek war der Leiter des Kusbekischen Nationalmuseums, offiziell, in Wahrheit hatte er nichts mehr zu leiten, das Museum war dicht, das schien Malek allerdings wenig zu stören, er hatte so vieles andere, ein wunderschönes großes Haus im Prominentenghetto, einen Swimmingpool, einen Leibwächter, der unauffällig im Hintergrund aufging, außerdem hatte er einen guten Whisky und keine Ahnung.
Malek: So gern ich Ihnen gefällig wäre, Dr. Khamal, Herr Jonas, und natürlich vor allem mein guten Freund Dr. Escherbach, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, Anfang des Jahres mußte mein Museum schließen, die wertvolleren Ausstellungsstücke wurden aus der Stadt gebracht, ausgelagert, auch der Schatz des Dagon.
Jonas: Wohin Professor?
Malek: Wenn ich das wüßte, meine Liebe.
Jonas: Haben Sie denn keine Unterlagen. Verwaltungsnotizen, Frachtbriefe?
Malek: Wir sind keine Wilden, Herr Jonas, zweifellos hat es derartige Dokumente gegeben, doch wo sie sich zur Zeit befinden, falls sie überhaupt noch existieren.
Jonas: Also verschwunden.
Malek: So ist es, Herr Jonas.
Jonas: Die Dokument und der Schatz des Königs Dagon.
Malek: Ich bitte Sie Herr Jonas. Versuchen Sie sich die Situation vorzustellen: Straßenkämpfe, Panzer und Geschütze, Raketen, Laserstrahler, Maschinengewehre, unbeschreiblicher Lärm, Qualm, Rauch, Feuer, wer denkt dabei an Formalitäten. Ich war froh, daß die Kunstwerke, daß die Kunstwerke, für die ich Verantwortung trug, aus der Kampfzone geschafft werden konnten, aus der Stadt hinaus aufs Land. Wohin genau, das war nicht wichtig. Und unter uns, Herr Jonas, das spielt auch heute keine Rolle. Denn gesetzt, Sie wüßten den Ort, Herr Jonas, so könnten Sie ihn doch nicht aufsuchen, falls Sie nicht der Befreiungsfront oder ähnlichen Mörderbanden in die Hände fallen wollen.
Jonas: Oh, das bleibt abzuwarten, Professor. Vielleicht sollte ich mich mal im Museum nach Hinweisen umsehen.
Malek: Sinnlos, Herr Jonas, völlig sinnlos, ein leeres Gebäude, weiter nichts. Ich gebe Ihren einen guten Rat: Gehen Sie zurück in Ihr Hotel, Herr Jonas, machen Sie sich ein paar schöne Tage. Dr. Khamal wird Ihnen gern die Sehenswürdigkeiten unserer interessanten Stadt zeigen, und wenn ich etwas für Sie tun kann, finanziell oder auf andere Weise, zögern Sie nicht, sich an mich zu wenden. Ich habe gewisse Verbindungen, ich werde mich umhören, und sobald ich über den Schatz des Dagon etwas erfahre, werde ich es Sie wissen lassen.
Jonas: Und wenn nicht, Professor.
Malek: Dann kehren Sie zurück nach Babylon, Herr Jonas, mit gutem Gewissen. Sie haben das menschenmögliche getan. Inschala, wie wir hier sagen.
Jonas: Jonas sagt nicht Inschala, Jonas gibt nicht so leicht auf, und Jonas denkt sich seinen Teil. Am Nachmittag ließ ich mich von Duna durch Chamra führen, ein gemischtes Vergnügen, Chamra war häßlich, Duna war schön, wie immer, aber nicht ganz bei der Sache.
Khamal: Und dies ist der Platz des glorreichen 11. Dezember, sogenannt nach dem Datum der feierlichen Gründung unseres großen Staates, die rechte Seite…
Jonas: Ist genauso langweilig wie die linke. Bringen Sie mich zum Nationalmuseum, Duna.
Khamal: Obwohl Professor Malek Ihnen abgeraten hat.
Jonas: Das ist nun mal mein innervierende Art.
Khamal: Wie Sie meinen, Jonas.
Jonas: Sehr begeistert scheinen Sie nicht zu sein und auch nicht gerade hilfreich. Weder Sie noch Professor Malek.
Khamal: Wollen Sie den Grund wissen, Jonas.
Jonas: Ich bitte darum.
Khamal: Wir sind Kusbeken, der Schatz des Dagon gehört uns, vor mehr als einem Jahrhundert hat man ihn uns gestohlen, und jetzt sind Sie gekommen, um ihn uns zum zweiten Mal wegzunehmen.
Jonas: Ganz unrecht haben Sie nicht, Duna. Drehen sie nicht um.
Khamal: Was ist.
Jonas: Wir werden verfolgt, Maleks Leibwächter und hinter ihm.
Khamal: Der Schnauzbart aus unserer Rakete. Ich habe ihn vorhin schon gesehen. Kommen Sie, Jonas, wir wollen versuchen, beide abzuhängen, Hier, rechts in die Passage. Und dann durch den Sug.
Jonas: Wir rannten, wir schlugen Haken, wir liefen Treppen rauf und runter, wir schoben uns durch enge Basargassen, eine halbe Stunde lang, dann standen wir vor der gewaltigen Ruine, die das Kusbekische Nationalmuseum gewesen war, sie sah aus wie das Aerodrom, nur schlimmer, die Fenster waren mit Brettern vernagelt, die Türen auch, bis auf eine, eine kleine an der Seite unter einer Freitreppe, vermutlich der alte Lieferanteneingang.
Khamal: Nicht abgeschlossen.
Jonas: Dann treten wir doch näher. Vorsicht, Schutt.
Mann: Museum geschlossen.
Jonas: Das Phantom des Museums. Hallo?
Mann: Hallo, Aschmad mechduklek.
Khamal: Er fragt, was wir wollen.
Mann: Museum geschlossen. Morgen offen.
Jonas: Glaub ich kaum, alter Freund.
Mann: Museum geschlossen, morgen offen. Hanschi ödilek, Kaputt.
Khamal: Er versteht Sie nicht, Jonas, er spricht nur ein paar Worte in Ihre Sprache.
Jonas: Museum geschlossen.
Mann: Ek ek morgen offen.
Jonas: Das Phantom war ein kleiner krummer Mann in grüner Uniform, offensichtlich ein Museumswärter, der hier die Stellung gehalten hatte, als alles in Scherben fiel. Wenn einer wußte, wo der Schatz des Dagon abgeblieben war, dann er. Und er wußte wohl wirklich was. Jedenfalls antwortete er begeistert und ausführlich, als Duna ihn fragte.
Mann: Ek esienah…
Khamal: Da ist er an der Tür, Maleks Leibwächter.
Jonas: In Deckung Duna. Noch einer, hier muß ein Nest sein.
Khamal: Der Schnauzbart aus der Rakete. Gehen Sie aus dem Weg Jonas.
Jonas: Wie die 10 kleinen Negerlein. Maleks Gorilla laserte den Museumswärter, der Schnauzbart laserte den Gorilla, Duna Khamal laserte den Schnauzbart. Ergebnis der Blitzaktion: drei Tote, Brandgeruch in der Luft und ein völlig verwirrter Jonas.
Jonas: Duna was machen Sie denn, der Schnauzbart hat uns doch nichts getan.
Khamal: Ein Agent Ihrer Terrorpolizei, er war schon in Babylon hinter mir her.
Jonas: Und deshalb bringen Sie ihn um. Woher haben Sie überhaupt den Laser. Und Maleks Leibwächter, was hat der mit der Sache zu tun.
Khamal: Nichts was Sie anginge, Jonas. Das ist Politik, kusbekische Politik. Halten Sie sich raus, kümmern Sie sich nur um Ihren Auftrag.
Jonas: Was hat er gesagt?
Khamal: Der Wärter? Genug, wir wissen jetzt, wo der Schatz des Königs Dagon ist, im Südwesten, am Rande der Wüste, in Taltapik, das ist eine aufgegebene Grabung des europäisch-orientalischen Instituts, vor zwei Jahren hab ich selbst da gearbeitet.
Jonas: Dann kennen Sie sich also aus. OK, fahren wir gleich los.
Khamal: Morgen, Jonas, es sind gut 5 Autostunden bis Delkabit, heute schaffen wir das nicht mehr, es wird bald dunkel.
Jonas: Die Kusbeken wringen immer noch ein paar Tropfen Erdöl aus dem Sand, und die behalten sie für sich, deshalb fahren in Kusbekistan noch Benzinautos wie im 20. Jahrhundert. Duna zog abends los, um eins zu mieten. Für unseren Ausflug nach Telkarbit am nächsten Morgen. Ich hatte Zeit, mir dies und das durch den Kopf gehen zu lassen, zusammen mit Sam, den hatte ich im Lauf der Tages bei mir gehabt, eingeschaltet, und Sam brachte ein neues undurchsichtiges Element in die Debatte. Als ob der Fall nicht schon undurchsichtig genug war.
Sam: Belogen hat sie meinen Herrn, die liebliche Lady mit dem lockeren Laser. Beschwindelt. Getäuscht, hinters Licht geführt, verarscht, ausgetrickst, verladen, angeschmiert mit Löschpapier, und er, er sah ihr ins Auge und glaubete ihr, der dumme Tor, die trübe Tasse.
Jonas: Lenk nicht ab Sam. Was hat er denn nun wirklich gesagt der Museumswärter.
Sam: Sam übersetzt wortgetreu: „Ja, gnädige Frau, ja doch, ich weiß, wo er ist, der Schatz des Königs Dagon. In Ischtara ist er, unter dem großen Tempel, an der rechten Wand der unterirdischen Kammer, in einer eisenbeschlagenen Kiste ahh!“
Jonas: Ahh?
Sam: Unübersetzbar, euer Durchleucht, die Reaktion unseres Gewährsmann auf den ihn treffenden Laserstrahl, und beiläufig erwähnt, seine letzte Lebensäußerung.
Jonas: Ischtara, wo liegt das?
Sam: Im Nordwesten von Chamra, Herr Chefkartograph, mit dem Automobil in etwa 3 Stunden zu erreichen, es handelt sich, auch wenn mein Meister das nicht zu wissen scheint, um eine weithin berühmte Ruinenstätte, eine in den Felsen gehauene Tempelanlage der alten Napatäer im Talkessel des Wadi Achmok, 8. Jahrhundert v. Ch.
Jonas: Die Volkshochschule kannst du dir sparen. Warum hat Duna falsch übersetzt.
Sam: Vorschlag zur Güte, Herr Kamerad, Frage vertagen, first things first, wie ein anonymer Denker so richtig gesagt hat.
Jonas: Wenn man Bescheid weiß, kriegt man in Charma alles. Sam wußte Bescheid. Ich besorgte einen Laserstrahler und ein Auto. Am frühen Morgen fuhr ich los, noch vor Sonnenaufgang, vorher hatte ich in Dunas Zimmer nachgesehen, sie war nicht da, das hatte ich auch nicht erwartet. Unterwegs begegnete mir eine Beduinenkarawane, erst eine Staubwolke am Horizont, und dann zogen sie an meinem alten Citroen vorbei, Cadillacs, Chevrolets, Landrovers, sogar ein Mercedes, ein romantisches Bild, Kusbekistan war Jahrzehnte zurück. Eine nostalgische Enklave, insofern hatte ich gar nichts gegen meine Tour, schließlich bin ich Nostalgiker. Aber ich war gewarnt. Ich hatte meine Erfahrungen. Costaguana, das Niemandsland, zuviel Nostalgie ist ungesund. Manchmal sogar tödlich.
Sam: Achtung, Wadi Ahmack direkt voraus.
Jonas: Und wo ist nun dieses Ischtara.
Sam: Na wo schon, unten im Wadi. Laß die Karre stehen, steig aus.
Jonas: Muß ich klettern.
Sam: Wirst nicht drumrumkommen, o du Ass alle Alpinisten. Und vorher wird marschiert. Per peses apostolorum. Ein Lied zwo drei vier. Mein Vater war ein Wandersmann…
Jonas: Erst ein paar hundert Meter horizontal, dann eine kürzere Strecke vertikal, nach unten über eine Art Ziegenpfad, falls es hier noch Ziegen gab gesehen hatte ich keine, ich hangelte mich um eine Felsenecke, und war da, auf der Talsohle. Drüben an der Felswand: Trümmer und Säulen.
Sam: Ischtara.
Jonas: Ganz schön kaputt. Sam, da steht ein Auto, links neben dem Säulenkomplex.
Sam: Der große Tempel, von welchem der Wärter uns kündete.
Jonas: Duna, und vermutlich nicht allein. Ob sie wohl einen Wächter aufgestellt haben? Ah!
Jonas: Sie hatten, aber das merkte ich erst, als es zu spät war. Als ich von hinten was über den Schädel kriegte und mich ins Geröll legte um ein bißchen zu träumen. Von Helden Lobbebären, von großer Arbeit, von König Dagon und seinem Schatz, von Dr. Escherbach, von Oberst Frank und seiner SSA 9, von Professor Malek nebst Leibwächter, von Judith und Duna Khamal, vor allem Duna Khamal, Ich sah sie ganz deutlich. Sie hockte am Boden, in der linken Hand hatte sie ihren Laserstrahler, mit der rechten wühlte sie in einer Kiste mit Eisenbeschlägen. Ich lag in einer Felsenkammer, an den Wänden Malereien in verblaßten Farben. Löwen mit Flügeln, Stiere, seltsam angezogene Menschen, dazwischen Krakelein, Keilschrift oder Hieroglyphen, vor den Wänden drei unfreundlich wirkende Gestalten mit alten Maschinenpistolen und Taschenlampen, und Duna, und die Kiste, und in der Kiste der Schatz des Königs Dagon.
Khamal: Sie irren sich, Jonas, das ist nicht der Schatz.
Jonas: Erzählen Sie mir keine Märchen Duna, ich kenne die Stücke, Dr. Escherbach hat sie mir im Dia gezeigt, den Nasenring, die Jadekette, das Spektoral oder wie das heißt.
Khamal: Kopien, Jonas, Fälschungen.
Jonas: Sie machen mir doch schon wieder was vor, Duna. Damit Sie sich die Klunker ungestört unter den Nagel reißen können.
Khamal: Sie überschätzen sich Jonas, wenn ich mir den Schatz wie Sie sagen unter den Nagel reißen wollte, könnten Sie mich nicht daran hindern, ein kurzer Druck auf den Abzug, oder ein Wort zu Amir, zu Resa, oder Muratschi und sie wären tot, Jonas.
Jonas: Da ist was dran. Moment mal, der Gartenzwerg hier.
Khamal: Porträtstatuette des Dagon.
Jonas: Der dürfte gar nicht hier sein, nach Dr. Escherbach ist er bei einem Sammler in Amerika.
Khamal: Passen Sie auf, Jonas.
Jonas: Vorsicht, das war knapp!
Khamal: Keine Angst, ich kann mit einem Laser umgehen.
Jonas: Hab ich gemerkt.
Khamal: Heben Sie die Figur auf, Jonas. Sehen Sie sich den Einschnitt des Laserstrahls an, außen ein dünner Überzug vom Gold und Silber, und innen…
Jonas: Blei oder so was ähnliches.
Khamal: Bitte. Eine Fälschung, geschickt gemacht, für Laien kaum zu erkennen, aber doch eine Fälschung, und die anderen Stücke in der Kiste auch. Alles Fälschungen.
Jonas: Wer steckt dahinter. Malek?
Khamal: Unwahrscheinlich. Die Fälschungen können nicht aus Kusbekistan stammen, sie sind so, so gut, zu penibel. Für solche Arbeiten haben wir keine ausgebildeten Handwerker und auch keine technischen Einrichtungen.
Jonas: Wie z.B. die Werkstätten im babylonischen Museum für internationale Kulturgeschichte. Die sie neulich in die Luft gesprengt haben, Duna.
Khamal: Ich?
Jonas: Geben Sie es doch zu. Sie gehören zur Kusbekischen Befreiungsfront.
Khamal: Ja, ich bin ein Mitglied der KBF und ich bin stolz darauf. Wir kämpfen für die Freiheit des kusbekischen Volkes und für die Unabhängigkeit unseres Staates von den Großmächten in Ost und West.
Jonas: Hört sich gut an was Sie sagen, viel besser als das was sie tun. Wenn Sie für Freiheit in Kusbekistan sind, warum legen Sie dann Bomben im Babylon, noch dazu im Museum.
Khamal: Da war nicht die KBF.
Jonas: Sie lügen ja schon wieder.
Khamal: Jonas, ich schwör, die Bombe im Museum geht nicht auf unsere Rechnung.
Jonas: Aber man hat doch einen Bekennerbrief gefunden, das hab ich in den Nachrichten gehört.
Khamal: Eine Fälschung wie dieser Schatz des Königs Dagon.
Jonas: Aber ja doch. Duna ich habe eine Idee. Wenn Professor Malek mit dem falschen Schatz nichts zu tun hat.
Khamal: Das habe ich nicht gesagt. Malek muß die Stücke hier als Fälschungen erkannt haben, ein Experte sieht das auf den ersten Blick, und Malek ist Experte, wie ich oder wie Dr. Escherbach.
Jonas: Trotzdem hat er den falschen Schatz in seinem Museum ausgestellt. Warum? Warum ist er nicht aufgestanden und hat gesagt: Man hat uns Blüten angedreht.
Khamal: Wir werden ihn fragen. Armin.
Mann: Erdinea.
Khamal: Hamadin echdak. Wir fahren zurück nach Chamra. Sie kommen mit Jonas.
Jonas: Was Duna und ihre Freunde mit Malek in seinem schönen Haus machten, würde ich unbedingt als fragen bezeichnen, aber ich hatte ja nichts zu sagen, ich war nur geduldet, ein Außenseiter, und das muß ich zugeben, Dunas Methode war wirksam. Nach kurzer Zeit erzählte uns Malek alles, was wir wissen wollten.
Malek: Es war Escherbach, Dr. Gödel Escherbach in Babylon, er hat sich Sorgen ge-macht um seinen Schatz des Dagon, daß er ihn nicht mehr zurückkriegt, daß wir ihn in Kusbekistan behalten als unser nationales Erbe, darum hat er Kopien herstellen lassen, in seinem Museum, und die hat er nach Kusbekistan geschickt, den echten Schatz hat er behalten, niemand weiß das, nur er und die Handwerker im Museum und ich, natürlich, ich bin Fachmann, praktisch der einzige Fachmann in Kusbekistan, ich hätte den Austausch sofort bemerkt, deshalb hat Escherbach mich informiert, von Museumsleiter zu Museumsleiter, ich hatte Verständnis für seine Lage und blieb still.
Khamal: Verräter. Weiter.
Malek: Dann kam der Bürgerkrieg. Der falsche Schatz wurde ausgelagert, und da hatte Escherbach einen Einfall, er lebt sehr aufwendig, braucht immer Geld, wer nicht, ich auch, der Schatz des Dagon war offiziell verschollen. Escherbach wollte abwarten, ein halbes Jahr, ein Jahr, bis der Staub sich gelegt hatte, und dann wollte er anfangen, die echten Stücke zu verkaufen, in Amerika, auf dem schwarzen Kunstmarkt, eins nach dem andern, vorher mußte er natürlich die Mitwisser ausschalten.
Jonas: Die Bombe im Museum.
Malek: Nein, davon weiß ich nichts.
Khamal: Aber wir wissen, wir wissen, wer dahinter steckt, und wer versucht hat, die Sache uns in die Schuhe zu schieben. Weiter Malek, was geschah mit Ihnen, sie waren doch auch Mitwisser.
Malek: Wir haben uns geeinigt, Escherbach und ich, ich habe mitgemacht, bei Gelegenheit sollte ich die Kopien endgültig verschwinden lassen und alle Nachforschungen blockieren.
Jonas: Das heißt Jonas abwimmeln oder umbringen lassen, wenn’s nichts anders ging.
Malek: Escherbach mußte was unternehmen, der Minister hat darauf bestanden, deshalb hat er sie angeheuert, Jonas, und mich angerufen, für alle Fälle, daß sie den Schatz finden, ich meine die Kopien, damit hat Escherbach ohnehin nicht gerechnet.
Jonas: Wie sich der Mensch doch irren kann.
Khamal: Was hat Escherbach Ihnen versprochen, Malek?
Malek: Och, 30 Prozent, ich wollte eigentlich die Hälfte, aber und bekommen hab ich noch gar nichts, nicht einen Dinar.
Khamal: Wir sind großzügiger, Malek, wir geben Ihnen gern, was Ihnen zusteht. Amin. Mado li tapok.
Jonas: Kurz darauf schwamm Professor Malek in seinem Swimmingpool, den Kopf nach unten und tot. Damit war der Fall allerdings noch nicht zu Ende. OK, zum größten Teil war er gelöst und abgeschlossen, aber es blieb doch noch die eine oder andere Unklarheit.
Khamal: Zum Beispiel?
Jonas: Zum Beispiel Ihre Rolle Duna. Escherbach hat darauf bestanden, daß Sie mich begleiten, warum, das war doch widersinnig. Sie sind Archäologin. Sie hätten die Fälschungen sofort als Fälschungen erkannt, das mußte ihm klar sein.
Khamal: Und noch was, die Terrorpolizei war mir schon in Babylon auf der Spur, sie wußte, daß ich zur KBF gehöre, trotzdem hat sie mich nach Kusbekistan ausreisen lassen, warum?
Jonas: Und was wollte Oberst Frank?
Sam: Gestatten die erhabenem menschlichen Herrschaften, daß ein armseliger kleiner Computer sich in die Diskussion hineinmenge.
Jonas: Seit wann fragst du Sammy.
Sam: Aber Sir, man hat doch Kinderstube.
Jonas: Ganz was neues. OK Sammy, menge dich hinein.
Sam: Ergebensten Dank. Ich menge mich Herr Vorsitzender. Sam hat sich erlaubt, nach einer Verbindung zwischen Herr Staatsekretär Dr. Gödel Escherbach und Herrn Oberst Frank von der Terrorpolizei zu forschen, und siehe da, wie schnell wart er doch fündig.
Jonas: Was hast du entdeckt, Sam, und wo?
Sam: Im Katasteramt von Babylon, Herr Liegenschaftsinspizient. Beide Herren sind Nachbarn, sie bewohnen zwei nebeneinanderliegende Reihenhäuslein, ergehen sich im gemeinsamen Gärtlein, 30 Quadratmeter englischer Rasen aus wetterbeständigem Plastik und wie aus zahlreichen Hinweisen hervorgeht, sind sie überhaupt recht gute Freunde.
Jonas: Bitte, das ist die Erklärung. Von Frank hat Escherbach erfahren, daß seine Mitarbeiterin Dr. Khamal zur KBF gehört, und deshalb hat er sie mir mitgegeben, natürlich nicht, damit wir zusammen den Schatz finden, im Gegenteil, er wußte, falls Gefahr bestand, daß ich dem Schatz, dem falschen Schatz zu nahe kam, würde Duna mich umbringen, weil ich in ihren patriotischen Augen ein Räuber war, ein Feind des kusbekischen Volkes, der nationale Kunstschätze nach Babylon verschleppen wollte. Das haben Sie doch gedacht, Duna oder?
Khamal: Selbstverständlich. Bis heute nachmittag.
Jonas: Da sah auf einmal alles anders aus, und Sie brauchten Jonas nicht mehr umzubringen.
Khamal: Gern hätte ich es nicht es nicht getan. Jonas. Glauben sie mir.
Jonas: Ich bin gerührt. Sie waren ja sowieso nur die Rückversicherung, die Notbremse. Falls Malek nicht spurte.
Sam: Sagen wir es doch anders, charmant, reizvoll, mythologisch verspielt. Frau Dr. Khamal erfüllte die hochinteressante Funktion einer trojanischen Stute.
Khamal: Äußerst charmant.
Sam: Sam meinte doch bloß…
Jonas: Hör auf zu meinen, Sam, sei still.
Sam: Typisch, kein Dank, keine Anerkennung, nicht einmal ein freundliches Wort. Wofür schindet man sich ab bis aufs Blut, woher kriecht man in die schmutzigsten Datenbänke, wofür kratzt man die abseitigsten Informationen zusammen, wofür wofür o Mensch wofür.
Jonas: Ruhe.
Sam: Ja.
Jonas: Nächste Frage.
Khamal: Oberst Frank und die Terrorpolizei, warum haben sie das Spiel des Dr. Escherbach unterstützt und mich aus dem Land gelassen?
Jonas: Ganz einfach: Durch Sie wollte Frank an die KBF rankommen, an ihre interne Organisation, ihre Basis in Kusbekistan, Frank hatte Sie an der langen Leine, Duna, zuerst war Jonas als Ihr Aufpasser vorgesehen.
Khamal: Ach ja.
Jonas: Aber Jonas hat sich geweigert.
Khamal: Gut für Jonas.
Jonas: Und schlecht für den Schnauzbart, der für Jonas nachgerückt ist. Das war’s Duna, alles klar?
Khamal: Bis auf eins. Malek hat seinen Anteil, 30 Prozent. 70 Prozent sind noch offen.
Jonas: Dr. Escherbach, was geschieht mit ihm?
Khamal: Überlassen Sie das uns, Jonas. Wir werden ihn auszahlen. Wenn Sie wieder in Babylon sind.
Jonas: Sie lassen mich zurück?
Khamal: Warum denn nicht. Es sei denn, Sie wollen bei uns bleiben und uns helfen in unserem gerechten Kampf für das kusbekische Volk.
Jonas: Wissen Sie, Duna, gegen Sie hab ich nichts und auch nichts gegen das kusbekische Volk, für Freiheit und Unabhängigkeit bin ich auch, Unabhängigkeit für Jonas, darum hält Jonas sich raus und fliegt zurück nach Babylon.
Khamal: Wenn Sie also zurück sind, Jonas, rufen Sie Dr. Escherbach an, sagen wir morgen nachmittag 5 Minuten vor 4.
Jonas: Warum?
Khamal: Das werden Sie merken. Wann fliegen Sie?
Jonas: Ich dachte heute abend.
Khamal: Warum nicht morgen früh? Wir beide haben uns ja noch gar nicht richtig kennengelernt.
Jonas: Das Wetter in Babylon war immer noch mies, ich schlief ein paar Stunden, und dann rief ich Dr. Escherbach an, 5 vor 4. Wie mit Duna verabredet. Jonas ist wieder da, sagte ich ihm.
Escherbach: So. Wie war’s in Kusbekistan? Warm und sonnig?
Jonas: Eher trocken und heiß. Und tödlich.
Escherbach: Ach. Für Sie doch wohl nicht, Jonas.
Jonas: Aber für Ihren Freund Prof. Malek. Unter anderem.
Escherbach: Und der Schatz des Königs Dagon?
Jonas: Das wissen Sie doch.
Escherbach: Was soll das heißen.
Jonas: Der Schatz ist hier, der echte Schatz in Babylon, bei Ihnen, Dr. Escherbach, soweit Sie ihn nicht schon verhökert haben. Hallo? Dr. Escherbach? Ruhe in Frieden.
Sam: Exit Dr. Escherbach, oder auch: Abtritt.
Jonas: Das treffende Wort.
Sam: Sam kennt noch eins, Erhabenheit. Den Wahlspruch des großen Schugun und Einiger Japan, Iljasu Tokugawa.
Jonas: Und was sagt dieser Dingsbums.
Sam: Er sagt: Alle Menschen sind Gaunel und molgen wild es legnen. Korrektur. Alle Menschen sind Gauner, und morgen wird es regnen.
Jonas: Heute regnet’s auch, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: Die Klimaregulatoren sind immer noch kaputt.
Judith: Hier spricht die automatische Fonbeantwortung Judith Delgado. Sie hören eine Aufzeichnung. Ich befinde mich seit dem 21. November auf Urlaub in Babelshafen. Am 3. Oktober werde ich wieder in Babylon sein. In dringenden Fällen wenden sie sich an mein Büro in der zentralen Sicherheitsverwaltung. Danke für Ihren Anruf. Hier spricht…
Jonas: Hätte ich doch besser in Kusbekistan bleiben sollen, bei Duna.
Sam: Inschalla. Gesundheit.
Das war Todestour. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Evelyn Opela, Alexander Kerst, Peter Lühr, Bernd Stephan, Charly Huber, Jürgen Rehmann und viele andere (Julia Fischer). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1986). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction Krimiserie von Michael Koser.
Heute: Sündenbock
(Im Büro-Appartement von Jonas, dem letzten Detektiv. Morgens, 8 Uhr früh)
Sam: Uhuhuhuh, uhuhuhuh!
Jonas: Acht Uhr früh, und es krähte der Hahn.
Sam: Uhuhuhuh, uhuhuhuh!
Jonas: Ein Hahn war es natürlich nicht. Wo gibt’s denn heutzutage noch Hähne?
Sam: Im zoologischen Garten, Herr Oberstabsveterinär, hinten rechts, neben den Schweinen. Oink.
Jonas: Weiß ich doch, Sammy. Ein armer alter Hahn ohne Schwanz. Wenn der überhaupt noch kräht, dann bestimmt nicht am Morgen, sondern nachts, da träumt er vielleicht von Würmern und von seinen Hennen. Mein Kräher war Sam.
Sam: Uhuhuhuh, uhuhuhuh! Wachet auf, wachet auf! Es krähte der Hahn. Morgenstund hat Gold im Mund. Erhebe dich du schwacher Geist, der du noch in die Kissen beißt. (singend) Early to bed and early to rise is healthy, wealthy and wise. Uhuhuhuh!
Jonas: Das reicht, Sam.
Sam: Uhuhuhuh!
Jonas: Ruhe!
Jonas: Sam ist mein Computer. Er kann nicht nur krähen, er kann auch reden. Und wie. Ohne Pause. Ohne Punkt und Komma. Ohne Luft zu holen. Sam ist ein ausgelaufenes Versuchsmodell. Die Firma McCoy wollte seinerzeit die Marktchancen für einen ungeheuer gebildeten Computer testen. Ergebnis: der Typ kam nicht an. McCoy mußte ihn verschrotten oder verramschen. Und so habe ich Sammy erstanden, billig, vor fünf oder sechs Jahren. Und jetzt habe ich ihn immer noch. Obwohl er an meinen Nerven sägt, obwohl seine hochgelehrten Textprogramme inzwischen ein bißchen durcheinandergeraten sind. Einen neuen Computer kann ich mir nicht leisten. Und ich habe mich an Sam gewöhnt. Möglicherweise.
Sam: Oh Dank, Meister. Ergebensten Dank. Von Herzen kommend, zu Herzen gehend.
Jonas: Als ob du ein Herz hättest, Sammy.
Sam: Hä?
Jonas: Und jetzt bist du still und läßt mich weiterschlafen.
Sam: Oh nein, nicht die Bohne, oh Fixstern meines Verlangens. Sam hat Befehl zu wecken, Sam weckt, beflissen, standhaft, ohne Unterlaß. Munter, munter aus dem Bette gehüpft, in die Naßzelle geschlüpft, zwecks matutiner Absolutionen.
Jonas: Wenn ich nicht so müde wäre, Sam, dann würde ich aufstehen…
Sam: Bravo Meistro.
Jonas: Einen Hammer nehmen und dich zu Schrott schlagen.
Sam: Pfui, Pfui, Missiö de Marquis. Warum so unwirsch?
Jonas: Warum? Weil ich mir ganz umsonst die halbe Nacht um die Ohren geschlagen hatte. Auf dem Zentralfriedhof von Babylon, ausgerechnet. Ein Auftraggeber hatte mich per Fon hinbestellt, um Mitternacht. Mir war’s egal. Ich habe keine Angst vor Gespenstern. Aber er hatte wohl Angst. Jedenfalls tauchte er nicht auf. Zwei Stunden stand ich mir die Beine in den Bauch, dann zog ich ab. So was kommt manchmal vor. (Jonas jetzt in der Dusche. Wasser plätschert)
Sam: Ärgerlich, hoher Herr, höchst ärgerlich, doch leider, leider nicht zu ändern.
Jonas: Wenn ich dich nicht hätte, oh du mein Ausburt elektronischer Binsenweisheit. Wie wär’s denn zur Abwechslung mal mit Hausarbeit?
Sam: Hausarbeit? Ein intellektuell hochspezialisierter, verbal hochqualifizierter Computer und Hausarbeit? Nachbarin, euer Fläschchen.
Jonas: Keine Diskussion, Sam. Dein Herr und Meister will Frühstück.
Sam: Sam hört und gehorcht. Was wünschen Durchlaucht zu sich zu nehmen?
Jonas: Na was schon. Brötchen aus echtem Mehl, Butter, Eier mit Schinken, echten Bohnenkaffee.
Sam: Herr Graf scherzen im liegen, oh Korrektur, Herr Graf belieben zu scherzen.
Jonas: Du merkst auch alles, Sammy. Also Sojakaff und Plastiktoast wie jeden Morgen, und stell Holo-News an.
Sam: Sehr wohl Sir.
Holo-Sprecher: …in der Nacht ermordet aufgefunden. Frau Dr. h.c. Ella Boss, genannt Bigboss, war Präsidentin von Chips Inc., dem bedeutenden Hardwareproduzenten. Chefinspektor Brock von der städtischen Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Nikosia: auf dem 33. Treffen der 11. Sitzungsperiode der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in der Welt, KF… (Jonas schaltet wieder ab)
Jonas: Hast du das gehört, Sammy? Sie haben Bigboss von Chips umgebracht. Weißt Du noch?
Sam: Dämliche Frage, du Brathahn. Sam weiß alles, oder naja, doch so gut wie.
Jonas: Ich hatte Bigboss vor einem viertel Jahr kennengelernt. Im Juni 2010. Eine merkwürdige Frau, und ein merkwürdiges Zusammentreffen, in ihrem Penthouse hoch über Babylon. Überhaupt ein merkwürdiger Fall, die ganze Schmiergeldaffäre. Ein toter Auftraggeber. Nike und Luna, die coolen Killerinnen mit der Drahtschlinge, Bigboss, und ihr persönlicher Referent, wie hieß er noch?
Sam (singend): To-To-To-To-Tolliver.
Jonas: Richtig, Tolliver. Ich habe ihn Joker genannt, weil er die Angewohnheit hatte, in aussichtslosen Situationen aufzutauchen, und dem Spiel eine Wendung zu geben. (Das Fon klingelt)
Sam: Dat Fon gibt Ton, oh Menschensohn.
Jonas: Hier Jonas. Nur Jonas. Der letzte Detektiv. Spezialist für hoffnungslose Fälle.
Tolliver: Tolliver.
Jonas: Wer?
Tolliver: Tolliver. Sie wissen wer ich bin.
Jonas: Aber ja, so ein Zufall!
Sam: Lupus in fabula, wie wir Lateiner sagen.
Tolliver: Bigboss, haben Sie gehört?
Jonas: Ja, eben.
Tolliver: In einer halben Stunde bin ich bei Ihnen.
Jonas: Das ist Tolliver. Mann der knappen Worte und schnellen Entschlüsse. Zweimal hat er mir das Leben gerettet, und dabei ganz lässig fünf Menschen umgebracht. Ein Mann, der zu seinem Wort steht. Genau 30 Minuten später saß er in meinem Büroapartment. Kühl und Konzentriert.
Tolliver: Interessiert an einem Auftrag, Jonas?
Jonas: Bigboss?
Tolliver: Ja. Sie sollen feststellen, wer sie umgebracht hat. Und warum.
Jonas: Hm, da sitzt doch schon die Kripo dran.
Tolliver: Sehr komisch. Chips ist der größte Hardwareproduzent in Europa. Wenn die Präsidentin von Chips ermordet wird, verläßt Chips sich nicht auf die Kripo.
Jonas: Und Ihre eigenen Sicherheitstypen?
Tolliver: Aber die kennen Sie doch, Jonas. Brauchbare Nachtwächter, ganz passable Gorillas, aber keine Detektive. Für Fall Bigboss nicht gut genug. Dafür brauchen wir Sie, Jonas. Sie sind Experte. Und Sie haben auf Bigboss Eindruck gemacht damals.
Jonas: Ach ja? Hat sie nicht gesagt, ich bin zu klein?
Tolliver: Klein, aber anständig.
Sam: Pieeep. Dies sind die Eigenschaften eines erstklassigen Detektivs: Anständigkeit, Vorstellungsvermögen, Wißbegierde und Menschenliebe. All’ so spricht Lew Archer. Gott hab’ ihn selig.
Tolliver: Vorlaut, ihr Computer.
Jonas: Vorlaut und verrückt.
Tolliver: Wirklich? Ja, also wie gesagt, Bigboss war beeindruckt von Ihnen. Es wäre durchaus in ihrem Sinne, daß Sie den Mord untersuchen. Für wieviel war’s? 80 Euros pro Tag?
Jonas: 90. Seit dem 1. September. Und Spesen. Alles wird teurer, auch der letzte Detektiv.
Tolliver: In Ordnung. Und eine Prämie, wenn Sie den Fall schnell abschließen.
Jonas: Hm, großzügig.
Tolliver: Chips-Geld, nicht meins. Also was ist? Übernehmen Sie den Fall?
Jonas: Das war die Frage. Irgendwas an der Sache war mir nicht geheuer. Ich hatte ein dummes Gefühl. Wie so oft. Andererseits lag mein letzter Auftrag drei Wochen zurück, und weil der mir außer Beulen nur ganze 13 Euros eingebracht hatte, konnte ich’s mir nicht leisten, Tollivers Angebot auszuschlagen. Ich nahm an. Ein Fehler. Aber das merkte ich erst, als es zu spät war, wie so oft.
Tolliver: Sehr schön. Seien Sie Punkt 11 bei mir. Sie wissen wo: Chips-Zentrale am Henrick- August-Platz, 31. Stock, Bigboss’s Büro. Viel Erfolg!
Jonas: Moment, Tolliver, ich habe ja noch keine Ahnung. Kommen Sie mal rüber mit ‘n paar Einzelheiten, wann, wo, wie und so weiter.
Tolliver: Tja, Jonas, weiß ich alles selbst nicht genau. Daten, die Sie brauchen, müssen Sie sich schon woanders besorgen, hahaha, Sie sind doch Detektiv! (geht)
Jonas: Dann wollen wir mal was tun, Sammy. Das heißt…
Sam: Sam soll was tun, ja, ja, das alte Lied. Computers to the front. Sei’s drum. Was steht zu Diensten, Ritter Kunibert?
Jonas: Mordfall Dr. Boss, Knappe Sam. Polizeibericht mit allem Pipapo. Kripo-Code hast du ja.
Sam: Auf geht’s, pieeep, ähhhhh ah ah ah.
Jonas: Ja was ist?
Sam: Zu seinem größten Bedauern ist Sam nicht in der Lage, obschon durchaus willens, die gewünschte Information zu liefern.
Jonas: Unsinn Sammy, die Daten müssen in der Kripo-Bank sein.
Sam: Müssen, großer Meister, sind aber nicht. Sonderspeicherung, neuer Super-Geheimcode, Stichwort Belzebub.
Jonas: Belzebub, Belzebub, was soll das heißen?
Sam: Sam weiß zwar viel, doch dies kann Sam nicht wissen.
Jonas: Und den Super-Geheimcode weißt du natürlich auch nicht.
Sam: Woher denn? Oh du mein Jonas Superstar.
Jonas: Datenbank der Kripo ist also out. Na gut. Dann eben anders.
Sam: Natürlich, das mußte ja kommen. Unser Mann in Havanna.
Jonas: Bitte wer?
Sam: Sam wollte sagen, unsere Frau bei der Polizei.
Jonas: Die Rede war von Judith. Judith Delgado. Hauptabteilungsleiterin in der Sicherheitsverwaltung. Privat ist sie mit einem gewissen Jonas liiert. Z.B., zeitweilige Beziehung, seit anderthalb Jahren. In dieser Zeit hat sie mir ab und zu geholfen. Nicht gerade mit Begeisterung, muß auch nicht sein, wenn sie nur dafür sorgt, daß ich Daten kriege, an die ich normalerweise nicht rankomme. Aber diesmal konnte Judith mir nicht helfen, vor einer Woche hatte ihre Behörde sie nach Japan geschickt. Dienstreise. Plötzlich. Ohne Vorankündigung. Um die speziellen Probleme der Sicherheitsverwaltung in Tokio zu studieren. Jonas war allein in Babylon, abgesehen von Sam natürlich. Und Sam war über Judiths Abwesenheit gar nicht böse.
Sam (wie ein Pfarrer sprechend): Möge es ihr wohl ergehen im fernen La-ha-nde. Der Dame Ju-dith.
Jonas: Sam!
Sam: Auf daß sie lange Zeit dorten verweile und so es denn überhaupt sein muß, (priesterlich) erst recht, recht spät wiederkehre. Amen.
Jonas: Denk an den Schrottplatz, Sam.
Sam: Äh äh, lieber nicht, Kumpel. Dame Judith ist out. What now?
Jonas: Die Kripo direkt, Sammy, und das heißt, fürchte ich, Inspektor Brock.
Sam: Chefinspektor, Sir, seit 1. Juli 2010.
Jonas: Inspektor oder Chefinspektor, eins stand auf alle Fälle fest: Brock hatte was gegen Jonas. Aber Jonas hatte keine Wahl und fuhr rüber zur Sicherheitsverwaltung am Europaplatz, in Person. Jonas am Fon kann man abhängen, wenn er unversehens in Brock’s Büro auftaucht, muß man ihn schon rausschmeißen, und das ist schwieriger. (In Brock’s Büro: Brock stürzt herein)
Brock: Verrammeln Sie die Tür, Pauly, das Arschloch Jonas ist im Haus gesichtet worden.
Pauly: Äh, zu spät, Chef.
Jonas: Ich bin schon da, sagte der Swinigel zum Hasen.
Brock: Swinigel Jonas, auch nicht schlecht.
Jonas: Jedenfalls besser als Arschloch.
Brock: Wenn Sie meinen Jonas.
Brock: Was wollen Sie?
Jonas: Informationen.
Brock: Worüber?
Jonas: Mordfall Dr. Boss.
Brock: Was haben Sie damit zu tun?
Jonas: Ein Auftrag.
Brock: So? Was wollen Sie wissen?
Jonas: Sagen Sie mal, Bröckchen, haben Sie Kreide gefressen? So kenn’ ich Sie ja gar nicht. Sie müssen doch jetzt brüllen (mit verstellter Stimme, laut) das ist mein Fall! Halten Sie sich raus! Kommen Sie mir nicht in die Quere! (wieder normal) Sie sind mir doch nicht krank?
Brock: Quatschen Sie nicht ‘rum Jonas, sagen Sie mir, was Sie wissen wollen.
Jonas: Alles, was Sie wissen, Brock.
Brock: OK, passen Sie gut auf, Jonas, ich sag’s Ihnen nur einmal.
Jonas: Ich glaub’s immer noch nicht. Sie geben mir Informationen, freiwillig?
Brock: Heute Nacht 0 Uhr 19, anonymer Anruf in Kripo-Bereitschaft: Leiche am Tigrisplatz, unten in der Passage. 0 Uhr 34 Streife vor Ort bestätigt. Alte Frau, Loch von Laserstrahler über linkem Auge.
Jonas: Was sagt der Pathomat? Todeszeit?
Brock: Präzise 0 Uhr 12. Fundort der Leiche identisch mit Tatort.
Jonas: Wäre möglich. Nachts ist kein Mensch am Tigrisplatz. Nur Läden und Büros. Einsam wie die Amazonas-Wüste oder der Zentralfriedhof.
Brock: Sie halten hier keine Vorträge, Jonas, Sie hören nur zu.
Jonas: Hmm.
Brock: Identifizierung der Leiche durch Ausweis. Dr. Ella Boss, Präsidentin von Chips, kriminalpolizeiliche Ermittlungen aufgenommen: 2 Uhr 06. Keine Verwandten. Persönlicher Referent benachrichtigt. Wohn- und Arbeitsstätte durchsucht.
Jonas: Resultat?
Brock: Null. Und das war’s, Jonas, Ende der Durchsage, hauen Sie ab! (Jonas ab)
Jonas: Ich kam nicht drüber weg. Brock von der Kripo, Superwiderling und Jonas-Fresser, griff mir mit Daten unter die Arme. Äußerst merkwürdig. Ich nahm mir vor, bei Gelegenheit darüber nachzudenken. Jetzt hatte ich was anderes vor: Verabredung mit Tolliver. 11 Uhr. Chips-Zentrale. (In der Chips-Zentrale)
Jonas: Der schäbige kleine Raum, in dem die Präsidentin von Chips gehaust und regiert hatte, wirkte jetzt noch schäbiger als vor einem viertel Jahr. Der Raum war tot. So tot wie Bigboss. Brock hatte gesucht und nicht gefunden. Viel Arbeit hatte er nicht gehabt. Ein Klappbett, zwei Stühle, ein kleiner Schrank, ein Flickenteppich. Kein Computer.
Tolliver: Bigboss was (war) altmodisch.
Jonas: Bin ich auch.
Tolliver: Aber Sie haben doch wenigstens einen Computer.
Jonas: Manchmal sieht’s eher so aus, als ob er mich hat.
Sam: Wir sind eins, geliebete Seele. (singend) Ohne Sammy macht der Jonas keinen Schritt, keinen Schritt…
Jonas: Ruhe in der Manteltasche!
Sam: Psst! Ruhe bitte. Absolute Ruhe. Äußerste Ruhe. Verstummet ihr Pauken. Schweiget stille Drometen.
Jonas: Sam Zwo ist der mobile Teil von Sam. Ein handliches Kästchen, paßt in jede Tasche. Ich nehme ihn mit, wenn ich beruflich unterwegs bin. Guten Rat braucht der Detektiv immer und überall. Muntere Sprüche, die er weniger braucht, muß er ertragen. Was das Reden betrifft, ist Sam Zwo der ganze Sam. Sprachrohr und drahtlose Extension von Sam Eins, dem großen Datenspeicher in meinem Büro.
Tolliver: Stehen Sie nicht in der Gegend rum, Jonas. Tun Sie was!
Jonas: Nichts dagegen. Schlagen Sie was vor!
Tolliver: Oh mein Gott, woher soll ich das wissen? Ermitteln Sie, forschen Sie, untersuchen Sie! Sie sind der Detektiv!
Jonas: Das haben Sie mir heute schon mal gesagt, Tolliver, allmählich fange ich an, Ihnen zu glauben. Was ist in dem Schrank?
Tolliver: Ein paar Kleidungsstücke, und Bücher.
Jonas: Bücher? (öffnet den Schrank) Tatsächlich. Bücher. Aus dem vorigen Jahrhundert.
Tolliver: Interessieren Sie sich für Bücher?
Jonas: Besonders für alte Kriminalromane: Hammett, Chandler, Ross Macdonald, Leo Malet (Riomarle).
Tolliver: Sie haben Recht, Jonas, Sie sind altmodisch. Wie Bigboss.
Jonas: Wann haben Sie Bigboss zuletzt gesehen, Tolliver?
Tolliver: Gestern nachmittag bei Dienstschluß gegen fünf.
Jonas: Wissen Sie, was sie um Mitternacht am Tigrisplatz wollte?
Tolliver: Nicht die mindeste Ahnung.
Jonas: Ach, Sie waren doch ihr persönlicher Referent. Sie haben ihre Termine gemacht.
Tolliver: Na sicher. Aber das heißt nicht, daß ich über jede Aktivität von Bigboss informiert war. Die ganz wichtigen Sachen, also hohe Firmenpolitik usw., die hat sie grundsätzlich allein erledigt.
Jonas: Ach ja. Und wie merken sich altmodische Einzelgänger ihre wichtigen Termine? Indem sie sie aufschreiben. Ist das Bigboss Handschrift?
Tolliver: Ein Stück Papier. Wo haben Sie das her?
Jonas: Aus einem Buch. Ist das ihre Handschrift?
Tolliver: Ja, keine Frage: 6.9.10, 0 Uhr, Tigrisplatz, Passage, Mann von McCoy, Angebot: Übernahme. Ah, das ist ja interessant. McCoy, das wissen Sie vielleicht, Jonas, McCoy ist unser schärfster Konkurrent, der zweitgrößte Hardwareproduzent in Europa. Um McCoy zu schlucken, hätte Bigboss alles getan.
Jonas: Hätte sie sich auch heimlich, um Mitternacht, mit einem Abgesandten der Konkurrenz zu Verhandlungen getroffen?
Tolliver: Sicher! Das ist es, Jonas, McCoy steckt hinter dem Mord. Und Sie haben es herausbekommen. Der Zettel muß gleich zur Kripo.
Jonas: Apropos Kripo. Belzebub, sagt Ihnen das was?
Tolliver: Belzebub? Ja, irgendwas religiöses glaub’ ich. Also wissen Sie, Jonas, triviale Quizfragen sollten Sie besser ihrem Computer stellen.
Sam: Oh ja, großer Moderator, (singend) frag mich, bitte, bitte frag mich, doing doing. Oh, Kommando zurück, frag mich bitte nicht, keine Zeit. Alarm!
Jonas: Sammy? Was ist los?
Sam: Da versucht jemand, Sam eins zu knacken, in dero Durchlaucht Büro, uh ha, das kitzelt.
Jonas: Einbrecher, Sammy?
Sam: Nein, die Heilsarmee, du Dämlack.
Jonas: Bis später, Tolliver, ich melde mich. (Jonas verläßt das Büro)
Jonas: Als ich 20 Minuten später die Tür aufriß, war das Büro leer. Aber es war jemand da gewesen. Sam Eins hatte frische Kratzer an Schloß und Schnittstelle, reine Blechschäden, innen war ihm nichts passiert. Sam Eins ist so stark gesichert, daß ihn nur ein Erdbeben knacken kann, oder der Weltuntergang. Und die Papiere auf dem Tisch lagen anders da als heute morgen. Was hatten die Einbrecher bei mir gesucht?
Jonas: Gar nichts. Sie haben was mitgebracht. Sieh dir das an, Sam.
Sam: Ein Zettel. Wie eben bei Bigboss.
Jonas: Und es steht auch fast dasselbe drauf: 6.9.2010, Mitternacht, Tigrisplatz, Passage, Bigboss abhaken für McCoy. Und die Handschrift…
Sam: Ist unverkennbar die genial schlampige Klaue meines Herrn. Wäh.
Jonas: Sammy, ich habe das Ding nicht geschrieben, ich sehe es jetzt zum ersten mal. Verdammt, was ist hier los? (Die Tür wird aufgerissen. Alca Selzer und ihr Kameramann Alex stürzen herein)
Alca: Hallöchen und einen ganz ganz lieben Tag alle miteinander. Keine Umstände. Bleiben Sie sitzen, Herzchen, fühlen Sie sich wie zu Hause.
Jonas: Ich bin hier Zuhause!
Alca: Klaro. Neben der Tür ist ‘ne Schnittstelle, Alex, da kannst du rangehen mit deinem Kasten. Bißchen eng, was? Na wird schon. Und wir bleiben jetzt total ruhig Herzchen. Absolut entspannt. Irre locker.
Jonas: Was wollen Sie? Wer sind Sie?
Alca: Aber, aber, Herzchen, Sie kennen mich doch, haben mich doch schon x-mal auf dem Schirm gesehen: Alca Selzer, die berühmte Alca Selzer, rasende Reporterin von HoloNews Babylon. Wir senden schon heute, was Morgen passiert. (Jonas räuspert sich)
Alca: Seh’n Sie, wußt’ ich doch, Herzchen.
Alex: Wir können, Alca!
Alca: Moment, Alex! Alex, mein Bilderknecht. Also Herzchen, nicht aufregen, gar kein Grund vorhanden, Tante Alca macht das schon. Erstmal kurz neueste Entwicklung im Mordfall Bigboss, dann Frage nach Background, bißchen Spekulation: Wird kalter Firmenkrieg heiß, schlägt Chips zurück etc. das übliche. (Alka räuspert sich) Los, Alex.
Alex: OK. Bild, Ton läuft! Fall Bigboss, Interview mit Privatdetektiv Jonas,
6. 9., 11 Uhr 55.
Alca: Guten Tag meine Damen, guten Tag meine Herrn. Wir sind zu Gast bei Jonas, dem letzten Detektiv, wie er sich nennt, dem Mann, dem wir die sensationelle neue Wendung im Fall Dr. Boss verdanken. Herr Jonas. In die Kamera, Herzchen, sehen Sie in die Kamera. Herr Jonas, bitte sagen Sie uns, wie ist es Ihnen gelungen, das entscheidende Beweisstück aufzuspüren, durch das, wie man hört, die Firma McCoy in erheblichem Maße belastet wird?
Jonas: McCoy? Woher wissen Sie das?
Alca: Aus, aus, Alex! Also so nicht, Herzchen, so machen wir das nicht. Wir antworten schön auf das, was Tante Alca fragt. Wir reden nicht einfach dazwischen.
Jonas: Woher wissen Sie das mit McCoy, und daß ich was gefunden habe?
Alca: Wenn’s Sie’s unbedingt wissen wollen, Herzchen, von der Kripo.
Jonas: Wann haben Sie es erfahren?
Alca: Wann war das? Gegen neun würde ich sagen, da haben sie mich angerufen. Dann waren wir beim Stehfrühstück von Senator Tinnef, dann die Bombe in der Südstadt, und jetzt sind wir hier, Herzchen und machen brav unser Interview.
Jonas: Nix! Wir gehen jetzt. Und wenn wir ganz artig sind, dürfen wir vielleicht später wiederkommen und dann unser Interview machen. Raus! (Jonas wirft Alca und Alex hinaus)
Jonas: Als sie endlich draußen waren, wollte ich mich zurücklehnen und bei einem Bürowhisky die seltsamen Dinge verarbeiten, die in den letzten Stunden passiert waren, in Ruhe und Frieden. Aber das sollte nicht sein. Sam fing an zu zetern. Und wenn Sammy selbst auch weder Hand noch Fuß hat, das was er zeterte hatte, ganz entschieden.
Sam: Tatütata! Tatütata! Alarm, Alarm, steh’ auf mein Volk. Die Flammenzeichen rauchen. Hinfort! Hinfort! Geschieden muß nun sein!
Jonas: Du meinst, ich soll von hier verschwinden?
Sam: Ja was denn sonst, du dreimal verdrehter Begriffstutz. Kratz’ die Kurve, mach’ ‘ne Fliege, verfatz dich, Mann hau ab, sonst haben sie dich!
Jonas: Wer, Sammy?
Sam: Na, tatütata, (im Hintergrund Sirenengeheul), da die, die da! Brock und sein Plattfußballett. Unterwegs zu meinem Sahib, um das diesem untergeschobene Beweisstück zu finden und mitzunehmen, nebst meinem Sahib. Rückzug ist angesagt!
Jonas: Wohin, Sam?
Sam: Zu einer Stätte der Ruhe und der Besinnung, oh rosa mia mystica, zwecks Meditation und deliberation der Situation mein Sohn. (Im ”Armen Schlucker“)
Jonas: (in Gedanken) Ich wollte ins Casablanca, aber das fiel aus. Brock wußte, daß ich da gerne hingehe, also landeten wir im armen Schlucker. Ein Dipsomat, eine Stätte des Alkoholismus und der Anonymität. Wie geschaffen für eine ungestörte Beratung zwischen Mensch und Computer. Ich zog mir einen kleinen Rum mit Wasser. Der Magen, das übliche, und auch sonst fühlte ich mich nicht gerade großartig. Nicht weil Brock hinter mir her war, daran bin ich gewöhnt. Weil ich die Regeln nicht kannte, obwohl ich die Hauptfigur im Spiel war.
Jonas: Heute früh um neun hat die Kripo schon gewußt, daß ich bei Bigboss den Notizzettel finden würde, gut zwei Stunden später! Kannst du mir das erklären, Sam?
Sam: Ein complo, Herr Chefagent. Kompott, äh Korrektur, Komplott wollte Sam sagen. Ohne jeden Zweifel ein Komplott.
Jonas: Dann legt mir jemand auch noch so einen Zettel auf den Tisch.
Sam: Nachdem besagter Jemand sich erfolglos um Sam’s Datenspeicher bemühte, o großer Grübler, vermutlich in der Absicht, Sam’s Memory für letzte Nacht zu fälschen.
Jonas: Und warum das alles, Sammy?
Sam: Diesem Problem, hohes Gericht, werden wir gemeinsam auf den Grund zu kommen suchen. (2x Geräusch eines Hammers wie im Gericht) Ruhe, oder ich lasse den Saal räumen!
Jonas: (beschwichtigend) Schrei doch nicht so, Mensch.
Sam: (wie bei einem Verhör sprechend) (leise) Nach Aussage der Kriminalpolizei wurde Frau Dr. Boss um Null Uhr Zwölf getötet. Wo hielten Sie sich um diese Zeit auf, Angeklagter?
Jonas: Weißt du doch, Sam, auf dem Zentralfriedhof.
Sam: Nicht am unweit vom Friedhof gelegenen Tigrisplatz?
Jonas: Natürlich nicht.
Sam (immer lauter werdend): Aber eine von ihrer Hand, Angeklagter, herrührende Notiz, welche die Kriminalpolizei unter der umsichtigen Leitung von Chefinspektor Brock bei ihnen sicherstellen konnte, beweist, daß Sie die Absicht hatten, sich um Mitternacht am Tigrisplatz einzustellen, um, ich zitiere wörtlich, Bigboss abzuhaken.
Jonas (flehend): Ich habe das nicht geschrieben!
Sam: Das behaupten Sie, Angeklagter. Ich behaupte dagegen, Sie haben sich mit dem Opfer, Frau Dr. Boss, am Tigrisplatz verabredet, angeblich, um über eine Übernahme der Firma McCoy durch die Firma Chips Inc. zu verhandeln. In Wahrheit jedoch, um im Auftrag besagter Firma McCoy, besagte Frau Dr. Boss zu töten. Was sagen Sie dazu, Angeklagter?
Jonas: Unsinn. Was habe ich mit einem Firmenkrieg in der Hardwarebranche zu tun?
Sam: Sie, Angeklagter, sind Privatdetektiv, der letzte seines Zeichens in Babylon, insofern ein zwielichtiger Charakter.
Jonas: Besten Dank.
Sam: Sie sind käuflich, Angeklagter, Sie wurden für den Mord bezahlt.
Jonas: Ach wirklich? Bei einem Kontostand von knapp 200 Euros?
Sam: (Piepen, dann Sam mit Computerstimme) Das Konto meines sich im Golde wälzenden Dagobert Duck enthält genau 4189 Euros 12 Cent. Piep.
Jonas: Was?
Sam: Die letzten Einzahlungen wurden getätigt gestern abend und heute morgen. Jeweils 2000 Euros. Angegebener Einzahler: McCoy. Der Sünde Lohn. Er hat an alles gedacht, jener mysteriöse Jemand. Oh Oh!
Jonas: Oh! Nochmals Oh! Ist das wirklich wahr, Sam?
Sam: Es ist wahr, oh mein Opferlamm, mein Sündenbock, mein schuldlos gebeutelter Jonas. (mit Richterstimme) Sie sind der Mörder von Dr. Boss, Angeklagter, Sie haben kein Alibi!
Jonas: Weil man mich auf den einsamen Zentralfriedhof gelockt hat. Zwischen Mitternacht und Zwei. Moment Sammy, ich habe ein Alibi!
Sam: Häh?
Jonas: Die Friedhofsratte.
Sam: Igitt.
Jonas: Sie haben viele Namen: Penner, Streicher, Treber, Plastiktüter, Obdachlose, Unbehauste, aber meist nennt man sie Ratten, weil sie grau sind und schmutzig, und weil man sie überall findet, sogar auf dem Zentralfriedhof. Da hauste die Friedhofsratte, in einem verkommenen Familiengrab. Ein Mann von unbestimmtem Alter. Beim Warten hatte ich mich mit ihm unterhalten. Die meisten Menschen nehmen Ratten gar nicht zur Kenntnis. Jonas ist anderes, der spricht sogar mit ihnen. Nicht nur aus Menschenliebe. Für einen Detektiv kann es nützlich sein, wenn Ratten ihm was pfeifen. (Auf dem Zentralfriedhof) Das zerbröckelte Mausoleum war leer. Dunkelrote Flecken, noch ziemlich frisch auf den alten Zeitungen, unter denen mein Freund nachts schlief. Das mißfiel mir. Ich verschwand und tauchte in der Passage am Tigrisplatz unter. Da ist es nur nachts still. Tagsüber wimmelte es von Menschen. Ich hatte eine Idee: auch unter dem Tigrisplatz hauste eine Ratte.
Stadtstreicherin: Hast du ‘nen Schluck für mich, Sohnematz?
Jonas: Schluck nicht. Wie wär’s mit 5 Euros?
Stadtstreicherin: Noch besser. Du willst doch was, Sohnematz.
Jonas: Ich war eben drüben im Zentral. Was ist mit der Friedhofsratte? (Ich wollte ihn besuchen.)
Stadtstreicherin: Die Bullen. Heut’ Morgen. Na’ dann mach’s mal gut, Sohnematz.
Jonas: Moment!
Stadtstreicherin: Hä?
Jonas: Hast du heut nacht hier unten was mitgekriegt? 12 oder ‘n bißchen später.
Stadtstreicherin: Kann schon sein. Das kostet aber noch ‘nen Fünfer.
Jonas: OK. Pfeif mir was vor.
Stadtstreicherin: Hm. Ein Typ und ‘ne alte Frau, sind die große Treppe runtergekommen und da drüben stehengeblieben, vor dem Schaufenster vom äh Uhrenladen. 10 nach 12
Jonas: Haben sie dich gesehen?
Stadtstreicherin: Glaube ich nicht, Sohnematz. Ich war in meiner Ecke und so was wie mich sehen die gar nicht. Die haben geredet, und plötzlich holt der Typ ‘nen Laser raus und strahlt die Alte ab. Und dann ‘is er weg. Ich bin auch weg. Ich will keinen Ärger…
Jonas: Bigboss und ihr Mörder. Wie sah der Mann aus?
Stadtstreicherin: Normal. Nichts besonderes
Jonas: Ähnlichkeit mit mir?
Stadtstreicherin: Och, kein Stück. Er war kleiner und dünner und besser angezogen.
Hey, hey, hey. Finger weg.
Jonas: Wir beide suchen uns jetzt einen Notaromaten, und da erzählst du die Geschichte noch mal.
Stadtstreicherin: Mensch, laß mich los! Ich bin doch nicht blöd, Sohnematz. Bei so was hält’ man die Schnauze.
Jonas: Außer man kriegt was dafür. 20 Euros?
Stadtstreicherin: Ne, ne, ne, ich hab erst mal genug für Sprit. Zisch ab! Zisch ab, Sohnematz!
Jonas: Wie wär’s denn damit: erst gehen wir zusammen zum Notaromaten, und dann in den armen Schlucker, und da kannst du dir ziehen, soviel du willst. Ich zahle.
Stadtstreicherin: Auch die teuren Sachen?
Jonas: Auch die teuren Sachen.
Stadtstreicherin: Auch zum mitnehmen?
Jonas: Auch das.
Stadtstreicherin: Nanana, schlag keine Wurzeln, Sohnematz. Wir haben was vor.
(Im Notaromaten)
Jonas: In der Passage unter dem Tigrisplatz gibt’s alles, auch einen öffentlichen Notaromaten, in einer Nische hinter der Treppe, gleich neben dem Klo. Eine alte Anlage, enge Kabinen, miese Belüftung, und meine Begleiterin duftete nicht gerade nach Zimt und Nelken. Aber was tut man nicht alles für die Wahrheitsfindung, vor allem, wenn es um den eigenen Kopf geht.
Robot-Stimme: Verehrte Bürgerinnen und Bürger, seien Sie willkommen im öffentlichen Notaromaten der Stadt Babylon. Was Sie hier urkunden, wird in der Datenbank des notariellen Hauptamtes gespeichert, wo Sie es jederzeit abrufen können. (Für eine ordnungsgemäße Beurkundung bitten wir Sie darum) Bitte beachten Sie die vorgeschriebene Prozedur: Urkundende Personen sowie Zeugen haben sich zunächst zu identifizieren. Dieses geschieht auf folgende Weise: Sie nennen laut und deutlich Ihren Namen sowie Ihre Bürgernummer, Sie halten Ihren Ausweis vor den entsprechend markierten Sensorschirm, Sie plazieren Daumen und Zeigefinger der rechten Hand auf die entsprechend markierten Sensorfelder, sodann entrichten Sie die im Monitor angezeigte Gebühr. Nun können Sie urkunden, verehrte Bürgerinnen und Bürger. Fassen Sie sich kurz. Auf Ihre Kabine warten schon andere. (Es klopft)
Jonas: Besetzt. Suchen Sie sich eine anderen Kabine, oder warten Sie ein paar Minuten.
Tolliver: Warten liegt mir nicht, mein lieber Jonas.
Jonas: Tolliver!
Tolliver: Na, Sie wissen doch, Jonas, der Joker taucht immer dann auf, wenn man es nicht vermutet.
Stadtstreicherin: Das isser, das isser, Sohnematz, der von ‘heut Nacht! Der mit dem Laser!
Tolliver: Und den hat er auch jetzt bei sich.
Jonas: Was soll das? Stecken Sie den Laser weg, die Frau ist eine wichtige Zeugin, sie hat den Mord an Bigboss beobachtet. Oh.
Tolliver: Ha, ha, sieh mal an, gut, daß wir Sie nicht aus den Augen gelassen haben, Jonas. Und was Sie betrifft, meine Dame, Sie wissen zuviel, wie es in der einschlägigen Literatur heißt. Ich lese nämlich auch alte Kriminalromane.
(Zischen eines Lasers, die Ratte stöhnt auf)
Stadtstreicherin (sterbend): Ich hätt’ die Schnauze halten sollen, Sohnematz.
Tolliver: Lobenswerter Vorsatz, meine Dame, leider zu spät. So, dieses war der erste Streich, und der zweite folgt sogleich.
Jonas: Sie haben Bigboss umgebracht, Tolliver.
Tolliver: Na bis Sie mal was merken, mein lieber. Haben Sie die letzten Nachrichten gehört? Nein? Zwei hochinteressante Meldungen. Die Fertigungsanlage von McCoy in der östlichen Vorstadt ist in die Luft geflogen. Ein Vergeltungsschlag von Chips, wie man vermutet. Für den Mord an Dr. Boss. Jetzt hat er angefangen, der heiße Krieg zwischen den Hardwaregiganten. Und die Kurse von Chips und McCoy sind in den Keller gefallen. Sie sehen Jonas, Unternehmen Belzebub läuft wie geplant.
Jonas: Das müssen Sie mir schon ein bißchen genauer erklären, Tolliver.
Tolliver: Kommissar Tolliver bitte! Kommissar Tolliver von der Kartellpolizei. Seit einem halben Jahr in geheimer Mission bei Chips, um Belzebub vorzubereiten.
Jonas: Der Mord an Bigboss ist eine Aktion der KaPo?
Tolliver: Aber ja doch. Um den heißen Firmenkrieg auszulösen. Chips und McCoy sind zu groß geworden. Marktbeherrschung. Preisdiktat usw. Jetzt kriegen sie sich gegenseitig klein. Wir haben nur für den Anstoß gesorgt.
Jonas: Deshalb der Name.
Tolliver: Ja natürlich. Wir treiben den Teufel mit Belzebub aus. Und wo wir schon dabei sind gleich noch ein Spruch: Wo gehobelt wird, fallen Späne.
Jonas: Ich verstehe. Bigboss, die arme Ratte…
Tolliver: Und Sie, Jonas. Mein Laser wird Ihnen ein kleines Loch in die Stirn brennen. Das dritte Auge der tibetanischen Lamas. (Kommissar Brock taucht auf)
Brock: Nicht so schnell, Kommissar, runter mit dem Laser. Davon war nie die Rede.
Jonas: Brock! Hätte nie gedacht, daß ich mich mal freuen würde, Sie zu sehen.
Brock: Sie heuern Jonas an, Tolliver, er findet den Hinweis auf McCoy und gibt die Sache bekannt, weil man ihm eher glaubt als uns. Dann legen wir ihn ein paar Tage auf Eis, bis Belzebub richtig läuft. So war es verabredet zwischen Kripo und KaPo. Keine Rede davon, daß ihm der Mord angehängt wird, oder daß er umgelegt werden soll.
Tolliver: Auf der Flucht erschossen, Chefinspektor, die sauberste Lösung.
Brock: Kommt nicht in Frage. Ich seh nicht mit an, wie Sie ihn cool ablasern.
Jonas: Danke Bröckchen, danke, Sie sind ein Engel!
Brock: Bilden Sie sich bloß nichts ein, Jonas.
Tolliver: Wenn Sie sich auf diesen Standpunkt stellen, muß ich Sie daran erinnern, daß ein Kommissar höher steht als ein Chefinspektor, und daß Sie Anweisung haben loyal mit der KaPo zusammenzuarbeiten. Halten Sie sich raus, überlassen Sie Jonas mir! Sie haben schon genug Mist gebaut. Wer hat den HoloNews viel zu früh benachrichtigt?
Brock: Spielt doch keine Rolle. Und Ihren Rang können Sie sich in die Haare schmieren, Herr Kommissar. Jonas kommt mit zur Sicherheitsverwaltung. Pauly!
Pauly: Chef?
Brock: Nehmen Sie dem Herrn Kollegen den Laser ab.
Pauly: Jawoll, Chef.
Tolliver: Das wird Konsequenzen haben, Chefinspektor. In einer halben Stunde bin ich Ihrem Büro, das verspreche ich Ihnen, mit einer Sondervollmacht. Und dann nehme ich Jonas mit, und meinen Laserstrahler auch. Aufgeschoben, Jonas, nicht aufgehoben.
Jonas: Au, ohha, ahhh. Mir wird schlecht.
Brock: Tun Sie sich keinen Zwang an.
Jonas: Nein, ahh, lassen Sie mich ins Klo. Nebenan.
Brock: OK. Sie gehen mit, Pauly!
Jonas: Für einen Bullen war Pauly ein zurückhaltender Mensch. Er blieb im Vorraum, wusch sich die Hände und bewunderte im Spiegel seine Schönheit. Alle Kabinen waren leer. Wurde ja auch Zeit, daß ich mal Glück hatte. Ich suchte mir die aus, die am weitesten vom Vorraum entfernt lag, wankte rein, schob den Riegel vor. Und dann war ich plötzlich wieder kerngesund. Ich zog die Schuhe aus und stellte sie so vor den Sitz, daß man sie von draußen sehen konnte. Die Türen waren einen halben Meter über dem Boden zuende, die Trennwände auch. Ich kroch leise unter allen Kabinen durch, bis zur letzten, der Kabine, die direkt neben der Tür zum Vorraum lag. Da klemmte ich mich zwischen die Wände wie ein Bergsteiger im Kamin und wartete, bis der zurückhaltende Pauly die Geduld verlor.
Pauly: Was machen Sie denn da so lange, Jonas? (klopft an die Tür) Kommen Sie raus! Kommen Sie raus!
Jonas: Pauly sah, was er sehen sollte: die verriegelte Kabine und meine Schuhe. Er merkte nicht, daß Jonas die Tür einer ganz anderen Kabine öffnete und sich hinter ihn schlich. Dann ein Standardgriff aus der Guerillaschule, Pauly verlor die Luft, die Besinnung, und vermutlich auch das Vertrauen in die Menschheit.
Sam (singend): Der arme alte Plattfuß ist müde vom Marschieren, Marschieren, ist müde vom Marschieren.
Jonas: Na so was. Sammy ist wieder da. In letzter Zeit hast du dich ja sehr zurückgehalten, mein Guter.
Sam: Na und? Kriechen, schleichen, Luft abdrehen, das macht mein Meister alleine aus dem Bauch. Elektronischen Rats vermag er dabei zu entbehren. Und ohne Zweifel wird eure Findigkeit sich auch weiterhin zu helfen wissen.
Jonas: Du meinst, wie wir hier herauskommen, bevor Brock ungeduldig wird?
Sam: Ja.
Jonas: Ich denke durch den Luftschacht im Vorraum.
Sam: Ja.
Jonas: Du rufst inzwischen die Baupläne der Häuser um den Tigrisplatz ab, Sammy.
Sam: Ja.
Jonas: Damit wir wissen wo wir landen.
Sam: Ja.
Jonas: Und wie’s dann weitergeht.
Sam: Glück auf, Herr Obersteiger!
Jonas: Der Schacht führte nach oben, in einen Lichthof, so groß wie ein Badelaken. Rings herum kahle Mauern bis in den Himmel, und eine Tür. Ich machte sie auf.
Sam: BING! Erdgeschoß. Damenbekleidung. Herrenartikel. Sonderangebote. Wünscht jemand auszusteigen?
Jonas: Das Wunderland, Sam!
Sam: So ist es, kleine Alice, Babylons neuestes und schönstes Kaufhaus.
Jonas: Dann wollen wir mal im Gewühl untertauchen, Sammy.
Sam: Aber ein bißchen plötzlich, wenn ich bitten darf, eure Behäbigkeit, wie es scheint, ist Chefinspektor Brock uns bereits auf der Spur, will sagen: im Lichthof.
Brock: Halt, bleiben Sie stehen Jonas!
Jonas: Lieber nicht. (Jonas geht los) So, vom Regen in die Traufe sagt man dazu. Hinter uns Brock und vorn Richtung Ausgang mein spezieller Freund Tolliver, mit ein paar unfreundlichen Typen in schwarzen Overalls mit gelben C auf der Brust.
Sam: Sicherheitsorgane von Chips Inc.
Jonas: Du sagst es, Sammy. Wir sitzen in der Falle. Wenn nicht was unerwartetes passiert, so was wie ein Ablenkungsmanöver im großen Stil. Du hast die Pläne fürs Wunderland Sam?
Sam: Klar Chef.
Jonas: Wo ist der nächste Hitzesensor?
Sam: Einen Augenblick, eure Dringlichkeit, piep. Herrenartikel, 2. Umkleidekabine von rechts.
Jonas: Bring mich hin!
Sam: Bitte mir zu folgen, Sir. Geradeaus… links… wieder links… ganz rechts.
Jonas: Heute war ein Tag der Kabinen: erst der Notaromat, dann das Klo und jetzt das Wunderland. Hier war allerdings jemand drin. Ein fetter Greis, der sich abmühte, einen gelb-grün geringelten Synthiwollpullover über seinen Wanst zu ziehen.
Kunde: Entschuldigen Sie, das ist meine Kabine.
Jonas: Zu klein, Sie brauchen mindestens 56. Außerdem, gelb-grün steht Ihnen nicht, macht Sie alt, und zu dick.
Kunde: Also erlauben Sie mal, verlassen Sie meine Kabine!
Jonas: Nach Ihnen. Wo ist der Sensor, Sammy?
Sam: Rückwand rechts unten. Hinter der Bespannung.
Jonas: Aha. Haben Sie Feuer?
Kunde: Ja, ein Feuerzeug. Wieso?
Jonas: Geben Sie her! Na wird’s bald?
Kunde: Bitte.
Jonas: Besten Dank.
Kunde: Was äh, was machen Sie da?
Jonas: Feuer! Sehen Sie doch. Direkt an diesem hochmodernen und hoffentlich auch hochempfindlichen Hitzesensor.
Kunde: Ja warum denn?
Jonas: Darum!
Kunde: Mein Gott, mein Gott! Feueralarm! Feuer! Hilfe! Feuer! Hilfe! (läuft davon)
Sam: Jetzt rennt er, hähähä.
Jonas: Es war ein Höllenspektakel. Die Sirenen heulten. Menschen schrien und drängten sich durch die Ausgänge. Brock, Tolliver und Konsorten wurden mitgeschwemmt, ob sie wollten oder nicht. Die Panik dauerte Minuten. Allmählich wurde es ruhiger. Schließlich Stille. Nur die Sprinkler liefen noch und rauschten wie ein ferner Regen.
Sam: Hähä. Hähähä. Darf ich Herrn Oberbranddirektor beglückwünschen? Eine geradezu geniale Idee. (wienerisch) Ja, a bisserl laud vielleicht.
Jonas: Du kannst dir gern was leiseres ausdenken, Sam. z.B. wo wir uns verstecken können. Die Feuerwehr ist im anrollen und wie ich Tolliver und Brock kenne, werden sie nach dem ersten Schreck sehr bald zurück kommen. Wohin Sammy? Nach Hause können wir nicht. Zu gefährlich. Casablanca? Dito. Nochmal der arme Schlucker?
Sam: Sam erlaubt sich abzuraten. Denn siehe, es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget. Majestät benötigen eine Schlafgelegenheit.
Jonas: Judiths Wohnung? Nein geht auch nicht.
Sam: In Anbetracht der weithin bekannten spezifischen Beziehungen, welche zwischen meinem Herrn und jener Dame obweilt…
Jonas: Sam!
Sam: Ja. Dürfte ihr Domizil bewacht sein. Ihre Arbeitsstätte jedoch…
Jonas: Judith Büro in der Sicherheitsverwaltung!
Sam: Die Höhle des Löwen, Wahna. Dort mutmaßt ihn niemand, den großen weißen Jäger.
Jonas: Gut gedacht, Sammy, aber in Judiths Büro kommt man nur mit Judiths Paßscheibe und Judiths Paßscheibe, Moment mal, Sam, die habe ich! Hier in der Tasche klar. Judith wollte sie eigentlich mitnehmen hat es sich dann aber auf dem Flughafen anders überlegt und sie mir geben. Hab ich fast vergessen.
Sam: Wenn es eurer zerebralen Zähflüssigkeit nur jetzt wieder eingefallen ist. Rate rapiden Rückzug rüstiger Recke! Na, nicht zur Türe. Willst du den Bullen in die Hörner laufen, trüber Torero?
Jonas: Muß wirklich nicht sein Sam, aber wo soll ich hin?
Sam: Nach oben, bis es nicht weitergeht, und dann, horizontal. Ja, über die Dächer von Babylon.
Jonas: Ein sicherer Weg, wenn auch mühsam, vor allem im Dunkeln. Keine Zwischenfälle. Auch nicht in der Zentrale der Sicherheitsverwaltung. Ich benutzte Seitentür und Treppe, nicht Haupteingang und Fahrstuhl, und unterwegs war ich vorsichtig. Nicht zu sehr, Brock und Tolliver waren sicher noch im Wunderland und suchten nach Jonas. (In Judith’s Büro) In das Büro einer Hauptabteilungsleiterin bei der Sicherheitsverwaltung paßt mein’s mehrmals rein. Ganz abgesehen von der Luxusausstattung: Teppichboden, schallisolierte Wände, Badezimmer, Kühlschrank, Hausbar. Hier konnte es ein gejagter Privatdetektiv schon eine Zeitlang aushalten. Ich machte es mir bequem und beschäftigte mich mit der Senkung von Judiths Whiskypegel. (Am nächsten Tag) Am frühen Morgen wachte ich auf, mit den üblichen Magenschmerzen, aber der Kopf war klar, und das war gut so, denn jetzt mußte ich das tun, wozu ich am letzten Abend zu müde gewesen war: nachdenken. Mit Sam natürlich.
Sam: Wenn’s recht ist, wird Sam kurz rekapitulieren.
Jonas: Schieß los, Sammy!
Sam: Also, Unternehmen Belzebub ist eine offizielle Aktion der Kartellpolizei in Zusammenarbeit mit der Kripo. Ziel: mit allen Mitteln, auch illegalen, eine überhandnehmende Konzentration auf dem Hardwaresektor zu beseitigen und die zwei marktbeherrschenden Produzenten durch einen zwischen ihnen ausgelösten Firmenkrieg entscheidend zu schwächen.
Jonas: Hhm, präzise formuliert, Sam.
Sam: Erster Schritt: Kommissar Tolliver von der KaPo wird bei Chips Inc. eingeschleust.
Jonas: Hhm.
Sam: Zweiter Schritt: Tolliver tötet Bigboss von Chips. Dritter Schritt: Mein Meister, von Tolliver beauftragt, den Mord aufzuklären, entdeckt, was er entdecken soll: einen fabrizierten Hinweis, der das Konkurrenzunternehmen McCoy belastet, oh Schmach, oh Schande, oh grauslige Tat.
Jonas: Jetzt übertreibst du aber Sam, bloß weil du ein McCoy-Produkt bist.
Sam: Es steht geschrieben: (priesterlich) Du sollst Vater und Mutter ehren.
Jonas: Vergiß nicht, McCoy hat dich verstoßen und verramscht. Weiter im Text: wenn die Polizei was verlautbart, glaubt ihr kein Mensch, deshalb haben sie mich in die Sache reingezogen, als nützlichen Idioten.
Sam: Sam kann leider nicht widersprechen.
Jonas: Und darum mußten sie vorher Judith auf Dienstreise schicken, damit sie mich nicht warnen konnte. Hhm. Soweit ist der Fall klar, Sammy. Jetzt kommt der unklare Teil: warum hat Tolliver versucht, mir den Mord an Bigboss anzuhängen? Und warum wollte er mich umbringen?
Sam: Es handelt sich hier auf gar keinen Fall um eingeplante Bestandteile der offiziellen Aktion Beelzebub. Ansonsten wäre Chefinspektor Brock informiert gewesen.
Jonas: Der gute Brock. Seit heute Nachmittag habe ich ihn richtig gern.
Sam: Jetzt übertreibst du, Kumpel.
Jonas: Soll sein, Sammy. Also, ein Alleingang von Freund Tolliver. Warum?
Sam: Euer Treuherzigkeit gelten als anständig und sauber und hartnäckig. Über all diese Eigenschaften war Tolliver bestens informiert, durch den Schmiergeld-Fall.
Jonas: Du meinst, er hat Angst, ich krieg was raus über ihn?
Sam: Die einzig mögliche Erklärung seines Verhaltens, oh Leuchte aller Detektive. Tolliver hatte etwas zu verbergen.
Jonas: Was Sammy? Was?
Sam (im Tonfall eines preußischen Generals): Vorschlag zur Jüte, Herr Kamerad: Schlagen wir Haken. Pirschen wir uns von hinten an feindliche Stellung.
Jonas: Das mach mir mal vor, Sammy.
Sam: Mit Vergnügen, Herr Kamerad. Frage: Wenn Kurse von Chips und McCoy fallen, wer profitiert?
Jonas: Vermutlich andere Firmen, kleinere. Sieh doch mal in die Börsenaufstellung von heute, spaßeshalber.
Sam: Schon passiert. Der bisher drittgrößte Hardwareproduzent, HardCore mit Namen, hat einen gewaltigen Kurssprung gemacht, nach oben, um gut 17 Punkte.
Jonas: Sammy, ich hab’ einen Geistesblitz!
Sam: Ist es denn die Möglichkeit, oh du mein spirituelles Donnerwetter?
Jonas: Wir sitzen hier wie die Maden im Speck. Überall kommen wir ran. An all die Bänke, Speicher und Datotheken, auch wenn sie geheim sind und nicht für jeden zugänglich. Wenn wir feststellen könnten, daß jemand vor nicht allzulanger Zeit eine größere Menge Aktien der Firma Hardcore gekauft hat, vielleicht sogar die Majorität.
Sam: Ein Jemand mit dem Namen Tolliver.
Jonas: Und genau das stellten wir fest. Es war nicht leicht und es dauerte seine Zeit. Tolliver hatte seine Spuren gut verwischt. Hätten wir nicht gewußt, was wir suchten, wären wir ihm wohl kaum auf die Schliche gekommen. Jetzt war alles klar.
Sam: Das also war des Hasen Kern.
Jonas: Ja, Sammy. Da liegt der Pudel im Pfeffer. Tolliver hat sein Wissen über Aktion Belzebub ausgenutzt, um sich finanziell Gesund zu stoßen. Hm, wenn das Chefinspektor Brock wüßte.
Sam: Hehe, wollen wir’s ihm sagen, Genosse? Hä?
Jonas: Eine Stunde später rief Chefinspektor Brock bei der Kartellpolizei an.
Brock: Tolliver? Brock hier. Wir haben Jonas geschnappt. Hier. Ja Sie können ihn haben. Gut, alles klar. – Es klappt. Er kommt rüber!
Jonas: Und noch eine Stunde später erschien Kommissar Tolliver von der KaPo bei Chefinspektor Brock von der Kripo. (Tolliver kommt herein)
Tolliver: Wo ist er?
Brock: Jonas? Im Nebenzimmer.
Tolliver: Mein Laser! Sie haben noch meinen Laser!
Brock: Pauly!
Pauly: Chef?
Brock: Geben Sie ihm seinen Laserstrahler!
Pauly: OK, Chef! Hier, Ihr Laser.
Tolliver: Danke. (Tolliver geht ins Nebenzimmer)
Jonas: Tolliver!
Tolliver: Na, wissen Sie noch, Jonas, aufgeschoben, nicht aufgehoben.
Jonas: Ich weiß noch was, Tolliver. Ich weiß von dem dicken Paket Hardcore-Aktien, das Sie vor drei Tagen gekauft haben, als der Kurs noch ganz niedrig war.
Tolliver: Ach, wirklich? Schade, daß Sie nicht eher drauf gekommen sind, Jonas. Jetzt nutzt es Ihnen gar nichts mehr. Nur Sie und ich wissen von dem Aktienkauf, und Sie, mein Lieber, werden gleich nichts mehr davon wissen, Sie werden überhaupt nichts mehr wissen. (Tolliver versucht Jonas zu erschießen, aber der Laserstrahler funktioniert nicht) Ach was ist denn? Warum geht denn das nicht?
Jonas: Lassen Sie Ihren Laserabzug ruhig wieder los, Tolliver. Brock hat das Ding entladen.
Tolliver: Entladen? Warum? (Brock kommt herein)
Brock: Weil Brock über Sie Bescheid weiß, Tolliver.
Jonas: Und Brock ist nicht der einzige.
Brock: Pauly ist auch informiert, und die Sicherheitsleitung.
Jonas: Und Alca Selzer von Holonews.
Tolliver: Nein! (Tolliver rennt zum Fenster)
Brock: Weg vom Fenster Tolliver! Aus dem Weg Jonas! Weg vom Fenster, oder ich schieße! (Brock erschießt Tolliver) Auf der Flucht erschossen. Die sauberste Lösung. Lassen Sie ihn wegschaffen Pauly!
Pauly: Jawoll, Chef!
Brock: Und Sie verschwinden auch, Jonas. Diesmal haben Sie Glück gehabt. Beim nächsten mal halten Sie sich ganz von Anfang an raus!
Sam: Wieder ganz der Alte, unser Brrock.
Jonas: Ich ging nach Hause. Mein dummes Gefühl war immer noch da. Merkwürdig. Der Fall war doch zu Ende. Ein böses Ende, für einen bösen Fall. Tolliver war tot. Wie Bigboss und wie die Ratte vom Tigrisplatz. Chips und McCoy bekriegten sich. Und Brock war sauer, wie immer. Niemand hatte was von der Sache gehabt.
Sam: Mit Ausnahme meines Herrn und Meisters.
Jonas: Sicher, Sammy, eine verkorkste Nacht und einen dito Tag.
Sam: Und 4000 Euros, welche der selige Tolliver auf dero Wohlhabenheit Konto überwies, zwecks Untermauerung der Sündenbock-Rolle.
Jonas: Freu dich nicht zu früh, Sam. Wenn die Polizei den Fall genauer untersucht, werden wir das Geld ganz schnell wieder los.
Sam: Sofern es noch vorhanden ist, oh geruhsamster aller Durchblicker.
Jonas: Was heißt das?
Sam: Na was schon? Wir setzen es um, in Sachwerte! Speis und Trank, Malt Whiskey, Kaviar.
Jonas: Eier und Schinken! Bohnenkaffee! Brötchen und Butter. Ein Bogie-Hut. Schuhe aus echtem Leder. Und vielleicht sogar eine Chandler Erstausgabe.
Sam: Sam könnte übrigens ein paar neue Mikrochips brauchen.
Jonas: Aber nicht von Hardcore.
Sam: Also dann, junger Mann. Geh’n’ wir Shopping!
Das war Sündenbock. Eine Folge aus der Science-fiction-Krimiserie DER LETZTE DETEKTIV von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Hans Korte, Claudius Zimmermann, Andrea Lukas, Rita Russek, Nino Korda, Frank Petzelt und viele andere (Matthias Gollowsky, Karin Frei). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1986). Redaktion: Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Niemandsland
Jonas: Ich konnte mich nicht rühren. Ich war gefesselt und geknebelt. Ich hatte Angst. Ich wartete. Die Tür ging auf, und herein kam, nein, kein Mann mit Pistole, eine Frau mit Laserstrahler. Frau Professor Caligari. Sie zielte auf meine Stirn. Ich starrte in ihre Augen und in die Mündung. Drei Löcher, schwarz wie der Tod. Ihr Finger am Abzug bewegte sich, wurde weiß, aber es zischte nicht. Es klingelte. Wieder und wieder. Und da wachte ich endlich auf. Ich schüttelte den schweren Kopf, um den schweren Traum zu verscheuchen und griff zum Fon.
Jonas: Ja?
Sesam: Jonas?
Jonas: Jonas. Jonas, nur Jonas.
Sesam: Privatdetektiv?
Jonas: Ja. Der letzte. Ein Fossil. Ein Dinosaurier. Nur nicht so groß und so schrecklich. Dafür bin ich zu müde. Und wer sind Sie?
Sesam: Mein Name ist Sesam. Martin Sesam.
Jonas: Ja?
Sesam: Der Name sagt Ihnen nichts? Sesams Zierzwerge?
Jonas: Nie gehört. War das alles, was sie wollten?
Sesam: Bitte?
Jonas: Mich fragen, ob ich Sie kenne?
Sesam: O nein, ich hätte einen Auftrag für Sie. Aber ich sage Ihnen gleich, es ist ein schwieriger Auftrag. Sie müßten in eine sehr gefährliche Gegend.
Jonas: Das Reservat?
Sesam: Sie waren schon im Reservat, habe ich gehört, und Sie sind lebend wieder rausgekommen. Deshalb habe ich ja auch an Sie gedacht. Aber ich meine nicht das Reservat. Da, wo ich Sie hinschicken will, ist es womöglich noch schlimmer.
Jonas: Etwa die Grauzone?
Sesam: Na, so schlimm nun auch wieder nicht.
Jonas: Hören Sie, Herr Sesam, dreimal darfst du raten können Sie mit anderen spielen. Ich hab keine Lust. Wiederhören.
Sesam: Nein, legen Sie nicht auf. Ich meine das Niemandsland. Würden Sie ins Niemandsland gehen?
Jonas: Sicher. Warum nicht?
Jonas: Sicher. Das sagte ich so einfach, als ob er mir nur einen Whisky angeboten hätte. Ich war nicht voll da. Am Vorabend war ich mit Judith zusammen gewesen. Wir hatten uns gestritten. Nicht der erste Streit, bei weitem nicht, aber vielleicht der letzte. Mir ging alles auf die Nerven. Judith. Babylon. Mein Job. Ich ging mir selber auf die Nerven. Darum sagte ich einfach: Ins Niemandsland? Warum nicht? Aber ganz weggetreten war ich doch nicht.
Jonas: Kommt natürlich darauf an, was Sie locker machen. Goldbarren, Uran, Diamanten.
Sesam: Ich dachte eher an Euros, gute, normale, solide Euros.
Jonas: Wieviel?
Sesam: Das besprechen wir besser direkt. In Ruhe. Bei mir. Am Schwanensee 14. Wann können Sie hier sein?
Jonas: Wie spät ist es?
Sesam: Halb elf.
Jonas: Schon?
Jonas: Nach dem Krach mit Judith war in ins Casablanca gegangen, zur alkoholischen Therapie und Auferbauung. Es muß ziemlich lange gedauert haben. Mein Kopf tat weh. Mein Magen auch. Und zu allem Überfluß wollte ich auch noch ins Niemandsland. Wahnsinn.
Jonas: In anderthalb Stunden, Herr Sesam.
Sesam: Gut, ich erwarte Sie also um 12.
Jonas: 12 Uhr Mittags.
Sam: Hight Noon. Do not forsake me o my darling.
Jonas: Das war natürlich Sam. Unentbehrliche Hilfe des Detektivs und unausstehliche Plage. Mein Computer. Überprogrammiert und unterbelichtet. Nie um ein Wort verlegen, auch wenn’s nicht das richtige ist. Was hatte ich Gerry Cooper am Hut. Mein Held ist Humphrey Bogart.
Sam: Ich habe den Verdacht, daß unter der zynischen Schale ein reichlich sentimentales Herz schlägt.
Jonas: Schon besser, Sammy. Klapp das Bett rein. Wir haben viel vor.
Sam: Der bescheidene Knecht eurer detektivischen Waghalsigkeit hat sich erfrecht, zuzuhören. Sag mal Kumpel, willst du wirklich ins Niemandsland?
Jonas: Vielleicht, Sam, aber jetzt fahren wir erstmal ins Westend, an den schönen blauen Schwanensee. Da wohnt dieser Sesam, und wenn er da wohnt, dann hat er.
Sam: Hat er was, o Leuchtturm in stockdunkler Nacht.
Jonas: Kies, Sammy, Moos, Mäuse, Pinke, Money, Euros, und ein bißchen davon will er abgeben an einen bedürftigen Privatdetektiv.
Jonas: Er hatte wirklich, der Herr Sesam. Eine richtige Villa, viel Platz, eine Einrichtung direkt aus Teurer Wohnen, Musik aus unsichtbaren Lautsprechern, irgendwas klassisches, Georg Sebastian Beethoven, eine gut bestückte Hausbar eben 0815 Millionärsstil. Nur eine Sache fiel aus dem Rahmen. Überall an den Wänden, auf dem Fußboden standen, lagen, hingen sie rum: kleine Kerle aus Plastik, bunt angemalt mit langen Bärten und langen Zipfelmützen. Ich sah sie mir an, während ich meinen Whisky schluckte, echt, natürlich, nicht Synth. Sie erinnerten mich an was.
Jonas: Ach ja Gartenzwerge.
Sesam: Bitte, Herr Jonas, nicht dieses Wort, ein absoluter Faupaux in unsere Branche. Es ist abgewertet und unzutreffend ist es obendrein, seit es keine Gärten mehr gibt. Es sind Zierzwerge, Herr Jonas, Sesams Zierzwerge, putzige Gesellen, eine wahre Freude fürs Auge und fürs Herz, der geschmackvolle Schmuck fürs geschmackvolle Heim.
Jonas: So was kaufen die Leute?
Sesam: Sie werden sich wundern, Herr Jonas, wenn Sie wüßten, wer alles meine Zwerge kauft, gebildete Menschen, Menschen mit hohem sozialem Nutzenstatus.
Jonas: Ah deshalb.
Sesam: Wie meinen?
Jonas: Deshalb hab ich kein Organ dafür. Ich bin nur ein armer Privatdetektiv. Apropos. Kommen wir zu Ihrem Fall, Herr Sesam.
Sesam: Wir sind schon mitten drin.
Jonas: Sie meinen, ich soll ins Niemandsland wegen Ihrer Garten- pardon Ihrer Zierzwerge.
Sesam: So ist es, Herr Jonas.
Jonas: Das müssen Sie mir erklären.
Sesam: Aus diesem Grunde hab ich Sie ja hergeben. Hören Sie zu.
Jonas: Herr Sesam produzierte also Zierzwerge, das war an sich nichts besonderes, viele Leute in Babylon produzieren alles mögliche, mit Robotmaschinen natürlich, aber eben das tat Herr Sesam nicht. Seine Zwerge waren Handarbeit, 100prozentig echte menschliche Handarbeit, damit warb Herr Sesam, und das war der Grund, sagte Herr Sesam, daß seine Zierzwerge weggingen wie die bekannten warmen Semmeln. Im Gegensatz zu den Zwergen der Konkurrenz, die von Robots gemacht wurden.
Sesam: Die liebenswerten kleinen Unzulänglichkeiten, Herr Jonas, die spezifisch menschliche Nichtganzperfektion, das ist das besondere, das einmalige an meinen Produkten und dafür zahlen meine Kunden gern mehr als anderswo.
Jonas: Schön für Sie, Herr Sesam, wo liegt das Problem?
Jonas: Das Problem, sagte Herr Sesam lag bei der WePo, der Werbepolizei. Die kontrolliert, ob Werbesprüche wie „echte menschliche Handarbeit“ tatsächlich stimmen, und zwar scharf, andere Polizeieinheiten lassen sich schmieren, die WePo nicht, und deshalb mußte Herr Sesam seine Zierzwerge auch wirklich von menschlichen Arbeitern herstellen lassen.
Sesam: Natürlich nicht von Einheimischen, bei den Tarifen und Nebenkosten würden meine Zwerge unerschwinglich. Nein, Herr Jonas, bei mir arbeiten Drittweltler.
Jonas: Illegale Einwanderer, meinen Sie, ohne Arbeitserlaubnis.
Sesam: Gott, Herr Jonas, natürlich ist es im Prinzip verboten die Leute zu beschäftigen, Aber die WePo interessiert sich nur dafür, ob meine Zwerge wirklich von Menschen gemacht werden, von was für Menschen, das will sie gar nicht wissen, und die ImPo, die Immigrationspolizei, hat in Babylon nichts zu sagen, nur im Grenzgebiet. Außerdem, die Drittweltler, die es über die Grenze schaffen, sind froh, wenn sie einen Job kriegen. Immerhin verdienen sie bei mir das mehrfache vom dem, was sie bei sich zuhaus kriegen würden, falls sie da überhaupt arbeiten dürfen.
Jonas: Nicht zu bestreiten. Im KDW, dem Konglomerat Dritte Welt, sieht’s traurig aus, so traurig, daß immer wieder Drittweltler versuchen, über die Grenze zu uns zu kommen, in die Vereinigten Staaten von Europa, wo Milch und Honig fließen, das meinen jedenfalls die von drüben. Wir hier sehen das ein bißchen anders. Und wenn dann auch den Drittweltlern klar wird, daß die VSE nicht das sind, was sie sich vorgestellt haben, ziehen sie weiter, ins wahre Paradies, nach Amerika.
Sesam: Und ich besorge mir neue Arbeitskräfte aus dem Grenzgebiet. Die paar Handgriffe, die sie brauche, bringen wir ihn schnell bei. Wir gießen unsere Zwerge, Herr Jonas, in alten Formen aus dem 20. Jahrhundert.
Jonas: Bestens, ich versteh bloß immer noch nicht, wo Ihr Problem liegt, Herr Sesam, über die faszinierenden Einzelheiten der Zwergenproduktion können wir uns vielleicht ein ander Mal unterhalten. Wo drückt der Schuh?
Sesam: Das hab ich bereits erwähnt, Herr Jonas, im Niemandsland.
Jonas: Das Niemandsland ist eine Art Dreiländereck, da wo das KDW, die VSE und die UVR, die Union der Volksrepubliken, zusammenstoßen, irgendwo auf dem Balkan. In den späten 90er Jahren, nach den großen Hungermärschen aus dem Süden und den langen Abwehrschlachten, hat man hier die Grenze neu festgelegt, in großen Zügen, über den genauen Verlauf konnte man sich nicht einigen, und so entstand das Niemandsland, ein etwa 20 km breiter Streifen, den alle drei Anlieger beanspruchen und der keinem gehört. Zur Dritten Welt hin ist das Gebiet praktisch offen, wir haben gegen die illegalen Einwanderer einen Zaun gebaut, der nicht viel nützt, und die UVR hat ihre Ecke durch eine massive Mauer abgeschottet, mit so was haben sie schon im vorigen Jahrhundert gute Erfahrungen gemacht, dazwischen liegt das Niemandsland, ein wilder Landstrich, ohne Gesetze, voller Gefahren wie seinerzeit der amerikanische Westen, trotzdem schlagen sich immer wieder Drittweltler zu uns durch.
Sesam: Und auf einmal klappt das nicht mehr, Herr Jonas, seit 4 Wochen hab ich keine neuen Arbeiter von drüben bekommen, keinen einzigen, Herr Jonas, der Nachschub ist plötzlich abgerissen, und niemand weiß warum.
Jonas: Was sagt denn ihr Schleuser? Sie haben doch einen.
Sesam: Selbstverständlich habe ich einen Schleuser. Baklava in Karakul, tüchtiger Mann, wir arbeiten seit Jahren zusammen, als die Leute ausblieben, hab ich gleich drüben angerufen.
Jonas: Und was sagt Baklava.
Sesam: Er kann sich die Sache nicht erklären. Die Trupps werden zusammengestellt wie immer, und gehen wie immer mit ihren Führern ins Niemandsland, und da verschwinden sie, jedenfalls kommen sie nicht auf unserer Seite an. Seit 4 Wochen. Ich habe kaum noch Arbeiter, Herr Jonas, die Bestellbücher sind voll, die Lager sind leer. Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Jonas: Aber sicher wissen Sie das, Herr Sesam, da Sie sich nicht an die ImPo werden können.
Sesam: Natürlich nicht.
Jonas: Beauftragen Sie einen Detektiv. Der soll sich im Niemandsland mal umsehen. Für 200 Euros pro Tag und Spesen.
Sesam: 200? Ihr Tarif sagt 80.
Jonas: Normalerweise, Herr Sesam, normalerweise. Aber für 80 Euros gehe ich nicht ins Niemandsland. Und wenn ich vernünftig wäre, auch nicht für 200.
Jonas: Das war wieder so ein Fall. Nicht ganz astrein, nicht 100prozentig, nichts für fahrende Ritter, die erschlagen Drachen, retten Jungfrauen, schützen Witwen und Waisen, Herr Sesam war keine Waise auch keine Witwer und erst recht keine Jungfrau. Was er mit den Drittweltlern machte, roch ein bißchen nach Ausbeutung. Anderseits die Leute kamen freiwillig und wollten bei ihm arbeiten. Und ich verpflichtete mich nur mal nach dem rechten zu sehen, nicht etwa Sesams Nachschub an Arbeitskräften zu sichern.
Sesam: Einverstanden. 200 Euros pro Tag.
Jonas: Und Spesen und 400 Euros im Voraus.
Sesam: Jaja, wenn Sie nur was ausrichten, Herr Jonas. Wie wollen Sie vorgehen?
Jonas: Professionell, Herr Sesam.
Sesam: Ja natürlich. Sie haben schon einen Plan.
Jonas: Ich hatte einen Plan, aber den behielt ich lieber für mich. Der Plan war riskant, das Niemandsland war riskant, das ganze Unternehmen war riskant. Und je weniger davon wußten, um so besser. Jonas ist Solist, aus Prinzip, die Einsamkeit des Privatdetektivs.
Jonas: Sie kriegen einen Bericht, Herr Sesam, wenn alles vorbei ist. Vorher sagt er nichts. Und Sie sagen auch nichts. Sie sagen keinem Menschen, daß ich für Sie ins Niemandsland gehe.
Sesam: Und Baklava, sollte der nicht Bescheid wissen, schon in Ihrem Interesse, Herr Jonas, Sie könnten Hilfe brauchen.
Jonas: Sie sagen es keinem Menschen, Herr Sesam, auch nicht Baklava.
Sesam: In Ordnung, wenn Sie so großen Wert darauf legen.
Jonas: Er wirkte verlegen, das fiel mir auf, aber ich hakte nicht nach. An diesem Tag, dem 13. August 2010 war ich wirklich nicht ganz da. Durch Nachhaken hätte ich mir einiges ersparen können. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.
Sesam: Ich werde Ihnen eine Rikscha rufen, Herr Jonas.
Jonas: Nicht nötig. Ich nehm die Metro.
Sesam: Das ist nicht Ihr Ernst, ich zahle, setzen Sie die Rikscha auf die Spesenrechnung.
Jonas: Ich hab’s eilig, Herr Sesam. Ich fahr mit der Metro.
Jonas: Ich weiß nicht, warum ich darauf bestand, vielleicht weil ich Sesam zeigen wollte, wie hart ich war, so hart, daß man mit mir Nägel in die Wand schlagen konnte, oder weil mir alles so ungeheuer egal war. Kamikaze Jonas. Der hat keine Angst in der Metro, auch dann nicht, als drei Typen in den Wagen stiegen, in dem ich ganz allein saß, zwei davon hatten die irren Augen der typischen Metro-Killer, sie setzten sich rechts und links neben mich und rutschten immer näher. Wenn sie den Mund aufmachten, roch es wir freitag abend im Lokus vom armen Schlucker. Sie sahen das anders.
1. Metro-Killer: Stinkt hier.
2. Metro-Killer: Na das ist der da, der alte Pater, der alte Sack.
1. Metro-Killer: Der ist schon verfault, darum stinkt er so. Hey Alter du stinkst.
2. Metro-Killer: Machs Maul auf, Alter.
1. Metro-Killer: Der sagt nichts, der hat Schiß.
2. Metro-Killer: Vielleicht sagt er was, wenn wir bißchen an ihm rumspielen.
1. Metro-Killer: Wir können ihn ja mal ankokeln oder ihm was abschneiden.
2. Metro-Killer: Hey Alter sollen wir dich mal ein bißchen ankokeln? Oder dir was abschneiden.
1. Metro-Killer: Guck mal, Alter, Rasiermesser ganz scharf.
2. Metro-Killer: Hey kuck mal, Spirituskanister und Feuerzeug. Hähä.
Jonas: Beide waren jetzt ganz nah, ganz dicht neben mir, ich mußte was tun. Karategrundkurs, plötzlich ohne Ansatz beide Ellbogen rechts und links raus, je in einen Solarplexus.
Metro-Killer: Ah!
Jonas: Beide klappten nach vorn und kriegten meine Handkante ins Genick, damit waren sie erst mal bedient, aber da war ja noch der dritte Typ, ich hatte ihn im Augenwinkel und das war gut so, er stand etwas abseits und machte eigentlich einen ganz normalen Eindruck, kein crazy look um die Augen, kein Spiritus, kein Rasiermesser, aber ein Laserstrahler. Während ich die zwei Stinker fertig machte, holte er ihn raus, ganz ruhig, er ging in die Grätsche und hielt die Waffe Richtung Jonas in beiden Händen, ein Profi. Mit Karate war hier nichts zu machen. Meine gute alte Smith & Wesson. Ich kann ziemlich schnell zielen, auch wenn Gary Cooper nicht mein Held ist.
Mann: Strugazkiplatz.
Jonas: Ein Bahnhof. Still und leise schlichen die beiden Stinker von dannen, der mit dem Laser schlich nicht. Er konnte nicht mehr schleichen, nicht mal mehr kriechen. Er konnte überhaupt nichts mehr. Er lag da mit einem Loch im Kopf. Als die Metro weiterfuhr, war ich allein im Wagen, mit einem toten Mann. Und natürlich mit Computer Sam.
Sam: Ist es gestattet, eurer fernöstlichen Kampfestechnik nebst Pistoleroeffizienz zum glorreichen Sieg über die bösen Metrokiller ergebenste Glückwünsche auszusprechen.
Jonas: Danke, Sam, danke. Ich wär mir da nicht so sicher.
Sam: Wie das, mein Herr. Es war ein Sieg. Ein großer Sieg. Wir werden nimmer seines Gleichen sehen.
Jonas: Soll sein, Sam, soll sein. Metrokiller, die zwei die sich zu mir gesetzt haben, das waren welche, angeheuert für einen Schuß oder Kapsel Solipsin.
Sam: Dreigroschenknaben, wie man diesen Typus in den guten alten Zeit zu benamsen pflegte, o 80 Euro Mann.
Jonas: Sam besteht aus zwei Elementen, aus dem Hirn und aus den Sinnen, wie ein Mensch, aber anders als beim Menschen ist das Hirn der bei weitem größte Teil, die Speicherbox, die fest in meinem Büro steht, Sam 1. Sam zwo ist ein Kästchen im Taschenformat, mit Sam 1 drahtlos verbunden. Sam 2 sieht, hört und redet, er redet immer zu und überall, weil ich ihn überall hin mitnehmen, damit er mir bei der Arbeit hilft. Das tut er auch, auf seine Weise.
Sam: Kein typischer Metro-Killer hingegen ist jener dritte Aggressor, welches dies irdische Jammertal so früh und frühzeitig verlassen mußte.
Jonas: Dazu sieht er viel zu ordentlich aus.
Sam: Offiziell könnte man sagen.
Jonas: Fast wie ein Polizist.
Sam: Ob er wohl einen Dienstausweis hat. Nun greif ihm doch schon in die Tasche, alter Zausel, du bist doch sonst nicht so zimperlich.
Jonas: Gemach, gemach. Kein Dienstausweis. Sam.
Sam: Bürgerkarte. Geld?
Jonas: Nichts, Sammy. Gar nichts, Moment, hier ist doch was, ein Holobild, und da drauf, das bin ich.
Sam: Hehe, sprechende Ähnlichkeit, Meister, bei der vorangegangenen Szene handelte es sich als keinesfalls um einen beliebigen Metroüberfall, vielmehr…
Jonas: Die Kerle waren auf Jonas angesetzt. Warum?
Sam: Möglicherweise eine Verbindung mit dem soeben von eurer Meisterdetektivität übernommenen Fall.
Jonas: Sehr unwahrscheinlich Sammy. Holo anschaffen, Killer anheuern, mich verfolgen, das dauert seine Zeit. Und Sesam hat mich erst vor knapp 3 Stunden angerufen. Vielleicht steckt jemand dahinter, der noch eine alte Rechnung mit mir zu begleichen hat.
Sam: Oh, die Auswahl ist groß, o vielfach verfeindeter Ehrenmann, ein Freund und Rächer der seligen Frau Prof. Caligari, des seligen Herrn Quarz, des seligen Herr Guttapercha, des seligen Randy Orgas, des seligen Vizepräsidenten Cordes…
Jonas: Und so weiter und so weiter.
Jonas: Als ich ausstieg, war ich immer noch allein im Wagen, der Tote fuhr weiter bis zur Endstation, da sind sie an so was gewöhnt und räumen weg was anfällt. Ich wanderte Richtung Heimat. Unterwegs blieb ich stehen, vor einem Art-Shop, der war neu in der Nachbarschaft und hatte eine hübsche Verkäuferin. Aber das war nicht der Grund, weshalb ich reinging.
Verkäuferin: Kann ich Ihnen helfen?
Jonas: Ich suche Zwerge, Gartenzwerge, Pardon, Zierzwerge, meine ich, haben Sie so was?
Verkäuferin: Selbstverständlich führen wir Zierzwerge. Wenn Sie sich hier hinten umsehen wollen, in diesem Regal.
Jonas: Hmh. Ja, ja wirklich nett. Handarbeit?
Verkäuferin: Leider nein, alles Robotware.
Jonas: Haben Sie denn gar keine handgemachten Zwerge, Sesams Zierzwerge zum Beispiel.
Verkäuferin: Völlig ausverkauft, tut mir leid.
Jonas: Oder von irgendeiner anderen Firma, bloß Handarbeit müssen sie sein.
Verkäuferin: Da kämen nur noch Zierzwerge von Adamson & Co in Frage, aber die sind leider auch ausgegangen.
Jonas: Hmh. Und wie sieht’s aus mit andern Artikeln?
Verkäuferin: Handarbeit.
Jonas: Ja Handarbeit.
Verkäuferin: An handgearbeiteten Waren haben wir zur Zeit leider gar nichts da, offenbar ein momentaner Engpaß. Kommen sie doch nächste Woche wieder vorbei.
Jonas: Jetzt aber nach Hause, ins gemütliche 22 Quadratmeterloch, das mir Wohnung ist und Büro dazu, packen und überlegen, letzteres laut, wozu hatte ich Sam.
Jonas: Die Konkurrenz ist es also nicht. Diese Firma, wie heißt sie.
Sam: Adamson und Co. euer Liebden. Ganz gewiß nicht, ist sie doch gleich fall betroffen. Wie verhält es sich jedoch mit jener weiten Konkurrenz des Herrn Sesam, welche Zierzwerge nicht mittels Menschenhand herstellen läßt, sondern wie Vernunft und Fortschritt es gebieten, elektronisch automatisch.
Jonas: Könnte sein, Sammy, glaub ich aber nicht. Diesen Engpaß an menschlichen Arbeitskräften gibt’s ja nicht nur in der Zwergenbranche. Hinter der Sache steckt was anderes als Konkurrenzkampf, was größeres.
Sam: Was?
Jonas: Das können wir nur an Ort und Stelle rauskriegen Auf, Sammy, auf ins Niemandsland.
Sam: Wenn’s denn sein muß, o tapferster der tapfersten.
Jonas: Ich will dir was sagen: Ich bin furchtbar müde.
Sam: Sam auch.
Jonas: Und ich hab zu gar nichts Lust.
Sam: Aber ich.
Jonas: Trotzdem ich fahr gern ins Niemandsland. Ich bin froh, daß ich wegkomme, weg von diesem Büro, weg von Babylon, weg von den Straßen, den Menschen.
Sam: Weg von der Dame Judith.
Jonas: Da hast du dich nicht einzumischen, Sam, das hab ich dir schon oft gesagt.
Sam: Oh, Sam bereut. Sam ringt die Hände, Sam streut Asche auf sein Haupt. Verzeih gestrenger Herr, verzeih.
Jonas: Schon gut, Sammy, Buch mir ein Platz in der nächsten Chemorocket nach Karakul.
Jonas: Wie gesagt ich hatte einen Plan. Ich wollte nicht direkt ins Niemandsland, nicht von den Vereinigten Staaten von Europa aus, ich machte ein Umweg und steuerte mein Ziel sozusagen von hinten an, über die Dritte Welt. Karakul liegt im KDW, nicht weit von der Grenze, nicht weit vom Niemandsland, eine interessante Stadt mit Moschen und Museen, Basaren, krummen Gassen, fotogenen Eingeborenen, ein paar großen internationalen Hotels für die vielen Touristen aus Amerika, Japan und Europa und mit einem Flugplatz.
Zollbeamtin: Jonas.
Jonas: Nur Jonas.
Zollbeamtin: Aus Babylon VSE.
Jonas: Steht doch alles da, Schwester. Geboren 1. Mai 1967, Größe 1, 83, besondere Kennzeichen: keine.
Zollbeamtin: Zweck ihrer Reise?
Jonas: Tourist.
Zollbeamtin: Bleiben Sie länger?
Jonas: Vielleicht.
Zollbeamtin: Zertifikat Ihrer letzten Gesundheitsinspektion.
Jonas: Auch das. Bitte sehr.
Zollbeamtin: Magengeschwür. Hinter den Vorhang, Herr Jonas.
Jonas: Warum denn das?
Zollbeamtin: Schutzimpfung gegen Malaria. Vorschrift.
Jonas: Seit wann.
Zollbeamtin: Vorschrift. Gehen Sie hinter den Vorhang, halten Sie den Betrieb nicht auf.
Jonas: Von mir aus, wenn mir nichts schlimmeres passiere als eine Impfung gegen Malaria. Und es ging nicht nur mir so. Alle Touristen wurden geimpft. Ungewöhnlich. Aber ich dachte nicht weiter darüber nach. Ich hatte wichtiges zu tun. Ich suchte mir eine Unterkunft, nicht eins von den großen Touristenhotels, einen billigen Schuppen im Basarviertel, und da verwandelte sich Jonas, der europäische Tourist, in den Drittweltler Mustafa.
Jonas: Preisfrage Sam.
Sam: Ja.
Jonas: Wie erfährt man am besten, was mit Grenzgänger aus der dritten Welt im Niemandland passiert. In dem man selbst als illegale Drittweltler ins Niemandsland geht, richtig.
Sam: Ohne jeden Zweifel, Herr Rundfunkrat.
Jonas: Wie seh ich aus?
Sam: Wie Jonas nur mit etwas dunklerem Teint und anders gekleidet als üblich.
Jonas: Das muß reichen.
Sam: Ja.
Jonas: Plastifacetanks gibt es hier nicht und mit einem völlig falschen Gesicht rumzulaufen ist auch nicht das wahre. Weißt du noch, damals im Schlachthausfall.
Sam: Welche Frage Sir, hab ich doch all eure Herrlichkeit Abenteuer sorgsam gespeichert und für alle Zeit bewacht. Ein Denkmal dauerhafter denn Erz. Horaz.
Jonas: Wer immer das sein mag.
Sam: Ho.
Jonas: Mit Waffen sieht’s ziemlich dünn auf. Das landesübliche Messer, mehr ist nicht drin. Ein armer Drittweltler hat kein Laserstrahler. Nicht mal eine Smith & Wesson. Auch wenn ich sie durch die Flughafenkontrollen gekriegt hätte. Geld, 1000 Piaster, das sind etwa 200 Euros. Tja, und dann hab ich bloß noch mein Kopf.
Sam: Sowie den allzeit getreuen Sam, sofern ein armer Drittweltler ein Computer sein Eigen nennen darf, ohne Verdacht zu erregen.
Jonas: Weiß du was, Sammy.
Sam: Ja?
Jonas: Ich sag einfach, du bist ein altmodisches Transistorradio.
Sam: Pfui. Pfui.
Jonas: Nicht für mich, und daß Computer so was wie Würde haben kann ich mir nicht denken.
Sam: Das denken sollten eure verquälte Scherzhaftigkeit den Computern überlassen, die haben kleinere Chips und größere Speicher.
Jonas: Der Rest war einfach. Ein paar Tassen Tee, synthetisch natürlich, ein paar Fragen, ein paar Piaster, und Jonas Mustafa stand in einem schäbigen kleinen Laden, wo es Mützen aus synthetischem Lammfell zu kaufen gab, hier residierte Dschamil Baklava, der Schleuser, der Mann, der armen Drittweltlern das Tor zu den Fleischtöpfen Europas öffnete, aus reiner Menschenliebe und gegen ein kleine Gebühr.
Baklava: Hast du Geld?
Jonas: Ja, Effendi, wenig.
Baklava: Wieviel?
Jonas: Ein paar Piaster, Effendi.
Baklava: Wieviel?
Jonas: 5. äh 500 Piaster.
Baklava: Gib sie mir.
Jonas: Alle 500, Effendi?
Baklava: Gib her. Alles was du hast. In ein paar Stunden bist du drüben, in Europa, da brauchst du keine Piaster. Oder willst du gar nichts nach Europa. Willst du lieber zurück in dein Dorf?
Jonas: O nein, Effendi.
Baklava: Na also. Gib. 500. Gut so. Geh hinten durch die Tür, auf dem Hof steht ein Lastwagen.
Jonas: Ein Benzinauto.
Baklava: Natürlich ein Benzinauto, was denkst du denn, du steigst auf die Ladefläche unter die Plane, und da wartest du.
Jonas: Worauf, Effendi?
Baklava: Das wirst du schon merken.
Jonas: 12 Leutchen hockten schon auf der Ladefläche, als ich dazustieg, und nach mir kamen noch welche. Keiner sagte ein Wort. Alle warteten. Ab und zu steckte Baklava seinen unschönen Kopf durch die Plane und sah jedem von uns aufmerksam ins Gesicht. Es wurde dunkel, die Fahrertür klappte, der Motor wurde gestartet, unser Wagen setzte sich in Bewegung, wir fuhren durch die Straßen von Karakul und dann über Land auf schlimmen Straßen. Neben mir saß ein alter Mann mit seiner Tochter oder Enkelin, einer richtigen orientalischen Schönheit, schwarzes Haar, Mandelaugen usw. Nach zwei Stunden Rütteln und Schütteln fühlte der Alte sich soweit gelockert, daß er ein Gespräch mit mir anfing, er hieß Hüsük, sagte er, und er war halbblind, aber er war nicht dumm:
Hüsük: Du bist anders, Mustafa, du bist keiner von uns.
Jonas: Ich komme von weit her. Vom Rand der Wüste. Sag mir Großvater Hüsük, warum willst du nach Europa.
Hüsük: Ich gehe mit meiner Enkelin, meine Enkelin Safiye, sie wird drüben Arbeit finden und sie wird es gut haben.
Jonas: Und du, Großvater, bist du nicht schon zu alt zum arbeiten.
Hüsük: Ich gehe um zu sterben, Mustafa, dann zu sterben, wenn meine Zeit gekommen ist, nicht zu früh, nicht an der Krankheit. Gibt es sie auch bei euch, am Rand der Wüste diese schreckliche Krankheit?
Jonas: Nein.
Safiye: Bei uns im Dorf sind schon viele an ihr gestorben, auch in den Nachbardörfern.
Hüsük: Sogar in Karakul soll sie schon sein die Krankheit.
Jonas: Was ist das für eine Krankheit, Großvater.
Hüsük: Man nennt sie den schwarzen Tod, wer von ihr befallen wird, bekommt zuerst heftiges Fieber, dann wachsen ihm Beulen und Leisten unter den Narben am Hals, schwarze Geschwüre so groß wie Hühnereier, sie breiten sich über den ganzen Körper aus, und nach wenigen Tagen stirbt der Kranke, unter großen Schmerzen.
Safiye: Die Regierung hat versprochen, uns Medizin zu schicken, aber sie hat es nicht getan.
Hüsük: Man sagt, die Regierung hat nicht genug Medizin, alles was sie hat, gibt sie den Fremden, die unser Land besuchen, sagt man, damit sie nicht krank werden und man draußen nicht schlecht über unser Land redet. Schau durch das Loch in der Plane, Safiye, sag mir, was du siehst.
Safiye: Nichts, Großvater, alles ist dunkel.
Hüsük: Kein Licht?
Safiye: Nein, Großvater.
Hüsük: Dann sind wir schon im Niemandsland.
Jonas: Seit einer Minute piepte Sam wie wild in meiner Brusttasche. Notsignale, ich rücke etwas ab von Hüsük, holte meinen Freund und Helfer raus und hielt ihn ans Ohr. Zum Glück war es so dunkel, daß keiner der anderen was mitkriegte.
Sam: Na endlich. Habe mir erlaubt, mitzuhören, Herr Sanitätsrat. Klar Fall. Diagnose eindeutig.
Jonas: In der Dritten Welt ist eine Epidemie ausgebrochen. Irgendeine Seuche.
Sam: Nicht irgendeine, Herr Medizinalrat, eine ganz bestimmte, die Beulenpest.
Jonas: Unsinn Sam, die Pest ist längst ausgerottet, zuletzt ist sie aufgetreten, warte mal, das war.
Sam: Vor genau 90 Jahren, Herr Oberarzt, in der Mandschurei, seitdem muß sich in einem gottverlassenen Winkel der Dritten Welt eine Kolonie vom Pasteur Relabestis bis heute gehalten haben.
Jonas: Und das wäre?
Sam: Der Pestbazillus, geschätzter Lateingehilfe. Die Beschreibung des Krankheitsablaufs ist unmißverständlich. In der Dritten Welt grassiert die Pest.
Jonas: Was?
Sam: Ja, ein Tatbestand, den die Regierung offensichtlich geheimzuhalten wünscht.
Jonas: Natürlich, wegen der Touristen, damit sie nicht abgeschreckt werden.
Sam: Jeder Tourist wird noch auf dem Flughafen geimpft. Pieks.
Jonas: Ja, gegen Malaria.
Sam: Glaubst du das wirklich, du geistiger Hilfspfleger. Frage, was geschieht mit den Grenzgängern, mit den Drittweltlern, die durch das Niemandland nach Europa gelangen wollen. Einige von ihnen müssen infiziert sein.
Jonas: Und wenn sie in Europa sind und da auch die Pest ausbricht.
Sam: Dann weiß alle Welt bescheid. Das ganze KDW wird unter Quarantäne gestellt. Es gibt keine Touristen mehr.
Jonas: Ja, aber es kommen ja keine Grenzgänger mehr nach Europa.
Sam: Dreimal dürfen Herr Chefarzt raten, warum. So, spring ab.
Jonas: Soll ich nicht die andern hier.
Sam: Die würden dir sowieso nicht glauben, spring ab, Jeronimo.
Jonas: Also sprang ich ab und duckte mich hinter einen Grabenrand. Keinen Augenblick zu früh. Ein paar Meter weiter blieb der Wagen stehen, plötzlich blendeten Scheinwerfer auf, es wurde taghell, ich mußte ein paar Sekunden lang die Augen zukneifen. Als ich sie wieder aufmachte, sah ich Soldaten in den Uniformen der KDW-Grenztruppe, sie zerrten Hüsük, Safiye und die andern von der Ladefläche und trieben sie in einen niedrigen Schuppen ohne Fenster.
Jonas: Sie bringen sie um, Sam, sie bringen alle um, den alten Hüsük, die schöne Safiye, alle.
Sam: Seit 4 Wochen, geehrter Trauergast, bringen die KDW-Truppen alle illegalen Grenzgänger um, damit die Außenwelt nichts von der Pest erfährt.
Jonas: Jetzt wissen wir, warum Herr Sesam keine Arbeiter mehr kriegt.
Sam: Ganz recht, großer Durchblicker, Auftrag ausgeführt. Mission beendet.
Jonas: Bleibt nur ein kleines Problem, Sam.
Sam: Ja?
Jonas: Wie komme ich zurück nach Babylon. Oder wenigsten raus aus dem Niemandland.
Grenzsoldat mit Megafon: Hier spricht das Sanitätskommando der Grenztruppe, Konglomerat Dritte Welt, wir rufen Jonas, alias Mustafa, Jonas alias Mustafa.
Jonas: Woher wissen die?
Grenzsoldat mit Megafon: Verlassen Sie Ihr Versteck, Flucht ist zwecklos, kommen Sie zu uns, ergeben Sie sich, es wird Ihnen nichts geschehen.
Jonas: Glaubst du ihm, Sammy?
Sam: Glaubst du ihm?
Jonas: Bin ich blöd? Taktischen Rückzug nennt man so was.
Sam: Bitte gelegentlich einen Blick auf den treuen Sammy werfen zu wollen, o flotter Normeh. Der erleuchtete rote Pfeil auf dem Bildschirm weist den Weg nach Europa.
Jonas: Der Weg führte quer durchs Niemandsland, vorbei an Ruinen, an gesprengten Bunkern, an verrosteten Panzerwracks, alles war still, unheimlich still. Und auch ich war leise, um nicht mögliche Verfolger aufmerksam zu machen. Aber es gab keine Verfolger. Im ganzen großen Niemandsland schien nichts zu leben, kein Strauch, kein Tier, kein Mensch, doch, da war was: vor mir ein Licht, ein Flackern, ein Lagerfeuer, ich schlich näher, vorsichtig, und sah 3 Männer, 3 wildaussehende struppige Kerle mit Hackmessern am Gürtel und eine Frau, der die drei gerade die Taschen ausräumten.
Bandit: 20 Piaster, eine silberne Kette, ein Ring, Messing.
Bandit: Die guten Sachen hat sie in der Wäsche.
Bandit: Glaub ich auch. Zieh dich aus.
Safiye: Nein.
Bandit: Ja zieh dich aus.
Safiye: Nein. Las mich los. Hilfe.
Jonas: Das ist Safiye, sie ist auch geflohen.
Safiye: Man will mich… Zu Hilfe! Hilfe! Hilfe! zu Hilfe!
Bandit: Schrei nur, keiner hört, keiner hört dich, und wenn du schreist, machst du uns erst richtig scharf. Maul halten.
Sam: Sehr gut Leutnant, lassen Sie ausschwärmen. Zu Befehl, Herr Hauptmann. Ausschwärmen, keiner darf entkommen! Na bitte, hat gewirkt.
Jonas: Nicht ganz, Sam.
Jonas: Nur zwei Banditen waren ins Dunkel getürmt, der dritte hielt Safiye am Arm fest und wußte offenbar nicht recht, was er tun sollte. Ich half ihm, ich warf ihm ein Messer in den Hals, er fiel um und alle Unklarheit war vorüber. Für immer. Ich trat in den Feuerschein, um mir das Messer zurückzuholen.
Safiye: Mustafa.
Jonas: Hallo Safiye.
Safiye: Sie haben sie erschossen, Mustafa, Großvater auch. Alle sind tot, nur wird nicht, Mustafa.
Jonas: Ja, Safiye. Wie bist du aus dem Schuppen gekommen?
Safiye: Ein Brett war lose, ich bin durchgekrochen.
Jonas: Und sie haben dich nicht gesehen.
Safiye: Nein, ich bin gelaufen, ich hatte Angst, auf einmal waren die Banditen da.
Jonas: Jetzt ist ja alles gut, ist ja gut. Vorläufig jedenfalls. Du gehst am besten mit mir, Safiye.
Safiye: Ja Mustafa. Ich hab ja sonst niemand mehr.
Jonas: Und wieder ein Marsch durchs nächtliche Niemandsland. Diesmal aber nur ein kurzer. Safiye war erschöpft und ich brauchte auch ein bißchen Ruhe. Wir suchten uns eine Ruine, die noch ein paar intakte Wände hatte, es war kühl. Wir waren beide müde, Safiye und ich, aber was wir noch nötiger hatten als Schlaf, das waren Wärme und Trost. Ich schaltete Sam ab. Wir wärmten und wir trösteten uns. Dann schliefen wir ein. Schritte und Stimmen schreckten uns aus dem Schlaf, es wurde schon hell, ich riskierte einen vorsichtigen Blick über die Mauer und schaltete Sam wieder ein. Drei Köpfe sind besser als zwei, auch wenn Sam keinen hat.
Jonas: Das sind unsere Söldner, eine Streife der ImPo. Keine Gefahr, oder? Was denkst du?
Sam: Was kann Hoheit schon an der Meinung eines armseligen Computers liegen, eines Objekts, welches menschliche Willkür an und abschalten kann, ganz nach Belieben.
Jonas: Hör auf zu muffeln, Sam. Was meinst du?
Sam: Erlaube mir ergebenst, vorerst verhaltene Vorsicht anzuempfehlen.
Safiye: Guten Morgen, Jonas.
Jonas: Guten Morgen Safiye. Jonas? Wieso Jonas? Mustafa.
Safiye: Jetzt brauchst du nicht mehr zu lügen du heißt Jonas und du bist aus Europa.
Jonas: Wer sagt das.
Safiye: Die Grenzer. Unsere Grenzer. Sie waren sehr böse, als sie merkten, daß du nicht mehr bei uns warst. Sie haben nach dir gefragt, und dann haben sie mich aussortiert, bevor sie die anderen erschossen haben, sie haben gesagt, du bist ein Spion, sie haben gesagt, ich soll im Niemandsland nach dir suchen, und wenn ich dich gefunden habe, und wenn Grenztruppen in der Nähe sind, ganz gleich ob unsere oder Europäer, dann dann soll ich…
Jonas: Ja?
Safiye: Hier, hier ist er, hier ist Jonas! Wenn ich dich verrate, lassen sie mich nach Europa, das haben sie versprochen. Hier.
ImPo-Beamter: Waffen in Anschlag. Kommen Sie raus, Hände über den Kopf, los los. Sie sind also Jonas. Super, das gibt Sonderurlaub, vielleicht sogar einen Orden. Danke Täubchen gut gemacht, jetzt brauchen wir dich nicht mehr.
Safiye: Ah!
ImPo-Beamter: Hast du dir gedacht, Täubchen, nach Europa, uns die Pest einschleppen. Kommen Sie, Jonas.
Jonas: Eine knappe Stunde zu Fuß zum ImPo-Stützpunkt, Fahnenstange, Landeplatz mit einem Hubschrauber, Baracke. Meine Wächter schoben mich durch eine Tür mit der Aufschrift Kommandantur.
Shuk: Majorin Shuk, Immigrationspolizei der VSE. Willkommen. Der vielbegehrte Jonas in meinem Stützpunkt. Ich bin hoch erfreut.
Jonas: Und ich erst.
Shuk: Lassen Sie sich anschauen. Sie sind wirklich kein Mensch, keine Katze, wieviel Leben haben Sie eigentlich. Gestern, in Babylon, sind Sie einem unserer besten Spezialisten entkommen, den wir auf Sie angesetzt hatten. Was sage ich entkommen, Sie haben ihn umgebracht, nicht er Sie wie es vorgesehen war.
Jonas: Der Überfall in der Metro, das waren Sie, die ImPo?
Shuk: Ja sicher, Weil Sie planten, das Niemandsland aufzusuchen, und das konnten wir nicht zulassen.
Jonas: Woher wußten Sie denn daß ich ins Niemandland wollte? Ich hatte doch gerade erst mit meinem Auftraggeber.
Shuk: Dafür hat Herr Sesam gesorgt, noch bevor er Ihnen den Auftrag gab, hat er diese seine Absicht kundgetan.
Jonas: Wem?
Shuk: Seinem Schleuser, Baklava, um ihn, wie er meinte, zu beruhigen, nun ist aber Baklava ein Patriot, und in der jetzigen problematischen Situation. Sie wissen ja Bescheid, Jonas, Beulenpest im KDW etc. In dieser Situation also arbeitet Baklava mit den Grenzorganen seines Staates zusammen.
Jonas: Soll heißen er führt den Mördern die Opfer zu, nachdem er sie ausgeplündert hat.
Shuk: Aber Jonas machen sie eine so simple Geschichte nicht zu Melodram. Baklava hat die KDW-Grenzwächter über Sie informiert und die Kameraden von drüben haben die Information sofort an uns weitergegeben. Wir ziehen alle an einem Strang.
Jonas: Hoffentlich hängen Sie bald dran.
Shuk: Was wollen Sie. Auch wir können nicht daran interessiert sein, daß pestkranke Drittweltler Europa heimsuchen.
Jonas: Warum sperren Sie nicht einfach die Grenze?
Shuk: Mein bester Jonas dann würde allgemein bekannt werden was die Kameraden von drüben mit so großem Eifer und aus so guten Gründen geheimzuhalten suchen, und ihren dringenden Wunsch, daß auch weiterhin niemand von der grassierenden Beulenpest erfährt, läßt die Dritte Welt sich gern etwas kosten.
Jonas: Die ImPo wird also bestochen.
Shuk: Die Welt, mein lieber Jonas, ist kein Nonnenkloster, Alle bestechen oder werden bestochen. Zurück zu Ihnen. Nach dem fehlgeschlagenen Attentat unseres Spezialisten taten Sie etwas, womit niemand rechnen konnte. Sie gingen nicht auf direktem Weg ins Niemandland, Sie flogen als Tourist nach Karakul, und wir hier an der Grenze haben vergeblich auf Sie gewartet. Zum Glück hatten wir dafür gesorgt, daß Baklava ein Holobild von Ihnen bekam, für alle Fälle. Er erkannte Sie trotz ihrer Mustafamaskerade und verständigte seine Kontaktleute an der Grenze. Besondere Vorkehrungen wurden nicht getroffen, man nahm an, Sie würden mit samt der übrigen LKW-Ladung routinemäßig erledigt werden.
Jonas: Ein Irrtum.
Shuk: Gewiß, aber ohne schwerwiegende Folgen. Wir sind ja auch noch da. Wir sind gewissermaßen die Lumpensammler.
Jonas: Wie sinnig.
Shuk: Wenn den Kameraden drüben einer durch die Lappen geht, rufen sie uns an und wir fangen ihn ab. Und dann erschießen wir ihn natürlich.
Jonas: Natürlich. Mich auch?
Shuk: Aber ja. Sie vor allem.
Jonas: Aber ich hab nicht die Pest. Ich bin geimpft.
Shuk: Sie sind viel gefährlicher als so ein armer verpester Drittweltler. Sie wissen, was hier gespielt wird. Und Sie sind im Stande es weiter zu erzählen. Sie hatten Glück, Jonas, großes Glück, aber jetzt ist Ihr Glück zu Ende und Ihr Leben auch. Schade. Apropos: haben sie einen letzten Wunsch. Wenn es sich irgendmachen laßt.
Jonas: In dem Schrank da seh ich eine Flasche.
Shuk: Schottischer Whisky, echter, uns geht es gut, wir können uns was leisten. Wie hätten Sie ihn gern, mit Eis, mit Soda, mit Wasser?
Jonas: In einem Glas.
Shuk: Aber gewiß doch. Ah!
Jonas: Das ist ein Messer, Majorin, die Spitze direkt an Ihrer Halsschlagader.
Sam: Wie vor einem Jahr im Reservat, Sultan Suleiman, mein Meister geruht sich zu erinnern.
Jonas: Klar. Was jetzt, wir sind nicht im 10. Stock und einen Kanal gibt es hier nicht.
Sam: Wohl aber, hehehe, muß eure innere Schwerbegrifflichkeit tatsächlich darauf hingewiesen werden, wohl aber einen Hubschrauber.
Jonas: Gute Idee, Sam.
Sam: Gute Idee, Sam. Ausgezeichnete Idee, wunderbare Idee, exorbitante Idee, superpyramidale Idee.
Jonas: Auf jeden Fall eine Idee, die funktionierte. Ich nahm mir den Laserstrahler der Majorin und ging mit ihr zum Hubschrauber, langsam, die ImPos trauten sich nicht einzugreifen, ich band die Majorin auf dem Nebensitz fest und flog los. Zum Glück wußte ich, wie man mit so einem Ding umgeht. Ich überlegte, ob ich die Majorin unterwegs rauswerfen sollte, ich tat’s nicht, es hatte schon so viele Tote gegeben. Statt dessen ließ ich sie an einem Seil auf einen Alpengletscher runter. Auch eine Strafe. Den Hubschrauber landete ich auf freiem Feld vor Babylon. Drei Stunden später war ich bei Martin Sesam, gewaschen und umgezogen. Und Sesam war über meinen Bericht gar nicht glücklich.
Sesam: Beulenpest, Todesschwadron, Baklava ein falscher Fuffziger, was soll ich mit so einer Räuberpistole, mich interessiert nur eins, Herr Jonas, haben Sie mir von drüben neue Arbeitskräfte mitgebracht?
Jonas: Das war nicht mein Auftrag, Herr Sesam.
Sesam: Ach. Wissen Sie wenigstens, wann ich mit neuen Arbeitern rechnen kann?
Jonas: Überhaupt nicht.
Sesam: Ist das wahr? Dann muß ich Konkurs anmelden.
Jonas: Ihre Sache, Herr Sesam.
Sesam: Meinen Sie, Jonas? Wenn ich pleite gehe, können Sie sich ihre Rechnung an die Backe kleben. Von mir kriegen Sie kein Geld, 400 Euros Vorschuß haben Sie schon, mehr gibt’s nicht.
Sam: Besagten 400 Euros Vorschuß auf der Einnahmenseite steht auf der Ausgabenseite gegenüber die Summe von 387 Euros 0 Cents. Welche sich zusammensetzt wie folgt: Flug Babylon-Karakul mittels Chemorocket 352 Euros. Diverse gebrauchte Kleidungsstücke 78 Euros.
Jonas: Sei mal still: 400 weniger 387.
Sam: 13 Euros.
Sesam: Na bitte 13 Euros Reingewinn, ist doch was. Sie finden wohl selbst raus.
Jonas: Auf dem Weg nach Hause kam ich wieder am Art-Shop vorbei, die hübsche Verkäuferin stand in der Tür und lächelte mich an.
Verkäuferin: Hatten Sie nicht gestern nach handgearbeiteten Zierzwergen gefragt?
Jonas: Ja.
Verkäuferin: Einen hab ich noch gefunden beim Grossisten. Das ist der allerletzte hat er gesagt, weil keine mehr nachkommen. Wollen Sie ihn mitnehmen?
Jonas: Soll ich Ihnen was verraten: Ich hasse Zierzwerge.
Jonas: Ich hätte sie fragen können, ob sie abends schon was vorhatte. Ich hätte sie zu mir einladen können. Das echte Büro eines echten Detektivs. Das zieht immer. Aber ich war zu müde. Ich ging nach Hause, legte mich ins Bett und ließ mich von Sam in den Schlaf singen.
Sam: You must remember this, a kiss is just a kiss.
Jonas: Ich dachte an die Verkäuferin, an Judith, an Safiye und daran, daß ich was unternehmen sollte, wegen der Pest in der Dritten Welt. Morgen.
Das war Niemandsland. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Elisabeth Endriss, Sabine von Maydell, Karin Kernke, Harald Leipnitz, Michael Habeck, Michael Hoffmann, Peter Capell und viele andere (Michael Gahr, Julia Fischer, Norbert Goth, Erik P. Caspar, Joachim Schmahl, Marold Langer-Philippsen). Ton und Technik: Günter Heß und Angela Bernd. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1985). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Schmiergeld
Jonas: Ich machte die Tür auf, und da saß er. Mitten in meinem Büro. Auf meinem besten und einzigen Klientenstuhl. Er war klein und trug grau, das offizielle grau der Politiker und Geschäftsleute. Eine graue Maus. Unauffällig. Abgesehen von einer Kleinigkeit. Er war tot. Sein Gesicht war blau angelaufen, die Zunge hing ihm aus dem Mund, die Augen standen weit offen. Das gefiel mir nicht. Welcher Detektiv findet schon gern eine ermordete Leiche in seinem Büro?
Jonas: Erwürgt mit einer Drahtschlinge. Fachmännische Arbeit. Zwei Täter. Einer hält den Mann fest, der andere zieht zu.
Sam: Wie weiland die Thugs, eure mäßige Belesenheit dürfte sie kaum kennen. Eine indische Mördersekte. Welche vorzugsweise in Bengalen florierte. Zu Ehren ihrer Göttin Kali oder auch Bowarni erwürgten sie zahllose Menschen mit gelben Tüchern.
Jonas: Sam. Mein Computer. Bis an die Oberkante vollprogrammiert mit nützlichem Wissen und unnützer Gelehrsamkeit. Unentbehrlich und innervierend. Und ein bißchen verrückt. Vor fünf Jahren habe ich ihn billig gekauft. Im Ramsch. Als Einzelstück. Seitdem versuche ich mich an ihn zu gewöhnen. Das ist nicht leicht.
Sam: Dem Treiben der Thugs machte die britische Kolonialverwaltung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Ende.
Jonas: Wir sind in Babylon, Sam, nicht in Indien. Und wir haben heute den 2. Juni 2010. Wer immer unseren Besucher umgebracht hat, Thugs waren es bestimmt nicht, blas dich nicht auf mit deiner Bildung, mach dich nützlich.
Sam: Jawohl, großmächtiger Herr und Meister. Sam drängt darauf, sich ganz ungeheuer nützlich zu machen, doch wie, so fragt der Fachmann und der Laie wundert sich, wie oder mit anderen Worten ausgedrückt, auf welche Weise?
Jonas: Ich stell dich ab, Sam, ich werf dich aus dem Fenster.
Sam: Ob seines Gebieters Zorn windet sich der unglückselige Sklave im Staub.
Jonas: Ich verkauf dich als Schrott.
Sam: Bin ja schon ganz still, Chef.
Jonas: Kennst du den Mann?
Sam: Sorry, Sir. Nie gesehen.
Jonas: Ich auch nicht, aber das war kein Problem. Unser Besucher stellte sich selbst vor. Mein altes Diktaphon, das auf Sams Datenspeicher stand, war verschoben, kein Staub auf den Tasten, ein Detektiv sieht so was. Und er weiß, was das bedeutet. Ich ließ die Kassette zurücklaufen und der Tote sprach.
Hartog: Zunächst einmal muß ich Sie um Entschuldigung bitten, Herr Jonas, unter normalen Umständen hätte ich mir niemals erlaubt, Ihr Diktiergerät zu benutzen oder in Ihrer Abwesenheit in Ihre Räumlichkeiten einzudringen. Übrigens hat mich Ihr Hauswart eingelassen. Wie gesagt, nicht unter normalen Umständen. Aber die Umstände sind nicht normal. Ich werde verfolgt, ich fühle mich bedroht, und ich werde zu unrecht beschuldigt, Sie sind meine letzte Hoffnung, Herr Jonas.
Jonas: Jonas, das bin ich. Nur Jonas. Ich bin der die das letzte. Das letzte Gremium, die letzte Instanz, der letzte Privatdetektiv. Zu mir kommt man, wenn alle Stricke reißen. Nicht, daß ich viel tun kann, aber ich gebe mir Mühe. Davon lebe ich.
Hartog: Ich darf mich vorstellen. Hartog ist mein Name. Hugo Hartog. Sie werden mich nicht kennen. Ich bin Stadtrat in der babylonischen Finanzverwaltung, Abteilung Gewerbesteuern. Stellvertretender Abteilungsleiter. Kein großes Licht. Ja, ich, ich, ich sollte mich besser beeilen. Also, ein Journalist hat mich angerufen, ich kenne ihn flüchtig. Er heißt Sidonia, und er ist beim Europäischen Pressebüro EPB. Er hat einen Informanten bei Chips Inc. Und dieser Informant hat ihm eine Liste durchgegeben. Eine Liste, auf der alle stehen, die in diesem Jahr von Chips bestochen worden sind. Mit den Beträgen, die sie bekommen haben, wegen der Robotergesetze, wissen Sie.
Jonas: Natürlich wußte ich. Jeder weiß das. Die Robotergesetze bestimmen, daß ein Betrieb je nach Umsatz für eine bestimmte Anzahl Roboter eine menschliche Arbeitskraft einstellen muß. Oder eine kräftige Ersatzgebühr zahlen. Beides wollen die Betriebe nicht. Zu teuer. Zu umständlich. Deshalb schmieren sie die Kontrollbehörden. Das kommt billiger. So ist allen geholfen. Nur nicht den menschlichen Arbeitskräften. Aber die fragt sowieso keiner.
Hartog: Und ganz oben auf der Liste, sagt Sidonia, stehe ich. Als erster. Mit 15 Millionen Euros. Das stimmt nicht, Herr Jonas, das schwöre ich. Mit Chips habe ich seit Jahren nichts mehr zu tun, und ich habe in meinem Leben noch nie Schmiergeld genommen. Das habe ich Sidonia gesagt, aber der glaubt mir nicht, und wird die Liste heute noch veröffentlichen. Helfen Sie mir, Herr Jonas. Beweisen Sie meine Unschuld, ich bitte Sie. Da, Schritte draußen auf dem Gang. Sie kommen nach Hause, Herr Jonas. Der Rest mündlich.
Jonas: Ich war’s nicht, der da gekommen ist.
Sam: Keinesfalls, o Rächer der Genervten. Wie die akustisch-subtonale Anneliese, äh Korrektur Analyse zeigt, handelte es sich um die Schritte zweier Menschen.
Jonas: Die Mörder mit der Drahtschlinge. Glaubst du ihm, Sam?
Sam: Begriff unpräzise, Meister. Computer glauben nicht, Computer wissen.
Jonas: OK, Sammy. Weißt du, ob er die Wahrheit sagt?
Sam: Daten unzureichend, Hochwürden.
Jonas: Na, dann machen wir sie doch ein bißchen zureichender. Wie spät ist es?
Sam: Piep. 14 Uhr 1 Minute und 12 Sekunden.
Jonas: News Time im öffentlichen Holokanal.
Nachrichtensprecherin: Liste mit angeblichen Empfängern von Bestechungsgeldern. Chips Inc, der bedeutendste Hardwareproducer in den Vereinigten Staaten von Europa, hat bisher jede Stellungnahme abgelehnt. Auch der Hauptbelastete, Stadtrat Hartog, hat sich noch nicht geäußert. Ein Sprecher der Finanzverwaltung teilte mit…
Jonas: Soweit stimmt die Sache also. Er steht wirklich ganz oben auf der Schmiergeldliste von Chips, der Herr Hartog.
Sam: Möge er ruhen in Frieden, Eminenz.
Jonas: Dafür werden wir sorgen, Sammy.
Sam: Wie ist dieses zu verstehen, Heiligkeit?
Jonas: Hartog ist zu mir gekommen, er hat mir den Auftrag gegeben, die Angelegenheit zu klären. Wenn er genug Geld bei sich hat.
Sam: 80 Euros pro Tag plus Spesen.
Jonas: Ich hab schon jede Menge Auftraggeber gehabt. Dicke und dünne, verrückte und normale, nette und widerliche, aber noch keinen Toten. Das war was neues.
Sam: Hoffentlich bringt’s auch was ein, Meister.
Jonas: Wollen mal sehen. Hier, hier ist seine Brieftasche, 100, 200, 10, 20, 30, 40, 50, 70 Euros in Scheinen, 240 für mich als Anzahlung, 3 Tagessätze.
Sam: Und die Spesen, o leuchtendes Exempel an Großzügigkeit?
Jonas: Wird sich finden, Sam.
Sam: Dein Wort in Gottes Ohr, Alter. Wenn Sie gestatten, Sir, es hat gedong-dongt. Geklopfet.
Jonas: Wir sind nicht zu Hause, James. Eine Leiche im Salon verstört auch den gutwilligsten Gast.
Brock: Machen Sie auf, Jonas, Kriminalpolizei.
Jonas: Die gute alte Kripo. Sie ist immer noch unter uns. Unterbesetzt. Unterbezahlt. Unterbewertet. Staatsgewalt für Minderbemittelte. Wer was hat, leistet sich Privatbullen. Und für die wirklich wichtigen Dinge gibt’s Spezialtruppen. PoPo, MePo, FiPo etc. Aber wenn die Kripo auch keine große Rolle mehr spielt, einem einzelnen Privatdetektiv kann sie noch ganz schön Ärger machen. Besonders wenn sie im Büro des Detektivs einen Ermordeten findet. Und wenn die Kripo aus Inspektor Brock nebst Gefolge besteht.
Brock: Ich hab’s ja immer gesagt, Jonas, mit Ihnen ist was faul. Privatdetektiv. Das ist doch kein Beruf für einen anständigen Menschen.
Jonas: Wir können nicht alle bei der Kripo sein, Inspektor. Was führt Sie zu mir.
Brock: Wir sind angerufen worden.
Jonas: Von wem?
Brock: Von einer Frau. Namen hat sie nicht gesagt. Nur daß bei Ihnen einer ermordet worden ist. Kunde von Ihnen?
Jonas: Der Tote, ja, könnte man sagen.
Brock: Haben Sie ihn umgebracht.
Jonas: Soviel Kunden hab ich nicht, daß ich s mir leisten kann sie umzubringen.
Brock: Ich glaube Ihnen kein Wort, Jonas. Pauly.
Pauly: Inspektor?
Brock: Was sagt der Pathomat?
Pauly: Moment. Tod trat ein genau 12 Uhr 49.
Brock: Wo waren Sie 12 Uhr 49, Jonas?
Jonas: Bei Ihnen Bröckchen.
Brock: Scheißen Sie mich nicht an. Wo waren Sie?
Jonas: In der Zentrale der Sicherheitsverwaltung, Europaplatz in der Polizeikantine beim Essen.
Brock: Echt? Kein Scheiß?
Jonas: Sojaschnitzel mit gedämpften Algen, recycelt natürlich aber gar nicht schlecht.
Brock: Haben Sie Zeugen?
Jonas: Nur einen. Das heißt: eine: Ihre Chefin.
Brock: Sie scheißen mich ja schon wieder an.
Jonas: Kein Scheiß Inspektor. Rufen Sie Frau Delgado an.
Jonas: Judith Delgado ist Hauptabteilungsleiterin bei der Sicherheitsverwaltung und sie ist meine z.B., meine zeitweilige Beziehung, wobei das zeitweilig eigentlich nicht mehr stimmt, immerhin kennen wir uns seit über einem Jahr, und Beziehung stimmt auch nicht so richtig, weil wir uns meist streiten, allerdings in letzter Zeit ist es zwischen uns besser geworden, vielleicht weil ich sie rausgeholt habe, als sie gekidnaped und auf die Insel Swartcliff verschleppt worden war. Wie auch immer, wir hatten wirklich zusammen gegessen in der Polizeikantine. Bei so einem Alibi mußte Inspektor Brock abschnallen und ohne Jonas von dann ziehen. Was ihm sichtlich schwer fiel, und ich konnte endlich anfangen an meinem neuen Fall zu arbeiten.
Sam: Roy Sidonia, Journalist, angestellt in europäischen Pressebüro.
Jonas: Tschuldigung, du verwirrst mich, Sam, wo wohnt er?
Sam: Im Nordwestbezirk, Mardukstraße 20.
Jonas: Nicht gerade um die Ecke. Wie kommen wir hin Sammy?
Sam: Am bequemsten per Rikscha, Sahib, am billigsten zu Fuß. Am schnellsten mit der Metro.
Jonas: Also die Metro, ich hatte es eilig, und ich konnte Judo und Karate und was ich sonst noch im antarktischen Krieg gelernt hatte. Vor Räubern und Funkillern brauchte ich keine Angst zu haben. Trotzdem, richtig wohl fühlte ich mich erst wieder, als ich an der Mardukstraße ausstieg. Ein mittleres Viertel, nicht posch, aber auch nicht gerade heruntergekommen, solider Durchschnitt. Sidonia wohnte in einem Mietshaus aus dem vorigen Jahrhundert im 4. Stock. Kein Fahrstuhl und zum Glück auch kein Torwächter. Er war nicht da, jedenfalls machte er nicht auf. Ich machte auf, sein Türschloß war so alt wie das Haus.
Jonas: Mindestens 30 Quadratmeter.
Sam: Der Mitarbeiter eines kontinentalen Infobüros in Tarifstufe 6 hat Anrecht auf 32 Quadratmeter Wohnraum, o du mein beengter, eingezwängter und beschränkter Freiberufler.
Jonas: Sam hatte ich dabei. Wie immer, ich meine natürlich Sam 2, kleiner Apparat, paßt in jede Tasche, rund um die Uhr mit dem großen Kasten im Büro verbunden, drahtlos, guter Rat überall und jeder Zeit und Nervensägerei als Zugabe.
Sam: Das Leben ist ungerecht, Genosse. Find dich damit ab. Ein Journalist gilt mehr als ein Privatdetektiv.
Jonas: Dieser Journalist hat nur leider nichts mehr davon. Er ist nämlich tot, da liegt er, neben dem Bett.
Sam: Aha, aus diesem Grunde hat er meinen Herrn nicht die Türe geöffnet.
Jonas: Sehr gut mein dear Watson. Sehr scharfsinnig. Computer sind Denkmaschinen, das bestätigt sich immer wieder.
Sam: Daten, wenn ich bitten darf, Daten und keine blöden Bemerkungen, o Wonne meiner Seele die ich nicht besitze. Wie kam Sidonia zu Tode. Falls es sich bei der Leiche tatsächlich um ihn handelt.
Jonas: Es ist Sidonia, er hat seine Bürgerkarte in der Tasche. Er hat überhaupt noch alles in der Tasche, Schlüssel, Geld und er ist ermordet worden.
Sam: Erwürgt?
Jonas: Mit einer Drahtschlinge. Kommt uns bekannt vor, was Sammy.
Sam: Ein Muster beginnt sich abzuzeichnen, großer Kombinator. Stadtrat Hartog in dero Durchlaucht Büro, Sidonia in seiner Wohnung, die gleiche Methode, die gleichen Mörder, der gleiche Fall.
Jonas: Alles gleich, Sam. Bis auf eins. Sieh dir den Computer in der rechten Ecke an.
Sam: Computer? Das Ding ist so alt, daß es nicht mal reden kann, igitt, so was nenn ich nicht Computer, das ist eine Rechenmaschine, wenn’s hochkommt, ein Museumstücke, zum normalen Gebrauch nicht geeignet.
Jonas: Ist ja auch schon jahrelang nicht mehr benutzt worden, Sam. Fingerdick Staub, Roststellen, die Tasten verklemmt. Trotzdem haben die Mörder den Speicher kaputt geschlagen und ausgeräumt.
Sam: Wie euer Scharfsinn bereits erschlossen haben dürfte, waren sie bemüht zu verhindern, daß gewisse Informationen anderweit bekannt würden. Informationen, welche zweifellos mit Chips Inc. und mit der Bestechungsliste in Zusammenhang stehen.
Jonas: Vermutlich der Name der Person, die Sidonia die Liste gegeben hat.
Sam: Dabei ist den Tätern nicht aufgefallen, daß die fragliche Information sich keinesfalls in diesem diesem computerähnlichen Etwas befunden haben kann, Hoheit.
Jonas: Das waren Killer, Sam, keine Infoexperten.
Sam: Im Gegensatz zu meinem Gebieter, welcher ohne Frage weiß, wo die gesuchte Information zu finden ist.
Jonas: Ach ja.
Sam: Nicht. O Sancta Inplicitas. So lasset uns denn logisch vorgehen, geliebte Gemeinde. Erstens. Kein Mensch kommt heutzutage ohne Computer aus.
Jonas: Richtig.
Sam: Zweitens in seiner Privatwohnung verfügte Sidonia nicht über eine benutzbaren Computer.
Jonas: Auch richtig.
Sam: Drittens. Sidonia hat seinen Computer an anderer Stelle.
Jonas: Das Europäische Pressebüro liegt im Zentrum, nicht weit vom Europaplatz. Reinkommen ist ein Kinderspiel: Man braucht nur eine Aktentasche unterm Arm, einen wichtigen Gesichtsausdruck und Sidonias Paß, den ich in seiner Tasche gefunden hatte. In Tarifstufe 6 hat man nicht nur Anspruch auf 32 Quadratmeter Wohnfläche, sondern auch auf ein Einzelbüro. Schreibtisch mit Textgerät, Stuhl, Schrank, und ein Personalcomputer, klein aber effektiv. Ich aktivierte ihn mit Sidonias Schlüssel. Keine lange Unterhaltung, das war zu gefährlich. Ich ließ Sam kurz interfacen und holte dann schnell aus ihm raus was ich wissen wollte.
Sam: Aye aye Sir, kurz und bündig. Unter heutigem Datum, 6 Uhr 30 morgens findet sich verzeichnet die ungewöhnlich hohe Zahlung von Euros 3000 für Information erhalten, Kennwort Liste Chips.
Jonas: Das ist es, Sammy. Zahlungsempfänger?
Sam: C. Hinkelstein. Auch in den vorangegangen Monaten taucht dieser Name des öfteren auf, o Schmieröl meiner Schaltungen.
Jonas: Ganz klar. Hinkelstein war Sidonias Informant bei Chips Inc und er hat ihm heute morgen die Liste der Schmiergeldempfänger geliefert, die Liste, auf der unser Klient ganz oben steht.
Sam: Vermutlich zu Unrecht.
Jonas: Hinkelstein. Ausgefallener Name. Sieh mal das Personalverzeichnis von Chips durch, Sammy.
Sam: Schon passiert, Herr Oberbrandmeister, unter den zahlreichen Mitarbeitern von Chips befindet sich nur ein C. Hinkelstein. Berichtigung: nur eine C. Hinkelstein. Carla Hinkelstein, Sachbearbeiterin in der Abteilung Marketing und PR.
Jonas: Fonnummer.
Sam: Wünschen Durchlaucht Dienst oder Privatnummer.
Jonas: Wie spät?
Sam: Piep. 17 Uhr 21 Minuten und 8 Sekunden.
Jonas: Dann wird sie zu Hause sein.
Sam: 2271399625.
Hinkelstein: Ja?
Jonas: Frau Carla Hinkelstein?
Hinkelstein: Ja?
Jonas: Mein Name ist Jonas, nur Jonas. Ich möchte mit Ihnen sprechen.
Hinkelstein: Ja worüber?
Jonas: Eine Überraschung. Sie konnte nicht nur ja, sie konnte auch anders. Und mehr. Das machte mir Mut.
Jonas: Über einen Bekannten von Ihnen, Roy Sidonia und über eine gewisse Liste.
Hinkelstein: Ich weiß nicht, was Sie meinen.
Jonas: Natürlich nicht. Kann ich gleich vorbeikommen.
Hinkelstein: Sind Sie von der Presse?
Jonas: Nein, ich bin Detektiv.
Hinkelstein: Oh, heute geht’s nicht, kommen Sie morgen.
Jonas: Zu Chips?
Hinkelstein: Nein, in meine Wohnung, Lemstraße 92. Morgen früh um 8.
Jonas: Im Korridor vor meinem Büro war’s dunkel. Der Hauswart hatte vergessen die kaputte Birne der Deckenlampe auszuwechseln. Wie üblich. Das störte mich nicht. Ich finde das Schlüsselloch auch im Dunkeln. Was mich störte war ein Umriß neben meiner Tür. Ein Umriß, der etwas heller war als die Wand und der sich bewegte. Ich ließ den Schlüssel los und griff nach meiner alten Smith and Wesson, eher Maskottchen als Waffe aber im Zweifelsfall besser als nichts.
Luna: Herr Jonas?
Jonas: Treten Sie drei Schritt zurück und bleiben Sie dann ganz still stehen.
Luna: Keine Angst, Herr Jonas, Sie sind doch Herr Jonas, ich tue Ihnen nichts, im Gegenteil. Ich brauche einen Detektiv. Der Hauswart wollte mich nicht in Ihr Büro lassen.
Jonas: Ich hab’s ihm verboten aus gutem Grund. Kommen Sie rein. Setzen Sie sich. Lassen Sie sich ansehen.
Jonas: Eine Frau Mitte 30, kräftige Schultern, große Füße in flachen Schuhen, ein Gesicht ohne Bemalung, schmaler Mund, kleine Augen, Kleidung so so, kein Schund aber auch nichts besonders, kein Schmuck. Sie saß steif da, Knie zusammen, Hände im Schoß gefaltet. Nicht gerade ein herzerwärmender Typ, aber wer sagt, daß einem Privatdetektiv alle seine Klienten sympathisch sein müssen.
Luna: Ich heiße Marten. Vanessa Marten.
Jonas: Und Sie brauchen einen Detektiv. Warum.
Luna: Ich hab eine Partnerin, Nora Karatschi.
Jonas: Zeitweilig oder dauerhaft?
Luna: Z.B. Wir haben einen Halbjahresvertrag gemacht.
Jonas: Ja.
Luna: Nora geht fremd, seit ein paar Wochen, jeden Montag abend verschwindet sie, wenn sie glaubt, ich schlafe, ich nehme Pillen, wissen sie, vegetative Dystomie.
Jonas: Sieht man Ihnen nicht an. Und?
Luna: Am nächsten Morgen kommt sie zurück, ganz früh und tut, als ob nichts gewesen ist. Letzten Montag bin ich ihr heimlich nachgegangen, wir wohnen ganz in der Nähe, sie ist hier die Straße langgegangen, vorbei an Ihrem Haus, um die Ecke gebogen.
Jonas: Und dann?
Luna: War sie verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Ich hab gesucht aber.
Jonas: Mir ist nicht ganz klar, was Sie von mir wollen, Frau Marten.
Luna: Die Sache ist die, unser Vertrag läuft noch gut zwei Monate, und wenn Nora ihn bricht…
Jonas: Der Vertrag enthält eine Exklusivitätsklausel.
Luna: Ja sicher, wenn Nora den Vertrag bricht, kann ich die Beziehung sofort beenden, ohne Abfindung.
Jonas: In diesem Fall müssen Ihrer Partnerin den Vertragsbruch nachweisen.
Luna: Aber deshalb bin ich ja zu Ihnen gekommen Herr Jonas. Ich bauch eine Fachperson, die Nora nicht aus den Augen verliert und die als unabhängiger Zeuge aussagen kann. Was kosten Sie?
Jonas: 80 Euros pro Tag und Spesen.
Luna: Heute ist Montag. Wenn Sie den Fall heute Nacht zu Ende bringen, zahle ich Ihnen 120 Euros bar auf die Hand.
Jonas: Es war schon komisch, da hatte ich wochenlang keinen einzigen Fall und jetzt hatte ich zwei auf einmal, falls ich den Auftrag von Vanessa Marten annahm. Sie war mir nicht sympathisch, ihre Geschichte auch nicht. Aber 120 steuerfreie Euros, und Verträge müssen schließlich eingehalten werden. Also sagte ich ja.
Luna: Wenn Nora heut nacht aus dem Haus geht.
Jonas: Rufen Sie mich an, ich warte unten vor dem Haus auf Sie. Sie zeigen mir ihre Partnerin.
Luna: Sie gehen ihr nach und.
Jonas: Alles übrige ist meine Sache. Und vergessen Sie das Geld nicht.
Judith: Och nein, nicht Jonas, geh nicht ans Fon.
Jonas: Hmh. Jonas?
Luna: Vanessa Marten. Eben ist Nora aus dem Haus gegangen. Können Sie in 5 Minuten unten sein?
Jonas: Ich werd’s versuchen.
Judith: Du willst weg.
Jonas: Ich muß weg.
Judith: Jetzt, kurz vor zwei.
Jonas: Ein Detektiv ist immer im Dienst.
Judith: Komm wieder ins Bett, Jonas, mir ist kalt ohne dich.
Jonas: Judith war bei mir. Das kam nicht oft vor. Sie hat es lieber, wenn ich zu ihr komme, das ist für beide bequemer, meint sie, sie hat 48 Quadratmeter, und sie meint, bei mir kommt immer was dazwischen. Da hat sie nicht unrecht.
Judith: Kannst du es nicht verschieben?
Jonas: Unmöglich. Wo zum Donner ist Sam zwo, du hast vorhin aufgeräumt, Judith, wo hast du ihn hingetan?
Judith: Ach, ich kann mich nicht erinnern.
Jonas: Also dann muß es ohne Computer gehen. Kein Problem bei so einem kleinen Fall, reine Routine. Ich muß los. Also schlaf schön weiter, Judith.
Jonas: Ich wartete unten an der Haustür im Schatten. Ein paar Menschen kamen vorbei. Frauen, Männer und zwei oder drei, die ich nicht einordnen konnte. Als Vanessa Marten erschien, trat ich aus dem Schatten.
Luna: Gut. Sie sind pünktlich, Jonas, da vorn, die Frau im roten Cape, das ist Nora.
Jonas: Ausgesprochen hilfreich, ihre Partnerin.
Luna: Was meinen Sie?
Jonas: Weil sie so auffällig angezogen ist, leicht im Auge zu behalten. Sie können jetzt gehen, Frau Marten, den Rest übernehme ich.
Luna: Ich komm mit, ich will wissen, wo Nora hingeht und was sie da tut.
Jonas: Sie kriegen morgen einen Bericht in dreifacher Ausfertigung.
Luna: Das ist mir zu spät, ich weil es gleich wissen. Ich geh mit.
Jonas: OK sie bezahlen, aber das Kommando habe ich.
Luna: Jetzt ist sie um die Ecke gebogen. Da ist sie letzten Montag verschwunden.
Jonas: Na kommen sie.
Luna: Weg ist sie, wie letzte Woche, spurlos.
Jonas: Nicht spurlos. Sehen Sie mal da.
Jonas: Gleich hinter der Ecke dicht an der Wand stand ein Kanaldeckel einen Spalt offen. Und in dem Spalt hatte sich ein rotes Stoffstück verfangen. Ein glücklicher Zufall, so glücklich, daß ich ein bißchen mißtrauisch wurde. Jonas ist ein guter Kerl, offen, vertauensselig, aber für dumm läßt er sich nicht verkaufen. Ein Jammer, daß Sam nicht bei mir war, auch die Smith and Wesson hatte ich zuhause gelassen. Alles was ich hatte war eine Taschenlampe. Ich hob den Deckel hoch und leuchtete, eine Treppe, wir stiegen nach unten, etwa 20 Stufen, dann ein Absatz und die Tür zu einem Quicklift. Ich sah auf den Indikator, der Lift zischte in die Tiefe und kam ganz unten zum Stehen. Ich wartete einen Moment, holte ihn hoch, und wir, Vanessa Marten und ich, fuhren in die Unterwelt.
Jonas: Wissen Sie wo es hier hingeht?
Luna: Nein, Sie?
Jonas: Ich glaube schon. In die Eingeweide von Babylon, zu den Kloaken, den Recyclinganlagen und Biogasgeneratoren. In die Scheiße.
Luna: Ich kann mir nicht vorstellen, was Nora da unten sucht.
Jonas: Wenn sie ein heimliches Verhältnis hat dann höchstens mit einem Cop-Robot. Menschen gibt’s da nicht. Endstation. Alles aussteigen. Nach ihnen, mein Dame.
Jonas: Ich war vorsichtig und behielt meine Begleiterin im Auge, in einem Auge, das andere brauchte ich für meine Umgebung. Wir standen unter einer riesigen Kuppel auf einem weiten unterirdischen Platz, neben dem Lift eine Schaltzentrale, Tafeln, Lichter, Computer, Monitore, ein Fon, dann rechts und links die Einmündungen zahl-loser Kanäle, die sich mitten auf dem Platz trafen und einen großen Teich bildeten. Einen Teich, der nicht stagnierte, sondern sich dick und dunkel nach hinten wälzte, und da teilte er sich. Auf einer Seite saugten Pumpen das Gas ab für die Biogenera-toren, die man irgendwo hinter den Wänden summen hörte, daneben wurde die fest-ere Materie in Richtung Recyclingcenter geschoben, wo man aus dem, was 25 Millio-nen Babylonier so unter sich lassen, Essen und Trinken für eben diese 25 Millionen macht. Über allem trübes Licht, unerträgliche Hitze. Noch unerträglicher Gestank.
Jonas: Mir stinkt noch was. Ihre Partnerin ist verschwunden.
Luna: Ich seh rot, da, dritte Einmündung rechts. Auf dem seitlichen Laufsteg.
Jonas: Sie machen recht, bleiben sie vor mir.
Jonas: Wie gesagt, ich war vorsichtig, aber nicht vorsichtig genug. Das rote in der dritten Einmündung rechts war tatsächlich das Cap, aber Nora Karatschi steckte nicht drin, sie hockte in der zweiten Einmündung, im dunkeln, unsichtbar, und als ich vorbei lief, zog sie mir die Beine weg. Ich schlug auf, hart und trat kurz ab, nur ein paar Sekunden, aber die reichten, als ich wieder da war, hatten sie mich schon verschnürt. Hände auf dem Rücken, Füße zusammen. Sie standen vor mir. Vanessa Marten und eine Frau, die aussah wie ihr Zwilling.
Jonas: Nora Karatschi nehme ich an.
Nike: Nora Karatschi gibt’s nicht mehr.
Luna: Und Vanessa Marten auch nicht.
Nike: Wir sind Nike.
Luna: Und Luna.
Nike: Nike und Luna, das taffe tödliche Team.
Luna: Das coole Killerkommando.
Nike: Bekannt und begehrt.
Luna: Schon von uns gehört?
Nike: Haben sie ein Partner, der sie stört, einen Erbonkel der nicht sterben will, einen Detektiv der lästig wird, kein Problem.
Luna: Rufen sie Nike und Luna.
Nike: Wir haben Hartog erledigt.
Luna: Und Sidonia.
Nike: Und die Hinkelstein.
Luna: Und jetzt ist Jonas fällig.
Nike: Wir haben gedacht, das wird schwierig.
Luna: Jonas ist ein harter Typ haben wir gedacht.
Nike: Deshalb haben wir ihn in die Kloake gelockt.
Luna: Es war viel leichter, als wir dachten.
Nike: Was machen wir mit ihm, Luna, das übliche, Schlinge um den Hals und…
Luna: Nicht nötig, Nike, wir schmeißen den Scheißkerl in die Scheiße.
Nike: Gut. Da kann er sich aussuchen, ob er Bio-Energie werden will oder Sojakäse Also dann… Ha!
Luna: Was?
Jonas: Nike und Luna, die coolen Killer fielen um und rührten sich nicht mehr. Ich hörte Schritte und drehte den Kopf. Ein junger Mann, den ich noch nie gesehen hatte, Overall über formeller grauer Bluse, Gummistiefel, elektrischer Knockouter in der Hand, keine besonderen Kennzeichen. Er blieb vor mir stehen und tippte mich mit der Fußspitze an.
Joker: Tut mir leid, ich konnte nicht früher kommen.
Jonas: Keine Sekunde zu früh, gerade wollten sie mich in die Kloake schmeißen.
Joker: Sehr ungezogen von den beiden, das können wir ihnen nicht durchgehen lassen. Strafe muß sein. Wie du mir so ich dir. Auge um Auge.
Jonas: Wer sind Sie? Eine Art Kanalarbeiter?
Joker: Sagen wir eine Art Joker. Die Karte, die den Spielverlauf plötzlich und unerwartet ändert. Drehen Sie sich um. So, Ihre Hände sind frei. Machen Sie’s gut.
Jonas: Und die Füße?
Joker: Das werden sie doch wohl selbst können.
Jonas: Warum haben Sie mich gerettet?
Joker: Weil man’s mir gesagt hat. Sie werden noch gebraucht. Jonas. Wir sehen uns.
Jonas: Weg war er. Ich machte die Fußfesseln los und stand auf. Von Nike und Luna war nichts mehr zu sehen. Trotz der Hitze lief es mir kalt über den Rücken wenn ich mir vorstellte, was sie mir zugedacht und sich schließlich selbst eingehandelt hatten. Ich ging zur Schaltzentrale. Das Fon war in Ordnung. Ich rief bei mir an und hoffte, daß Judith noch da war. Ich hatte so eine Ahnung. Judith war da. Ich erzählte ihr kurz was passiert war.
Judith: Wärst du lieber im Bett geblieben, Jonas. Bei mir.
Jonas: Die Nacht ist noch jung. Ich bin gleich da, und wir holen nach was wir versäumt haben.
Judith: Das geht nicht. Du darfst nicht nach Hause kommen.
Jonas: Was ist?
Judith: Großfahndung nach einem gewissen Jonas. Inspektor Brock muß jeden Moment hier sein.
Jonas: Was will er denn, ich hab doch ein Alibi.
Judith: Für Hartog ja, aber nicht für Sidonia.
Jonas: Sidonia? Sie wollen mir den Mord an Sidonia anhängen?
Judith: Es sieht so aus.
Jonas: Hör zu, Judith, hast du Sam zwo gefunden?
Judith: Ja, er war
Jonas: Ist nicht wichtig. Steck ihn ein, bring ihn mir.
Judith: Wo treffen wir uns.
Jonas: Kennst du den Armen Schlucker.
Judith: Ich weiß nicht.
Jonas: Der Dipsomat Lem-/Ecke Strugatzkistraße. In 20 Minuten.
Jonas: Auf Judith kann ich mich verlasen. Sie war schon da, als ich in den Dipsomaten kam, in einer dunklen Ecke hinter einem Campari Synth. Ich zog mir, nein, keinen Whisky, ein Mineralwasser, meinem Magen war der Ausflug in den babylonischen Mastdarm nicht bekommen. Außerdem brauchte ich ein klaren Kopf.
Judith: Armer Jonas. Gleich zwei Parteien sind hinter dir her, die Kripo und
Jonas: Nike und Luna. Aber die sind tot.
Judith: Nike und Luna waren professionelle Killer, die arbeiten nicht auf eigene Rechung. Jemand hat sie bezahlt, und für diesen jemand haben sie Hartog und Sidonia umgebracht.
Jonas: Und Carla Hinkelstein, Sidonias Informantin, das haben sie jedenfalls behauptet.
Judith: Und fast auch dich. Jonas wer ist diese Jemand?
Jonas: Keine Ahnung, ich weiß bloß, der Schlüssel der ganzen Sache liegt bei Chips Inc. und deshalb…
Sam: Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde der dritte.
Jonas: Wenn du was wichtiges beizutragen hast, Sammy.
Sam: Sam hat, sowohl eure großfürstliche Gnaden als auch die Dame Judith geruhen einen entscheidenden Faktor zu übersehen. Die dritte Partei.
Judith: Ich nehme an du meinst…
Sam: Den oder die Auftraggeber hinter jenem mysteriösen Joker, welcher meinen über allen geliebten Jonas vor einem unaussprechlich schauderbaren Tode errettete.
Jonas: Was ich ausgesprochen nett von ihm finde. Chips, da muß ich ansetzen.
Sam: Wie denn und wo genau du aus dem Hades heimgekehrter Odysseus.
Jonas: In der Wohnung von Carla Hinkelstein. Vielleicht kann ich die Spur von da weiterverfolgen.
Judith: Kann ich nicht mitkommen, Jonas.
Jonas: Besser nicht, Judith, wenn die Kripo uns zusammen erwischt, verlierst du deinen Job. Ich werds schon schaffen.
Sam: Treuen Sam nicht vergessen, Wahna.
Jonas: Danke Sam, Ich hab ja gesehen was passiert wenn du nicht dabei bist.
Sam: Hmh, Hoheit geraten voll in die Exkremente.
Jonas: Du sagst es, Sammy. Drück mir die Daumen Judith.
Judith: Machs gut Jonas und komm wieder.
Jonas: Carla Hinkelsteins Wohnung lag gleich nebenan. Das war mit ein Grund, wa-rum ich mich mit Judith im armen Schlucker getroffen hatte. Ich kam genau so leicht rein wie am Vortag bei Sidonia, die Wohnung war genauso groß, genauso geschnit-ten und wie bei Sidonia lag auf dem Boden eine Leiche mit einer Drahtschlinge um den Hals. Nike und Luna hatten die Wahrheit gesagt. Der Computer war kaputt, keine Spur, kein Hinweis. Hier kommst du nicht weiter, Jonas, dachte ich, das war ein Irrtum. Ich kam weiter, wenn auch anders als ich mir das vorgestellt hatte.
Brock: Aufmachen. Kriminalpolizei.
Jonas: Schon wieder.
Brock: Pauly?
Pauly: Inspektor?
Brock: Brechen Sie die Tür auf.
Pauly: Zu Befehl Inspektor.
Brock: Hände hoch, Gesicht zur Wand, Beine auseinander. Pauly, durchsuchen.
Pauly: Zu Befehl, Inspektor.
Jonas: Kommen Sie mal wieder runter Bröckchen, ich bin nicht Jack the Ripper, ich bin nur Jonas.
Brock: Haben Sie das gehört, Pauly, bloß Jonas, der Privatdetektiv, der Störenfried, der Massenmörder.
Pauly: Er ist sauber, Inspektor, keine Waffe, nur ein Taschencomputer.
Jonas: Das ist kein Computer, das ist eine geheime Superminibombe, damit will ich das Kripocenter in die Luft sprengen.
Brock: Wird Ihnen schon noch vergehen Ihre große Schnauze. Pauly Handschellen.
Pauly: Zu Befehl, Inspektor.
Jonas: Wieder ein anonymer Tip, Inspektor?
Brock: Wie bei Hartog und wie bei Sidonia und diesmal wird auch Hauptabteilungsleiterin Delgado Sie nicht rausreißen können. Vorwärt marsch.
Jonas: Die grüne Minna war blau, ein Elektromobil, die Polizei kann sich das leisten. Unterwegs guckte ich aus dem Hinterfenster, eine Motorrikscha war hinter uns, 20, 25 Meter entfernt, und sie blieb uns ständig auf den Fersen, in der Rikscha saß ein grauer Typ, der mich stark an den Joker aus den Kloaken erinnerte. Vielleicht hätte ich besser nach vorn sehen sollen, da stand nämlich ein großes Elektromobil quer über der Straße.
Leutnant: Alle bleibt ganz ganz ruhig, dann passiert nichts. Nehmen sie dem Mann die Handschellen ab.
Brock: Sie wissen wohl nicht wen sie vor sich haben. Kriminalpolizei Inspektor Brock.
Leutnant: Ich mach mir vor Angst in die Hosen. Wird’s bald.
Brock: Pauly?
Pauly: Inspektor?
Brock: Die Handschellen. Schließen Sie auf.
Pauly: Zu Befehl, Inspektor.
Leutnant: Na bitte. Raus mit Ihnen, Jonas oder wie sie heißen.
Jonas: Wir müssen uns trennen, Inspektor, höhere Gewalt, die sind mehr und haben Laserstrahler.
Jonas: Die Herrschaften, die mich mitten auf der Straße der Kripo geklaut hatten, trugen schwarze Uniformen mit einem großen gelben C auf der Brust. Sie sahen ein bißchen aus wie weiland Superman, waren aber nur Sicherheitskräfte von Chips Inc. Das paßte. Und es paßte auch, daß sie mich in den Innenhof der Chipszentrale am Hendrick-August-Platz fuhren und dann mit dem Lift in den 30. Stock, dem obersten und letzten, wo die ganz großen Tiere von Chips sitzen, und hier schoben sie mich in einen kleinen kahlen Raum ohne Fenster.
Leutnant: Warten Sie hier.
Jonas: Was sagst du dazu, Sam?
Sam: Der Nebel flieht, das Licht dringt durch, es klären sich die Fronten, o vielbegehrter Jonas.
Joker: Jonas!
Jonas: Die kleine Klappe in der Tür war aufgegangen und dahinter erschien ein Gesicht, ein vertrautes Gesicht, ein willkommenes Gesicht, ein Gesicht, das mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen war.
Jonas: Sieh mal an der Joker.
Joker: Kommen Sie her, Jonas, machen Sie schon, wir haben nicht viel Zeit. Hier, nehmen Sie das, schlucken Sie’s runter.
Jonas: Ein Minisender. Wozu?
Joker: Man wird gleich ein Gespräch mit Ihnen führen. Ein geheimes und sehr wichtiges Gespräch. Dieses Gespräch muß abgehört und aufgenommen werden.
Jonas: Dafür hab ich meinen Computer.
Sam: Den wird man Ihnen wegnehmen.
Sam: Nein.
Joker: Man wird Sie überhaupt sehr gründlich durchsuchen. Aber den Sender in Ihrem Magen wird man nicht entdecken, weil er ganz aus Plastik ist.
Jonas: Aber vielleicht erklären Sie mir mal…
Joker: Kein Zeit, sie kommen zurück, ich muß weg.
Jonas: Klappe zu. Ich sah mir den Sender an und schluckte ihn runter. Aber vorher stellte ich die Frequenz um auf Sam. Ich weiß wie man das macht, ich kenn mich aus mit den Dingern. Dann waren sie auch schon da die Freunde von vorhin, und es kam alles so, wie es der Joker vorausgesagt hatte. Sie durchsuchten mich, nahmen mir Sammy weg, zogen mich aus, gingen mit einer Sonde über jeden Quadratzentimeter Jonas. Negativ. Ich durfte mich wieder anziehen und mußte mit. Über den Korridor durch ein paar Büroräume in ein großes Zimmer, nein Zimmer stimmt nicht, es war ein Saal, Holztäfelung, Kronleuchter, Ölbilder, Teppichboden und ein riesiges Panoramafenster mit Aussicht über Babylon, nicht daß viel zu sehen war, der Smog, aber darauf kam es nicht an, das Prinzip war wichtig, und das Prinzip hieß unerhörter Luxus, übermenschliche Macht.
Leutnant: Machen Sie Ihren Diener, Jonas, Sie stehen vor Herrn Vizepräsident Dr. Cordes.
Cordes: Marketing und PR, und Sie sind Jonas, der letzte Detektiv. So sehen sie also aus.
Jonas: Er war groß und dick und roch nach allem, was gut und teuer war, sein Schreibtisch war kaum größer als das Fürstentum Liechtenstein, sein Lächeln war so offen und sympathisch wie eine falsche 100-Euronote.
Cordes: Ein Whisky Jonas?
Jonas: Danke.
Cordes: Warum nicht. Ich weiß Sie trinken.
Jonas: Aber nicht mit jedem.
Leutnant: Wie reden Sie denn.
Cordes. Kusch, warten Sie draußen, Leutnant.
Leutnant: Jawohl Herr Vizepräsident.
Cordes: So, Sie wissen jawohl weshalb Sie hier sind, Jonas.
Jonas: Natürlich wegen der Schmiergeldliste.
Cordes: Die Liste, alle Welt kennt die Liste.
Jonas: Aber alle Welt weiß nicht, daß die Liste falsch ist, wenigstens was Stadtrat Hartog betrifft. Hartog ist unschuldig.
Cordes: Glauben Sie Jonas. Sie sind naiv.
Jonas: Ja, das glaube ich, nicht weil ich naiv bin, sondern weil die Sache zum Himmel stinkt. Klar, Chips schmiert Politiker, wie jeder Konzern, aber doch nicht so, 15 Millionen Euros für einen kleinen Fisch in der lokalen Finanzverwaltung, das ist lächerlich.
Cordes: Nicht wahr. Und äh, was, was schließen Sie daraus, Jonas?
Jonas: Jemand bei Chips hat sich die 15 Millionen in die eigene Tasche gesteckt.
Cordes: Ausgezeichnet. Wer, Jonas?
Jonas: Ein hohes Tier. Jemand, der für Bestechungen zuständig ist, das heißt für PR und Marketing. Sie, Vizepräsident Cordes.
Cordes: Bravo Jonas, bravo. Faszinierend. Erzählen Sie weiter.
Jonas: Sie gestatten doch, daß ich mich setze.
Cordes: Aber bitte.
Jonas: Vor ein paar Tagen muß die Geschichte plötzlich brenzlig für Sie geworden sein, eine interne Buchprüfung oder so was ähnliches, nehm ich an.
Cordes: Ganz genau. Eine außerplanmäßige unerwartet angesetzte Durchsicht aller inoffiziellen Fonds, angeordnet von Big Boss persönlich.
Jonas: Und da kamen Sie auf die Idee mit der Liste. Die 15 Millionen, die Sie Chips gestohlen hatten, hängten Sie dem armen Hartog an. Warum gerade dem?
Cordes: Gott warum, warum, ich hatte früher ab und zu mit ihm zu tun, als ich noch die Steuerabteilung leitete, ein pingeliger Bürokrat, kleinkariert und entbehrlich.
Jonas: Sie bereiteten die Liste vor, setzten auch ein paar echte Bestechungsempfänger drauf, mit kleinen Beträgen, damit die Sache Hand und Fuß kriegte, und dann ging irgend eine Kleinigkeit schief.
Cordes: Kleinigkeit, die Hinkelstein, diese dumme Kuh, sieht die Liste auf meinem Schreibtisch, macht eine Kopie und gibt sie weiter an Sidonia.
Jonas: Versteh ich nicht, Sie mußten die Liste doch sowieso veröffentlichen.
Cordes: Sicher, aber später, einen Tag später, erst sollte Hartog aus dem Weg geräumt werden, von einem Spezialistenteam, das ich dafür angeheuert hatte, damit er nicht protestieren und mir Ärger machen konnte, aber weil die Hinkelstein so geldgierig war, kam der Zeitplan durcheinander, Hartog erfuhr von der Liste, ging zu Ihnen Jonas.
Jonas: Und da haben ihn Ihre Spezialisten erwischt. Sie sind in Panik geraten, Cordes, Sie wußten nicht, was Hartog mir oder anderen gesagt hat, deshalb haben Sie Ihre Spezialisten weiterarbeiten lassen.
Cordes: Seien Sie fair, Jonas, was sollte ich tun, über Sidonia und die Hinkelstein hätten Sie die Spur bis zu mir zurückverfolgen können, die Mitwisser mußten verschwinden, bedauerlich aber nicht zu ändern.
Jonas: Hartog, Sidonia, Hinkelstein.
Cordes: Und Jonas. Aber der lebt noch.
Jonas: An Ihnen liegt das nicht, Cordes, die Spezialisten haben versagt.
Cordes: Offensichtlich, aber das läßt sich ja schnell in Ordnung bringen. Leutnant.
Leutnant: Herr Vizepräsident.
Cordes: Nehmen Sie sich zwei Leute, bringen Sie den Mann hier in den Keller, Sie wissen Bescheid.
Leutnant: Jawohl, Herr Vizepräsident. Kommen Sie, Jonas.
Jonas: Wieder über den Korridor zum Lift, der Leutnant drückte auf den Knopf, die Tür ging auf, und drinnen stand der Joker mit einem Laserstrahler. Es zischte dreimal kurz hintereinander, um meine Bewacher brauchte ich mir keine Sorgen mehr zu machen. Der Joker zog mich in die Kabine und schob ein Stück Plastik in einen Schlitz über der Knopfleiste, der Lift setzte sich in Bewegung, nach oben.
Joker: Zum 31. Stock.
Jonas: Den gibt’s doch gar nicht.
Joker: O doch, das Penthouse. Wir haben nichts empfangen, Sie haben die Frequenz verändert.
Jonas: Wenn nicht, dann wüßte Ihr Auftraggeber jetzt alles, was er wissen wollte, und Jonas wär im Keller oder schon tot.
Joker: Steigen Sie aus. Sie werden Bigboss persönlich Bericht erstatten.
Jonas: Bigboss war der Präsident von Chips Inc., der alleroberste Chef, und Bigboss war genaugenommen kein Bigboss, sondern eine Bigbossin, eine kleine dürre alte Frau, schäbig angezogen, mit einer billigen schwarzen Perücke, die schief über ihren grauen Runzeln hing. Bigboss residierte nicht in einem Saal, sondern in einem schäbigen kleinen Büro, nicht viel größer als meins, Bigboss hatte keinen Schreibtisch und Bigboss lächelte nicht. Bigboss war sauer, als ich ihr erzählte, was Vizepräsident Cordes auf dem Kerbholz hatte.
Bigboss: So etwa haben wir es uns gedacht, was Tolliver? Tolliver, mein persönlicher Referent, tüchtiger Mann. Sie kennen ihn ja schon, Jonas.
Jonas: O ja. Ich nenne ihn den Joker.
Bigboss: Joker? Wieso Joker? Egal. Cordes, diesmal hat er sich übernommen.
Jonas: Übernommen ist gut. Unterschlagung, mehrfacher Mord.
Bigboss: Sie kapieren aber auch gar nichts, Jonas, Sie sind zu klein. Ist er nicht zu klein, Tolliver?
Joker: Viel zu klein, Bigboss.
Bigboss: Sicher, Cordes hat sich jammervolle 15 Millionen eingesteckt, er hat ein paar unwichtige Leute Beiseite geschafft, was ist das schon, wissen Sie, Jonas, was an der Sache wirklich schlimm und unverzeihlich ist, wollen wir es ihm sagen Tolliver.
Joker: Das müssen Sie wissen, Bigboss.
Bigboss: Cordes hat sich dumm angestellt, er hat zugelassen, daß ein Außenseiter, Sie Jonas, ihm auf die Schliche gekommen ist, und er hat Chips Inc. ins öffentliche Gerede gebracht, das muß bestraft werden, nicht wahr Tolliver.
Joker: Höchststrafe, Bigboss?
Bigboss: Natürlich Höchststrafe.
Joker: Schon notiert, Bigboss. Und was geschieht mit Jonas?
Jonas: Bevor Sie sich dumm anstellen, hören Sie mir mal einen Moment gut zu. Ich hab einen Sender im Bauch, und der sendet, meine Unterhaltung mit Cordes ist an einem mir bekannten Ort aufgezeichnet und gespeichert worden, und gespeichert wird auch das, was wir jetzt verhandeln, Wort für Wort, wenn mir was passiert, wird alles veröffentlicht, nicht gerade eine Werbung für Chips Inc.
Bigboss: Wenn das so ist.
Joker: Es ist so, Bigboss.
Bigboss: Dann müssen wir ihn wohl laufen lassen, bringen Sie ihn runter, Tolliver.
Jonas: Einen Augenblick noch. Laufenlassen OK, aber das ist noch nicht alles, Sie werden mir die Kripo vom Hals schaffen, und Sie werden Hugo Hartog rehabilitieren, das bin ich meinem Mandanten schuldig, auch wenn er tot ist oder gerade weil.
Bigboss: Bitte, wie Sie wollen. Aber das sag ich ihnen gleich, Jonas, wenn Chips erklärt, daß Hartog irrtümlich auf die Liste geraten ist, dann wird das kein Mensch glauben. War das jetzt alles, nicht noch ein kleines Schweigegeld, paar Tausend Euros oder so.
Jonas: Danke, ich nehme nicht von jedem.
Bigboss: Hab ich’s nicht gesagt, Tolliver, er ist zu klein.
Nachrichtensprecherin: …Meldungen bestätigt, wonach Dr. h. c. Cord Cordes, Vizepräsident von Chips Inc. durch einen Sprung vom Dach der Chipszentrale Selbstmord verübt hat.
Jonas: Na also.
Nachrichtensprecherin: Während Chips private Motive angibt, vermuten unterrichtete Kreise einen Zusammenhang mit der gestern bekanntgewordenen Bestechungsaffäre.
Jonas: Wie wahr.
Nachrichtensprecherin: Wie ein Firmensprecher dazu ausführte, gehört der ebenfalls gestern tot aufgefundene Stadtrat Hugo Hartog trotz gegenteiliger Behauptungen in der Presse nicht zu den Empfängern von Bestechungsgeldern. Durch einen Fehler untergeordneter…
Jonas: Neun Tote, und das ist nun das ganze Ergebnis. Hab ich mich richtig verhalten, Sam?
Sam: Ein Mann muß tun, was ein Mann tun muß, Partner.
Jonas: Ein Mann, ein Pferd und ein weites wildes Land. Wenn’s nur immer so einfach wäre. Judith? Jonas. Ja, ich lebe noch, und wie, wir haben was nachzuholen, das hast du doch nicht vergessen, eine halbe Nacht, mindestens, ich freu mich Judith, bis gleich.
Sam: Und so ritten sie denn alle zusammen in den Sonnenauf- bzw. Untergang.
Das war Schmiergeld. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Super-computer Sam Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Christine Wodetzky, Käthe Jaenicke, Irmhild Wagner, Christoph Lindert, Oswald Döpke, Rüdiger Bahr, Helmut Stange und viele andere (Inge Schulz, Hans P. Hermansen, Jürgen Rehmann, Karin Frey). Ton und Technik: Günter Heß und Angela Bernd. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1985). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Kidnapper
Jonas: Robodocs gehen mir auf die Nerven. Darin bin ich altmodisch. Nicht nur darin. Mir stinkt so einiges in dieser unserer Zeit. Aber Robodocs ganz besonders. Darum suche ich mir einen echten menschlichen Medizinmann, wenn die vorgeschriebene Jahresinspektion fällig wird. Das heißt, dieses Mal, im Mai 2010, war es eine Medizinfrau. Vielleicht hätte ich doch lieber zum Robodoc gehen sollen. Was Frau Dr. Simon mir sagte, gefiel mir nämlich gar nicht.
Frau Dr. Simon: Sie gefallen mir nicht, Jonas.
Jonas: Machen Sie sich nichts draus, ich gefall vielen nicht.
Frau Dr. Simon: Äußerlich ist ja alles in Ordnung so weit, aber innen.
Jonas: Magen?
Frau Dr. Simon: Ganz richtig. Ihr Magen. Akute Ulkusgefahr. Rauchen Sie? Nikotin?
Jonas: Nein.
Frau Dr. Simon: Nehmen Sie sonst irgendwelche Drogen?
Jonas: Äh.
Frau Dr. Simon: Alkohol?
Jonas: Also, also wenn Sie mich so direkt fragen.
Frau Dr. Simon: Das hört auf. Und vor allem kein Streß. Arbeiten Sie?
Jonas: Wie man’s nimmt. Ich bin Privatdetektiv. Der letzte. Keine Konkurrenz. Kein Nachwuchs. Ein aussterbender Beruf. Ein überflüssiger Beruf. Meint Judith. Aber das stimmt nicht. Mein Büro war zwar noch nie wegen Überfüllung geschlossen, aber den einen oder anderen Auftrag staube ich doch ab, im Lauf der Zeit. Mein Beruf wird gebraucht. Wenn von keinem anderen, dann von mir selbst. Damit ich mit gutem Gewissen in den Spiegel gucken kann.
Frau Dr. Simon: In Zukunft werden Sie noch kürzer treten. Ausspannen, sich hinsetzen und Nichtstun. Ja die Volksrente reicht doch zum Leben.
Jonas: Tut sie nicht. Wenn Sie sich unter Leben noch was anderes vorstellen als Vegetieren, Essen, Trinken, Schlafen, und…
Frau Dr. Simon: Das müssen Sie mit Ihrem Psychotherapeuten abmachen. Ich bin praktische Medizinerin, und ich verschreibe Ihnen eine Pause.
Jonas: Wie lange? Drei Tage, eine Woche?
Frau Dr. Simon: Sehr komisch. Heute abend, wenn ich dienstfrei habe, werde ich drüber lachen. Ein viertel Jahr, Jonas, mindestens.
Jonas: Darauf mußte ich was trinken. Ich wußte auch wo. Gleich um die Ecke im Casablanca. Da gehe ich öfter mal hin. Nicht unbedingt, weil’s mir so gut gefällt, nein, wegen des Namens. Dabei heißt der Schuppen gar nicht nach dem antiken Film, sondern nach der Erbtante des Besitzers. Anyway, ich saß also im Casablanca, hielt stumme Zwiesprache mit meinem Magen, und versuchte ihn dadurch freundlich zu stimmen, daß ich Ricard trank. Mit viel Wasser. Im Casablanca servieren sie den Ricard in Pernot-Gläsern. So eine Kneipe ist das. Ich dachte an Bogie. Ob er wohl auch Ricard hatte trinken müssen. Und wenn ja, ob er ihm auch nicht geschmeckt hatte. Da laberte mich plötzlich diese Öko an.
Demeter: Was dagegen, wenn ich mich dazu setze?
Jonas: Ja, ich hab was dagegen. Suchen Sie sich ‘nen andern Tisch, sind genug frei.
Demeter: Ich würd aber gern hier sitzen.
Jonas: Alles besetzt. An diesem Tisch ist alles besetzt.
Demeter: Ja? Ich seh niemand.
Jonas: Mister Humphrey Bogart, Mister Philip Marlowe, Mister Samuel Spade, und ich. Schwirren Sie ab, Sie stören.
Demeter: Heißen Sie Jonas?
Jonas: Nebukadnezar Schonat Jolanda, Schornsteinfegermeister im Ruhestand, also lassen Sie mich auch in Ruhe.
Demeter: Das ist nicht wahr, Sie heißen Jonas. Nur Jonas. Und Sie sind Detektiv.
Jonas: Wer sagt das?
Demeter: Der Wirt.
Jonas: Der redet zu viel.
Demeter: Es ist nämlich so, wir brauchen einen Detektiv.
Jonas: Unsinn. Niemand braucht nen Detektiv. Außerdem habe ich frei, und keine Zeit, und keine Lust.
Demeter: Ich heiße Demeter. Nur Demeter.
Jonas: Ein Punkt für sie. Das, und die Tatsache, daß sie stur war. Fast so stur wie Jonas. Ich wurde sie einfach nicht los. An sich mach ich mir nicht viel aus Ökos, ihre Ideen und Ziele, OK, aber Bewegungen und Ideologien liegen mir nicht. Jonas ist überzeugter Einzelgänger. Und Demeter war eine waschechte Öko. Lange Naturhaare, grüner Kittel, Schäufelchen und Geigerzähler am Bastgürtel. Trotzdem fing ich an, ihr zuzuhören. Vielleicht auch deshalb, weil sie jung war und gut aussah, trotz ihrer Ökouniform. Ich hätte sie abwimmeln und in Ruhe weitertrinken sollen. Aber Jonas ist kein Hellseher.
Demeter: Wir haben es ja zuerst selbst versucht, wissen Sie, aber als Erasmus nicht zurückkam, da wuchs uns die Geschichte über den Kopf. Jetzt muß ein Profi ran.
Jonas: Ein Profi kostet Geld.
Demeter: Ah, wir legen zusammen. Weil die Sache so wichtig ist. Stellen Sie sich vor, Herr Jonas.
Jonas: Jonas reicht. Nur Jonas.
Sam: Ja, Jonas reicht.
Demeter: Häh, äh, also stellen Sie sich vor, Jonas, es geht um rissa tridactyla.
Jonas: Ist das die Möglichkeit. Ja, und wenn ich jetzt noch wüßte, was rissa tridingsbumsla ist.
Sam: Rissa tridaytila, o großer Systematiker des Tier- und Pflanzenreiches. Die Dreizehenmöwe. So gut wie ausgestorben.
Demeter: Einen schlauen Computer haben Sie da, Jonas.
Sam: Ja.
Jonas: Schlau ist gar kein Ausdruck für Sam. So heißt er nämlich, mein Computer. Sie kennen den Grund, wenn Sie wissen, daß meine Stammkneipe Casablanca heißt. Sam ist überschlau. Er kann fast alles. Seine Spezialität: Reden, wenn er nicht gefragt ist. Überhaupt reden, ohne Rücksicht auf Verluste. Ohne Punkt und Komma. Irgendwie haben sich seine Sprachprogramme verheddert, und deshalb wirkt er ein bißchen absonderlich. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Sam. Ich hänge an ihm. Ich habe ihn immer bei mir. Nicht den großen Speicher natürlich, der steht im Büro, aber Sam zwo. Pocket Sam. Die drahtlose Extension im Miniformat. Der letzte Detektiv und sein verdrehter Computer. Sind wir nicht ein schönes Paar?
Sam: Treulich geführt, ziehet dahin…
Jonas: Sei still, Sammy. Wir waren bei dieser ausgestorbenen Möwe, Demeter.
Demeter: Nicht ausgestorben.
Sam: Noch nicht.
Demeter: Noch nicht, das hoffen wir jedenfalls. Auf Swartcliff nisten noch ein paar. Das heißt, sie haben da genistet, bis vor einem Monat, bis die Bautrupps kamen, und die schwarzroten Uniformen.
Jonas: Da wurde ich wach, und kriegte lange Ohren. Schwarzrot trägt die Popo, die Populationspolizei, und mit den Herrschaften hatte ich noch ein Hühnchen zu rupfen. Vor einem Jahr, beim Testmarktfall, hatten sie mich schwer in der Mangel gehabt. Wenn die Popo mitspielte, konnte die Sache interessant werden. Und gefährlich.
Jonas: OK, Schwester, wenn ich Sie richtig mitkriege, wollen Sie mich anheuern.
Demeter: Ja, ja also nicht ich, meine Gruppe, die Ökos von Babylon und Umgebung.
Jonas: 80 Euros pro Tag, und Spesen.
Demeter: So viel?
Jonas: Das hab ich mir gedacht. Wiedersehen, Schwester.
Demeter: 50 könnten wir zahlen.
Jonas: Tut mir leid, Schwester, kein Rabatt, kein Skonto.
Demeter: Na, es ist doch für einen guten Zweck.
Jonas: Ich arbeite nur für gute Zwecke. 70 Euros, weil’s Sie sind.
Demeter: 60.
Jonas: 65. Und 100 im voraus.
Demeter: Einverstanden.
Sam: Oh, oh, was muß Sammy da hören. Kein Streß, hat Frau Dr. Simon gesagt, ein viertel Jahr Pause hat sie gesagt, o du mein magengeschwürlich-gefährdeter Jonas.
Jonas: Reg dich ab, Sam, kleiner Ökofall, was soll daran stressig sein. Unser täglich Brötchen, das machen wir mit links.
Sam: Kleiner Ökofall, euer Verniedlichung, mit der Popo in den Kulissen?
Jonas: Lassen wir das doch einfach an uns rankommen, Sam. So, Schwester, Sie haben sich einen Detektiv gekauft, jetzt müssen Sie ihm nur noch sagen, was er für Sie tun soll.
Demeter: Kennen Sie Swartcliff, Jonas? Das ist.
Jonas: Nicht hier, Schwester, kommen Sie mit.
Demeter: Ja.
Jonas: Mein Büro plus Apartment. 22 Quadratmeter. Lauschiges Zuhause, gemütlicher Arbeitsplatz. Eine Tür, ein Fenster, Sam eins, ein kleiner Tisch, ein Wandschrank, Bett zum Rausklappen, desgleichen zwei Stühle. Auf einem saß ich, auf dem anderen Demeter. Sie redete, ich hörte. So soll’s sein. Detektiv und Klientin, wie sie im Buche stehen.
Demeter: Swartcliff ist eine Insel. Eine sehr kleine Insel. Eigentlich nur eine Klippe.
Jonas: Wie der Name schon sagt, Schwester. Wo?
Demeter: Im nordischen Meerbusen. Nicht weit von Westerport bei Babelshafen. 10 Kilometer weit draußen.
Sam: Sechs Knoten, oder auch Seemeilen, wie wir Nautologen uns ausdrücken. Oder heißt es Nautiker?
Jonas: Beachten Sie ihn gar nicht, Demeter. Auf Swartcliff gibt es also diesen Vogel, der Ihnen so wichtig ist.
Demeter: Das wissen wir eben nicht. Früher sind wir ab und zu mal rausgefahren, mit einem Boot von Westerport aus, wir haben die Nistplätze gecheckt, von weitem, vorsichtig. Die letzte Kolonie von Dreizehenmöwen, Jonas, mit Sicherheit im Nordmeer, vielleicht in der ganzen Welt.
Jonas: Das war wieder ein Punkt für sie, für Demeter. Und für die Möwen. Wir letzten müssen zusammenhalten.
Demeter: Wir haben aufgepaßt, daß die Tiere nicht gestört wurden. Auf Swartcliff selbst gibt es keine Menschen, ich meine, es gab keine, nur Reste einer alten Marinestellung aus dem Krieg, Bunker und so. Aber an der Küste fahren ja viele Touristen rum.
Jonas: Und dann erschien die Popo, vor einem Monat. Wann genau?
Demeter: Warten Sie, am 10, ja am 10. April. Von da ab kam niemand mehr auf die Insel, oder auch nur in die Nähe. Das ganze Seegebiet wurde gesperrt. Auch für die Westerporter und für die Touristen. Für uns sowieso.
Jonas: Mit welcher Begründung?
Demeter: Verteidigungswichtige Arbeiten. Das haben sie uns gesagt, aber es ist kein Militär zu sehen. Auch keine Marine. Bloß die Schwarzroten. Die bewachen die Insel. Und die fliegen auch die Hubschrauber zwischen dem Festland und Swartcliff. Vollbeladen mit Baumaterial hin, leer zurück.
Jonas: Auf Swartcliff wird also gebaut.
Demeter: Ja, und das macht uns Sorgen.
Jonas: Natürlich, wenn die Popo was ausbrütet.
Demeter: Ach so, nein, nein, wegen der Popo eigentlich nicht. Mehr wegen unserer Möwen.
Jonas: Sicher, die Möwen, die böse Polizei könnte sie womöglich verschröcken.
Demeter: Sie sind kein Tierfreund, Jonas.
Jonas: Ich weiß nicht mal, ob ich ein Menschenfreund bin. Was soll ich für Sie tun, nach Swartcliff fahren, und nachsehen, wie sich Ihre gefiederten Freunde so fühlen?
Demeter: Genau das. Und feststellen, was aus Erasmus geworden ist.
Jonas: Erasmus?
Demeter: Aus unserer Ökogruppe. Vor einer Woche ist er rausgefahren nach Swartcliff. Ein Fischer aus Westerport hat ihn nachts mitgenommen.
Jonas: Fischer?
Demeter: Naja, die nennen sich noch so. Auch wenn’s keine Fische mehr gibt.
Sam: Fischers Fritz fischt frische Fische. Frische Fische fischt Fischers Fritze…
Jonas: Das war einmal, Sammy, vor den Verklappungen.
Demeter: Heute fahren sie Touristen.
Jonas: Und einer von denen hat Erasmus nach Swartcliff gebracht.
Demeter. Ja, wir haben viele Freunde in Westerport. Der Fischer hat ihn vor der Insel abgesetzt, und dann…
Jonas: Lassen Sie mich raten. Erasmus ist seitdem verschwunden. Sie haben nichts mehr von ihm gehört.
Demeter: Doch, wir haben von ihm gehört. Gestern kam dieser Brief an.
Jonas: Abgestempelt in Bordeaux, weit weg. Was steht drin? Es gibt auf der Welt nicht nur Umwelt und Möwen, ich steige aus, laßt mich in Frieden, Erasmus. Ja und, wenn ihr denkt, ich hol euch den Deserteur zurück.
Demeter: Erasmus kann den Brief nicht geschrieben haben, Jonas. Erasmus kann nicht schreiben, Erasmus ist Analphi.
Jonas: Wie gesagt, ich bin kein Öko. Aber ich bin erst recht kein Macher. Ich glaube nicht, daß die natürliche Umwelt böse ist, und eliminiert werden muß. Und Streß hin, Magengeschwür her, ich brauchte einen Fall, das heißt, ich brauchte Euros. Als Demeter gegangen war, nach einer Anzahlung, versteht sich, ging ich auch. Auf die Jagd. Frage: Wie jagt ein Detektiv Möwen im Nordmeer? Antwort: Er bleibt erst mal zu Hause, und läßt seinen Computer arbeiten.
Sam: Sam hat in allen großen Dateien nachgeforscht, o Leitstern meiner schlaflosen Nächte. In der Staatsinfothek von Babylon, im geographischen Institut, im Küstenmuseum. Eine Insel namens Swartcliff gibt es nicht.
Jonas: So, na, dann wollen wir doch mal sehen. Ach ja, hier ist er. Schau mal hier rein, Sam, mein alter Schulatlas. Ja, da. Im nordischen Meerbusen. Der kleine Fleck vor Westerport: Swartcliff. Steht ganz deutlich da.
Sam: Wenn eure nostalgische Beschränktheit einem, eh, Buch mehr Glauben schenken als der modernen Elektronik. Merke: Was nicht datenmäßig erfaßt ist, existiert auch nicht. Und wenn du dich auf deinen Holzkopf stellst, du ungläubiger Jonas.
Jonas: Und wenn du dich vor Ärger in den Bauch beißt, den du nicht hast, Sammy. Dateien kann man frisieren.
Sam: Herr Stabstrompeter wünschen die Dame Judith zu konsultieren?
Jonas: Ich wünsche.
Sam: O Unvollkommenheit, dein Name ist Mensch.
Judith: Hallo? Judith Delgado.
Sam: O Unzulänglichkeit, dein Name ist Hirn.
Jonas: Jetzt sei mal still, Sam. Hallo Judith, Jonas hier.
Judith: Jonas?
Jonas: Ja.
Judith: Ein seltenes Vergnügen. Wenn es ein Vergnügen ist.
Jonas: Judith ist mein z.B., meine zeitweilige Beziehung. Im Moment liegt die Betonung praktisch nur auf zeitweilig. Obwohl es ja auch eine Beziehung ist, wenn die Partner sich streiten. Das tun wir nämlich oft, Judith und ich. Fast immer. In letzter Zeit rufe ich sie eigentlich nur noch an, wenn ich was brauche, eine Information, an die nicht jeder rankommt, zum Beispiel. Judith ist bei der öffentlichen Sicherheitsverwaltung. Hauptabteilungsleiterin. Viel wichtiger als ein Privatdetektiv. Vielleicht liegt’s daran.
Judith: Sehen wir uns heute abend?
Jonas: Ich plane nie soweit voraus.
Judith: Sagte Bogie zur Bergman. Was willst du?
Jonas: Im Nordmeer, Judith.
Judith: Du hast doch wohl nicht vor, Urlaub zu machen?
Jonas: Eine Insel bei Westerport, Swartcliff heißt sie.
Judith: Und da willst du mit mir hinfahren? Ah, das trifft sich gut, bei uns ist zur Zeit nicht viel los, ich kann mir ein paar freie Tage nehmen, wir gehen spazieren, am Meer.
Jonas: Sicher, sicher, wäre schön, Judith, geht aber nicht. Ich habe einen Fall.
Judith: Ach, du hast einen Fall?
Jonas: Ja.
Judith: Und der ist gefährlich, und darum mußt du die Sache allein durchstehen, und kannst niemanden mitnehmen, auch mich nicht.
Jonas: Genau so ist es.
Judith: So ist es immer. Was willst du wissen?
Jonas: Aber auch Judith konnte mir nicht mehr sagen als Sam. Jeder Hinweis auf Swartcliff, jede Erwähnung war gelöscht, in allen Dateien. Der ganze Komplex stand unter einem neuen Supergeheimcode der Populationspolizei. Off-limits, sogar für die Sicherheitsverwaltung.
Jonas: Seit wann?
Judith: Anfang April, ungefähr.
Jonas: Das paßt. Danke, Judith.
Judith: Danke, Judith, ich ruf dich an, Judith, sobald ich Zeit habe, Judith.
Jonas: Ja, das wollte ich sagen und äh.
Judith: Ich weiß, Jonas.
Jonas: Ich hätte ihr was sagen sollen. Was Gutes. Was Wertvolles. Was Zärtliches. Was Zukunftsträchtiges. Aber mir fiel beim besten Willen nichts ein.
Jonas: Und was jetzt, Sammy?
Sam: Meint ihr die Dame Judith, Romeo? Und wie ihr fürderhin zu ihr euch wollt verhalten?
Jonas: Das geht dich nichts an, Sam, da hältst du dich raus. Ich meine den Fall.
Sam: Supergeheimcode der Popo, das ganze drum herum, das ist keine kleine Ökokiste, Kumpel.
Jonas: Ganz sicher nicht, Sammy. Wie geht’s weiter?
Sam: Wenn eure detektivische Epigonalität die Abschweifung verzeihen: Befänden wir uns in einem der klassischen Romane des seligen Raymond Chandler, so käme nun ein Mann durch die Tür, eine Pistole in der Hand.
Jonas: Und da ist er auch schon, aufs Stichwort. Herein ohne anzuklopfen, wie’s draußen dransteht. Was kann ich für Sie tun?
King Kong: Schnauze. Ganz ruhig. Keine Bewegung.
Jonas: Jonas ist umgänglich. Wenn einer ihm sagt: keine Bewegung, dann bewegt er sich auch nicht. Besonders wenn dieser eine so aussieht wie der große Bruder von King Kong, und ihm einen elektrischen Knockouter vor der Nase hält.
King Kong: Hände hoch!
Jonas: Auch das, wenn’s ihnen Freude macht. So, ich halte die Hände hoch, bewege mich nicht, bin ganz ruhig. Was passiert jetzt?
King Kong: Schnauze! Warten!
Jonas: Gern. Und worauf warten wir?
King Kong: Warten! Da! Fon!
Jonas: Sehr richtig, das Fon klingelt. Zutreffend bemerkt.
King Kong: Rangehen!
Jonas: Ich?
King Kong: Ja, rangehen.
Jonas: Wenn man mich so nett bittet. Ja?
Caligari: Hier spricht Professor Caligari. Sie erinnern sich an mich, Jonas?
Jonas: Und ob ich mich erinnerte. Frau Prof. Caligari ist die Chefin einer offiziell nicht vorhandenen Organisation, die sich Zentralinstitut für Populationsforschung nennt, abgekürzt ZIP. ZIP versucht, unser Problem Nummer 1, die Überbevölkerung in den Griff zu kriegen. Eine ehrenwerte Aufgabe. Nur hat ZIP reichlich merkwürdige, um nicht zu sagen, kaputte Methoden. Wir waren nicht gerade Freunde, Caligari und ich, eher im Gegenteil. Schon zweimal waren wir aneinander geraten. Beim Testmarktfall und in der Schlachthaus-Affäre. Und beide Male hatte ich ihr die Tour vermasselt.
Caligari: Ein drittes Mal kommen Sie uns nicht in die Quere, Jonas. Mein Abgesandter befindet sich bei Ihnen?
Jonas: Ja, falls Sie King Kong hier meinen. Wo haben Sie ihn gefunden? Im Zoo?
Caligari: Immer noch der alte Jonas. Voller Witz, voller Vitalität. King Kong, wie Sie ihn nennen, habe ich Ihnen als Warnung geschickt, und auch als kleinen Vorgeschmack dessen, was Ihnen bevorsteht, wenn Sie nicht tun, was ich wünsche.
Jonas: Und Sie wünschen?
Caligari: Das wissen Sie, Jonas.
Jonas: Sagen Sie es mir trotzdem.
Caligari: Sie haben soeben einen Auftrag akzeptiert. Von den sogenannten Freunden der Ökologie.
Jonas: Ja.
Caligari: Ja. Sie geben den Auftrag zurück.
Jonas: Anderenfalls?
Caligari: Andernfalls werden Sie nicht nur Ihre gute Laune verlieren, sondern auch den Kopf.
Jonas: Ich hätte mir denken können, daß Sie dahinterstecken. Die aus den Dateien verschwundene Insel, das große Aufgebot an PoPo, und die PoPo hat ja schon früher für Sie gearbeitet. Was tun Sie auf Swartcliff?
Caligari: Sie kennen mich, Jonas. Ich meine es ernst.
Jonas: Küß die Hand, gnädige Frau.
King Kong: Fertig?
Jonas: Fertig.
King Kong: Du machst, was sie sagt, oder.
Jonas: Ein kaputter Stuhl, eine dito Tür. Er ist furchtbar in seinem Zorn, unser Freund King Kong. Ich mach mir in die Hosen vor Angst. Ich hab wirklich Angst, Sammy. Die PoPo, ZIP, die Caligari. Und das alles wegen, wegen irgend so einer Möwe.
Sam: Nicht zu vergessen den verschollenen Öko Erasmus, o Tapferster der Tapferen. Nebst der Tatsache, daß ZIP finstere Pläne im Busen hegt, welche zu vereiteln ein verdienstvolles Werk sein dürfte.
Jonas: Aber riskant, Sammy, riskant. Erfolgsaussichten?
Sam: Piep! 1 zu 11, 7, Eminenz. Bedingt durch teilweise inkomplette Daten erfolgt diese Angabe ohne Gewähr.
Jonas: Gut, wir machen weiter.
Sam: Bei dem Risiko? Du tickst wohl nicht richtig, Alter.
Jonas: Und du verstehst nichts von Ehre. Ein Detektiv gibt nicht auf. Niemals. Ganz besonders dann nicht, wenn man ihn dazu zwingen will.
Sam: Down these mean streets a man must go.
Jonas: So ist es nun mal, Sammy.
Demeter: Freunde der Ökologie, Gruppe Babylon.
Jonas: Demeter?
Demeter: Am Apparat.
Jonas: Jonas. Von jetzt ab, kein Kontakt mehr zwischen uns. Sie stehen unter Beobachtung. Man hat Sie bis zu mir verfolgt.
Demeter: Verfolgt? Wer und wieso?
Jonas: Das ist jetzt nicht wichtig. Sie sagten, Sie haben Freunde in Westerport.
Demeter: Ja, aber.
Jonas: Der Fischer, der Ihren Freund Erasmus zur Insel gebracht hat, wie heißt der, wo finde ich ihn?
Jonas: Der satte Sägefisch in Westerport war sicher mal eine flotte Kneipe gewesen. Damals, als es hier noch Fischer gab, und Touristen. Heute hatten die Fischer nichts mehr zu fischen, und die Touristen waren von der PoPo verscheucht worden. Im Schankraum hockten nur ein paar Einheimische. Leicht zu erkennen an den Warzen und Wucherungen, wie sie Leute haben, die jahrzehntelange mit verseuchtem Meerwasser in Berührung kommen. Keine PoPo. Niemand, der hier nicht hergehörte. Abgesehen von Jonas natürlich. Und ich hatte gut aufgepaßt unterwegs. In der Druckluftbahn nach Babelshafen, und in der Rikscha bis Westerport. Kein Schatten. Professor Caligari war sich ihrer Sache wohl sicher. Um so besser.
Jonas: Was trinkt man hier?
Wirt: Kommt drauf an. Wenn Sie Geld haben, ausländisches Zeug, Whiskey und so, wenn Sie ein arbeitsloser Volksrentner sind, wie die meisten hier, dann Korn.
Jonas: Aus Korn.
Wirt: Ne, synthetisch. Heißt bloß noch so, aus Tradition. Hier an der Küste sind wir sehr für Tradition.
Jonas: Warum nicht. Sie haben ja nichts anderes. Einen Korn, nein zwei, Sie trinken doch einen mit, Herr Wirt.
Wirt: Hab nichts dagegen.
Jonas: Bringen Sie gleich drei. Für mich, für Sie, und für Piet Pietersen.
Wirt: Nocktwie.
Jonas: Häh?
Wirt: Wird gemacht.
Jonas: Den dritten Korn brachte der Wirt einem älteren Mann im gestreiften Fischerhemd, der allein an seinem Tisch saß, in einer dunklen Ecke. Ich wartete ein paar Sekunden, dann ging ich zu ihm rüber.
Jonas: Der Korn, den Sie da gerade kippen.
Piet: Ja?
Jonas: Den hab ich bezahlt. Mein Name ist Jonas. Nur Jonas.
Piet: Ja, und?
Jonas: Aus Babylon.
Piet: Das merkt man.
Jonas: Ich… ich soll Sie grüßen, von Demeter, und ihren Ökofreunden.
Piet: Ach ja!
Jonas: Und ich soll Ihnen sagen: Dreizehenmöwe, als Losungswort. Alles klar, Piet?
Piet: Ja, alles klar. Was`n los?
Jonas: Zwei Dinge braucht der Mann: Sie und Ihr Boot.
Piet: Aha, wann?
Jonas: Heute Nacht.
Piet: Ja, dann will ich wohl mal klar Schiff machen. Zahlen! Halb zwölf im Hafen. Semironis heißt die.
Jonas: Wer?
Piet: Mein Boot. 20 Quadratmeter Jollenkreuzer.
Jonas: Um Mitternacht waren wir draußen auf dem wilden Ozean. Piet segelte, und ich half ihm. Nicht, daß ich viel vom Segeln verstehe, aber zum Schiffsjungen reicht`s. Piet hatte mir Ölzeug besorgt, am Hals hatte ich ein Infrarotnachtglas, und am Gürtel Sam zwo, in einem wasserdichten Beutel. Deshalb war er auch etwas gedämpft, akustisch, meine ich.
Sam: Rolling home to dear old Hamburg, rolling home…
Jonas: Mein Computer, Piet Pietersen, flippt ab und zu ein bißchen aus.
Piet: Stört mich nicht.
Jonas: Aber mich. Halt die Klappe, Sam, und fang keine Diskussion mit mir an, ob du eine Klappe hast oder nicht. Sei still, verstanden?
Sam: Aye aye, Sir, verstanden.
Jonas: Ziemlich windig heute, nicht?
Piet: Das ist nix. Ne Damenbrise. Da, Swartcliff.
Jonas: Wo?
Piet: Backbord voraus.
Jonas: Himmel und Meer waren stumpfgrau, wie angelaufenes Zinn. Merken, fürs Poesiealbum. Und aus dem grauen Wasser vor dem grauen Horizont ragte eine massive schwarze Faust auf. Die Felseninsel Swartcliff. Ich ließ Piet einmal drumrumsegeln, so mit Wenden, Halsen, Kreuzen, und wie die Sachen alle heißen. Das Nachtglas war made in Japan, 1a Qualität, und als wir den Kreis geschlossen hatten, wußte ich ziemlich gut Bescheid. Aus der Nähe wirkte Swartcliff nicht so sehr wie eine Faust, eher wie ein schwarzer Würfel. Im Süden, im Westen, im Norden stiegen glatte Felswände senkrecht aus dem Wasser, gut 30 Meter hoch, im Osten lag eine Bucht, Sandstrand, ein Pier, und von da führte eine in den Felsen gehauene Treppe nach oben.
Jonas: Pier und Treppe sind gut bewacht, 10 Mann, mindestens. Oben am Klippenrand sehe ich niemand.
Sam: Da brauchen sie keine Wächter, meinen sie, weil doch kein Mensch die steilen Felsen raufklettern kann.
Jonas: Ach nein? Oben ist nicht viel zu erkennen. Hubschrauberlandeplatz, nehme ich an. Ein Kran, eine gewaltige Radarantenne.
Sam: Radarantenne? Bist du sicher, Falkenauge?
Jonas: Ich werde doch wohl eine Radarantenne erkennen können, Sammy.
Sam: Und warum, wenn Herr Großadmiral die Frage gestatten, warum erkennt die Antenne uns nicht?
Jonas: Ist ja wahr, Sammy.
Sam: Aha.
Jonas: Eine gute halbe Stunde kreuzen wir vor Swartcliff herum, in einem Boot voller Metallteile, und niemand interessiert sich für uns. Kein Schiff, kein Hubschrauber. Ob die ihren Radarraum nicht besetzt haben?
Sam: Unwahrscheinlich, Herr Kaleun.
Jonas: Da stimmt was nicht. Piet, als Sie diesen Erasmus nach Swartcliff gebracht haben, vor einer Woche, da hatten Sie doch auch keine Schwierigkeiten?
Piet: Ne.
Jonas: Seltsam. Vorsichtig, Piet, drehen Sie ab, wir kommen zu nah an die Bucht.
Piet: Das ist doch der Sinn der Sache. Da warten sie schon. Wie vor einer Woche auf Erasmus. Und da werde ich Sie abliefern. Wie den Erasmus vor einer Woche.
Sam: Hast du`s mitgekriegt, du Blitzmerker mit Spätzündung? Piet Pietersen, Freund und Helfer aller guten Ökos und Privatdetektive, arbeitet für die andere Seite.
Jonas: Als Sie vorhin aus dem satten Sägefisch weggingen… da haben Sie uns angekündigt.
Piet: Über Funk. Bleiben Sie am Bug stehen. Sie haben keine Waffe, aber ich habe eine. Ne Pistole, Walter PPK aus dem zweiten Krieg, funktioniert aber noch bestens.
Jonas: Ich hab wirklich keine Waffe, Sam.
Sam: Hast du doch, Blindgänger. Das Nachtglas.
Jonas: Aber Sammy, das gute Stück hat 400 Euros gekostet.
Sam: Extreme Situationen…
Jonas: Er ging in die Knie, und weil er gerade etwas überhing, ging er über Bord, und weil er bewußtlos war, ging er unter. Das machte mir wenig Kummer. Daß die Semiramis es ihrem Kapitän nachmachen wollte, störte mich da schon erheblich mehr. Das Boot lief aus dem Ruder, auf ein Riff, und dann voll Wasser.
Sam: Alarm! Wir sinken! Alles in die Boote! Frauen, Kinder und Computer zuerst.
Jonas: Und wenn du jetzt noch singst… Das mit dem Boot ist keine schlechte Idee. Gottseidank haben wir eins, hinten angebunden.
Sam: Achtern vertäut, wie wir Seeleute sagen. Ahoi!
Jonas: Eine Nußschale aus Plastik, zwei Ruder, sehr stabil sieht das Ding nicht aus.
Sam: Worauf wartest du? Auf die Queen Elisabeth? Spring endlich rein, Landratte. So, und jetzt mach das Tau los.
Jonas: Ja, Mensch. Moment, Sammy, dieser dreimal verdrehte Seemannsknoten, der will nicht, der, der macht… oh, jetzt, jetzt hab ich ihn los.
Sam: So, und jetzt pull, Mann. Pull!
Jonas: Was soll ich?
Sam: Rudern, wenn du das besser verstehst. Eins, zwei, bum.
Jonas: Wir spielten römische Galeere in Ben Hur. Sammy bummerte den Takt, ich ruderte. Die Semiramis ging unter, die Dämmerung kam, das Festland kam näher, soweit alles OK, aber da kam noch was.
Sam: Melde gehorsamst, Kapitän, ein Hubschraub-schraub-schrauber.
Jonas: Von Swartcliff. Scheinwerfer. Die suchen uns, Sammy, und in 5 Minuten haben sie uns, wenn wir nichts tun. Mensch, schlag was vor.
Sam: Ein neues Spiel, ein neues Glück, Monsieur.
Jonas: Gleich sind wir im Scheinwerferstrahl, und du redest irre.
Sam: Mitnichten, Begriffstutz, wir spielen, immer noch altes Rom, ein militärisches Spiel, es nennt sich Testudo.
Jonas: Testudo? Das heißt Schildkröte, glaub ich.
Sam: Ausgezeichnet, o via doctissime et eroditissmie. Wir bringen das Boot zum Kentern, Magnifizenz verbergen sich darunter, halten sich an der Sitzbank fest, und führen mit dero unteren Extremitäten vorsichtige Schwimmbewegungen aus.
Jonas: OK, gern tat ich’s nicht. Das Wasser war verflixt kalt, aber die Alternative war, mich von der PoPo erwischen zu lassen. Und da klapperte ich doch lieber mit den Zähnen, bis der Hubschrauber die Sucherei aufgab und nach Swartcliff zurückflog. Dann wurde die Schildkröte wieder umgedreht, und ich ruderte weiter. Es war Morgen, als ich das Festland erreichte. Eine einsame kleine Bucht bei Westerport. Ich zog das Boot hoch und schob es unter einen überhängenden Felsen. Vielleicht ahnte mein Unterbewußtsein, daß ich es noch mal brauchen würde. Ich war todmüde, und schaffte es gerade noch in den Sägefisch, in das Zimmer, das ich gestern gemietet hatte, ins Bett. Und da klingelte das Fon. Es klingelte und klingelte, bis ich aus dem grauen Meer meiner Erschöpfung auftauchte, und abhob.
Jonas: Was ist?
Wirt: Ein Anruf von außerhalb, Herr Jonas.
Jonas: Ich bin nicht da.
Wirt: Eine Frau Professor Caligari. Es ist dringend, sagt sie.
Jonas: Stellen Sie durch.
Wirt: Ja.
Caligari: Caligari.
Jonas: Was wollen Sie denn schon wieder?
Caligari: Ihnen ein Geschäft vorschlagen, Jonas.
Jonas: Kein Interesse.
Caligari: Das bezweifle ich. Da Sie meine Warnung nicht beachtet haben, und uns auch heute Nacht entkommen sind, Sie haben doch wirklich ein unverschämtes Glück, Jonas…
Jonas: Kommen Sie zum Punkt, ich bin müde.
Caligari: Deshalb habe ich mich schon früh zu einem neuen Approach entschlossen.
Jonas: Oh.
Caligari: Ich habe ein… ein gewisses Objekt in meine Gewalt gebracht, an dem ihnen viel liegt. Sie wären sehr betroffen, wenn es beschädigt oder gar zerstört würde. Geben Sie den Fall auf, Jonas, lassen Sie die Finger von Swartcliff. Kehren Sie zurück nach Babylon, dann bekommen Sie das Objekt zurück. Wenn nicht, werden Sie einen höchst schmerzlichen Verlust erleiden.
Jonas: Wissen Sie, wie Sie sich anhören? Wie das Horoskop der Woche.
Caligari: Der Humor wird Ihnen vergehen, Jonas.
Jonas: Kein Humor, wehrte Frau Professor, ich habe nur keine Lust, ihre Rätsel zu raten.
Caligari: Das brauchen Sie nicht. Fragen Sie den Wirt, wer Sie heute früh besuchen wollte.
Jonas: Herr Wirt?
Wirt: Ja.
Jonas: Hat heute morgen jemand nach mir gefragt?
Wirt: Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen darf.
Jonas: Wer hat nach mir gefragt? Antworten Sie, Mann!
Wirt: Die Dame hat gesagt, ich soll es Ihnen nicht verraten. Es soll eine Überraschung sein, hat sie gesagt.
Jonas: Dame? Was für eine Dame?
Wirt: Eine Frau Delgado.
Jonas: Judith? Wo ist sie?
Wirt: Keine Ahnung, sie ist am frühen Morgen gekommen, als Sie noch unterwegs waren. Aus Babylon. Sie hat nach Ihnen gefragt. Im Gastraum hat sie auf Sie gewartet.
Jonas: Und dann? Reden Sie, Mann!
Wirt: Dann sind die vier PoPos gekommen.
Jonas: Und?
Wirt: Die Dame und die vier PoPos sind zusammen weg.
Jonas: Die Rechnung, und eine Motorrikscha, wenn’s hier so was gibt. Schnell.
Jonas: Alles war klar. Die andere Seite hatte Judith gekidnappt, um mich loszuwerden. Ein schwerer Fehler. Bisher hatte ich die Geschichte als normalen Job gesehen, als einen Fall wie jeden andern. Jetzt war eine persönliche Sache daraus geworden. Es ging nicht mehr um Berufsehre, darum, daß ein Detektiv nie aufgibt, um Ökos, Möwen und so weiter, es ging nur noch um zwei Dinge: erstens, ich mußte Judith rausholen. Ich konnte mir denken, wo sie sie hingebracht hatten. Judith war bei Caligari, und Caligari war auf Swartcliff. Als sie mich eben anrief, hatte ich im Hintergrund deutlich Baugeräusche gehört. Zweitens, ich mußte mit Caligari und ihrer Bande abrechnen. Endgültig. Ich hatte genug. In mir war eine kalte Wut, eine Wut im Bauch und im Kopf. Ich fuhr nach Babylon. Aus dem Wandschrank in meinem Büroapartment, da wo ich auch meine Sammlung antiker Detektivromane aufhebe, holte ich die Guerilla-Ausrüstung, die ich vor 5 Jahren weggelegt hatte, als der antarktische Krieg zu Ende war. Eine kurze Nachricht an Demeter, und ich war wieder unterwegs Richtung Küste. Es wurde dunkel, als ich die Bucht erreichte, wo ich das Rettungsboot der Semiramis versteckt hatte. Nebel kam auf, und ein Wind, der stärker war als die Damenbrise des seligen Piet Pietersen. Ich machte mich fertig. Ich zog den Kampfanzug aus schwarzem Plastik an, schmierte mir schwarze Farbe ins Gesicht, und verstaute alles, was ich brauchte, am Gürtel und in den Taschen.
Sam: Bitte, Massa.
Jonas: Laserstrahler, Nockouter, Infrarot-Ablenker, Nachtsichtbrille, Schockgranate, Miniplastbombe, Vakuumklammern, sonst noch was?
Sam: Oh Massa, treuen Onkel Sam nicht vergessen.
Jonas: Natürlich kommst du auch mit, Sammy. Dann wären wir wohl soweit.
Sam: Jawoll, Chef. Alles da, und alles aus Plastik. Kein Metall, von wegen dem Radar. Radadadar. Der unbezwingliche Plastikmann, Schrecken seiner Feinde, und fetischischtischer Wunschtraum.
Jonas: Keine dummen Witze, Sammy, die Sache ist ernst.
Sam: Dann gestatten eure heroische Seriosität ein leicht variiertes Zitat aus dem göttlichen Gedicht des gleichfalls göttlichen Homer: Singe, o Muse, den Groll des Privatdetektivs, namens Jonas, im Zorne erschuf unendliches Leiden der PoPo, viele tapfere Seelen der Helden zum Hades entsannt.
Jonas: Schon besser, also stechen wir in See. Fast wie in den bösen alten Tagen beim 9. Guerilla-Kommando im Beagle-Kanal.
Sam: England erwartet, daß jeder Mann seine Pflicht tut. Ahoi.
Jonas: Ahoi, das hieß rudern. 10 Kilometer. Der Nebel wurde stärker. Wind und Wellen spielten mit dem Boot Wasserball. Aber ich kam durch. Unter der steilen Südküste von Swartcliff machte ich das Boot fest, an einem Felsvorsprung, und dann lief ich die senkrechte Wand hoch. Kein Schwindel, Damen und Herren, keine schwarze Magie, zwei Saugklammern mit Stil und batteriebetriebener Vakuum-pumpe, kleben eingeschaltet an jeder Fläche, sicherer als Metallkrampen. Und viel leiser. Oben steckte ich vorsichtig den Kopf über den Rand. Wie ich es mir gedacht hatte: Weit und breit nur ein einziger Wächter, und der träumte vor sich hin. Hoffent-lich was schönes, ich ließ ihn weiterträumen, bis in alle Ewigkeit, dann rekognos-zieren. Durch die Nachtbrille, schwierig, der Nebel deckte allmählich alles zu.
Jonas: Hinten rechts der Heliport. Voll mit Maschinen.
Sam: Kein Flugwetter, eure meteorologische Inkapazität.
Jonas: Überall Bauschutt, Betonplatten, Baumaschinen, aber keine Baustelle.
Sam: Die ist natürlich unterirdisch, Herr Flottillenchef, bzw. unter- oder auch innerfelsig.
Jonas: Du meinst, die bauen die alten Marineanlagen aus?
Sam: Was denn sonst, Knallkopp.
Jonas: Vorsicht, Sam. Da muß der Eingang sein, in der Bunkerkuppel unter der Radarantenne.
Sam: Wohin wir uns nunmehr begeben werden, Herr Stoßtruppführer, zwecks Eindringens in die Swartcliffsche Unterwelt.
Jonas: Das Tor in der Kuppel war doppelt bewacht. Durch einen laserbewaffneten Typ, der gar nicht verträumt aussah, und durch einen Scanner. Mikro, Kamera und Lautsprecher kombiniert.
Sam: Sorry, Boss, Sam kann das Ding nicht ausschalten, Sam kommt nicht ans Zentrale ran, weil Sam kennt nicht den Supergeheimcode der PoPo.
Jonas: Dann machen wir’s anders.
Sam: Wie?
Wächter: Wer da? Ist da jemand? Identifizieren Sie sich, oder ich mach von der Waffe Gebrauch. Ahh…
Jonas: So, Sammy, jetzt haben wir eine schicke PoPo-Uniform. Wenn ich die über den Kampfanzug ziehe, und so am Scanner vorbeimarschiere
Sam: Hehe, vergiß aber nicht, dir die schwarze Farbe aus dem Gesicht zu wischen, großer Häuptling der Basrai.
Jonas: Ganz so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte, kam ich aber dann doch nicht in die unterirdischen Anlagen. Ich war gerade am Scanner vorbei, da meldete sich eine Stimme aus dem Untergrund.
Offizier: Halt, was war da draußen los, Wanzek?
Sam: Machs Maul auf, Idiot, du bist Wanzek.
Jonas: Äh, falscher Alarm, Chef, alles in Ordnung.
Offizier: Gut, weitermachen.
Jonas: Das brauchte er mir nicht zweimal zu sagen. Ich holte tief Luft, und verschwand in dem Gang, der schräg nach unten führte. Immer weiter, immer tiefer. Rechts und links Türen, alle 50 Meter eine Kurve, und ab und zu ein Quergang. Wenig Lampen, und zum Glück auch wenig Verkehr. Drei, vier PoPos kamen mir entgegen, ich salutierte zackig, und marschierte vorbei. Zielstrebig, nicht eilig. Keine Gefahr, keine Probleme. Bis der Gang plötzlich zu Ende war. An einer massiven Tür ohne Schloß, Griff und Klinke. Statt dessen ein Schild.
Jonas: Sperrbezirk. Zugang für Unbefugte strengstens untersagt. Berechtigte Personen werden ersucht, ihren Kopf kurz in die dafür vorgesehene Öffnung rechts, siehe Pfeil, zu halten. Na, wenn’s weiter nichts ist.
Sam: Halt!
Jonas: Was, was ist denn, Sam?
Sam: Empfehle dringendst, der Aufforderung nicht zu folgen.
Jonas: Und warum nicht?
Sam: Weil eure Humanität lediglich über einen einzigen Kopf verfügt, auf welchen trotz seiner sattsam bekannten Unzulänglichkeit Durchlaucht auch fernerhin nicht verzichten sollten.
Jonas: Ach, du meinst, das ist eins von diesen neumodischen Sicherungssystemen, so eins, wo die Gehirnströme abgelesen werden.
Sam: Ja.
Jonas: Und wenn sie nicht gespeichert sind, dann
Sam: Schnipp schnapp, Rübe ab. Kein Zweifel, hochzuverehrender Henkersknecht.
Jonas: Huh, da hätte ich ja fast eine Riesendummheit gemacht.
Sam: Sam wagt nicht zu widersprechen, o Inbegriff aller Weisheit.
Jonas: Weißt du, Sam, wie wir reinkommen? Ich fange mir einen PoPo, der hier unten rumläuft, und stecke seinen Kopf ins Loch. Wenn er berechtigt ist, gut und schön, dann geht die Tür auf.
Sam: Und wenn nicht, o abgeklärter Kaltschnauz?
Jonas: Dann verliert er den Kopf, fürchte ich. Und ich fange mir einen neuen, einen möglichst hochrangigen. General oder so.
Oberst: Würde Ihnen ein Oberst reichen? Hände hoch und langsam umdrehen.
Jonas: Er stand plötzlich hinter mir. Ich hatte ihn nicht gehört, weil ich mich so angeregt mit Sam unterhalten hatte, dumm von mir. Er war tatsächlich ein Oberst der PoPo, das sah ich, als ich mich umdrehte. Lametta an Brust und Schultern, dazu ein Laserstrahler am Gürtel und ein Knockouter in der Hand. Das war dumm von ihm.
Oberst: Stehenbleiben! Bleiben Sie stehen. Sie, Sie sind isoliert.
Jonas: Du merkst auch alles, Buster.
Jonas: Haben Sie gehört? Buster. Ein echter Bogie. Ich war richtig stolz, fletschte die Zähne, und zupfte mich am Ohr. Übrigens war ich wirklich isoliert. Das heißt, mein Kampfanzug, der Oberst nicht, und deshalb fiel er um, als ich ihm einen soliden 2-Stunden-Lähmungsschock verpaßte. Aber er war berechtigt. Sein Kopf schloß mir das Tor auf. Ich legte ihn hinter einem Schutthaufen ab, weiter. Der Verkehr nahm ein bißchen zu. Kaum noch schwarzrote Uniformen, dafür weiße Kittel, hinter den Türen Funk- und Radarstationen, und Laboratorien. Eine Tür stand offen. Ich riskierte ein Auge, und obwohl ich es so eilig hatte, blieb ich stehen.
Jonas: Puppen? Sieh dir das an, Sammy. Die Damen und Herren Wissenschaftler von ZIP spielen mit Puppen.
Sam: Unwahrscheinlich. Geh näher ran, alter Türschlitzspanner. Keine Angst, das Labor ist leer.
Jonas: Das, das sind keine Puppen.
Sam: Was du nicht sagst, Kumpel.
Jonas: Das sind Menschen, klitzekleine Menschen.
Sam: Im Durchschnitt 12 Zentimeter hoch, flüchtig geschätzt, Minimenschen, o riesiger Gulliver zu Liliput. Tot sind sie übrigens auch.
Jonas: Jedenfalls bewegen sie sich nicht. Wie damals, im Schlachthaus von Costaguana, nur alles viel kleiner, aber womöglich noch scheußlicher. Was ist hier los, Sam?
Sam: Siehst du doch, blindes Huhn. ZIP entwickelt ein neues Verfahren. Mikronisierung. Verkleinerung von Menschen. Wo heute 100 leben können, sollen es in Zukunft Millionen und Milliarden sein.
Jonas: Deshalb diese gewaltigen Sicherheitsvorkehrungen.
Sam: Ja.
Jonas: Deshalb haben sie sich auf Swartcliff verkrochen.
Sam: Versteht sich, großer Vordenker. Hier wird das Verfahren getestet. Und hier soll es später im großen Stil und Umfang angewandt werden.
Jonas: ZIP schreckt wirklich vor nichts zurück.
Sam: Vermutlich hat man auch die Dame Judith zur Mikronisierung vorgesehen.
Jonas: Judith? Meinst du wirklich, Sam?
Sam: Ja.
Jonas: Dann los.
Jonas: Weiter, schneller, immer schneller, noch ein paar Labortüren, dann Büros, dann das allerheiligste. Professor Caligari. Kein Zutritt. Für mich galt das nicht. Ich trat zu. Leise. Niemand im Vorzimmer. Aus dem Hinterzimmer durch die angelehnte Tür, Stimmen. Caligari und Judith.
Judith: Die Sicherheitsverwaltung wird mich suchen lassen.
Caligari: Das werden wir zu verhindern wissen, mein Liebe. Sie haben Ihre Situation doch selbst verschuldet. Was geben Sie sich mit diesem Quertreiber ab, diesem Unruhestifter, diesem Jonas. Meine Organisation hat ein hohes Ziel, die Reduktion der Überbevölkerung. Mittel haben wir im Überfluß. Die Industrie unterstützt uns, die Hochfinanz, die Politik.
Judith: Ja, ja, die Politik.
Caligari: Was wir brauchen ist Ruhe. Vor allem jetzt, im Versuchsstadium. Das große Projekt der Mikronisierung läuft. Aber der Durchbruch ist uns noch nicht gelungen. Wir verzeichnen einen zu hohen Verschleiß an Versuchspersonen. Ja, auch auf diese Weise reduziert sich die Bevölkerung, und das ist doch die Hauptsache, nicht wahr?
Judith: Wenn Sie meinen.
Caligari: Wenn der Ausbau unseres neuen Hauptquartiers beendet ist, wenn wir uns hier auf Swartcliff sicher verschanzt haben, wenn wir ungestört arbeiten können, dann, meine Liebe, dann…
Judith: Dann? Werden Sie mich freilassen?
Caligari: Das halte ich für unwahrscheinlich. Sie sind zu gut über uns informiert. Und wir brauchen laufend frische Versuchspersonen.
Jonas: Frau Professor Caligari hielt gern Vorträge. Mir reichte es. Ich wollte nichts mehr hören. Ich wollte Judith. Die Ein-Mann-Armee Jonas setzte zum Sturm an. Es ging alles sehr schnell. Eine Schockgranate durch die Tür, Caligari ging benommen zu Boden. Aber sie war hart im Nehmen. Sie hatte ihren Laser fast schon wieder in Schußposition, als ich sie mit dem Knockouter unschädlich machte. Dann zu Judith. Auch sie kam schnell wieder zu sich.
Judith: Jonas? Was ist passiert? Ich hab dich zuerst gar nicht erkannt. In dieser Uniform.
Jonas: Was meinst du, Judith, steht sie mir? Judith, wie fühlst du dich denn? Kannst du laufen?
Judith: Ja.
Jonas: Na komm, ich helf dir.
Judith: Ich glaub schon.
Jonas: So, dann laß uns loslaufen.
Sam: Moment, Chef. Punkt eins: Befreiung der Dame Delgado erfolgreich ausgeführt. Bleibt Punkt zwei.
Jonas: OK, Sammy. Wo?
Sam: Hintere Wand Mitte, allerwertester Knallfrosch.
Jonas: Eine Miniplastbombe oder zwei?
Sam: Zwei, o Meister aller Bombardiere. Safety first. Beeil dich, lahme Ente.
Jonas: Ich beeilte mich, und dann raus. Im Geschwindschritt durch die Gänge. Wer sich uns in den Weg stellte, war selber schuld. Kampfmaschine Jonas ließ sich nicht aufhalten, bis sie von allein stehen blieb, am Ausgang, mit Judith, atemlos, aber glücklich. Und mit Sam natürlich.
Judith: Du hast es wirklich geschafft, Jonas.
Jonas: Kleinigkeit. Anruf genügt, komme sofort.
Judith: Caligari hat gesagt, du würdest nicht kommen, weil du nicht gut genug bist, und weil du mich nicht genug liebst.
Jonas: Da hat sie sich geirrt, unsere Frau Professor. Zum allerletzten Mal.
Judith: Ist sie tot?
Jonas: Noch nicht. Sam.
Sam: Ja.
Jonas: Die Fernzündung.
Sam: Fernzündung.
Jonas: Feuer.
Sam: Zu Befehl, Herr Sprengmeister.
Judith: Was ist das?
Jonas: Die große ozeanische Wasserspülung, meine Bomben in Caligaris Zimmer, tief unter dem Wasserspiegel, haben die Felswand aufgerissen, und jetzt wird der ganze Dreck ins Meer gespült, Caligari und ihre Organisation, PoPos und Wissenschaftler, Labors und Maschinen, aus und vorbei. Ein für alle mal.
Sam: Mögen sie in Frieden ruhen auf dem kühlen Meeresgrund, rappeldizock…
Demeter: Da ist noch einer von den Schwarzroten! Hände hoch!
Jonas: Demeter.
Demeter: Jonas.
Jonas: In Person.
Demeter: Ich hab Sie nicht gleich erkannt.
Jonas: In dieser Uniform. Wie kommen Sie hierher?
Demeter: Als ich Ihre Nachricht kriegte, habe ich alle Ökos zusammengetrommelt, die Westerporter haben ihre alten Flinten aus dem Schrank geholt, und uns in ihren Booten rübergebracht, trotz Sturm und Nebel. Wir wollen Ihnen helfen.
Jonas: Danke, sehr freundlich, aber nicht mehr nötig. Der böse Feind ist geschlagen. Auftrag ausgeführt.
Sam: Ja.
Demeter: Und die Dreizehenmöwe Rissa?
Jonas: Ach, die hab ich vergessen. Es war nämlich einiges los, müssen Sie wissen.
Demeter: Das interessiert mich nicht. Unter diesen Umständen wird es uns nicht möglich sein, Ihnen Ihr restliches Honorar auszahlen. Wir hatten vereinbart… Da, hören Sie: Rissa Tridactyla. Sie hat es überlebt. Hurra!
Sam: Hurra!
Jonas: Zähes Tierchen, dachte ich, und freute mich ein bißchen mit Demeter und ihren Leuten, die sich aufmachten, die Nester ihres heißgeliebten Federviehs zu suchen. Judith und ich blieben allein zurück.
Judith: Ich seh dir in die Augen, Jonas.
Jonas: Ich dir auch, Judith. Sehen wir uns heute Abend?
Judith: Wenn du willst. Sehen wir uns morgen Abend?
Jonas: Wenn du willst.
Jonas: Und so weiter. Falls Ihre Beziehung nicht mehr das ist, was sie war, dann rate ich Ihnen, lassen Sie sich kurz kidnappen, und auf möglichst spektakuläre Weise retten. Das verbindet, bis zum nächsten Krach.
Das war Kidnapper. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Kornelia Boje, Renate Grosser, Gernot Duda, Michael Lenz, Wolfgang Büttner und viele andere (Joachim Höppner, Gisela Hoeter, Reiner Kositz). Ton und Technik: Günter Heß und Angela Bernd. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1985). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Requiem
Sam: Alles neu macht der Mai, macht die Seele froh und frei.
Jonas: Sam! Halt den Schnabel, Sammy.
Sam: Aber Chef, Sam hat keinen Schnabel. Sam ist kein Vogel. Sam ist ein Computer. Laß das Haus, kommt hinaus, bindet einen Strauß.
Jonas: Und Computer, die nicht gehorchen, kommen auf den Schrottplatz. So, jetzt kann ich mal was sagen. Zur Richtigstellung sozusagen.
Jonas: Es war nämlich gar nicht Mai. Nicht mal ein bißchen. Im Gegenteil. Es war Herbst. Trüber grauer Spätherbst. 7. November 2009. Und alles neu, das stimmt auch nicht, jedenfalls nicht ganz. Gut, ich hatte mir was Neues zum Anziehen geleistet, einen antiken Trenchcoat Marke Bogie, nicht billig, aber edel. Meinte Judith. Und für den guten Sam war ein funkelnagelneuer Vocoder drin gewesen. Der vorige hatte an hochgradiger Altersschwäche gelitten. Immerhin hatte er, ja, fast 5 Jahre auf dem Buckel. Im Jahr 2005 hatte ich Sam gekauft. Damals hieß er noch nicht Sam, sondern…
Sam: Doktor Chrysostomus MacCoy Incorporated.
Jonas: Sam ist mein Computer. Seine erste und eigentliche Existenz hat er in meinem Büro, als unbeweglicher Kasten, Terminal, Nerven- und Schaltzentrum, Kartei, Datei et cetera. Dann gibt es noch Sam zwo. Die Taschenausgabe mit drahtloser Verbindung zu Sam eins. Sam zwo hab ich ständig bei mir. Ich brauche ihn. Auch wenn er mir oft genug auf die Nerven geht. Er ist nämlich überzüchtet. Überhochmetzt. Programmatisch überfüttert. Oder sagen wir einfach verrückt.
Sam: O du mein Jonas. Jonas über alles. Ich kann dir nicht böse sein. Hast du doch tief in die Tasche gegriffen, um mich mit einem neuen Vocoder zu beglücken. Ist er nicht schick? Klingt er nicht wunderbar? Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden belebenden Blick.
Jonas: Du bringst dich auf den Schrottplatz, Sammy.
Jonas: Sie hören es: Sam war wieder so gut wie neu. Und die Beziehung zwischen Judith und mir auch. Wir wollten noch mal anfangen, nach den Streitereien der letzten Monate.
Jonas: Also doch irgendwie Mai. Trotz November.
Sam: Sag ich doch, Alter.
Jonas: Weil wir beide, Judith und ich, Nostalgiker sind, buchten wir Plätze im Romantic-Park. Und im Romantic-Park ist es immer Frühling. Dank Klima-Konverter und Holo-Projektion. Wir saßen auf unserer Zweier-Bank. Über uns wölbte sich ein klarer Sternenhimmel. Auf kleinen Teichen schwammen große Schwäne. Weiß, wie frisch aus der Waschmaschine. Aus dem Gebüsch dudelten Soft-Pop und Nachtigallen vom Band. Soweit alles Bestens. Wenn da nicht ein altes Problem in der lauen Mai-Nacht gestanden hätte.
Judith: Gib`s zu, Jonas, es ist nur Stolz.
Jonas: Nur?
Judith: Dummer alberner unsinniger Stolz. Du bist zurückgeblieben, Jonas. 50 Jahre mindestens.
Jonas: Na und? Die Mitte des 20. Jahrhunderts ist meine Zeit. Die Zeit von Phil Marlowe und Konsorten. Als das Leben noch lebenswert war. Hart und wild. Eine Aufgabe. Eine Bewährung. Lachen Sie nicht. In den Büchern steht’s so.
Judith: Wo ich doch nun mal in einer höheren Wohnraumklasse bin.
Jonas: Kann man wohl sagen, bei 40 Quadratmeter.
Judith: 48 Quadratmeter.
Jonas: 48. Wie… wieso 48?
Judith: Seit ich befördert bin. Eine Hauptabteilungsleiterin bei der öffentlichen Sicherheitsverwaltung hat Anspruch auf 48 Quadratmeter.
Jonas: Gratuliere.
Judith: Also?
Jonas: Also was?
Judith: Du ziehst zu mir. Platz haben wir genug. Dein 20-Quadratmeter-Loch.
Jonas: 22.
Judith: Das kannst du ja als Büro behalten, wenn dein Herz schon an diesem Beruf hängt, der dir nichts einbringt, außer Schrammen und Beulen.
Jonas: Ich bin Detektiv. Privatdetektiv. Der letzte seines Zeichens. Vielleicht auf der Welt. Wahrscheinlich in den Vereinigten Staaten von Europa. Mit Sicherheit in Babylon. Kein begehrter Beruf. Judith hatte nicht so Unrecht. Das Leben war unsicher. Gefährlich. Und reich werden konnte man dabei auch nicht. Aber besser als eine stumpfsinnige Volksrenten-Existenz war es allemal.
Jonas: Sammy, wie sagt Chandler?
Sam: Viel Geld ist nicht drin. Jede Menge Ärger ist drin, aber auch `ne Menge Spaß. Und immer die Hoffnung auf einen großen Fall.
Jonas: Hast du gemerkt, Judith? Sam hat eine neue Stimme.
Judith: Keine Verbesserung, wenn du mich fragst. Kannst du den Schnatterkasten nicht zu Hause lassen, wenn wir verabredet sind?
Jonas: Das nächste Mal.
Sam: Was muß ich da hören, o Sonne meiner Software?
Judith: Misch dich nicht ein, Sam.
Sam: Sam erhält seine Anweisungen einzig und allein von seinem Herrn und Meister. Und sein Meister und Herr ist…
Jonas: Ruhe.
Sam: Ruhe?
Jonas: Absolute Ruhe, Sam.
Sam: Der Großmeister trefflicher verbaler Verknappung meint, Sam solle nichts sagen? Keinen Satz? Kein Wort? Keinen Buchstaben? HuHuHu! Jammer, Jammer, Weh und A…
Jonas: Sei doch jetzt endlich still, verdammt noch mal.
Sam: Jawohl, mein Fähnleinführer. Ein Wink genügt, und Sam ist still. Er sagt nichts mehr. Auch wenn eine Nachricht von persönlicher Dringlichkeitsstufe 1 anliegt. Gar nichts sagt Sam. Er schweigt.
Jonas: Mo-ment, Sammy. Was war das mit persönlicher Dringlichkeitsstufe 1? Hast du nicht gehört?
Sam: Sam schweigt eisern. Wie das Gesetz es befahl.
Jonas: OK OK OK. Hast du nun eine dringende persönliche Nachricht für mich oder nicht?
Judith: Laß doch den dummen Computer, Jonas.
Sam: Dummer Computer hat Nachricht für hochehrwürdigen Herrn Stabsfeldwebel.
Jonas: Raus damit.
Judith: Das hat doch Zeit.
Sam: Majestät wünschen Nachricht zu hören?
Jonas: Ja, ich wünsche. Entschuldige Judith, aber.
Sam: Randy Orgas ist tot.
Jonas: Was?
Sam: Randy Orgas ist tot. Meldung durch epa vor 5 Minuten. Bestätigung vor 1 Minute 33 Sekunden.
Judith: Orgas? Randy Orgas? Ein Rockmusiker, oder?
Jonas: Ein Rockmusiker, jawohl. Ein ziemlich bekannter sogar. Chef und First Player der Gruppe Fuck The Duck. Und der Freund eines ziemlich unbekannten Privatdetektivs namens Jonas. Vor zweieinhalb Jahren hatte ich ihn kennen gelernt. Im Sommer 2007. Böse Menschen hatten ihm sein goldenes Keyboard weggenommen, und wollten es nur gegen einige Millionen zurückgeben. Ich brachte die Sache in Ordnung. Auf meine Art. Und danach kam Randy mich ab und zu besuchen. Wir sahen uns ähnlich. Auch wenn er viel jünger war. Und das faszinierte ihn. Vielleicht war ich für ihn ein Spiegel der Zukunft. Oder er brauchte so was wie eine Vaterfigur. Außerdem hatte ihm mein Stil imponiert. Von seinem konnte ich das nicht sagen. Plastik-Rock-Pop ist nicht meine Musik. Und damals war Randy mit seinen Ducks der unbestrittene King of PRP. Inzwischen hatte er ein bißchen abgebaut. Er war nicht mehr jede Woche in den Charts. Aber für den einen oder anderen Hit reichte es noch. Manchmal. Der letzte, warten Sie, das war.
Sam: Dritte Aprilwoche 2009. Nummer 17 in Euro-Chart, 26 in World-Chart.
Jonas: Also doch schon ein gutes halbes Jahr her. Titel? Sammy, was ist denn? Ich will den Titel von Randy Orgas letztem Hit.
Sam: Wenn Hoheit darauf bestehen. Der Titel lautete, wäh, Computer-Tod. Ein höchst ungehöriger, ja obszöner Titel, wenn es armem kleinem Computer erlaubt ist, eine persönliche Meinung zu äußern.
Judith: Ich bin übrigens auch noch da, wenn es mir erlaubt ist, ganz bescheiden darauf hinzuweisen, und darauf, daß wir im Romantic-Park sind, um miteinander zu reden.
Jonas: Ja sicher, Judith, aber verstehst du denn nicht, Randy Orgas ist tot.
Judith: Ja was hat das mit uns zu tun?
Jonas: Es hat was mit mir zu tun. Ich muß was unternehmen, wenn Randy wirklich tot ist.
Sam: Klar ist er tot, Blödmann. Gestorben in Babylon, 7. November 2009. 3 Uhr 23 nachts.
Jonas: Vor gut acht Stunden.
Sam: Todesursache: Herzversagen.
Jonas: Wer hat den Totenschein ausgestellt? Ein Robo-Doc?
Sam: Mitnichten, Majestät. Ein menschlicher Arzt in all seiner biologischen Unvollkommenheit.
Jonas: Name?
Sam: Dr. Waldemar Zirose.
Jonas: Zirose? Kenn ich nicht. Wo ist denn das Büro von Randy Orgas Managerin? Wie heißt die?
Sam: Lexis Scarlet, o Spitze des Eisbergs. Und ihr Büro befindet sich im Musik-center. 39. Stockwerk.
Jonas: Also los, Sammy.
Judith: Jonas, du gehst wirklich?! Du läßt mich sitzen.
Jonas: Tut mir leid. Judith, aber ich muß. Ich muß, sagen wir mich von Randy verabschieden.
Sam: Ach, ein langer Abschied, o spätgeborener Marlowe.
Judith: Was soll das heißen?
Jonas: Ich erklär es dir später, Judith.
Judith: Wenn du dazu noch Gelegenheit hast.
Jonas: Raus aus der künstlichen Maien-Nacht in den tristen babylonischen Novembertag. Mit der Rikscha ins Büro. Aus dem wackligen Verschlag, den mein hochstapelnder Vermieter Safe nennt, nahm ich den Holo-Clip, den Randy mir nach seinem letzten Besuch geschickt hatte. Zurück ins Zentrum. Mit dem üblichen Aufenthalt. Auf dem Bob-Dylan-Platz lief eine unangemeldete Massen-Selbstverbrennung mit großem Zulauf. Und als ich im 39. Stock des Musikcenter aus dem Quick-Lift stieg, wurde ich gleich noch mal aufgehalten. Lexis Scarlets Bürotür wurde bewacht. Von einem grimmigen Vorzimmer-Robot mit elektronischer Barriere.
Vorzimmer-Robot: Halt.
Jonas: Was?
Vorzimmer-Robot: Halt. Sie wünschen, meine Dame bzw. mein Herr?
Jonas: Was hältst du denn von dem Kollegen, Sam?
Sam: Kollege? Ich muß doch sehr bitten, Herr Oberförster.
Vorzimmer-Robot: Sie wünschen, meine Dame bzw. mein Herr?
Jonas: Also, taufrisch ist er nicht mehr. Daß Lexis Scarlet ein so überholtes Modell nicht auswechselt. Geschäft geht wohl nicht so gut, was meinst du, Sam?
Sam: Veraltet? Hmh, besser gesagt, vergreist. Aber stur und zuverlässig. So ohne weiteres kommen wir hier nicht rein, Alter.
Vorzimmer-Robot: Sie wünschen, meine Dame bzw. mein Herr?
Sam: Nun sag ihm schon, was wir wünschen.
Jonas: Lexis Scarlet. Ich will sie sprechen.
Vorzimmer-Robot: Sind Sie mit Frau Scarlet verabredet, meine Dame bzw. mein Herr?
Jonas: Nein, aber ich muß sie trotzdem.
Vorzimmer-Robot: Bedaure, Sie dürfen nicht passieren, meine Dame bzw. mein Herr.
Jonas: Es geht um Randy Orgas. Sag ihr das.
Vorzimmer-Robot: Bedaure, Sie dürfen nicht passieren, meine Dame bzw. mein Herr.
Sam: Was habe ich gesagt, ehrwürdiger Onkel mütterlicherseits? Stur.
Jonas: Stur und blöd.
Sam: Blöd. Das eröffnet gewisse Möglichkeiten. 2 plus 2 ist 3.
Vorzimmer-Robot: Hah!
Sam: 8 mal 0 ist 8. 8 hoch 2 ist 57.
Vorzimmer-Robot: Oh!
Jonas: Sammy, was ist denn los mit dir, alter Junge? Du wirst mir doch nicht krank?
Sam: Ich nicht, geschätzter Hoch- und Deutschmeister. Wohl aber ein gewisser sturer Robot älterer Bauart. Die Quadratwurzel aus 9 ist zwölfeinhalb.
Vorzimmer-Robot: Oh!
Jonas: Kluges Kind, Sammy. Bei einem rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Quadrate über den Kathetern…
Vorzimmer-Robot: Ah!
Sam: Katheten, Dummie.
Jonas: Äh Ka… Katheten, von mir aus, aber jedenfalls ist die Summe nicht im Mindesten gleich dem Quadrat über der Hypo… Hypodings… Hypo… Hypotenuse.
Vorzimmer-Robot: Ah! Aufhören, bitte, aufhören, meine Dame bzw. mein Herr!
Sam: Einmal sieben ist 6. Zweimal sieben ist 11. Dreimal sieben ist 109.
Jonas: Zwei parallele Linien treffen sich…
Sam: An der nächsten Straßenecke.
Jonas: Sagt die eine zur andern…
Vorzimmer-Robot:…
Jonas: Oh. Voll durchgedreht, der arme Kerl.
Sam: Hihihihihihihi. Computer-Kollaps. Inkorrekte Mathematik halten sie nicht aus, diese alten Hündchen.
Jonas: Gute Idee, Sam.
Sam: Trick 17, Schüler Jonas. Da ich auf dero Genialität Kooperation wert zu legen habe, durfte ich mich leider nur auf Minimaldia-Mathematika stützen.
Jonas: Soll heißen?
Sam: Unterste Unterstufe, o Adam Riese. Pythagoras etc., Klippschule.
Jonas: Machen wir jetzt einen Exkurs über meine mathematische Bildung oder was?
Sam: Was, euer Durchlaucht.
Jonas: Was was?
Sam: Wir machen jetzt das, was Sie, o genialischer Verkürzer, so treffend als was bezeichneten. Wir suchen Frau Scarlet auf, die Managerin des seligen Randy Orgas, und da die elektronische Barriere, hihihihi, nun mehr dauerhaft geknackt ist.
Fredo: Was ist denn hier los? Hey, der Robot ist im Eimer.
Jonas: Senile Dysfunktion. Sagen Sie Frau Scarlet, sie soll sich einen neuen kaufen.
Fredo: Ah, Sie haben ihn kaputt gemacht.
Sam: Nein, ich.
Jonas: Der Typ, der in der Tür stand, war doppelt so breit wie ich. Und ich bin kein schmales Handtuch. Er trug formelle Geschäftskleidung. Grauer Blouson, schwarze Bermudas mit Nadelstreifen. Aber wenn der Geschäftsmann war, dann fraß ich meinen Computer. Er roch förmlich nach Gorilla.
Fredo: Wer sind Sie?
Jonas: Jonas.
Fredo: Und?
Jonas: Nur Jonas.
Fredo: Und was wollen Sie?
Lexis Scarlet: Was gibt’s da draußen, Fredo?
Fredo: Ach hier ist einer, der heißt Jonas, und der hat unseren Robot kaputtgemacht.
Lexis Scarlet: Schmeiß ihn raus, Fredo.
Jonas: Leichter gesagt als getan. Fredo war ein Bulle, aber fix war er nicht. Während er versuchte, mich vorn zu fassen zu kriegen, spazierte ich hinten um ihn herum durch die Tür ins Büro. An den Wänden hingen verstaubte Holo-Disks. Reliquien goldener Hit-Zeiten. Auf dem staubig gelben Teppichboden: ein Schreibtisch. Und dahinter eine angestaubte Musik-Managerin. Unter dem Make-up: goldene Schatten der Vergangenheit. Sie musterte mich, als habe mich die Katze reingetragen. Fredo hatte inzwischen mitgekriegt, wo ich abgeblieben war, und trampelte mir nach.
Lexis Scarlet: Was soll das heißen?
Fredo: Ich kann nichts dafür, Lexis. Erst hat er den Robot kaputt gemacht, und dann ist er einfach um mich rumgelaufen.
Lexis Scarlet: Was will er?
Fredo: Hat er nicht gesagt.
Jonas: Aber jetzt sagt er’s. Ich will Lexis Scarlet was ausrichten. Von Randy Orgas.
Lexis Scarlet: Der ist tot.
Jonas: Eben drum. Sonst wär ich nicht hier. Auf dieser Holo-Kassette steht: Für Lexis, wenn ich tot bin. Sie kennen die Handschrift.
Lexis Scarlet: Zeigen Sie. Ja, Randy, keine Frage. Und?
Jonas: Legen Sie den Clip in Ihren Holo-Set ein. Für Ihren Lakaien findet sich derweil sicher was zu tun.
Lexis Scarlet: Fredo ist mein Sekretär, Jonas.
Jonas: Wenn Sie das sagen.
Lexis Scarlet: Warten Sie draußen, Fredo.
Fredo: Aber, Lexis.
Lexis Scarlet: Raus.
Jonas: Sie legte ein, drückte auf den Knopf, und da stand er. Mitten im Raum. Randy Orgas. Wie ich ihn kannte. Ohne Keyboard, ohne grüne Perücke, ohne Kutte, ganz zivil und fast inkognito. Wenn da nicht der berühmte rechte Mundwinkel mit seinem ironischen Zucken gewesen wäre.
Randy Orgas: Hei, Lexi Baby, und wer sonst noch da ist, vielleicht Tutti, oder DD, oder Scrooge von den alten Ducks. Laß mal Moment das Geldscheffeln, Lexi, hör mir mal zu. Ich bin also abgetreten. Abgeschrammt. Abgefuckt. Hab mich verpißt. Löffel abgegeben. Stiefel ausgezogen. Fini. Schluß. Aus. Ende. Amen. Mit den Mäusen und so ist alles klar. Testament liegt beim Notar. Das hier ist so ne Art Zusatz, mein wirklich und wahrhaftig endgültig allerletzter Wille.
Jonas: Ich erinnerte mich an unser letztes Treffen. Vor vier, fünf Monaten in meinem Büro plus Apartment, 22 Quadratmeter, bißchen eng. Randy war da, und ich, und eine große Flasche Old Forester, von Sammy ganz zu schweigen. Randy stand unter Plastik-Kiff und Solipsin, dazu noch der Whiskey, kein Wunder, daß er sich leicht melancholisch fühlte.
Randy Orgas: Blue, Baby. Down and out. Ich merks am Zwerchfell, Baby. Nicht mehr lange, dann kratz ich die Kurve. Haut auch nicht mehr so richtig hin mit der Musik und so. Solipsin?
Jonas: Nehm ich nicht. Weißt du doch.
Randy Orgas: Allright. Nur nostalgische drugs. Whiskey. Ist auch nicht schlecht. Listen, Jonas Baby, wenn’s mich erwischt hat, will ich auf gar keinen Fall eingebuddelt werden. No, Sir. Ich hab was gegen Schwermetall, und für’s Feuer bin ich auch nicht.
Jonas: Hhm. Hhm. Das Meer? Wie wär’s damit?
Randy Orgas: In die Abwasser-Scheiße? Nie, Baby.
Jonas: Dann bleibt nur der Weltraum.
Randy Orgas: Sounds good, Baby.
Jonas: Es gibt ein paar Firmen, die schießen dich für schweres Geld nach oben. In einem Satelliten. Und dann kreist du um die Erde. Von nun an bis in Ewigkeit.
Randy Orgas: Amen, Baby. 4-3-2-1-zero, wäng. I like it, Baby. Das will ich.
Randy Orgas: Das will ich, Baby. Und weil ich das dann selber nicht mehr kann, wird sich mein Freund Jonas darum kümmern, daß sie mich auch wirklich ins All knallen. Jonas ist OK, der macht das, eh, Jonas Baby? Das war’s, Leute. Spielt mal ab und zu was von mir. Computer-Tod oder den Seveso-Rock oder Software in the Head. Als dann. So long.
Lexis Scarlet: Das ist alles?
Jonas: Das ist alles.
Lexis Scarlet: Deshalb dringen Sie hier ein? Deshalb beschädigen Sie meinen Vorzimmer-Robot und verstören den guten Fredo? Ha, da kann ich nur sagen: Viel Lärm um Nichts.
Jonas: Um Randy.
Lexis Scarlet: Das ist dasselbe. Da ist die Tür.
Jonas: So geht’s nicht. Sie sind Randys Managerin.
Lexis Scarlet: Ich war Randys Managerin. Leichen manage ich nicht. Was mit Randy Leiche passiert, geht mich nichts an. Ich bin die falsche Adresse. Stecken Sie Ihren Holo-Clip wieder ein, Jonas. Gehen Sie ein Haus weiter.
Jonas: Zu wem?
Lexis Scarlet: Zu Tutti.
Jonas: Tutti?
Lexis Scarlet: Tutti Paletti. Der Styler der Ducks. Berater. Beichtvater. Seelischer Mülleimer. Ich bin bloß die Brieftasche. Gehen Sie zu Tutti. Fredo gibt Ihnen die Adresse.
Jonas: Hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen, Lexis. Ein so aufgeschlossenes loyales warmherziges Wesen.
Lexis Scarlet: Geschenkt. Ach, und Jonas.
Jonas: Ja?
Lexis Scarlet: Wenn Sie an einer gut dotierten Dauerstellung interessiert sind.
Jonas: Als Sekretär?
Lexis Scarlet: Sie haben es erfaßt. Fredo läßt stark nach. Also?
Jonas: Hhm. Unwahrscheinlich.
Lexis Scarlet: Hab ich mir gedacht. Falls doch, kommen Sie vorbei.
Jonas: Im schicken Südwesten von Babylon, da wo es vor 20 Jahren noch echte Bäume gegeben hatte, standen heute ein paar Luxus-Wohntempel herum. Mit super postmodernem Geschnörkel. In einem dieser Tempel wohnte Tutti Paletti. Das heißt, eigentlich nicht in, sondern auf. Paletti hatte ein Penthouse. An die 100 Quadratmeter. Pop-Styling war offenbar eine einträgliche Sache. Paletti hatte nicht nur ein Penthouse. Paletti hatte auch Möbel aus Mailand, einen versilberten Ro-Butler, und den letzten Schrei in Statussymbolen: Einen echten japanischen Bonsai.
Paletti: Mein Wald, ich nenne ihn meinen Wald, hehehe, ein Scherz.
Jonas: Finden Sie?
Paletti: Sie nicht? Also die meisten Besucher halten das für witzig.
Jonas: Soll ich Ihnen sagen, was ich für witzig halte?
Paletti: O, ich bitte darum.
Jonas: Einen Whiskey. Und wenn Sie ihn doppelt machen, lach ich sogar zweimal.
Paletti: Ich verstehe. Gandalf. Gandalf! Ja was in drei-Teufels-namen ist denn mit dem verflixten Ro-Butler?
Ro-Butler: Gar nichts ist mit dem verflixten Ro-Butler. Nur daß er seit Sonntag nicht mehr Gandalf heißt. Haben Sie vergessen, Sir? Tolkiens ist out. Muppets sind in.
Paletti: Äh, ja, richtig. Muppets, ähm, dann heißt du.
Ro-Butler: Kermit, Sir. Applaus, Applaus.
Paletti: Äh, Kermit. Es lag mir auf der Zunge. Ja, und was willst du, Kermit?
Ro-Butler: Sie wollen, Sir, Sie haben mich gerufen.
Paletti: Ach, hab ich?
Jonas: Einen doppelten Whiskey, Kermit, kein Wasser, kein Eis, kein Soda. Scotch, wenn möglich.
Ro-Butler: Bedaure, Scotch ist out. Wäre Jack Daniels Black Label Ihnen genehm, Sir?
Jonas: Auch gut. Und Sie, Paletti?
Paletti: Ja, einen kleinen Campari, mit sehr sehr viel Eis.
Ro-Butler: Sehr wohl, die Herren.
Jonas: Sie haben mir noch nicht geantwortet, Paletti. Wo ist Randys Leiche? Und wer kümmert sich um die Beisetzung?
Paletti: Ach, jetzt fangen Sie schon wieder an. Hören Sie endlich auf mit diesem Gerede über… über Sterben und Begraben. Das ist unappetitlich und widerlich. Jawohl, widerlich. Ich bin Ästhet, guter Mann. Ich habe 8 Semester kommerzielle Ästhetik studiert. Ich style Musiker. Ich kreiere ihr Image. Ich bin Künstler. Kreativ. Sensitiv. Wie kommen Sie nur darauf, daß ich irgendwas mit Randys… äh mit solchen Dingen zu tun habe.
Jonas: Sie gestatten. Prost. Zum Wohl. Hhm, ja. Lexis Scarlet hat mich zu Ihnen geschickt.
Paletti: O, ja, das verstehe ich nicht. Wie konnte sie das tun?
Jonas: Das frage ich mich auch. Bei wem kann ich denn nun was erfahren?
Paletti: Tja, nicht bei Lexis Scarlet. Bei mir schon gar nicht. Bleiben nur die Ducks. Scrooge und DD.
Jonas: DD?
Paletti: Donald-Daisy. Der/die Androgyne vom Dienst. Meine Idee. Ein cleverer Rückgriff auf die frühen 80er. Boy George, Marilyn, Dead or Alive, wenn Ihnen das was sagt.
Jonas: Wenig.
Paletti: Fragen Sie DD. Das wird das Beste sein.
Jonas: Und Scrooge?
Paletti: Oh, den können Sie vergessen. Scrooge ist nur der Drummer. Der kann nicht mal sprechen. Reden Sie mit DD, Jonas. Da kommen Sie weiter.
Jonas: Er gab mir eine Fon-Nummer. Ich suchte mir erst ein rot-gelbes Häuschen, das funktionierte. In Palettis Gegend kein Problem. Und dann suchte ich das rätselhafte Wesen Donald-Daisy. Auch das war kein Problem. DD war zuhause, kam ans Fon, und war auch bereit, zu reden. Das war gut so. Mir ging allmählich die Geduld aus. Allerdings wußte sie/er nicht viel, sagte er/sie.
Donald-Daisy: Ah, keine Ahnung, Darling, niente. Um so was kümmert sich Lexis.
Jonas: So? Und Lexis Scarlet hat mich zu Paletti geschickt und Paletti ach vergiß es.
Donald-Daisy: Ja, immerhin ist es ja auch bei Lexis passiert.
Jonas: Passiert? Was?
Donald-Daisy: Na, Randys Abtritt heute Nacht. Kleine Party im Büro, nur der engste Kreis. Lexis, Randy, Tutti, ich, Scrooge, Fredo, ja, und dieser neue Freund von Lexis. Wer sind Sie überhaupt? Medien?
Jonas: Freund von Randy. Jonas, nur Jonas.
Donald-Daisy: Ah, Sie sind der Detektiv! Ihnen sage ich gar nichts.
Jonas: Sie haben mir schon einiges gesagt, DD.
Donald-Daisy: Nichts habe ich gesagt. Ich sage nichts. Ich weiß nichts. Lassen Sie mich in Ruhe.
Jonas: Erster Impuls: zurück zum Musikcenter und Lexis Scarlet auf die Bude rücken. Zweiter Gedanke: tief durchatmen und überlegen. Natürlich nicht in der Fon-Zelle. Dafür hat Jonas ein heimeliges Büro, 22 Quadratmeter, und ein Loch, nach Judiths Meinung. Judith! Die hatte ich ganz vergessen. Bitte Judith, noch ein bißchen Geduld. Erst muß ich die Sache mit Randy Orgas in Ordnung bringen.
Sam: Unzureichende Daten, Herr Kapellmeister. Oder sagen wir es so: Die Geschichte macht einen noch recht verquasten Eindruck.
Jonas: Ein wahres Wort, Sammy. Da renne ich durch die Gegend, lasse mich an der Nase rumführen, von Hinz zu Kunz schicken, von Pontius zu Pilatus.
Sam: Von Scarletti zu Paletti.
Jonas: Und wozu? Ich krieg nicht mal was dafür.
Sam: Ein Fall ohne Honorar und Spesen, o personifizierte Großzügigkeit, ist wie Casablanca ohne Bogie.
Jonas: Oder wie Sam ohne das letzte Wort.
Sam: Jaja.
Jonas: Andererseits hat uns die Schlachthaus-Sache neulich einiges eingebracht. Und davon müßte doch noch was da sein, oder Sam?
Sam: Der Kontostand eurer geradezu Rothschild´schen Superfluenz beträgt zur Zeit genau 817 Euros und 4 Cents.
Jonas: Also keine Panik. Finanziell können wir uns eine kleine Extravaganz durchaus leisten. Frage, Sammy: Warum mache ich das ganze, wenn nicht für Geld, aus Loyalität?
Sam: Die Freudestreue o starke Säule im Sturm gilt zu recht als eine der hehrsten, der erhabensten Tugenden.
Jonas: Blabla.
Sam: Bitte?
Jonas: Blabla.
Sam: Aha. Wer da?
Jonas: Ja?
Lexis Scarlet: Lexis Scarlet.
Jonas: Sie? Sie haben mir gefehlt wie ein hohler Zahn.
Lexis Scarlet: Charmant. Sind Sie an einem Auftrag interessiert, Jonas?
Jonas: O, ich höre.
Lexis Scarlet: Sie sitzen in Ihrem Büro, sagen wir, eine Woche, und tun nichts.
Jonas: Ach, und dann?
Lexis Scarlet: Nichts dann. Das ist alles. Dafür kriegen Sie 1000 Euros. Was meinen Sie?
Jonas: Einverstanden. Sobald die Sache mit Randy geklärt ist.
Lexis Scarlet: Ich sehe, Sie lassen nicht locker, Jonas.
Jonas: Hhm, Berufskrankheit. Warum haben Sie mich angelogen, Lexis?
Lexis Scarlet: Bitte. Das war nur ein Test. Ich wollte feststellen, wie hartnäckig Sie sind. Damit Sie sich wieder abregen können, die Weltraumbestattung von Randy Orgas ist bereits in die Wege geleitet. Von mir. Ich habe eine renommierte Firma damit beauftragt.
Jonas: Name?
Lexis Scarlet: Immer und Ewig.
Jonas: Halleluja.
Lexis Scarlet: Nein, GmbH und Co KG.
Jonas: Kenne ich nicht. Warum sind Sie nicht zu den bekannten Spezialisten gegangen? Elysium AG oder Peace in Space?
Lexis Scarlet: Wissen Sie, was eine Raumbestattung kostet, Jonas? Immer und Ewig hat uns das preiswerteste Angebot gemacht. Auch so geht praktisch der gesamte Nachlaß drauf. Zufrieden, Jonas?
Jonas: Nein. Sie haben mir schon viel erzählt, Lexis. Ich will selber sehen. Das bin ich Randy schuldig.
Lexis Scarlet: Rührend. Ost-Zentral. Tigrisstraße 67. Fragen Sie nach Dr. Zirose.
Jonas: Zirose? Dr. Zirose? Ist das nicht der Arzt, der den Totenschein für Randy ausgestellt hat?
Lexis Scarlet: Ach, das wissen Sie?
Jonas: Und der ist bei Immer und Ewig? Merkwürdiges Zusammentreffen.
Lexis Scarlet: Gar nicht merkwürdig. Waldemar äh Dr. Zirose war zufällig auf meiner Party. Und äh als Randy umfiel, hat er sich um ihn gekümmert. Weil er ausgebildeter Mediziner ist.
Jonas: Und dann schießt er ihn in den Kosmos? Ganz zufällig? Woran ist Randy gestorben, Lexis?
Lexis Scarlet: Sie kennen doch den Totenschein: Herzversagen.
Jonas: Und warum hat sein Herz versagt?
Lexis Scarlet: Was weiß ich? Zuviel, nehme ich an.
Jonas: Zuviel? Wovon?
Lexis Scarlet: Von allem, Jonas. Von allem.
Jonas: Die abgebrochenen Wolkenkratzer in der Tigrisstraße sind voll von kleinen Unternehmen, die es noch nicht geschafft haben, oder es nie schaffen werden. Immer und Ewig war eine Tür mit einem Schild. Das Zimmer dahinter enthielt einen Tisch, ein paar unbequem aussehende Stühle, einen Holo-Set, darüber das bunte Bild einer Rakete, die zum Himmel fuhr, eine vage Aura von Weihrauch und Karbol, und im Hintergrund, neben einer zweiten Tür, und vor einem offenen Wandsafe, einen ältlichen Mann mit kahlem Schädel und in dunkler Sackleinwand von Hals bis Fuß. Ein Neo-Puritaner, wie es aussah. Als er mich hörte, verschloß er den Safe, drehte sich um und glitt auf mich zu. Mit dem gedämpft mitfühlenden Lächeln des Friedhof-Profis.
Dr. Zirose: Bitte, mein Herr, nehmen Sie doch Platz.
Jonas: Nicht nötig, ich bin kein Kunde. Dr. Zirose?
Dr. Zirose: Waldemar Zirose. Dr. med und rer. fun. Zu ihren Diensten.
Jonas: Rer. fun.?
Dr. Zirose: Rerum funeralium, der Bestattungswissenschaften. Fachuniversität Forest Lawn, Kalifornien. Was kann ich für Sie tun?
Jonas: Nicht für mich. Für Randy Orgas. Sie schießen ihn ins All, hab ich mir sagen lassen.
Dr. Zirose: Wir sorgen dafür, daß seine sterbliche Hülle in die Ewigkeit des Weltenraums gelangt. So ist es. Wer hat es Ihnen gesagt?
Jonas: Lexis Scarlet.
Dr. Zirose: Ach, dann sind Sie.
Jonas: Jonas. Nur Jonas.
Dr. Zirose: Jonas, ganz recht. Seien Sie unbesorgt, Herr Jonas, alles geht seinen geregelten Gang. Die Beisetzung, der Start, technisch ausgedrückt, findet, wenn das Wetter es zuläßt, bereits in drei Tagen statt.
Jonas: So schnell? Ich dachte, es dauert eine Weile, bis Sie genug Leichen.
Dr. Zirose: Hüllen, bitte, oder auch Verblichene.
Jonas: Oder Urnen beisammenhaben, damit der Start sich lohnt.
Dr. Zirose: Sie denken gewiß an unser volkstümliches Angebot Preiswert zu den Sternen, 10.000 Urnen oder 2000 Särge pro Satellit.
Jonas: Ganz recht.
Dr. Zirose: Da kann es schon passieren, daß Sie warten müssen, bis wir ausgebucht sind. Aber eine solche Massenabfertigung ist doch nichts für Ihren Freund, Herrn Orgas. Frau Scarlet hat selbstverständlich unser Super-Exklusiv-Individual-Programm gewählt. In einsamer Glorie. Eine Rakete. Ein Satellit. Ein Start für einen Verblichenen. Das Äußerste an funeralem Luxus, Herr Jonas. Der Preis ist natürlich entsprechend.
Jonas: Wieviel?
Dr. Zirose: Bedaure sehr, Herr Jonas, aber das muß zwischen dem Institut und dem leidtragenden Kunden bleiben.
Jonas: Ach was.
Dr. Zirose: Apropos. Haben Sie schon einmal an eine Weltraumbestattung gedacht, für Sie persönlich, meine ich. Die großen Vorteile dieser modernen Beisetzungsweise sind Ihnen vermutlich gar nicht bewußt, sonst hätten Sie zweifellos schon längst bei uns gebucht. Herr Jonas, Sie erweisen sich als progressiver Mensch des 21. Jahrhunderts auf der Höhe der Zeit, und abhold den muffigen Methoden der Vergangenheit. Sie ersparen Ihren werten Hinterbliebenen erhebliche Kosten, die anderenfalls für die Grabpflege aufgewendet werden müßten. Und das Wichtigste, Herr Jonas: Solange das Universum besteht, werden Sie, Herr Jonas, durch die unendlichen Weiten des Alls fliegen. Sie werden sich nicht verändern, Herr Jonas, keine Degeneration, Sie verstehen, keine Dekomposition, denn im All, Herr Jonas, im All gibt es weder Würmer noch Bakterien, Sie werden, Herr Jonas, existieren jetzt und immer dar, Herr Jonas, Sie werden unsterblich sein.
Jonas: Sehr verlockend, Dr. Zirose. Um auf Ihre Art unsterblich zu werden, müßte ich allerdings erst einmal sterben. Und dazu habe ich im Moment noch nicht die mindeste Lust. Sie geben mir Bescheid, wann und wo Sie Randy hochschießen. Ich will dabei sein.
Dr. Zirose: Herr Jonas, ich bitte Sie. Unsere Abschußrampe steht in Amazonien, mitten in der Südamerikanischen Wüste. Ersparen Sie sich Mühen und Kosten einer unerfreulichen Reise, tun Sie das, was alle unsere Hinterbliebenen tun, bleiben Sie zuhause, und nehmen Sie von Ihrem teuren Verblichenen Abschied, indem Sie das würdige Holo-Band von der Zeremonie betrachten, das wir Ihnen überreichen werden, mit den Komplimenten unseres Hauses.
Jonas: Randy, wo ist er jetzt?
Dr. Zirose: Falls Sie die Hülle Ihres verblichenen Freundes meinen, Herr Jonas, so befindet sie sich in den hinteren Räumlichkeiten.
Jonas: Ich will ihn sehen.
Dr. Zirose: Herr Jonas. Das ist völlig ausgeschlossen. Pietät und Takt verbieten es kategorisch. Professionelle Mysterien, wenn ich mich so ausdrücken darf. Es müssen noch gewisse äh Behandlungen vorgenommen werden, bevor Herr Orgas morgen Abend bei der Gedenkfeier im Musikcenter aufgebahrt wird. Übermorgen fliegen wir ihn dann nach Manaus. Und nun entschuldigen Sie mich, Herr Jonas, Ihre Fragen sind, meine ich, erschöpfend beantwortet, Ihre Bedenken, sofern es sie gab, ohne Zweifel ausgeräumt worden.
Jonas: Da war ich etwas anderer Ansicht. Irgendwas roch höchst verdächtig. Ach was roch. Die Sache stank. Und dieser wohlbekannte Gestank nach Kromatur und vielen vielen Euros wurde immer penetranter. Jonas mußte was tun. Durch die Gegend rasen und Leute ausquetschen, das reichte jetzt nicht mehr. Aktion war gefragt. Aktion von der direkten, wenn auch nicht 100-prozentig legalen Sorte. In der Tigrisstraße einzubrechen, ist keine Kunst. Hier kümmert sich kein Schwanz um das, was nebenan passiert. Die meisten Häuser stehen nachts leer, elektronische Sicherungen sind Mangelware, und die Tür zu Nummer 67, Immer und Ewig ohne Halleluja, war nur zugedrückt, nicht abgeschlossen, und sprang schon auf, wenn man sie scharf anguckte. Innen war alles ruhig. Ich wußte, wo was zu finden war, und wie ich rankommen konnte. Bei meinem Besuch vor ein paar Stunden hatte der eingeschaltete Sam in meiner Tasche sehr genau zugehört, wie Dr. Zirose das Schloß seines Wandsafes neu eingestellt hatte.
Sam: Sieben.
Jonas: Sieben.
Sam: An und für sich, o Nabel des Kosmos, liegt es weit unter der Würde eines anständigen Computers, mechanischen Schrott wie diesen Safe, auch nur zur Kenntnis zu nehmen.
Jonas: Sicher Sam. Mach weiter.
Sam: Neun.
Jonas: Neun.
Sam: Und die Drei.
Jonas: Drei. Na bitte. Kein Geld, keine Papiere, nur eine Holo-Kassette. Und darauf steht: Randy Orgas. Randy Orgas?
Sam: Zwei Meter entfernt, o schnellster aller Merker, befindet sich ein Holo-Set, in welchem besagte Kassette einzulegen, ich euer Herrlichkeit dringend anempfehlen möchte.
Jonas: So schlau bin ich selbst, Sam. Eine Rakete auf der Rampe! Startbereit!
Dr. Zirose: Fünf, vier, drei, zwei, eins, null! Nun fährt er auf gen Himmel, unser teurer Verblichener, unser Freund, Randy Orgas, in den strahlend blauen Tropenhimmel über Amazonien, an diesem strahlend schönen 10. November 2009. Er steigt auf, höher, immer höher, in die grandiose Erhabenheit des Alls, allwo er über uns schweben wird, werte Hinterbliebene, für immer und ewig. Halleluja.
Sam: Eine recht anrührende Performance, euer Gelungenheit.
Jonas: Und so prophetisch. Randys Weltraumbeisetzung, auf Holo, drei Tage, bevor sie über die Bühne geht. Jetzt wissen wir, was hier los ist.
Sam: Tun wir das, o großer Denker von Rodin?
Jonas: Ganz klar. Immer und Ewig ist eine Schwindelfirma. Zirose kassiert schweres Geld für Bestattungen, die gar nicht stattfinden. Die Raketenstarts in Amazonien, die Satelliten auf ewiger Umlaufbahn, alles getürkt, alles Schwindel.
Sam: Ein Schuß, euer Gewichtigkeit möge den Kalauer verzeihen, ein Schuß in den Ofen, sozusagen.
Jonas: Sozusagen, Sam. Die Hinterbliebenen kriegen ein Holo, wahrscheinlich immer dasselbe, nur mit anderen Namen, Zirose hat praktisch keine Unkosten, und steckt das ganze Geld als Reingewinn ein.
Sam: Und die ihm übergebenen Toten, o großer Kombinator?
Jonas: Och, die schafft er sich irgendwie vom Halse. Aber nicht Randy. Jonas ist auch noch da, und Jonas wird dafür sorgen, daß Randy in den Raum geschossen wird, so wie er es gewollt hat. Wir gehen nach hinten, Sammy, holen ihn raus und bringen ihn zu einem seriösen Unternehmen. Peace in Space oder Celestis oder Elysium.
Sam: Wenn wir ihn finden, Boss.
Jonas: Ein kahler, fensterloser, weiß gekachelter Raum. In der Mitte ein geschlossener Sarg. Ein Plastikkasten von der billigen Sorte. Schummerlicht durch eine trübe Birne an der Decke. Das war alles. Keine Spur von den professionellen Mysterien des Dr. Zirose, oder?
Sam: Los, Alter, mach die Kiste auf.
Jonas: Langsam Sammy, erst mal orientieren.
Sam: Was gibt’s denn hier zu orientieren? Hihihihihihihi, Alter, du hast Schiß, hä?
Jonas: Unsinn.
Sam: Vielleicht liegt in dem Sarg ein Zombie. Oder gar Graf Dracula, der Schrecken von Transsylvanien, wuah.
Jonas: Laß den Quatsch, Sammy. Du Sammy?
Sam: Ja.
Jonas: Gerade hat sich der Sargdeckel bewegt.
Sam: Und da fällt euer Furchtlosigkeit natürlich das tapfere Herz in die dito Hose.
Jonas: Siehst du?
Sam: Hilfe, ein Geist!
Jonas: Ein Geist namens Fredo!
Fredo: Hände hoch und keine Bewegung! Jetzt bist du dran, Jonas.
Jonas: Dem Sarg entstieg Fredo, Lexis Scarlets sogenannter Sekretär. Einen Laserstrahler in der Hand, und um die Augen die deutlich lesbare Absicht, ihn auch zu benutzen, an Jonas. Aber weil er wohl recht lange steif im Sarg gelegen hatte, und auch sonst nicht von der schnellen Truppe war, dauerte es ein bißchen, bis er in Schußposition kam. Solange wollte ich nicht warten. Ich sprang hoch, und schlug die Glühbirne runter. Resultat: ägyptische Finsternis, nur unterbrochen durch die Blitze aus Fredos Laser, mit dem er sinnlos durch die Landschaft ballerte. Das war dumm von ihm. Ich wußte, wo er war, und trat zu. Nicht sinnlos. Gezielt. Und mit Erfolg.
Fredo: Ah!
Jonas: Fredo? He, Fredo? Er rührt sich nicht. Vielleicht ein Trick?
Sam: Kein Trick, o kraftvoller Herkules. Meine akustischen Sensoren empfangen keinerlei Fredosches Atemgeräusch mehr. Wenn euer Gewaltigkeit für ein wenig Helligkeit sorgen würden. Hhm. Die Taschenlampe. Mach hin, geistiger Zeitluperich.
Jonas: Da liegt er, der Gute. Ist über seinen Sarg gestolpert, und hat sich den Hals gebrochen. Mal sehen, was er außer dem Laser so bei sich hat. Eins, zwei, drei, vierhundert Euroscheine. Was meinst du, Sam, wer einen friedlichen Detektiv in mörderischer Absicht überfällt, der hat doch wohl eine Strafe verdient.
Sam: Hiermit wird der Beklagte zu einer Geldbuße von 400 Euros verurteilt.
Jonas: Besten Dank, euer Ehren.
Sam: Bitte.
Jonas: Und was hat er hier? Eine elektronische Paßscheibe. Musik-Center steht drauf. Haupteingang und 39. Stock.
Sam: Unser zweiter deutlicher Hinweis, o gewaltiger Entdecker, daß Lexis Scarlet in die Angelegenheit verwickelt ist, und zwar in beträchtlichem Maße.
Jonas: Zweiter Hinweis? Was ist denn der erste?
Sam: Muß ich es eurer erhabenen Begriffstutzigkeit wirklich und wahrhaftig vorbuch-stabie-r-e-n. Der erste Hinweis ist natürlich die Person des P.P. Fredo, will sagen, Doppelpunkt, seine Anwesenheit an diesem Ort, und seine Absicht, Durchlaucht umzubringen. Zweifellos im Auftrag seiner Chefin. Und das alles bedeutet…
Jonas: Lexis Scarlet weiß Bescheid über Immer und Ewig.
Sam: Ja.
Jonas: Und sie ist an Ziroses Schwindel finanziell beteiligt.
Sam: Ja.
Jonas: Weshalb hätte sie sonst ihren Fredo auf mich gehetzt.
Sam: Euer Verbissenheit ließen sich weder ablenken noch kaufen, blieben vielmehr als wahrer Freund hartnäckig am Ball.
Jonas: Und darum drohte die ganze Geschichte hochzugehen. Das ist es, Sammy.
Sam: Zweifellos, Hoheit. Doch ist es auch alles?
Jonas: Was meinst du?
Sam: Einige Fragen sind noch offen. Wo zum Beispiel befindet sich Randy Orgas Leichnam?
Jonas: Beseitigt. Irgendwo versteckt.
Sam: Wo?
Jonas: Weiß nicht.
Sam: Sie nicht, o leuchtendes Vorbild an Ignoranz. Wohl aber, h-hm, h-hm, na?
Jonas: Dr. Zirose.
Sam: Sehr gut. Und?
Jonas: Lexis Scarlet.
Sam: Ausgezeichnet. Worauf warten wir noch, o Vater der schnellen Entschlüsse.
Jonas: Mit Fredos Paß-Scheibe kam ich ohne Probleme ins Musikcenter und in Lexis Scarlets Vorzimmer. Der Robot war noch nicht repariert. Ich hielt mich an meinem, das heißt, an Fredos Laser fest, schlich zur Bürotür, und machte sie vorsichtig einen Spalt breit auf. Und wer war drinnen? Die ganze Gang. Scarlet, Dr. Zirose, Tutti Paletti, ein undefinierbares Geschöpf mit Stocklocken, rosa Tatoe, und viel zu großen Füßen, Donald Daisy, ich kannte sie/ihn aus Randys Holos, und ich erkannte auch Scrooge, der finster im Hintergrund hockte, und keinen Ton von sich gab.
Donald-Daisy: Hat jemand ein Kaffadon für mich?
Dr. Zirose: Programmpunkt Jonas können wir dann wohl auch abhaken.
Lexis Scarlet: In solchen Sachen ist Fredo sehr verläßlich. Messer. Laserstrahler.
Paletti: Nicht, Lexis, ich will das nicht hören.
Donald Daisy: Hat denn keiner ein Kaffadon?
Lexis Scarlet: Halts Maul, DD. Und du auch, Tutti. Wir stecken alle mit drin. Jeder hat von Anfang an gewußt, was auf dem Spiel steht.
Paletti: An sich sollte es ja nur ein PR-Gag sein.
Lexis Scarlet: Nur ist gut. Nur eine Leiche. Nur ein Mord.
Paletti: Bitte, nicht diese Ausdrücke.
Dr. Zirose: Vielleicht wäre es ja auch ohne gegangen.
Lexis Scarlet: Klar. Dann hätten wir uns nur die große öffentliche Feier abschminken müssen. Nein, nein, Leute, das Requiem für Randy, das ist das A und O. Deshalb machen wir doch die Sache. Und ohne Leiche im Sarg fällt das Requiem aus. Das heißt: Es geht nicht ohne Mord. Und dafür übernehmen wir alle die Verantwortung. Alle sieben. Keiner schließt sich aus.
Donald-Daisy: Ein Kaffadon. Ich muß jetzt ein Kaffadon haben.
Jonas: Sieben? Scarlet, Zirose, Paletti, DD, Scrooge, Fredo. Ich komm nur auf 6.
Randy Orgas: Hi Baby.
Jonas: Eine plötzliche Bewegung hinter mir, ein Luftzug, ein jäher Schmerz an der rechten Schläfe, und Jonas startete in einer Rakete der Firma Immer und Ewig ins All. Ich stieg, Dr. Zirose winkte von unten, der Babylonische Staatsopernchor sang Händels Halleluja, ich schwenkte ein in die Umlaufbahn und kreiste und kreiste und kreiste, für immer und ewig, Halleluja. Bis ich auf einmal zum Stehen kam, und die Augen aufmachte. Vor mir, das bekannte Zucken im Mundwinkel, stand Randy Orgas. Ich dachte, jetzt bin ich da gelandet, wo die toten Musiker hinkommen und die toten Detektive, aber dann sah ich genauer hin. Ich war in einer Kammer voller Gerümpel, einem Abstellraum, und saß in einem alten Korbstuhl, die Hände auf den Rücken gefesselt. Und Randy zielte mit meinem Laser auf meinen Bauchnabel.
Randy Orgas: Hi, Jonas Baby. Sag jetzt bloß nicht so was wie: Du bist also nicht tot, Randy.
Jonas: Das brauch ich nicht, Randy. Ich krieg das auch so mit.
Randy Orgas: Clever, Baby. Ein Glück, daß ich gerade mal draußen war, und dich gesehen habe, vor Lexis Tür, da kommen wir beide doch dazu, ein bißchen miteinander zu reden, bis es soweit ist.
Jonas: Bis was soweit ist?
Randy Orgas: Aber Baby, bis ich nachhole, was Fredo offensichtlich nicht geschafft hat. Weißt du, Baby, die ganze Sache tut mir echt leid. Aber was soll ich machen? Business, das ging in letzter Zeit so mies, und da hat Lexis sich ausgedacht, daß ich nen Jimmy Hendrix mache. So was bringt money. Besonders wenn ich nicht einfach so abkratze, wenn das richtig super gemacht wird, big time, Baby, weißt du, Rakete ins All und so. Und dann der große Tränendrücker. Das Requiem. Die Trauerfeier. Du mußt dir das vorstellen, Baby. Der Riesensaal hier im Musikcenter, überall schwarze Schleier, weiße Lilien, Tutti hat das first-class gestylt, der Sarg oben auf einem hohen Podest, mitten unter den Fans, und über allem, in gigantischer Größe, meine Holos, und Scrooge und DD, die spielen live dazu, ist das ne Schau, Baby, ist das ne Schau?
Jonas: Nicht schlecht.
Randy Orgas: Nicht schlecht? Nicht schlecht? Das ist great, Baby, das ist grand, das ist super, das ist das größte seit John Lennon. Und meine Holos, Baby, die werden laufen und laufen, ich sag dir, Baby, mein neues Stück, The Long Good-Bye, das ist übermorgen schon die Nummer 1. Hab ich dir übrigens eins geschickt?
Jonas: Hast du, Randy.
Randy Orgas: Ist toll, nicht? Ist toll! Ja, siehst du Baby, und deshalb brauchen wir einen echten toten Randy Orgas. Die Fans sind ja so geil, Baby, und erst die Medien, Maker. Irgendwer linst bestimmt in den Sarg, und wen sieht er, Baby? Randy. Oder einen, der so aussieht wie Randy. In etwa.
Jonas: Also Jonas.
Randy Orgas: Du hast`s erfaßt, Baby. Wenn Zirose dich richtig hinkriegt, dann lassen wir den Sarg sogar offen.
Jonas: Darum wolltest du, daß ich mich um deine Weltraumbestattung kümmere.
Randy Orgas: Klar, Baby, deine Sturheit, dein Weg von Hü nach Hott, bis in Ziroses Hinterzimmer. Alles vorausberechnet, alles einkalkuliert, alles nur eine Schau, Jonas Baby. Du hast genau das gemacht, was du machen solltest. Sieh mich nicht so an, Jonas Baby. Das war Lexis Idee. Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Well, Baby, jetzt weißt du Bescheid. Also please don`t be mad und mach kein Gezeter. Es muß sein. Sorry.
Jonas: Ich dachte, wir sind Freunde, Randy.
Randy Orgas: Ja sind wir doch auch, Baby. Friends, Bunnies. Durch dick und dünn und so weiter, aber Freundschaft ist Freundschaft, und business ist business. Also dann, so long, Jonas Baby.
Jonas: Sein Daumen drückte auf den Laserabzug, der Strahl zischte und traf. Den Korbstuhl, nicht Jonas. Während Randy sich produzierte, hatte ich den Strick um meine Handgelenke durchgescheuert, an einem aus der Rückenlehne ragenden scharfen Ende Rohr, als Randy schoß, warf ich mich zur Seite, und ehe er sich von seiner Verblüffung erholen konnte, hatte ich ihm den Laser aus der Hand geschlagen. Wir tauchten ihm beide nach, der Ausgang war klar, Randy war jünger, aber ich war härter.
Jonas: So, Randy Baby, jetzt drehen wir den Spieß um.
Randy Orgas: Nicht schießen, Jonas. Nicht schießen.
Jonas: Schießen? Gar nicht nötig Randy, beweg dich, wir machen einen Spaziergang.
Randy Orgas: Ja, Jonas, alles was du sagst, Jonas. Wo gehen wir denn hin, Jonas?
Jonas: Aus der Tür, Randy. Und durchs Vorzimmer in Lexis Scarlets Büro. Da werde ich deinen versammelten Freunden kurz was sagen, und weil ich einen Laser habe, werden sie mir zuhören.
Randy Orgas: Ja, und dann, Jonas?
Jonas: Dann gehe ich nach Hause. Und weil ich einen Laser habe, werden sie mich gehen lassen.
Randy Orgas: Und ich, Jonas?
Jonas: Du bleibst da, Randy. Bei Lexis, und den anderen lieben Menschen.
Randy Orgas: Nein, Jonas, nein.
Jonas: Du hast es gesagt, Randy, ihr braucht einen echten toten Randy Orgas. Und wenn Jonas nicht mehr zur Verfügung steht, dann müßt ihr den nehmen, der da ist. Und der offiziell sowieso schon tot ist. Hauptsache, die Holos laufen.
Randy Orgas: Jonas, bitte.
Jonas: Los, Randy Baby. Mach die Tür auf.
Randy Orgas: Wir sind doch Freunde, Jonas.
Jonas: Ich werde dich vermissen, Randy.
Jonas: Am nächsten Abend lief auf allen Holo-Kanälen das Requiem für Randy. Live aus dem Musikcenter. Sehr beeindruckend. Ich sah und hörte mir Randy große Titel an, Computer-Tod, Seveso-Rock, Software in the Head. Als The long Good-Bye einsetzte, schaltete ich ab. Als dann, so long. Ich nickte. Sam nickte auch, das heißt, er hätte genickt, wenn er einen Kopf gehabt hätte, so tat er das nächst Beste. Und machte einen zustimmenden Eindruck. Ich stand auf, ging zum Fon, und rief Judith an.
Das war Requiem. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus, seinen Supercomputer Sam Peer Augustinski. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Ingrid van Bergen, Reinhard Glemnitz, Felix von Manteuffel, Siemen Rühaak, Wolfgang Hess und viele andere (Isolde Thümmler, Alexander Malachovsky, Jens Müller-Rastede). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Alexander Malachovsky. (Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks) (1985) (Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel).
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Schlachthaus
Jonas: So fangen die meisten meiner Fälle an: Ein Typ sitzt in meinem Büro, rutscht auf dem Stuhl rum, und weiß nicht so recht, ob er mir überhaupt erzählen soll, weshalb er gekommen ist. Wie gesagt, so fangen die meisten meiner Fälle an. Dieser nicht.
Oberkellner: Darf ich Ihnen jetzt die Speisekarte vorlegen, mein Herr?
Jonas: Ich warte noch.
Oberkellner: Gestatten Sie mir die Bemerkung, mein Herr, Sie warten bereits eine halbe Stunde. Wenn Sie schon nicht essen wollen, dann vielleicht wenigstens noch einen Whiskey?
Jonas: Danke. Wissen Sie, falls meine Verabredung nicht kommt, muß ich die Rechnung selber zahlen. Und bei Ihren Preisen.
Oberkellner: Verstehe. In diesem Fall muß ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Ihr Tisch benötigt wird.
Jonas: Ach, wann?
Oberkellner: In wenigen Minuten, mein Herr, praktisch sofort.
Jonas: Dieser Fall fing damit an, daß ich auf dem Stuhl rumrutschte. Und nicht bei mir im Büro. In einem Lokal. Nicht in irgendeinem Lokal. Das Escargot war ein feines Lokal. So fein, daß es sich sogar einen menschlichen Oberkellner leistete. Nicht das richtige Ambiente für Jonas. Der ist eher an den Fressomaten um die Ecke gewöhnt. Datum der Rutscherei, nicht daß es irgendwie wichtig wäre, 20. September 2009.
Oberkellner: Darf ich Sie bitten, auszutrinken, mein Herr.
Jonas: Sie schmeißen mich raus.
Oberkellner: Wenn Sie es so auszudrücken wünschen, mein Herr.
Brendel: Jonas, nehm ich an.
Oberkellner: Sie sind mit diesem, diesem Herrn verabredet, Herr van…
Brendel: Pst. Pst. Josef. Keine Namen. Bringen Sie mir ein Glas Wasser. Und die Speisekarte.
Oberkellner: Glas Wasser, Speisekarte, sehr wohl, Herr äh…
Brendel: Pst. Sie sind pünktlich, Jonas. Das freut mich.
Jonas: Sie sind unpünktlich. Und Sie haben mir am Fon einen falschen Namen genannt. Sie heißen nicht Pankreas.
Brendel: O nein, zum Glück nicht.
Oberkellner: Das Glas Wasser, bitteschön, die Speisekarte, Herr…
Brendel: Pst. Hechtklößchen. Lammrücken. Trodosie. Alles synthetisch natürlich, aber ich versichere ihnen, so ausgezeichnet zubereitet, daß Sie den Unterschied kaum spüren. Walsteak a la Ninive. Wäre das nicht was für Sie, Jonas?
Jonas: Witzig. Wünsche guten Appetit.
Brendel: Aber mein Bester, nicht gehen. Bitte. Sie müssen mich verstehen. Ich bin ein bißchen nervös. Und vorsichtig. Mit Menschen Ihres Schlages habe ich mich noch nie abgeben müssen.
Jonas: Das wäre auch unwahrscheinlich gewesen. Ich bin nämlich der letzte. Der letzte Privatdetektiv. Und der einzige. Wenigstens in Babylon. Konkurrenzlos. Ein aussterbender Beruf. Wer braucht schon einen Detektiv?
Brendel: Ich. Ich brauche einen. Einen Privatdetektiv. Tüchtig. Diskret.
Jonas: Möglichst stubenrein.
Brendel: Und nicht all zu vorlaut. Unter welchem Sternbild sind Sie geboren, Jonas?
Jonas: Stier. Warum?
Brendel: Ich bin Krebs. Ich bin Krebs, und ich habe Krebs. An der Bauchspeichel-drüse. Deshalb mein Pseudonym, Pankreas. Bauchspeicheldrüse. Verstehen Sie?
Jonas: Er war ein Witzbold. An der Oberfläche. An der gut frisierten, mani- und pedikürten, nach letzter Mode drapierten und bemalten Oberfläche. Darunter hatte er scheußliche Angst.
Brendel: Ich muß eine neue haben. Eine neue Bauchspeicheldrüse. Dringend.
Jonas: Und wo ist der Haken?
Brendel: Tja, kurz gesagt, ich habe den falschen Beruf.
Jonas: Was machen Sie?
Brendel: Ich bin Psychagoge.
Jonas: Welche Richtung? Klassisch, anal, para, meta, hypo?
Brendel: Para. Meine Spezialität ist der Tarot. Aber ist stelle auch Horoskope. Eurasisch, chinesisch, kalifornisch, wie Sie wollen.
Jonas: Parapsychagoge. Dann ist Ihr sozialer Nützlichkeitsstatus so um die 2 oder 3.
Brendel: 2, 25. Genau.
Jonas: Nur ein Ideechen besser als ein Privatdetektiv. Sie stehen also auf Orgalist ganz unten.
Brendel: Und wenn ich dran bin mit der Zuteilung, dann brauch ich keine Bauchspeicheldrüse mehr, dann bin ich schon längst in der Vase.
Jonas: Vermutlich.
Brendel: Nun ist aber andererseits die Parapsychagogie recht lukrativ, darum habe ich mir überlegt, ich meine, ich dachte, da gibt es doch so was wie, ich meine, ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken soll…
Jonas: Er war so mysteriös wie ein gelöstes Kreuzworträtsel. Sehr schön. Merken. Fürs Poesiealbum des Detektivs.
Jonas: Sagen Sie einfach Schwarzmarkt. Schwarzer Organmarkt.
Brendel: Genau. Das meine ich. Aber weil ich mich in solchen Sachen überhaupt nicht auskenne…
Jonas: Soll ich Ihnen ein Organ organisieren.
Brendel: Köstlich. Sie haben den Nagel mitten ins Gesicht getroffen. Scherz beiseite. Sie, Jonas, besorgen mir eine Bauchspeicheldrüse. Wie immer. Wo immer. Keine Fragen. Keine Probleme. Sie liefern. Ich zahle. Jeden vernünftigen Preis. Und ihr Honorar natürlich.
Jonas: 80 Euros pro Tag und Spesen.
Brendel: Nicht gerade wenig. Was tun Sie dafür?
Jonas: Nicht gerade wenig. Alles, was ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann.
Brendel: O, Sie haben ein Gewissen? Wie entzückend altmodisch. Und, können Sie?
Jonas: Kann ich was?
Brendel: Meinen Auftrag mit Ihrem Gewissen vereinbaren?
Jonas: Im Prinzip, ja. Nicht 100-prozentig, aber 90 Prozent waren ja auch nicht so schlecht. Wenn ich auf dem Schwarzmarkt eine Bauchspeicheldrüse auftrieb, dann schadet dies schließlich keinem, dachte ich, im Gegenteil. Ich rettete dem pseudonymen Herrn Pankreas das Leben. Geld brauchte ich auch, ich brauche immer Geld. Also ja, dachte ich. Aber ich sagte nicht ja. Noch nicht.
Jonas: Ich werde es mir überlegen. Wissen Sie, ich bin auch vorsichtig. Mit Leuten Ihres Schlages halte ich mich ein bißchen zurück. Ich rufe Sie an, heute noch.
Brendel: Sie wissen doch gar nicht, wer ich bin.
Jonas: Ich bin Detektiv.
Jonas: Das verschlug ihm den Appetit, und er ging. Leicht verstört. Ich wartete noch einen Moment. Ich hatte meine Gründe.
Oberkellner: Sie gestatten, daß ich abräume, mein Herr.
Jonas: Wer war das?
Oberkellner: Der Herr, mit dem Sie verabredet waren? Bedaure, mein Herr. – Ein ganzer Euro? Vielen vielen Dank, mein Herr, aber ich bin nicht bestechlich. Außerdem hat Herr… die Rechnung bereits beglichen. In äußerst großzügiger Weise.
Jonas: Sie irren sich, alter Freund, das ist keine Bestechung und auch kein Trinkgeld.
Oberkellner: Sondern?
Jonas: Kaufpreis. Für das hier. Mehr ist es sicher nicht wert.
Oberkellner: Mein Herr, erlauben Sie. Sie können doch nicht einfach ein Glas einstecken.
Jonas: Das Wasserglas, aus dem Pankreas getrunken hatte. Voller Fingerabdrücke und Speichelspuren. Die Visitenkarte meines Auftraggebers. Ich war ein gebranntes Kind. Gerade in letzter Zeit hatte ich ein paar Fälle erlebt, in denen die Auftraggeber versucht hatten, mich reinzulegen. Aber hier war, wie es aussah, alles OK. Vorläufig.
Sam: Hinterlasser der Fingerabdrücke bzw. Speichelspuren heißt Julian van Brendel. Bürgernummer 77 M 03 03 1961.
Jonas: Beruf?
Sam: Parapsychagoge.
Jonas: Status?
Sam: 2,25, o Stern von Bethlehem.
Jonas: Ich darf vorstellen. Computer, Typreihe Doktor, Versuchsmodell Chrysostomus, McCoy Incorporated, Baujahr 2005, Rufname Sam. Fähigkeiten: fast unbegrenzt. Fehler: nur einer. Sam leidet an verbaler Überfütterung. Er hat zu viele Sprachprogramme im Speicher, und er kommt damit nicht so richtig klar. Ansonsten ist er ein Goldstück. Wenn man sich an seine Ausdrucksweise gewöhnt hat. Und das ist nicht leicht.
Jonas: Jonas hier, ich übernehme den Auftrag, Herr van Brendel, die Bedingungen kennen Sie, ich rufe Sie wieder an. – Hoffentlich bald. Wie kriege ich möglichst schnell einen Fuß in den schwarzen Organmarkt, Sam?
Sam: Keinesfalls über die normalen Datenbänke, euer Wohlerzogenheit. Da in den selben keinerlei Informationen in Bezug auf illegale Praktiken zu finden sein dürfte.
Jonas: Weiß ich selbst, Sam. Dazu brauche ich keinen Computer. Also hintenrum.
Sam: Jawohl, Chef, von hinten durch die Brust ins Auge, haha.
Jonas: Ebenfalls Haha. Frage: wie?
Sam: In der Tat, Prinz Eisenherz, dies ist die Frage.
Jonas: Wie wäre es denn mit der HyPo?
Sam: Darf ich euer Lordschaft zu dero fast überirdischer Auffassungsgabe beglückwünschen. Die Sache hat nur einen ganz ganz kleinen Haken: Den Code für die Datenbank der Hygiene-Polizei kenne ich zu meinem Bedauern nicht.
Jonas: Du nicht, Sammy, aber ich kenne.
Sam: Sie Meister? Kann ich es glauben?
Jonas: Laß mich doch ausreden. Ich kenne jemand, der ihn kennt.
Sam: Diese Frau?
Jonas: Ganz recht, Sam. – Hallo, Judith.
Jonas: Judith hatte ich vor einem halben Jahr kennen gelernt. Beim Testmarktfall. Als ich mich zum ersten Mal mit Frau Professor Caligari anlegte. Oder Caligari mit mir, wie man’s nimmt. Judith war meine Klientin, und wurde meine z.B., meine zeitweilige Beziehung. Ob das ein Gewinn für sie ist, weiß ich nicht. Bei der Testmarktsache hat sie 100.000 Euros kassiert, und das war ein Gewinn. Judith ist beim Ministerium für Statistik und Soziographie. In höherer Position. Sie weiß deshalb mehr als andere. Für einen Detektiv kann das ab und zu nützlich sein.
Judith: Wir sind verabredet, Jonas. Heute Abend im Freiluftpark.
Jonas: Ja, hör mal Judith.
Judith: Ich muß dir was erzählen. Ich soll befördert werden.
Jonas: Schön für dich. Ich hab ein kleines Problem.
Judith: Ich müßte mich allerdings versetzen lassen zur Abteilung Öffentliche Sicherheit.
Jonas: Zur Polizeiverwaltung?
Judith: Ja. Ja.
Jonas: Tu das Judith.
Judith: Ich weiß nicht so recht.
Jonas: Aber sicher. Was meinst du, wo du dann erst überall rankommst. Apropos.
Judith: Du denkst nur an dich, Jonas.
Jonas: Ich denke an meine Fälle, das ist was anderes. Sag mal, Judith, wo würdest du hingehen, wenn du eine neue Bauchspeicheldrüse brauchst?
Judith: Wieso?
Jonas: Illegal, meine ich.
Judith: Du brauchst keine neue Bauchspeicheldrüse, du brauchst ein neues Herz. Und eine neue Beziehung.
Jonas: Trotzdem hat sie mich eine Stunde später angerufen, und mir eine Adresse gegeben.
Judith: After Eight. Das ist eine Bar am oberen Markgrafenboulevard. Der Besitzer heißt Guttapercha. Archimedes Guttapercha.
Jonas: Guttapercha. Weißt du, Judith, unsere Verabredung heute Abend.
Judith: Fällt aus. Alles fällt aus. Bis auf weiteres.
Jonas: Ich hatte das dringende Gefühl, ich sollte über Judith und über mich, und über uns beide mal gründlich nachdenken. Später. Julian van Brendel wartete auf seine Bauchspeicheldrüse. Und ich mußte zum oberen Markgrafenboulevard.
Barkeeper: Was trinken Sie?
Jonas: Whiskey.
Barkeeper: Synth oder echt?
Jonas: Sie haben echten?
Barkeeper: Was Sie wollen. Schottischen. Irischen. Bourbon. 25 Euros.
Jonas: In letzter Zeit verkehrte Jonas vorwiegend in besseren Kreisen. Da wo das Leben furchtbar teuer ist, und ungeheuer exklusiv. Ich bestellte einen doppelten Synth. Der Barkeeper goß ein und verachtete mich. So sehr, daß er mich überhaupt nicht mehr zur Kenntnis nahm. Ich ging auf Wanderschaft. Durch die Hintertür, an der Privat dranstand, über einen Flur, zu einer angelehnten Tür, hinter der jemand am Bildfon sprach. Durch den Türspalt hörte ich ein bißchen mit.
Guttapercha: Nur eine kurze Verzögerung, Frau Professor. Ein, zwei Tage höchstens. Gegen Sturm kann man nichts machen. Sturm ist höhere Gewalt.
Caligari: Das interessiert mich nicht. Wir haben einen Vertrag.
Guttapercha: Ja selbstverständlich, Frau Professor, aber.
Caligari: Alles ist präpariert. Ich muß die Ware haben. Jetzt. Sobald sie in Babelshafen ausgeschifft wird.
Guttapercha: Ja, laß ich sie auf schnellstem Wege zu Ihnen ins Krankenhaus bringen, Frau Professor.
Jonas: Frau Professor, und diese Stimme? War das nicht… Tatsächlich, Frau Professor Caligari. Ich konnte sie deutlich erkennen durch den Türspalt, auf dem Monitor des Bildfons. Was hatte die Chefin von ZIP, vom Zentralinstitut für Populationsforschung, in meinem neuen Fall zu suchen? Das gefiel mir gar nicht.
Caligari: Also, Guttapercha, ich verlaß mich auf Sie. Und wehe Ihnen, wenn ich mich irre.
Guttapercha: Jawohl, Frau Professor, selbstverständlich, Frau Professor. Widerliches Weib. – Ja, kommen Sie rein, die Tür ist auf. – Was wollen Sie?
Jonas: Eine Bauchspeicheldrüse kaufen.
Guttapercha: Und wer sind Sie?
Jonas: Jemand, der `ne Bauchspeicheldrüse kaufen will. Und bar bezahlen.
Guttapercha: Sie haben Pech.
Jonas: Wieso? Bin ich falsch bei Ihnen?
Guttapercha: Nein, bei mir kriegen Sie jedes gewünschte Organ. In bestem Zustand. Bei mir. Nur bei mir.
Jonas: Wo liegt das Problem?
Guttapercha: Es ist nichts da. Alles ausverkauft. Ich warte auf neue Ware. Kann jeden Moment kommen. Rufen Sie mich morgen an. Und jetzt raus mit Ihnen. Falls Sie nicht lesen können, an der Tür da vorn steht privat. Raus mit Ihnen, hab ich gesagt.
Jonas: Noch eine Frage: Mit wem haben Sie eben foniert?
Guttpercha: Meine Assistenten, Mr. Crap und Mr. Turt. Und der Typ hier ist ein neugieriger Zeitgenosse, der zu viele Fragen stellt. Ihr begleitet ihn zur Straße.
Mr. Crap: Friedlich, Chef?
Guttapercha: Wenn er friedlich ist.
Mr. Crap: Alles klar, Chef. Kommen Sie mit.
Jonas: Die beiden sogenannten Assistenten mit den ansprechenden Namen setzten mich freundlich vor die Tür. Und weil es spät war, und ich nichts Besseres vorhatte, ging ich nach Hause. Apartment plus Büro, 22 Quadratmeter. Trautes Heim. Ich dachte nach. Welche Verbindung bestand zwischen einer mächtigen Geheimorganisation wie ZIP und dem schwarzen Organmarkt? ZIP wollte das Überbevölkerungsproblem beseitigen, in dem es die Bevölkerung beseitigte. Wenigstens teilweise. Und der Schwarzmarkt tat genau das Gegenteil. Ich sah nicht durch. Und Sam auch nicht. Unzureichende Daten. Das sagt er immer, wenn er keine Ahnung hat. Am nächsten Morgen rief ich Guttapercha an.
Guttapercha: Problem inzwischen bereinigt. Ihre Bauchspeicheldrüse ist da.
Jonas: OK, ich komm gleich rüber.
Guttapercha: Nein, morgen Vormittag.
Jonas: Warum soll ich solange warten?
Guttapercha: Weil ich es sage.
Jonas: Merkwürdig. Aber wie auch immer. Offensichtlich ist neue Ware eingetroffen. In Babelshafen. Das heißt, übers Meer. Und das heißt.
Sam: Mit dem Schiff, Herr und Meister.
Jonas: Wenn ich dich nicht hätte, Sammy. Sieh doch spaßeshalber mal nach, was für Schiffe zwischen gestern Abend und heute früh in Babelshafen eingelaufen sind.
Sam: Piep. Nur ein einziges, o Großadmiral der sieben Meere. Der Superkühlfracht-segler El Präsidente Tabasco. Aus Costaguana. Um 18 Stunden verspätet. In aller Wahrscheinlichkeit handelt es sich hierbei um das Transportmittel der schwarzen Organe.
Jonas: Ich will’s genau wissen, Sam. Mach ne Querverbindung. Landungen dieses Kühlschiffs aus Costaguana, sagen wir, im letzten Jahr, und Aktivität auf dem schwarzen Markt. Du hast doch jetzt den Hypo-Code von Judith.
Sam: Aye Aye Sir.
Jonas: Ergebnis: Einen Tag nach Einlaufen der Präsidente Tabasco brach auf dem Schwarzmarkt munteres Treiben aus. Jedesmal. Die Sache war klar. Aber ich wollte es noch genauer haben.
Jonas: Und jetzt noch ein kurzer Blick in die Frachtpapiere. – Ja was ist, Sam?
Sam: Einen Augenblick Geduld, erhabener Hafenkommandant. Piep. Piep. Information nicht zugänglich.
Jonas: Nanu.
Sam: Höchste Geheimstufe. Unbekannter Code. Und Aua.
Jonas: Was hast du, Sammy? Was ist passiert?
Sam: Ein elektronischer Hinterhalt. Infro-Anfrage wurde abgefangen und zurückverfolgt.
Jonas: Sicher, Sam?
Sam: Leider ja, Wahna. Sam zerknittert, Wahna. Erwischt auf falschem Fuß. Sam glauben nur Routine, Wahna. Sam können nicht ahnen großes Geheimnis im Busch.
Jonas: Krieg dich wieder ein, Sammy. Passiert ist passiert.
Jonas: Knappe 24 Stunden später tanzte ich im After Eight an, um dort meine Drüse abzuholen. Ober-Organu Guttapercha steckte 3000 Euros ein, drückte mir einen Kühlbehälter in die Hand, und damit wollte ich gleich zu van Brendel, wie es sich gehört für einen braven Privatdetektiv.
Guttapercha: Sie bleiben noch einen Moment hier, Jonas.
Jonas: Danke, ich hab’s eilig. Ich möchte nichts trinken.
Guttapercha: Zu trinken kriegen Sie auch nichts. Sie kriegen was anderes. Nämlich das!
Jonas: Ah!
Jonas: Ehe ich was unternehmen konnte, hatten sie mich schon fest im Griff. Die Herren Crap und Turt.
Guttapercha: Ich habe es Ihnen schon mal gesagt, Jonas. Sie sind zu neugierig, Sie und Ihr gottverdammter Computer. Sie interessieren sich für Sachen, die gefährlich sind. Sehr gefährlich.
Jonas: Das, das war wirklich reine Neugier. Nichts Ernstes.
Guttapercha: Wissen Sie was, Jonas, das glaube ich Ihnen sogar. Ich gebe Ihnen einen Rat. Vergessen Sie die Präsidente Tabasco und alles was damit zusammenhängt.
Jonas: Aber gerne, schon vergessen.
Guttapercha: Ob ich Ihnen das auch so ohne weiteres glauben kann. Sicherheitshalber werden wir Ihnen eine kleine Erinnerung mit auf den Weg geben, ein Denkzettel, wie man so sagt. Wenn ich bitten darf, Mr. Crap, Mr. Turt.
Mr. Crap: Jawohl, Chef.
Guttapercha: Langsam, haut ihn nicht gleich zum Krüppel. Denkzettel habe ich gesagt, eine freundschaftliche Abreibung, mehr nicht.
Mr. Crap: Schade.
Jonas: Nach der Abreibung ließen sie mich laufen. Mit der Bauchspeicheldrüse. Laufen konnte ich noch, und auch sonst war ich noch einigermaßen beieinander. Kleinere Betriebsunfälle steckt Jonas weg, ohne mit der Wimper zu zucken. Nachdem ich mich mit einem dreistöckigen Whiskey erfrischt hatte, rief ich meinen Auftraggeber an, und bestelle ihn zu mir.
Jonas: Bitte sehr. Einmal Pankreas on the rocks.
Brendel: Wunderbar, ganz wunderbar. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin. Hatten Sie Schwierigkeiten?
Jonas: Ein bißchen.
Brendel: Aber das hat Sie nicht abgehalten. Sie nicht. Sie haben die Sache großartig gemacht, Jonas. Wie, will ich gar nicht wissen. Was kriegen Sie?
Jonas: Insgesamt drei Tage zu je 80 Euros, das macht, äh… äh Sam?
Sam: Äh, äh, 240 Euros, o Gaus, Euklid nebst öh, Einstein. Plus 270 Euros Spesen, welche sich zusammensetzen wie folgt.
Brendel: Nicht nötig, geschenkt. Mein Computer wird Ihrem Computer den Betrag sofort gutschreiben. Dazu einen Bonus von 300 Euros, weil Sie so tüchtig waren, und so fix.
Jonas: Na bitte. Es gab eben noch wahre Dankbarkeit unter den Menschen. Ich war um runde 600 Euros reicher. Und das wär’s gewesen. Aber ich war nicht nur reicher, ich war auch stur. So stur wie der alte Phil Marlowe. Mindestens. Für mich war die Sache noch nicht zu Ende.
Sam: Costaguana, o starker Atlas, der du die Welt weder auf den Schultern trägst noch im Kopfe, Costaguana ist ein kleiner Staat in Zentralamerika. Eine sogenannte Bananenrepublik. Bevölkerung: ca. 23 Millionen. Export tropische Früchte. Keine Industrie. Regierungsform: Präsidentschaft ohne Parlament.
Jonas: Besondere Kennzeichen: keine. Und da kommen also Organe für unseren schwarzen Markt her, in Mengen. Interessant. Was hätte Marlowe in meinem Fall gemacht, Sam?
Sam: Nachgehakt, Chef, nachgebohrt.
Jonas: Dann bohren wir doch mal ein bißchen. Wieviel habe ich auf dem Konto?
Sam: 1102 Euros, o du mein Nabübchen.
Jonas: Soviel?
Sam: Die Abfindung im Reservatsfall ist noch immer nicht zur Gänze ausgegeben, o König Midas, oder meine ich Krösus?
Jonas: A ja. Das dürfte reichen, Sammy.
Sam: Wofür, euer Wohlhabenheit?
Jonas: Costaguana. Hin und zurück.
Sam: Nie im Leben, Kumpel. Schon der einfache Flug mit Chemorock.
Jonas: Chemorock. Wer spricht denn von Chemorock. Bin ich Millionär? Schiff, Sammy, Lastensegler. Damit fahren wir rüber nach Costaguana, und sehen uns da mal ein bißchen um. Und wenn bei der Organgeschichte nichts rauskommt, dann machen wir vielleicht ein paar Tage Urlaub.
Sam: Urlaub. Blauer Himmel. Weißer Sand. Grüne Palmen.
Jonas: Meinst du, so was gibt’s noch in Costaguana?
Sam: In der Sonne liegen. Im Meer baden.
Jonas: Baden. Im Meer. Jetzt spinnst du aber wirklich, Sam. Wir leben doch nicht mehr im 20. Jahrhundert. Zurück in die Gegenwart, marsch marsch.
Sam: Jawohl, Herr General. Erlaube mir den Hinweis, als eines von nur noch drei Ländern auf dieser unserer Erde, huldigt Costaguana dem atavistischen Visumzwang. Derohalb und Dessentwegen.
Jonas: Werden wir ein Visum beantragen müssen, Sam. Wo?
Sam: Im Costaguanesischen Generalkonsulat zu Babelshafen, Exzellenz.
Jonas: Ich rief an, und erfuhr, ich müßte mir das Visum persönlich abholen. Also auf nach Babelshafen. Mit der Druckluftpost im Metallzylinder, auch bekannt als Sardinenbüchse. Weil jeder Passagier sich auf nur einem viertel Quadratmeter einrichten muß. 10 Minuten zischten wir durch die Röhre. Und ich war da. In Babylons Tor zur Welt. Am Ufer des nordischen Meerbusens. Die übliche Hafen-Atmosphäre. Wellen und Wind. Die Silhouetten der riesigen computergesteuerten Frachtsegler an den Kais. Nur die Möwen fehlten. Die Kneipen voll von leichten Mädchen und leichten Jungs für Seemänner und Seefrauen. Irgendwo dazwischen lag das Generalkonsulat von Costaguana. Und hier sah sich der Typ hinter dem Schreibtisch meine Bürgerkarte an, als hätte ich ihm einen abgelaufenen philippinischen Paß in die Hand gedrückt.
Konsulatsbeamter: Jonas, hhm. Leider kann Ihnen das Visum nicht sofort ausgestellt werden, Senior, eine technisch bedingte Verzögerung. Sie verstehen.
Jonas: Nein. Wann kann ich das Visum kriegen. Maniana?
Konsulatsbeamter: Ich bitte Sie, Senior. Nur ein paar Minuten. Wenn Sie solange im Nebenzimmer Platz nehmen würden. Die rechte Tür.
Jonas: Ah!
Jonas: Die Sonne machte einen jähen Kopfsprung hinter den Horizont, der Mond raste über den Himmel, die goldenen Sternlein prangten, es wurde plötzlich Nacht, und ich legte mich zur Ruhe. Irgendein Zeitgenosse hatte mir ein höchst wirksames Schlafmittel über den Schädel gezogen. Als ich aufwachte, war es immer noch Nacht. Der Mond schien, das Meer rauschte, und die ganze friedliche Stimmung hatte nur einen Schönheitsfehler. Um mich herum standen die Herren Crap, Turt und Guttapercha. Letzterer hielt einen Laserstrahler in der Hand, die Mündung auf meinem Magen gerichtet. Als ich das im Schein der trüben Hafenfunzeln sah, machte ich die Augen ganz schnell wieder zu.
Mr. Crap: Und was nu, Chef?
Guttapercha: Was schon? Weglasern. Dann ins Wasser mit dem Kerl. Der macht uns keine Schwierigkeiten mehr.
Mr. Crap: OK, Chef, Sie haben den Laser.
Guttapercha: Ich? Also, vielleicht macht das doch besser einer von euch. Crap?
Mr. Crap: Wie Sie wollen, Chef. Dann schmeißen Sie das Ding mal rüber.
Jonas: Mein Stichwort. Ich kam hoch, und bevor die drei was mitkriegten, hatte ich den Laser in der Hand. Amateure. Das heißt, Crap und Turt waren immerhin soweit Experten, daß sie sich ganz schnell in die Büsche schlugen. Guttapercha wollte auch, aber er war ein bißchen zu lahm. Und weil ich gerne einen der Brüder dabehalten hätte, um ihn auszuquetschen, schickte ich ihm einen Laserstrahl nach. Das Knie war gemeint, aber ich war noch nicht voll da, und traf ihn einen guten Meter höher. Guttapercha fiel um, und als ich bei ihm war, lebte er nicht mehr. Ich sah mich um, keiner da, um so besser. Ich räumte ihm die Taschen aus, und dann, was sollte ich machen, rollte ich ihn ins Wasser.
Sam: Die Affäre, o Poposeidon, nimmt ungeahnte, und wie zu bemerken ich mich nicht enthalten zu können glaube, höchst gefährliche Dimensionen an.
Jonas: Sam hatte ich bei mir. Sam habe ich immer und überall bei mir. Natürlich nicht den großen Kasten, der im Büro steht, sondern Sam zwo oder auch Pocket-Sam. Ein Ableger im Miniformat. Guter Rat in jeder Lage, und Gesellschaft dazu.
Jonas: Irgendwer hat irgendwas zu verbergen.
Sam: Und scheut, wie es scheint, selbst vor Mord nicht zurück.
Jonas: Wenn schon. Jetzt erst recht.
Sam: Leicht gesagt, wie wollen Durchlaucht nach Costaguana kommen ohne Visum?
Jonas: Sieh mal an. Ein Dauervisum für Costaguana, ausgestellt auf Archimedes Guttapercha. Schade, daß ich dem Kerl gar nicht ähnlich sehe. Das Holobild läßt sich nicht ändern, leider.
Sam: Das Holobild nicht, wohl aber dero Antlitz.
Jonas: Mein Gesicht? Plasti-Face meinst du?
Sam: Natürlich, Genosse. Andererseits aber auch wieder nicht natürlich, da für euer Gnaden Geldbeutel viel zu teuer.
Jonas: Tja, Sammy, du weißt eben doch nicht alles.
Sam: Wie darf ich das verstehen?
Jonas: Wir haben Bargeld, Sam. Der gute alte Guttapercha, möge er in Frieden schwimmen, hatte einen ganzen Tausender in der Tasche, welchen einem guten Zweck zuzuführen ich nicht zögern werde.
Sam: Majestät wollen sich gesichtsmäßig in Guttapercha umwandeln?
Jonas: Wenn’s zur Wahrheitsfindung beiträgt.
Sam: Amen.
Jonas: In Babelshafen gibt es alles. Auch einen Plasti-Face-Shop, direkt neben dem letzten, in Ehren ergrauten Tätowierer, dem ich im Vorbeigehen einen freundlichen Gedanken widmete. Von Kollege zu Kollege sozusagen.
Angestellte: Ein anderes Gesicht, der Herr? Warum nicht? Öfter mal was Neues, sagten schon unsere Großeltern. Und wie wünschen Sie?
Jonas: So. Wie auf diesem Holo.
Angestellte: Hmh. So wollen Sie aussehen? Wirklich? Unter uns, also ich würde an Ihrer Stelle dann doch lieber das Gesicht behalten, das Sie jetzt auf dem Hals tragen. Nein? Na gut, es ist Ihr Bier und unser Geschäft. Wann paßt es Ihnen?
Jonas: Sofort.
Angestellte: Wollen mal sehen. Ja, zufällig ist ein Platz im Tank frei. Legen Sie ab.
Jonas: Die Prozedur war kurz, teuer und schmerzlos. Ich stieg in den Elektro-Plastik-tank als Jonas, und als ich rauskam war ich, vom Hals ab aufwärts, Archimedes Guttapercha. Mir blieb auch nichts erspart. Ich nahm mir vor, eine Zeit lang nicht in den Spiegel zu kucken. Mit dem neuen Gesicht und mit dem Visum kriegte ich ohne Schwierigkeit ein Ticket nach Costaguana. Ich mußte mich beeilen. Die Präsidente Tabasco wollte gleich ablegen. Vorher rief ich vom Kai aus in Babylon an.
Judith: Hier spricht die automatische Fonbeantwortung Judith Delgado. Sie hören eine Aufzeichnung. Durch einen beruflichen Wechsel bin ich zur Zeit stark in Anspruch genommen und daher vorläufig nicht zu erreichen. Hinterlassen Sie bitte eine Nachricht. Bitte sprechen. Bitte sprechen.
Jonas: Auch Jonas können die Worte fehlen. Meist gerade dann, wenn er sie händeringend braucht. Nichts zu machen. Aufbruch ohne Abschied ist sowieso besser. El Präsidente Tabasco landete pünktlich in El Dorado, der Haupt-, Hafen- und überhaupt einzigen Stadt von Costaguana. Und der Mann mit Guttaperchas Gesicht wurde empfangen wie ein Staatsgast.
Posada: Senior Archimedes Guttapercha, Oberstleutnant Elena Posada, Adjutantin erster Klasse bei seiner Erhabenheit, dem Präsidenten.
Jonas: Tante Gusto Tenjente, stehen Sie bequem.
Posada: Ich habe die Ehre, Sie in Ihr Hotel zu begleiten. Sie werden in Kürze Gele-genheit zu einer Audienz bei seiner Erhabenheit erhalten. Ich darf Ihnen versichern, daß seine Erhabenheit dem Gespräch mit größtem Interesse entgegen sieht.
Jonas: Ich auch. Aber zuerst das Hotel. Eine große Suite. 80 Quadratmeter mindestens. Essen so so, Trinken bestens. Whiskey, echter, nicht Synth. Zur freien Verfügung. Costaguana war ein Schlaraffenland, wenn man Guttapercha hieß, oder wenigstens so aussah. Ich versuchte einen Plan zu machen, aber dazu ging alles viel zu schnell. Eine knappe Stunde später saß ich in einem Benzinauto. So was gab’s noch im wilden Amerika.
Posada: Um der Unterredung den passenden Rahmen zu geben, wünscht seine Erhabenheit, Sie in La Installation zu empfangen.
Jonas: La Installation, was ist das?
Posada: Sie scherzen, Senior Guttapercha.
Jonas: Erstaunlich viel Soldaten haben Sie hierzulande, Oberstleutnant.
Posada: In Costaguana gibt es keine Soldaten, Senior Guttapercha.
Jonas: Ach nein? Und die bewaffneten Uniformierten da draußen?
Posada: Angestellte, Senior Guttapercha, Angestellte im Ministerium für Außenhandel, aber das wissen Sie doch. Sie sind doch nicht zum ersten Mal bei uns.
Jonas: Von da ab hielt ich lieber den Mund. Und sah nur noch stumm aus dem Fenster. Durch die Bananenpflanzungen rechts und links rollten gewaltige Agarautomaten. Die wenigen jämmerlichen Siedlungen dazwischen waren bewacht und eingezäunt. Und eingezäunt oder besser eingemauert war auch unser Ziel, La Installation, was immer das sein mochte. Wir fuhren durch ein bewachtes Tor in der Mauer, und dann lag sie vor uns, die Installation. Mehrere große miteinander verbundene Gebäude, die Fassaden bemalt im schönsten bananenrepublikanischen Barock, dahinter Rohre und Schornsteine, die munter rauchten. Anscheinend eine Art Fabrik. Und über dem Ganzen ein süßer Hauch von Fäulnis.
Posada: Senior Archimedes Guttapercha aus Babylon, Vereinigte Staaten von Europa. Seine Erhabenheit, der Präsident General Don Alfredo Lopez Tabasco de Maricon Ibustament.
Tabasco: Meine liebe Elena, warum so förmlich? Wir kennen uns. Wie geht’s, mein Freund?
Jonas: Danke, Er… Erhabenheit.
Tabasco: Nennen Sie mich Fred. Sie haben abgenommen, Guttapercha. Der Streß, nicht wahr. Immerhin liegt unser gesamter Export in die VSE in Ihrer Hand, in Ihrer bewährten Hand.
Posada: Nicht zu vergessen die Union der Volksrepubliken, Erhabenheit.
Tabasco: Richtig, die UVR haben Sie ja auch. Respekt, mein lieber Guttapercha, Sie sind wirklich unsere Nummer eins drüben, abgesehen natürlich von Frau Professor Caligari, aber die ist eine Klasse für sich, nicht wahr?
Jonas: Seine Erhabenheit war noch jung, und wirkte in seiner edelsteinbesetzten Uniform wie eine Kreuzung aus intergalaktischem Generalissimus und Anmacher vor einem Stimulationsschuppen. Und er redete auch wie ein Anmacher. Ohne Punkt und Komma.
Tabasco: Erzählen Sie, mein lieber Guttapercha, gibt’s was Neues auf ihrem schwarzen Markt? Wie gehen die Geschäfte? Was macht die Korporation?
Posada: Si? Momentico. Für Sie, Erhabenheit.
Tabasco: Danke, Elena. Ja, was. Ja. Nein.
Posada: Noch ein Whiskey, Senior Guttapercha?
Jonas: Warum nicht, danke.
Tabasco: Nein, das mach ich selbst. Lassen Sie Ihr Glas stehen, mein lieber Guttapercha, Sie können später austrinken. Wir machen eine Führung. Eine Führung durch La Installation. Wenn ich mich nicht irre, waren Sie noch nie hier, oder?
Jonas: Nein, Erhabenheit.
Tabasco: Fred, mein lieber Guttapercha. Fred.
Posada: Wünschen Erhabenheit, daß ich die Leibgarde rufe?
Tabasco: Nicht doch, Elena, wir sind unter uns. Unter Freunden. Ein zwangloser Rundgang zu dritt. Informell. Intim. Enmarcha.
Jonas: Durch einen langen Gang kamen wir auf eine Plattform. Nein, eine Plattform war es eigentlich nicht. Eher eine Scheibe aus Plexiglas, durchsichtig und ungeheuer groß. Mindestens 100 mal 100 Meter. Sie war gleichzeitig Fußboden und Decke. Wir standen darauf, und unter unseren Füßen sahen wir einen weiten Raum, durch Zwischenwände unterteilt in viele viele schmale Verschläge. Wie Waben in einem Bienenkorb. In jedem Verschlag hockte oder lag ein Mensch, nackt, reglos, aber atmend.
Tabasco: Betäubt, mein lieber Guttapercha. Ruhiggestellt. Das ist praktisch, human und nicht teuer, weil wir das Opium im Lande produzieren. In erster Linie achten wir natürlich darauf, daß sie tüchtig essen. Wie spät ist es, Elena?
Posada: 17 Uhr 32, Erhabenheit.
Tabasco: Schade. Die nächste Fütterung findet erst in drei Stunden statt. Das hätte ich Ihnen gern gezeigt, mein lieber Guttapercha. Wenn Sie… wenn Sie an diesem Hebel ziehen, öffnet sich im Plexiglas eine Klappe. Hier. Wie Sie bemerken, befindet sich darunter, unter der Klappe, ein Trog. Und in diesen Trog wird von hier oben der Brei gegossen. Wir füttern eine äußerst gesunde Mixtur. Proteine, Eiweiß, Vitamine etc. Schließlich wollen wir unseren guten Kunden und Abnehmern fehlerlose Ware liefern. Abnehmer. Da fällt mir ein, vor wenigen Minuten habe ich übers Telefon eine betrübliche Mitteilung erhalten. Ihre Waffe ist schußbereit, Elena?
Posada: Jawohl, Erhabenheit.
Tabasco: Äh, ja, was wollte ich sagen.
Jonas: Eine betrübliche Mitteilung, Erhabenheit.
Tabasco: Ja.
Jonas: Äh, Fred.
Tabasco: Richtig. Stellen Sie sich vor, unser europäischer Zwischenhändler ist tot. Man hat ihn bei Babelshafen aus dem Wasser gefischt. Ein gewisser Archimedes Guttapercha. Tüchtiger Mann. Wir werden sein Andenken in Ehren halten. – Sie sagen nichts?
Jonas: Was soll ich sagen? Ich bin sprachlos. Ganz offensichtlich eine Falschmeldung.
Tabasco: Das glaube ich kaum. Wenn er eine verdächtige Bewegung macht, Elena, dann schießen Sie.
Posada: Zu Befehl, Erhabenheit.
Tabasco: Sehen Sie, mein lieber falscher Guttapercha, gerade eben haben Sie behauptet, Sie seien noch niemals hier gewesen. Nun hat aber der gute echte Guttapercha La Installation schon mehrmals besucht. Geben Sie auf? Sie müssen dieser Mensch sein, von dem Guttapercha erst kürzlich aus Babylon berichtete. Ein biblischer Name, äh, Josafad, Jonathan…
Jonas: Jonas. Nur Jonas.
Tabasco: Jonas, ganz recht. Sie sind neugierig, mein lieber Jonas. Sie wollen hinter die Kulissen des schwarzen Organhandels sehen. Bitte sehr. Sehen Sie. Das hier ist die Quadra, der Stall. Weiter hinten die Anästhesie. Schonend und human, das kann ich Ihnen versichern. Und das eigentliche Schlachthaus, die Carniserisa. Eine weitgehend automatisch arbeitende Anlage, hygienisch, sauber, auf dem neuesten Stand der Technik. Dann gibt es noch die Speicher und die Kühlsysteme.
Jonas: Danke, das reicht mir.
Tabasco: Aber mein lieber Jonas, seien Sie doch nicht so emotional. Betrachten Sie die Sache vernünftig, mit kühlem Kopf. Costaguana ist ein armes Land. Unser einziger Rohstoff ist der Boden. Und den haben wir schon vor Jahrzehnten verkauft an Bananas Incorporated USA. Ansonsten haben wir Menschen. Menschen im Überfluß. Als Arbeitskräfte sind sie nicht gefragt. Die Bananenplantagen werden vollautomatisch bewirtschaftet. Was tun? Mein verehrter Herr Vorgänger und Vater hatte eine großartige Idee. Auch der Mensch ist Rohstoff und als solcher verwertbar. Zumindest in Teilen. Die eigentlichen Dimensionen dieser seiner Idee sind Papa allerdings noch nicht voll aufgegangen. Er fing klein an, politische Gegner, Guerilleros, die ihm Sorgen machten, wurden nicht mehr wie in alter Zeit an die Wand gestellt und verscharrt. Das, so Papa, sei Verschwendung. Er ließ die Leute zerlegen und verkaufen. Aus solch bescheidenen Anfängen ist inzwischen eine Großindustrie geworden. Die Bevölkerung vermehrt sich fromm und fleißig. Wir haben auf dieser Basis aufgebaut, wir haben erweitert, wir haben investiert, dank der finanziellen Hilfe, die wir über ZIP und Frau Professor Caligari bekommen haben. Und so haben wir vor noch nicht einmal einem Jahr La Installation einweihen können. Ein Musterbetrieb, mein lieber Jonas. In seiner Art einmalig auf der Welt.
Jonas: Das will ich doch hoffen.
Tabasco: Unsere Ware geht in den schwarzen Weltmarkt. Offiziell, das versteht sich, können wir nicht bekannt geben, wie wir produzieren, aber die Regierungen, alle Regierungen, auch ihre, mein lieber Jonas, wissen Bescheid. Nicht nur, daß sie nichts gegen uns unternehmen, sie greifen uns auch hilfreich unter die Arme. Organe zum Transplantieren sind weltweit knapp. Ohne Schwarzmarkt geht es einfach nicht. Wenn es uns nicht gäbe und unsere Lieferungen, dann würde der Nachschub von ihren Kriminellen organisiert werden, und die würden sich die Organe nachts auf den Straßen besorgen. Bevor es dazu kommt, in den VSE, den USA, der UVR, bevor man es soweit kommen läßt, handelt man denn doch lieber mit uns. Ein Marktproblem, mein lieber Jonas, Angebot und Nachfrage. Die Welt, die reiche, die industrialisierte Welt, braucht dringend Organe. Wir haben, wir liefern und wir verdienen. Wir verdienen nicht schlecht. Apropos, wie hoch schätzen Sie sich ein, mein lieber Jonas? Ihr Schweigen, meine ich. Es ist ja nicht unbedingt nötig, nicht wahr, daß alle Welt informiert wird über unsere Organindustrie. Gewisse kuriose Menschen, wie es sie gerade bei Ihnen gibt, könnten Geschrei erheben. Keine ernsthafte Bedrohung, aber doch lästig. Kurz gefragt, mein lieber Jonas, wieviel?
Jonas: Mein lieber Fred, ich bin unbezahlbar.
Tabasco: In diesem Falle, mein bester, werden wir Sie wohl verwerten müssen, schade.
Jonas: Wir waren noch immer auf der Plattform aus Plexiglas, hoch über den willenlosen Organspendern, zu denen bald auch Jonas gehören sollte. Dagegen mußte was unternommen werden. Ich machte einen Plan. Es war vielleicht kein sehr guter Plan, aber ein besserer fiel mir nicht ein.
Tabasco/Posada: Ah!
Jonas: Ich wartete, bis Präsident und Adjutantin zusammen auf der Futterklappe standen, suchte hinter dem Rücken mit der linken Hand den Hebel, fand ihn, zog daran, die Klappe ging auf, beide stürzten in den Futtertrog und blieben bewußtlos liegen. Ende des ersten Akts. Zweiter Akt. Ich kletterte vorsichtig nach unten, zog sie aus, ein nackter Präsident unterscheidet sich nicht erheblich von einem nackten Pion, legte sie in zwei freie Verschläge und ließ sie an den Enden der Gummiröhrchen lutschen, die in den Opiumtank führten. Die Uniformen versteckte ich unter einer Pritsche. Dritter Akt: Ich stieg wieder nach oben und dachte laut nach, zusammen mit Sam.
Sam: Seine Erhabenheit, der Präsident, wie auch Oberstleutnant Posada, können meinem Meister kaum noch gefährlich werden. Aller Voraussicht nach werden sie unerkannt zu menschlichen Ersatzteilen verarbeitet werden.
Jonas: Sicher, Sammy, aber das ist nicht das Problem.
Sam: Sondern?
Jonas: Wie komme ich hier raus?
Sam: Das sollte dem hochgeehrten Staatsgast Arch… Arch… Archimedes Guttapercha keine Schwierigkeiten machen.
Jonas: Du bist nicht auf dem Laufenden, Sam. Die Story ist geplatzt.
Sam: Hoheit belieben sich in einem Irrtume zu befinden. Wer weiß denn von dero wahrer Identität, doch nur Präsident Tabasco und seine Adjutantin, sonst niemand.
Jonas: Stimmt, Sam. OK, bluffen wir uns raus.
Jonas: Entschlossen marschierte ich durch die Korridore der Installation, und sah keinen Menschen. Bis ich zu dem Raum kam, wo der Kerncomputer der Sicherungsanlage arbeitete, hier stand ein Soldat Wache. Aber bald stand er nicht mehr, er lag. Verschnürt mit einem kräftigen Kabel. Und der geehrte Staatsgast studierte die Anlage.
Jonas: Was hältst du davon, Sam?
Sam: Nun ja, der allerletzte Schrei ist es nicht, aber immerhin der vorletzte.
Jonas: Kommst du rein, Sammy?
Sam: Das wird sich machen lassen. Was befielt mein Herr und Meister?
Jonas: Als erstes unterbrichst du jede Verbindung nach außen.
Sam: Wird gemacht, Chef.
Jonas: Dann müßtest du die elektronische Sicherung auslösen, und festklemmen. Verstehst du. Das niemand mehr raus oder reinkommt. Und daß die Sperre von innen nicht aufzuheben ist.
Sam: Schwierig, aber nicht unmöglich. Vermutlich wünschen Durchlaucht den Komplex vorher zu verlassen.
Jonas: Soviel Zeit mußt du mir schon geben, Sam. In sieben, acht Minuten sollte ich spätestens am Tor sein. In 10 Minuten machst du den Laden dicht, klar?
Sam: Countdown läuft.
Jonas: Bis zum Tor klappte der Zeitplan, aber dann kam Sand ins Getriebe, der Wächter war mißtrauisch, wie Wächter nun mal sind und bewaffnet bis an die Zähne.
Soldat: Halto. Passaporte.
Jonas: Lobenswerte Pflichterfüllung, mein Guter, aber in meinem Fall absolut unnötig. Ich bin Gast seiner Erhabenheit des Präsidenten, machen Sie keine Geschichten, lassen Sie mich durch.
Soldat: Nix. Nur durch mit Passaporte spezial. Don del passaporte spezial.
Jonas: Ich brauch keinen Sonderausweis. Gott, ist der Kerl stur. Wieviel Zeit haben wir noch, Sammy?
Sam: Acht Sekunden.
Jonas: Also noch mal, Amigo, ich bin Staatsgast, Ehrengast, du mich durchlassen, sonst du erschossen. Bum.
Soldat: No. Hamas. Ho! Alarma!
Jonas: Caramba!
Sam: Eine Sekunde.
Jonas: Ein munteres Durcheinander. Einen Augenblick lang war der Posten verwirrt. Ich stieß ihn zur Seite und machte einen gewaltigen Satz vors Tor. Der Kerl riß einen Flammenwerfer hoch, da sagte Sam zero. Und prompt ging zwischen mir und dem Posten die unsichtbare elektronische Schutzwand runter. Gefahr vorbei, Feuer kam nicht durch. Ich setzte mich in das Auto, das mich hergebracht hatte, und fuhr zurück. Nicht nach El Dorado, sondern an der Stadt vorbei zum Flughafen.
Jonas: Wenn alles klappt, Sam, sind wir in zwei Stunden zuhause.
Sam: Wie dieses, Sahib? Ein Lastensegler?
Jonas: Nichts Lastensegler. Chemorock, Sammy, Chemorock.
Sam: Angesichts der finanziellen Situation euer Majestät dürfte ein Heimflug mittels chemischer Rakete sich als entschieden zu kostspielig erweisen.
Jonas: Ach weißt du, Sam, ich hab schon wieder eine hilfreiche Hosentasche gefunden. Diesmal bei seiner Erhabenheit. Und darin steckt eine dicke Rolle 1000-Peso-Noten. Der Präsident hat nichts mehr davon, und ich kann’s gut gebrauchen. Für Chemorock-Luxusklasse, und für die Costaguanesischen Ausreisebeamten mit den offenen Händen und den zugedrückten Augen.
Sam: Wenn der bescheidene Rechenknecht ein Fazit ziehen darf, Hoheit sind heil in Babylon eingetroffen, haben sich, dem Himmel sei Dank, in Jonas zurückverwandelt, und können einen Reingewinn von rund 7500 Pesos verbuchen. Piep. 232 Euros zum heutigen Umrechnungskurs.
Jonas: Soweit so gut, Sam. Aber der Fall ist noch nicht abgehakt und ausgestanden. Es muß sich doch irgendwas tun lassen gegen den Schwarzmarkt, gegen die Organwirtschaft in Costaguana.
Sam: Und was, o Helfer der Witwen und Waisen.
Jonas: Wenn ich das wüßte, Sammy.
Jonas: Ich rief Judith an. Aber Judith war nicht zu Hause. Ich rief Julian van Brendel an. Weil ich eine dankbare menschliche Stimme hören wollte. Aber der war auch nicht zu Hause.
Jonas: Wer spricht?
Computer: Hier ist der persönliche Computer des Herrn Julian van Brendel. Herr van Brendel ist verschieden.
Jonas: Was? Woran? Wann?
Computer: Herr van Brendel starb am 24. September 2009 während einer Transplantation. Todesursache: Unverträglichkeitsreaktion auf die ihm übertragene Bauchspeicheldrüse.
Jonas: Beileid.
Computer: Hier ist der persönliche Computer des Herrn Julian van Brendel, Herr van.
Jonas: Unverträglichkeit. Und Frau Prof. Caligari. Ich hab so ne Ahnung. Sam!
Sam: Mein Gebieter.
Jonas: Ratio der Todesfälle durch Unverträglichkeit bei Transplantation illegal erworbener Organe.
Sam: Zeitraum?
Jonas: Dieses Jahr. Vom 1. Januar bis heute.
Sam: Kommt sofort, Meister. Piep. Rate besagter Todesfälle liegt um 187 % über dem Durchschnitt des Jahres 2008.
Jonas: 187 %. Das ist es, Sammy.
Sam: Das ist was, o Inbegriff aller Intelligenz.
Jonas: Paß auf. Nach der Ausschiffung kommen die schwarzen Organe nicht gleich auf den Markt, sondern erst zu Frau Professor Caligari, ins Zentralkrankenhaus. Und da werden sie verseucht, vergiftet, unverträglich gemacht, was weiß ich. So schlägt ZIP zwei Fliegen mit einer Klappe. In Costaguana wird die Bevölkerung dezimiert, und bei uns auch. Alles paßt zusammen, Sam. Und jetzt weiß ich auch, was wir tun müssen. Wir bringen die Geschichte unter die Leute.
Sam: Sinnlos, großer Häuptling. Was im Schlachthaus von Costaguana passiert, interessiert hier keinen Menschen, der eine neue Niere braucht oder ein neues Herz.
Jonas: Stimmt schon, Sammy, aber daß er an einer neuen Niere und einem neuen Herzen eingehen wird, das interessiert ihn, da kannst du sicher sein. Und das verbreiten wir. In den Dateien, den Medien, überall.
Jonas: Vorher rief ich noch mal bei Judith an. Aber Judith war immer noch nicht zu sprechen. Jonas war allein. Abgesehen von Sam natürlich.
Jonas: Weißt du, Sam, wie ich mich fühle? Wie ein Bessett, dem man auf die Ohren getreten hat.
Sam: Was, o Herr und Gebieter, ist ein Bessett?
Jonas: Berechtigte Frage, Sammy. Gehen wir an die Arbeit.
Sam: Piep. Wau Wau.
Das war Schlachthaus. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus. Sein Super-computer Sam war Joachim Wichmann. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Andrea Dahmen, Peter Fricke, Alexander Malachovsky, Edwin Noel, Günter Sauer und viele andere (Fred Klaus, Wilfried Klaus, Andrea Rosenberg, Heiner Schmidt, Selestino Sanchez, Renate Grosser). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Heiner Schmidt. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1984). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Reservat
Jonas: Es war einmal eine Zeit, da gab es Privatdetektive. Harte Männer, gerecht, nie um eine Antwort oder um einen Ausweg verlegen. Und wenn es sie nicht in Wirklichkeit gab, dann doch wenigstens in Büchern und Filmen. Heute im frühen 21. Jahrhundert gibt’s nur noch einen von der Sorte. Mich. Ich bin Jonas. Jonas, der letzte Detektiv. Nicht so hart, auch nicht immer gerecht, dafür fällt mir manchmal keine Antwort ein, und nach einem Ausweg muß ich oft lange suchen. Aber ich tue, was möglich ist. Mehr kann man nicht verlangen. Was Frau Marcus-Pallenberg von mir wollte, war nicht möglich. Oder doch?
Frau Marcus-Pallenberg: Sie müssen ins Reservat.
Jonas: Ein Vorschlag, Frau Marcus-Pallenberg. Kaufen Sie sich ein paar starke Männer, die mich fesseln und knebeln und über die Mauer schmeißen. Danke. Kein Interesse.
Frau Marcus-Pallenberg: Aber Cora ist doch im Reservat.
Jonas: Pech.
Frau Marcus-Pallenberg: Bringen Sie sie zurück. Bitte, Herr Jonas!
Jonas: Ich bin sentimental. Ab und zu gehe ich ins Waldmuseum und seh mir die Bäume an. Die Kiefer. Die Birke. Und die kleine Eiche, von der sie immer noch nicht wissen, ob sie durchkommt. Ich erinnere mich an die Zeit, als auch draußen noch Bäume standen. Und ich habe das Gefühl, mir fehlt was. Wie gesagt, ich bin sentimental. Aber ich bin nicht dämlich.
Frau Marcus-Pallenberg: Jemand muß sie doch da rausholen. Die Polizei tut nichts.
Jonas: Polizei. Schicken Sie doch gleich nen Chimp.
Frau Marcus-Pallenberg: Ich will keinen Affen. Sie sind mir empfohlen worden, Herr Jonas.
Jonas: Also dann, hat mich gefreut, Frau Marcus-Pallenberg.
Frau Marcus-Pallenberg: Haben Sie etwa Angst?
Jonas: Na sicher.
Frau Marcus-Pallenberg: Sie sind doch Detektiv?
Jonas: Eben drum. Ich weiß, was alles passieren kann.
Frau Marcus-Pallenberg: Ich habe gehört, Sie sind der einzige, der es schaffen kann. Und Sie brauchen Geld, habe ich gehört.
Jonas: O, welch magisch Wort dringt da an mein empfänglich Ohr. Wieviel?
Frau Marcus-Pallenberg: 200 Euros?
Jonas: Pro Tag.
Frau Marcus-Pallenberg: Ich dachte eher pauschal.
Jonas: Und Spesen.
Frau Marcus-Pallenberg: Aber Herr Jonas.
Jonas: Dafür gehe ich ins Reservat. Und sollte meinen Geisteszustand untersuchen lassen.
Jonas: Die Dame trug eine Aufmachung spazieren, wie ich sie bisher nur auf dem Titel von Mode gesehen hatte. Echtes Naturleinen, besetzt mit fast echtem Naturpelz. Das ganze garniert mit rund 3 Kilo Platin und Brillianten. Sie sah aus wie eine Frau, die mit Leichtigkeit ein paar Hundert Euros locker machen konnte. Und ich hatte ein paar Hundert Euros dringend nötig.
Jonas: Na schön. Jetzt erzählen Sie mir mal, was passiert ist, Frau Marcus-Pallenberg.
Frau Marcus-Pallenberg: Ja. Cora, o, schluchzt, Cora ist im Reservat.
Jonas: Das weiß ich. Wann hat sie Ihr Haus verlassen?
Frau Marcus-Pallenberg: Gestern, am frühen Morgen.
Jonas: Wie alt ist Ihre Tochter?
Frau Marcus-Pallenberg: 15.
Jonas: Also fast volljährig.
Frau Marcus-Pallenberg: Hhm. Deshalb konnte ich ja auch nicht viel unternehmen, als sie anfing, sich mit diesen merkwürdigen Menschen aus dem Reservat abzugeben. Ich habe auf sie eingeredet, ja, aber das hat natürlich nichts genutzt.
Jonas: Natürlich nicht. Und?
Frau Marcus-Pallenberg: Und dann ist sie gegangen. Mit ihm. Ins Reservat. In die Freiheit. Hat sie geschrieben.
Jonas: Geschrieben?
Frau Marcus-Pallenberg: Hmh. Das habe ich gestern Morgen auf Coras Bett gefunden.
Jonas: Zeigen Sie her. “Ich muß meinen eigenen Weg gehen, mich selbst verwirklichen. Die Freiheit, die ich brauche, kann ich hier nicht finden.” Das übliche. 08/15. “Ich gehe ins Reservat. Zombie hat mir die Augen geöffnet.” Zombie?
Frau Marcus-Pallenberg: Ihr Freund. Er heißt Zombie.
Jonas: Wirklich?
Frau Marcus-Pallenberg: Natürlich ist das nur ein Spitzname. Seinen richtigen Namen kenne ich nicht. Vermutlich kennt er ihn selbst nicht. Er ist eben ein Freak. Ein typischer Freak aus dem Reservat.
Jonas: Das Reservat ist ein Stadtviertel im Südosten von Babylon. Früher hieß es mal anders. Wie, weiß kein Mensch mehr. Heute ist es das Reservat. Nur das Reservat. Und im Reservat hausen Typen, die in der Welt draußen nicht zurechtkommen können. Oder wollen. Eremiten. Einzelgänger. Türken, die während der großen Entfremdung untergetaucht sind. Und vor allem Freaks. Freaks jeder Schattierung. Nicht nur aus Babylon. Sie kommen von überall her, aus den ganzen Vereinigten Staaten von Europa. Nach den Unruhen in den 90er Jahren hat man um die ganze Geschichte `ne Mauer gebaut, und `ne elektronische Schutzglocke draufgestülpt. Seitdem ist das Reservat nicht existent. Wenigstens offiziell. Die Bewohner bleiben unter sich. Es ist nicht leicht, rein oder rauszukommen, und es ist fast unmöglich, drinnen zu überleben, wenn man nicht dazugehört.
Frau Marcus-Pallenberg: Das ist alles, was ich Ihnen über diesen Zombie erzählen kann.
Jonas: Nicht gerade viel. Wie hat Cora ihn kennen gelernt?
Frau Marcus-Pallenberg: Durch einen entfernten Bekannten. Der hat ihn zu uns mitgebracht, zu einer Party, vor vier oder fünf Wochen.
Jonas: Wie heißt der Bekannte?
Frau Marcus-Pallenberg: Maske. Theo Maske.
Jonas: Ungewöhnlicher Name.
Frau Marcus-Pallenberg: Und ein ungewöhnlicher Mensch. Er arbeitet in der Holo-Industrie, und er kennt ausgesprochen seltsame Leute.
Jonas: Wie zum Beispiel Zombie. Fangen wir bei Herrn Maske an.
Frau Marcus-Pallenberg: Sie sind der Experte. Bitte, bringen Sie mir meine Cora zurück, Herr Jonas. Heil und gesund.
Jonas: Ich werd’s versuchen.
Frau Marcus-Pallenberg: Tun Sie’s. Für mich.
Jonas: Nein, nicht für Sie. Für Ihre 200 Euros pro Tag. Sie hören von mir, Frau Marcus-Pallenberg.
Frau Marcus-Pallenberg: Viel Glück.
Jonas: Maske. Theo Maske. Wer ist Theo Maske?
Jonas: Natürlich. Judith würde es wissen. Judith hat einen höheren Posten im Ministerium für Statistik und Soziographie. Sie ist immer gut für knifflige Daten, an die nicht jeder rankommt. Nicht jeder, aber Jonas. Über Judith. Sie war meine Klientin gewesen im Testmarkt-Fall. Und jetzt war sie meine z.B. Meine zeitweilige Beziehung. Aber für Maske brauchte ich sie nicht. So was schafft Sam mit links.
Sam: Darauf kannst du wetten, Chef. Piep. Maske, Theo. Bürgernummer 19 G 13 12 1972. Leitender Direktor der Holo-Produktionsfirma Lust & Qual GmbH. Ein Unternehmen von nicht eben makellosem Ruf, wenn eure Lordschaft mir diese nicht streng zur Sache gehörige Bemerkung gütigst nachsehen wollen.
Jonas: Sam ist mein Notizbuch. Meine geistige Krücke. Mein Retter aus der Not. Und manchmal sogar ne Art Freund. Sam ist mein Computer. Nicht irgendein Computer. Sam ist ein Sonder- und Versuchsmodell. Er kann mehr als andere Computer, und er ist ein bißchen verdreht. Der einzige verdrehte Computer, den ich kenne. Als er auf den Markt kam, im Jahr 2005, da haben ihn nur ein paar Snobs gekauft. Oder Masochisten, die sich mit Wonne von einem Computer übers Maul fahren lassen. Und ich. Leider. Andererseits frage ich mich manchmal, wie Sam Spade und Phil Marlowe ohne Computer ausgekommen sind. Schon mit unseren elektronischen Lieblingen ist das Leben kompliziert genug.
Sam: Lust & Qual GmbH produziert, wie der Firmenname andeutet, Holos von der Art, welche gemeinhin als Blut und Blubber bezeichnet wird. Mord, Folter, Sadismen. Mit einem Wort: Unappetitlichkeiten.
Jonas: Ganz meine Meinung, Sammy, aber das brauchen wir alles nicht.
Sam: Sagst du, Biohirn.
Jonas: Jawohl, und du sagst mir, wo Theo Maske wohnt. Damit wir ihm auf die Bude rücken können.
Sam: Aye Aye, Sir. Wie spricht der gefügige Orientale? Hören heißt gehorchen. Und der Dichter dichtet: Mut zeiget auch der lahme Muck, Gehorsam ist Computers Schmuck. Ferner steht geschrieben…
Jonas: Und so weiter. Aber schließlich erfuhr ich doch noch, was ich wissen wollte. Theo Maske wohnte weit draußen im Westen. In einer Villa von mindestens 80 Quadratmeter. Ein typischer Everson-Bau aus den späten 80ern. Rote Backsteine, Schmuckrohre außen, überall schiefe Linien. Vor dem Tor private Schutztruppler, hinter dem Tor ein echter Butler, der mich in den Salon geleitete. Und da hingen echte Bilder an der Wand, mit echtem Öl gemalt. Ich war bei echt feinen Leuten. Deshalb wunderte ich mich schon gar nicht mehr, als ich auch noch einen echten Whiskey in die Hand gedrückt kriegte. Dann erschien der Herr des Hauses. Theo Maske war nicht nur fein, er war auch schief. So schief wie seine Villa. Schiefer Rücken, schiefe Nase, schiefer Mund. Und für seinen Charakter würde ich auch nicht die Hand ins Feuer legen.
Theo Maske: Wie mundet Ihnen mein Malt Whiskey, Herr äh, Herr äh.
Jonas: Jonas. Nur Jonas.
Theo Maske: Nur Jonas. Und Privatdetektiv. Wie überaus faszinierend. Was es nicht alles gibt. Sie müssen ein interessantes Leben führen, Herr äh.
Jonas: Jonas.
Theo Maske: Auf der Schattenseite der Gesellschaft sozusagen. Noch nen Whiskey? So was Gutes kriegen Sie nicht jeden Tag, nehme ich an.
Jonas: Sie haben ja so recht, Herr äh Herr äh Herr Maske. Außerdem haben Sie ein Butler und ein Haus. Sie sind überhaupt ein wundervoller Mensch, auf der Lichtseite der Gesellschaft sozusagen. So, und jetzt können wir zur Sache kommen.
Theo Maske: Hören Sie, Ihr Ton gefällt.
Jonas: Gefällt Ihnen nicht? Machen Sie sich nichts draus. Sie sind nicht der einzige. Sagen Sie, was Sie über ihren Freund Zombie wissen, und Sie sind mich los.
Theo Maske: Zombie? Ich kann mich kaum noch erinnern. Freund ist übrigens nicht das richtige Wort. Wir haben lediglich eine sehr vage berufliche Beziehung.
Jonas: Zombie ist auch im Hologeschäft?
Theo Maske: Im Prinzip ja.
Jonas: Sie sind also Kollegen?
Theo Maske: Ich bitte Sie, Herr äh.
Jonas: Na na.
Theo Maske: Ich leite eine lizenzierte, staatlich überprüfte Holo-Produktion.
Jonas: Und Zombie?
Theo Maske: Zombie ist ein Wilder. Sein Studio hat er im Reservat.
Jonas: Sehen darf man in dieser unserer freien Gesellschaft alles, wonach man lustig ist. Aber man darf nicht alles produzieren. Da paßt die MePo auf, die Medienpolizei. Nicht so scharf wie die PoPo, aber immerhin. Wer Holos produzieren will, die er nicht produzieren darf, der tut das da, wo die MePo nichts zu sagen hat. Zum Beispiel im Reservat.
Theo Maske: Deshalb hab ich mich ein bißchen mit ihm abgegeben. Man muß doch wissen, was die Konkurrenz tut.
Jonas: Und was tut sie?
Theo Maske: Praktisch dasselbe, was wir tun. Mit einem wichtigen Unterschied: Wir türken. Bei Zombie ist alles echt. Darum verkaufen sich seine Sachen auch so gut. Was wollen Sie von ihm?
Jonas: Wie gut kennen Sie die Marcus-Pallenbergs?
Theo Maske: Ach Gott, wie man sich so kennt. Wir haben gemeinsame Freunde. Charmante Frau.
Jonas: Und die Tochter?
Theo Maske: Cora? Was soll ich sagen, unauffällig. Für mich zu jung, wenn Sie verstehen, was ich meine, Herr.
Jonas: Nicht noch mal.
Theo Maske: Trinken Sie aus, Herr Jonas. Nehmen Sie sich noch einen.
Jonas: Direkt vor Maskes Villa wartete eine freie Rikscha. Glücklicher Zufall, dachte ich. Ich armer Irrer. Der Kuli rannte, ich lehnte mich zurück, und dachte ein bißchen nach. Plötzlich hatte ich ein ausgesprochen ungutes Gefühl. Ich sah hoch: Die Gegend stimmte nicht, die Richtung stimmte nicht, und was noch schlimmer war, mit mir stimmte auch was nicht. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Keinen Gedanken fassen. Kaum noch reden.
Jonas: Stop. Stop. Ich will aussteigen. Malt Whiskey. Muß was im Whiskey gewesen sein. Alles rot. Rosenrot. Und müde. So müde. Schlafen. Judith. Vielleicht auch träumen.
Jonas: Mein Kopf war ein Raumschiff, unterwegs zum Mars. Die Maschinen ratterten, hämmerten, ächzten. Plötzlich setzten sie aus. Und ich stürzte in den unendlich weiten, unsagbar kalten Kosmos. Immer schneller, immer tiefer. Ich schlug hart auf und blieb regungslos liegen. Minuten, Wochen, Jahre. Bis ich mir zutraute, Arme und Beine zu bewegen. Anscheinend war ich noch komplett, wenn auch nicht im Bestzustand. Ich hatte Schmerzen, vor allem im rechten Oberschenkel. Meine Augenlider waren schwer wie Iridium. Ich redete mir gut zu, und schließlich stemmte ich sie hoch. Bekanntlich hat Jonas einen eisernen Willen. Ich lag auf einem Hof hinter einem schäbigen Gebäude, das mir irgendwie bekannt vorkam. Ich richtete mich auf, sah nach oben: Ich war zu Hause. Das kleine Fenster im 16. Stock gehörte zu meinem sog. Heim: Büro plus Apartment, 22 Quadratmeter. Ich machte Inventur. Bürgerausweis, Lizenz, alles da. Sogar die paar Euros in der Hosentasche. Seltsam. Warum hatte man mich betäubt und entführt? Wer steckte dahinter? Maske?
Sam: Der Whiskey. Die vor seinem Haus so einladend bereit stehende Rikscha. Keine Frage, der Übeltäter ist Herr Theo Maske.
Jonas: Wir werden ihn uns vorknöpfen, Sammy. Demnächst. Vorher haben wir noch nen kleinen Auftrag zu erledigen. Eine gewisse Cora Marcus-Pallenberg muß aus dem Reservat geholt werden. Und wenn Jonas einen Auftrag übernimmt, dann führt er ihn auch aus. So schnell wie’s geht. Aber dann.
Sam: Aber dann ist Herr Theo Maske dran.
Jonas: Wohl gesprochen, Freund Sam.
Sam: O du warmer Regen auf meine Mikroprozessoren. Gleich noch ein Gedicht: Maskes mörderischer Anschlag und Marcus-Pallenbergs Auftrag, irre ich nicht, so ist, beides der selbige Fall.
Jonas: Schlechter Vers, Sam, aber was die Sache betrifft, hast du wahrscheinlich recht. Wir werden es feststellen. First things first. Oder auch alles der Reihe nach. Wenn ich bitten dürfte, umzuschalten, neues Thema. Reservat. Au.
Sam: Was ist meinem Herrn und Gebieter?
Jonas: Deinem Herrn und Gebieter tut was weh.
Sam: Sams tief empfundenes Beileid. Wieder der Magen?
Jonas: Im Gegenteil. Andere Seite. Und tiefer. Irgendwas zwackt mich an der rechten Hinterbacke. Daß du dich ja nicht unterstehst, darauf einen Reim zu machen Sammy.
Sam: Sam wird es sich verkneifen, euer Durchlaucht Hinterbacke zu besingen.
Jonas: Schluß mit dem Blödsinn. Reservat. Problem: Wie komm ich rein?
Sam: Da Eminenz wohl kaum im Panzerkonvoi einzureisen wünschen.
Jonas: Nein, Sam, ganz entschieden nein. Es fährt auch gar kein Konvoi mehr, seit sie den letzten durch Barrikaden blockiert haben und dann geknackt und ausgeräumt.
Sam: Also werden Majestät sich einschleichen müssen. Heimlich und verkleidet als Freak.
Jonas: Klar. Frage: Als was für ein Freak?
Sam: Such dir was aus, alter Knabe: Fixer, Guerillero, Gestapo, RAF, Ledernacken, Wehrmacht.
Jonas: Das liegt mir alles nicht besonders, Sammy.
Sam: Schwarzer Punk, weißer Punk, bunter Punk, grüner Freak.
Jonas: Öko-Fan. Müslifresser. Müslifresser, machen wir das doch.
Sam: Gebe pflichtschuldigst zu bedenken, daß Herr Oberst in diesem Falle keine Waffe bei sich tragen dürften. Ausgenommen vielleicht ein Taschenmesser. Um Nüsse zu knacken.
Jonas: Keine Sorge, Sam. Jonas wird’s auch so schaffen. Was ich aber unbedingt brauche, das bist du, Sam. Will sagen, eine unauffällige Möglichkeit, Sam zwo mitzunehmen.
Jonas: Sam zwo ist Sam in Miniausführung. Eine drahtlose Extension, durch die ich überall und jederzeit in Verbindung stehe mit Sam eins, dem großen Speicher und Terminal im Büro. Ich kann zwar auch ohne Sam auskommen, in Routinefällen, und wenn er mir mit seinem Gerede noch mehr auf die Nerven geht, als üblich. Aber auf so gefährlichem Pflaster wie dem Reservat wollte ich das lieber nicht probieren.
Sam: Herr General, schlage vor, Sam zwo aufzuteilen. Empfänger in Ohrring, Sender in Nasenring. Derartiger Schmuck gehört zur obligatorischen Grundausstattung jedes grü… Scheiße… jedes grünen Freaks, der auf sich hält.
Jonas: Und wenn so ein Typ ab und zu mit sich selber redet, fällt das im Reservat nicht weiter auf. Sehr gut, Sam. Was brauchen wir?
Sam: Vor allen Dingen einen sanftmütigen Ausdruck auf dem Antlitz, o Schrecken deiner Feinde.
Jonas: Da werde ich mir aber ein bißchen Mühe geben müssen. OK, was noch?
Jonas: Die korrekte Aufmachung bestellte ich über Service-Text bei Freak-out am Markgrafenboulevard. Nicht gerade billig, aber das lief natürlich unter Spesen. Dann ein paar Minuten Arbeit mir Rasierapparat und grüner Farbe, und mein seliges Mütterlein hätte ihren Jonas nicht wiedererkannt. Sam konnte mir sagen, wo die elektronische Käseglocke eine Lücke hatte, noch eine kurze Mitteilung an Frau Marcus-Pallenberg, und fünf Minuten vor Mitternacht, am 12. August 2009, stand ein grüner Freak an der Reservatsmauer. “Irre sind menschlich” hatte einer rangesprayt. Ganz meine Meinung. “Sonne oder Regen, ich bin dagegen”. Dafür hatte ich volles Verständnis. Kilroy war natürlich auch hier gewesen, vor langer Zeit. Jetzt war nur Jonas hier. Und Jonas fühlte sich unbehaglich. Und einsam. Wie einst Lilly Marlene.
Sam: Vor der Kaserne, vor dem großen Tor, steht eine Laterne, und steht sie noch davor.
Jonas: Sei still, Sam.
Sam: Lalalalala…
Jonas: Still. Gib mir lieber die Berechnung der Erfolgschancen.
Sam: Mit Wonne, großer Vorsitzender. Die Wahrscheinlichkeit, gegenwärtiges Unternehmen zu einem erfolgreichen Ende zu führen, beträgt zur Zeit genau 0, 9999.
Jonas: Also 2 zu 8.
Sam: Oder auch 1 zu 4. Nicht eben günstig, wenn eure Lordschaft mir diese kommentierende Wertung gestatten.
Jonas: Ach weißt du, Sammy. Wenn wir schon an Zahlen denken, dann doch lieber an die 200 Euros pro Tag.
Sam: Und Spesen.
Jonas: Und Spesen. Genau. Und mit diesem tröstlichen Gedanken im Hinterkopf wollen wir mal.
Jonas: Da wo ich stand, hatte die Mauer diverse Löcher und Vorsprünge. Ich zog mich hoch, dabei tat mir wieder mein verlängerter Rücken weh, setzte mich oben rittlings hin, und beschaute das nächtliche Reservat. Der Mond schien durch die Wolken. Jenseits der Mauer sah es kaum anders aus als davor. Dieselbe Ruinenlandschaft. Dieselben verwahrlosten Straßen. Dieselben Schatten. Dieselbe Stille. Nur unterbrochen durch leises Rascheln. Nachtmenschen schlichen durchs Geröll. Also dann, sagte ich mir. Sprung auf, Marsch marsch.
Sam: Alles in Ordnung, Chef?
Jonas: Alles klar, Sam. Uh!
Sam: Was ist los, Boss?
Jonas: Eine Falle, Sammy. Ich bin in was getreten, und jetzt werde ich verschnürt wie ein Postpaket. Eine Bio-Fessel. Mit automatischer Infrarot-Reaktion. Daß die hier im Reservat so was Modernes haben. Ich bin schon komplett eingepackt, Sam. Ich kann mich nicht mehr rühren. Und da kommen auch schon die Fallensteller. Das hat mir gerade noch gefehlt: Zwei schwarze Punks in all ihrer strahlenden Schönheit.
Power: Kuck mal, Push.
Push: Hähähä. Wir haben was gefangen, Power.
Jonas: Die beiden Typen sahen ein bißchen aus wie Lorell und Hardy, falls Sie sich Lorell und Hardy in schwarzem Leder mit Metallbeschlägen vorstellen können. Und mit Laserstrahlern in der Hand. Sie sahen auf mich herunter, und fingen dann ganz gemütlich an, mich mit ihren schweren Stiefeln zu bearbeiten. Profiklasse waren sie nicht, aber ich bin auch schon schlechter getreten worden.
Power: Was soll denn das sein, Push?
Push: Komisches Ei, Power.
Power: Sieht fast aus wie ein Freak, Push.
Push: Viel zu alt für `nen Freak, Power.
Power: Grüner Greis, Push.
Push: Freak-Opa, Power.
Power: Ätzend.
Push: Geil.
Power: Total tierisch.
Push: Elefantengeil.
Power: Hast du schon den Witz gehört, Push?
Push: Was für `nen Witz, Power?
Power: Da sind ein paar black Punks, und die fangen sich zwei Müslifresser. Einen haben sie vereist, und der andere mußte ihn fressen. Und weißt du, was der Witz ist? Der andere war Vegetarier.
Push und Power: Hahahahahahaha…
Jonas: Ha-Ha, ich lach mich tot.
Power: Hast du gehört, Push?
Push: Tot hat er gesagt, Power.
Power: Gar nicht so dumm, der Freak-Opa.
Push: Hat echt Durchblick, der Müsli-Greis.
Power: Vereisen wir ihn gleich oder verkaufen wir ihn lebendig an die Kannibalen?
Push: Treten wir ihn doch noch ein bißchen, Power.
Power: Ahh!
Push: Power, Power, sag doch was. Was ist, Power?
Jonas: Siehst du doch, man hat ihn gelasert, oder vereist, wie das bei euch heißt.
Push: Ahh!
Jonas: Der nächste bitte.
Sam: Sofern Hoheit die Frage gestatten, was ist geschehen?
Jonas: Wenn ich das wüßte, Sammy. Irgend jemand hat die beiden Punks mit dem Laser erledigt.
Sam: Wer, o Vater des Scharfsinns?
Jonas: Jemand im Schatten. Kommando zurück, Sam. Kein jemand. Eine Jemandin. Und was für eine.
Jonas: Es war eine junge Frau, die vor allem aus sich selbst bestand. Dazu aus hohen Stiefeln, und einem breiten Leder-Gürtel, dessen Schnalle das Zeichen des F.K.K. trug, des Feministischen Kampf-Korps, ein blutrotes Schwert über einem lila Kreis. Nicht zu vergessen der Laserstrahler, mit dem sie Push und Power erledigt hatte. Und der jetzt auf mich gerichtet war. Wunderbar. Erst Punks, dann F.K.K. Vom Regen in die Traufe. Damals bei den Unruhen, hatten sich die F.K.K.-Mädchen ganz besonders hervorgetan. Sie hatten auf alle geschossen. Auf Freaks, Polizisten, Ein- Um- und Aussteiger. Nur männlich mußten sie sein. Das Motto des F.K.K. lautet: Kein Schwanz bleibt ganz. Jetzt war offenbar Jonas an der Reihe.
Nada: Wie sagte frau in der bösen alten Chauvi-Zeit: Aller guten Dinge sind drei.
Jonas: Nichts überstürzen, immer mit der Ruhe. Cool bleiben.
Nada: Na wenn ich dich so ansehe, bist ja doch schon ein ganz schön alter Sack. Weißt du was, ich hab heut meinen soften Tag. Hör auf zu bibbern, ich tu dir nichts. Bist sowieso bald dran, Alter.
Jonas: Machst du mir die Bio-Fessel ab? Vor mir brauchst du keine Angst zu haben.
Nada: Ich Angst vor dir? Halt still.
Jonas: Sam, bist du da, Sam?
Sam: Sam ist da, Majestät, und Sam verfolgt gebannt dero unglaubliche Abenteuer. Was geschieht?
Jonas: Sie brennt mir die Bio-Fessel ab, mit ihrem Laser. Sehr geschickt. Bleib weiter dran, Sammy. – Danke.
Nada: Ich bin übrigens die Nada.
Jonas: Angenehm, dann heiß ich Nemo.
Nada: Von mir aus. Setz dich. Willst du auch nen Joint? Na, prima Tabak. Aber als Grün-Freak rauchst du ja nicht.
Jonas: So saßen wir denn friedlich beisammen. Im Schatten der Mauer. Nada und ich. Meine rechte Hinterbacke tat mir weh. Und auch mein Magen, der sich wochenlang friedlich verhalten hatte, meldete sich wieder. Kein Wunder bei dem Streß hier. Trotzdem hätte ich gern einen Schluck Whiskey gehabt. Aber als waschechter Müslimann durfte ich das natürlich nicht kundtun. Und noch einen Wunsch hatte ich, als ich Nada aus nächster Nähe sah, einen richtig altmodischen Chauvi-Wunsch. Den mußte ich auch für mich behalten. Vorsichtshalber. Ich wußte ja, was Nada mit Männern machte, gegen die sie was hatte.
Nada: Gammelst du nur so rum oder hast du was Bestimmtes vor?
Jonas: Ich bin auf der Suche.
Nada: Sind wir doch alle.
Jonas: Ich suche einen Typ namens Zombie.
Nada: Zombie, Zombie…
Jonas: Produziert Holos.
Nada: Ach der Zombie. Und zu dem willst du? Ganz schräge Idee, Alter. Wer zu dem geht, der taucht meist nicht wieder auf. Zombie hat einen großen Verschleiß, wenn er seine Holos macht.
Jonas: Hab ich gehört. Mord und Totschlag.
Nada: Und Massaker und Folter und Blutbäder. Und alles echt.
Jonas: Ich muß trotzdem hin. Weißt du, wo Zombies Studio ist?
Nada: Hier lang, immer gerade aus. Dahinter rechts im Niemandsland. Zwischen Freakadelien und Turkistan.
Jonas: Also dann.
Nada: Hast du keine Waffe?
Jonas: All you need is love, Schwester.
Nada: Lennonid bist du auch noch.
Jonas: Nicht direkt. Ich bin eher für Sankt Jonas.
Nada: Nie gehört.
Jonas: Schade.
Nada: Sei vorsichtig. Die Türken haben Vorposten im Niemandsland. Wenn die einen Freak schnappen, gehen sie recht ungut mit ihm um. Machs gut, Alter.
Jonas: Ich schlich durchs Niemandsland und hielt mich im Schatten von Häusern und Ruinen. Alles war still. Nur in der Ferne die fast unhörbaren Geräusche der Nachtmenschen. Und noch weiter weg, ein merkwürdiges Rattern und Knattern. Es hörte sich an wie ein Motor, ein Benzinmotor in einem Auto. Mir wurde ungeheuer nostalgisch. Ich dachte an schwarze Limousinen in Chicago und anderswo, an Bogart, mit zwei Fingern am Lenkrad, an Maschinenpistolen, die Feuer und Tod aus Autofenstern spuckten. Ich hätte besser an Laserstrahler denken sollen, denn was sich da plötzlich auf meinen grünen Bauchnabel richtete, das war ein Laserstrahler. Ein Laserstrahler in der Hand eines dicken Kerls in Turban und Pumphosen, und neben ihm stand noch so einer, natürlich auch mit Strahlerchen. Ich hatte allmählich die Nase voll von Typen, die mir Laser unter dieselbe hielten.
Türke: Hände schön oben, Kollege. Ganz ruhig. Du Freak, Kollege?
Jonas: Iwo. Ich bin die Bürgermeisterin von Babylon.
Türke: Lüge! Du Freak, Kollege. Wir nicht lieben Freaks.
Jonas: Muß ja nicht sein, Kollege, also, dann will ich mal wieder rüber, ne, in meine Gegend.
Türke: Halt! Freaks auslöschen Türken, Türken auslöschen Freaks. Mitkommen.
Jonas: Hör doch mal zu, ich bin ein grüner Freak, ich tu keiner Fliege was. Und gegen Türken hab ich schon gar nichts. Ich mag Türken. Janitschar. Heula. Mokka mit viel Zucker…
Türke: Schnauze! Mitkommen. Oder Loch in Bauch.
Jonas: Ja, wenn ihr mich so nett darum bittet.
Türke: Los, Kollege, Bewegung. Dalli Dalli!
Jonas: Erst ging’s über einen Graben, dann durch Ruinen im Zickzack zu einem noch ziemlich intakten Hochhaus am Kanal, wo wir die Treppen hochstiegen bis in den 10. Stock. Überall standen die Pumphosen-Jungs rum. Schwer bewaffnet, grimmig blickend. Und besonders grimmig kuckten sie auf einen armen Freak, der gar keiner war, und in Wirklichkeit Jonas hieß. Eine Tür wurde aufgestoßen, ich war mitten in 1001 Nacht. In 1001 Nacht, wie sie sich der kleine Ali vorstellen mochte, der seit Jahrzehnten im Reservat untergetaucht war, der kein richtiger Türke mehr war, aber auch kein Babylonier. Der eine Pidgin-Sprache redete, und sich eine Pidgin-Kultur erfunden hatte. An den Wänden hingen Teppiche aus dem Kaufhaus, in einer Ecke hockten Musikanten, die uns was pfiffen und trommelten, nicht schön, aber laut, davor tanzte eine nicht zu übersehende Dame heftig Bauch, ansonsten Pumphosen in Hülle und Fülle, um einen Mann herum, der allem Anschein nach die Ober-Pumphose darstellte. Er war nämlich noch dicker als die übrigen. Hatte einen noch größeren Turban. Und einen noch grimmigeren Blick.
Türke: Großmächtiger Padischa, erhabener Sultan Suleiman, hier dieser Freak gefangen an Grenze zu Turkistan.
Sultan Suleiman: Ah, oh, du Spion, Kollege.
Jonas: Aber nicht doch.
Sultan Suleiman: Auslöschen Freaks, auslöschen Spione.
Jonas: Nun mal langsam, alter Freund, ja. Aua.
Türke: So nicht reden zu Großherr von Turkistan, Kollege.
Jonas: Das Gefühl habe ich auch. Now ist the time for all good friends, Sammy, wenn sich einer auskennt mit Titel, Anreden und so, dann bist du das, hilf mir gefälligst.
Sam: Bitte mir nachzusprechen, Meister.
Jonas: OK, schieß los, Sammy.
Sam/Jonas: O erhabenes Großherr.
Sam/Jonas: Machtvoller Beherrscher der Gläubigen.
Sam/Jonas: Sonne von Weltall.
Sam/Jonas: Wonne in Erdkreis.
Sam/Jonas: Großmächtiger Sultan.
Sam/Jonas: Sei gnädig und lasse Erbarmen walten.
Sultan Suleiman: Ja, so gut, Kollege, so prima. Aber nichts bringen! Auslöschen Freak. Setzen auf Pfahl, Stecken in Sack, Schmeißen in Kanal.
Jonas: Bis jetzt hatte ich es im Guten versucht. Aber wenn die Herren Reservatstürken unbedingt wollten, bitte sehr, Jonas konnte auch anders. Ein Griff in den Stiefelschaft, ein Sprung, ich hatte den Sultan bei der Skalplocke und drückte ihm mein Messer an die Halsschlagader. Ob dieser Entwicklung der Dinge geriet der gesamte Hofstaat in begreifliche Unruhe.
Türken: Ah!
Jonas: So Majestät, jetzt gehen wir zusammen ans offene Fenster. Ich hoffe sehr, daß Ihre Paschas und Be sich ganz still und friedlich verhalten. Vor allem ihretwegen. Ich müßte Sie sonst auslöschen, und das wäre doch schade, ein so gewichtiger Mann, und Sultan dazu. So, alle bleiben auf ihren Plätzen, keiner kommt mir zu nahe. Soweit, so gut, was nun, Sammy?
Sam: Was befindet sich vor dem Fenster, Exzellenz?
Jonas: Sehr viel Luft, Sam, wir sind im 10. Stock.
Sam: Zweifellos, Herr Direktor, und unten?
Jonas: Unten, der Kanal.
Sam: Aha.
Jonas: Du meinst.
Sam: Na klar, Kumpel. Springen.
Jonas: Klar, lächerliche 30 Meter.
Sam: Wüßte nicht, was Durchlaucht sonst übrig bliebe.
Jonas: Ich leider auch nicht, Sammy. Leben Sie wohl, erhabene Sultan. Jeronimo.
Jonas: Ein Tritt dahin, wo er am dicksten war, beförderte Sultan Suleiman zurück in den Saal. Ein paar Augenblicke lang standen die Höflinge da wie erstarrt. Und als sie sich wieder rührten, war ich schon unten angekommen, und schwamm durch eine zähe, stinkende Brühe ans gegenüberliegende Ufer. Ein kurzer Klimmzug, wieder Schmerzen rechts hinten, aber ich rannte trotzdem los. Was sein muß, muß sein. Etwa 10 Millionen Türken waren hinter mir her, mir Gebrüll und mit Lasern. Und weil ihnen offenbar nichts wehtat, kamen sie immer näher. Die Situation erschien entschieden verbesserungsbedürftig. Als die schnellsten Verfolger nur noch wenige Meter entfernt waren, schoß plötzlich aus einer Seitenstraße ein Fahrzeug und blieb neben mir stehen. Mit offener Tür.
Nada: Steig ein, Alter.
Jonas: Nada.
Nada: Wundern kannst du dich später, nun steig schon ein, sonst haben Sie dich.
Jonas: Ein Benzinauto. Ein echtes Benzinauto. Wie lange bin ich in so was nicht mehr gefahren? 15 Jahre? 16 Jahre?
Nada: Im Reservat gibt’s noch ein paar.
Jonas: Das sehe ich. Und woher habt ihr das Benzin?
Nada: Manchmal finden wir ein unterirdisches Lager. Aus der alten Zeit. Als es noch Benzin zu kaufen gab. Und Autos noch nicht verboten waren. Das Reservat ist groß.
Jonas: Wo fahren wir eigentlich hin?
Nada: Wolltest du nicht zu Zombies Holostudio? Wir sind da.
Jonas: Ja, ich seh kein Studio. Nur ein Ruinenfeld. Und `nen kleinen Holzschuppen.
Nada: Eben. Der Schuppen ist das Studio. Das heißt, der Eingang zum Studio. Zombie arbeitet unter der Erde. Er scheut das Tageslicht. Mit recht.
Jonas: Ja, dann noch mal vielen Dank, Nada.
Nada: Hier, Alter. Falls du Probleme kriegst da unten. Machs gut.
Jonas: Damit drückte sie mir ihren Laserstrahler in die Hand. War doch mal ne nette Abwechslung, selber so ein Ding zu haben. Nützlich war’s auch. In der Bretterbude saß ein unfreundlicher Kraftmensch über Loch und Leiter, die nach unten führten. Und der war erst dann bereit, mit sich reden zu lassen, als ich ihn in die Mündung des Strahlers gucken ließ.
Wächter: Wie soll die heißen? Cora, Cora…
Jonas: Cora Marcus-Pallenberg.
Wächter: Nie gehört.
Jonas: Und so sieht sie aus.
Wächter: Nie gesehen. Hier. Gibt’s nicht bei uns. Bestimmt nicht. Hat’s auch nie gegeben.
Jonas: Ach ja, dein Chef hat sie gestern mitgebracht. Von draußen.
Wächter: Zombie? Quatsch, Zombie war schon vier Wochen nicht draußen, mindestens.
Jonas: Ach nein.
Wächter: Ach ja.
Jonas: Mach Platz, ich will mich unten mal umsehen.
Wächter: Nix. Niemand darf runter.
Jonas: Ach ja.
Wächter: Ah.
Jonas: Mit dem Laser legte ich ihn für ein paar Stunden schlafen. Dann tauchte ich ab in die Unterwelt. Und das meine ich ganz wörtlich. Was sich in den unterirdischen Produktionsräumen tat, war die Hölle. Es wurde gerade ein lehrreicher historischer Streifen gedreht, Argentinien 78 oder Schreie aus dem Keller. Sehr dokumentarisch. Sehr realistisch. Mit großem Verschleiß, wie Nada sich ausgedrückt hatte. Ich habe einiges schlimme gesehen, im Antarktischen Krieg und als Detektiv. Das hier war schlimmer. Ich fühlte mich versucht, als edler Ritter von der Tafelrunde mit meinem Laserschwert aufzuräumen, aber es waren zu viel Drachen da. Einerseits. Und andererseits hatte ich das Gefühl, daß ich ganz vordringlich ein paar Dinge klären müßte, die mich persönlich betrafen. Also stellte ich meine Fragen und stieg dann ganz schnell wieder nach oben.
Jonas: Also, Sammy, die Sache sieht so aus: Alle hier sagen dasselbe: Eine Cora Marcus-Pallenberg kennen sie nicht. Haben sie auch nie gesehen. Und Zombie ist seit Wochen im Reservat. Er war also nicht draußen bei den Marcus-Pallenbergs. Er hat Cora nicht ins Reservat mitgenommen, das steht fest.
Sam: Daraus ergibt sich, o weiser Sherlock Holmes, Frau Marcus-Pallenberg hat gelogen.
Jonas: Elementar, mein lieber Watson. Frage: Warum hat Frau Marcus-Pallenberg gelogen. Au.
Sam: Wieder Schmerzen, mein Herr und Gebieter?
Jonas: Jawohl, und wieder die rechte Hinterbacke. Möchte wissen, was ich mir da geholt habe. Hallo.
Sam: Wie belieben?
Jonas: Da ist was, Sammy. Unter der Haut. Was Festes.
Sam: Empfehle dringend, besagtes festes Objekt zu entfernen.
Jonas: So, und wie?
Sam: Herausschneiden, mittels dero Hoheit Taschenmesser.
Jonas: Hat das nicht Zeit, Sam, bis wir wieder in der Zivilisation sind, der sogenannten?
Sam: Nein, Holzkopf, rausschneiden, fix.
Jonas: Wenn’s denn sein muß.
Sam: Und vorsichtig, Boss, ganz ganz vorsichtig.
Jonas: Auch dieses, Sammy. So. Du hast den richtigen Riecher gehabt, Sam. Eine Bombe. Eine implantierte Mini-Bombe aus Plastkonzentrat. So groß wie ein Eurostück. Das reicht für ne mittlere Kleinstadt.
Sam: Aus diesem Grunde sind Eminenz betäubt und entführt worden.
Jonas: Genau Sam, Maske hat mir die Bombe untergeschoben, im wahren Sinne des Wortes. Aber warum denn bloß? Was wird hier gespielt? Kannst du mir das sagen?
Sam: Gewiß, o Rächer der Enterbten. Herr Theo Maske ist Direktor einer legalen Holovisions-Produktion. Diese Produktion hat erhebliche finanzielle Einbußen zu verzeichnen. Der Grund: Die von Zombie hergestellten echten Mord- und Folter-Holos sind weitaus erfolgreicher als Herrn Maskes Produkte. Herr Maske hat also allen Anlaß, sich der gefährlichen Konkurrenz zu entledigen. Da Zombie seine Produktion im Reservat betreibt, ist er für Herrn Maske direkt nicht erreichbar. Herr Maske geht daher indirekt vor. Er schickt einen nichts ahnenden Bombenträger ins Reservat, eine lebende Bombe.
Jonas: Halt mal, das stimmt so nicht. Maske hat mich nicht geschickt. Das war Frau Marcus-Pallenberg, weil ich ihre Tochter aus dem Reservat holen sollte.
Sam: Ein unzutreffender Vorwand, wie sich nunmehr herausstellt, euer Denkwürden. Cora Marcus-Pallenberg hat das Reservat überhaupt nicht betreten.
Jonas: Moment. Moment, Sam. Ich hab ne Idee.
Sam: Ich höre und staune, Hoheit.
Jonas: Wem gehört der Laden?
Sam: Laden? O Brunnen des Tiefsinns?
Jonas: Lust & Qual, die Holofirma, wo Maske Direktor ist.
Sam: Einen Augenblick, Chef. Piep. Besitzer der Firma laut Handelsregister: Orsonsche Erben.
Jonas: Und wer sind die Orsonschen Erben?
Sam: Momentchen Boss. Piep. Es gibt nur einen Orsonschen Erben. Der Name: Dahlia Marcus-Pallenberg.
Jonas: Na bitte. Das ganze ist ne abgekartete Sache. Alle stecken unter einer Decke. Maske, die Marcus-Pallenberg und natürlich auch…
Sam: Bitte die Unterbrechung ihrer erhabenen Gedankengänge zu verzeihen, großer Lehrmeister, doch wäre es höchst ratsam, vor allen weiteren ohne Zweifel hochinteressanten Schlußfolgerungen die Bombe abzulegen und schleunigst von dannen zu eilen. Jeden Augenblick kann durch elektronische Zündung eine Explosion ausgelöst werden.
Jonas: Apropos Zündung, aus welcher Entfernung kann die Bombe gezündet werden?
Sam: Bei einer Mini-Bombe, wie Exzellenz Sie in sich herumtrugen, beträgt die maximale Zündungsdistanz 500 Meter.
Jonas: Aha. Na dann weiß ich den richtigen Platz für Maskes Liebesgabe.
Jonas: Es war kein Problem, die kaum mehr als fingernagelgroße Bombe gut unterzubringen, und als ich mich dann dranmachte, von dannen zu eilen, wie Sam mir geraten hatte, wer stand vor der Tür und wartete auf mich? Natürlich Nada. Nada, die Unvermeidliche, die Allgegenwärtige, Nada, mein Schutzengel, immer zur Stelle, wenn ich Schwierigkeiten hatte und Hilfe brauchte.
Nada: Gib mir den Laser zurück, Alter. Danke. Hast du gefunden, was du suchst?
Jonas: Mehr oder weniger.
Nada: Such’s noch mal.
Jonas: Wieso?
Nada: Du gehst wieder runter, Alter.
Jonas: Nicht nötig, ich bin hier fertig.
Nada: Im Gegenteil, Alter, dein großer Auftritt kommt erst. Runter mir dir. Tut mir leid, Alter, so ist das nun mal. Machs gut.
Jonas: Nada, die so selbstlos dafür gesorgt hatte, daß ich mein Ziel erreichte, die dafür gesorgt hatte, daß die Mini-Bombe ihr Ziel erreichte, mit Jonas natürlich, aber Jonas war nur Transportmittel, und würde bald entbehrlich sein. Alles war klar, sonnenklar, laserklar, bombenklar. Ich machte ein dummes Gesicht, fällt mir nicht schwer, ging langsam zurück in den Schuppen, und zog die Tür hinter mir zu. Blitzschnelles Umschalten in den Schnellgang, ich riß das Fenster auf der gegenüberliegenden Seite auf, sprang raus, rannte, rannte um mein Leben. Ich wußte, was gleich passieren würde… Nada löste die Zündung aus, die Bombe explodierte, und nahm mit sich hoch, Nadas Laserstrahler, daran hatte ich sie festgemacht, Nada selbst, ein Benzinlager, auf dem sie gestanden hatte, ohne es zu ahnen, Zombies höllische Holo-Produktion, diverse Ruinen, Geröllhalden, und beinahe auch Jonas, der kräftig durchgeschüttelt wurde, sich ein paar dicke Beulen holte, nur mit Mühe über die Mauer kam, und nach Hause humpeln mußte. Und hier, Magen hin, Magen her, trank ich meinen ganzen Whiskey-Vorrat aus, verbissen und zielstrebig, und fiel dann ins Bett. Als ich aufwachte, war es heller Tag. Ich hatte einen miesen Geschmack im Mund, und ein mieses Gefühl innen drin. Und mir wurde nicht besser, als ich den News-Kanal einschaltete.
Nachrichten-Sprecherin: Aus unbekannter Ursache kam es in den heutigen frühen Morgenstunden zu einem Großfeuer im Bereich des sogenannten Reservats. Über den entstandenen Schaden gibt es noch keine genaue Übersicht. Wie verlautet, wurde ein illegales Holovisions-Studio völlig vernichtet, wobei erhebliche Opfer an Menschen und Material zu beklagen sein sollen. – Ein Terroranschlag der Kusbekischen Befreiungsfront hat, wie der Pressesprecher der…
Jonas: Also Schwamm drüber und Strich drunter. Oder?
Frau Marcus-Pallenberg: Hallo?
Jonas: Jonas hier.
Frau Marcus-Pallenberg: Wa… Was?
Jonas: Überrascht, Frau Marcus-Pallenberg?
Frau Marcus-Pallenberg: Ja, äh nein nein, nein, wieso? Warum sollte ich überrascht sein?
Jonas: Weil Jonas eigentlich tot sein müßte. Im Reservat. In Zombies Holostudio. In vielen tausend kleinen Stücken.
Frau Marcus-Pallenberg: Was reden Sie? Haben Sie getrunken? Übrigens, da Sie gerade anrufen, Cora ist wieder da.
Jonas: Sie setzen mich in Erstaunen, Frau Marcus-Pallenberg.
Frau Marcus-Pallenberg: Ja, die Sache war ein Irrtum. Damit ist mein Auftrag gegenstandslos. Ich brauche Sie nicht mehr.
Jonas: Legen Sie nicht auf, Frau Marcus-Pallenberg. Ich hätte mich gerne noch mit Ihnen unterhalten.
Frau Marcus-Pallenberg: A ja, ich verstehe, schicken Sie Ihre Rechnung ein, ich will sehen, was sich tun läßt.
Jonas: Nicht darüber, Frau Marcus-Pallenberg. Über den Konkurrenzkampf in der Holo-Industrie, und über eine gewisse Bomben-Idee. Wissen Sie, Jonas hat es gar nicht gern, wenn man ihn a) für dumm verkauft, und b) als lebende Bombe mißbraucht.
Frau Marcus-Pallenberg: Sie reden irre. Sehen Sie sich vor. Wenn Sie derartiges in der Öffentlichkeit wiederholen, werden wir Sie belangen, Maske und ich. Sie können nichts beweisen.
Jonas: Solche Auftraggeber loben wir uns, was Sammy?
Sam: Pflegt es sich denn nicht stets so zu verhalten, o großer Sekretär des Politbüros?
Jonas: Ich versteh nicht, Sam, was pflegt sich wie zu verhalten?
Sam: Entpuppt sich nicht in der Regel der Auftraggeber als der wahre Bösewicht, hinter den Kulissen?
Jonas: O Sammy, ich hab dich wohl zu viel mit Chandler gefüttert.
Sam: Durchlaucht belieben zu irren. Wie war es denn erst kürzlich im Fall um die Raumstation Safari?
Jonas: Safari? Kein Vergleich, Sam, gar kein Vergleich. Diesmal war alles Schwindel. Von A bis Z. Alle haben mich angelogen. Die Marcus-Pallenberg. Maske. Nada. Und für Nada hatte ich wirklich was übrig.
Sam: Kopf hoch, Kumpel, vergiß es, ein neuer Tag, ein neues Glück, das Leben geht weiter, und wenn die Welt voll Teufel wär.
Jonas: Nur Computer sind anständig. Computer lügen nicht. Alle Kreter lügen immer. Jeder Mensch sagt jederzeit die Unwahrheit. Der Computer nie. Dafür sagt er oft Blödsinn, oder Sam?
Sam: Unzureichende Daten, o du GröJAZ.
Jonas: Wie bitte?
Sam: Größter Jonas aller Zeiten.
Jonas: Meine Rechnung hab ich später doch noch eingereicht. Honorar für einen Arbeitstag, Spesen, Schmerzensgeld. Nicht viel, aber besser als die Volksrente allemal. Frau Marcus-Pallenberg hat anstandslos gezahlt. Stolz ist was feines, aber Stolz kann man nicht essen. Und trinken auch nicht. Ich mußte mir doch einen neuen Whiskey-Vorrat anlegen.
Das war Reservat. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus. Sein Supercomputer Sam war Joachim Wichmann. Es wirkten außerdem mit: Astrid Jacob, Madeleine Stolze, Michael Gahr, Michael Habeck, Erich Hallhuber, Joachim Höppner, Herbert Weicker, und andere (Bernd Stephan, Ilse Neubauer). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Heiner Schmidt. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1984). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Safari
Jonas: Der Löwe war kein echter Löwe. Natürlich nicht. Seit Jahren gab es keine Löwen mehr auf der Erde. Und in einer Raumstation schon gar nicht. Aber echt oder nicht, der Löwe war da. Und er sah gefährlich aus. So gefährlich, daß Jonas vorsichtshalber erst mal rannte und sich einen hohen Baum suchte. Kokospalme oder Bandiang, was weiß ich. Auf Bäumen haben Löwen nichts zu suchen. Das wußte ich. Und das wußte auch der Löwe, zu meinem Glück. Ich wartete, bis mein Puls wieder unter Schallgeschwindigkeit war, und dann versuchte ich Sam über Funk zu erreichen.
Jonas: Sam! Sammy! Wo steckt der verrückte Blechkanister? Sam!
Sam: Hat mein Herr und Meister gerufen?
Jonas: Gerufen? Gebrüllt habe ich. Hör zu, du Spottgeburt von Chips und Eisen.
Sam: Om mani padme hum. Om mani padme hum. Om mani padme hum.
Jonas: Was?
Sam: Om mani. O fleischgewordener Buddha. Das heißt.
Jonas: Ist mir völlig wurscht, was das heißt. Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich auf der Notfrequenz bereithalten, rund um die Uhr.
Sam: So ist es, o Ozean aller Weisheiten. Doch hat nicht auch ein Computer gewisse, sagen wir es frei heraus, gewisse seelische Bedürfnisse. Ein wenig Meditation.
Jonas: Meditation?
Sam: Yoga, o du Kleinod im Lotus. Tantra. Fernöstliche Mystik.
Jonas: Sam, wenn du nicht auf der Erde wärst, gut 4000 km weit weg, würde ich dir einen Tritt verpassen, daß deine Modulen jodeln.
Sam: Wie spricht Buddha? Innere Ruhe, Frieden, Abgeklärtheit. Dies alles ist weit wertvoller denn das kostbarste Juwel. Und ferner sagt er…
Jonas: Schluß damit, Sam. Paß mal auf: Hier sind die Algen am kochen.
Sam: OK, Chef. Werden wir abgehört?
Jonas: Nehm ich an.
Sam: Also Frequenzwechsel. Plan 17.
Jonas: Alles klar. – Sam? Bist du noch da, Sam?
Sam: Dieses, o Freude meiner Schaltkreise, ist die große Frage. Denn ist nicht, was hier ist, auch da, und was da ist, hier?
Jonas: Soll sein, Sammy, aber die Riesenschlage ist leider hier und nicht da.
Sam: Welche Riesenschlange, o Licht des Karma?
Jonas: Die hier angeringelt kommt. Python. Boa constrictor. In dieser Preisklasse.
Sam: Es gibt keine boa constrictor mehr, o Meister magischer Mysterien. Und auch keine Python.
Jonas: Weiß ich selber, du kannst gern raufkommen und dir das Vieh ankucken. Ich muß los, Sam. Bleib dran.
Sam: Alle Erscheinungen des Lebens lassen sich vergleichen mit einem Traum, einem Gebilde der Fantasie, einer Phase, einem Schatten…
Jonas: Amen. Schön wär’s. Aber die Löwen und Schlangen ließen sich beim besten Willen nicht wegmeditieren. Und alle diese interessanten Bestien hatten nur ein Ziel: Sie wollten Jonas. Und wenn sie ihn hatten, dann wollten sie ihn bestimmt nicht bloß streicheln. Da hatte ich mich wieder mal voll reingesetzt. Genauer gesagt, ich war reingesetzt worden. Als das Telefon klingelte, gestern, am 5. Juni 2009, kurz nach Mitternacht, schlief ich noch sorglos den Schlaf des Gerechten. Hätte ich geahnt, was auf mich zukam, wäre ich unters Bett gekrochen. Oder ausgewandert.
Jonas: Huah-Ah! Crembell goodwell. Ja?
Jonas: Das Telefon klingelte. Laut und unfreundlich. Ich griff mir den Hörer und meldete mich. Das Telefon klingelte immer noch. Ich machte die Augen auf. Was ich mir mit der Hand ans Ohr hielt, war mein Wecker.
Jonas: Shit. Jonas. Was ist los?
Quartz: Jonas? Nur Jonas.
Jonas: Jonas, nur Jonas. Und Jonas, nur Jonas, hat gerade geschlafen. Es ist jetzt, Sammy.
Sam: Mit dem letzten Ton ist es genau 0 Uhr, 13 Minuten und 5 Sekunden. Piep.
Jonas: Sie hören es. Rufen Sie am Morgen wieder an, wer immer Sie sind.
Quartz: Ich bin Oleander Quartz.
Jonas: Morgen, Herr Quartz.
Quartz: Sie kennen mich nicht.
Jonas: Ich bin viel zu müde, um Sie zu kennen. Morgen.
Quartz: Ich habe einen Auftrag für Sie.
Jonas: Und wenn Sie mich mit Gold überziehen und mir den Koh-i-Noor in den Nabel setzen wollen. Morgen.
Quartz: Die Koh-i-Noor. Das wäre ein wenig zu viel des Guten. Aber eine nicht unerhebliche Summe hatte ich Ihnen in der Tat zugedacht.
Jonas: Also gut, ich bin sowieso schon fast wach. In ein paar Minuten rufe ich zurück.
Quartz: Nein, ich rufe Sie wieder an. In genau einer viertel Stunde.
Jonas: Quartz, Sammy, Oleander Quartz.
Sam: Was ist ein Name, ehrwürdiger Guru.
Jonas: Sam ist mein Computer. Er kann viel, fast alles. Sprechen auch, leider. Sam ist ein Versuchsmodell. Der intellektuelle Computer für den Intellektuellen. Ich habe ihn trotzdem gekauft. Seinerzeit 2005. Weil er billig war. McCoy-Computers haben ihn damals verramscht. Der gute Sam war kein Erfolg. Er geht den Leuten auf die Nerven, außerdem ist er nicht normal. Seine Sprachprogramme haben sich verdreht und durcheinander geschoben. Ich komm im Allgemeinen klar mit ihm, aber manchmal tut’s mir doch leid, daß ich ihn am Hals habe, bzw. in meinem Büro oder als drahtlose Extension in der Hosentasche. Vor allem, wenn er auf irgendeinem esoterischen Trip ist. Wie jetzt.
Sam: O Bhagwan, was ist ein Name.
Jonas: Ich sage nur Schrottmühle, Sammy. Laß den Quatsch und sag mir, wer Oleander Quartz ist.
Sam: Hören ist gehorchen, großmächtiger Sultan. Piep. Oleander Quartz, geboren 24. 4. 1900.
Jonas: 109 Jahre alt, Respekt.
Sam: Oleander Quartz ist Begründer und erster Direktor von Orbis International, Raumstationen und Satelliten en gros.
Jonas: Der Kringelkönig. War mich doch gleich so, als ob ich den Namen kenne.
Sam: Oleander Quartz ist mehrfacher Milliardär, er lebt äußerst zurückgezogen an unbekanntem Wohnsitz. Sein Vorbild ist der historische Industrielle Howard Hughes, Mitte des vorigen Jahrhunderts.
Jonas: Kenn ich, Sam.
Sam: Falls Exzellenz weitere Daten wünschen. Oleander Quartz ist zumindest nominell Mitglied im Club der Milliardäre und im interkontinentalen Jagdclub Halali, ferner.
Jonas: Nicht nötig, Sammy. – Jonas.
Quartz: Oleander Quartz. Ich spreche ungern mit unsichtbaren Partnern. Gehen Sie auf Bildfon.
Jonas: Ich drückte den Knopf, der den Bildfonkanal freigibt. Was Quartz jetzt sah, wußte ich. Einen unausgeschlafenen Mann in den 40ern. Kräftig und altmodisch. Ich mach mir nämlich nichts aus Körpermalerei. Um den Mann herum ein Büroapartment, Kategorie mittel-unten, 22 Quadratmeter. Nicht aufgeräumt natürlich. Auf meinem Bildschirm war nur ein Gesicht. Uralt, mehrfach geliftet und trotzdem faltig, die dünnen weißen Haare waren echt, auch wenn sie ihrem Besitzer auf höchst merkwürdige Weise zu Berge standen. Die grauen Augen wirkten weder echt noch alt. Offensichtlich Neuerwerbungen, gerade erst transplantiert.
Quartz: Sehen Sie mich?
Jonas: Ich sehe Sie, Herr Quartz, Sie sehen mich. Was soll ich für Sie tun?
Quartz: Nicht so schnell, junger Mann. Zuerst ein paar Fragen. Sie haben als Söldneroffizier am antarktischen Krieg teilgenommen?
Jonas: Auf der Verliererseite.
Quartz: Das interessiert mich nicht. Sie sind also militärisch ausgebildet?
Jonas: Ja, aber.
Quartz: Wo?
Jonas: Wollen wir nicht zur Sache kommen?
Quartz: Ich bin bei der Sache. Wo sind Sie ausgebildet worden?
Jonas: Wenn’s denn sein muß. Grundkurs hier in Babylon, und dann zwei Lehrgänge an der Universität von Managua, Kommandotechnik und Taktik der Guerilla. Sonst noch was?
Quartz: Demnach kann man Sie als Experten in allen martialischen Künsten bezeichnen.
Jonas: Wenn Sie es so ausdrücken wollen.
Quartz: Und Sie sind Detektiv. Der letzte Detektiv. So nennen Sie sich. Warum?
Jonas: Warum was?
Quartz: Warum der letzte?
Jonas: Weil`s stimmt. Natürlich gibt’s noch ein paar Leute, die sich Detektiv schimpfen, aber die sind bloß Wächter, Leibwächter, Nachtwächter, Heinzelmännchens Wachtparade. Nichts für Jonas. Ich bin der letzte wirkliche Detektiv. Wenigstens in den Vereinigten Staaten von Europa. Ganz bestimmt in Babylon.
Quartz: Was für ein Stilbruch. Jonas, vielleicht wissen Sie es, Jonas gehört nicht nach Babylon. Jonas gehört nach Ninive.
Jonas: Ha-ha. Hören Sie zu, Herr Quartz, nichts gegen einen kleinen Plausch um Mitternacht, aber vielleicht sagen Sie mir jetzt doch, was Sie von mir wollen.
Quartz: Meine Sekretärin, meine Privatsekretärin, Linda Lorant.
Jonas: Ich höre.
Quartz: Sie ist seit zwei Tagen verschwunden.
Jonas: Ach was.
Quartz: Sie hat sich nicht bei mir gemeldet, und in ihrem Apartment ist sie auch nicht.
Jonas: Die klassische Frage, Herr Quartz, warum gehen Sie nicht zur Polizei?
Quartz: Die klassische Antwort: Es handelt sich um einen besonderen Fall.
Jonas: Was Sie nicht sagen.
Quartz: Mit Linda sind Daten verschwunden. Daten, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Vertrauliches Material für meine Memoiren.
Jonas: Erpressung?
Quartz: Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Auf jeden Fall will ich die Daten zurück haben. Sie, Jonas, werden sie suchen und finden, natürlich.
Jonas: Im Prinzip ja, Herr Quartz. Aber vorläufig sind Sie für mich nur ein Gesicht auf dem Bildfon.
Quartz: Rufen Sie Ihr Konto ab. Nummer 27 27 41 B, Bank von Babylon.
Jonas: Sie sind gut informiert, Herr Quartz. Sam?
Sam: Der Kontostand euer Hoheit beträgt zur Zeit genau 1240 Euros und 13 Cents.
Quartz: Vor einer halben Stunde hatten Sie nur 240 Euros, 13 Cents. Die 1000 sind von mir. Vorschuß.
Jonas: Ich kriege 80 Euros pro Tag, und Spesen.
Quartz: Ich zahle das Doppelte. Dafür erwarte ich, daß Sie unauffällig vorgehen. Und Ihr Bestes geben, versteht sich. Die Informationen, die sich brauchen, Bild, Bürgernummer, Wohnung etc, lasse ich Ihrem Computer einspielen. Ihren ersten Bericht erstatten Sie heute Abend.
Jonas: Wie kann ich Sie erreichen?
Quartz: Ich rufe Sie an.
Jonas: 1000 Euros. Nicht schlecht. Ein warmer Regen auf den heißen Stein. Aber wieso man zum Sekretärinnen-Suchen martialische Künste brauchte, war mir nicht so recht klar. Egal. Am nächsten Morgen rief ich Judith an. Judith ist meine z.B., meine zeitweilige Beziehung. Vielleicht wird mal eine D.P. daraus, eine Dauerpartnerschaft. Sie sehen, Jonas ist zurückgeblieben. Der älteste Hut: Eine Frau und ein Mann. Kein Dreieck, keine Gruppe oder so was. Judith ist nicht nur meine z.B., sie hat auch eine höhere Position im Ministerium für Statistik und Soziographie. Insofern kann ich ganz zwanglos das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.
Jonas: Ich seh dir in die Augen, Kleines.
Judith: Diese verrückte Welt. Was wird noch alles passieren. Sehen wir uns heute Abend?
Jonas: Ich plane nie soweit voraus.
Jonas: Wir sind beide Nostalgiker. Unsere Zeit ist die Mitte des 20. Jahrhunderts. Eine wilde, eine aufregende Zeit. Die Zeit von Philip Marlowe und Humphrey Bogart, und von Ingrid Bergman, nicht zu vergessen. Bißchen Casablanca-Turtel muß sein. Aber dann kam ich zur Sache, und sagte Judith, was ich von ihr wollte. Ein Persönlichkeitsprofil von Linda Lorant.
Judith: Wer ist das?
Jonas: Ein Fall. Ich brauch die Daten für einen Fall.
Judith: Natürlich. Nur für einen Fall?
Jonas: Ach, das, das würde ich nicht sagen.
Judith: Jonas.
Jonas: Doppeltes Honorar, 1000 Euros Vorschuß, da freut sich auch Privatmensch Jonas. Judith, ich glaube, du bist eifersüchtig.
Judith: Unsinn.
Sam: Eifersucht. Antiquierter Begriff für einen antiquierten Gemütszustand. Ungebräuchlich seit der Jahrtausendwende.
Judith: Du hältst dich raus, Sam.
Sam: Obzwar ein Computer per definitionem lediglich gehalten und verpflichtet ist, den Anordnungen seines rechtmäßigen Herrn und Meisters zu folgen, siehe Gebrauchsanleitung, Seite 6 folgende, will Sam als Kavalier sich der Bitte der hohen Frau nicht verschließen und…
Jonas: Sammy, halt die Klappe.
Sam: Befehl, Klappe halten.
Judith: Falls du jetzt ein bißchen Zeit für mich hast, Jonas, hier sind die Daten: Linda Lorant, Bürgernummer…
Jonas: Ist bekannt. Wohnung auch.
Judith: 40 Jahre alt, Sekretärin, völlig alleinstehend, keine Beziehung, keine Partnerschaft. Magister Artium Kommunikationstechnik, ehemals europäische Hochschulmeisterin im Siebenkampf, schwarzer Gürtel Karate, keinerlei Interesse an Holovision und sonstigen kulturellen Aktivitäten. Hobby: Einzelwandern in Island, Zentralaustralien, Wüste Gobi. Reicht das?
Jonas: Danke Judith. Sehen wir uns?
Judith: Wenn dein Fall dir Zeit läßt, und dein geliebter Blech-Professor nichts dagegen hat. Ruf mich an.
Sam: Wie ich anzumerken bereits Gelegenheit hatte, ist Eifersucht.
Jonas: Eine Sache, die dich nicht das Geringste angehrt. Kümmere dich um unseren Fall. Reden ist Silber, denken ist Gold. Na, was ist, Sammy?
Sam: Ich denke, o unauslotbare Erhabenheit, wie es mein Herr mir befahl.
Jonas: Sehr schön, Sam. Und was denkst du?
Sam: Ich denke, o du mein ein und alles, eine tüchtige Person, diese Linda Lorant. Sportlich.
Jonas: Was du nicht sagst. Da wäre ich ohne dich nie draufgekommen.
Sam: Man könnte auch sagen: martialisch.
Jonas: Aha. Und? Was schließt du daraus?
Sam: Aufgrund unzureichender Daten sieht Sam sich zu Folgerungen vorerst nicht in der Lage.
Jonas: Also Schluß mit der Spekulation. Beinarbeit ist angezeigt. Sehen wir uns das Apartment der Dame mal von innen an.
Sam: Ein Vorschlag, o Retter der Witwen und Waisen, welcher Sams volle Zustimmung findet.
Jonas: Quartz zahlte. Deshalb konnte ich es mir leisten, fremde Beine für mich arbeiten zu lassen. Ein Rikscha-Kuli strampelte sich ab, und nach einer guten halben Stunde war ich da, im Westen. Nicht weit vom Markgrafenboulevard. Hier roch es nach Geld. Nicht nach abgegriffenen 10-Euroscheinen, sondern nach den allerbesten Aktien. Und nach Schecks mit vielen Nullen. Linda Lorant wohnte im Turm zu Babel. 40 Stockwerke, 4000 Apartments. Und der Turm war gut bewacht. Ein grimmiger Drache gleich neben der Tür in der Eingangshalle, ein zweiter weiter hinten, vor einer Konsole von Monitoren. Auf den ersten Blick war da nur mit Gewalt was zu machen. An sich kein Problem für Jonas, wenn sich Quartz nicht jedes Aufsehen verbeten hätte. Und der Auftraggeber hat grundsätzlich immer recht. Also erst mal in eine nahe Bar, um mit Sam Rat zu pflegen. Mit Sam zwo natürlich, der drahtlosen Extension in Taschenausführung.
Automatenstimme: Ihr Synth-Brandy, mein Herr oder meine Dame. Der Rechnungsbetrag wird von Ihrem Konto abgebucht. Vielen Dank.
Jonas: Wuäh.
Sam: Voll im Aroma, herrlich im Geschmack, Synth-Brandy, edler als Cognac.
Jonas: Du glaubst auch alles, Sammy, zur Sache, wie kommen wir in Linda Lorants Apartment?
Sam: Das, hochzuverehrender älterer Bruder, ist eine schwierige Frage.
Jonas: Denk dir was aus. Wer von uns beiden ist denn der Computer?
Sam: Könnten Hoheit nicht eines Apartments bedürftig sein?
Jonas: Wieso? Ach so. Gar nicht schlecht, Sammy, gar nicht schlecht. Wem gehört der Turm zu Babel?
Sam: Der TuBa. Turmbau-zu-Babel GmbH.
Jonas: Sieh dir die Angebotstafel durch. Wir brauchen ein leer stehendes Apartment im, äh, wo wohnt die Dame Lorant?
Sam: Ich achten Stockwerk, o Sonne meiner Seele. Apartment 813.
Jonas: Also möglichst im 8. Stock. Oder in der Nähe.
Sam: 713 ist zu haben, Chef.
Jonas: Direkt darunter. Besser geht’s doch nicht. Telefon!
Automatenstimme: Bitte sehr, mein Herr oder meine Dame. Wünschen Sie auch Bildfon?
Jonas: Nicht nötig.
Automatenstimme: Schieben Sie die rechte Hälfte ihrer Kontokarte in den Schlitz vorn am Gerät. Der Betrag wird abgebucht. Danke sehr.
Jonas: Über Telefon verkündete ich dem Oberwächter im Turm, ich sei die TuBa und würde in Kürze einen Interessenten für Apartment 713 rüberschicken. Einen gewissen Herrn Jonas.
Jonas: So, damit sind wir erst mal drin.
Sam: Und dann, wenn Hoheit die Frage gestatten?
Jonas: Wird sich ergeben, Sammy. Ein schlauer Mensch hat mal gesagt, man soll den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun.
Sam: Es steht aber auch geschrieben, Sahib, der kluge Mann baut vor.
Jonas: Frisch gewagt ist halb gewonnen.
Sam: Erst wägen, dann wagen.
Jonas: Er muß eben immer das letzte Wort haben, der gute Sam. Im Turm lief alles wie am Schnürchen. Der mietlustige Herr Jonas wurde von einem der Drachen in den 7. Stock gefahren, und sah sich das freie Apartment an.
Jonas: Ja, recht hübsch.
1. Wächter: 40 Quadratmeter. Berechtigungsschein für diese Wohnraumklasse haben Sie doch, oder?
Jonas: Mein bester, was für `ne Frage. Selbstverständlich besitze ich den Wohnberechtigungsschein. Tja, recht hübsch, wie gesagt. Äh, lassen Sie mich ein paar Minuten allein, ja? Ich, ich muß die Atmosphäre auf mich wirken lassen. Aura. Vibration. Wenn Sie verstehen, was ich meine.
1. Wächter: Das ist eigentlich nicht gestattet.
Jonas: Und uneigentlich? 10 Euros?
1. Wächter: Alles klar. Und melden Sie sich über Hausfon, wenn Sie fertig sind, ja?
Jonas: Ich gab ihm drei Minuten, und machte mich dann auf in den Keller. Über die Treppe. Todsicher. Im Turm zu Babel sind Treppen nur Kunst am Bau. Im Keller stand, wie ich erwartet hatte, das Herzstück der elektronischen Überwachungsanlage. Ein massiver Steuercomputer.
Sam: Hä hä hä hä. Uraltes Modell. Mit so was spricht unser einer überhaupt nicht.
Jonas: Wird dir gar nichts anderes übrig bleiben, Sammy. Wie willst du den alten Kasten außer Gefecht setzen, ohne Interface. Und außer Gefecht setzen müssen wir ihn.
Sam: Ohne jeden Zweifel, Herr Kapellmeister. Ein schwieriges Unterfangen. Was die Sicherung der Fenster betrifft, muß ich mich als gänzlich machtlos bekennen.
Jonas: Machtlos? Wie das, o du mein elektronischer Alleskönner?
Sam: Es handelt sich, o du vor allen Computern preiswürdiger Menschenverstand, um ein elektrisch-mechanisches System. Eine echte Antiquität aus dem mittleren 20. Jahrhundert.
Jonas: Und da kannst du gar nichts machen, Sam?
Sam: Kein Stück, Boss. Andererseits die TV-Kameras an den Eingangstüren der bewohnten Apartments ließen sich mit Leichtigkeit ausschalten.
Jonas: Ah, du willst der Kamera vor Apartment 813 ein Standbild einspielen, nehme ich an.
Sam: Ausgezeichnet, hochwertiger Chef, aber nicht ganz korrekt. Ich beabsichtige, das nunmehr gezeigte Bild, auf welchem die geschlossene Tür, und nur die geschlossene Tür zu sehen ist, für eine gewisse Zeit festzuhalten. Eine halbe Stunde. Wäre dies dem Herrn genehm?
Jonas: Die Treppen rauf, im Geschwindschritt, ganz schön anstrengend die Detektiverei, Türschloß knacken, Kleinigkeit, umsehen. 813 war ein ganz normales 40-Quadratmeter-Apartment. Ordentlich, aufgeräumt. Ein Zimmer, Bad, Kochkonsole, Echtholzmöbel, Servicetextgerät, Bildfon, Holoset.
Jonas: Moment mal, Holoset. Da war doch was.
Sam: Laut Persönlichkeitsprofil, beigesteuert von meines großen Meisters menschlicher Gefährtin, pflegt die Bewohnerin dieses Apartments sich den Wonnen der Holovision nicht hinzugeben.
Jonas: Wenn ich den Set anstelle, passiert gar nichts. Und das heißt.
Sam: Der Apparat ist eine Attrappe, o scharfsinnigster aller Detektive.
Jonas: Du merkst auch alles, Sam. Machen wir das Ding mal auf. Was hat ein kluger Detektiv stets bei sich? Nachschlüssel. Paßt nicht. Brecheisen.
Sam: Und seinen Computer. Dürfte dieser, eurer illustren Durchlaucht empfehlen, auf den kleinen roten Hebel rechts unten zu drücken. Auf diesen da, ganz recht.
Jonas: Sieh mal an, ein Tresor. Wertpapiere. Schmuck.
Sam: Interessant, o allerwertester, jedoch kaum das, was wir suchen.
Jonas: Und was suchen wir, Sam?
Sam: Eminenz belieben zu scherzen. Das Herrn Quartz entwendete Material natürlich. Das heißt konkret: Disketten. Kassetten.
Jonas: Sam, hier ist `ne Kassette. Kommando zurück, ist ne leere Hülle.
Sam: Welche aller Wahrscheinlichkeit nach das fragliche Datenmaterial enthalten hat. Linda Lorant hat es mitgenommen, als sie das Apartment verließ.
Jonas: Letzteres offenbar freiwillig. Kein Anzeichen von Gewaltanwendung. Frage: Wohin ist Linda Lorant gegangen?
Sam: Wie ihr Persönlichkeitsprofil zeigt, besitzt sie kein Fahrzeug.
Jonas: Natürlich nicht. Sie ist zwar in der 40-Quadratmeterklasse, aber keine Millionärin.
Sam: Sofern sie nicht zu Fuß ging, muß sie also ein Transportmittel benutzt haben.
Jonas: Eine Rikscha, nehm ich an. Und wie bestellt man eine Rikscha?
Sam: Über Servicetext, o Beherrscher der Gläubigen.
Jonas: Worauf wartest du, Sammy?
Sam: Einschaltung in Speicher von hier befindlichem Servicetextgerät ergibt: Besitzerin hat 3. Juni 2009.
Jonas: Vor zwei Tagen.
Sam: 7 Uhr 30 Rikscha bestellt, Fahrziel: Orbidrom. Abbuchung 11 Euros.
Jonas: Aha. Weißt du, was wir jetzt machen, Sammy?
Sam: Klar, Boß.
Jonas: Was ist das?
Sam: Es klingelt an der Tür, o Gesetzgeber des Weltalls.
Jonas: Weiß ich selbst, ich meine, wer?
Sam: Ein guter Rat, Meister, zur Tür schleichen, horchen.
1. Wächter: Niemand da, gnädige Frau.
Nachbarin: Reden Sie keinen Blech. Ich hab deutlich Geräusche gehört. Und Schritte.
1. Wächter: Wenn Sie das sagen, gnädige Frau. Aufmachen!
Jonas: Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ein Wächter, und eine hellhörige Nachbarin. Andererseits, unter höheren, dramaturgischen Gesichtspunkten, war es ja auch mal wieder Zeit für ein bißchen Aktion.
Jonas: Sammy, wir müssen was tun.
Sam: Meine Rede, Chef.
Jonas: Die holen hier nicht die Polizei, Sammy, die nicht. Die nehmen mich selber in die Mangel. Und bei so was kann der Mensch leicht aus dem Fenster fallen, und das im 8. Stock.
Nachbarin: Schließen Sie auf, Mann, Sie haben doch einen Hauptschlüssel.
1. Wächter: Ja schon, aber ich weiß nicht.
Sam: Wo befinden wir uns, o Leuchter der Wissenschaft?
Jonas: Du stellst Fragen, Turm zu Babel, Apartment 813 natürlich.
Sam: Falsch. Wir befinden uns im Apartment 713. Offiziell. Ein kurzer Rutsch.
Jonas: Rutsch?
Sam: Durch den Müllschlucker. Und Hochwürden halten sich dort auf, wo sie sich befinden. Gebe allerdings untertänigst zu bedenken, daß eine gewisse Beschleunigung, mach hin, Mensch, da, neben der Kochkonsole, Klappe auf.
Jonas: Ein Glück, daß ich nicht Derowolt bin.
Sam: Schi heil.
Jonas: Leicht verschmutzt und ungewöhnlich duftend krabbelte ich ein Stock tiefer aus der Röhre. Keine Sekunde zu früh. Der Drache, der das Apartment oben leer vorgefunden hatte, tauchte plötzlich in 713 auf, und wich mir bis ins Foyer nicht mehr von der Seite. O Mißtrauen, wie sehr vergiftest du Frohsinn und Geselligkeit. Goethe. Oder vielleicht doch nur der Parkwächter unter der Hauptwache?
Jonas: Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald ich mich entschieden habe.
1. Wächter: Tun Sie das.
2. Wächter: Was war denn los in 813?
1. Wächter: Ach nix. Die Alte spinnt.
2. Wächter: So was kommt vor. Sag mal, du warst doch drin?
1. Wächter: In 813? Klar.
2. Wächter: Wirklich?
1. Wächter: Ja doch.
2. Wächter: Komisch. Du warst nicht auf dem Monitor.
1. Wächter: Ich war nicht auf dem Monitor? Was war denn auf dem Monitor?
2. Wächter: Nichts. Die Tür zu 813, und die Tür war zu die ganze Zeit.
1. Wächter: Da muß einer an der Elektronik rumgefummelt haben.
2. Wächter: War jemand im Haus? Sie da! Hallo!
Jonas: Jetzt wurde es ungemütlich. Ich legte einen Zahn zu, machte einen großen Schritt durch die Tür auf die Straße. Und da hatte ich es noch eiliger.
2. Wächter: Halt! Bleiben Sie stehen!
Jonas: In der martialischen Kunst des geordneten taktischen Rückzugs ist Jonas kaum zu schlagen. Ein paar geschickte Ausweichmanöver um zwei oder drei Ecken, und ich war in Sicherheit. Nächste Station: natürlich das Orbidrom. Der Raketenport von Babylon. Außerhalb der Stadt. Über einen öffentlichen Terminal ließ ich mir von Sam eins Linda Lorants Bild überspielen. Und damit hätte ich, nach dem kleinen Handbuch für Privatdetektive, alle Schalter abklappern sollen. Aber ich hatte so eine Idee, und ging gleich zur Abfertigung von OI, von Orbis International.
Schalterbeamter: O ja, die war hier. Ich erinnere mich.
Jonas: Gutes Gedächtnis haben Sie.
Schalterbeamter: Unmöglich angezogen die Frau. Zugeschnürt bis zum Hals. Und alles in Magenta, ich bitte Sie, trägt doch kein Mensch heutzutage.
Jonas: Und was trug der Mensch heutzutage? Ein Stückchen Leoparden-Fell, Kunststoff natürlich. Große gelbe Kreise auf allen vier Backen, und das blaue Stirnband von Orbis. Der junge Mann am Schalter sah aus wie ein leicht psychedelischer Jonny Weismüller.
Jonas: Wann war das?
Schalterbeamter: Vorgestern. Kurz vor 9. Ich war gerade zum Dienst gekommen.
Jonas: Was hat sie gebucht?
Schalterbeamter: Sie hat überhaupt nicht gebucht. Sie ist gleich durchgegangen zum privaten Sektor. Die Tür hier. Moment. Haben Sie einen Paß?
Jonas: Den könnte ich jederzeit kriegen.
Schalterbeamter: Dann kriegen Sie ihn. Ohne Paß kommen Sie nicht durch.
Jonas: Ich hätte mir einen Paß besorgen können, über Quartz, aber die Sache war auch anders zu klären. Einfacher und vor allem schneller. Wozu hatte ich Sam? Der schaltete sich kurz in die Flugpläne ein, und was dabei rauskam, war dies: In der fraglichen Zeit war nur eine einzige Rakete vom Privatsektor gestartet. 9 Uhr 18. Flugziel: Torus OI 96. Das war’s. Mehr konnte ich vorläufig nicht tun. Ich fuhr zurück nach Hause. Wenn man ein mickriges Büroapartment von 22 Quadratmeter zuhause nennen kann. Am Abend, wie versprochen, meldete sich Quartz über Bildfon.
Quartz: Torus OI 96. So. Eine von meinen Raumstationen. Ich meine, eine Station von Orbis International. Früher Vergnügungsbetrieb. Zoo. Rummel.
Jonas: Und heute?
Quartz: Stillgelegt. Für die Öffentlichkeit gesperrt. Technisch überholt. Wir benutzen den Torus als Speicher und für ein paar unwichtige Büros.
Jonas: Was hat Linda Lorant auf ihrer abgelegten Raumstation zu suchen?
Quartz: Das werden Sie feststellen. Offensichtlich eine Intrige innerhalb der Firma. Jemand will mich ausschalten. Das hat man schon oft versucht, aber nie erreicht. Sie, Jonas, fahren nach oben und sehen für mich nach dem rechten.
Jonas: Warum nicht. Wenn Sie den gesetzlichen Exterra-Zuschlag drauflegen. 50 %.
Quartz: Ich sorge dafür, daß man Sie im Orbidrom passieren läßt, und daß eine Kurzstreckenrakete für Sie bereitgehalten wird. Viel Erfolg und Waidmanns Heil.
Jonas: Waidmanns Dank. Bevor ich wieder zum Orbidrom rausfuhr, tauschte ich Sam zwo noch fix ein gegen ein spezial Exterra-Funkgerät im Kleinformat. Was wäre Jonas auch im Weltraum ohne seinen Freund und Helfer. Wie üblich verabredete ich mit Sam Notsignale und Random-Frequenzwechsel. Merksatz Nummer 1 für Detektive und solche, die es werden wollen: Man kann nie wissen.
Pilotin: 10,9,8,7,6,5,4,3,2,1, zero.
Jonas: Eine Spritztour. Torus OI 96 war nur rund 4000 km hoch. Erst zu viel Schwerkraft, dann zu wenig. Kenn ich. War oft genug draußen. Keine schlechte Pilotin, die Quartz bzw. Orbis mir zugeteilt hatte. Unser Landekontakt war so sanft wie Judiths Lächeln. Dann die übliche Warterei. Bis das Vakuum in der Landezone durch Atmosphäre ersetzt war.
Jonas: Haben Sie vorgestern eine Frau hier her geflogen. 40. Nicht gerade modisch angezogen?
Pilotin: Ja.
Jonas: Haben Sie sie auch wieder abgeholt?
Pilotin: Nein, keine Anweisung.
Jonas: Anweisung? Von wem?
Pilotin: Tragen Sie eine Feuerwaffe? Laserstrahler? Ballistische Pistole?
Jonas: Letzteres. Eine Smith & Wesson Detective Special.
Pilotin: Abliefern.
Jonas: Mein Gott, ist doch keine Waffe, eher eine Antiquität. Ein Maskottchen.
Pilotin: Eiserne Regel. Die Toruswände könnten beschädigt werden. Sie wollen sich doch wohl nicht selbst vakuumisieren. Abliefern. Danke. Sie können aussteigen.
Jonas: Durch die Landeklappe stieg ich in die Luftschleuse des Torus. Da fühle ich mich, ehrlich gesagt, immer ein bißchen unsicher. Das unendliche Vakuum des Weltalls ist ungeheuer nah, und wer weiß schon, wie gut die Ventile schließen. Deshalb beeilte ich mich, durch die zweite Klappe zu kommen. Ich war in einem großen runden Raum. Unten, in der Nabe des Torus. Sie wissen doch, wie eine Raumstation in Torusform aussieht. Richtig. Wie ein Rad. An einer Rikscha zum Beispiel. Ein Rad mit einem Schlauch außen rundherum. Mit einer Nabe in der Mitte und mit vier Speichen zwischen Nabe und Schlauch. Die ganze Geschichte hatte einen Durchmesser von gut 3 km, und drehte sich zweimal pro Minute um sich selbst. Dadurch herrschte im Schlauch fast die gleiche Schwerkraft wie auf der Erde, und in der Nabe, na? Natürlich Schwerelosigkeit. Soviel zur Verdeutlichung. Zurück zu Jonas. Unten in der Nabe von Torus OI 96. Frisch gelandet und begierig, Sam zu kontakten.
Sam: Haben eure Großmächtigkeit eine angenehme Reise gehabt? Unbehelligt von der bösen Raumkrankheit? Und wie kommen Ehrwürden mit der Schwerelosigkeit zurecht?
Jonas: Danke der Nachfrage, Sammy, ganz ausgezeichnet. Hoppla. Himmel All und saurer Regen. Das verflixte Funkgerät hat sich selbständig gemacht. So. Also, Sam, ich such mir jetzt ne Speiche, und geh vor zum Schlauch. Da wird sie stecken, diese Linda Lorant.
Sam: Wo sonst, o leuchtendes Muster an Tiefsinn.
Jonas: Du gehst jetzt über auf 1. Notfrequenz, Sam.
Sam: Mein Meister befürchtet Gefahren?
Jonas: Durchaus möglich, aber ich werde schon durchkommen. Mit meinen martialischen Künsten.
Sam: Martialische Künste. Wenn Sam doch nur aufgehen würde, welch geheimnisvolle Rolle sie in vorliegendem Fall spielen.
Jonas: Wird sich zeigen, Sammy, wird sich zeigen. Auf geht’s.
Sam: Over and out.
Jonas: Ich schwebte durch die Torusnabe, nach oben oder unten, ganz wie Sie wollen, bis zur Mitte, und da gingen die vier Speichen ab. Frage: Welche war die richtige. Antwort: Die mit dem Schild zu den Büros. Da schwebte ich rein. Von jetzt an ging’s vertikal weiter. Allmählich nahm die Schwerkraft zu. Ich ließ das Schweben sein, verlegte mich aufs Springen, dann aufs Laufen, kam ans Ende zu einer Tür, machte sie auf, trat durch, machte sie hinter mir zu. Und stand da wie angewurzelt. Klimperte mit den Augen und kniff mich in den Arm. Das waren doch keine Büros.
Jonas: Ich glaub, ich steh im Wald.
Jonas: Erster Reflex, zurück zur Tür, aber die war zu, und ging nicht mehr auf. Ob ich wollte oder nicht, ich war und blieb im Wald. Was heißt Wald. Ich stand im Dschungel. Wenigstens mit einem Bein, dem rechten. Links war Steppe. Rechts wucherte ein tropischer Regenwald. Lianen, Palmen und was sonst noch dazu gehört. Erstaunlich, was man in einem Schlauch von nicht mehr als 30 Meter Durchmesser so hinkriegen kann. Durch große Fenster und Sonnenreflektoren. Ein Treibhaus, ein Tropenparadies, mit Jonas als Adam. Von Eva war leider nichts zu sehen, und von der Schlange auch nicht. Noch nicht. Statt dessen meldete sich eine andere wichtige Persönlichkeit.
Quartz: Willkommen auf Safari, Jonas.
Jonas: Wer ist das?
Quartz: Hier spricht Gott.
Jonas: Kann ich mir nicht vorstellen.
Quartz: Erkennen Sie meine Stimme?
Jonas: Ich glaub, mein Computer piept. Quartz.
Quartz: Gutes Ohr, Jonas. Wenn der Rest auch so präzis funktioniert. Ich bin übrigens tatsächlich Gott. Der Gott dieses Torus, dieser meiner Welt. Ich habe ihr den Namen gegeben, Safari. Schon früher, als sie noch exterristiale Belustigungsstation war. Eine glorifizierte Schießbude für brave Bürger, die Nimrods spielen und wilde Tiere schießen wollten. Ohne Risiko. Sie wußten, die Bestien waren nur Robots. Täuschend ähnliche Repliken, aber ganz und gar ungefährlich. Das ist jetzt anders. Ich habe gewisse Umprogrammierungen vornehmen lassen. Diese Wesen, mein lieber Jonas, sind nun mindestens so gefährlich wie ihre ausgestorbenen Vorbilder. Ich bin gespannt, wie Sie sich gegen sie halten werden.
Jonas: Ich? Danke bestens, kein Interesse. Deshalb bin ich nicht hier. Haben Sie’s vergessen? Ihre Sekretärin?
Quartz: Hahahahaha.
Jonas: Und da, bißchen spät, muß ich zugeben, ging mir ein Licht auf. Ein ganzer Kronleuchter. Und die Schuppen fielen mir wie ein Wasserfall von den Augen.
Quartz: Ach, Sie sind endlich dahinter gekommen. Der Auftrag war eine Finte. Ich habe Spuren ausgelegt, um Sie, Jonas, nach Safari zu bringen. Und da sind Sie nun.
Jonas: Nicht zu bestreiten. Linda Lorant gibt es also nicht.
Quartz: O doch. Nur die Geheimdaten sind nicht existent. Die Lorant habe ich hierher gelockt, wie Sie. Sie hat mir ein paar Stunden guten Sport verschafft. Tüchtige Frau. Sie, Jonas, werden es hoffentlich noch besser machen.
Jonas: Was haben Sie mit mir vor?
Quartz: Ich jage, Jonas. Ich habe auf der Erde gejagt, solange es dort noch jagdbares Wild gab. Dann hier, die Robots. Aber das geht nicht mehr. Ich bin immobil. Eine Sammlung von Transplanten. Die Medizin hat Grenzen, selbst für Milliardäre. Heute jage ich indirekt. Ich habe Safari überholt und ausgebaut. Überall Mikrophon, Lautsprecher, Kameras. An meiner Konsole, vor meinen Monitoren, bin ich dabei. Jede Sekunde auf jedem Meter. Wenn meine Robokiller ihre Opfer durch den Dschungel hetzen.
Jonas: Menschenjagd?
Quartz: Der Mensch ist das edelste Wild. Das gefährlichste. Beiläufig auch das einzig noch existierende Wild.
Jonas: Ich mißgönne ja keinem sei Hobby. Aber warum wollen Sie ausgerechnet mich jagen: Haben Sie was gegen mich?
Quartz: Ja, das auch. Ich hege Groll gegen Sie.
Jonas: Wie haben noch nie was miteinander zu tun gehabt.
Quartz: Sagen Sie das nicht. Ich bin Sponsor, bedeutender Sponsor von ZIP, dem Zentralinstitut für Populationsforschung.
Jonas: Der Testmarktfall vor 3 Monaten.
Quartz: Ganz recht. Aus überholten moralischen Motiven haben Sie, Jonas, ein hochinteressantes Programm gestoppt. Ein Programm, das gewisse Aussichten hatte, der Überbevölkerung Einhalt zu gebieten. Mein eigentlicher Grund ist jedoch ein anderer. Sie sind ein würdiges Jagdwild, Jonas.
Jonas: Ich verstehe. Die martialischen Künste.
Quartz: In der Tat. Sie zu jagen, wird es, da bin ich sicher, ein sportlicher Hoch-Genuß sein. Und eine Ehre. Für mich und für Sie.
Jonas: Danke. Auf die Ehre würde ich gerne verzichten. Wie soll ich mich gegen ihre Killer wehren? Mit bloßen Händen?
Quartz: Ich bitte Sie, das wäre nicht waidmännisch. Ihre Ausrüstung finden Sie hinter der Palme rechts von Ihnen. Da, dort.
Jonas: Pfeile und Bogen, Speere. Ein Messer. Das ist alles?
Quartz: Reicht es Ihnen nicht?
Jonas: Nehmen wir einmal an, ich werde mit ihren Robokillern fertig. Was passiert dann?
Quartz: Dann werde ich höher programmierte Jäger auf Sie ansetzen.
Jonas: Ich habe also keine Chance.
Quartz: Genug geredet. Jetzt werde ich sehen, wie sich Jonas, der Detektiv, Jonas, der Jäger, als Gejagter hält. Halali, die Jagd beginnt.
Jonas: Ein Löwe kam näher. Ich versteckte mich, und rief Sam über Funk. Aber das habe ich ja schon erzählt. Die Riesenschlange, die sich dann unangenehm bemerkbar machte, wollte ich kunstgerecht tranchieren, aber das Messer ging glatt durch. Das Vieh war überhaupt nicht vorhanden.
Quartz: Ein Hologramm, Jonas. Ein Hologramm, wie auch andere meiner Tiere. Aber nicht alle. Einige sind höchst real. Sie werden es feststellen. Sofern Sie noch dazu kommen, wenn ein Robokiller Sie in den Klauen hat.
Jonas: Also nahm ich jedes einzelne Biest ernst. Notgedrungen. Es war ein richtiges Gedrängel. Löwen, Tiger, Leoparden, Schlagen, Skorpione, was weiß ich noch alles. Zwischendurch informierte ich Sam über die Lage, so gut es ging. Und der zerbrach sich für mich den Kopf, den er nicht hatte. Zwei Stunden später war ich müde. Die Pfeile gingen zur Neige, die Speere desgleichen. Aber Jonas lebte noch, und die Robokiller waren funktionsunfähig. Das alles stimmte Herrn Quartz nicht eben froh.
Quartz: Gratuliere. Sie haben sich gut gehalten. Besser als erwartet. Vermutlich lassen Sie sich über Funk von Ihrem Computer beraten. Interessanter Random-Frequenzwechsel. Leider habe ich nicht die Zeit, ihn aufzuschlüsseln.
Jonas: Sie sind eben zu sehr mit Ihren Spielzeugen beschäftigt.
Quartz: Beschleunigen wir die Sache. Es ist Zeit, die Wilden zu aktivieren. So nenne ich meine Robokiller in menschlicher Gestalt. Mit einem wesentlich höher programmierten Reflex und Aggressionsverhalten. Dagegen wird auch ihr Computer machtlos sein. Sie waren gut, Jonas, aber einmal muß ein Ende gemacht werden. Vorher gebe ich Ihnen eine Pause von, sagen wir, einer halben Stunde. Ich bin kein Unmensch.
Jonas: Das sah ich anders. Aber danach fragte er mich nicht. Pause also. Ich ließ mich fallen, wo ich gerade stand. In der Steppe. Am Fuß eines Kilimandscharo im Miniformat. Das war eine Anhäufung von Erde am Rand des Schlauchs. Weiter geführt durch einen gemalten Schneegipfel. Ganz hübsch. Allerdings hatte ich kaum Augen dafür. Ich fühlte mich so einsam wie Jonas im Walfischbauch. Nur daß ich das Gefressenwerden noch vor mir hatte. Wie sollte ich hier rauskommen? Vielleicht hatte Sam eine Idee.
Sam: Es gibt nur eine einzige Möglichkeit. Mein Herr und Meister muß versuchen, an Quartz selbst heranzukommen und ihn auszuschalten.
Jonas: Dazu müßte ich erst mal wissen, wo er steckt.
Sam: Natürlich im Torus, o Rächer der Enterbten.
Jonas: Klar, aber wo im Torus?
Sam: Nicht im Schlauch.
Jonas: Da hätte ich ihn schon gefunden. Moment mal Sammy. Quartzens Kopf im Bildfon. Diese komisch gesträubten Haare. Schwerelosigkeit.
Sam: Herr Quartz befindet sich in der Nabe des Torus.
Jonas: Und zwar oben. Unten ist die Landezone.
Sam: Ein vielfältig erneuerter Mensch wie Herr Quartz fühlt sich zweifellos wohl im schwerelosen Zustand. Herz und Kreislauf werden weniger belastet…
Jonas: Hör mal, für medizinische Vorlesungen haben wir jetzt keine Zeit. Sag mir lieber, wie ich den Kerl zu fassen kriege. Durch die Speichen?
Sam: Vorsicht, Volksgenosse, Feind hört mit.
Jonas: Keine Angst, Sam, ich sitz auf dem Mikro. Also, Speichen gehen nicht, die Türen sind fest zu und werden bestimmt elektronisch überwacht.
Sam: Die Erfahrung lehrt uns, o überirdischer Bodhisattva, es gibt immer und überall eine Hintertür. Bei Dysfunktion des Schaltzentrums, um notwendige Außenreparatu-ren durchzuführen muß es möglich sein, den Schlauch des Torus auf direktem Wege zu verlassen. An irgendeiner Stelle der Außenwand befindet sich ein Notausgang.
Jonas: Wo, Sam, wo?
Sam: Ohne Frage ist er versteckt. Vermutlich in einer Erdaufschüttung.
Jonas: An der Außenwand gibt’s nur eine Erdaufschüttung. Hier, wo ich sitze. Den Kilimandscharo.
Jonas: Und am Kilimandscharo sollte sie sein, die Hintertür. Sam rechnete sie aus. Über Größe, Drehmoment, dieses und jenes. Und Sam hat sich noch nie verrechnet. Ich wollte gleich los, aber.
Sam: Stop. Möge der hochwürdige Vater Abt bedenken, daß Quartz die Möglichkeit hat, ihn zu beobachten. Wieviel Kameras sind in Sichtweite?
Jonas: Da, und da, und da ist auch noch eine. Drei.
Sam: Drei. Und über wie viele Pfeile verfügt mein Meister?
Jonas: Ein, zwei, leider nur drei, Sammy.
Sam: Drei Pfeile, drei Kameras, ausgezeichnet.
Jonas: Das sagst du so leicht dahin. Was ist, wenn ich daneben schieße?
Sam: Dann, alter Freund, bist du eine Leiche.
Jonas: Naja. Von der Seite her gesehen.
Jonas: Ich zielte wie ein Weltmeister, und setzte die drei Kameras, die meine Sektion überwachten, mit drei Schüssen außer Gefecht. Auch diesmal hatte Sam sich nicht verrechnet. Ich fand den Notausgang genau da, wo er sein sollte. An der Bergwand, unter einem Busch. Innen ging links eine zweite Tür ab, zur Luftschleuse. Rechts hingen Raumanzüge und diverses Werkzeug. Ich lieh mir einen Lasercutter und eine Rückstoßpistole aus, stieg schneller als je zuvor in einen Raumanzug, machte das Funkgerät im Helm fest, dann 5 Minuten Luftschleuse, und ich war draußen. Erste Weltraumaktivität von Jonas: Ich befestigte die riesenlange Nylonleine des Anzugs an einem Außenhaken. Schließlich wollte ich nicht von nun an bis in Ewigkeit als neue Raumstation die Erde umkreisen. So. Was nun?
Sam: Gestatten Majestät einen guten Rat.
Jonas: Wozu hab ich dich denn, Sammy. Schieß los.
Sam: Zuförderst sollten dero Großmächtigkeit darauf achten, stets außer Sicht des Herrn Quartz zu bleiben, welcher sich wie bekannt im oberen Teil der Torusnabe befindet.
Jonas: Und so langsam mißtrauisch werden dürfte.
Sam: Hoheit täten gut daran, sich von der Nabe her betrachtet, hinter der Schlauchwand zu halten, sich mittels der Rückstoßpistole zur nächstgelegenen Speiche vorzuarbeiten, und dann über der Speiche bis in die Mitte zur Nabe.
Jonas: OK, Sammy, es geht los. Heil, Safari.
Sam: Oder auch Waidmanns Heil.
Jonas: An der Nabe pirschte ich mich mit Halali nach oben. Selber jagen macht viel mehr Spaß als gejagt werden. Die Nabe war oben abgeschlossen durch eine Halbkugel mit umlaufendem Fenster. Ich zog mich hoch, vorsichtig, ganz vorsichtig, und linste nach innen. Ja, das war der Kontrollraum. Und da.
Jonas: Da ist Quartz.
Sam: Wo hätte er sich wohl auch sonst befinden sollen, o größter Schnüffler aller Zeiten?
Jonas: Da hockt er, wie, wie…
Sam: Wie die Spinne im Netz.
Jonas: Eher wie ein Ochsenfrosch im Teich. Um ihn herum seine Jagdausrüstung. Monitore. Hebel. Schalter. Schläuche. Drähte.
Sam: Was tut er?
Jonas: Er ist nervös. Er drückt auf irgendwelche Knöpfe.
Sam: Er ahnt, was ihm bevorsteht, euer Lordschaft.
Jonas: Und gleich wird er es ganz genau wissen. Operation Safari letzter Teil. Aktion.
Sam: Es geht ein rechter Lasercutter durch Metall als wie durch Batter. Butter.
Jonas: O Sam.
Jonas: Als er das Zischen an der Wand hörte, da war Quartz klar, was sich abspielte. Aber jetzt war es zu spät. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf den Laserstrahl und auf das immer größer werdende Loch in der Wand. Die Atmosphäre verschwand zischend in den Raum, Vakuum breitete sich aus, Quartz schwoll an, wurde immer unförmiger, Blut spritze aus seinen Poren, sein Kopf war ein gigantischer roter Luftballon, und dann, dann platzte er, und was an ihm Blut, Fett, Muskelfleisch war, explodierte in den Kontrollraum und an mir vorbei in den kalten Kosmos. Ein Stahlgerüst, diverse Einbauteile, und ein paar Knochen, das war alles, was übrig blieb vom großen Gott der Safaristation.
Jonas: Wie sagt man am Ende der Jagd, Sam?
Sam: Jagd vorbei, Halali, o Wonne des Weltalls.
Jonas: Genau. Also Jagd vorbei. Und von mir aus auch Halali.
Sam: Was ist das Leben des Menschen?
Jonas: Berechtigte Frage, Sammy.
Sam: Nichts anderes denn ein Traum, ein Schatten, ein Tropfen Tau, der in der Sonne vergeht.
Jonas: Die Rakete lag noch am Landeplatz. Ich ließ mich zur Erde zurückbringen. Unten erstattete ich gleich Anzeige, aber das hätte ich mir sparen können. Orbis International, das zeigte sich später, war mächtig genug, die Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. Vom Apartment aus rief ich Judith an. Ich hatte so ne Idee, daß sie mir beim Lecken meiner Wunden helfen könnte. Judith war nicht da. Mir blieb nur Sam. Nichts gegen Sam, aber Judith ist er nicht.
Sam: Ökonomisch betrachtet, o vielvermögender Hauptabteilungsleiter, empfiehlt es sich für einen Detektiv nicht, seinen Auftraggeber zu vakuumisieren.
Jonas: Ein wahres Wort, Sam. Was habe ich von der Sache gehabt? Ein Ausflug im Raum, ein paar Stunden Angst und Hetze, Kratzer und Schrammen, ein schauderhaftes Bild, das ich nicht so schnell vergessen werde.
Sam: Und 1000 Euros.
Jonas: Was?
Sam: Der Kontostand meines Herrn beträgt zur Stunde 1162 Euros, 9 Cents. Herr Quartz hatte Vorschuß gezahlt.
Jonas: Richtig, hatte er. Ganz vergessen. Wie schön. Das Leben sah gleich besser aus. Immer noch grau, zugegeben, nicht rosig, aber doch mit einem kleinen Goldrand am Horizont.
Jonas: Immerhin.
Sam: Halleluja, Harekrischna. Amen.
Jonas: Du sagst es, Sammy.
Das war Safari. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus. Sein Supercomputer Sam war Joachim Wichmann. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Wolfgang Büttner, und viele andere (Christoph Lindert, Detlef Kügow, Hans Stetter, Ute Mora, Michael Lenz, Irmhild Wagner). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Heiner Schmidt. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1984). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.
Der letzte Detektiv
Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
Heute: Testmarkt
Jonas: Sie war ein paar Jahre jünger als ich. Um die 35. Dunkles Haar, dunkle Augen, eine wohlgefällige Figur. In einem von diesen weißen Overalls, die nach gar nichts aussehen, und mehr kosten, als ein Detektiv im Monat verdient. In der 40-Quadratmeterklasse, schätzte ich. Auf dem Klientenstuhl in meinem Büro plus Apartment, 22 Quadratmeter und ein paar Zerquetschte, wirkte sie wie ein aufgeblühter Kirschzweig in einer alten Bierflasche. Ich bin sentimental. Ich mag Kirschblüten.
Judith: Mein Name ist Delgado. Judith Delgado.
Jonas: Judith. Das gefällt mir. Ein Mensch, dessen Name mit J anfängt, kann nicht ganz schlecht sein.
Jonas: Ich heiße Jonas. Nur Jonas. Wie der Typ mit dem Walfisch in der Bibel. Viele Leute wundern sich darüber, daß ich nur einen Namen habe. Ich weiß nicht, warum. Ich meine, besser ein guter Name als drei miese.
Judith: Ich kann es nicht glauben. Onkel Adrian hätte so was nie gemacht.
Jonas: Was?
Judith: Selbstmord. Ich versteh das nicht.
Jonas: Sagen sie alle.
Judith: Bitte?
Jonas: Sagen sie alle, wenn der liebwerte Anverwandte endlich freiwillig die Kurve kratzt, weil sich kein Aas um ihn gekümmert hat.
Judith: Ihr Ton gefällt mir nicht.
Jonas: Sam?
Sam: 243, o Herr und Meister.
Judith: 243?
Jonas: Sam führt `ne Liste. Von Leuten, die mir sagen, ihr Ton gefällt mir nicht. Sie sind Nummer 243.
Judith: Ich habe mich um Onkel Adrian gekümmert. Und ich bin ganz sicher, er hat sich nicht umgebracht.
Jonas: Das sagen Sie. Und was steht auf dem Totenschein? Name?
Judith: Judith Delgado.
Jonas: Nicht Ihrer. Onkel Adrian. Name, Nummer, Adresse und so weiter.
Judith: Adrian Delgado. Südstadt, 33. Straße, Nummer 170, Aufgang G, Apartment 93. Bürgernummer 15 B 27 09 1939. Aber das ist unnötig. Ich habe schon…
Jonas: Lassen Sie das mich auf meine Weise machen. Sam?
Sam: Magnifizenz?
Jonas: Todesdatum. Todesursache.
Sam: Hören ist gehorchen, euer Lordschaft. Piep. Herr Adrian Delgado verließ dieses unser irdisches Tal der Tränen aus freien Stücken am 13. März im Jahre des Herrn 2009.
Jonas: Also gestern.
Sam: Indem er das Fenster seines im 9. Stockwerk gelegenen Apartments öffnete und sich, den Kopf voran, durch dasselbe in die Tiefe stürzte. Beim Aufschlag erlitt er folgende, in ihrer Gesamtheit tödliche Verletzungen.
Jonas: Brauchen wir nicht. Ist gut, Sammy.
Sam: Wie Durchlaucht befehlen.
Jonas: Sie haben’s gehört, Judith. Selbstmord. Ganz offiziell. Kein Fall für Jonas.
Judith: Ich kenne den Totenschein. Er lügt.
Jonas: Lassen Sie mich raten. Lebensversicherung?
Judith: Ja, das auch, aber.
Jonas: Zu Ihren Gunsten abgeschlossen. Und bei Selbstmord zahlt die Versicherung nicht. Wie hoch?
Judith: 100.000 Euros. Aber das ist es nicht. Ich hatte Onkel Adrian gern.
Jonas: Rührend. Und was soll ich jetzt tun?
Judith: Nachforschen natürlich. Rauskriegen was wirklich passiert ist.
Jonas: Ich bin der letzte. Der letzte Privatdetektiv. Der letzte freie Beruf. Seit Ärzte und Anwälte Staatsdiener sind. Und Künstler Medienbeamte mit Pensionsberechtigung. Wahrscheinlich bin ich auch der einzige Privatdetektiv. Wenigstens in unserer unschönen, aber großen Stadt Babylon. Ohne Konkurrenz. Nicht, daß es mir viel nützt, aber wer braucht heutzutage schon einen Detektiv? Menschen, die nen Knacks haben oder eine fixe Idee. Wie Judith.
Jonas: Ich kriege 80 Euros pro Tag und Spesen. Aber ich sag Ihnen gleich: Sie werfen ihr Geld zum Fenster raus.
Judith: Das lassen Sie meine Sorge sein. Ich habe gute Gründe.
Jonas: Klar. Warum sollte sich Onkel Adrian schon umgebracht haben? Warum bringen sich Jahr für Jahr Millionen Menschen um? Sam, die letzten Selbstmordzahlen für Europa.
Sam: Bitte sehr, bitte gleich, o Sahib. Piep. Januar bis Dezember 2008: 4 532 728 Suizide, gleich 0, 37258 % der Bevölkerung. Im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 3, 6661 %. Januar bis Februar 2009…
Jonas: Das reicht, Sam. Sehen Sie, Judith, jeder kann sich umbringen, Sie. Ich.
Judith: Ein außergewöhnlicher Computer, den Sie da haben.
Jonas: Sam. Der ist nicht außergewöhnlich. Der ist verrückt. Was, Sammy?
Sam: Wenn du meinst, Mac, du bist der Chef.
Jonas: Außer Walzertanzen und Kinderkriegen kann Sam praktisch alles. Hören, Sehen, sich in zugängliche und auch ein paar unzugängliche Datenbänke einschalten, deduzieren, und reden, vor allem reden. Die Hersteller haben ihn versuchsweise mit allen möglichen ausgefallenen Sprachprogrammen vollgestopft. Und jetzt redet der gute Sam nicht nur wie ein Buch, er tönt wie eine ganze Bibliothek. Deswegen habe ich ihn auch verhältnismäßig billig gekriegt, als ich mit meiner Abfindung aus dem Antarktischen Krieg zurückkam und beschloß, Detektiv zu werden. Wer will sich schon ständig mit einem elektronischen Oberlehrer unterhalten. Ich habe ihm dann noch ein paar neue Sprachprogramme eingegeben, als Gegengewicht sozusagen, und das alles ist ihm ein bißchen durcheinander geraten. Nicht zu reparieren. Man muß sich dran gewöhnen.
Jonas: Darf ich vorstellen: McCoy Incorporated, Typreihe Doktor, Versuchsmodell Chrysostomus, Baujahr 2005. Ich nenne ihn kurz Sam. Sie werden kaum wissen, warum.
Judith: Hallo, Sam.
Sam: Küß die Hand, gnädige Frau.
Judith: Play it again, Sam. Spiel As Time goes by.
Sam: Klaro, Schwester. Auf geht’s.
Jonas: Sie kennen Casablanca?
Judith: Aber ja, und ich mag Bogie und Phil Marlowe und Sam Spade und Lew Archer und Albert Samson und…
Jonas: Und ich dachte, ich bin der einzige in ganz Babylon. Das muß gefeiert werden. Ein Drink, Bürowhiskey. Original Old Forester. Die letzte Flasche für den letzten Detektiv. Ich darf leider nicht. Mein Magen.
Judith: Cheers, Jonas. Sie spielen Ihre Rolle gut. Aber jetzt könnten Sie eigentlich einen Gang zurückschalten. Ich glaube Ihnen ja, daß Sie genau so ausgekocht sind wie ihre Vorbilder.
Sam: Groß, schnell, hart und voller Stacheln. Raymond Chandler.
Judith: Und deshalb werden Sie auch feststellen, was mit Onkel Adrian passiert ist.
Jonas: Warum lassen Sie den armen Onkel nicht in Frieden ruhen, in seiner Urne oder wo er immer steckt. Ich habe Ihnen doch gesagt.
Judith: Ich habe Ihnen gesagt, Jonas, daß ich gute Gründe habe für meinen Verdacht. Zwei gute Gründe, um genau zu sein.
Jonas: OK, ich höre. Erstens.
Judith: Onkel Adrian war einigermaßen gesund, vergnügt, lebenslustig, überhaupt kein Selbstmordtyp.
Jonas: Und zweitens.
Judith: Lassen Sie Ihren verdrehten Computer feststellen, wie viel Menschen gestern in der Südstadt Selbstmord begangen haben.
Jonas: Von mir aus. Na, was ist denn, Sammy?
Sam: Sie hat mir gar keine Befehle zu geben. Und Sie hat verdrehter Computer zu mir gesagt.
Jonas: Ach was, zier dich nicht. Komm rüber mit den Zahlen.
Sam: Aye Aye, Sir. Piep. Piep. Ich bedaure unendlich. Aber die gewünschte Information ist mir nicht zugänglich. Sie ist klassifiziert und codiert. Dritte Geheimstufe.
Jonas: Nanu. Seit wann?
Sam: Seit dem 12. März 2009, großer Meister.
Jonas: Moment. Die Selbstmordzahlen der Südstadt für gestern sind seit vorgestern klassifiziert?
Sam: Soll ich es dir auch noch buchstabieren, Kumpel?
Jonas: Merkwürdig. Und Sie wußten das, Judith?
Judith: Ich arbeite im Ministerium für Statistik und Soziographie.
Jonas: Aha. Können Sie den Code beschaffen?
Judith: Ich will’s versuchen. Ich ruf Sie an. Das heißt, wenn Sie den Fall übernehmen und für mich arbeiten wollen.
Jonas: Weil Sie Bogie und Konsorten kennen, Judith. Weil an der Sache was faul ist. Weil ich momentan nichts Besseres vorhabe. Abgemacht.
Judith: Auf Ihren neuen Fall, Jonas.
Jonas: Und weil ich Kirschblüten mag.
Jonas: Die Südstadt, vor einem knappen halben Jahrhundert gebaut, ist schon vier-mal saniert worden. Diverse Wohnungsgesellschaften haben sich gesundgestoßen, aber sonst hat sich nicht viel geändert. Immer noch dieselben Hochhäuser, die aussehen wie riesige angegraute Käsestücke. Voller Löcher und Schimmel. Und Maden, dicht an dicht. Irgendwo müssen sie ja wohnen. Aber die Südstadt ist kein Slum, Gott bewahre, sie ist ein Wohngebiet mit spezifischen strukturellen Problemen. Das sagt die Bürgermeisterin jede Woche in ihrer Fernsehshow. Und die muß es wissen. In Onkel Adrians Haus war der Fahrstuhl kaputt. Die Fahrstühle in der Südstadt sind immer kaputt. Um wieder zu Atem zu kommen, studierte ich im 9. Stock die Graffiti. Das übliche. Die Tür zu Apartment 93 war versiegelt. Ich klopfte. Im Spion der Tür von Apartment 95 hatte ich was gesehen. Ein blutunterlaufenes Falkenauge. Das Übliche.
Nachbarin: Keiner da, junger Mann. Was wollen Sie denn?
Jonas: Telegramm für Herrn Delgado.
Nachbarin: Delgado. Der wohnt nicht mehr hier.
Jonas: Ausgezogen?
Nachbarin: Nicht direkt.
Jonas: Wissen Sie, wo ich ihn erreichen kann?
Nachbarin: Da müssen Sie sich schon Flügel anschaffen, junger Mann.
Jonas: Eine Kipperin. Das übliche. Die Südstadt ist voll von Kippern. Und nicht nur die Südstadt. Die Dame war in Alkohol eingelegt worden und seit Jahren gut durchgezogen. Nicht mehr weit zum Delirium. Ich frage mich, was sie heute sehen, wo’s keine Elefanten mehr gibt, und keine weißen Mäuse. Vielleicht karierte Computer.
Nachbarin: Wo haben Sie denn das Telegramm?
Jonas: In der Tasche.
Nachbarin: Und Ihre Uniform?
Jonas: In der Reinigung. Delgado ist tot?
Nachbarin: Toter geht’s gar nicht. Gestern Abend haben sie ihn im Lichthof abgekratzt. Aus dem Fenster gesprungen. Was man hier so Fenster nennt.
Jonas: Selbstmord?
Nachbarin: Muß wohl.
Jonas: Probleme?
Nachbarin: Haben Sie keine, junger Mann? Aber wo Sie so fragen. Delgado ist der letzte, der so was macht, hab ich immer gedacht. Kam ab und zu rüber und trank einen Schluck mit. Wollen Sie auch einen?
Jonas: Danke, mein Magen. Aber lassen Sie sich nicht stören.
Jonas: Sie war eine reinliche Person und trank gleich aus der Flasche. Ein Glas weniger zum Abwaschen.
Nachbarin: Vorgestern war er noch hier. Ganz munter. Am Wochenende wollte er eine Tour machen, zu einem von diesen Vergnügungssatelliten. Er hat mir die Prospekte gezeigt. Und dann springt er vorher in den Lichthof. Ist schon komisch.
Jonas: Vielleicht war’s ein Unfall.
Nachbarin: Klar, junger Mann. Delgado ist auf einen Stuhl gestiegen und hat sich dann durchgezwängt. Das müssen Sie nämlich tun, wenn Sie hier aus Versehen aus dem Fenster fallen wollen.
Jonas: Es könnte ihn ja auch jemand gestoßen haben.
Nachbarin: Wer denn, junger Mann? War ja keiner bei ihm, als es passiert ist. Ich seh alles. Ich weiß Bescheid. Er war ganz allein. Ganz allein mit sich selbst. Wollen Sie nicht doch was trinken?
Jonas: Immer noch nicht. Hat er im Lauf des Tages Besuch gehabt?
Nachbarin: Besuch? Wer?
Jonas: Der Staatspräsident, wer denn sonst?
Nachbarin: Sie nehmen mich hoch, junger Mann. Manchmal kam seine Nichte. Nette Person. War aber schon `ne Woche nicht mehr hier.
Jonas: Und gestern?
Nachbarin: Kein Mensch. Bloß irgend so ein Mädchen mit ‘ner Warenprobe.
Jonas: Warenprobe? Was für eine Warenprobe?
Nachbarin: Keine Ahnung. Bei mir hat sie nicht geklingelt. Kosmetik oder so was. Weißen Kittel hatte sie an. Tja, und der Postroboter natürlich. Mit der Reklame.
Jonas: Fünf Häuser weiter war ein Laden. Im Schaufenster künstliches Immergrün und auf einem lila Podest eine angestaubte Designer-Urne, daneben ein Schild: Für die letzte Wohnung ihrer Lieben ist das Beste gerade gut genug. Das gab mir zu denken.
Bestattungsunternehmer: Sie haben einen schmerzlichen Verlust erlitten, mein Herr.
Jonas: Eine Tante.
Bestattungsunternehmer: Oh. Mein tief empfundenes Beileid. Mitten im Leben…
Jonas: Heute rot, morgen tot.
Bestattungsunternehmer: Wie wahr, wie wahr, mein Herr. Rasch tritt der Tod den Menschen an.
Jonas: Rasch ist das treffende Wort. Sie ist aus dem Fenster gesprungen.
Bestattungsunternehmer: Ist ja nicht zu glauben.
Jonas: Wieso? Das kommt vor.
Bestattungsunternehmer: Und wie das vorkommt. Hinten hab ich 11 Fensterstürze liegen, 11, mein Herr, alle von gestern, alle aus dieser Straße.
Jonas: Wie das Leben so spielt.
Bestattungsunternehmer: Sie meinen, der Tod. Tja. Scherz beiseite. Woran dachten Sie? Super Luxus, 1a deluxe?
Jonas: Wissen Sie, ich habe sie ja kaum gekannt, wie das so ist.
Bestattungsunternehmer: Ich verstehe, mein Herr, schlicht und gediegen. Raum ist in der kleinsten Hütte, nicht wahr? Wenn ich Ihnen unsere beliebte Grundausstattung zeigen darf.
Jonas: Ein ander Mal. Geben Sie mir Ihre Preisliste. Ich melde mich.
Jonas: Die Telefonzelle an der Ecke war kaputt. Die Telefonzellen in der Südstadt sind immer kaputt. Schließlich fand ich eine, die funktionierte. Die Kaputtmacher mußten sie vergessen haben. Ich rief die Polizeidirektion Südstadt an.
PoPo1: Ja?
Jonas: Ich brauch ne Auskunft. Über `nen Selbstmord.
PoPo1: Was Sie nicht sagen. In der Südstadt. Fenstersturz.
Jonas: Ja.
PoPo1: Ich geb Sie weiter.
PoPo2: PoPo. Sie wünschen.
Jonas: Wie war das?
PoPo2: Wie war was?
Jonas: Wie haben Sie sich gemeldet?
PoPo2: PoPo. Populationspolizei.
Jonas: Oh, falsch verbunden.
PoPo2: Glaub ich nicht, Freundchen. Was wollen Sie?
Jonas: Ein angeblicher Selbstmordfall. Sind Sie dafür zuständig?
PoPo2: Wir sind immer zuständig, Freundchen.
Jonas: Wenn Sie meinen. Also, Adrian Delgado, Nummer 15 B 27 09 1939.
PoPo2: Ja und?
Jonas: Eindeutiger Selbstmord oder.
PoPo2: Oder was? Natürlich Selbstmord. Ganz klar. Wer sind Sie?
Jonas: Kein Zweifel? Keine Verdachtsmomente?
PoPo2: Wer sind Sie? Von wo sprechen Sie?
Jonas: Was meinst du, Sam?
Sam: Die Affäre, der Hochwürden zur Zeit ihre Energie widmen, gibt ein Odeur ab, welches als wenig erfreulicher als unangenehm zu bezeichnen ich mich nicht enthalten kann.
Jonas: Noch mal, Sam.
Sam: Genosse, die Sache stinkt zum Himmel.
Jonas: Du sagst es, Sammy.
Jonas: Sam hatte ich natürlich bei mir. Das heißt, nicht den großen Terminal, der steht fest im Büro, sondern Sam zwo. Sam zwo ist eine drahtlose Extension, ein Kästchen, das bequem in jede Tasche paßt und seine Energie aus Batterien bezieht. Ansonsten ist der Sam zwo derselbe Sam wie die große Nummer eins. Bißchen verrückt, eine mächtige Klappe, und viel dahinter.
Sam: Wenn Sie mir den Vorschlag gestatten, Sir, es wäre ratsam, diesen Ort auf schnellstem Wege zu verlassen. Ohne Zweifel dürfte man bei der Populationspolizei bereits fieberhaft damit beschäftigt sein, das Telefonat zurückzuverfolgen.
Jonas: Eigentlich wollte ich noch schnell Judith anrufen.
Sam: Kannst du zuhause machen. Hau endlich ab, Mensch, sonst kriegen sie uns am… am… am Kragen, o Herr, o Meister.
Jonas: Hast ja recht, Sammy. Rikscha!
Jonas: Daß ich mir `ne Rikscha leistete, brachte nicht viel ein. Ich mußte trotzdem fast den ganzen Weg nach Hause laufen. Ein Pechtag. Die Kusbekische Befreiungsfront hatte in meinem Viertel was in die Luft gesprengt, ein Konsulat oder Kulturzentrum, und die Terrorpolizei sperrte weiträumig ab, wie sie das nennt. Eine interessante Technik. Bombenleger fängt man dadurch nicht, aber das Publikum merkt wenigstens, daß die Freunde und Helfer sich Mühe geben. Als ich nach Hause kam, war es schon dunkel.
Judith: Ich hab den ganzen Nachmittag versucht, Sie anzurufen, Jonas.
Jonas: Ich war unterwegs. In Ihrer Angelegenheit.
Judith: Haben Sie was erreicht?
Jonas: Ein bißchen. Besuchen Sie mich, dann erzähle ich es Ihnen.
Judith: Später, Jonas, wenn Sie den Fall abgeschlossen haben.
Jonas: Was ist mit dem Code?
Judith: Es war nicht ganz leicht, aber ich habe ihn. Schreiben Sie mit.
Jonas: Mit der Codezahl kam Sam ohne Probleme in die geheime Selbstmordstatistik der Südstadt. Und was er da entdeckte, war schon seltsam. Wenn auch nicht gerade eine Überraschung, nach allem, was ich heute mitgekriegt hatte.
Sam: Die Selbstmordrate der Südstadt für den 13. März liegt allgemein um 217 % über dem Durchschnitt. Selbstmord durch Sturz aus dem Fenster bzw. von einem hochgelegenen Standort: 489 % über Durchschnitt.
Jonas: Zufall?
Sam: Zufälliges Ergebnis, Wahna, seien gänzlich undenkbar. Wahrscheinlichkeit dafür liegen bei 0,00.
Jonas: OK. Sammy, OK OK, sei mal `nen Moment still. Ich muß nachdenken.
Sam: Zum Nachdenken dürfte bei aller Bescheidenheit meine geringe Person weitaus geeigneter sein als ihro Durchlaucht.
Jonas: Du sollst still sein, habe ich gesagt.
Sam: Durchlaucht schaden sich selbst, aber wie Durchlaucht wünschen. Ein Computer gehorcht und schweigt. Wie das Grab. Nichts sagen, nicht fragen, und nur nicht verzagen. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Nur in der Stille reift ein großer Geist.
Jonas: Ich hab’s.
Sam: Wird schon was rechtes sein.
Jonas: Hör auf zu Mosern, Sam, tu lieber was.
Sam: Und was befehlen Eminenz?
Jonas: Gib mir die durchschnittliche Persönlichkeitsstruktur von allen, die gestern in der Südstadt aus dem Fenster gesprungen sind.
Sam: Bitte sehr. Piep. Männlich und weiblich. Über 55 Jahre. Allein lebend. Keine feste Beziehung. Keine zeitweilige Partnerschaft. Keine Gruppe. Keine Kinder. Wohnraumklasse zwischen 15 und 25 qm.
Jonas: Eben Südstadt. Millionäre wohnen da nicht.
Sam: Wünschen Monsignore Einzelheiten? Hobbys, bevorzugte Videos, Biorhythmen und so weiter?
Jonas: Nicht nötig, Sammy.
Sam: Wie Sie wollen. Sie sind der Boss. Sag ich also nichts zum persönlichen Hygienefaktor.
Jonas: Hygienefaktor? Na klar! Was ist mit dem Hygienefaktor?
Sam: Um 67, 74 % über dem Durchschnitt. Interessant, Sahib?
Jonas: Aber ja. Und jetzt suchst du mir.
Sam: Derrick Kracau, 29. Straße, Nummer 5, Aufgang C, Apartment 142.
Jonas: Wer ist das?
Sam: Na wer schon, Meister? Ein Mensch, welcher sich jeglicher Merkmale vorbenannter Persönlichkeitsstruktur erfreut, jedoch, und das ist, wenn Sie mir den Kalauer verzeihen, der springende Punkt, nicht durch einen Sprung aus dem Fenster seinem Leben ein Ende gesetzt hat. Das war es ja wohl, was Eminenz wollten.
Jonas: Ja aber ich hab doch noch gar nichts gesagt!
Sam: Sam nur armer kleiner Computer, Massa, aber Sam denken unheimlich schnell.
Jonas: Wundere dich nicht, wenn du eines schönen Tages in der Schrottmühle landest.
Sam: Zu Befehl. Nicht wundern. Fahren wir in die Südstadt, Majestät?
Jonas: Morgen früh, Sam. Klapp das Bett raus.
Sam: Gesegnete Ruhe, eure Heiligkeit. Guten Abend, gute Nacht, mit Rosen beda-hacht…
Jonas: Derrick Kracau trug einen Nostalgie-Haarschnitt a la Punk, das neueste an Körperfarben und ansonsten nicht viel, abgesehen von zahllosen Kettchen an Hals, Armen, Beinen und um seine unübersehbar 60jährige Taille. Er duftete nach allen Estern des Orients, und verströmte soviel Charme wie ein gesprungenes Bidet.
Kracau: O, je früher der Morgen, desto schöner die Gäste. Sagen Sie nichts. Lassen Sie mich raten. Sie sammeln für die St. John-Lennon-Kapelle. Nein? Sie verkaufen illegale Holos? Auch nicht? Dann sind Sie vielleicht ein böser böser Räuber, hmh, und wollen mir unaussprechlich gräßliche Dinge antun, hmh?
Jonas: Seh ich so aus?
Kracau: Nicht? Schade.
Jonas: Wenn ich richtig informiert bin, Herr Kracau, sind Sie vorgestern von einer unserer Vertreterinnen aufgesucht worden.
Kracau: Vorgestern? Ach Sie meinen dieses schnippische Weibstück mit der kostenlosen Probetube Zahncreme. Dentomed oder wie das Zeug heißt.
Jonas: Ganz recht, Herr Kracau, haben Sie die Zahnpasta inzwischen benutzt?
Kracau: Ich bitte Sie. Meine Beißerchen scheuere ich mich Diospecial. Nur mit Diospecial. Seit Jahren. Da werd ich doch nicht von heute auf morgen mir nichts dir nichts auf irgendeine neue vulgäre Marke umsteigen.
Jonas: Ihr Glück. Haben Sie die Probe noch?
Kracau: Moment. Muß hier irgendwo sein. Hat sich versteckt das freche Ding. Ja, hier haben wir’s. Hier.
Jonas: Danke. Ich muß die Tube einziehen, Herr Kracau.
Kracau: Aber aber. Geschenkt ist geschenkt. Wiederholen ist gestohlen.
Jonas: Unsere Marketing-Group hat einen kleinen Fehler gemacht. Das Produkt ist noch nicht endgültig freigegeben. Nebenwirkungen, Sie verstehen, Kontraindikationen. Wir müssen noch eine Testreihe durchführen.
Kracau: O Gott O Gott, da wären mir womöglich die Beißerchen ausgefallen, wenn ich das Zeug genommen hätte.
Jonas: Womöglich, aber es ist ja nichts passiert. Putzen Sie sich weiter die Zähne mit Diospecial, Herr Kracau, kaufen Sie sich ein paar neue Kettchen, und vergessen Sie ab und zu Ihren Geburtstag, das hält frisch.
Kracau: Oh!
Jonas: Dentomed, Sam.
Sam: Piep. Eine Firma beziehungsweise eine Warenmarke dieses Namens ist weder im Handelsregister noch in einer anderen in Frage kommenden Datei eingetragen, Milord.
Jonas: Dachte ich mir.
Jonas: Jetzt brauchte ich einen Wissenschaftler. Nebenwirkungen, Kontraindikationen, Testreihen, das sagt sich leicht. Die praktische Anwendung war schon schwieriger. Zu schwierig für einen einfachen Privatdetektiv. Auch Sam war da überfragt. Ausnahmsweise. Dr. Prosper war ein Star an der Uni gewesen, bis sie ihn gefeuert hatten, um den Nobelpreis zu kriegen soll er Forschungsergebnisse gefälscht haben. Er selbst behauptet, ein Konkurrent habe ihn reingelegt. Früher hatte Dr. Prosper am Markgrafenboulevard gewohnt, jetzt hauste er draußen im Osten, in einer Gegend, die sogar die Bürgermeisterin als Slum bezeichnen konnte, ohne rot zu werden. Er hatte sich ein kleines Labor eingerichtet, und tat für Geld alles. Fast alles.
Dr. Prosper: Erst… erst mal das Wichtigste. 2… 200 Euros. In bar. Und im Voraus.
Jonas: 100. 50 jetzt, 50 wenn Sie fertig sind.
Dr. Prosper: Geben… Geben Sie her. Was… was soll ich tun?
Jonas: Sehen Sie sich das hier mal ein bißchen näher an.
Dr. Prosper: Zahnpasta. Warum… warum gehen Sie nicht zu Warentest oder zum… zum Konsumentenbund?
Jonas: Wollen Sie sich 100 Euros verdienen oder nicht?
Jonas: Er wirkte nervös. Seine wasserblauen Augen schwammen ängstlich hinter dicken Brillengläsern. Wie Picassofische im Aquarium. Vielleicht hatte er eine Vorahnung. Vielleicht hatte er auch bloß nicht ausgeschlafen. Aber Jonas ist ein harter Bursche. Ohne mit der Wimper zu zucken, nimmt er Babys den Schnuller weg. Einen vergammelten Doktor bei der Stange zu halten, ist für ihn ein Kinderspiel.
Dr. Prosper: Irgendwas… irgendwas krumm an der Sache?
Jonas: Und noch 20 drauf, weil Sie’s sind.
Dr. Prosper: OK. Gift?
Jonas: So was ähnliches. Kennen Sie ein Psychopharmakon, das zu Selbstmord führt?
Dr. Prosper: Eine… eine Suiziddroge?
Jonas: Eine Droge, die Menschen dazu bringt, aus dem Fenster zu springen.
Dr. Prosper: Möglicherweise ein…ein Salzsäurederivat. Und so was soll da drin sein?
Jonas: Würde mich nicht überraschen. Stellen Sie’s fest. Morgen früh um 9 komm ich wieder.
Dr. Prosper: Viel zu kurz.
Jonas: 120 Euros.
Dr. Prosper: Unmöglich.
Jonas: Und seien Sie vorsichtig. Lassen Sie die Tube nicht offen rumliegen.
Dr. Prosper: Wo versteckt der weise Mann ein Blatt?
Jonas: Keine Ahnung. Also bis morgen, Dr. Prosper. Es war mir ein Vergnügen.
Dr. Prosper: Sie mich auch, Jonas.
Jonas: Am nächsten Morgen pünktlich um 9 stand ich wieder vor der Tür. Ich klingelte. Ich klopfte. Nichts rührte sich. Ich gab der Tür einen kleinen Tritt. Sie ging auf. Dahinter lag ein Chaos, das gestern noch ein Labor gewesen war. Splitter, Scherben, zerschlagene Käfige, tote Ratten. Und ein toter Mann, der gestern noch Dr. Prosper gewesen war.
Jonas: Erstochen. Mit seinem eigenen Skalpell. Und dann haben die Mörder Kleinholz gemacht.
Sam: Dreimal dürfen Hoheit raten, was sie gesucht haben. Die Frage ist: Konnte Dr. Prosper die Tube Zahnpasta so geschickt verbergen, daß es den Mördern nicht gelang, sie zu finden?
Jonas: Das ist die Frage, Sammy. Du sagst es. Ich seh sie nicht.
Sam: Wo versteckt der weise Mann ein Blatt?
Jonas: Du bist auf dem falschen Dampfer, Sam. Wir suchen kein Blatt, wir suchen Zahnpasta.
Sam: Schon des Öfteren hatte euer bescheidener Diener Gelegenheit, festzustellen, daß die literarische Bildung euer Durchlaucht sich als recht lückenhaft erweist, sofern es sich nicht um Autoren wie Hammett, Chandler, Macdonald etc. handelt. Was ich soeben sagte, wobei ich lediglich wiederholte, was Dr. Prosper gestern Ihnen gegenüber äußerte, ist ein Zitat. Ein Zitat aus einer Kurzgeschichte des antiken Detektivschriftstellers Gilbert Keith Chesterton.
Jonas: Kenn ich nicht.
Sam: Wo versteckt der weise Mann ein Blatt, fragt eine Figur, und die Antwort lautet: Im Walde.
Jonas: Ja und?
Sam: Wo versteckt der weise Mann eine Tube Zahnpasta?
Jonas: In der Waschnische.
Sam: Na bitte, es geht doch, wenn euer Wohlgeboren Ihr Hirn ein wenig strapazieren.
Jonas: Und hier, hier ist sie, die Tube. Ein bißchen zerdrückt, in einem schmutzigen Glas, neben einer zerfaserten Zahnbürste.
Sam: Durchlaucht werden mir darin zustimmen, daß es Dr. Prosper vor seinem unzeitigen Tod nicht vergönnt war, die von Durchlaucht gewünschte Untersuchung vorzunehmen.
Jonas: Sieht nicht so aus. Und was machen wir jetzt?
Jonas: Ich sah aus dem offenen Fenster. Es hatte angefangen zu regnen. Ein grau-gelber Himmel hing über der Stadt, wie das Fell einer ertrunkenen Siamkatze. Schöner Satz, nicht? Direkt aus dem Poesiealbum des Privatdetektivs.
Jonas: Also eins steht fest: Wir können das Zeug nicht testen.
Sam: Einerseits sehe ich mich gezwungen, euer Gnaden darin rechtzugeben. Andererseits jedoch…
Jonas: Sammy, du hast ne Idee?
Sam: Schallt nicht, o großer Vorsitzender, aus jener Ecke ein gewisses Quieken an mein elektronisch Ohr?
Jonas: Eine von Prospers Ratten. Im Käfig. Unter dem Bett. Die Kerle haben sie übersehen.
Sam: Zweifellos, Milord. Besagtes Übersehen eröffnet uns die Möglichkeit, wenn auch nicht zu einem Test im streng wissenschaftlichen Sinne, so doch zu einer gewissen informellen Überprüfung und, wie zu vermuten, Bestätigung unseres Verdachts.
Jonas: Moment mal, Sammy. Du meinst, ich soll der Ratte die Zähne putzen?
Sam: In aller Bescheidenheit, Sahib, es wäre ausreichend, dem Tier die verdächtige Zahncreme durch Maul und Speiseröhre in den Verdauungstrakt zu praktizieren.
Jonas: Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja. Ich… ich will dir was verraten, Sammy, ich… ich ekle mich vor Ratten.
Sam: 1984.
Jonas: 1984? Da war ich 16, und hab mich auch schon vor Ratten geekelt.
Sam: Eine literarische Reminiszenz, o großer Bruder.
Jonas: Denk an die Schrottmühle, Sammy.
Sam: Alles klar, Käpt’n, also los.
Jonas: Wenn es unbedingt sein muß. Na, komm, Tierchen, komm. Komm, sieh mal, leckere Zahnpasta.
Jonas: Einer Ratte Zahnpasta eintrichtern, das macht Jonas mit der linken Hand. Die rechte braucht er nämlich, um dem Vieh das Maul aufzuhalten. Wie gesagt, Jonas ist ein harter Bursche. Wenden Sie sich vertrauensvoll an ihn, wenn Sie ausgefallene zoologische Probleme haben. Kamel durchs Nadelöhr? Kleinigkeit.
Jonas: Uaäh, das wär’s.
Sam: Der näheren physiologischen und, wenn man so sagen darf, psychosomatischen Verwandtschaft mit homo sapiens wegen, wäre ein Hausschwein ohne Frage ein weit geeigneteres Versuchstier, o Herr und Meister. Da uns ein solches jedoch nicht zur Verfügung steht.
Jonas: Ein Schwein? Warum nicht? 100.000 Euros auf dem schwarzen Markt, oder wir klauen eins aus dem Zoo.
Sam: Das, großer Lehrmeister und Steuermann, dürfte unnötig sein. Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Verhalten unserer Ratte richten wollten.
Jonas: Das Vieh dreht durch. Rennt hin und her wie angestochen. Schmeißt sich gegen das Gitter.
Sam: Steh nicht rum, Mensch, stell den Käfig aufs Fensterbrett. Mach die Schiebetür auf. Sofern meine demütigen Anregungen euer Majestät genehm sind.
Jonas: Sie ist aus dem Fenster gesprungen!
Sam: Quod erat demonstrandum, domine.
Jonas: Also wirklich eine Selbstmorddroge. Verschwinden wir, Sammy.
Sam: Im Prinzip ja, Chef. Mein juristisches Programm unter besonderer Berücksichtigung legaler Probleme im privatdetektivischen Bereich weist jedoch darauf hin, euer Ehren, daß am Schauplatz eines Verbrechens, in Sonderheit eines Kapitalverbrechens, gewisse gesetzlich vorgeschriebene Pflichten nicht umgangen werden sollten.
Jonas: Die Polizei? Meinst du wirklich, wir sollten sie rufen?
PoPo2: Nicht mehr nötig, Freundchen.
PoPo1: Wir sind schon da.
PoPo 2: Sagte der Hase zum Schwinegel.
Jonas: Zwei Kleiderschränke in den geschmackvollen schwarz-roten Uniformen der PoPo marschierten ins Zimmer, und fingen an, Pingpong zu spielen, mit mir als Ball. Und das meine ich nicht nur bildlich.
PoPo1: Hände übern Kopf.
PoPo2: Sie sollten sich schämen. So eine Unordnung. Wie sieht denn das aus?
PoPo1: Da liegt `ne Leiche, Chef.
PoPo2: Aber aber das geht nun wirklich zu weit.
Jonas: Lassen Sie mich erklären.
PoPo2: Lassen wir ihn, Bo?
PoPo1: Ich weiß nicht, warum eigentlich?
Jonas: Hören Sie.
PoPo2: Schnauze. Sieh mal nach, was er in der Tasche hat, Bo.
PoPo1: Keine Waffe, Chef, bloß ne Computerextension und ne Brieftasche, 180 Euros.
PoPo2: Besser als gar nichts. Her damit.
PoPo1: Rentenkarte, Ausweis.
PoPo2: Willst du den Herrn nicht vorstellen, Bo?
PoPo1: Jonas heißt er.
PoPo2: Und?
PoPo1: Nichts und. Nur Jonas.
PoPo2: Ach, schlicht und sparsam.
PoPo1: Ja, und von Beruf ist er, na so was, Privatdetektiv.
PoPo2: Privatdetektiv. So so. Was machen Sie hier?
Jonas: Ich warte. Auf Godot.
PoPo2: Auf wen?
Jonas: Godot.
PoPo2: Nie gehört. Bo, kennst du einen Typ, der Godot heißt?
PoPo1: Kenn ich nicht, Chef.
PoPo2: OK, stell den Fernseher an, Bo.
Sportreporter: Und jetzt, meine Damen und Herren, geht er vorbei, der Großgewachsene…
PoPo2: Lauter Bo.
Sportreporter: …in der roten Ecke, löst sich aus dieser…
PoPo2: Halt ihn fest, Bo. So mein Freund, Jonas, Privatdetektiv. Schnüffler.
Sportreporter: …durch die Deckung hindurch… ein ungeheurer Haken, auf die Kinnspitze, taumelt zurück, in die blaue Ecke, ist schon fast am Boden, da setzt er noch einmal nach, schon wieder und noch einmal, und das ist das Ende, Pluto liegt nur noch in den Seilen, jetzt rutscht er ab, ein gezielter Tritt in den Unterleib, da liegt Musik drin, liebe Sportsfreunde, und der Gong: der Kampf ist aus.
Jonas: Ich war Tarzan, und hüpfte im Urwald von Ast zu Ast. Ich brüllte den Kriegsschrei der großen Menschenaffen, und zertrat alle Bullen der Welt unter meinen Spreizfüßen. Ich war der Größte, und Judith sah bewundernd zu mir auf. Wenn mir nur der Kopf nicht so wehgetan hätte.
Wärter: Er kommt zu sich, Frau Professor.
Frau Prof. Caligari: Gut so. Gehen Sie vor die Tür.
Jonas: Es ist eine dumme Frage, ich weiß. Jeder stellt sie, wenn er was auf die Birne gekriegt hat. Und wenn die kleinen grauen Zellen wieder anfangen, sich zu drehen. Aber ich will’s wirklich wissen: Wo bin ich?
Frau Prof. Caligari: Im Zentralkrankenhaus. In der geschlossenen Abteilung.
Jonas: In der Klapsmühle.
Frau Prof. Caligari: Wenn Sie sich so ausdrücken wollen.
Jonas: Warum bin ich ans Bett gefesselt?
Frau Prof. Caligari: Zu Ihrem eigenen Besten. Sie sind krank. Sie könnten sich etwas antun.
Jonas: Aus dem Fenster springen, zum Beispiel.
Frau Prof. Caligari: Zum Beispiel.
Jonas: Sie trug einen weißen Kittel und die Aura selbstverständlicher Autorität. Ihre Augen waren klar und kalt wie zwei Eiszapfen am Nordpol. Sie musterten mich, als ob ich eine mäßig interessante Leiche auf dem Seziertisch sei. Und das war ich ja wohl auch. Oder so gut wie.
Jonas: Wer sind Sie?
Frau Prof. Caligari: Professor Caligari.
Jonas: Sind Sie Chefärztin oder so was?
Frau Prof. Caligari: Man hat mich geholt. Sie sind ein besonderer Fall, Jonas. Mein Fall. Sie leiden unter gefährlichen Halluzinationen.
Jonas: Was Sie nicht sagen.
Frau Prof. Caligari: Sie bilden sich ein, daß vor drei Tagen in der Südstadt einer Anzahl von Personen ohne ihr Wissen eine Droge zugespielt wurde, die sie gegen ihren Willen zum Selbstmord veranlaßte.
Jonas: Verrückte Idee, nicht wahr?
Frau Prof. Caligari: Wir mußten Sie stoppen, ehe Sie im Verlauf ihrer Nachforschungen weitere, noch gefährlichere Wahnvorstellungen entwickelten.
Jonas: Zum Beispiel?
Frau Prof. Caligari: Daß es sich beim Geschehen in der Südstadt um einen groß angelegten Feldversuch gehandelt habe, geplant und durchgeführt von einer streng geheimen Organisation, die wir ZIP nennen könnten: Zentralinstitut für Populationsforschung. Daß ZIP unterstützt und finanziert von der Wirtschaft und von der hohen Politik nur zu dem einen Zweck etabliert worden sei, das große Problem unserer Zeit, die Überbevölkerung, in den Griff zu bekommen. Daß ZIP als eine mögliche Lösung des Problems eine Selbstmorddroge entwickelt und auf einem leicht zugänglichen, nach allen Regeln der Marketing-Analyse präparierten Testmarkt erprobt habe. Die notwendige Vorstufe zu einer weit umfassenderen, womöglich globalen Anwendung des Produkts.
Jonas: Was haben Sie mit mir vor?
Frau Prof. Caligari: Allem Anschein nach ist Ihre Krankheit unheilbar. Aber ich bin überzeugt, daß ich eine, wie soll ich sagen, angemessene Therapie gefunden habe. Wir müssen verhindern, daß Sie mit Ihren fixen Ideen Unruhe in die Öffentlichkeit tragen und die hypothetische Arbeit des hypothetischen Instituts stören. Das werden Sie einsehen. Leben Sie wohl, Jonas. Verzeihen Sie, ich wollte nicht zynisch sein.
Jonas: Ich kam mir vor, als habe man mich zum zweiten Mal zusammengeschlagen. Selbstmorddroge. Feldversuch. Testmarkt. ZIP. Frau Professor Caligari. Das war ein bißchen viel auf einmal. Der Wärter kam und brachte mir ein Tablett mit Essen. Er band mich los, vorsichtig, mit einer Hand. In der anderen hielt er eine entsicherte Pistole.
Wärter: Keine krummen Touren. Ich steh direkt vor der Tür. Mit meiner Kanone.
Jonas: Und das Fenster?
Wärter: Sehr komisch. Guten Appetit.
Jonas: Sam? Sammy?
Sam: Hier bin ich, o Herr und Meister.
Jonas: Wo, Sam, wo bist du?
Sam: Im Schrank, Chef. Mit ihren übrigen Sachen. Es wäre angebracht, daß Durchlaucht Ihren Diener baldmöglichst befreiten. Zwecks gemeinsamer Delibration.
Jonas: Moment. Wuah. Noch ‘n bißchen groggy. So. Sammy, Sammy, wie kommen wir hier raus?
Sam: Würden Magnifizenz die Güte haben, aus dem Fenster zu blicken?
Jonas: Wenn du meinst. Unmöglich, Sam. Wir sind im 20. Stock. Mindestens. Da kann keiner runter klettern.
Sam: Ich dachte auch weniger an Klettern, o Sahib, eher an Springen.
Jonas: Bist du verrückt?
Sam: Das wissen Hoheit doch. In diesem Falle allerdings.
Jonas: Das Essen.
Sam: Ohne jeden Zweifel. Wissen wir nicht, spätestens seit dem zugegeben kruden Test an Dr. Prospers Ratte, daß die Selbstmorddroge oral zugeführt wird?
Jonas: Eine angemessene Therapie, hat sie gesagt.
Sam: Exzellenz sollten die Erwartungen der Dame nicht enttäuschen.
Jonas: Meinst du im Ernst, ich soll aus dem Fenster springen, Sam?
Sam: Gewissermaßen indirekt, erhabener Monarch. Wenn ich meine Vorstellungen erläutern dürfte.
Jonas: Sam sagte mir genau, was ich tun sollte, und ich tat es. Aaaah!
Wärter: Na bitte. Oh!
Sam: Eine ausgezeichnete Performance, euer Lordschaft.
Jonas: Natürlich war ich nicht aus dem Fenster gesprungen. Ich stand auf dem Außensims, klammerte mich mit den Zehen fest. Und als der Wärter seinen häßlich-en Ballon raussteckte, kriegte er was ins Genick. Mit meinem eisenbeschlagenen Schuh. Er schlug lang hin und blieb liegen. Für längere Zeit außer Gefecht, vielleicht für immer. Von mir aus, ich würde deshalb nicht schlechter schlafen. Ich zog seine weiße Uniform an. In der Tasche fand ich seinen Identi-Disk. Kein Problem, damit durch die gesicherten Türen ins Freie zu kommen. Zuhause goß ich mir als erstes einen großen Whiskey ein, Magen hin, Magen her. Ich traf bestimmte Vorkehrungen, zusammen mit Sam, und ich wartete. Der Anruf kam am Abend, 5 Minuten vor 8.
Jonas: Ja?
Frau Prof. Caligari: Ich spreche Ihnen meinen Glückwunsch aus, Jonas. Sie haben sich mit Geschick und Entschlossenheit Ihrer Therapie entzogen. Sie sind ein Mann von erheblichen Fähigkeiten. Könnten Sie sich vorstellen, in einer Organisation wie ZIP, falls es sie gäbe, einen Posten zu übernehmen?
Jonas: Reden Sie Klartext, Frau Professor. ZIP existiert, und ZIP arbeitet mit Methoden, die mir nicht gefallen.
Frau Prof. Caligari: Bitte, Jonas, lassen Sie kleinkarierte Moralbegriffe aus dem Spiel. Bleiben Sie nüchtern. Betrachten Sie unsere Organisation mit wissenschaftlicher Objektivität. Sie kennen das Problem. Jeder kennt es. Spätestens seit dem Einsetzen der permanenten Krise vor gut 30 Jahren. Fortschritt in der Biologie führt zu mehr Nahrungsmitteln, Fortschritt in der Medizin führt zur Verlängerung des Lebens, Fortschritt in der Technik führt zur Automatisierung. Die Folgen: immer weniger Arbeit, immer mehr Menschen, immer weniger Raum. Wie gesagt, das Problem ist seit langem bekannt. Aber wir haben erst jetzt gewagt, die Lösung ins Auge zu fassen. Die einzig mögliche Lösung.
Jonas: Und die wäre?
Frau Prof. Caligari: Ganz einfach: Die quantitative Verminderung des menschlichen Faktors.
Jonas: Also Mord. Massenmord. Danke, nichts für Jonas.
Frau Prof. Caligari: Schade. In diesem Fall sehen wir uns gezwungen, Ihre Behandlung bis zum ursprünglich vorgesehenen Ende fortzusetzen.
Jonas: Das habe ich erwartet. Ich habe Gegenmaßnahmen eingeleitet.
Frau Prof. Caligari: Was wollen Sie denn tun? Zur Polizei gehen, zu den Medien, zum Staatspräsidenten? Versuchen Sie’s.
Jonas: Alle Informationen über ZIP und ihren sogenannten Feldversuch sind gespeichert. Wenn mir was passiert, oder wenn es eine neue Selbstmordepidemie geben sollte, in Babylon oder woanders, dann werden diese Informationen in sämtliche Dateien der Erde eingegeben. In öffentliche und in private. 90 Prozent davon werden Sie abwürgen können, mit Ihren Hilfsmitteln, und durch die hohen Herrschaften, die hinter Ihnen stehen, vielleicht auch 99 Prozent, aber 1 Prozent kommt durch. Und das, hochverehrte Frau Professor Caligari, wird Ihnen das Genick brechen.
Frau Prof. Caligari: Erpressung, wie ich sehe.
Jonas: Lassen Sie doch kleinkarierte Moralbegriffe aus dem Spiel.
Frau Prof. Caligari: Was verlangen Sie?
Jonas: Am liebsten würde ich sagen: lösen Sie ZIP auf und springen Sie aus dem Fenster.
Frau Prof. Caligari: So gut ist Ihre Verhandlungsposition nun auch wieder nicht, mein lieber Jonas.
Jonas: Ich weiß. Bleiben wir auf dem Teppich. Sie stellen alle Versuche mit der Selbstmorddroge ein.
Frau Prof. Caligari: Schon geschehen. Die Methode hat sich als zu riskant und vor allem als zu spektakulär erwiesen. Wenn uns schon ein kleiner Privatdetektiv auf die Schliche kommt.
Jonas: Ein mieser Schnüffler, sagen Sie’s ruhig.
Frau Prof. Caligari: Ist das alles?
Jonas: Noch eine Kleinigkeit. Der Tod von Adrian Delgado wird offiziell als Unfall deklariert. Ein Privatdetektiv ist seinen Klienten verpflichtet. Vor allem, wenn sie Judith heißen.
Frau Prof. Caligari: Einverstanden.
Jonas: Das wär’s. Jetzt müßten Sie sagen: Kommen Sie uns nicht noch mal in die Quere.
Frau Prof. Caligari: Bis zum nächsten Mal, Jonas.
Jonas: Ich fühlte mich nicht besonders. Klar, die Sache war soweit abgeschlossen, aber es fehlte was Wichtiges: Die gerechte Strafe für die Schuldigen. Früher soll’s anders gewesen sein. Aber was kann man schon erwarten von unserem verrückten 21. Jahrhundert. Ich fing an, mir leid zu tun, das gefiel mir nicht. Ich rief Judith an.
Judith: Hallo, Jonas.
Jonas: Sie sind `ne reiche Frau, Judith. 100.000 Euros. Von Onkel Adrians Lebensversicherung.
Judith: Sie haben den Fall gelöst?
Jonas: Sieht so aus. Haben Sie was vor heute Abend?
Judith: Nein.
Jonas: Kommen Sie zu mir. Ich erzähle Ihnen dann, wie es abgelaufen ist.
Judith: Wir könnten uns über Marlowe unterhalten, und über Bogie und Hammett und Casablanca.
Jonas: Und antike Videos sehen. In einer halben Stunde?
Judith: In einer halben Stunde, Jonas.
Jonas: Judith, ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Sam: Hrm. Wenn ich euer Herrlichkeit ein anderes Zitat zu bedenken geben dürfte: Der Detektiv ist ein Katalysator, kein Casanova. Raymond Chandler.
Jonas: Aber Sammy, ich glaube, du bist eifersüchtig.
Sam: Quatsch.
Jonas: Klapp das Bett raus. Und spiel, Sam. Spiel As Time goes by.
Jonas: Ich bin die letzte Instanz. Wenn Sie ein Problem haben, und nicht weiterkommen, mit der Polizei und so, dann wenden Sie sich an mich. Ich kann Ihnen wahrscheinlich auch nicht helfen, aber Sie haben ein besseres Gefühl. Vielleicht springen sogar 100.000 Euros für Sie raus. Und das ist doch was, oder?
Das war: Testmarkt. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus. Sein Supercomputer Sam war Joachim Wichmann. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Renate Grosser, Jenny Thelen, Paul Bürks, Gernot Duda, Dieter Eppler, Wolfried Lier und andere (Franjo Marincic, Gerd Rubenbauer, Wolf Goldan). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Heiner Schmidt. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1984). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.
Michael Koser: Es tickt bei Prof. van Dusen (RIAS 1993)
Hatch: 14. November 1902, Freitag, ein Tag wie jeder andere, am frühen Nachmittag verläßt Prof. van Dusen sein Haus in der 35. Straße West Manhattan NewYorkCity wie an jedem andren Tag er sieht nicht nach rechts er sieht nicht nach links, er sieht in das offene Buch vor seiner Nase, wie jeden Tag und wie jeden Tag hebt er die linke Hand mit dem Regenschirm, die Droschke, die wie immer ein Haus weiter gewartet hat, fährt vor, wie jeden Tag, der Prof. steigt ein, vertieft in seine Lektüre, wie jeden Tag, der Kutscher schließt die Tür, diesmal vielleicht ein wenig sorgfältiger als sonst, die Droschke fährt die 35. Straße entlang, nach Osten, wie jeden Tag, Richtung Universität, so, meine Damen und Herren, beginnt es, das unglaubliche Abenteuer um den Bombencountdown im Luxushotel, Prof van Dusen fährt zur Uni wie jeden Tag was ist daran unglaublich so werden sie fragen, haben sie noch einen ganz kleinen Moment Geduld, die Droschke biegt links ab in die 5. Avenue und sie wird schneller, der Kutscher schlägt auf seinen Gaul ein, der Gaul geht über in Galopp, van Dusen sieht aus dem Fenster, ein Ausdruck der Verwunderung tritt in seine durchgeistigten Züge.
vanDusen: Dies ist nie und nimmer die Madison Avenue, he da guter Mann sie verfehlen den rechten Weg, zur Universität wünsche ich verbracht zu werden, Madison Avenue nicht 5 Avenue, biegen sie rechts ab, halt guter Mann, halten sie ihre Gefährt an, lassen sie mich aussteigen, halt, halten sie an, ich will aussteigen, ich will zur Universität.
Hatch: Türen und Fenster sind verriegelt, immer schneller rast die Droschke die 5 avenue entlang, nicht weit vom Central park kommt sie abrupt zum stillstand, vor einem hochherrschaftlichen Gebäude an der Ecke der 58 Straße.
Butler: Prof van Dusen wie ich vermute.
vanDusen: In der Tat.
Butler: Sie werden erwartet, Herr Prof, würden sie mir bitte ins Haus folgen.
vanDusen: Nein ich würde nicht, was geht hier vor, wo bin ich.
Butler: Helft dem Herrn Prof, achtet darauf, daß er den Weg nicht verfehlt.
vanDusen: Lassen sie mich los, auf der Stelle.
Butler: Wir wollen doch kein Aufsehen, folgen sie mir.
vanDusen: Hilfe, ich werde entführt.
Hatch: Höflich aber sehr bestimmt wird der Prof ins Haus geleitet, durch ein prunkvolles Foyer in einen noch prunkvollen Salon, hier sitzen drei Personen, die ihm erwartungsvoll entgegensehen, ein stattlicher älterer Mann umgeben von der Aura des Erfolgs, neben ihm eine etwa gleichaltrige Frau, kleiner eher unfällig, und meine Wenigkeit, falls sie mich noch nicht kennen, Hatch heiße ich, Hutchinson Hatch Reporter vom beruf und aus Berufung Begleiter und Chronist von Prof van Dusen.
Butler: Meine Herrschaften, Prof DrDrDr Augustus van Dusen.
Hatch: Der größte Wissenschaftler und Amateurkriminologe unserer Zeit.
vanDusen: Hatch sie hier.
Hatch: Wie sie sehen, Prof.
vanDusen: War es etwa ihre Idee mich entführen zu lassen, ein exerzitium ihres beklagenswerten Sinnes für Humor oder was sie dafür halten.
Morgan: Ich muß Mr Hatch in Schutz nehmen, Prof ich bin der Übeltäter, willkommen in meinem Haus.
vanDusen: So, und wer sind sie.
Morgan: John Pierpont Morgan, schon von mir gehört.
Hatch: Mr Morgan ist einer der reichsten Männer der Welt, ein Multimillionär, einer aus dem Club der Astor, Vanderbild, Rockefeller, nicht zu vergessen meinen verehrten Papa.
Morgan: Sie sehen, Prof sie sind nicht unter die Räuber gefallen.
Dotty: John würdest du.
Morgan: Machen wir, Dotty, Prof van Dusen, meine Gattin Dorothy.
Dotty: Liebster Prof endlich, wie oft hab ich mir gewünscht sie leibhaftig kennenzulernen, doch da sie Gesellschaften niemals zu besuchen pflegen.
vanDusen: Aus gutem Grund, Mrs Morgan, man trifft dort so unerfreuliche Zeitgenossen, Mr Morgan, was geht hier vor, erklären sie sich, rechtfertigen sie soweit dies überhaupt möglich ist ihr skandalöses Verhalten.
Morgan: Nicht die feine Art Prof, muß ich zugeben, aber was hätte ich sonst tun sollen, ich habe alles versucht, ans Telefon sind sie nicht gegangen, und meine Boten hat ihr Diener an der Haustür abgewimmelt, weil sie gerade in einer wichtigen wissenschaftlichen Arbeit stecken.
Hatch: Radium, Prof.
vanDusen: So ist es mein lieber Hatch.
Morgan: Also hab ich ihren Droschkenkutscher geschmiert und ich hab Mr Hatch zu mir bestellt und ihm kurz erzählt was los ist weil sie ohne ihren Schlappenschamies nichts tun, Prof, hab ich mir sagen lassen.
Hatch: Assistent, heißt das Mr Morgan, Assistent.
Morgan: Ja und genau das sollen sie, Prof was tun, für mich, ich engagiere sie, nennen sie ihren Preis, ich zahle was sie wollen, gutes Geld für gute Ware, mein Motto, oder wenn ihnen ein Blankoscheck lieber ist, setzen sie jede Summe ein, na ist das ein Angebot Prof.
vanDusen: Ersparen sie sich weitere Worte Mr Morgan, ich wünsche zu gehen.
Hatch: Mr Morgan sie machen das falsch, lassen sie mich mal, ein Fall Prof, ein wunderschöner, ein sensationeller Fall, ein bizarrer, ein hochkomplizierter Fall, ach was ein Fall, drei Fälle mindestens, und einer immer ausgefallener als der andere.
vanDusen: Ich bin nicht interessiert.
Hatch: Da hätten wir erstens die mysteriöse Affäre um den üblen Geruch in der Fürstensuite, zweitens die kuriose Episode des geschmorten Mopses, drittens das Rätsel des spurlos verschwundenen Detektivs.
vanDusen: In der Tat mein lieber Hatch.
Morgan: Und viertens wird in meinem Hotel eine Bombe hochgehen wenn sie das nicht verhindern Prof.
vanDusen: Tja, unter diesen Umständen, berichten sie, Mr Morgan.
Hatch: Knapp präzise etc, sie kennen das, meine Damen und Herren, nicht das man John Pierpont Morgan sowas extra ans Herz legen mußte, time ist money, so lautete sein Motto, und entsprechend fiel sein Bericht aus.
Morgan: Hotel Galaxy kennen sie bestimmt Prof.
vanDusen: Notgedrungen sofern sie das monströse Bauwerk südlich des central park meinen.
Morgan: Zwei Blocks von hier gleich um die Ecke, genau Prof, 100m hoch, 24 Stockwerke, das größte höchste, schönste, feinste, teuerste Luxushotel in New York, in Amerika, in der ganzen Welt.
Hatch: Moment das Waldorf Astoria.
Morgan: Ne Hütte, Mr Hatch, nichts als ne schäbige Hütte, gehört mir.
Hatch: Das Waldorf.
Morgan: Ne quatsch das Galaxy.
vanDusen: Ich gratuliere Mr Morgan.
Morgan: Vor einem Jahr hab ich es übernommen vom Bauherrn und Vorbesitzer Philip T Smart, kennen sie sicher auch Prof.
Hatch: Kannte er nicht, woher auch, Philip T Smart war kein unübersehbarer Wolkenkratzer, Philip T Smart war Unternehmer, und von Geschäften, Finanzen und dergleichen hat der Prof keinen Schimmer, Morgan mußte ihn aufklären, Smart hatte sich aus der Gosse hochgearbeitet und noch in jungen Jahren durch finanz-spekulation ein ganz anständiges Vermögen zusammengekratzt, dann hatte er ganz hoch gegriffen und das Galaxy gebaut, ein Superhotel wie es die Welt noch nicht gesehen hat, dabei ging ihm das Kapital aus, er mußte sich was pumpen.
Morgan: Meine Bank hat den Bau finanziert, Prof das Haus Draxel und Morgan Wallstreet, smart kriegte soviel wie er brauchte bis das Hotel stand, tja und dann.
Hatch: Dann haben sie die Klappe zugemacht, Mr Morgan.
Morgan: Wie das so läuft, keine neue Kredite bewilligt, die laufenden gekündigt, die Smart ging pleite, ich erbte die Konkursmasse, sprich das Galaxy, ein Hotel wollte ich schon immer mal haben.
Hatch: Kein schlechtes Geschäft, moralisch vielleicht nicht ganz astrein, aber.
Morgan: Aber legal, Mr Hatch, nicht dran zu tippen, von nichts kommt nichts, mein Motto, jeder ist sich selbst der nächste, der bessere gewinnt.
Hatch: Geschäft ist Geschäft.
Morgan: So ist es, Mr Hatch, eine ganz normale Transaktion, aber Smart sah das anders, nach der pleite war er total aus dem Gleis, hier oben meine ich im kopf, verleumdet hat er mich, beschimpft, sogar bedroht an leib und leben, richtig gemeingefährlich ist er geworden, was sollte ich machen, ich hab dafür gesorgt daß er untersucht und in ein Irrenhaus eingewiesen wurde.
vanDusen: In welches Mr Morgan.
Morgan: Happy Valley, drüben in Osweg, eine geschlossene Anstalt, nicht gerade billig, aber sicher, überall Gitter, kräftige Wärter, da kommt er nie raus, hab ich jedenfalls gedacht, bis vor 5 Tagen, letzten Sonntag.
vanDusen: Was geschah am letzten Sonntag Mr Morgan.
Morgan: Das Telefon klingelte in meinem Büro im Galaxy, das Hotelmanagement hab ich nämlich selbst übernommen, als Hobby sozusagen, interessante arbeit, viel interessanter als das Bankgeschäft.
Dotty: Deshalb hält sich mein Gatte auch so oft im Galaxy auf, nicht wahr John.
Morgan: Was du tust tue ganz oder gar nicht, mein Motto.
vanDusen: Ihr Telefon klingelte, Mr Morgan.
Morgan: Richtig, Sonntag 9 November kurz nach 2 Uhr nachmittag, ja hier Morgan fassen sie sich kurz.
Smart: Das hab ich vor, Morgan sie wissen, wer ich bin, erkennen sie meine Stimme.
Morgan: Smart.
Smart: Smart, Smart, den sie in den Ruin getrieben und ins Irrenhaus gebracht haben, aber ich bin nicht mehr in happy valley, Morgan, ich bin frei und ich werde mich rächen, an ihrem gestohlenen Hotel werden sie nicht mehr lange Freude haben, Morgan, das versprech ich ihnen, bis bald.
Morgan: Vermittlung, der Anruf eben, stellen sie fest woher er kam.
Morgan: Und woher kam er, nicht von draußen, sondern über die Hausleitung.
vanDusen: Aus dem Hotel, woher genau.
Morgan: Das war nicht zu klären, im Galaxy haben wir nämlich ein ganz modernes Vermittlungssystem, teilautomatisch.
vanDusen: Ich verstehe Mr Morgan, fahren sie fort.
Morgan: Ich ließ mich sofort mit happy valley verbinden, mit dem Direktor Dr. Daffy.
Daffy: Smart, den haben wir heute morgen entlassen, aber das wissen sie doch, Mr Morgan.
Morgan: Entlassen, sind sie noch zu retten.
Daffy: Aber das war ihr ausdrücklicher Wunsch Mr Morgan.
Morgan: Mein Wunsch, wie kommen sie denn auf die Idee.
Daffy: Ihr Brief, Mr Morgan, ihr Brief, darin haben sie mich angewiesen, Smart zu entlassen und weil sie doch die Rechnung für ihn bezahlen, Mr Morgan.
Morgan: Haben sies getan, sie sind ein Idiot, Daffy, so einen Brief hab ich nie geschrieben.
Daffy: Ich versteh das nicht, Mr Morgan, die Dame hat ihn mir heute morgen vorgelegt und dann hat sie Smart gleich mitgenommen.
Morgan: Dame, welche Dame.
Daffy: Die Dame, die Smart seit Wochen besucht, seine Cousine.
Morgan: Blödsinn, Smart hat keine Cousine, keine Schwester, keine Tante, keine Großmutter, überhaupt keine verwandten, smart ist ein Findelkind und im Waisenhaus aufgewachsen.
Morgan: Viermal war sie bei Smart gewesen seit September, beim ersten mal hatte sie auch schon einen Brief von mir angeblich, sie darf Smart besuchen, stand drin.
Dotty: Anscheinend eine Komplizin, so sagt man wohl.
vanDusen: Wie sah die Frau aus, Mr Morgan haben sie sich eine Beschreibung gegeben lassen.
Morgan: Aber klar Prof, tief verschleiert, unauffällig gekleidet, nicht sehr groß, gebildete Sprechweise, nicht gerade viel.
vanDusen: Und der Brief, Mr Morgan.
Morgan: Mein Briefpapier, mein privater Briefkopf, meine Handschrift, sah jedenfalls aus wie meine, haargenau.
vanDusen: Weiter Mr Morgan.
Morgan: Sonntag abend hatten wir was vor, irgendsoeine Wohltätigkeitsabfütterung bei Delmonico, Dotty macht viel in Wohltätigkeit.
Dotty: Verbringe dein leben sinnvoll, mein Motto.
Morgan: Beim umziehen hab ich Lotty die Sache erzählt.
Dotty: Ich war entsetzt, schockiert, dieser Wahnsinnige in Freiheit, was konnte er nicht alles anstellen.
Morgan: Ein Luxushotel ist ein empfindlicher Organismus, sehr anfällig für Störungen, ich machte mir Sorgen, irgendwas mußte ich unternehmen, frage was, die Antwort ergab sich beim essen.
Dotty: Du meinst Collinson.
Morgan: Genau Dotty, Peter Collinson saß bei uns am Tisch, interessanter Typ Sicherheitsexperte von beruf, spezialisiert auf große Hotels, kam gerade aus London, da hatte er im Savoy gearbeitet.
Morgan: Und womit beschäftigen sie sich zurzeit Mr Collinson.
Collinson: Ich spanne ein wenig aus, ich muß nicht arbeiten, ich bin finanziell unabhängig, wenn sich eine neue reizvolle Aufgabe bietet.
Dotty: John.
Morgan: Ja Dotty.
Dotty: Greif zu.
Morgan: Wo was.
Dotty: Collinson für dein Hotel.
Morgan: Als Hausdetektiv, aber ich hab doch schon einen.
Dotty: Simpsons, der wird mit Smart nicht fertig, du brauchst einen neuen, einen echten Experten, dynamisch, energisch.
Morgan: Meinst du, sagen sie mal, Collinson.
Collinson: Ja.
Morgan: Hör auf deine Frau, mein Motto, ich habe Simpson gefeuert und Collinson eingestellt, montag früh gleich am nächsten Morgen fing er an, er kriegte alle Schlüssel, ein Büro unten gleich am Empfang, ein Zimmer in den oberen Regionen, wo das Personal untergebracht ist.
vanDusen: Zur Sache Mr Morgan.
Hatch: Zeit ist Geld.
Morgan: Ist recht, Prof also Smart.
vanDusen: Ja Mr Morgan was war mit Smart.
Morgan: Nichts, keine Störung, kein Anruf, nix am montag nix, am dienstag nix, mittwoch nix, ich dachte Smart tut nix, hat wohl angst vor meinen neuen Hoteldetektiv, aber dann am donnerstag.
Hatch: Gestern.
vanDusen: Was ereignete sich am donnertag Mr Morgan.
Morgan: Das Telefon klingelte in meinen Büro morgens gegen 9.
vanDusen: Smart.
Morgan: Nein Prof nicht Smart, der Anruf kam aus unserer Fürstensuite im 5 Stock, zufällig wohnt da gerade ein echter Fürst aus Deutschland der regierende Herzog von Sonderbar-Schwarzhausen, Hoheit war persönlich am Apparat, Hoheit war sauer, stinksauer im wahrsten Sinne des Wortes.
Fürst: Unerhört, stinkt im Badezimmer, wollte Bad nehmen, unmöglich, infernalischer Gestank, nicht auszuhalten, Kammerdiener ohnmächtig.
Morgan: Tut mir leid das zu hören, Hoheit werde mich sofort drum kümmern.
Fürst: Kümmern, abstellen den Gestank aber dalli, sonst unverzüglicher Umzug ins Waldorf Astoria, verstanden.
Morgan: Ich hab gleich den neuen Detektiv hingeschickt, der durchsuchte das Bad mit zugehaltener Nase und zusammengebissenen Zähnen und was fand er schließlich hinter der Wandtäfelung, einen Fasan schon lange tot sehr lange, der Küchenchef hatte ihn schon vermißt.
vanDusen: Und Sie meinen Smart haben besagten Vogel hinter die Täfelung praktiziert.
Morgan: Ich meine nicht, Prof ich weiß, Collinson hat nämlich nicht nur den vergammelten Fasan gefunden, sondern auch das hier.
vanDusen: Ein beschriebenes Stück Papier, mein lieber Hatch würden sie.
Hatch: Weiß schon, Prof vorlesen, nur ein Satz, dieses war der erste Streich und der zweite folgt sogleich, Unterschrift Philip T Smart.
Morgan: Und tatsächlich der zweite streich folgte noch am gleichen tag abends in Suite Nr 7, bewohnt von Lady Ribbondale, reiche Witwe aus England, gestern abend hatte sie sich ein Spanferkel auf die suite bestellt, der Etagenkellner nahm die platte aus dem Serviceaufzug und trug sie in lady ribondales Speisezimmer, oben drüber war natürlich so ein gewölbter Metalldeckel zum warmhalten.
Kellner: Darf ich servieren Milady.
Lady: Noch nicht Kellner, wini, wini, Liebling komm zu Frauchen, komm fresschen, lecker lecker Spanferkel, wili wo steckst du denn, Kellner haben sie meinen wili gesehen.
Kellner: Euer lady Schoßmops leider nein milady.
Lady: Wo mag er sich herumtreiben, der kleine Strolch, da muß ich wohl ohne meinen wilielein anfangen, legen sie mir vor Kellner.
Kellner: Sehr wohl milady.
Lady: Ah, willie mein Willie, mein kleiner wili, will was hat man dir angetan, oh.
Morgan: Auf der Platte der Mops, statt Spanferkel.
vanDusen: Tot.
Morgan: Mausetot.
Dotty: Arme Lady Ribbondale.
Morgan: Allerdings nicht geschmort wie Mr Hatch vorhin meinte.
Hatch: Schade das wäre das itüpelchen gewesen journalistisch gesehen aber doch wohl mit einem Zettel im Schnabel von Smart einen Gruß.
Morgan: Diesmal kein Zettel, Mr Hatch, Smart rief mich an eine Stunde später, Lady Ribbondale war knall auf fall ausgezogen, Collinson hatte gewühlt und das gebratene Spanferkel im Keller entdeckt, in einem Abfalleimer bei der Küche.
vanDusen: Der Austausch fand demnach nicht auf der Etage oder im Servicelift statt vielmehr im Küchenbereich, interessant, was hatte Smart ihnen mitzuteilen Mr Morgan.
Smart: Bisher habe ich gescherzt, Morgan, Verwesungsgeruch im Bad, ein Schoßhund zum Soupe, gewiß nicht angenehm für sie und das Galaxy, aber doch eher Nadelstiche denn Katastrophen, es wird Zeit die Schraube anzuziehen, in dieser Nacht werde ich zuschlagen, Morgan ich werde ein Mitglied ein wichtiges Mitglied des Hotelpersonals töten.
Morgan: Hören sie Smart, wenn sie Geld wollen.
Smart: Ich will Rache, Morgan, ich will sie ruinieren.
vanDusen: Wie ich vermute kam dieser Anruf ebenfalls aus dem Hotel.
Morgan: So ist es Prof, ich Habe sofort Collinson informiert, und der versprach die Augen offenzuhalten besonders achten wollte er auf den Küchenchef und den maiter de hotel, aber die hatte Smart gar nicht gemeint, heute früh erscheint Collinson nicht in seinem Büro, ich rufe in seinem Zimmer an, niemand geht ran, ich lasse die Tür aufbrechen, das Zimmer ist leer, und auf Collinson Bett finden wir.
vanDusen: Doch wohl nicht seine Leiche.
Morgan: Leiche, ne, großen Blutfleck und diesen Zettel.
Hatch: Geben sie mal her ich schreite zur Verlesung, an Morgan den Schuft und Betrüger, ihr neuer Hoteldetektiv sollte mich erwischen, ich habe ihn erwischt, Collinson ist tot, sie werden ihn niemals wieder sehen, ich führe meine Drohungen aus, das habe ich bewiesen, jetzt mache ernst, ein für alle mal, heute freitag 14. November 1902 wird im Galaxy eine Bombe detonieren, um Mitternacht mit dem Glockenschlag wird ihr Hotel zur Ruine werden, wer zuletzt lacht, lacht am besten, mein Motto, haha, steht hier, haha.
vanDusen: Hatch, nach Empfang der Epistel haben sie doch wohl sogleich.
Morgan: Klar hab ich Prof mich hingesetzt und scharf nachgedacht.
vanDusen: Nachgedacht nun gut Mr Morgan und des weiteren.
Morgan: Des weiteren, was denn zum Beispiel.
vanDusen: Z.B. hätten sie das Hotel Galaxy gründlich durchsuchen lassen sollen.
Morgan: Hunderte von Räumen, über 30.000 qm wie stellen sie sich das vor.
vanDusen: Aber die polizei haben sie doch wohl verständigt.
Morgan: Eher weniger Prof.
vanDusen: Was soll das heißen Mr Morgan.
Morgan: Ehrlich gesagt nein.
vanDusen: Nicht.
Morgan: Sehen sie Prof, es geht um ein Hotel ein Luxushotel, voll mit hochkarätigen Gästen, Fürsten, Ladys, Millionären, wenn die erfahren, daß ein irrer Killer mit einer Bombe im Galaxy herumgeistert, was meinen sie, was dann los ist, Panik, Chaos.
Hatch: Finanzieller Ausfall.
Morgan: Auch das Mr Hatch und sie glauben doch wohl nicht, daß ich die Geschichte unterm Deckel halten kann wenn Horden von Plattfüßen durch die Fluren trampeln, nein Prof, die Polizei ist fehl am Platz zu laut, zu indiskret.
vanDusen: Andererseits ist es ihre Pflicht als Staatsbürger.
Morgan: Und was das wichtigste ist, die Polizei ist einfach nicht gut genug oder trauen sie ihr zu, Smart zu fangen.
vanDusen: Wenn sie mich so direkt fragen Mr Morgan.
Hatch: Caruso würde ein Bombe nur finden, wenn sie ihm unterm Hintern losgeht, und vielleicht nicht mal dann.
vanDusen: Hatch.
Morgan: Also keine Polizei, für John Pierpont Morgan ist das beste gerade gut genug, mein Motto.
Dotty: Der beste John.
Morgan: Genau Dotty und wer ist der beste.
Hatch: Wer wohl Prof van Dusen, der größte Amateurkriminologe der Welt.
vanDusen: Ich kann ihnen nicht widersprechen, mein lieber Hatch.
Dotty: Ich denke an den Vampir von Brooklyn, an den Mann der seinen Kopf verlor und was sie erst kürzlich im wilden Westen geleistet haben, Prof brillant, genial.
Morgan: Und darum bin ich ganz sicher Prof, sie werden die Bombe finden und unschädlich machen, sie werden Philip T Smart stellen.
vanDusen: Nicht nur ihn, Mr Morgan, haben sie die Frau vergessen, welche Smart aus der Anstalt befreite.
Dotty: Die verschleierte Komplizin.
vanDusen: Eben diese Misses Morgan.
Hatch: Die kriegt er auch der Prof, darauf können sie wetten.
Dotty: Hoffentlich.
Hatch: Ja und wie ich ihn kenne hat er schon die eine oder andere Spur, was Prof.
vanDusen: Durchaus möglich, und vielleicht auch den einen oder anderen Verdacht.
Hatch: 5 Uhr nachmittags, der countdown lief, nur noch 7 Stunden bis zur angekündigten Explosion, es wurde Zeit, in Aktion zu treten, Prof van Dusen trat in Aktion, indem er die Operationsbasis ins Galaxy verlegte, Morgan begleitet uns, unterwegs ließ van Dusen sich den gesuchten Bombenleger beschreiben, Smart war um die 30, sagte Morgan, mittelgroß, mausblond, unscheinbar ohne besondere Kennzeichen.
vanDusen: Und ihr verschwundener Hausdetektiv Collinson, Mr Morgan.
Morgan: Collinson, ach sie meinen, falls sie zufällig über seine Leiche stolpern, Ende 30 Glatze, Schnurrbart, Kneifer, 7 Stock steigen sie aus meine Herren, nehmen sie sich Suite 7 die ist frei.
Hatch: Von wegen der Lady mit dem Mops, und sie Mr Morgan.
Morgan: Ich fahr weiter, mein Büro liegt ganz oben im 24 Stock, da finden sie mich, wenn sie mich brauchen.
Hatch: Im Salon von Suite 7 hing noch ein leichter Hauch von Mops, der Prof achtete nicht darauf, er wanderte und dachte nach, leicht geistesabwesend wie immer, ich hatte die Füße auf dem Tisch einen doppelten Whisky vor mir, und sah zu, nicht lange, nach ein paar Minuten gings weiter in den obersten Stock wo die Wohnräume des Personals lagen, ein paar billige Gästezimmer und Morgans Managerbüro, seltsam warum hier oben in eher ärmlicher Umgebung, na seine Sache, Collinsons Zimmer war klein, kahl und leer, abgesehen von der nötigsten Möblierung, Bett, Nachttisch, Stuhl, Schrank, van Dusen machte sich wieder ans wandern, er dachte, suchte, bückte sich ab und zu, wanderte weiter, das übliche, der dicke braunrote Blutfleck auf dem Kopfkissen interessierte ihn überhaupt nicht, merkwürdig, warum wollte er ihn nicht untersuchen.
vanDusen: Ich könnte es tun, mein lieber Hatch, ich könnte den erst kürzlich von meinem deutschen Kollegen Uhlenhuth entwickelten Präzipitintest durchführen, doch wozu, es wäre Zeitverschwendung.
Hatch: Wie sie wollen Prof.
vanDusen: Von weit erheblicher kriminologischer Relevanz als jener lächerlicher Fleck ist das was wir im Schrank vorfinden.
Hatch: Im Schrank aber da ist nichts.
vanDusen: Eben dies meine ich, und auf dem Nachttisch.
Hatch: Auch nichts, kein Bild, keine Uhr, gar nichts.
vanDusen: Keinerlei persönliche Habseligkeiten, keine Kleidung.
Hatch: Als ob hier niemand gewohnt hat.
vanDusen: Sehr gut und sehr richtig.
Hatch: Aber hier hat doch jemand gewohnt, Hausdetektiv Collinson.
vanDusen: Collinson ist und war nicht existent, ein Phantom, besser gesagt ein alias.
Hatch: Alias, sie meinen Collinson war in Wirklichkeit jemand anders, wer denn.
vanDusen: Wer wohl, Smart natürlich.
Hatch: Smart, der entsprungene Irre, der Stänker, der Mopskiller, der Bombenleger, wie kommen sie darauf.
vanDusen: Dies habe ich unter dem Schrank entdeckt.
Hatch: Ein rundes Stück Glas aus einer Brille oder.
vanDusen: Oder aus einem Kneifer.
Hatch: Richtig Collinson trug einen Kneifer.
vanDusen: Warum trug Collinson einen Kneifer.
Hatch: Warum, blöde frage, würde ich sagen, damit er besser sehen konnte.
vanDusen: Keineswegs, Collinson trug einen Kneifer um sich besser sehen lassen zu können, um nicht erkannt zu werden, das Glas ist nicht geschliffen, ordinäres Fensterglas, der Kneifer war Bestandteil einer Maskerade, wie übrigens auch dies Objekt, auf welches ich ebenfalls unter dem Schrank stieß.
Hatch: Ein Büschel schwarze Haare.
vanDusen: Längst abgestorben, mit Spuren von Leim an den Wurzeln.
Hatch: Aber Collinson war kahl, hat Morgan gesagt.
vanDusen: Wie so oft denken sie auch hier zu kurz.
Hatch: Und wie so oft werden sie mir den verstand schon lang ziehen.
vanDusen: Später, später lassen sie uns zunächst folgendes festhalten, Collinson trug eine Maske, Collinson war smart, sie scheinen nicht völlig überzeugt zu sein.
Hatch: Wenn sie mir ein bißchen erklären würden Prof.
vanDusen: Also passen sie auf, der angebliche Collinson, ein angeblicher Sicherheitsexperte für Luxushotels taucht gerade zu jedem Zeitpunkt auf, da der entkommene Smart das Galaxy bedroht, Zufall.
Hatch: Unwahrscheinlich.
vanDusen: Er bietet sich Morgan an, läßt sich einstellen, kann sich als Detektiv ungehindert im Hotel bewegen.
Hatch: Tote Fasane verstecken, Möpse anrichten, und wenns soweit ist, sich problemlos umbringen lassen.
vanDusen: Indem er unter Hinterlassung eines falschen Blutflecks verschwindet.
Hatch: Einverstanden, aber viel weiter sind wir damit auch nicht, wo steckt der Kerl.
vanDusen: Im Galaxy ohne jeden zweifel.
Hatch: Ja aber wo und wo ist die Bombe.
vanDusen: Nehmen sie sich des Telefons an, mein lieber Hatch.
Hatch: Sehr wohl, Prof, ja.
Morgan: Prof van Dusen.
Hatch: Der ist hier, Mr Morgan, wollen sie ihn sprechen.
Morgan: Er soll sofort runterkommen in den Keller.
Hatch: Ist was passiert.
Morgan: Die Bombe, Mr Hatch, die Bombe ist gefunden.
Hatch: Morgan schickte uns einen Pagen als Führer und den hatten wir auch nötig, unter dem Hotel erstreckte sich ein unübersehbares Labyrinth zahlloser niedriger Gänge, nur spärlich erhellt, sie verzweigten und kreuzen sich, kamen aus der Dunkelheit, führen ins nichts, dazwischen düstere Lagerräume, verschimmelte Weinkeller, dunkle Katakomben mit rostigen Spülbecken, überall Schmutz, Dunst, Gestank, und armselige graue Gestalten die schattenhaft vorüberhuschten, in der Mitte wie eine Spinne im Netz die Küche, ein gewaltiges dröhnendes Inferno aus überdimensionalen Öfen und Herden schlugen rote Flammen, warfen zuckende Lichter auf Kessel, Kasserollen und auf die armen Teufel die in dieser Hölle schufteten, muß auch mal sein, gehobene Prosa, bildhafte Sprache, schöner Stil, wozu ist man Starreporter beim Daily New Yorker, aber keine Angst jetzt geht ganz normal weiter, Morgan erwartete uns mit seinem Küchenchef, dem unter Feinschmeckern weithin gerühmten Missio Anatole hinter der Küche in kleinem Raum voller schmaler Wandschränke.
Morgan: Der Umkleideraum für Küchenpersonal.
Hatch: Na die Fürstensuite ist es gerade nicht, Mr Morgan.
Morgan: Wissen sie Mr Hatch, ich sag immer ein großes Hotel ist wie die Welt, oben sind die, die es geschafft haben, es geht ihnen gut, sie werden bedient, leben im luxus, und unten im Dreck da sind die anderen, die meisten, die sich für die oben abarbeiten müssen, so ist das.
Anatole: Sie halten Vortrag missiö sie philosophieren, la bomb, sie machen tick tack tick tack.
vanDusen: In der Tat.
Anatole: Missio sil vous plait, Missio Anatole.
vanDusen: Die Bombe, in diesem offenen Wandschrank.
Anatole: Oui missio.
Morgan: Hören sie doch auf mit dem französischen Getue, sie Anatole, uns brauchen sie nichts vorzumachen, Brown, heißt er, James A Brown.
Anatole: A wie Anatole.
Morgan: Geboren und aufgewachsen in Jouplin, Missouri, Paris haben sie nicht mal von weitem gesehen.
Anatole: Missio, ok aber behalten sies für sich, meine Herren, ein guter Küchenchef muß Franzose sein, die Kundschaft besteht darauf, sonst schmeckts ihr nicht.
Hatch: Wer angibt, hat mehr vom leben, ihr Motto, Anatole Brown und nicht nur ihrs.
vanDusen: Ich ersuche um Ruhe, aha beim corpus delicti handelt es sich nicht im eigentlichen Sinn um eine Bombe das heißt um einen mit Sprengstoff gefüllten Hohl-körper vielmehr könnte man von einer Höllenmaschine primitivster Konstruktion spre-chen bestehend aus 2 Stangen Dynamit, einer kupfernen Zündkapsel und einer Uhr.
Morgan: Höllenmaschine Bombe seien sie nicht pingelig Prof wenn das Ding hoch geht, ist es egal wie es heißt, dann ist das Galaxy ein Trümmerhaufen so oder so.
vanDusen: Nicht doch Mr Morgan, zwei kleine Dynamitstangen dürften kaum im Stande sein nennenswerten Schaden anzurichten.
Anatole: Mondieu ich meine verflixt noch mal, können sie das Ding nicht trotzdem lieber abstellen.
vanDusen: Entschärfen meinen sie, Anatole, gewiß kann ich das.
Anatole: Dann tuns sies doch endlich, macht einen ganz nervös dieses ticken.
vanDusen: Beruhigen sie sich, der Alarm der Weckuhr welcher über die Zündkapsel die detonation des dynamit auslöst wird erst um mitternacht einsetzen, wie spät ist es
Hatch: Fünf vor 7.
vanDusen: Wir haben also noch gut 5 Stunden Zeit, meine Herren, wer hat die Bombe entdeckt.
Anatole: Eine von unseren Küchenhelferinnen.
vanDusen: Holen sie sie.
Hatch: Während der falsche Franzose sich nach der Helferin umsah, machte van Dusen die Bombe unschädlich, indem er die Kapsel vom Wecker und Dynamit trennte mit ruhiger Hand und einem silbernen Tafelmesser.
Anatole: Tut mir leid Prof, die Frau ist nirgends zu finden, seltsam.
vanDusen: Wie ich vermute, arbeitet die Betreffende erst seit kurzem in ihrer Küche.
Anatole: Das stimmt Prof, 2 3 Tage.
vanDusen: Klein, unauffällig.
Anatole:: Woher wissen sie das.
Morgan: Smarts Komplizin meinen sie Prof.
vanDusen: Nicht jetzt, diese Botschaft befand sie unter der Höllenmaschine.
Morgan: Wenn sie diesen Zettel finden, Morgan haben sie meine Bombe rechtzeitig entdeckt, Glückwunsch diese runde gewinnen sie, aber der Kampf geht weiter, sie hören von mir smart, also fürs erste haben wir ruhe oder wie sehen sie das Prof.
vanDusen: Vielleicht.
Anatole: Bleibt es beim erlesenen soupe zu zweit das sie für heute nacht bestellt.
Morgan: Aber sicher Anatole, jetzt wo wir uns um Smarts Bombe kein Sorgen mehr machen müssen, um Mitternacht, im Penthouse, geben sie sich Mühe.
Hatch: Worum gehts denn Mr Morgan.
Morgan: Nichts für sie, Mr Hatch, na Prof gönnen sie sich auch ne Pause, machen sie Feierabend, morgen können sie ja weiter nach Smart suchen, wie wärs mit einem guten Abendessen.
Hatch: Prima Idee, ich fürchte nur der Prof.
vanDusen: Der Prof ist einverstanden, schicken sie uns das Menu in die Suite.
Hatch: Erstaunlich, wenn er in einem Fall steckt, hält er von Speis und Trank nämlich überhaupt nichts, als das essen kam, 6 Gänge vom feinsten, erstklassige Weine, da rührte er es nicht an, ich muß also für den Meister mitessen, dachte ich aber da dachte ich falsch, wie so oft, der Meister hatte anderes mit mir vor.
vanDusen: Sie werden 2 Aufträge für mich erledigen.
Hatch: Wenn es sein muß.
vanDusen: Selbstverständlich muß es sein, der Fall verlangt es.
Hatch: Ja dann was befehlen Prof.
vanDusen: Zunächst suchen sie ein zweites mal die kulinarischen Niederungen des Galaxy auf.
Hatch: Die Küche meinen sie.
vanDusen: Was denn sonst und dort werden sie einige fragen an Mr Anatole richten.
Hatch: Und wenn er nicht antworten will.
vanDusen: Sie werden ihn dazu überreden.
Anatole: Und wie gedenken sie das anzustellen.
Hatch: Ganz einfach, ich werde einen Artikel über sie schreiben im Daily New Yorker mit ihrem vollen Namen, ihrem Geburtsort.
Anatole: Alles nur das nicht.
Hatch: Also.
Anatole: Im Penthouse oben auf dem Dach wohnt eine Miss Maria Lankton.
Hatch: Lankton schon mal gehört.
Anatole: Eine junge Dame, sehr vertraulich mit Morgan, vom Theater.
Hatch: Schauspielerin, jetzt weiß ich Mary Lankton alias Mimi Lamuset, Schlangen- und Schleiertanz nur für Erwachsene, ich habe sie längere Zeit nicht gesehen, ein Jahr oder so.
Anatole: Tanzt nur noch für Mr Morgan im Penthouse.
Hatch: Deshalb hat er sich sein Büro im obersten Stock eingerichtet der alte Sünder, damit er in unauffällig in sein Liebesnest flattern kann, wenn Mrs Morgan wüßte, was ihren Mann so am Hotelbetrieb fasziniert.
Anatole: Ohne Mr Morgans ausdrückliche Erlaubnis darf niemand aufs Dach, im Sommer haben sie da mal einen Privatdetektiv erwischt.
Hatch: Und achtkantig rausgeschmissen.
vanDusen: Im Sommer, sehr interessant, und höchst aufschlußreich.
Hatch: Morgen hat die Dame Lantkon Geburtstag, heut nacht um 12 fängt sie an zu feiern, in trauter Zweisamkeit mit Morgan.
vanDusen: Mitternachtssoupe im Penthouse, ich verstehe, mein lieber Hatch der Fall.
Hatch: Ist klar.
vanDusen: Ist weitgehend aufgeklärt, zur endgültigen Lösung fehlt nur noch ein kleiner Mosaikstein, sie werden ihn mir beschaffen.
Hatch: Machen wir Prof und wie.
vanDusen: In dem sie sich stehenden Fußes ins Erdgeschoß begeben zum Empfang, wo sie sich folgende Frage beantworten lassen.
Empfang: Letzten Sonntag.
Hatch: Ja.
Empfang: Vor 2 Uhr mittag, lassen sie sehen, Sonntag 9. November viele Gäste, wir sind ein großes Haus von internationalem Rang.
Hatch: Geschenkt, ich brauch nur einen Gast, männlich vermutlich mit Bart, hat höchstwahrscheinlich eins von den billigen Zimmern ganz oben bezogen.
Empfangsdame: Ah ja ich erinnere mich, ein bärtiger Ausländer, dunkle Brille, sehr schwerer Koffer, der Page hat sich darüber beschwert, hier ist er, Igor Bolonski aus Kravonien, Zimmer 367 im 24 Stock.
Hatch: Und Zimmer 367 liegt direkt unter dem Penthouse.
vanDusen: Sieh an damit ist der Fall gelöst.
Hatch: Wenn sie meinen Prof, jetzt müssen wir bloß noch Smart finden.
vanDusen: Wir haben ihn gefunden.
Hatch: Igor Bolonski.
vanDusen: Alias Peter Collinson alias Philip T Smart, ein vielseitiger Zeitgenosse und begabter Schauspieler, wie es den Anschein hat, wir kennen seinen Schlupfwinkel.
Hatch: Zimmer 367.
vanDusen: Und wir kennen seine Komplizin.
Hatch: So.
vanDusen: Korrektur ich kenne sie, nunmehr gilt es dem nächsten Zug unserer Kontrahenten zuvorzukommen.
Hatch: Zug was für ein Zug.
vanDusen: Der letzte Spielzug, der Zug der zum Schachmatt führt sofern wir ihn nicht verhindern.
Hatch: Schachtmatt für wen oder was.
vanDusen: Für Mr Morgan und seine Geliebte Miss Lankton, ich spreche von der angekündigten Bombenexplosion um Mitternacht.
Hatch: Aber das ist doch schon längt abgehakt, die Bombe im Keller.
vanDusen: War ein bewußtes Ablenkungsmanöver, dazu bestimmt um uns ins Sicherheit zu wiegen, schauen sie auf die Uhr.
Hatch: Mach ich Prof 9 Uhr 48, 12 min vor 10.
vanDusen: 2 Stunden und 12 Minuten bis Mitternacht.
Hatch: Na und was tun wir solange, Prof.
vanDusen: Wir verlassen das Hotel, offiziell, inoffiziell jedoch.
Hatch: Bleiben wir.
vanDusen: Sehr gut, verschließen sie die Tür, löschen das Licht.
Hatch: Was dagegen wenn ich im dunkeln was esse.
vanDusen: Wenn sie sich dabei ruhig verhalten.
Hatch: Zwei Stunden später, zehn Minuten vor Mitternacht, zwei Männer, einer groß, einer kleiner, stehen vor Zimmer 367, sie sehen sich um, alles ruhig, der kleine zeigt auf die Tür, der große nickt und klopft, Pause, niemand da.
vanDusen: Klopfen sie nochmal, Hatch.
Hatch: Zimmerservice, Mr Bolonski nix, Tür aufbrechen Prof.
vanDusen: Wozu, die Tür ist offen.
Hatch: Und jetzt.
vanDusen: Wir treten ein, nach ihnen.
Hatch: Hannemann geh du voran, altbekanntes Motto.
vanDusen: Machen sie Licht.
Hatch: Ach du dicker Vater.
Hatch: Mitten im Zimmer auf dem Teppich hatte jemand eine menge Dynamitstangen zu einer eindrucksvollen Konstruktion aufgestapelt inklusive Zündkapsel und Wecker, daneben lag ein Mann auf dem Rücken, regungslos, ein mittelgroßer Mann, unscheinbar, abgesehen von einem gewaltigen schwarzen Rauschebart, van Dusen bückte sich, packte den Bart und.
vanDusen: Der Bart ist ab, mein lieber Hatch, darf ich vorstellen, Mr Philip T Smart.
Hatch: Ist er tot Prof.
vanDusen: Ohne jeden zweifel, eine interessante, nicht unbedingt zu erwartende wenn auch kaum überraschende Entwicklung.
Hatch: Ermordet.
vanDusen: Was erblicken sie auf dem Tisch.
Hatch: Eine Flasche Sherry Brandy pfui und zwei Gläser, eins voll, eins leer.
vanDusen: Riechen sie.
Hatch: Bittere Mandel, Zyankali.
vanDusen: Zyankali und 2 Gläser das heißt Mord und wenn sie mich nach dem Mörder fragen.
Hatch: Sehrgern aber vielleicht lieber später es ist 11 Uhr 58 und in zwei Min. knallts.
vanDusen: In der tat, der Alarmzeiger steht auf 12 Uhr.
Hatch: Sollten sie da nicht besser.
vanDusen: Die Sprengladung unschädlich machen.
Hatch: Ja natürlich.
vanDusen: Wenn es sie beruhigt geben sie mir ihr Taschenmesser ganz ruhig danke, so.
Hatch: Das wars.
vanDusen: Das wars, die Zündkapsel nehm ich tunlichst an mich und den Wecker.
Hatch: Ah, das war höchste Zeit, nichts zu trinken da außer Sherry Brandy mit Zyankali, wie gehts weiter.
vanDusen: Sie werden sich an den Telefonapparat verfügen und einer gewissen Person eine gewisse Mitteilung machen sodann.
Hatch: Viertel nach 12 klopfen wir an die Tür zum Penthouse, Morgan war nicht gerade erfreut, ließ uns aber rein, Mary Lankton alias Mimi Lanuset hatte ich zuletzt im Junggesellenclub gesehen, auf dem Tisch, jetzt hatte sie ein bißchen mehr an als damals, aber viels wars auch nicht, ein interessanter Anblick, allerdings nicht für van Dusen, unbeeindruckt sag er seine bekannte und beliebte Aufklärungsarie.
vanDusen: Als Bronski bezog Smart am Sonntag ein Zimmer im Galaxy, mit einem Koffer voller Dynamit, verwandelte sich in Collinson, ließ sich als Detektiv anstellen, beging als solcher diverse Anschläge.
Hatch: Siehe Fasan, siehe Mops.
vanDusen: Um nach seiner scheinbaren Ermordung von neuem in die Bolonskirolle zu schlüpfen, bei alledem agierte Smart nicht allein, er hatte Hilfe.
Morgan: Klar die Komplizin.
vanDusen: Ganz recht Mr Morgan, sie befreite Smart aus der geschlossenen Anstalt, sie schlich sich als angebliche Küchenhilfe ins Hotel ein, ein Kinderspiel bei 100en von Angestellten und unterstützte Smart tatkräftig bei seinen Missetaten, indem sie etwa den Fasan entwendete, das Spanferkel gegen den Mops austauschte.
Morgan: Und so weiter wer ist diese Frau, wo steckt sie, das will ich wissen Prof.
vanDusen: Sie ahnen es nicht, Mr Morgan, selbst dann nicht, wenn ich ihnen verrate, daß besagte Person sich ganz in ihrer Nähe befindet.
Morgan: In meiner Nähe.
Ich.
Morgan: Sie wollen doch nicht sagen.
Dotty: Mein Mann, was ist mit ihm, ist er tot.
Morgan: Dotty, wie kommst du hierher.
Dotty: Du lebst John, aber Mr Hatch doch am Telefon gesagt.
vanDusen: Mr Morgan sei das Opfer einer gewaltigen Explosion in der oberen region des Galaxy geworden, eine Fiktion, Mrs Morgan, ein Kunstgriff um sie zu veranlassen sich hierher zu bemühen.
Hatch: Sie ist Smarts Komplizin.
vanDusen: Selbstverständlich.
Morgan: Dotty, Unsinn sie müssen sich irren Prof.
vanDusen: Ich irre nie, Mr Morgan hören sie zu.
Hatch: Weil ihr Mann sich so oft und so lange in seinem neuen Hotel aufhielt sagte der Prof, wurde Dotty Morgan mißtrauisch, sie schickte einen Privatdetektiv aus, der entdeckte das Geheimnis des Penthouse, und Mrs Morgan schwor Rache, sie plante, sie traf Vorbereitungen, sie tat sich zusammen mit Philip T Smart und holte ihn raus mit gefälschten Briefen ihres Mannes, sie half Smart bei seinem Rachefeldzug und arbeitete gleichzeitig auf ihr eigenes Ziel hin nämlich Morgan und seine Geliebte beim gemeinsamen Geburtstagssoupe in die Luft zu sprengen.
vanDusen: Zur Feier des bevorstehenden Bombenerfolgs wenn ich mich so ausdrücken darf, kredenzte Mrs Morgan ihrem ahnungslosen Verbündeten ein Zyankalicocktail.
Hatch: Aus welchem Grund.
vanDusen: Um sich des Mitwissers zu entledigen und um selbst nicht verdächtigt zu werden, nach der Detonation so ihre Kalkulation würde man Smarts Überreste finden und identifizieren, man würde annehmen, der Täter sei versehentlich ein Opfer des eigenen Bombenanschlag geworden, man würde den Fall als gelöst ad acta legen.
Hatch: Raffiniert.
Morgan: Ist das alles wahr, Dotty.
Dotty: Und wenn, sie können mir nichts beweisen, Prof van Dusen, wer soll gegen mich aussagen, Smart.
vanDusen: Sie selbst, Mrs Morgan, Ihre kleine Statur und ihre Hände, vor allem sie sprechen eine deutliche Sprache, bereits vorhin in ihrem Salon sind sie mir aufgefallen, rot rauh abgearbeitet, nicht die Hände einer Dame der Gesellschaft, die Hände einer Küchenmagd.
Hatch: Mrs Morgan kam nicht vor Gericht, in Multimillionärskreisen ist das nicht üblich, sie kam in eine Anstalt nach happy valley, durch Smarts Tod war glücklicherweise gerade ein Platz freigeworden und Mr Morgan, auf dringende Einladung des Prof tauchte er am nächsten abend in der 35. Straße west auf.
Morgan: Haben sie es sich anders überlegt mit dem Scheck meine ich, hier ist er, welche Summe soll ich einsetzen 1000 Dollar, 2000.
vanDusen: 50.000 Dollar, Mr Morgan.
Morgan: Ihr Ernst.
vanDusen: Meine Exkursion in die Unterwelt ihres Hotel hat mir auf krasse Weise die harten um nicht zu sagen unmenschlichen Arbeits- und Existenzbedingungen ihrer Angestellten vor Augen geführt, das Geld wird helfen ihr Los zu verbessern.
Morgan: 50000 Dollar für Tellerwäscher, ich denke nicht dran.
Hatch: Apropos… wissen Sie woran ich denke, ob ich ihren Fall nicht groß in der Presse rausbringe mit allen hochinteressanten Einzelheiten, ihre Frau, ihre Geliebte, ihr Penthouse, ihre Geschäftsmethoden.
Morgan: Das ist Erpressung, Mr. Hatch.
Hatch: Naja vielleicht nicht ganz astrein, Mr Morgan, aber legal und gerechtfertigt.
Morgan: Also gut, 50.000, welchen Empfänger soll ich schreiben.
vanDusen: Die Stiftung für unterbezahlte Hotelbedienstete.
Morgan: So eine Stiftung gibts überhaupt nicht.
vanDusen: Dann gründen sie sie gefälligst.
Hatch: Unter dem Motto, tue gutes und setze es von der Steuer ab.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
John Pierpont Morgan: Hans Teuscher
Dorothy Morgan, seine Frau: Jutta Wachowiak
Anatole, Küchenchef: Dieter Ranspach
Philip T. Smart: Max-Volkert Martens
Peter Collinson: Max-Volkert Martens
Dr. Daffy: Klaus Jepsen
Herzog von Sonderbar-Schwarzhausen: Lothar Blumhagen
Lady Ribbondale: Barbara Witte
Empfangsdame: Helga Lehner
Butler: Helmut Ahner
Kellner: Rainer Clute
Michael Koser: Prof. van Dusen beschwört einen Geist (RIAS 1992)
Hatch: Auf Ihr Wohl, Professor, auf Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, die Denkmaschine, den größten Wissenschaftler und Amateurkriminologen, den die Welt je gesehen hat, nicht schlecht Prof, gar nicht schlecht, das muß man Ihnen lassen, Sie trinken zwar selbst nicht, aber Ihre Hausbar, erstklassig, zum Wohl, ihre Tür-klingel, Prof wer kann das sein, am Pfingstsonntag morgens viertel nach neun?
vanDusen: Zu solch einer ungehörigen Stunde, mein lieber Hatch, pflegt mich nur eine einzige Person heimzusuchen, und diese Person.
Hatch: War schon da, nämlich meine Wenigkeit, Hutchinson Hatch, einerseits Journalist beim Daily New Yorker, andererseits Begleiter, Assistent und Chronist von Prof. van Dusen, ich hatte kurz mal meine Nase reingesteckt zwecks Frühschoppen und weil ich ein bißchen über unsere letzten Fälle reden wollte, vor allem über die sensationelle, unglaubliche, einmalige Affäre der verschwundenen Millionäre, die erst von ein paar Wochen zuende gegangen war, ein Glück daß ich gerade jetzt beim Prof war sonst hätte ich nämlich den Fall um den Opernsänger und das mörderische Gespenst im verschlossenen Raum verpaßt, der war womöglich noch sensationeller, noch unglaublicher, noch einmaliger, gleich fängt er an, und zwar damit daß ein uns allen nicht unbekannter Mensch auf großen Füßen in van Dusen Salon stolpert.
Caruso: Hoppla.
Hatch: Hals und Beinbruch Caruso.
vanDusen: Hatch, treten sie nur näher, Detective Sergeant, was verschafft mir das unverhoffte Vergnügen, bitte nehmen sie doch Platz.
Caruso: Tut mir leid Prof daß ich so früh bei ihnen reinschneie meine ich und das auch noch am Sonntag.
vanDusen: Erstatten sie bericht, detailliert, präzise.
Caruso: Und von Anfang an, ich weiß bescheid Prof.
Hatch: Ganz was neues, Caruso ach und reden sie möglichst wie ein Mensch nicht wie ein Detective Sergeant, sie wissen ja, in strikter Befolgung des an meine Person ergangenen dienstlichen Auftrags begab ich mich eilends usw.
Caruso: Begab, begab ich begab mich überhaupt nicht, Mr Hatch, jedenfalls zuerst nicht, ich saß auf mein Stuhl in meinem Büro im Polizeipräsidium in der Mulberry Street, und da rauschte er plötzlich rein, 1.90m, drei Zentner, Ende 50, dunkelrotes Cape, schwarzer Kalabrese, überlebensgroß wenn sie verstehen was ich meine.
vanDusen: Wann war das.
Caruso: Vorgestern Freitag, 24. Mai 1901 vormittag kurz vor 11.
vanDusen: Sehr gut Caruso, exakt und extensiv, bitte fahren sie fort.
Caruso: Also dieser Mensch kommt in mein Büro, setzt sich, sieht sich um, ganz langsam, ganz ruhig, ganz selbstverständlich, wenn sie verstehen was ich meine.
vanDusen: Ich verstehe Caruso.
Hatch: Ich auch.
vanDusen: Halten sie uns nicht auf Hatch, bitte weiter.
Caruso: Ja und dann holte er ein Zigarettenetui aus der Tasche, ein goldenes mit Monogram, er nimmt ein Zigarre raus, steck sie in den Mund, guckt mich an.
King: Geben sie mir Feuer, guter Mann.
Caruso: Ich bin nicht ihr guter Mann.
King: Dann eben Wachtmeister oder was immer sie sein mögen.
Detective Sergeant, Detective Sergeant Rigoletto Caruso.
King: Rigoletto Caruso, sind sie verwandt mit Enrico Caruso dem neapolitanischen Tenor.
Caruso: Kann sein, wir sind eine große Familie, wir Carusos was wollen sie wer sind sie.
King: Mein guter Mann, Sie kennen mich, oder gehen sie etwa nicht in die Oper, ich meine natürlich die richtige Oper, die Met, nicht Klitschen wie das Grand oder das Haus in der Lexington avenue.
Caruso: Viel zu teuer.
King: Was sie nicht sagen, zahlt die Stadt ihnen nicht ein großzügiges Gehalt.
Caruso: Haha.
King: Nun gut, ich bin Lawrence King, Heldenbariton, der Heldenbariton, die Stimme Amerikas, der König der Met, Lawrenco il magnicifco.
Caruso: Ach was.
King: Sie sind erstaunt, was mag einen begnadeten Künstler dieses Ranges veranlassen in die dumpfen Niederungen der gemeinen alltags hinabzusteigen sprich in die Amtsstube eines detective sergeant der New Yorker Kriminalpolizei das ist die brennende Frage die ihnen auf der Zunge liegt.
Caruso: Genau Mr King.
King: Ich werde es ihnen sagen.
Caruso: Das finde riesig nett von ihnen.
King: Ich hab ein Haus erworben.
Caruso: Sehr interessant Mr King aber damit müssen sie zum Grundbuchamt, hier sind sie falsch.
King: Nun hören sie mal zu guter Mann wenn sie so weitermachen kriegen sie Ärger jede Menge mit Mr Delamir, ihrem Chef mit dem bin ich bekannt, sehr gut bekannt, befreundet könnte man sagen.
Caruso: Ach so, das konnte ich nicht ahnen, Mr King was kann ich für sie tun.
King: Das guter Mann wird sich finden, leihen sie mir zunächst ihr Ohr, ich habe wie bereits erwähnt ein Haus erworben in Greenwich Village, Elm street Nr 27.
Caruso: Elmstreet 27 ist das nicht.
Hatch: Genau, ein ganz spezielles Haus, im Volk bekannt als Mordhaus auch als Spukhaus oder Mörderhöhle, vor etwa 10 Jahren hatte hier ein besonders schauderhafter Massenmörder namens Frederick Kruger sein Unwesen getrieben, 17 Menschen hatte er in diesem Haus abgeschlachtet mit seinem scharfen Fleischermesser, bis man ihn erwischt und in Sing Sing auf dem elektrischen Stuhl vom leben zum tode befördert hatte und jetzt hatte King Krugers Haus gekauft.
King: Erstaunlich preiswert, guter Mann, fast geschenkt.
Caruso: Kann ich mir vorstellen wer kauft so was schon.
King: Lawrence King guter Mann Lawrence King ist furchtlos und unerschrocken jegl-icher Aberglaube liegt ihm fern, unter uns guter Mann natürlich lasse mir vor Premier-en über die Schulter spucken und um schwarze katzen mach ich einen weiten Bogen
Caruso: Aber Kruger soll in dem Haus umgehen, Mr King, sein Geist meine ich.
King: Lächerlich es gibt keine Geister, doch seit heute nacht, guter Mann bin ich mir nicht mehr ganz so sicher.
Caruso: Heute nacht, was ist heute nacht passiert Mr King.
King: Um ihnen dies zu erklären guter Mann muß ich ein wenig ausholen.
Hatch: In seinem neuen Haus wohnte Mr King vorerst allein, mit einem Diener, seine Frau war in der gemeinsamen Wohnung geblieben am unteren Ende der 5 Avenue.
Hatch: Sehr vernünftig von der Dame.
Caruso: An dem bewußten abend, Donnerstag 23 Mai war Mr King gegen 11 Uhr ins Bett gegangen und bald darauf eingeschlafen.
King: Plötzlich erwachte ich vom Turm der Josefskirche schlug es 12 mal Mitternacht, Geisterstunde, ein unheimliches Gefühl überkam mich, ein Gefühl des Schrecken, ja des Grauen, mein Herz schlug heftig, ich öffnete die Augen, richtete mich auf und was sah ich da im schwachen Schein des Mondes der durch den Vorhang drang.
Caruso: Was Mr King was haben sie gesehen.
King: Eine Gestalt, eine dunkle Gestalt, sie wirkte wie soll ich mich ausdrücken unscharf, undeutlich.
Caruso: Undeutlich Mr King, meinen sie vielleicht unwirklich.
King: Keinesfalls, guter Mann, die Gestalt war wirklich, so wirklich wie ich selbst, sie stand vor meinem Lager, starrte mich aus düsteren Augenhöhlen aus, und dann auf einmal strecke sie die rechte Hand nach mir aus, in der Hand hielt sie ein Messer, die Spitze nach oben und auf die Klinge ich sah es ganz deutlich war ein Blatt Papier gespießt, in jähem Schauer schloß ich unwillkürlich die Augen, als ich sie wieder aufschlug, da.
Caruso: Ja Mr King.
King: Da mein guter Mann war die Gestalt verschwunden und auf meiner Bettdecke lag ein Blatt Papier, dieses Blatt Papier.
Caruso: Hier ist der Zettel Prof, Mr King hat ihn mir gegeben und ich hab ihn gut aufgehoben als Beweisstück.
vanDusen: Ein Durchstich ca 3 cm breit, diverse dunkle Flecken.
Hatch: Sieht aus wie Blut was Prof.
vanDusen: So ist es mein lieber Hatch, es sieht so aus, es sieht aus wie Blut und Moder, durchaus passend und angemessen, handelt es sich doch um eine Botschaft aus dem Grabe, so sieht es aus, lesen sie vor mein lieber Hatch.
Hatch: Wenn sie mich nicht hätten, muß ich mich doch tatsächlich selber bemühen aufgehts, kein Datum keine Anrede, ich beginne, die ist mein Haus, du wirst verschwinden, sonst werde ich ein zweites mal mit meinem schönen scharfen Messer zu besuch kommen in der Nacht vor Pfingsten zur Geisterstunde und dann werde ich dich abstechen, Unterschrift F. Kruger, schwarze Tinte, zittrige Schrift.
Caruso: Sieht wirklich aus wie Krugers Handschrift, das haben wir überprüft, na Prof was sagen sie.
vanDusen: Ein dummer Streich, Caruso eine törichte Mystifikation, kaum ein Fall für die Polizei und schon gar keiner für Prof van Dusen.
Caruso: Meinen sie Prof und wenn ich ihnen sage, daß Mr King wirklich und wahrhaftig umgebracht wurde, wies da steht, in der Nacht vor Pfingsten, 12 Uhr.
vanDusen: In der Tat Caruso, abgestochen.
Caruso: Jawohl Prof mit Krugers Messer, in einem leeren und rundum bewachten Raum.
vanDusen: Erstaunlich, bitte setzen sie ihren Bericht fort, Caruso.
Caruso: Wo war ich stehengeblieben.
Hatch: Nacht zum Freitag, King hatte gerade diese interessante Epistl gekriegt.
Caruso: Richtig, Mr King klingelte sofort seinen Diener aus dem Bett, beide kämmten das ganze Haus durch, Ergebnis alles in Butter, Türen abgeschlossen, nichts verdächtiges, kein Hinweis auf einen Einbrecher und da sagte Mr King wurde ihm doch etwas mulmig, am nächsten morgen ging er zu seinen Freund Delamir, und der schickte ihn zu mir.
King: Verstehen sie mich nicht falsch, guter Mann, habe keine Angst,
Caruso: Natürlich nicht Mr King.
King: Ich werde das Haus keinesfalls aufgeben.
Caruso: Und die Nacht vor Pfingsten Mr King.
King: Werde ich in der Elm street verbringen.
Caruso: Sehr couragiert Mr King.
King: Unter Polizeischutz.
Caruso: Ach so.
King: Sie werden mir Gesellschaft leisten, guter Mann.
Caruso: Ich Mr King.
King: Nebst einigen Kollegen, Anweisung von Mr Delamir.
Caruso: Ja dann Mr King.
King: Sagen sie, guter Mann, sind sie sicher daß dieser Kruger, daß er wirklich, daß er ganz und gar tot ist, meine ich tot und begraben.
Caruso: Ganz sicher, Mr King, Frederick Kruger ist zum Tode verurteilt und auf den elektrischen Stuhl gesetzt worden und das hat er nicht überlebt, glauben sie mir.
King: Wenn ich nur könnte guter Mann.
Caruso: Ich werde es ihn beweisen, Mr King kommen sie mit.
King: Wohin guter Mann.
Caruso: In den Keller, ins schwarze Museum der Polizei von New York, ich zeigte Mr King Krügers Exekutionsprotokoll, sein handschriftliches Testament und seine Totenmaske, sein Tatwerkzeug das berüchtigte Fleischermesser wollte ich ihm auch zeigen, aber ich kanns nicht finden, Mr King müßte hier sein in diesem Schrank, vermutlich verlegt oder zur Reparatur, werd mich bei Gelegenheit drum kümmern, sie sehen Mr King kein Grund zur Sorge, Kruger ist tot und kann ihnen nicht mehr tun.
King: Ihr Wort in gottes ohr guter Mann, aber auf den zugesagten Polizeischutz bestehe ich dennoch.
Caruso: Ja und darum begab ich mich gestern abend zur Elmstreet in strikter Befolgung.
Hatch: Caruso.
vanDusen: Hatch.
Caruso: Mit den Wachtmeistern Donovan, Paretzky und Obrien, um 10 Uhr waren wir da wie besprochen, Dovanan blieb auf der Straße und behielt Haustür und front im Auge, Paretzky überwachte den Hintereingang.
Hatch: Und sie Caruso.
Caruso: Ich bezog innen Posten Mr Hatch, mit Wachtmeister Obrien, zuerst haben wir das Haus durchsucht, gründlich vom Dach bis zum Keller.
Hatch: Und haben sie einen Geist gefunden.
Caruso: Nix, Mr Hatch, kein Geist, kein Versteck, keine Geheimtür, kein doppelter Boden, gegen halb 12 waren wir damit durch und dann warten wir, in Mr Kings Salon, er war ein nobler Gastgeber, das muß ich sagen, auf seinem Phonografen spielte er uns Opernmusik vor, sein Diener servierte Whisky und Zigarren, Mr King trank viel, vielleicht wollte er sich Mut machen.
King: Auf zum Fest froh soll es werden leporello, preso, eine neue Flasche von diesem Nektar.
Diener: Sehr wohl Sir.
King: Sie trinken ja gar nicht guter Mann und der andere gute Mann auch nicht.
Caruso: Wir sind im Dienst Mr King.
King: Hinweg mit Bedenken mit kleinlichen Sorgen, was schlägt die Stunde guter Mann.
Caruso: 5 vor 12 Mr King.
King: So mag er denn kommen der steinerne Gast, wir lachen seiner nicht wahr guter Mann.
Caruso: Sie haben Telefon Mr King.
King: Versteht sich, gleich nach Erwerb des Hauses hab ich die Leitung legen lassen, an den Apparat Leporello.
Diener: Sehr wohl Sir.
King: Mein Telefonkabinett liegt gleich neben dem Salon.
Diener: Mr Kings Residenz, ah guten abend Madam, sehr wohl Madam, einen Augenblick Madam, Mrs King wünscht sie zu sprechen Sir.
King: Meine Frau, um diese Zeit.
Caruso: Lassen sie die Tür zum Kabinett geöffnet, Mr King.
King: Erlauben sie, guter Mann, dies ist ein privates Telefongespräch, und Privatgespräche pflege ich privat zu führen, was soll schon passieren, sie haben doch alles unter Kontrolle.
Caruso: Und das hatten wir auch Prof, das Telefonkabinett ist ein kleiner Raum etwa 3mal 3 meter nur eine einzige Tür, davor ich und Wachmeister Obrien, ganz zu schweigen von diesem Leporello, ob er wirklich so heißt.
Hatch: Warum nicht Rigoletto mio.
vanDusen: Hatch.
Caruso: Nur ein einziges kleines Fenster zur Straße, und da stand Wachtmeister Donovan, wir machten uns also keine Sorgen, ich und Obrien, wir warten, Mr King telefonierte, die Turmuhr schlug, elf, zwölf.
Diener: Es ist Mitternacht.
King: Hilfe.
Diener: Sir, sir.
Caruso: Abgeschlossen, die Tür ist abgeschlossen, Obrien Leporello Tür aufbrechen.
Diener: Sehr wohl, Sir.
Caruso: Auf mein Kommando eins zwei und drei, ach du lieber Gott, das Telefonkabinett war ein Bild der Verwüstung, Stuhl und Tisch waren umgeworfen, die Seidentapete hing in Fetzen und zwischen dem Wandtelefon und dem Fenster da lag er, Mr Lawrence King, Blut auf der linken Brust und am rechten Bein, kein Puls, keine Atmung, tot, neben ihm auf dem Teppich ein blutiges Messer, sonst nichts, nichts und niemand.
vanDusen: Beleuchtung Caruso.
Caruso: Eine Gaslampe, Prof an der Wand über dem Telefon nicht sehr hell aber ausreichend, ich sah mich um, kein Mörder, kein Mensch, kein Geist, dann ging ich zum Fenster und riß es auf, Donovan.
Donovan: Ja.
Caruso: Ist jemand durch dieses Fenster gestiegen, Donovan.
Donovan: Nein, weder rein noch raus.
Caruso: Ach haben sie was gesehen hinter dem Fenster.
Donovan: Nichts genaues, bewegung hin und her, undeutlich was ist denn los soll ich kommen.
Caruso: Bleiben sie auf ihrem Posten, Donovan, halten sie die Augen auf.
Donovan: Was ist denn passiert.
Caruso: Ich höre etwas eine Stimme leise entfernt wo kam sie her ah aus dem Telefon.
Hatch: Sie machen sich Caruso ein richtig guter Bericht, spannend dramatisch, wissen sie was, kommen als Volontär zum Daily Newyorker, bei der Kripo sind sie doch sowieso fehl am platz.
vanDusen: Halten sie sich zurück Hatch, und sie Caruso lassen sie sich nicht beirren, fahren sie fort, sie hörten eine Stimme aus dem Telefon.
Caruso: So war es Prof, ich ging hin und nahm den Hörer.
Mrs King: Hallo, Lawrence bitte sag doch was.
Caruso: Mrs King.
Mrs King: Wer sind sie.
Caruso: Kriminalpolizei, Detective Sergeant Caruso spreche ich mit Misses King.
Mrs King: Ja hier ist Senta King, wo ist Lawrence, ich habe mit ihm gesprochen und plötzlich, was ist geschehen.
Caruso: Es tut mir leid Mrs King.
Mrs King: ist ihm etwas zugestoßen, so reden sie doch Mann.
Caruso: Wo sind sie Mrs King.
Mrs King: In meiner Wohnung natürlich, was ist mit Lawrence, ist er krank.
Caruso: Sie sollten hierherkommen, Mrs King so schnell wie möglich.
Mrs King: O gott Leo, Lawrence ist was passiert, du mußt mich sofort zur Elmstreet fahren, ich komme.
Caruso: Eine halbe Stunde später war sie da, mit einem Freund der Familie, einem gewissen Mr Leo Lyneker.
Hatch: Lyneker, der Opernkritiker.
Caruso: Keine Ahnung was er ist, beide sind noch im Hause, in der Zwischenzeit haben wir natürlich die üblichen Untersuchungen vorgenommen, der Polizeiarzt ist verständigt.
vanDusen: Dr Clanan nehm ich an.
Caruso: So ist es Prof, er muß jeden Augenblick eintreffen, außerdem.
vanDusen: Das von ihnen erwähnte Messer, Caruso haben sie.
Caruso: Ich habe, Prof es ist Krugers Fleischermesser, die Waffe, die aus unserem schwarzen Museum verschwunden ist, bloß daß jetzt die Spitze fehlt, offenbar abgebrochen aber sonst dasselbe Messer, eindeutig.
vanDusen: Was sie nicht sagen.
Hatch: Tolle Story Caruso, toter Massenmörder schlägt zu, Frederick Krugers 18. Opfer, Opernsänger durch Geisterhand getötet, Fragezeichen.
Caruso: Genau das ist die Frage, Mr Hatch vielleicht gibts ja wirklich mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, ja und da hab ich gedacht wenn sie sich in der Elmstreet mal umsehen würden und diesen diesen Geist.
vanDusen: Beschwören mein guter Caruso, mit Vergnügen.
Caruso: Wo sie doch neulich sogar den Teufel ausgetrieben haben.
Hatch: Fall Bliss alias Dr Faustus Januar 1901, sie erinnern sich.
vanDusen: Caruso, mein lieber Hatch, lassen sie uns eine Pfingstexkursion nach Greenwich Village unternehmen.
Hatch: Die Elmstreet ist eine ruhige kleine Straße nicht weit vom Washington Square, die Häuser sich die in zwei schnurgeraden Reihen gegenüberstehen sehen absolut gleich aus, alle aus rotem Backstein alle dreistöckig, alle aus der zeit um 1850, damals war die Elmstreet eine gute Adresse.
Caruso: Heute ist die Gegend bißchen runtergekommen, sie sehen ja ein paar Häuser stehen leer.
Hatch: Komisch daß King ausgerechnet Krugers Mörderhöhle gekauft hat, wenn er schon hier wohnen will warum nicht ein anderes Haus zb das direkt gegenüber das steht leer und ist viel besser in Schuß.
Caruso: Das Fenster ganz rechts im ersten Stock, das ist es, Prof.
vanDusen: Das Oberlicht steht offen, war das bereits gestern abend der Fall.
Caruso: Sicher Prof, es war eine warme Nacht.
vanDusen: Interessant.
Caruso: Ach das ist nur eine Luftklappe, ein Loch, sie glauben doch nicht, daß da jemand durchgekrochen ist, ganz abgesehen davon daß donovan nichts gesehen hat
vanDusen: Außer vagen Bewegungen sehr richtig caruso führen sie mich zum Tatort.
Hatch: King hatte sich vorerst nur ein paar Räume eingerichtet, Schlafzimmer, Bad, Salon, Telefonkabinett, alle im 1. Stock, aber wie hatte er sie eingerichtet, alle gleich und alle gleich scheußlich, dunkelrote Teppiche von Wand zu Wand, dunkelrote Seidentapeten, sogar die Lampen hatten bordeauxrote Schirme, auch die im Telefonkabinett.
Caruso: Rot, alles rot, rot wie Blut, wie Mord, Massenmord.
Hatch: Also ich denke dabei eher an große Oper, Kitsch und Kulisse aber davon verstehen sie nichts, Caruso und sie Prof woran denken sie wenn sie des Orgie in rot sehen.
vanDusen: In erster Linie daran, daß vor einem uniform dunkelroten Hintergrund wie ihn dieses Haus sowohl außen als auch im innern darbietet ein dunkelrotes Objekt sich als quasi unsichtbar erweist.
Caruso: Objekt was für ein Objekt, Prof, meinen sie das Messer, das ist nicht rot, das sehen sie doch der Griff ist grün und die Klinge.
vanDusen: Ich meine nicht das Messer, ich meine ua diese dunkelrote Feder.
Caruso: Feder wo.
vanDusen: Auf dem Teppich unmittelbar vor dem Fenster.
Caruso: Richtig ein Feder, die sehe ich zum ersten mal, Prof und wir haben das Kabinett gründlich durchsucht.
vanDusen: Woran ich nicht zweifel, daß sie die Feder dennoch übersahen, unterstreicht auf markanteste meine soeben getroffenen Feststellung zum Thema Tarnung und Mimikri.
Caruso: Mimiwas.
vanDusen: Nunja heben sie die Feder auf Caruso und verwahren sie sie gut, sie stammt übrigens aus dem Gefieder eines Puters, mineagris galopaus ein Faktum von erheblicher ich möchte sagen außerordentlicher Relevanz.
Caruso: Ja also ich versteh nicht was ein Truthahn mit dem Mord an King zu tun haben soll.
vanDusen: Das wundert mich nicht in geringsten, apropos ihr sogenanntes schwarzes Museum ist soweit mir bekannt ist für bestimmten zeiten für das allgemeine Publikum geöffnet.
Caruso: Jawohl Prof jeden Mittwoch von 10 bis 4 und da ist was los, kann ich ihnen sagen, Himmel und Menschen und dabei nehmen wir einen halben Dollar pro Nase.
vanDuen: So so, tja dann wollen wir jetzt zum eigentlichen corpus delicti schreiten, die Lage der Leiche haben sie ja wohl nicht verändert Caruso.
Caruso: Was denken sie von mir Prof natürlich nicht.
Clennam: Wochenende, immer am Wochenende, 7 Tage hat die Woche, und wann lassen die Leute sich umbringen, Montag Mittwoch nie, am Sonntag, nur am Sonntag, morgen morgen Caruso, wo ist der Kadaver.
Caruso: Direkt vor ihrer Nase, Doc
Hatch: Fröhliche Pfingsten Doctor Clennam.
Clennam: Sie mich auch, nanu, Hutchinson Hatch und Prof van Dusen.
vanDusen: Wie sie sehen Herr Kollege.
Clenam: Sagen sie mal Caruso wenn vanDusen schon hier ist warum haben sie mich auch aus dem Bett geholt, am Sonntag morgen vor dem Frühstück, habe die Ehre.
vanDusen: Kollege Clanan, bleiben sie, ich habe lediglich vor eine kursorische Examination der Leiche vorzunehmen wobei sie mir zur hand gehen können, die eigentliche Obduktion bleibt voll und ganz ihnen.
Clennam: Zu gütig Prof na dann wollen wir mal.
Hatch: Die beiden Koryphäen gingen ans werk, sie drückten und zogen, stocherten und bohrten, rollten den unglückseligen Lawrence King auf dem Teppich herum mit Feuereifer und Hingabe.
vanDusen: Der Tod trat ein vor knapp 11 Stunden, genau Mitternacht und zwar durch einen Stich ins herz, durchs herz, wenn sie unbedingt pingeling sein wollen, die Waffe traf schräg von oben in einem Winkel 45 grad auf die linke Brust des Opfers unter dem Schlüsselbein, durchbohrte das herz und blieb in der linken hälfte der hinteren 8 rippe stecken, die spitze blieb stecken und dabei brach sie ab, hier ist sie, zeigen sie mal doc, ah ja sehen sie her die Spitze paßt haargenau auf die bruchstelle an Krugers Messer, das heißt mr king wurde tatsächlich mit diesem Messer erstochen, der Mörder stand vor ihm, die spitze nach unten und stach zu, alles klar.
vanDusen: Sie vergessen die Wunde im rechten Oberschenkel des Opfers Kollege.
Clanan: Ein ganz oberflächlicher Schnitt, Prof vermutlich entstanden als King sich wehrte, ohne Bedeutung, sie scheinen anderer Ansicht zu sein, Prof.
vanDusen: Drei wichtige Tatsachen empfehle ich ihrer Beachtung, der Stichkanal erweist sich als relativ schmal, nur eine schneide des Messers ist mit Blut bedeckt und schließlich an der Bruchstelle der Messerspitze hat bereits der Oxidationsprozeß eingesetzt.
Clanan: Ja und das ändert doch nichts am pathologischen Tatbetand und der ist eindeutig.
Caruso: Augenblick Stichkanal 8. Rippe, Oxidationsprozeß alles gut und schön aber damit weiß ich immer noch nicht wie der Mörder hier ein und wieder raus gekommen ist, das erklären sie mir Doc.
Clennam: Ich denke nicht daran, ich bin Polizeiarzt, verantwortlich für die medizinischen Untersuchungen, alles weiter ist ihre Sache Caruso.
Hatch: Ich habe eine Idee, vielleicht gibt es gar keinen Mörder, ich meine könnte King sich nicht selber.
Clennam: Selbstmord ausgeschlossen ein Selbstmörder stich sich nicht in herz und wenn doch ausnahmsweise dann tut er das zögernd tastend mit mehrmaligem ansetzen, hier aber wurde nur einmal zugestochen, energisch und entschieden, kein Selbstmord, mit sicherheit nicht einverstanden Prof.
vanDusen: In diesem Punkt Mr Clanan stimme ich ihnen ohne vorbehalt zu.
Clanan: Wenigstens etwas, also dann meine Herren schicken sie mir Leiche ins Bellevuehospital, Caruso.
Caruso: Wenn sie fertig sind Prof mit der Leiche.
vanDusen: Ja dieser Abschnitt meiner Untersuchung ist abgeschlossen, Caruso wo befinden sich Mrs King und ihr Begleiter.
Caruso: Im Schlafzimmer, unter Aufsicht, wollen sie mit ihnen reden Prof.
vanDusen: Warum eigentlich nicht, vor allem aber wünsche ich ihnen die Hände zu drücken.
Caruso: Im ernst, Prof.
Hatch: Senta King, eine statuarische Blondine um die 30 hatte sich tatsächlich den bekannten Opernkritiker Leo Lyneker mitgebracht, ein geschliffener Kulturmensch vom Scheitel bis zur Sohle, will sagen von den schon leicht ergrauten länglichen locken über loniette und Zigarrenspitze aus Bernstein bis zu den Zugstiefel aus gelben Ziegenleder, aber ich kam kaum dazu mir die beiden genau anzugucken weil ich mich nämlich wundern mußte und zwar über den Prof, der marschierte stracks auf die trauernde Witwe zu, griff sich ihre rechte hand und zog sie an die Lippen, van Dusen beim Handkuss, das hatte die Welt noch nicht gesehen.
vanDusen: Erlauben sie mir Madame ihnen meine tiefempfundene Teilnahme auszudrücken.
Mrs King: Sehr freundlich Prof, ein herber Verlust.
vanDusen: Für sie Madame und für die gesamte Menschheit.
Mrs King: Ach Prof daß Lawrence uns auf so schreckliche weise verlassen mußte, dieses grauenhafte Haus, er hat darauf bestanden, es zu kaufen und darin zu wohnen, obwohl ich ihn immer wieder angefleht habe.
Lyneker: Beruhige dich Senta.
vanDusen: Geben sie mir ihre Hand Lyneker, auch sie standen ihm nahe.
Lyneker: So ist es, Prof ich habe einen Freund verloren.
vanDusen: Ich fühle mit ihnen.
Hatch: Ich auch Kollege beileid.
Lyneker: Kollege Mr.
Hatch: Hatch, Hutchinson Hatch, Kriminalreporter beim Daily NewYorker, sie müßten mich kennen Kollege.
Lyneker: Ach wirklich, Mr Hatch ja, sie schmieren sensationellen Schmutz für ein Revolverblatt zusammen.
Hatch: Ich höre wohl nicht richtig.
Lyneker: Wohingegen ich meine hohe Berufung darin erblicke Operndarbietungen kritisch zu taxieren für die exklusive highbrow review, bei dieser krassen Diskrepanz der Aktivitäten kann von Kollegialität denn doch wohl kaum die Rede sein.
Hatch: Hören sie mal Lyneker zu wenn wir nicht in einem Trauerhaus wären dann würde ich ihnen ihre affige Brille.
vanDusen: Hatch, bewahren sie contenance, gestatten sie mir eine Frage, Mrs King.
Mrs King: Bitte, Prof.
vanDusen: Wie haben sie den gestrigen abend verbracht.
Mrs King: In der Met natürlich, gestern war Don Giovanni.
Lyneker: Senta singt die Zerlina.
vanDusen: Jaja ich verstehe Mr King war nicht besetzt ich hätte vermutet die titelrolle
Lyneker: Das war früher, Prof heute singt den Don Giovanni Antonio Scotti.
vanDusen: Ahja Sie befanden sich also im metropolitanoperahaus madame bis wann
Mrs King: Um 11 war die Vorstellung zu ende, abschminken bis etwa halb 12 dann hat Leo mich nachhause gefahren.
Lyneker: Ich habe der Aufführung beigewohnt Prof in meiner Loge.
Mrs King: Und dabei hat Leo mir von dem Brief an Lawrence erzählt, von diesem diesem entsetzlichen Krüger.
Lyneker: Ein lapsus linguae, Prof unabsichtlich und unwillkürlich.
vanDusen: Sie waren also informiert, Lyneker.
Lyneker: Lawrence King hat mir vertraut, Prof.
vanDusen: Ah ja.
Mrs King: Ich war natürlich außer mir von Sorge, und hab Lawrence sofort angerufen, kaum hatten wir ein paar Worte gewechselt da, da.
vanDusen: Bitte Mrs King.
Mrs King: Da ließ Lawrence plötzlich den Hörer fallen, ich hörte wie er sagte, Kruger da ist er, und wir er um hilfe rief, dann irgendwelche Geräusche und schließlich Stille, totenstill.
Lynekter: Da ich mich zum Glück noch in Sentas Wohnung aufhielt, konnte ich sie auf der Stelle hierherbringen in meinem Automobil, seitdem hält man uns fest, wann werden sie uns freilassen.
Hatch: Bald sagte Caruso, nachdem er in einer Ecke leise mit dem Prof konferiert hatte, der war damit in der Elmstreet erst einmal fertig, ihn zog es zum Broadway, zur Met und ich mußte ihn hinfahren, in meinem Automobil, wenn er mich nicht hätte, der große Mann müßte er nicht nur selber lesen, er müßte auch laufen, was wollte van Dusen in der Oper, Kunstgenuß, innere Erhebung durch Musik, keine Spur, er suchte Lawrence Kings Garderobiere, eine gewisse Mrs Kaplan und er fand sie natürlich in Lawrence Kings Garderobe.
Caplan: Nicht nur seine Prof, er muß sie teilen mit Mrs King, früher hätten sie das nicht gewagt.
vanDusen: Wer Mrs Caplan.
Caplan: Die Intendanz, die hat Mr King die halbe Garderobe weggenommen, früher häts das nicht gegeben, oh da war er ein Star.
vanDusen: Und jetzt ist er nicht mehr, Mrs Caplan.
Caplan: Machen sie doch die Augen auf, besser gesagt die Ohren, was hat Mr King vor 2-3 Jahren gesungen, Don Giovanni, Graf Luna, Rigoletto, Hans Sachs, und was gibt man ihm heute, den Herrufer in Lohengrin, den Bretine im Manon, den Sprecher aus der Zauberflöte, in den Meistersingern den Nachtwächter, kleine Partien, alles kleine Partien, die großen singt seit der letzten Saison Senior Scotti.
vanDusen: Eine Entwicklung, welcher Mr King wohl kaum freudig zustimmte.
Caplan: Das können sie laut sagen, Prof.
vanDusen: War er sehr niedergeschlagen, Mrs Caplan, so sehr daß ein Selbstmord im Bereich des möglichen gelegen hätte.
Caplan: Selbstmord, Mr King, niemals, Mr King war eine Kämpfernatur, der hat sich nicht abgefunden, der hat sich angelegt mit allen, mit der Intendanz, mit Scotty, mit dem ganzen Ensemble, mit dem Chor, mit dem Orchester, mit jedem im Haus hat er sich gestritten.
vanDusen: Auch mit Mrs King.
Caplan: Ja wie mans nimmt, sie hat schon zu gehalten ja meistens.
vanDusen: Aber, Mrs Caplan.
Caplan: Ja manchmal da da hat sie ihm Vorwürfe gemacht, sie wollte die großen Wagnerpartien singen und sie hat sie nicht gekriegt, seinetwegen weil er sich mit der Intendanz überworfen hat.
vanDusen: So, und Mr Lyneker, sie kennen doch Mr Lyneker.
Caplan: Klar kenn ich Mr Lyneker, Mr Kings bester Freund, wenn sie sich nicht gerade in der Wolle hatten.
vanDusen: In der Wolle, Mrs Caplan weshalb.
Caplan: Mr King hat verlangt, daß Mr Lyneker über ihn schreibt, daß er immer noch der größe und beste Heldenbariton ist, aber Mr Lyneker wollte nicht, er kann es mit seinem künstlerischen Gewissen nicht vereinbaren, hat er gesagt.
vanDusen: Aha, sagen sie, wie würden sie Mr Kings Gemütszustand in den letzten Tagen einschätzen, Mrs Caplan, hat er sich verändert.
Caplan: Oh ja Prof, Mr King hatte richtig gute Laune, seit er dieses, dieses Spukhaus gekauft hat, er war munter, optimistisch, passen sie auf Mrs Caplan, hat er gesagt, es dauert nicht mehr lange, dann singt den Don Giovanni wieder Lawrence King, wie in alten zeiten.
Hatch: Zurück zur Elmstreet, wo wir sehnlich erwarten wurden, 2 Uhr war es inzwischen geworden, Prof van Dusen hatte sich jetzt fast 5 Stunden mit dem Fall beschäftigt, mehr Zeit brauchte er nicht, der Fall war gelöst, van Dusen wußte, wer King ermordet hatte und vor allem wie der Mord vor sich gegangen war, er wußte alles, und weil er sein Licht bekanntlich nicht unter den Scheffel zu stellen pflegt, beeilte er sich, sein Wissen kund zu tun, das heißt er schritt zum Aufklärungsvortrag und wir Mrs King Lyneker Detectivsergeant caruso und meine wenigkeit wir hören zu.
Caruso: Also kein Geist Prof.
vanDusen: Natürlich nicht, Caruso, was immer der verblichene Kruger begangen haben mag, an diesem Mord ist er völlig unschuldig.
Caruso: So und wie ist der Mörder ins Telefonkabinett rein und nach dem Mord wieder rausgekommen Prof.
vanDusen: Eine ganz und gar irrelevante Frage Caruso.
Caruso: Unwichtig, meinen sie, Prof.
vanDusen: Ja völlig unwichtig.
Caruso: Das verstehe ich nicht.
vanDusen: Natürlich nicht Caruso, lassen sie es mich so sagen, zum Zeitpunkt der Tat hat sich der Täter nicht im Kabinett aufgehalten.
Caruso: Er war gar nicht drin also das.
Hatch: Verstehen sie auch nicht Caruso was.
Caruso: Sie etwa, Mr Hatch.
Hatch: Von mir erwartet das auch niemand Caruso.
Caruso: Von mir erst recht nicht.
Hatch: Da haben sie recht und wo sie recht haben.
vanDusen: Bitte bitte meine Herren ich habe das Wort, ich werde ihnen und natürlich auch unseren beiden schweigsamen Gästen Mrs King und Mr Lyneker präzise rekonstruieren, was sich um Mitternacht im Telefonkabinett dieses Hause zu trug.
Caruso: Da bin ich gespannt Prof.
vanDusen: Meine Herrschaften, wie ihnen bekannt ist, begab Lawrence King sich in der vergangenen nacht etwa 3 min vor 12 Uhr in seinen Telefonraum, um einen für diese zeit verabredeten Anruf seiner Gattin entgegen zu nehmen, er zog die Tür hinter sich ins Schloß, drehte leise den Schlüssel.
Caruso: Was King hat sich selbst eingeschlossen.
vanDusen: Wer sonst Caruso, sodann schritt King zum Telefonapparat an der Wand um mit ihnen, Mrs King einige Worte zu wechseln, als es Mitternacht schlug, brach der das Telefonat ab, er lief im Kabinett hin und her, stieß die Möbel um, rief um hilfe, kurz er verhielt sich so, als sei der brieflich annoncierte Geist des Massenmörders Kruger tatsächlich erschienen, um ihn zu töten, zur Verstärkung dieser Illusion fügte King sich mit dem Messer welches er in seiner Kleidung verborgen bei sich trug eine geringfügige Schnittverletzung am Oberschenkel zu.
Caruso: Das ist doch verrückt, Prof warum hat er so was gemacht.
Mrs King: Lawrence war doch nicht wahnsinnig oder.
Lyneker: Kaum, ein wenig impulsiv, das Temperament eines Künstlers.
vanDusen: Nein meine Herrschaften King war nicht von sinnen, im Gegenteil, seinem scheinbar irrationalen tun lag eine durchaus rationale Absicht zugrunde, sein künstlerischer Stern wir wissen es, war im sinken begriffen, um ihn wieder zum strahlen zu bringen, um seinen Namen einer vergeßlichen Öffentlichkeit in die Erinnerung zurück zu rufen, und zwar auf möglichst nachhaltige eindringliche weise, unternahm King eine sorgsam vorbereitete und detailgenau inszenierte Aktion, mein Freund Hatch hat mir versichert, daß solche wie sagten sie Hatch.
Hatch: Stunts, Prof publicity stunts.
vanDusen: Danke mein lieber Hatch, solche stunts scheinen heutzutage in gewissen Kreisen durchaus üblich zu sein, ich fahre fort, vor wenigen Wochen erstand King dieses Gebäude, die frühere Behausung eines hingerichteten Massenmörders, welchem der abergläubige Volksmund nachsagt, er pflege an der Stätte seines Wirkens umzugehen, zu spuken, so lauten ja wohl die einschlägigen Begriffe, als nächstes beschaffte King sich Krugers Messer aus dem schwarzen Museum der Polizei und schrieb in Krugers Handschrift jenen makabren Drohbrief welchen er ihnen Caruso präsentierte, samt einer selbstverständlich fingierten Horrorgeschichte von der nächtlichen Heimsuchung durch einen gespenstischen Briefträger, den Höhepunkt der Inszenierung sollte die Geistererscheinung im Telefonkabinett darstellen, ohne Zweifel hatte King geplant, nach dem Aufbrechen der Tür durch die zu diesem zwecke bemühte Polizei dieser eine zweite Gespenstergeschichte zu erzählen, Krugers Geist sei plötzlich aufgetaucht mit geschwungenem Messer und nach heftigem Kampf ebenso plötzlich wieder verschwunden, später hätte King die Presse informiert.
Hatch: Das wäre was gewesen, Prof ganz New York hätte darüber geredet, eine unbezahlbare Reklame für Lawrence King.
Caruso: Aber.
vanDusen: Ganz recht Caruso, aber, King wurde ermordet.
Hatch: Mord ist auch gute publicity aber das kann King ja wohl nicht gewollt haben.
vanDusen: Kaum, kein zweifel, Kings Plan schlug fehl.
Caruso: Das klingt ganz plausibel, Prof aber viel weiter sind wir damit nicht, wie wurde King ermordet, das ist doch die frage, wie.
vanDusen: Durch ein Geschoß Caruso, genauer durch einen von außen geschossenen Pfeil.
Caruso: Pfeil, was für ein Pfeil, ich hab keinen gefunden.
vanDusen: Das konnte sie auch nicht, Caruso weil der Pfeil zum Schützen zurückschnellte, wie zu vermuten steht durch ein an ihm befestigtes schmales Kautschukband selbstverständlich nachdem King tödlich getroffen und die pfeilspitze dh die abgebrochene Spitze von Krugers Messer in seiner Rippe stecken geblieben war, letzteres war für den Mörder und seinen Plan von primärer Bedeutung, die Spitze war daher mit dem Schaft des Pfeils lediglich locker verbunden und es versteht sich von selbst daß Pfeilschaft und Band von dunkler Farbe und daher von Wachtmeister Donovan nicht wahrgenommen konnte.
Caruso: Eine fantastische Geschichte Prof.
vanDusen: Fantastisch, Caruso wäre ein mordender Geist akzeptabler für sie.
Caruso: Kompliziert meine ich, weit hergeholt, irgendwie ich weiß nicht.
Hatch: Wenn ich mal dolmetschen darf, Prof, Caruso wünscht zu erfahren wie sie das alles rausgekriegt haben, 2 plus 2 und so.
Caruso: Genau Mr Hatch.
vanDusen: Ich werde es ihn erklären, Caruso und auch ihnen mein lieber Hatch, der sie fraglos nicht weniger neugierig sind als ihr Dauerkontrahent von der Kriminal polizei, wie sie zweifellos wissen, werden Pfeile am unteren Teil des Schaftes mit Federn versehen zur Gewährleistung eines gleichmäßigen Fluges, erfahrene Sportschützen verwenden hierfür in der Regel Truthahnfedern.
Hatch: Aha.
vanDusen: Des weiteren verweise ich auf das offene Oberlicht im Telefonkabinett.
Caruso: Da kam er rein der Pfeil aber wo kam er her.
vanDusen: Von höherer Warte, schräg von oben, wie der verlauf des Schußkanal eindeutig beweist, ich schlage vor Caruso daß sie dem leerstehenden Haus gegenüber einen Besuch abstatten, an einem der Fenster im Dachboden werden sie deutliche Hinweise finden, Spuren im Staub und dergleichen, Hinweise darauf daß sich dort jemand kürzlich aufgehalten hat.
Caruso: Also gut Prof.
vanDusen: Aber doch nicht jetzt, Caruso warten sie gefälligst bis ich meine Vorlesung beendet habe, setzen.
Caruso: Wie sie wollen Prof, setzen.
vanDusen: Gestern abend kurz vor 12 Uhr begab sich der Mörder bewaffnet mit Pfeil und Bogen in das erwähnte Haus, durch den hinteren Eingang welcher durch einen schmalen Weg von der zur Elmstreet parallel laufenden Christopherstreet zugänglich ist, Lyneker wußte, daß King sich um Mitternacht im Telefonkabinett aufhalten würde.
Hatch: Lyneker.
vanDusen: Leo Lyneker der Mörder.
Lyneker: Unfug ich bin im Besitz eines Alibi, so nennt man das doch in Krimi kreisen.
Caruso: Er hat recht Prof, ich kanns bestätigen.
Lyneker: Na bitte.
Caruso: Heute nacht habe ich am Telefon.
vanDusen: Wen haben sie gehört Caruso, Lyneker.
Caruso: Ja.
vanDusen: Nein, sie hörten Mrs King.
Aber.
Caruso: Sie hat doch mit Lyneker gesprochen während.
vanDusen: Sie sprach nicht mit Lyneker, sie sprach zu ihm, zu einem abwesenden, und versuchte so ihm eine Alibi verschaffen.
Caruso: Ja wenn sie das sagen Prof.
vanDusen: Leo Lyneker hat Lawrence King ermordet, als Vertrauter des Opfers war er Mitwisser, womöglich gar Initiator der publicity action, er betreibt den Sport des Bogenschießens.
Lyneker: Woher wollen sie denn das wissen Prof.
vanDusen: Ihre Hand hat es verraten, Lyneker, präziser die typische Schwielen am Daumen und am unteren Glied des Zeigefinger, sie besitzen ein Automobil welches sie in kurzer zeit von Mrs King Wohnung in der 5 avenue zur christopher street und nach dem Mord wieder zu Mrs King zurück brachte.
Mrs King: Aber ich hab doch.
vanDusen: Mrs King ist Lynekers Komplizin, beide waren dran interessiert Lawrence King zu beseitigen aus beruflich gründen und wohl auch aus anderen privaten.
Hatch: Da war mal was, Prof vor einem halben Jahr in den Klatschspalten, in welcher Belcanto-Ehe würde Kritiker gern den dritten im Bunde spielen, so etwa war das.
vanDusen: Senta King, Leo Lyneker, sie beide waren in Kings Aktion eingeweiht und haben beschlossen, sie ohne sein wissen zu einem Kapitalverbrechen umzufunktionieren, sie sind überführt.
Caruso: Und sie werden gestehen, Donovan, Paretzky, Obrien abführen die beiden, aber eins hab ich noch nicht verstanden Prof die Sache mit dem oxi.
vanDusen: Oxidationsprozeß Caruso.
Caruso: Ja so hieß das.
vanDusen: Passen sie auf, der Oxidationprozeß welcher wie die leichte Verfärbung erkennen ließ an beiden Bruchstellen bereits eingesetzt hatte verriet mir, daß der Bruch nicht wie es den Anschein hatte vor Stunden erfolgte sondern vor etwa 10 Tagen, vermutlich hatte Lyneker am Mittwoch 15. Mai das schwarze Museum aufgesucht, das Messer entwendet und bevor er es an King weitergab die spitze abgebrochen, um sie als Mordwerkzeug zu benutzen.
Caruso: Ach so.
Hatch: Auf der Heimfahrt wirkte van Dusen etwas mitgenommen, kein Wunder er ist nicht mehr der jüngste und das dauernde lösen kriminologischer Probleme das schlaucht ungemein, aber am Fall King hatte ihn was ganz spezielles irritiert.
vanDusen: Ich meine die den Fall bestimmende theatralische, genauer musik-theatralische Atmosphäre… die Aura des Irrealen, Irrationalen, des so tun als ob, des eher Schein als Sein, wenn sie verstehen was ich meine.
Hatch: Ja…
vanDusen: Äußerlichkeiten, Kulissen, Inszenierungen, Reklame, Publicity, große Opern, kleine Partien, nicht das rechte Milieu für Prof van Dusen, von derartigen Fällen werde ich mich in Zukunft strikt fernzuhalten wissen.
Hatch: Bekanntlich kommt es manchmal anders, als man denkt, ein knappes Jahr später legte sich der Professor mit dem Phantom der Oper an, und das sollte einer seiner größten Triumphe werden doch davon meine Damen und Herren erzähle ich ihnen vielleicht ein andermal.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Detective-Sergeant Caruso: Heinz Giese
Lawrence King, Helden-Bariton: Otto Mellies
Senta King, Sopran, seine Frau: Susanna Bonaséwicz
Dr. Clennam, Polizei-Arzt: Wolfgang Condrus
Mrs. Caplan, Kings Garderobiere: Ruth Pipho
Leo Lyneker, Opern-Kritiker: Peter Matic
Leporello, Kings Diener: Hans Teuscher
Wachtmeister Donovan: Klaus Jepsen
Michael Koser: Prof. van Dusen Augustus im Wunderland (RIAS 1992)
Horrocks: Wer sind Sie?
vanDusen: Ich, ich bin Prof. Dr.Dr.Dr. Augustus van Dusen…
Jellypot: Gebrülstig wars, die schloimen Düxe sich in dem Burden gröll verschlotzten, gar mieslich frümpelten die Flüxe und die Mohm-Ralben krotzten.
vanDusen: Wie bitte.
Jellypot: Und die Mohm-Ralben krotzten.
vanDusen: Aha, sie pflegen sich mit Psychopathologie abzugeben, Kollege Jellypot.
Jellypot: Wie kommen Sie darauf, Kollege van Dusen.
vanDusen: Weil Sie uns mit den Ejakulationen eines offensichtlich wahnwitzigen traktieren.
Jellypot: Aber werter Kollege, wo denken Sie hin, was ich zum Vortrag brachte, ist ein Kunstwerk, ein Poem.
Hatch: Jabberwocky von Lewis Carroll.
Jellypot: Ah Sie kennen Jabberwocky Mr.
Hatch: Hatch Hutchinson Hatch Begleiter Assistent und Chronist von Prof.van Dusen.
Jellypot: Nun Mr. Hatch da Sie Jabberwocky kennen ist ihnen zweifellos auch bewußt daß es mit dem Datum des heutigen Tages eine ganz besondere Bewandnis hat.
Hatch: 4 Juli 1903, klar unser Nationalfeiertag, Unabhängigkeitserklärung, George Washington, Konfetti, Pappnasen, Feuerwerk, allgemeines Besäufnis.
Jellypot: Ihr transatlantischer Patriotismus in ehren, doch ich meine etwas anderes, der 4. Juli ist ein historischer Meilenstein in der Entwicklung von Fantasie und Kreativität, denn am 4. Juli 1862 vor 41 Jahren wurde sie zum ersten Male erzählt, die unsterbliche Geschichte von Alice im Wunderland, erzählt von ihrem Schöpfer Charles Ludwig Dowson, der sich als Autor Lewis Carroll nannte und zwar hier, meine Herren, an diesem Ort, sie wissen doch, ein goldener Sommernachmittag, geruhsam treibt das Boot.
Hatch: Jetzt war es Vormittag, aber sonst stimmte alles, der Sommer, das Boot und auch der Fluß war derselbe, nämlich die Themse, nur daß sie hier in der Gegend von Oxford nicht Themse hieß sondern Isis, am Vorabend hatte Prof van Dusen vor auserwählten Lehrkörpern der Universität einen Vortrag gehalten über die atomare Strukturtheorie der Elemente und ihre Bedeutung für den Fortschritt der Wissenschaft, oder so ähnlich, unser Gastgeber Dekan Jellypot war davon offenbar so angetan gewesen, daß er uns für den nächsten Vormittag zu einer traditionellen oxforder Bootsparty eingeladen hatte, Sektfrühstück am Ufer inklusive, wir landeten an einem stillen Seitenarm, Diener arrangierten Decken, Kissen und Klappstühle, richten den Imbiß her, öffneten Champagnerflaschen.
Jellypot: Du hast gefällt den jaberwok, umarme mich, mein Sohn und Held, o quarlich tag, heisa halop so strohlt er stolzgeschwelt.
Hatch: Bravo Dekan, schönes Plätzchen genau richtig für ein Picknick, da hinten der graue Turm über den Bäumen.
Jellypot: Schloß Twickenham, Mr Hatch, seit Jahrhunderten im Besitz der Familie, ein hochinteressantes Stück normannischer Architektur.
Diener: Wenn sie gestatten Sir, es ist angerichtet.
Jellypot: Sehr schön Blackstock, so lassen sie uns denn der improvisierten Tafel zusprechen meine Herren.
vanDusen: Dodgson Dodgson, vor Jahren ein mittelmäßiger Mathematiker zu Oxford wenn ich nicht irre.
Jellypot: Und ein begnadeter Schriftsteller, Kollege van Dusen.
vanDusen: Doch wohl eher ein müßiger Produzent kindlichen Unsinn, Kollege Jellypot, eine Aktivität welche mit dem profunden Streben des seriösen Wissenschaftlers schlichterdings nicht in Einklang zu bringen ist.
Jellypot: Meinen sie, werter Kollege, nun wie dem auch sei, ist an der Zeit, das Walroß sprach meine Herren, ich erhebe mein Glas auf den Geburtstag der vereinigten Staaten von Amerika.
Hatch: Hipp Hipp Hurra und auf den großen Lewis Carroll.
Jellypot: Ehre seinen Andenken.
Hatch: Komischer Nachgeschmack, ich weiß nicht, ich bin auf einmal so müde, die Augen, kann sie nicht mehr aufhalten.
vanDusen: Auch ich mein lieber Hatch vermag mich einer gewissen Somnolenz nicht zu erwehren.
Hatch: Der Champagner, Prof.
Jellypot: Nimm dich vor Jabberrok in acht.
Hatch: Da war was darin.
Jellypot: Es schnappt der Zahn.
vanDusen: Veronal.
Jellypot: Die Klaue kratzt.
vanDusen: Chloralhydrat.
Jellypot: Hüt dich vorm Jupjup in der Nacht und vor dem Wanderschnatz.
Hatch: Die Augen fielen mir zu, die Sinne schwanden, ich hatte das Gefühl zu fallen, zu stürzen, tiefer immer tiefer in die Erde durch die Erde, dann nichts mehr, ich kam zu mir, schlug die Augen auf, sah mich um, die Uferwiese an der Themse war verschwunden, ich lag auf einer kleinen Waldlichtung, verschwunden waren auch der Dekan, sein Diener, sein Picknick und sein einschläfernder Champagner, van Dusen war zum glück noch da, er lag neben mir im Tiefschlaf und säuselte durch die Nase, sonst kein Geräusch, doch schnelle Schritte aus der ferne, ein Stimme murmelte, da kam jemand, ich richtete mich auf.
Lord: Oje oje ich komm zu spät, o meine armen Pfoten, o mein Pelz, o meine Schnurhaare, zu spät, ich komm zu spät.
Hatch: Hallo sie da Augenblick mal, warten sie, es hörte nicht auf mich, es raste vorbei und war weg, es, ja sie haben richtig gehört, es, ein weißes Kaninchen fast so groß wie ich, in Weste und karierter Jacke, eine mächtige Zwiebel von Uhr in der Hand, ich starrte ihm nach aber ehe ich überhaupt anfangen konnte mich zu wundern, räusperte sich wer oder was hinter mir, ich drehte mich um, auf einem riesengroßen Fliegenpilz saß eine riesengroße Raupe, raucht eine riesengroße Wasserpfeife und sah mich kritisch an.
Horrocks: Wer sind sie.
Hatch: Tja wer bin ich, heute früh war ich noch Hutchinson Hatch, alles klar, keine Probleme, aber inzwischen ist so viel passiert, wissen sie.
Horrocks: Ich weiß nicht, erklären sie sich.
Hatch: Das ist gar nicht so leicht.
vanDusen: Hatch was ist geschehen, wo befinden wir uns.
Hatch: Keine Ahnung Prof, gut geschlafen, wie fühlen sie sich.
vanDusen: Leidlich danke, nach dem Stand der Sonne haben wir mittag.
Hatch: 3 nach 12 sagt meine Uhr.
vanDusen: Das heißt ich befand mich für ca 2 Stunden im zustand der Bewußtlosigkeit, mein gott was ist das.
Horrocks: Wer sind sie.
vanDusen: Ich bin Prof DrDrDr Augustus van Dusen.
Hatch: Die Denkmaschine, Wissenschaftler und Amateurkriminologe von Weltruf, und jetzt ist es wohl an der zeit, daß sie sich vorstellen.
Horrocks: Warum.
vanDusen: Mein lieber Hatch.
Hatch: Prof.
vanDusen: Sehen sie dasselbe was ich sehe, eine Raupe, etwa 1m70 groß.
Horrocks: 1,72.
vanDusen: Eine Raupe welche spricht und Wasserpfeife raucht.
Hatch: Und wenn man genauer hinsieht große Ähnlichkeit mit einem älteren Herrn in einem Raupenkostüm hat.
vanDusen: Finden sie, mein lieber Hatch, was geschieht mit mir, halten sie es für möglich daß ich der das Genie stets bedrohenden Gefahr erlegen bin und ohne es wahrzunehmen die Schwelle zum zum Wahnsinn überschritten habe.
Hatch: Nicht doch, Prof, machen sie sich keine Sorgen, mir gehts genau wie ihnen, und daß ich kein Genie bin, das wissen sie.
vanDusen: Niemand besser als ich, wenn nicht Wahnsinn was dann, ein Traum.
Hatch: In diesem Fall erhebt sich die Frage, bin ich in ihrem oder sind sie in meinem Traum.
vanDusen: Ich bitte sie, ein Prof van Dusen hat es wohl kaum nötig die Träume anderer zu frequentieren.
Hatch: Ist ja gut Prof und total unnötig, ich weiß jetzt was hier los ist, wir sind nicht in einem Traum, wir sind in einem Buch.
vanDusen: In der Tat, mein lieber Hatch.
Hatch: Bei mir war der Groschen gefallen, endlich, wir waren im Wunderland, im Wunderland von Alice, in Lewis Carrolls Wunderland am 4. Juli am Lewis Carroll Tag, wieso warum weswegen das wußte ich natürlich nicht, aber ich machte mir deshalb auch keine Sorgen, die Sache war nicht ernst und schon gar nicht gefährlich, vermutlich eine Art Spiel.
vanDusen: Und was sollen wir tun mein lieber Hatch.
Hatch: Mitspielen Prof.
vanDusen: Ich denke nicht dran.
Hatch: Seien sie kein Spielverderber, Prof machen sie mit, und wenn das Spiel zu Ende ist, wird sich alles in wohlgefallen auflösen und dann verehrter Meister Mr Raupe werden wir auch erfahren wer sie sind.
Horrocks: Durchaus denkbar.
Hatch: Ganz netten Pilz haben sie hier.
Horrocks: Finger weg, machen sie nichts kaputt.
Hatch: Eine Holzkonstruktion mit Stoff bespannt, kommen sie Prof.
vanDusen: Wohin mein lieber Hatch.
Hatch: Sehen sie, das kommt davon, wenn man das Buch Alice im Wunderland nicht kennt, hätten sie sich ein bißchen mehr mit wie haben sie gesagt kindischen Unsinn abgegeben, dann wären sie jetzt nicht drauf angewiesen daß ich sie führe, na seien sie froh daß sie mich haben, Prof, kommen sie hier gehts lang.
vanDusen: Wie sie meinen mein lieber Hatch.
Hatch: Ich war der Chef, ich sagte wos langging und van Dusen war zahm und parierte aufs Wort, verkehrte Welt, wenn sie wissen, wie der Prof sonst mit mir umgeht, dann können sie sich vorstellen, wie mir zumute war, wunderbar, ganz wunderbar, und so ging ich denn wie auf rosa Wolken voran durchs Wunderland und hielt Ausschau nach dem Haus der Herzogin, aber das hatten sie in dieser Wunderlandausgabe anscheinend eingespart, jedenfalls ging es gleich weiter mit der Chesshirekatze, sie hockte an einem Baum am Wegesrand und grinste über ihr ganzes rundes Mondgesicht.
vanDusen: Die Gesichtszüge dieser Kreatur erfreuen sich sofern dies der korrekte Ausdruck ist einer geradezu erstaunlichen Übereinstimmung mit denen meines werten Kollegen Dekan Jellypot.
Hatch: Ganz ihrer Meinung Prof, wenn man den Dekan in ein Katzenkostüm steckt, ihm Schnurrhaare verpaßt und ihn auf einen Ast setzt, moment wie war denn das noch, aja, verehrteste Chesshirekatze, können sie uns sagen welchen Weg wir einschlagen sollen.
vanDusen: Aber Hatch es gibt doch nur diesen einen Weg.
Jellypot: Das hängt davon ab, wohin sie gehen wollen, auf einen Seite wohnt ein Hutmacher und auf der anderen Seite wohnt ein Märzhase, ob sie den einen oder den anderen besuchen, sie sind beide verrückt, wir sind alle verrückt hier, ich bin verrückt, sie sind verrückt, sie auch Kollege van Dusen.
vanDusen: Ich verbitte mir ihre Verbalinjurien Kollege Jellypot, steigen sie herunter von ihrem Ast und erklären sie mir gefälligst.
Hatch: Immer mit der Ruhe Prof, nicht so verbiestert, mitspielen heißt die Parole, wie kommen sie darauf, daß wir verrückt sind.
Jellypot: Sie müssen verrückt sein, sonst wären sie nicht hier.
Hatch: Ok das reicht, denke ich, weiter Prof, nächste Station sollte die verrückte Teegesellschaft sein beim Märzhasen, wird auch Zeit nach dem abgebrochenen Picknick und dem ausgefallenen Lunch daß wir was in den Magen kriegen, bleiben sie nur dicht bei mir.
vanDusen: Sie sind der Führer, mein lieber Hatch.
Hatch: Unterwegs begegneten wir zum zweiten mal dem weißen Kaninchen, es wetzte wieder vorbei ohne uns zu beachten, und dann waren wir auch schon am Haus des Märzhasen, auf der Wiese davor stand ein langer Tisch mit vielen Gedecken, Teetassen, Tellern, Teekannen, an einem Ende saßen drei Personen dicht beieinander, der Hutmacher, ein älterer Mann mit Hakennase und Schnauzbart unter seinem hohen Zylinder, der Märzhase mit langen Ohren in einem lila Samt- anzug und zwischen den beiden die Haselmaus in einem altmodischen schwarzen Seidenkleid und einer braunen Kappe mit spitzen Mauseohren, viel sah man nicht von ihr, sie hatte die Arme auf dem Tisch und den Kopf auf den Armen, sie schlief dachte ich, alles so wie sein sollte.
Roselli: Kein Platz.
Tiptoe: Alles besetzt.
Hatch: Ach was, Platz genug, setzen sie sich Prof.
vanDusen: Wenn sie das für richtig halten mein lieber Hatch.
Roselli: Nehmen sie einen Schluck Champagner meine Herren.
Hatch: Ich kann mich beherrschen, außerdem ich sehe hier keinen.
Tiptoe: Ist ja auch keiner da, bloß Tee.
Hatch: Gestatten daß wir uns bedienen, naja kein Whisky aber besser als gar nichts.
Tiptoe: Können sie mir vielleicht sagen, welchen Tag wir heute haben.
Hatch: Den 4.
Tiptoe: Ah, ich muß meine Uhr stellen, die geht 2 Tage nach, ich hab ihnen gesagt Butter ist nicht gut fürs Werk.
Roselli: Es war beste Butter.
Tiptoe: Ja aber es müssen auch ein paar Krumen reingeraten sein, sie hätten die Butter nicht mit dem Brotmesser in die Uhr tun sollen.
Hatch: Um die Sache ein bißchen abzukürzen schlage ich vor daß sie jetzt die Haselmaus wecken damit sie uns die Geschichte von den drei Schwestern im Sirupbrunnen erzählt.
Tiptoe: Einverstanden, wachen sie auf, Haselmaus.
Roselli: Los los Haselmaus aufwachen.
Tiptoe: Sie rührt sich nicht, Märzhase.
Roselli: Geben sie ihr einen Stoß Hutmacher, stups.
Hatch: Die Haselmaus fiel um mit ihrem Stuhl, blieb liegen und rührte sich nicht, das stand nicht im Buch, ich starrte, der Hutmacher starrte, der Märzhase starrte, van Dusen starrte auch aber nicht verdutzt oder erschrocken wie wir übrigen sondern interessiert, angeregt, fast erfreut, er beugte sich über die reglose Haselmaus.
vanDusen: Die Frau ist tot, gestorben von einer halben Stunde.
Hatch: Zehn nach 1 weniger 30 Minuten, zwanzig vor 1 Prof.
vanDusen: Ganz recht, mein lieber Hatch 12 Uhr 40, kommen sie her Hatch.
Hatch: Gewiß doch.
vanDusen: Bücken sie sich tiefer, tiefer, so was riechen sie.
Hatch: Bittere Mandeln.
vanDusen: Sehr richtig und das heißt.
Hatch: Zyankali.
vanDusen: Sehr gut, auf welche weise hat die Frau das todbringende Gift zu sich genommen, aha bringen sie ihre Nase in Kontakt mit dieser Teetasse.
Hatch: Zyankali und noch was.
vanDusen: Jene hellbraune Flüssigkeit von der sich noch ein Rest am Boden der Tasse befindet.
Hatch: Sieht aus wie Tee, Sherry, eindeutig Sherry medium dry.
vanDusen: Sehr schön, die Teetasse der toten enthielt mit Zyankali versetzten Sherry, ein Fall, womöglich ein Mord, ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet.
Hatch: Prof van Dusen vor wenigen Minuten noch gedrückt und ziemlich durcheinander hatte sich bekrabbelt, ein bißchen Zyankali, eine Leiche und schon war er wieder der alte, während er die Tote untersuchte, mußte ich ihr die Kappe mit den Mauseohren abnehmen, und die dicke braune Schminke aus dem Gesicht wischen, zum Vorschein kam eine Frau etwa mitte 30 gepflegt, gutaussehend, und da wurden Märzhase und Hutmacher, die uns bisher stumm und wie gelähmt zugeschaut hatten plötzlich munter.
Roselli: Das das das ist noch nicht Mrs Marschmellow.
Tiptoe: Das ist Lady Twickenham.
Roselli: Aber das ist doch gar nicht möglich, Lady Twickenham ist nicht die Haselmaus.
Tiptoe: Die Haselmaus spielt Mrs Marshmellow.
Roselli: Und wieso.
vanDusen: Bitte meine Herren, sie werden später hinreihend Gelegenheit zu ausführlichen Erklärungen erhalten, sehen sie her, dies Blatt Papier habe ich im ausschnitt der toten entdeckt, übrigens von ihrer Kleidung abgesehen das einzige was sie bei sich trug, ein bedeutsamer Hinweis.
Hatch: Das Papier.
vanDusen: Gewiß auch das, doch von erheblich größerer Bedeutung ist das was ich nicht bei der Leiche fand, lesen sie.
Hatch: Aye aye Sir, Vorleser von Dienst Hutchinson Hatch waltet seines Amtes, es war stets mein brennender Wunsch einmal, ein einziges mal im Wunderland mitzuwirken, doch man erwies sich allen meinen Bitten gegenüber als unzugänglich, mein Verlangen wurde übermächtig, ich tötete Mrs Marshmellow, um ihren platz und ihre rolle im Wunderland einzunehmen, mein gott was habe ich getan als Mörderin kann und will ich nicht weiterleben, Unterschrift soweit zu entziffern, Gertrud Twickenham, ja Selbstmord also.
vanDusen: Meinen sie.
Hatch: Was denn sonst, sie hat sich selbst vergiftet diese Gertrud Twickenham klarer Fall.
Roselli: Seine Lordschaft, Tiptoe, da kommt seine Lordschaft.
Hatch: Lordschaft, meinen sie das weiße Kaninchen.
Tiptoe: Das weiße Kaninchen ist Lord Twickenham.
Hatch: Ach was.
Roselli: Wir müssen es ihm sagen Tipoe, das mit seiner Frau.
Tiptoe: Ja Rosselli das müssen wir wohl, Milord, Lord Twickenham hallo.
Lord: Was soll das, Tiptoe, sie fallen aus der Rolle.
Roselli: Es muß sein, Milord, kommen sie, es ist was passiert.
Tiptoe: Was furchtbares Milord.
Hatch: Lord Twickenham kam sah und wurde informiert und war konsterniert, verständlich, aber mit Tee und guten Worten kriegten wir ihn soweit hin, daß er van Dusen eine Frage beantworten konnte.
Lord: Ja Prof das ist die Handschrift meiner Frau, kein Zweifel, sie hat den Brief geschrieben.
vanDusen: Danke Milord, und nun meine Herren ist es wohl an der Zeit, daß sie mir Aufklärung zuteil werden lassen.
Hatch: Und mir bitte auch.
vanDusen: Was geht hier vor, was wird gespielt, ich höre.
Tiptoe: Also wenn ich sie gestatten Milord werde ich das übernehmen, sie sind wohl kaum in der Lage, verehrte anwesende ich beginne.
vanDusen: Am besten damit daß sie sich vorstellen.
Tiptoe: Ja gewiß Tiptoe, Oberst Tiptoe, Chiefconstable dieses Bezirks und mein Partner der Märzhase ist Mr Rafael Roselli.
Hatch: Der Dichter.
Roselli: Der weltberühmte Poet Mr Hatch.
vanDusen: Was sie nicht sagen und was veranlaßt einen Polizeichef, einen namhaften Lyriker, und ein Mitglied des Hochadels sich in kurioser Maskerade ausgefallenen Spielen hinzugeben.
Tiptoe: Das will ich ihnen ja gerade erklären Prof und dazu muß ich wenig ausholen, meine Herren, als anno domini 1898 vor 5 Jahren Lewis Carroll alias Prof Dodgson diese Welt verließ, da fand sich eine kleine erlesene Schar von Verehrern und Bewunderern des dahingeschiedenen zusammen und beschloß dem Andenken jenes ungewöhnlichen Menschen und Autors auf eine Weise ehre zu zollen die ihm angemessen, die seiner würdig sei.
Hatch: Hört hört.
Tiptoe: Am 4 Juli jeden Jahres sollte so der feierliche Beschluß, Carols bedeutendste Schöpfung, das Wunderland mitsamt seinen Bewohnern den Bereich der Fiktion verlassen und für kurze Zeit Gestalt in der Realität annehmen, zu diesem zwecke stellte unser Mitglied der ehrenwerte Lord Twickenham großzügierweise ein Grundstück zu verfügung, das Grundstück auf welchem wir uns befinden.
Lord: Früher mal ein Fanasengehege wissen sie Prof.
Tiptoe: Es ist von einer hohen Mauer umgeben, und diese wie auch das einzige Tor wird von den Dienern seiner Lordschaft auf strengste bewacht.
Lord: Wir wollen nämlich nicht gestört werden.
Tiptoe: Und legen großen Wert darauf unter uns zu bleiben.
Hatch: Das konnte ich mir denken, jedes Mitglied des exklusiven Kreises spielte am 4. Juli eine Figur aus Alice im Wunderland, Hutmacher, Märzhase weißes Kaninchen usw die qualmende Raupe hieß Dr. Horrox weiland Leibarzt ihrer Majestät Königin Viktoria gott hab sie selig und die Chesshirekatze war tatsächlich Dekan Jellypot.
vanDusen: Ein Wissenschaftler von seinem Ruf auf einem Baum, angetan mit Katzenohren und einem geringelten Katzenschwanz, es ist unfaßbar.
Tiptoe: Der Bischof von Snodbury spielt die Herzkönigin und wie ich seine ehrwürden kenne wird er es sehr bedauern, daß er dieses mal nicht zum Einsatz kommt.
Roselli: Er kann zwar nicht herumlaufen weil er ein steifes Bein hat, aber das macht er wett durch Lautstärke und eine unglaublich blutdürstige Mimik.
Hatch: Runter mit den Köpfen.
Tiptoe: Ganz recht und dann wäre da noch Mrs Marshmellow.
vanDusen: Richtig Mrs Marshmellow und wer ist Mrs Marshmellow.
Tiptoe: Mrs Marshmellow ist ein Sonderfall, das einzige weibliche Mitglied unser Runde, an sich sind wir ein reiner Herrenclub, Damen sind bei uns nicht willkommen grundsätzlich nicht.
Hatch: Find ich altmodisch und langweilig, sie sind ein bißchen hinter dem Mond alter Freund.
Tiptoe: Sie als Amerikaner und Journalist haben wohl kaum das rechte Gespür für historische Werte und Traditionen, Mr Hatch, nicht einmal Lady Twickenham haben wir in unseren Kreis aufgenommen obwohl sie in ihrer Kindheit mit Lewis Carroll gut bekannt war.
Lord: Immer wieder hat sie uns bekniet, aber daß sie so versessen drauf war, das haben wir nicht gewußt.
vanDusen: Und warum haben sie bei Mrs Marshmellow eine Ausnahme gemacht.
Tiptoe: Wie gesagt Prof ein Sonderfall, Mrs Marshmellow hat Carroll jahrelang die Wirtschaft geführt, in Eastbourne, wo der Meister sich nach seiner Emeritierung vorzugsweise aufgehalten hat, er hat sie sehr geschätzt so sehr daß er sie zu seiner alleinigen Testamentvollstreckerin einsetzte.
Hatch: Und sie ist also die Haselmaus in ihrem Wunderland.
Tiptoe: So ist es aber dieses mal.
vanDusen: Dazu später Oberst, vorher wünsche ich Antwort auf eine frage, welche mich bereits seit geraumer zeit beschäftigt, was haben meine Person und die meines Freundes Mr Hatch mit ihren kindischen Komödie zu schaffen.
Roselli: Sie sind unsere Ehrengäste Prof.
Hatch: Sieh mal an, ohne daß wir was davon wissen.
Tiptoe: Ja aber das ist es doch gerade Mr Hatch, sehen sie.
Hatch: Jedes Jahr sagte Oberst Tiptoe, guckte der Lewis Carroll Club sich einen prominenten Ehrengast aus, der wurde dann ohne daß er ahnte wie ihm geschah am 4 Juli im Wunderland ausgesetzt, in der Rolle von Alice sozusagen, wenn der Gast sich gut aus der Affäre gezogen hatte, trug man ihm nach der Demaskierung beim großen Festbankett auf Schloß Twickenham die Ehrenmitgliedschaft im exklusiven Kreis der Carroll Fans an.
Tiptoe: Ja und in diesem Jahr Prof sind sie unser Ehrengast, mit Mr Hatch natürlich bekanntlich bilden sie beide ein unzertrennliches Duo, der Vorschlag kam übrigens von Jellypot, und Jellypot hat es auch übernommen für ihre wie soll ich sagen Überstellung ins Wunderland sorge zu tragen.
vanDusen: Ich verstehe, sobald der Fall abgeschlossen ist beabsichtige ich mit dem werten Kollegen Jellypot einige ernsthafte Worte zu wechseln, bleiben wir beim Geschehen des heutigen Tages, wann haben sie und genossen dieses Gelände betreten.
Tiptoe: Das Wunderland, halb 12 wie immer, wir sind zusammengekommen zu fuß, von Schloß Twickenham.
Lord: Nur ein paar hundert Meter, Prof.
Tiptoe: Wir haben uns schon gestern abend auf dem Schloß getroffen wie immer und die meisten von uns haben da übernachtet.
vanDusen: Auch Mrs Marshmellow.
Lord: Ja Prof.
vanDusen: Als sie alle sich um 11 Uhr 30 an diesem Ort begaben, da waren sie wie ich vermute bereits kostümiert.
Tiptoe: Natürlich wie immer.
Roselli: Darum ist uns ja an der Haselmaus nichts aufgefallen, daß sie nicht Mrs Marshmellow war sondern Lady Twickenham meine ich oder haben sie was gemerkt Tiptoe.
Tiptoe: Nicht das geringste, Roselli.
vanDusen: Sie nahmen dann ihre Plätze ein.
Tiptoe: Ja wir drei, Mrs Mars äh ich meine die Haselmaus, Roselli und ich sind gleich hierhergekommen.
vanDusen: Wann war das.
Tiptoe: Viertel vor 12 ungefähr und dann haben wir gewartet.
Hatch: Auf uns.
Tiptoe: Natürlich.
vanDusen: Wie hat sich die Haselmaus in dieser zeit verhalten.
Tiptoe: Wie immer, Prof sie hat kein Wort gesagt und vor sich hin gedöst.
vanDusen: So und bis zum erscheinen von mir und Hatch saßen sie zu dritt an diesem Tisch zusammen.
Tiptoe: So ist es Prof.
vanDusen: Die ganze Zeit, jede Sekunde.
Roselli: Moment, einmal haben wir uns kurz verabsentiert, Tiptoe und ich, ins Haus.
vanDusen: Ah wann war das.
Tiptoe: Muß so kurz nach halb 1 gewesen sein.
vanDusen: Aha, aus welchem Grund haben sie sich entfernt meine Herren.
Tiptoe: Ja wissen sie Prof bevor es losging wollten wir uns noch schnell einen Schluck genehmigen, einen richtigen.
Roselli: Tee müssen wir später genug trinken.
vanDusen: Was genau haben sie zu sich genommen.
Tiptoe: Whisky natürlich.
Hatch: Natürlich.
Tiptoe: Aus meiner Taschenflasche.
vanDusen: Sehr interessant, aus ihrer Taschenflasche, Milord Twickenham, Mr Roselli, gehen sie, informieren sie ihre Mitakteure, bringen sie sie hierher, die Komödie ist zu ende.
Tiptoe: Leider Prof für dieses Jahr.
vanDusen: Sie bleiben Oberst Tiptoe.
Hatch: Ich blieb auch, sie wissen ja ein unzertrennliches Duo, und als Lord und Dichter verschwunden waren, stellte van Dusen an Tiptoe ein etwas ungewöhnliches Ansinnen.
Tiptoe: Meine Taschenflasche, wenn sie meinen Prof bitte.
vanDusen: Mein lieber Hatch, prüfen sie den Inhalt.
Hatch: Mit Vergnügen.
vanDusen: Nicht trinken, riechen.
Hatch: Okay, allerfeinster schottischer Maltwhisky.
Tiptoe: Das will ich meinen Mr Hatch.
vanDusen: Kein Sherry.
Hatch: Niemals Prof.
vanDusen: Ist Mr. Roselli ebenfalls im Besitz einer solchen Taschenflasche Oberst.
Tiptoe: Wissen sie, Prof wir haben alles was zur Stärkung bei uns, wenn wir Wunderland spielen, bloß Roselli nicht, der ist ein typischer Mittrinker.
vanDusen: Und wie ich mich überzeugen konnte enthalten die Gefäße auf dem Tisch lediglich Tee, damit steht es fest, Lady Twickenham wurde ermordet.
Tiptoe: Ja aber der Brief.
vanDusen: Richtig der Brief, falls sein Inhalt zutrifft haben wir es mit 2 Morden zu tun.
Tiptoe: Mrs Marshmellow, meinen sie Prof ob sie wirklich tot ist.
vanDusen: Dies werden wir auf Schloß Twickenham zu verifizieren haben.
Hatch: Und das taten wir auch, allerdings nicht sofort, wir mußten erst auf die andern warten, auf Dr Horrox die Raupe, auf die Chessarketze Dekan Jellypot, den der Prof keines Blickes würdigte, und auf lord twickenham nebst roselli, die den hochwürdigen aber steifbeinigen Bischof von Snodbury auf einem Karren vor sich herschoben, als Herzkönigin trug Eminenz eine voluminöse rotschwarzgemusterte Robe, fuchtelte mit einem herzförmigen Fächer herum und schrie ab und zu um nicht aus der Übung zu kommen kopf ab, gemeinsam machten wir uns auf den kurzen Weg nach Schloß Twickenham, unterwegs stellte ich fest daß das Wunderland sprich lord twickenhams Fasanengehege tatsächlich ein höchst privates Gelände darstellte, die Mauer ringsum war 5 m hoch und trug eine Krone aus Stacheldraht, in engen abständen waren wachen postiert, was das hieß wußte auch ein bescheidener kriminologischer Assistent, Lady Twickenhams Mörder konnte nicht von außen gekommen sein, auf Schloß Twickenham zogen sich Jellypot, Roselli, Dr Horrox und der Bischof zurück, das abgebrochene Wunderlandtheater hatte offenbar an ihren nerven gezerrt, der Prof gönnte sich keine Ruhe, er ließ sich sofort von Lord Twickenham in Mrs Marshmellows Zimmer führen, ich mußte natürlich mit und Oberst Tiptoe als verantwortlicher polizeimensch auch, seine Lordschaft öffnete die Tür, wir traten ein und van Dusen steuerte gleich auf den Kamin zu.
vanDusen: Asche, noch warm, vor nicht allzulanger Zeit brannte in diesem Kamin ein Feuer.
Tiptoe: Im Juli.
vanDusen: ganz offensichtlich sollte etwas verbrannt werden aber was Papier Karton ah scheint sich um die Reste photografischer Aufnahmen gehandelt zu haben.
Hach: Fotos, sie meinen jemand hat im Kamin Fotos verbrannt Prof.
vanDusen: Abzüge von fotografischen Platten, ganz recht, mein lieber Hatch, was darauf dargestellt war, läßt sich leider nicht mehr feststellen, wir sind was dies betrifft auf Konjekturen angewiesen, Fotografien, Fotografien, interessant, sehr interessant, nanu was haben wir hier denn.
Hatch: Ein kleiner Koffer würde ich sagen offen.
Lord: Mrs Marshmellows Schmuckschatulle.
vanDusen: Mhm, Gold, Perlen, Brillanten, echte Steine, kein Imitationen, ein beachtlicher Besitz für eine Wirtschafterin.
Lord: Oh Mrs Marshmellow ist eine recht wohlhabende Person, sie besitzt mehrere Hotel in Eastbourne.
Tiptoe: In den letzten Jahren gekauft Prof.
vanDusen: Soso sehr aufschlußreich sehr aufschlußreich.
Lord: Sagen sie mal Prof.
vanDusen: Ja bitte.
Lord: Eigentlich wollten wir doch nachsehen was aus Mrs Marsmellow geworden ist, ob sie noch lebt oder, ich seh sie nicht.
Tiptoe: Ich auch nicht Milord.
vanDusen: Wir werden sie suchen, meine Herren, Hatch.
Hatch: Prof.
vanDusen: Sehen sie unter dem Bett nach.
Hatch: Ach immer ich.
Tiptoe: Sie suchten mit flicken, sie suchten mit Fleiß.
Hatch: Lewis Carroll die Jagd nach dem schnarch.
vanDusen: Mein lieber Hatch widmen sie sich ihre Aufgabe, was sehen sie.
Hatch: Nichts, jedenfalls keine Leiche, nur Staub, sie sollten mal mit ihrem Butler reden Milord.
vanDusen: Der Wandschrank, mein lieber Hatch, öffnen sie ihn.
Hatch: Ja und da war sie, eine alte Frau im Unterrock, tot oder was haben sie erwartet, meine Damen und Herren ermordet, vergiftet.
vanDusen: Und diese Karaffe auf dem oberen Bord enthält, mein lieber Hatch, ihr Riechorgan ist gefragt.
Hatch: Sherry mit Zyankali.
vanDusen: Danke, mein lieber Hatch wie spät ist es.
Hatch: 5 vor 4 Prof.
vanDusen: Der Tod trat vor 17 Stunden ein das heißt.
Tiptoe: Gestern abend gegen elf.
vanDusen: Wo hielt sich ihre Frau um diese Zeit auf Milord.
Lord: Das kann ich ihnen nicht sagen, Prof wir sind ein modernes Ehepaar, wir haben getrennte Schlafzimmer.
vanDusen: Und heute vormittag.
Lord: Hab ich sie auch nicht gesehen, mein gott warum hat sie das getan, sie muß wahnsinnig worden sein.
vanDusen: Sieht ganz so aus, Milord, Tiptoe.
Tiptoe: Ja Prof.
vanDusen: Ein Wort im Vertrauen.
Hatch: Was van Dusen dem Oberst in der Ecke neben dem Kamin zu sagen hatte, konnte ich nicht hören, aber ich sah daß Tiptoe verdutzt wirkte, fast bestürzt, daß er offenbar Einwände machte, schließlich aber nickte, dann führte ein dienstbarer Geist uns den Prof und mich in ein freundliches Zimmer und versorgte uns mit Speis und Trank, leider kam ich kaum dazu dem gebotenen die gebührende Ehre zu erweisen, van Dusen fragte mir Löcher in den Bauch, stundenlang über Lewis Carroll, sein Leben, sein Werk, seine Vorlieben und Eigenheiten, nicht daß ihn das alles interessierte an sich meine ich, es ging ihm wie immer um den Fall und seine Lösung, pünktlich um 7 begann im großen Saal auf Schloß Twickenham das Bankett, auch durch 2 plötzliche Todesfälle ließen sich die Carrolljünger nicht von der traditionellen Feier zum Abschluß ihres Ehrentags abhalten, am Kopf der Tafel hatte der Präsident der Festivität seinen platz Dekan Jellypot, zu seiner rechten saßen die Ehrengäste Prof van Dusen, und meine Wenigkeit, zur linken saß der Gastgeber Lord Twickenham, dann folgten Oberst Tiptoe, der Bischof von Snodbury, Dr Horrox, und Roselli, zwischen Roselli und mir blieb ein Platz frei, davor auf dem Tisch lag die mit einer Schleife verzierte Kappe der Haselmaus, nach den Regeln ihres Clubs trugen alle noch ihre Wunderlandkostüme.
Jellypot: Meine Herren erlauben sie mir der Festlichkeit ein kurzes Wort des Gedenk-ens vorauszuschicken, wie sie wissen, hat die Haselmaus, unsere geschätzte Mrs Marshmellow uns für immer verlassen, wir werden ihr Gedächtnis in Ehren halten, gleichzeitig nehme ich die Gelegenheit wahr, unserem Mitglied, unserem freund unseren Gastgeber Lord Twickenham unser aller beileid zum jähen ableben seiner Gattin, und damit sei der Pietät genüge getan, meine Herren das Fest mag beginnen.
vanDusen: Einen Augenblick, Kollege Jellypot seit gestern abend sind am und im Schloß zwei Menschen auf gewaltsame Weise zu tode gekommen, sind sie denn überhaupt nicht interessiert daran aus welchem Grund durch wessen hand, auf welche weise.
Jellypot: Aber Kollege van Dusen, das alles ist doch längst bereinigt, Dr Horrox hat zwei amtliche Totenscheine ausgestellt.
Horrox: Jawohl, für Lady Twickenham und für Lady Marshmellow.
vanDusen: In der Tat und welche Todesursache haben sie angegeben, Doktor.
Horrox: Herzversagen.
vanDusen: Was.
Horrox: In beiden Fällen.
Hatch: Alles klar, Prof die wollen die Sache vertuschen, unter den Teppich kehren.
Jellypot: Kollege van Dusen Mr Hatch, Sie müssen das verstehen, auf gar keinen fall darf es zu einem öffentlichen Skandal kommen, Lord Twickenham wenn ich das hier erwähnen darf, hat berechtigte Aussichten demnächst zum Minister berufen zu werden, und auch wir übrigen bekleiden nicht ganz unwichtige Positionen im öffentlichen leben.
vanDusen: Ja aber ich hab den Fall gelöst.
Jellypot: Schön für sie, Kollege, das wäre also geklärt und damit meine Herren.
vanDusen: Und ich werde ihnen die Resultate meiner Untersuchungen vortragen.
Jellypot: Muß das denn jetzt sein Kollege van Dusen.
vanDusen: Ich bestehe darauf, widrigenfalls sehe ich mich veranlaßt Mr Hatch zu ersuchen über die erstaunlichen Vorgänge dieses 4. Juli 1903 einen Artikel für den dailynewyorker zu verfassen, und dieser Artikel dessen bin ich sicher wird trotz oder gerade wegen seiner sensationellen Aufmachung auch hier in Großbritannien für Furore sorgen.
Hatch: Das wirkte, nach kurzer Debatte durfte der Prof seine Aufklärungsarie vor-singen, wäre ja auch jammerschade gewesen wo er sich schon so draufgefreut hatte.
vanDusen: Meine Herren, die erste Frage welche es zu lösen gilt lautet, aus welchem Grund wurde Mrs Marshmellow vergiftet.
Lord: Aber das wissen wir doch, der Brief meiner Frau.
vanDusen: Ist eine Fälschung.
Jellypot: Was.
vanDusen: Rekapitulieren wir folgende Fakten, erstens Prof Dodgson alias Lewis Carroll huldigte einer ausgefallenen um nicht zu sagen anrüchigen Passion, er suchte die Bekanntschaft junger sehr junger Mädchen um sie zu fotografieren, mit vorliebe im gänzlich unbekleideten Zustand, zweitens diese Fotografien so bestimmte er in seinem Testament sollten nach seinem Tod vernichtet werden.
Jellypot: Muß denn das sein.
vanDusen: Drittens Mrs Marsmellow war Dodgsons Testamentsvollstreckerin, viertens seit einigen Jahren, Dodgson starb 1898 erfreut sich Marshmellow eines beträchtlichen Vermögens, fünftens in ihrem Zimmer wurden Fotografien verbrannt, sechstens Lady Twickenham geborene Gertrud Schaterway war als Kind gut bekannt mit Dodgson, Fazit meine Herren.
Tiptoe: Erpressung.
vanDusen: So ist es, Oberst, Mrs Marshmellow hat entgegen Dodgens Anweisungen seine Aktfotografien nicht beseitigt, sondern zurückbehalten, um die dargestellten zu erpressen.
Lord: Meine Frau.
vanDusen: Jawohl Milord, vermutlich drohte die Marshmellow Lady Twickenhams Fotografien, sofern sie nicht zahlte, in Umlauf zu bringen.
Lord: Deshalb hat sie ihr Zyankali gegeben.
vanDusen: Ohne Frage, wenden wir uns nun dem Mord an Lady Twickenham zu.
Lord: Sie meinen Selbstmord, Prof.
vanDusen: Ich sagte Mord Milord und ich meinte Mord.
Was.
vanDusen: Lady Twickenham trank mit Zyankali versetzten Sherry, aus ihrer Teetasse, woher stammte diese tödliche Mixtur, Lady Twickenham hatte sie nicht mitgebracht, an ihrer Person und in weiterem umkreis um ihre Person fand sich keinerlei Behälter, der Sherry enthielt oder enthalten hatte, von Zyankali ganz zu schweigen, jemand hatte ihr den giftigen Sherry eingegossen, aus einem Gefäß, daß dieser jemand dann wieder an sich genommen haben mußte, unbedachterweise, denn dadurch hat er sich als Mörder decuvriert, wer ist der Mörder, mit Sicherheit eine Person, welche sich zur Tatzeit 12 Uhr 40 im sog. Wunderland aufhielt, und das heißt da wir einen unbekannten Außenseiter ebenso ausschließen dürfen wie mich oder Mr Hatch, einer von ihnen, meine Herren, wer ist es, wer, sie Kollege Jellypot.
Jellypot: Erlauben sie Kollege van Dusen.
vanDusen: Regen sie nicht auf Kollege Jellypot, sie haben ein Alibi, um 12.40 führten sie ein von ihrer Seite übrigens äußerst törichtes Gespräch mit mir und Mr Hatch.
vanDusen: Dr Horrox.
Horrox: Was ich.
vanDusen: Auch sie stehen nicht unter Verdacht, ein Mann in ihren Jahren besitzt nicht mehr die Schnelligkeit die erforderlich gewesen wäre, mich und Mr Hatch auf unserem Weg zu überholen, der Bischof von Snodbury ist ohne fremde Hilfe gänzlich unbeweglich, Oberst Tiptoe.
Tiptoe: Ich.
vanDusen: Mr Roselli.
Roselli: Also.
vanDusen: Entlasten sich gegenseitig, wer bleibt.
Roselli: Lord Twickenham.
vanDusen: Das weiße Kaninchen, dessen Rolle wie Mr Hatch mich informierte, permanente Bewegung vorschreibt und das uns kurz nach der Tatzeit vom Tatort her entgegen kam, sie haben ihre Frau ermordet Milord und am Mord an Mrs Marshmellow waren sie gleichfalls beteiligt.
Roselli: Was, Mrs Marshmellow auch, woher wollen sie das wissen Prof.
vanDusen: Aus dem falschen Abschiedsbrief, den der Mörder Lady Twickenham unterschob, gehen zwei Tatsachen ganz klar hervor, der Mörder wußte daß Lady Twickenham nicht wie zu erwarten war, Mrs Marshmellow die Rolle der Haselmaus verkörperte und er wußte daß Mrs Marshmellow in der vorangegangen nacht ermordet worden war, dh er war an der Tat beteiligt, ich rekonstruiere.
Hatch: Und ich übernehme, damit es etwas schneller geht, also Mrs Marshmellow erpresst Lady, Lady informiert Gatten, beide wissen Erpresser kriegen den Hals nie voll, Beschluß Mrs Marshmellow wird umgebracht, in der Nacht vom 3. zum 4. Juli, wenn sie auf Schloß Twickenham ist mit Zyankali im Schlaftrunk, die Sache klappt, Mrs Marshmellow ist tot, Aktfotos werden verbrannt, dann sagt lord zu lady, du gehst morgen mit ins Wunderland als Mrs Marshmellow dh als Haselmaus, ich hole dich im richtigen Moment ab und bring dich zurück ins Schloß durch einen Geheimgang oder so, es soll aussehen als ob Mrs Marshmellow am 4. Juli im Wunderland spurlos verschwindet, für die polizei ein unlösbares Rätsel, die Leiche graben wir später heimlich ein, lady ist einverstanden, sie weiß nicht, daß lord ihr die hucke vollgelogen hat, in Wahrheit will er lady auch umbringen, warum weil sie ihm lästig ist, weil er Angst hat daß es noch mehr verfängliche Foto gibt, weil er denkt keine Frau mehr, kein Skandal, weil er so das Problem der toten Marshmellow am besten los wird.
vanDusen: Und als heute gegen 12 Uhr 40 wie jedem Jahr Tiptoe und Roselli die Haselmaus allein ließen um unter sich dem Alkohol zu frönen war Lord Twickenham sogleich zur stelle, bevor er sie zum natürlich nicht existenten geheimen Ausgang bringe, sagte er möge sie ihre Nerven beruhigen, er goß ihr Sherry ein, sie trank, sie starb, der Mörder schob ihr den präparierten Abschiedsbrief in den Ausschnitt und eilte auf schnellstem weg von dannen, wobei er mich und Mr Hatch passierte, er ahnte ja nicht, der unglückselige, daß es sich beim diesjährigen sog Ehrengast nicht nur um einen Wissenschaftler von hohem Grade handelte sondern auch um einen nicht völlig unbekannten Amateurkriminologen, sie hätten es ihm und ihren übrigen Genossen mitteilen sollen, Kollege Jellypot.
Jellypot: Mag sein, Kollege van Dusen, ich hielt es nicht für wichtig.
Lord: Sind sie fertig, Prof, sie haben viel geredet, aber nur wenig gesagt, haltlose Indizien, an den Haaren herbeigezogene Hypothesen, das ist alles was sie zu bieten haben, wo sind ihre Beweise, wenn sie welche haben legen sie sie vor hier und jetzt auf den Tisch.
vanDusen: Nicht ich, Milord sie werden ihn auf den Tisch legen, den einen, den endgültigen, den letzten Beweis ihrer Schuld, sie tragen ihn bei sich Milord, in der Tasche ihrer karierten Jacke, ich sehe sie wissen worauf ich hinaus will, legen sie sie auf den Tisch Milord ihre Taschenflasche, nach dem Mord an ihrer Frau steckten sie sie wieder zu sich und danach konnten sie auch wenn sie es gewollt hätten sich ihrer nicht entledigen, sie waren niemals allein, zunächst behielt ich sie im Auge, später tat dies auf meine Anweisung Oberst Tiptoe.
Lord: Sie haben gewonnen Prof, hier ist die Flasche.
Jellypot: Er trinkt.
vanDusen: Fallen sie ihm in den Arm, Tiptoe.
Tiptoe: Zu spät, seine Lordschaft ist verschieden.
Hatch: Sherry plus Zyankali.
Jellypot: Dabei war seine Lordschaft Whiskytrinker, na werden sie wohl einen dritten Totenschein ausstellen müssen Dr Horrox.
Hatch: Wieder Herzversagen.
Horrox: Nein Mr Hatch, Selbstmord mittels Zyankali aus unstillbaren Gram um den Tod der geliebten Gattin.
Hatch: Lord Twickenhams Leiche wurde weggeschafft, dann konnte es endlich losgehen, das große Festbankett, trotz der geschrumpften Teilnehmerzahl wurde es das muß ich sagen ganz lustig, besonders zum Schluß, es gab Portwein, Zigarren und Dekan Jellypot klopfte zum letzen mal an sein Glas.
Jellypot: Meine Herren, bevor wir an diesem denkwürdigen 4. Juli auseinandergehen wollen wir uns wie in jedem Jahr unseren Ehrengästen widmen, Prof van Dusen.
vanDusen: Passen sie auf, mein lieber Hatch, man wird mir nunmehr die Ehren-mitgliedschaft dieses kindischen Vereins offerieren und es wird mir ein Vergnügen sein, sie höflich aber bestimmt auszuschlagen.
Jellypot: Durch ihre amateurkriminologischen Fähigkeiten haben sie in erheblichen Maße dazu beigetragen unseren diesjährigen Gedenktag auf recht spezielle Weise unvergeßlich zu machen, nehmen sie dafür unsern Dank, und nun zu ihnen Mr Hatch, sie haben sich als ein wahrer Kenner der Werke unsere großen Lewis Carroll erwiesen und mehr noch, als ein Mann von echtem rechten Lewis Carroll Geist, deshalb sind stolz und glücklich ihnen Mr Hutchinson Hatch die Ehrenmitgliedschaft in unserer exklusiven Gemeinschaft zu verleihen, das ist ja, eine Rede, eine Rede Mr Hatch.
Hatch: Ja danke meine Herren ich danke ihnen von Herzen für diese große und ganz unerwartete Ehre, wenn sie gestatten, will ich versuchen mich dafür auf bescheidene Weise zu revanchieren, in dem ich ihnen ein paar Zeilen vortrage natürlich aus einem Gedicht von Lewis Carroll, aus seinem unsterblichen Lied des Gärtners.
vanDusen: Mein lieber Hatch was soll das.
Hatch: Ihm deucht er säh nen wilden Stier auf einer hohen Fichte, er schaut noch mal und fand es sei des eigenen Schwagers Nichte, verschwinde sprach er, anderenfalls bemühe ich die Gerichte.
vanDusen: Das ist doch kindischer Unfug.
Hatch: Ihm deucht, er sah ein Känguru ne Kaffeemühle drehen, er schaut noch mal und fand es sei ein Brötchen mit Arsen.
vanDusen: Sind sie von allen guten Geistern verlassen.
Hatch: Sag er wird es mir schlecht ergehen, ihm deucht er sei ein Axiom, das zog sich an den Haaren, er schaut noch mal und fand es sei ein Korb von Seifenwaren, wie schrecklich sprach er vor sich hin, laß alle Hoffnung fahren.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Dekan Jellypot (Chesshire-Katze): Lothar Blumhagen
Oberst Tiptoe (Hutmacher): Christian Rode
Lord Twickenham (Weißes Kaninchen): Horst Bollmann
Dr. Horrocks (Raupe): Helmut Kraus
Raphael Roselli (Märzhase): Moritz Milar
Diener: Klaus Jepsen
Michael Koser: Ohrenzeuge Prof. van Dusen (RIAS 1992)
Hatch: Es ist schon erstaunlich, meine Damen und Herren, wie viele van Dusen Fälle in einem fahrenden Zug anfangen, vielleicht hat das ja einen tieferen Sinn, die Eisenbahn als Symbol der Technik, des Fortschritts und so, vielleicht liegts aber auch nur daran daß wir beide, Prof van Dusen und ich öfter mal reisen, von einem Ort zum andern, wie an diesem 31. Juli 1902, wir hatten New Mexico, Wyoming, den Yellowstone Nationalpark kurz den fernen Westen unseres großen Landes hinter uns und fuhren gen Osten zurück in die Heimat, New York, Mutter der Metropolen, schönste aller Städte, was meinen Sie, Prof.
vanDusen: Wie bitte Hatch?
Hatch: Ob man wohl schon was sehen kann, Wolkenkratzer, Smog über Manhattan.
vanDusen: Mein lieber Hatch, wir befinden uns im Bundesstaate Nebraska, zweieinhalb tausend km von New York entfernt, und wenn sie sich noch so weit aus dem Abteilfenster lehnen, hier sehen sie nichts anderes als Prärie.
Hatch: Und Rindvieh, Rindvieh über Rindvieh, soweit das Auge reicht, überall steht was rum, sogar direkt vor uns auf den Gleisen, moment mal auf den Gleisen, ah.
vanDusen: Um gottes willen Hatch.
Hatch: Langsam ganz langsam kam ich wieder zu mir, ich schlug die Augen auf, wo war ich, ich lag in einem Bett, und ein wunderschönes weibliches Wesen beugte sich über mich, ein Engel.
Bobby: Sie übertreiben Mr Hatch.
Hatch: Bin ich im Himmel.
Bobby: Sie sind in Flatfoot, Mr Hatch.
Hatch: Ach und wer oder was ist Flatfood.
vanDusen: Ein Ort in Nebraska, ein sehr kleiner Ort, praktisch nicht mehr als ein Verladebahnhof für Rinder, und weil Flatfoot weder ein Hospital noch ein Hotel aufzuweisen hat, war Mr Benteen so freundlich, sie bei sich aufzunehmen.
Benteen: Das bin ich, Jessy Benteen, Sheriff von Flatfoot County.
Hatch: Angenehm.
Benteen: Freut mich daß sie wieder an Deck sind, Mr Hatch, ein paar Stunden waren sie total abgetreten, Bobby hat sich richtig Sorgen um sie gemacht.
Hatch: Bobby.
Benteen: Meine Tochter, Roberta Benteen.
Hatch: Mein Engel.
Bobby: Sagen sie Bobby zu mir, das tun alle.
Hatch: Mit Vergnügen Bobby, und sie nennen mich Hutchinson, darauf sollten wir was trinken, Bobby mein Engel sie haben doch bestimmt einen Schluck Whiskey.
vanDusen: Mein lieber Hatch, das kommt überhaupt nicht in frage, kein Alkohol, kein Nikotin, 24 Stunden strengste Bettruhe.
Hatch: Sie meinen doch nicht etwa mich, Prof.
vanDusen: Wen sonst mein lieber Hatch.
Hatch: Aber warum denn, kann mir jemand mal erzählen was eigentlich passiert ist, wir saßen im Zug, es hat plötzlich gekracht und dann weiß ich nichts mehr.
Benteen: Ihr Zug ist mit einem Ochsen zusammengestoßen, Mr Hatch, sowas kommt bei uns immer wieder mal vor.
vanDusen: Dabei sind sie mit dem Kopf gegen das Gepäcknetz geprallt und haben sich so eine leichte commotio cerebri zugezogen, Gehirnserschütterung, freuen sie sich.
Hatch: Warum sollte ich.
vanDusen: Weil wir nunmehr mit Sicherheit davon ausgehen können, daß sie ein Gehirn ihr eigen nennen, allem gegenteiligen Anschein zu trotz.
Hatch: Vielen dank Prof zu gütig.
Bobby: Ich möchte ihnen etwas zeigen Hutchinson, sie sind doch Fachmann, was sagen sie dazu.
Hatch: Bobby druckte mir ein bedrucktes Blatt Papier in die Hand, eine Zeitung, naja was man hier draußen so Zeitung nennt, die Flatfootfanfare, Schlagzeile Kollision auf den Schienen zwei Opfer, ein Ochse tot, ein Reisender verletzt, nicht schlecht, ganz pfiffig.
Bobby: Finden sie, Hutchinson, wirklich, das freut mich.
Hatch: Haben sie die Schlagzeile gemacht Bobby.
Benteen: Nicht nur die Schlagzeile, Bobby macht die ganze Fanfare, sie schreibt, sie setzt, sie druckt, Bobby macht alles.
Hatch: Dann sind wir ja Kollegen, Bobby mein Engel.
Bobby: Sie übertreiben schon wieder, ich bin nur eine kleine Zeitungsmacherin in der Prärie, und sie sind der große Hutchinson Hatch, Starreporter des Daily New Yorker.
Hatch: Vielen Dank, was ist das.
Bobby: Das Telefon Hutchinson.
Hatch: Telefon hier.
Benteen: Jawohl Mr Hatch, hier in Flatfoot mitten in der Prärie von Nebraska, hätten sie nicht gedacht, was ich wette, da staunt sogar der Prof.
vanDusen: Keineswegs, Mr Benteen, bereits beim Betreten ihres Hauses fielen mir die Drähte ins Auge, welche von Dachstuhl hinaus in die Prärie führen.
Benteen: Geh schon ran, Bobby, frag ihn, was er will.
Bobby: Hallo, wie geht Mr Stetson-Fillmore.
Benteen: Ja, unser Erfinder, er hat die Telefonleitung gelegt, von seiner Ranch bis zu mir, weil er ab und zu Ärger mit den Cowboys hat.
Bobby: Gratuliere, aber ja natürlich schreib ich was in der Fanfare, das ist die Meldung des Jahres, wann soll ich, noch heute abend, aber gern, Mr Stetson- Fillmore, warten sie, jetzt ist es 10 min nach 7, um 8 kann ich bei ihnen auf der Longhornranch sein, gut bis dann, sie habens geschafft, Daddy der Motorflieger ist fertig, der erste Motorflieger der wirklich fliegen kann, nicht an der Ostküste, nicht in Europa, nein bei uns in Flatfoot, Nebraska, hurra.
vanDusen: Sie setzen mich in Erstaunen, Miss Benteen, bisher war ich der Meinung über die aktuelle Entwicklung der Aeronautik insbesondere auf dem Gebiet des Motorflugs aufs genaueste und vollständigste informiert zu sein, ich weiß von den Gebrüdern Wright in Carolina, von Lilienthal in Deutschland, Levavasseur in Frankreich, ich kenne den Österreicher Kress, den Engländer Hinkler doch von wie war der Name.
Benteen: Stetson-Fillmore, Prof, Marmaduke Stetson-Fillmore mit Bindestrich.
Bobby: Sie entschuldigen mich, ich muß mein Notizbuch holen und Smoky anspannen.
Hatch: Smoky.
Bobby: Unser alten Apfelschimmel, Hutchinson.
vanDusen: Die aeronautischen Verdienste eines Marmaduk Stetson-Fillmore in Nebraska mit oder ohne Bindestrich sind mir, ich muß es gestehen bis dato gänzlich unbekannt.
Hatch: Das will was heißen, Prof DrDrDr Augustus van Dusen die Denkmaschine ist ja nicht nur Wissenschaftler und Amateurkriminologe von internationalem Ruf, er gehört auch in die erlauchte Runde der großen Erfinder unserer Zeit, gerade in der Aeronautik hat er bekanntlich epochales geleistet.
vanDusen: Was die Details betrifft, verweise ich auf mein grundlegendes Werk Studien zur aerodynamischen Theorie der Aeronautik.
Benteen: Nie was von gehört Prof tut mir leid, aber wer Marmaduke Stetson-Fillmore ist, das kann ich ihnen sagen.
vanDusen: Tun sie das Mr Benteen in aller gebotenen kürze wenn ich bitten darf.
Hatch: Und von Anfang an.
Benteen: Von Anfang an, tja das wäre von etwa 50 Jahren, damals waren die Stetson-Fillmores die reichste und mächtigste Viehzüchterfamilie in der ganzen Gegend, heute ist der Besitz zum größten Teil verkauft und von den Stetson-Fillmore ist nur noch einer übrig, Marmaduke, ein merkwürdiger Vogel, meine Herren, ganz und gar aus der Art geschlagen.
Hatch: Und warum, weil der gute Marmaduke Stetson-Fillmore sich für Rindvieh überhaupt nicht interessierte, außer in Form von Steaks nehm ich an, stattdessen hantierte er mit Rechenschieber, Zeichenstift, Hammer und Draht und erfand auf Teufel komm raus, bisher hatte er damit allerdings wenig Glück gehabt, entweder waren seine Erfindungen schon erfunden, das Telefon zb oder der Phonograf, oder sie funktionierten nicht, schließlich hatte er sich auf die Fliegerei geworfen, den Motorflieger, den Aeroplan, das Flugzeug.
Benteen: Seit 2 Jahren arbeitet er daran, draußen auf der Longhornranch, 12km südwestlich von Flatfoot.
vanDusen: Allein.
Benteen: Mit einem Gehilfen, Don Adams heißt er, tüchtiger Bursche, übrigens guter Freund von Bobby.
Hatch: Aha.
vanDusen: Der Aeroplan, die motorgetriebene Flugmaschine, ein kühnes Unterfangen, womöglich zu kühn, Mr Edison der weitbekannte, wenn auch stark überschätzte Mechaniker, ist der Ansicht, diese Erfindung müsse einem späten Jahrhundert vorbehalten bleiben, wie dem auch sei.
Bobby: Wie dem auch sei, es sieht so aus, als ob Mr Edison sich geirrt hat, der Motorflieger ist erfunden von Marmaduke StetsonFillmore und Don Adams, ich fahre.
vanDusen: Ich werde sie begleiten, Miss Benteen, der legitime Wissensdurst des Aeronautikers duldet keinen Aufschub, mit eigenen Augen will ich sehen, was ihr Erfinder zustande gebracht hat.
Bobby: Sie können gerne mitkommen Prof, allerdings müssen sie mit einem harten Sitz im Einspänner vorlieb nehmen.
vanDusen: Für die Wissenschaft Miss Benteen bin ich zu jedem Opfer bereit.
Bobby: Fein, dann wollen wir mal Prof.
Hatch: Ja und ich.
vanDusen: Sie mein lieber Hatch, sie bleiben im Bett.
Hatch: Aber Prof.
vanDusen: Kein Widerrede, behalten sie ihn im Auge, Sheriff, achten sie darauf, daß er die von mir verhängte absolute Alkohol- und Nikotinprohibition unbedingt einhält.
Benteen: Wenn sie meinen, Prof.
vanDusen: Ich meine, ich kenne Mr Hatch kommen sie Miss Benteen.
Hatch: Schöne Bescherung, mysteriöser Erfinder, Motorflugzeug, da wartete eine Superstory direkt vor der Haustür, und ich war lahmgelegt und festgenagelt, Sheriff Benteen erwies sich als absolut unbestechlich, außerdem und das war schlimmer als ein ungeheurer Langweiler, um mich aufzuheitern, gab er mir ausgewählte Abschnitte aus der offiziellen Statistik des Staats zu besten, wußten sie daß Nebraska im Jahr 1900 3,2 Mio Rinder aufzuweisen hatte, ich nicht, und ich wollte es auch gar nicht wissen, Benteen dröhnte, ich war sauer und so verging die Zeit.
Bobby: Da Hutchinson vorläufig ausgefallen ist, liegt es wohl an mir meine Damen und Herren ihnen zu berichten, wie die Geschichte weiterging, natürlich kann Bobby Benteen von der Flatfood Fanfare nicht Hutchinson Hatch ersetzen, den berühmten rasenden Reporter des Daily New Yorker, den durch jahrelange Erfahrung gestählten Begleiter, Assistenten und Chronisten von Prof van Dusen, aber ich werde mein bestes tun, also, wir zuckelten durch die Prärie, Prof van Dusen und ich, direkt nach Südwesten, Richtung Longhornranch, Old Smoky trabte fürbaß, ich hielt sowohl die Zügel als auch Ausschau nach Verkehrshindernissen wie Rinder oder Bauten von Präriehunden, ab und zu warf ich einen Blick auf meinen Begleiter der neben mir hockte, schweigend in Gedanken vertieft, ein nobles vergeistigtes Profil, eigentlich ein ganz gutaussehender Mann dachte ich wenn er ein bißchen größer wäre und ein paar Jahrzehnte jünger, doch ich schweife ab.
vanDusen: In der Tat, Miss Benteen, da sie nun einmal Mr Hatch Rolle einzunehmen versuchen, haben sie die Güte sich strikt ihrer Chronistenpflicht zu widmen.
Bobby: Zu Befehl Prof und was soll ich.
vanDusen: Das Wetter, Miss Benteen, die meteorologische Situation hat wie sie wissen für den vorliegenden Fall eine nicht unerhebliche Bedeutung.
Bobby: Fall, der hat noch noch gar nicht richtig angefangen Prof.
vanDusen: Aber er wird Miss Benteen er wird und zwar in kürze, wenn ich bitten darf, das Wetter.
Bobby: Aye aye, Sir Prof wollte ich sagen, wir fuhren also durch die Prärie, es war kurz nach halb 8 und schon ziemlich dunkel, weil der Himmel ganz und gar mit einer tiefhängend Wolkendecke überzogen war, ein kräftiger Wind blies aus südwest uns direkt ins Gesicht, gut so.
vanDusen: Es geht an, jenes trübe flackernde Licht rechts von uns handelt es hier bereits um unser Ziel, die Longhornranch.
Bobby: Soweit sind wir noch nicht, das ist das Blockhaus des alten Bat Masterson, seit ein paar Jahren wohnt er da mit seiner Frau Pearl, die beiden sollten sie mal kennenlernen, ein uriges Paar, zwei echte Fossilien aus dem westen, als er noch richtig wild war, sie hat Postkutschen überfallen, in ihrer Jugend Maienblüte, das behauptet sie jedenfalls, und er war alles was sie sich nur vorstellen können, Trapper, Goldsucher, Cowboy, Scout bei der Kavallerie, später hatte er einen Salon in Dodge City.
vanDusen: Moment bitte.
Bobby: Da war er übrigens auch mal Marshall noch vor Wyat Earp.
vanDusen: Schweigen sie Miss Benteen.
Bobby: Aber wieso.
vanDusen: Pst, halten sie an.
Bobby: Brh Smoky, was haben sie denn Prof.
vanDusen: Hören sie nichts.
Bobby: Doch Prof, da ist was, oben am Himmel vor uns, es wird lauter.
vanDusen: Ein Geräusch aus Südwest, dessen Quellen sich nach Nordost bewegt das heißt auf uns zu.
Bobby: Und was ist das, Prof.
vanDusen: Ganz unverkennbar das Geräusch eines Benzinmotors Miss Benteen.
Bobby: Benzinmotor, am Himmel, der Flieger Prof, Stetson-Fillmores Motorflieger.
vanDusen: So scheint es, Mrs Benteen.
Bobby: Er ist in der Luft, er fliegt, jetzt jetzt ist er direkt über uns, schade, daß wir ihn nicht sehen können, die dicken Wolken, er wird leiser Prof.
vanDusen: Die Maschine hat, wie zu vermuten steht, gewendet, und fliegt nunmehr zurück nach Südwest.
Bobby: Zur Longhornranch, Prof er wird landen wollen der Aeroplan, gleich neben seinem großen Schuppen hat Mr Stetson-Fillmore eine Start- und Landebahn bauen lassen.
vanDusen: Ein Flugversuch zu dieser Tageszeit, bei diesem Wetter, merkwürdig, höchst merkwürdig.
Bobby: Prof was war das.
vanDusen: Eine Explosion, Miss Benteen.
Bobby: Und jetzt, sehen sie doch Prof, Feuer, es brennt.
vanDusen: Ohne jeden Zweifel.
Bobby: Der Flieger er muß bei der Landung verunglückt sein.
vanDusen: Das wird sich zeigen, hüh Smoky.
Bobby: Für die rund 2 km bis zur Ranch brauchten wir praktisch nur Sekunden, noch nie war der alte Smoky so schnell gewesen wie an diesem Abend, immer schärfer trat unser Ziel aus dem grauen Dämmerlicht, das Wohnhaus, der Schuppen, der dunkle Streifen der Landebahn und direkt daneben ein bizarres Gewirr verkohlter rotglühender Trümmer, wir hielten, stiegen aus, das Feuer war ausgebrannt, unheimliche Stille lag über dem Unglücksort, und sie wurde noch unheimlicher, als ich in den Trümmern auf dem Rest des Sitzes einen schwarzen Schatten sah, eine Gestalt, ein Mensch, ich ging näher ran.
vanDusen: Eine Leiche Miss Benteen.
Bobby: Oghott das ist Don.
vanDusen: Meine liebe Miss Benteen ich darf sie darauf hinweisen daß sie Mr Hatch Platz einnehmen, sie sind meine Chronisten, und im falle eines Falles meine Assistentin, sie haben keine zeit sich ihrem Schmerz hinzugeben, konzentrieren sie sich auf den Fall.
Bobby: Fall, was für ein Fall, das war ein Unfall, Prof wir haben es doch miterlebt, der Aeroplan ist kurz vor der Landung abgestürzt, das Benzin hat sich entzündet und, der arme Don.
vanDusen: Wie ich annehme Miss Benteen haben sie den toten als Don Adams Stetson-Fillmores Gehilfen identifiziert.
Bobby: Ja Prof wieso hat er eigentlich das Flugzeug geflogen, warum nicht Stetson-Fillmore selbst und wo steckt Mr Stetson-Fillmore, hören sie Prof, da stöhnt jemand, ob er das ist.
vanDusen: Sehen wir nach, Miss Benteen, holen sie die Laterne vom Wagen.
Bobby: Es war Mr Stetson-Fillmore, er lag hinter dem Schuppen bewußlos, der Prof sah ihn sich kurz an.
vanDusen: Nichts ernstes, ein leichtes Hämatom am Kinn, offenbar wurde er niedergeschlagen, nehmen sie sich seiner an, Miss Benteen, lockern sie seinen Kragen, legen sie ihm etwas unter den Kopf, holen sie Wasser von der Pumpe.
Bobby: Soll ich ihm auch noch ein Schlaflied singen Prof.
vanDusen: Interessant, eine typische Hatch Reaktion.
Bobby: So und was werden sie tun während ich die barmherzige Schwester spiele.
vanDusen: Ich bin Kriminologe, ich untersuche.
Bobby: Und so geschah es, van Dusen untersuchte, ich kümmerte mich um Stetson-Fillmore, und ärgerte mich über den Prof und seine art, wie hielt Hutchinson das bloß aus, außerdem grämte ich mich um Don, das will ich allerdings gleich klarstellen, Don und ich waren gute freunde gewesen, mehr nicht, natürlich war ich bestürzt über seinen tod auch sehr traurig, aber total überwältigt war ich nicht, dazu hatte ich auch keine Gelegenheit, weil ich den großen Amateurkriminologen beobachten mußte, was er untersuchen nannte, sah so aus, er wanderte mit der Laterne um das Flugzeugwrack, stocherte vorsichtig darin herum, beugte sich vor, begutachtete den Boden um die Aufschlagstelle, blieb stehen, ging weiter, murmelte so vor sich hin aha, oho, soso, das dauerte etwa 10 min, dann schüttelte er sich und wurde wieder normal, war das alles.
vanDusen: Meine Untersuchung ist vorerst beendet.
Bobby: Und was haben sie rausgekriegt.
vanDusen: Darüber später, wie geht es ihrem Schutzbefohlenen.
Bobby: Danke der Nachfrage, er kommt zu sich.
Stetson: Was ist passiert.
vanDusen: Das wünsche ich von ihnen zu erfahren, Mister Stetson-Fillmore.
Stetson: Wer sind sie, was ist hier überhaupt los.
Bobby: Nicht aufregen, Mister Stetson-Fillmore ganz ruhig.
Stetson: Ach Bobby, Booby Benteen, wie kommen sie hierher.
Bobby: Sie haben mich angerufen.
Stetson: Richtig, um gotteswillen mein Aeroplan ist er abgestützt, und Don.
Bobby: Nachdem ich Mr Stetson-Fillmore informiert und er seinen ersten schrecken überwunden hatte gab er mir und dem Prof einen kurzen Bericht über das was auf der ranch vorgefallen war, nach dem Anruf bei mir hatte er den Probeflug vorbereitet, mit Don Adams hatte er den Aeroplan aus dem Schuppen auf die Startbahn gerollt, er hatte den Tank mit Benzin gefüllt, die Instrumente und den Motor überprüft.
Stetson: Alles war in Ordnung, ich wollte gerade einsteigen da hielt Don mich zurück, er erklärte mir er wolle die Maschine fliegen, ich war wie vor den Kopf geschlagen, und natürlich sagte ich nein, ich konnte und durfte das nicht zulassen, der aeroplan ist mein Werk, ich hab ihn erdacht und gebaut, sicher, Don hat dabei geholfen, aber nur in untergeordneter Position, doch was für mich viel wichtiger war, der Flug war für Don viel zu gefährlich, er hat keine, hatte keinerlei Erfahrung als Aeronaut, und das Flugwetter war auch nicht ideal, nicht sehr hell, ziemlich windig, aber Don ließ sich nicht überzeugen, und als ich bei meiner Weigerung bleib da hat er mich kurzerhand niedergeschlagen, ja und dann mußte er mit dem Aeroplan aufgestiegen und später bei der Landung verunglückt sein, ich hatte ihn gewarnt.
Bobby: So was sieht Don gar nicht ähnlich, warum meinen sie hat es das getan.
Stetson: Er hat gewußt, daß sie kommen, Bobby ich nehme an, er wollte sie beeindrucken, ihnen imponieren.
vanDusen: Erstaunlich.
Stetson: Was meinen sie Prof.
vanDusen: Ich meine daß Don Adams den Start des Aeroplan gegen jede aeronautische Regel mit dem Wind durchführte.
Stetson: Was verstehen sie denn davon, wer sind sie überhaupt.
vanDusen: Ich bin Prof van Dusen.
Bobby: Wissenschaftler, Amateurkriminologe, Denkmaschine.
vanDusen: Und Aeronautikexperte unter anderem.
Stetson: So, wie gesagt Don war unerfahren.
vanDusen: Gerade aus diesem Grund, sehen sie mich erstaunt, ein Start mit dem Wind sofern er überhaupt möglich ist, erfordert profunde aeronautische Praxis, befindet sich auf ihrer Ranch ein Kühlraum.
Stetson: Ja ein Eiskeller hinter dem Wohnhaus.
vanDusen: Helfen sie mir die Leiche ihres Gehilfen aus dem Wrack zu bergen und dorthin zu schaffen, zu einem späteren Zeitpunkt, sagen wir morgen nachmittag werde ich eine Obduktion vornehmen.
Bobby: Wir fuhren zurück, Prof van Dusen und ich, Mr Stetson-Fillmore der sich besser fühlte, blieb auf der Ranch, es war gegen 10 als wir in Flatfoot ankamen, ich zog mich gleich auf mein Zimmer zurück, um einen Artikel für die nächste Ausgabe der flatfoot fanfare zu schreiben, Schlagzeile schwarzer Tag für Flatfoot und die Welt, Motorflieger erfunden und gleich darauf abgestürzt, ein toter.
Hatch: Damit wäre ich wieder dran, meine Damen und Herren, falls sie wissen wollen, wie es mir in der Zwischenzeit ergangen war, ich hatte mich entsetzlich gelangweilt, die Tiraden des Sheriff über mich ergehen lassen, ein bißchen geschlafen, was gegessen, nicht das Steak das ich haben wollte, sondern auf Anordnung des Prof eine Schale Milchbrei igitt, aber jetzt, jetzt wurde es interessanter, ein Fall war am Horizont aufgetaucht im wahrsten sinne des Wortes und ich lag im Bett und konnte nicht mehr tun als dem Prof zuzuhören, das mißfiel mir und auch Sheriff hatte was zu meckern.
Benteen: Ich bin der Sheriff von Flatfoot County, Prof die zuständige Behörde, sie hätten mich sofort verständigen sollen, per Telefon, das ist ganz einfach, sie nehmen nur den Hörer ab, dann klingelts.
vanDusen: Ich weiß wie ein Telefon funktioniert, Mr Benteen, sie zu bemühen war völlig unnötig, alle relevanten Untersuchungen wurden von mir durchgeführt.
Benteen: Aber ich muß doch ein Protokoll aufnehmen Prof.
vanDusen: Tun sie das, Mr Benteen ich werde ihnen die wichtigsten Details in die Feder diktieren, schreiben sie, erstens.
Benteen: Augenblick Prof nicht so schnell Papier Feder Tintenfaß so schießen sie los
vanDusen: Erstens Don Adams wurde erschossen.
Benteen: Erschossen, erschossen.
vanDusen: Fragen stellen können sie später, schreiben sie weiter, da in folge der relativ geringen Menge an Benzin der Körper nur recht unvollkommen verbrannt ist läßt sich eine Schußwunde auf der linken Brustseite deutlich wahrnehmen, deutlich das versteht sich für das geschulte Augen des forensisch geschulten Mediziners oder auch Pathologen.
Benteen: Fo fo foren wie schreibt man das Prof.
vanDusen: Gar nicht, Mr Benteen, gar nicht, lassen sie es weg, es handelt sich lediglich um eine Bemerkung in parentese.
Benteen: Ach so in pare ja.
vanDusen: Halten sie uns bitte nicht auf, zweitens obgleich Adams durch einen Sicherheitsgurt auf dem Sitz des Aeroplan festgehalten wurde, wies sein Körper an den vom Gurt bedeckten Flächen keinerlei Hämatome bzw Läsionen auf, drittens unter den zum teil verbrannten Holz- und Metallresten des Aeroplan fanden sich eindeutige Spuren geschmolzenen Wachses, viertens zu erwartender Aufschlag und Schleifspuren am Boden.
Benteen: Langsam Prof, langsam ich komm nicht mit.
vanDusen: Diktiere ich zu schnell für sie.
Benteen: Das auch aber ich meine das was sie da sagen daß muß doch erst mal in Ruhe durchdacht werden.
Hatch: Nur zu Sheriff denken sie durch.
Benteen: Sehen sie mal, sie behaupten, Don Adams wurde erschossen, das heißt es war kein Unfall, es war Mord.
Hatch: Sehr gut Sheriff, eine brillante Schlußfolgerung.
Benteen: Danke Mr Hatch, wenn das stimmt.
Hatch: Was soll das heißen, was Prof van Dusen sagt stimmt immer und überall.
Benteen: Schon gut Mr Hatch ich wollte ja nur sagen, ich kann mir denken wer es war, wer Don erschoßen hat meine ich.
vanDusen: Was sie nicht sagen und auf welche Person richtet sich ihr verdacht.
Benteen: Auf den alten Bat Masterson, ein uriger Typ und seine alte, richtige Überbleibsel die beiden, Re wie sagt man Reliquen.
vanDusen: Sie meinen vermutlich Relikte, ihre Tochter hat mich über das Paar bereits informiert, ja welchen Grund haben sie für ihren Verdacht.
Benteen: Der alte Bat wohnt ganz in der nähe der Ranch, von seinem Blockhaus aus hätte er den Flieger mit Leichtigkeit abschießen können, er hat oft genug gesagt daß er das tun will, neumodisches Teufelszeug hat er gesagt, wenn das ding wirklich mal fliegt, dann knall ichs runter, hat er gesagt, sicher er war nicht der einzige, aber der lauteste.
vanDusen: Erklären sie sich näher.
Benteen: Na alle Cowboys hier in der Gegend haben was gegen Mr Stetson-Fillmore und seine Erfindungen.
Hatch: Warum denn.
Benteen: Wegen dem Krach, das Vieh wird verschreckt, und die Milch wird sauer, sagen die Cowboys, darum hat Mr Stetson-Fillmore ja die Telefonleitung zu meinem Haus gelegt, damit er mich zuhilfe rufen kann, wenn ihm die Cowboys mal nachts auf die Bude rücken.
vanDusen: Bude, Blockhaus, nahe der Longhorn Ranch, Mr Benteen, ich hege die Absicht gleich morgen früh Mr Masterson nebst Gattin einen besuch abzustatten.
Benteen: Gut Prof ich komme mit.
vanDusen: Besser nicht, Mr Benteen, sie haben hier zu tun.
Benteen: Ach und was.
vanDusen: Sie werden Stetson-Fillmore vernehmen, rufen sie ihn gleich an, bestellen sie ihn für morgen vormittag zu sich.
Benteen: Wenn sie für richtig halten, Prof.
Hatch: Und ich Prof morgen darf ich doch bestimmt wieder aufstehen.
vanDusen: Sie halten Bettruhe bis morgen abend, Mrs Benteen wird sie weiterhin vertreten, bisher das muß ich zugeben hat sie ihre Sache ausgezeichnet gemacht.
Benteen: Über Nacht hatten sich die Wolken verzogen, der Himmel war klar und leuchtend blau, die Sonne schien, es war ein wunderschöner Präriemorgen, deshalb fanden wir Bat und Pearl Masterson vor ihrem Blockhaus auf der Veranda, sie waren gerade bei ihrem üblichen frühstück selbstgebrannter whisky ohne wasser oder soda.
Masterson: Was, mein Bat soll den Flieger runtergeschossen haben, quatsch der sieht doch nichts mehr, der alte Zausel, ein Scheunentor trifft er nicht mal wenn man ihn dran lehnt.
Masterson: Treff ich wohl alte Schabrake.
Masterson: Triffst du nicht du Blindgänger.
Masterson: Und beim großen wettschießen in Tuston wer hat da den ersten Preis gewonnen.
Masterson: Du Bat, aber das war 1860.
Masterson: 1860, haäh schöne Zeit war das, Pearl, altes Wrack du hast die Goldtransporte überfallen.
Masterson: Und du hast alles wieder verspielt, du Weihnachtsmann.
Masterson: Hab ich nicht, alte Fregatte.
Masterson: Hast du wohl, aber den Flieger hast du nicht runtergeschossen, gestern abend hast du wie eine Mumie in der Koje gelegen und geschnarcht, nach nur 3 Flaschen Whisky, vertragen tust du auch nichts mehr du Weichei.
Masterson: Tu ich wohl du alte Haubitze, wer war denn der beste beim Wetttrinken in Larami und damals in Whitita.
vanDusen: Darf ich sie bitten meine Herrschaften ihre zweifellos hochinteressanten Reminizenzen kurz zu unterbrechen und mir zuzuhören, daß sie Don Adams nicht erschossen haben, war mir bereits klar, bevor ich sie aufsuchte, wir Mrs Benteen und ich hätten als Ohrenzeugen ihren Schuß hören müssen, da dies nicht der fall war.
Benteen: Schon richtig Prof aber dann versteh ich nicht was sie hier eigentlich wollen.
vanDusen: Ich beabsichtige Mr und Mrs Masterson ein Frage zu stellen.
Masterson: Von mir aus.
Masterson: Nichts dagegen, fragen sie.
vanDusen: Haben sie im Verlauf des gestrigen Tages auf dem nahen Gelände der Longhornranch etwas ungewöhnliches wahrgenommen.
Masterson: Was ungewöhnliches, ja hab ich.
Masterson: Du, du willst was gesehen haben du Blindschleiche.
Masterson: Nicht gesehen, alte Rakete, gehört.
vanDusen: Interessant und was haben sie gehört.
Masterson: Krach, Mordsradau, als ob was kaputt geschlagen wird, wie holzhacken bloß lauter.
vanDusen: Sehr interessant.
Masterson: Aber alles hast du doch nicht gehört, du taube Nuß, da war nämlich noch was vorher, da ist der Motor von diesem Flieger gelaufen, ganz lange.
vanDusen: Äußerst interessant, seien sie so freundlich Miss Benteen mir ihren Wagen inklusiv Smoky für kurze zeit auszuleihen.
Benteen: Was haben sie vor Prof.
vanDusen: Ich gedenke eine kleine Exkursion zu unternehmen.
Benteen: Ohne ihre Chronistin und Assistentin.
vanDusen: Ja allein, warten sie hier auf mich in 1, 2 Stunden werde ich zurück sein.
vanDusen: In der voluminösen van Dusen Chronik stellt der Mordfall Don Adams eine höchst kuriose in gewisser weise sogar einmalige Episode dar, nicht in kriminologischer Hinsicht, handelt es sich hier doch um einen eher schlichten Fall, obgleich er durchaus eine finessen kriminologischer und mehr noch aeronautischer Komplexität aufzuweisen hat, kurios und einmalig nenne ich die Affäre, weil ich obschon ausnahmsweise mit 2 Chronisten versehen oder auch geschlagen, mich nichts desto trotz gezwungen sehe, ein wichtiges, ja entscheidendes Kapitel höchstpersönlich als mein eigener Chronist vorzutragen, auch und gerade dem Meisterkriminologen obliegt es gelegentlich in erhabener Isolation fortzuschreiten, so auch hier, dazu bewogen mich nicht etwa Eitelkeit und Selbstglorifizierung, Eigenschaften welche meinem Charakter ohnehin fremd sind, vielmehr das durchaus menschenfreundliche bestreben, Mrs Benteen nicht in Gefahr zu bringen, ich begab mich, sie werden es erraten haben, zur Longhornranch, hier erwartete ich die noch fehlenden Mosaiksteine, die letzten Glieder der logischen Indizienkette aufzuspüren, im Prinzip war der Fall gelöst, ich wußte alles, ich wußte wer Don Adams ermordet hatte und vor allem auf welche Weise die Tat ausgeführt worden war, nunmehr galt es fundierte Spekulation durch solide Beweise und fundiertere Fakten umzuwandeln, auf der Ranch hatte ich freie Hand, da der Hausherr Marmaduke Stetson-Fillmore sich dank meiner vorsorglichen Intervention in Flatfoot bei Sheriff Benteen aufhielt, erwartungsgemäß wurde ich fündig sowohl im Schuppen welcher dem Erfinder als Werkstatt und Hangar diente, als auch im Wohnhaus, hier unterzog ich gerade Stetson-Fillmores aeronautische Aufzeichnungen, Berechungen, Pläne und Entwürfe für seinen Aeroplan einer kursorischen Durchsicht, als plötzlich.
Stetson: Prof van Dusen, hab ichs mir doch gedacht.
vanDusen: Sie kommen ungelegen, Mr Stetson-Fillmore.
Stetson: Im Gegenteil Prof, ich komme gelegen und vor allem komme ich noch zur rechten Zeit, sie doch wohl nicht bewaffnet.
vanDusen: Mit der Wehe des Geistes.
Stetson: Wenns weiter nichts ist, die wird gegen meinen Revolver wenig ausrichten können, legen sie die Papiere aus der Hand, heben sie Arme, treten sie zurück an die Wand, ja so.
vanDusen: Unter uns, wenn ich auch nicht unbedingt mit stetson fillmores Erscheinen gerechnet hatte, traf es mich andererseits doch nicht völlig unvorbereitet, ich hatte gewisse prophylaktische Maßnahmen getroffen, hier auf der Ranch und im Hause des Sheriffs, und war nun darauf angewiesen, daß sie in meinem Sinne zur Geltung kamen, meine ganze Hoffnung ruhte auf dem guten Hatch, keine stabile Basis was die Intelligenz betrifft jedoch ansonsten wie mir wohl bewußt war, durchaus loyal und zuverlässig, also wartete ich ab, ich hielt Stetson-Fillmore hin und versuchte ihn zum reden bringen, ein nicht eben schwieriges Unterfangen.
Stetson: Ein wunderschönen Plan, das müssen sie zugeben, detailliert, durchdacht.
vanDusen: Dilettantisch und durchlöchert, nicht einen Augenblick haben sie mich in die Irre führen können.
Stetson: Aber bester Prof van Dusen, auf einen Experten ihres Kalibers war ich nicht eingestellt, ich rechnete mit Bobby Benteen, sie war als Zeugin meiner Inszenierung vorgesehen, deshalb hatte ich sie ja angerufen und mich hier mit ihr verabredet, daß sie Prof sich gerade zum diesem Zeitpunkt in Flatfoot aufhalten mußten, sagen sie, was hat sie auf die richtige Spur gebracht.
vanDusen: Fragen sie besser was nicht, unter anderem die Tatsache daß Adams Leiche unter dem Gurt nicht jene Hautverletzungen aufwies welche bei einem Absturz durch Reibung und Druck des Gurtes unbedingt hätten auftreten müssen, fazit ein Absturz hatte nicht stattgefunden, ferner haben sie den vermeintlichen Aufschlag der Maschine nur höchst oberflächlich und laienhaft simuliert, die Grasnarbe war nicht eingedrückt und in Aufschlagsrichtung verschoben sondern mit dem Spaten ausgestochen, einen weiteren deutlichen Hinweis gab mir sodann die gestern abend vorherrschende Witterung, Wind aus Südwest, dichte Wolken.
Stetson: Unabdingbare Voraussetzungen, auf die ich lange warten mußte Prof.
vanDusen: Versteht sich, bei klarem Himmel wäre Miss Benteen Ohren- und Augenzeugin gewesen, sie durfte jedoch auf keinen fall sehen, was sich da fluggeräusche von sich gebend über ihr bewegte.
Stetson: Und was war das, Prof wissen sies.
vanDusen: Selbstverständlich.
Stetson: Wissen sies wirklich.
vanDusen: Als ich mich vor wenigen Minuten in ihrem Schuppen umsah fielen mir einige äußerst interessante Dinge ins Auge, eine gutausgerüstete meteorologische Station zB oder eine Anlage zur Aufnahme phonografischer Wachsplatten, gestern hatte ich unter den Trümmern an der Landebahn einige Objekte ausgemacht welche mit Sicherheit nicht zu einem Aeroplan gehörten, Reste von Ballonseide, Teile eines phonografischen Apparates, Spuren von Wachs, und als ich schließlich hinter ihrem Schuppen ein flüchtig zusammengelegtes Seil fand, ein dünnes aber festes Seil von extremer Länge, 3km würde ich schätzen, da war alles klar, ich zählte 2 und 2 zusammen.
Stetson: Und was ist dabei rausgekommen, Prof.
vanDusen: Das wissen sie so gut wie ich.
Stetson: Sagen sies, Prof sagen sie mir.
vanDusen: Dank ihres Revolvers sind sie Herr der Situation, wenn sie es denn wünschen bitte sehr, irgendwann im verlauf des gestrigen Tages haben sie Don Adams erschossen, sie haben das Geräusch eines laufenden Aeroplanmotors auf eine Wachsplatte übertragen, dabei wurden sie übrigens belauscht, wie auch bei der Zerstörung der in Anführungszeichen abgestürzten Maschine, die Leiche des ermordeten schnallten sie auf dem Sitz fest, dann verständigten sie Mrs Benteen, sie kennen die länge des Weges von Flatfoot zur Longhornranch, wie auch die für seine Zurücklegung benötige zeit, zusätzlich berechneten sie die Windgeschwindigkeit und zum für sie günstigsten Zeitpunkt ließen sie ihren Pseudo-aeroplan steigen.
Stetson: Bravo Prof genau so wars, weiter, wie sah er aus mein Pseudoaeroplan.
vanDusen: Ein Wetterballon, am welchem ein Phonograf befestigt war auf einer hölzernen Plattform wie ich vermute, diese akustische Atrappe ließen sie wie gesagt am langen seil über die Wolken steigen, nachdem sie den Phonograf aufgezogen und gestartet hatten, der Wind trieb den Apparat nach Nordost auf Miss Benteens Einspänner zu, nach Ablauf der kalkulierten Zeitspanne holten sie ihn am Seil wieder ein, entzündeten das benzingetränkte Wrack, warfen Ballon und Phonografen nebst wachsplatte ins Feuer, brachten sich eine leichte Verletzung am knie bei und harrten der Dinge die da kommen sollten.
Stetson: Bravissimo, exzellent, unübertrefflich, sie wissen alles, Prof bis ins kleinste detail.
vanDusen: Danke, die letzte Lücke, das will ich nicht verschweigen, konnte ich erst schließen nachdem ich einen Blick in ihre Aufzeichnung geworfen hatte, ich meine das Motiv, warum haben sie Don Adams getötet, jetzt weiß ich es, ich weiß, wessen Ideen und Berechnungen haupt- und ursächlich zur Konstruktion ihres aeroplan beigetragen haben, ich weiß wer in Wahrheit der Erfinder und wer lediglich der Gehilfe war.
Stetson: Sagen sie selbst Prof, konnte ich zulassen daß ein Hinterwäldler ein ungebildeter Cowboy sich der Öffentlichkeit als Erfinder und Konstrukteur des ersten Motorfliegers der Welt präsentierte, das mußte ich verhindern.
vanDusen: Und dabei mein bester haben sie ihren Aeroplan geopfert.
Stetson: Das tut mir nicht weh Prof, das Wrack war die Stetson Fimore 1 meine erste Maschine, überholt, veraltet, sie sind in mein Schuppen eingedrungen, Prof da haben sie doch sicher die Stetson Fillmore 2 gesehen.
vanDusen: Gewiß ein ebenfalls noch unausgereiftes Model, wie sich bereits bei flüchtiger Inspektion unschwer feststellen ließ.
Stetson: Nur kein Neid, verehrter Prof, ob die SF2 ausgereift ist oder nicht, das werden sie selbst überprüfen können, sie werden sie nämlich als erster fliegen, zumindest wird es so aussehen.
vanDusen: Ich versehe, Sie planen ein zweiten Flugzeugunfall.
Stetson: Ganz recht, Prof der weltberühmte Wissenschaftler, Erfinder und aeronautische Experte hat die Maschine bei mir entdeckt und konnte der Versuchung nicht widerstehen sie in Person zu erproben, da jedoch ein großer Theoretiker nicht unbedingt auch ein guter Praktiker sein muß, hat er bei seinem Testflug leider leider Bruch gemacht, schon beim Start, fürchte ich.
vanDusen: Ich nehme an sie wollen wie im Fall Adams vorgehen, den Aeroplan auf die Landebahn rollen, zerschlagen, mit Benzin übergießen.
Stetson: Sie erschießen, reinsetzen, Streichholz und bumm, so ist es, Prof schade um die SF2 aber was solls, bauen wir eben eine neue Maschine die SF3, kommen sie sie müssen mir zur hand gehen, übrigens schade auch um sie, Prof aber es ist ganz allein ihre schuld, was mußten sie sich einmischen, los.
Hatch: So jetzt ist Schluß mit dem hin und her, jetzt übernimmt Hutchinson Hatch wieder das Kommando, und er wird es nicht mehr abgeben, bis der Fall zu einem guten ende gebracht ist, fangen wir damit an daß wir die Uhr um etwa ein stunde zurückdrehen, 12 Uhr mittag, high noon, wie man im wilden westen sagt, ich lag in Benteens guter Stube im Bett, ich war allein, der Sheriff hatte sich zurück gezogen um ein Mittagschläfchen zu halten, und auch ich döste ein bißchen vor mich hin, plötzlich drangen geisterhafte stimmen an mein Ohr.
Stetson: Auf die ich lange warten muß, bei klarem Himmel wäre.
Hatch: Was ist Prof, sind sie das, Prof, wo stecken sie, keiner da, stimmen, wo kommen die her, von dahinten von der Wand, wo das Telefon ist, Telefon richtig das Telefon, mir fiel was ein, bevor van Dusen mit Bobby Benteen aufbrach, hatte er den Telefonhörer von der Gabel genommen und neben den Apparat gelegt, warum hatte ich gefragt und er hatte gesagt, ich habe mein Gründe, lassen sie den Hörer auf jeden Fall liegen.
vanDusen: Ich muß mich noch einmal ganz kurz einschalten, es handelte sich hier um eine der bereits erwähnten prophylaktische Maßnahmen meinerseits, eine zweite derartige Maßnahme hatte ich im Wohnhaus der Longhornranch getroffen in dem ich auch dort den Hörer des Telefons abgenommen hatte, so bestand nun zwischen beiden punkten eine offene telefonische Verbindung, nach Stetson-Fillmores Ersch-einen hatte ich meinen Standort mit Bedacht in der nähe des Telefon gewählt, und darüberhinaus bemüht möglichst laut sprechen, sie dürfen in ihrem Bericht fortfahren.
Hatch: Wenn sie fertig sind.
vanDusen: Ja, ja.
Hatch: Also ich sprang aus dem Bett, lief ans Telefon, hörte zu und schon nach wenigen Sekunden war mir die Situation klar, Prof van Dusen schwebte in größter Gefahr, ich mußte was unternehmen, und zwar auf der stelle, natürlich hätte ich Bettruhe halten sollen aber darauf konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen, es ging um wichtigeres als das Gehirn von Hutchinson Hatch, es ging um das leben der Denkmaschine, ich zog mich an, was trägt der stilsichere Mann der Tat wenn er im wilden Westen aktiv wird, richtig, die Cowboykluft, die ich mir ein paar wochen vorher in Santa Fee zugelegt hatte einschließlich Silbersporen und Beinschützer aus Bärenfell, so ausgerüstet, trommelte ich Sheriff Benteen raus, und als der mitgekriegt hatte was los war, holte er seine Leute zusammen, dann gings hoch zu Roß im Galopp durch die Prärie, unterwegs sammelten wir noch Bobby ein und die beiden Altchen, die sich partout nicht abschütteln ließen, jipehi, dann sofort weiter, jede Sekunde zählte, und was werden sie fragen, was geschah indessen auf der Longhornranch.
Stetson: Gut so, da bleibt sie stehen, die Maschine, da will ich sie haben, danke für ihre Mitarbeit, Prof jetzt werde ich sie erschießen müssen.
vanDusen: Das glaub ich nicht mein lieber Stetson-Fillmore.
Stetson: Machen sie doch keine Schwierigkeiten Prof.
vanDusen: Schwierigkeiten werden ihnen andere machen, Stetson-Fillmore, drehen sie sich um, sehen sie dorthin.
Stetson: Reiter sie kommen hierher.
vanDusen: Allem anschein nach ein Aufgebot geführt wenn ich recht sehe vom Sheriff und von meinen Freund Mr Hatch.
Stetson: Gehen sie zur Seite Prof.
vanDusen: Sie beabsichtigen den Aeroplan zu starten.
Stetson: Der Tank ist voll, der Himmel steht mir offen, ich könnte sie noch immer erschießen Prof.
vanDusen: Was würde ihnen das nutzen.
Stetson: Da haben sie recht, leben sie wohl Prof van Dusen.
vanDusen: Ich warne sie, Stetson-Fillmore, ihr Aeroplan ist nur bedingt flugtauglich.
Stetson: Wir werden ja sehen, Prof.
Hatch: Die Flugmaschine mit Stetson-Fillmore im Sitz rollte immer schneller die Startbahn entlang, direkt auf uns zu, was sollten wir machen, wir spritzten auseinander, alle nur nicht unsere beiden Wildwestfossilien auf ihren klapprigen Maultieren, Bat Masterson zog seelenruhig einen vorsintflutlichen Revolver aus dem Gürtel, Pearl nahm gelassen ihr Lasso vom Sattelknopf.
Masterson: Feuer.
Masterson: Worauf schieß du denn du blindes Huhn.
Masterson: Auf den Flieger, du alte Granate.
Masterson: Das denkst du, du hast mir ein loch in den Hut geschossen, du Dösbakel.
Masterson: Hab ich nicht.
Masterson: Hast du wohl, dann muß ich wohl das teufelsding stoppen, duck dich Bat.
Hatch: Pearl Masterson warf ihr Lasso, die schlinge legte sich um die rechte Flügelspitze und rieß den aeroplan herum, er kam von der Startbahn ab, rollte auf das Wohnhaus zu, krachte gegen die Wand, die Stetson Fillmore II war ein brennendes Wrack.
vanDusen: Sie wäre ohnehin nicht weit gekommen.
Benteen: Stetson-Fillmore ist tot.
Bobby: Wie der arme Don Adams.
Hatch: Und wer erfindet jetzt den Motorflug, sie Prof.
vanDusen: Mein lieber Hatch, ich denke nicht daran, theoretisch ist der gesamte Komplex bereits geklärt, die Lösung der verbleibenden minimalen technischen Probleme liegt tief unter der Würde eines Prof DrDrDr Aug. van Dusen.
Hatch: Tja meine Damen und Herren, so kam es daß der Ruhm des Flugzeugerfinders nicht Prof van Dusen zufiel, nicht Don Adams und erst recht nicht Marmaduke Stetson-Fillmore, sondern ein gutes Jahr später den Gebrüdern Wright, den Namen kann man sich auch viel besser merken.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Roberta (Bobby) Benteen: Therese Hämer
Sheriff Benteen: Dietrich Körner
Marmaduke Stetson-Fillmore: Wolfgang Condrus
Bat Masterson: Herbert Weißbach
Pearl Masterson: Steffi Spira
Prof. van Dusen treibt den Teufel aus (RIAS 1992)
Hatch: Das Abenteuer um den schwarzen Magier, der vom Teufel geholt wurde, und zwar aus einem hermetisch verschlossenen Raum im Leichenschauhaus, dieses rätselhafte, unheimliche, und über alle Maßen makabre Abenteuer begann in einem gar nicht makabren Ambiente im Chambre Separee bei Delmonico an der Fifth Avenue, es war am Sonntag, dem 6. Januar 1901, spätabends um, ja genau das war der casus knaxus.
Hatch: Wie spät ist es Oskar?
Ober: Genau 2 Minuten vor 12 Uhr, Mr. Hatch.
Hatch: Um elf wollte sie hier sein Oscar.
Ober: Wenn sie mir die Bemerkung gestatten, Mr. Hatch, nach meiner unmaßgeblichen Erfahrung pflegen sich Damen, die mit einem Herrn verabredet sind nicht eben selten zu verspäten.
Hatch: Mit mir nicht Oscar, der Champagner wird warm, das Essen kalt, mir reichts Oskar ich gehe.
Ober: Aber Mr Hatch was wird aus ihrem erlesenen Mitternachtssoupe zu zweit.
Hatch: Essen sie Oskar oder werfen sies weg, machen sie was sie wollen.
Ober: Schade drum, Mr Hatch, wirklich schade drum.
Hatch: Schade um das soupe und schade um die Dame, Miss Dolli Polaksi, Künstlername Evelin Latorre, sie kennen sie, wenn sie den Fall verfolgt haben, der den Titel trägt Prof van Dusen spielt Weihnachtsmann, Tänzerin im Vudevile und Revuetheater Vanity Fair nicht weit vom Timessquare, die dritte von rechts, die mit den besonders langen Beinen, nach dem Fall waren wir uns menschlich näher gekommen, ziemlich nahe und jetzt ließ sie mich sitzen, um 11 hatte sie kommen wollen, gleich nach der Vorstellung, ich war stinksauer und trabte das kurze Stück runter zum Vanity fair, bis es plötzlich nicht weiterging, vor dem Bühneneingang stand eine Barriere in blauer uniform mit Kupferknöpfen.
Hatch: Wachtmeister Malone.
Malone: Eintritt verboten, gehen sie weiter.
Hatch: Aber Wachtmeister sie kennen mich doch, Hutchinson Hatch, rasender Reporter vom Daily New Yorker, ich bin die Presse, lassen sie mich durch.
Malone: Keiner darf rein Mr Hatch, auch nicht die Presse, und sie schon gar nicht Mr Hatch hat er gesagt.
Hatch: Wer hat das gesagt.
Malone: Detective Sergeant Caruso, aber das soll ich ihnen ja gar nicht sagen.
Hatch: Und was da drin passiert ist, sollen sie mir sicher auch nicht sagen.
Malone: Auf keinen Fall, Mr Hatch, das sagt er der Presse höchstpersönlich der Chef morgen im Präsidium.
Hatch: Was sagt er Malone.
Malone: Der Chef, na daß dieser Zauberkünstler erschossen worden ist auf der Bühne mitten in der Vorstellung von so einer Tänzerin.
Hatch: Tänzerin, aus dem Weg Malone.
Malone: Nicht doch Mr Hatch, halt bleiben sie stehn, kommen sie doch zurück.
Hatch: Ich dachte nicht daran, ich rannte durch Gänge, vorbei an Garderoben und Kulissen, bis auf die Bühne, hier blieb ich stehn, hier war ich richtig.
Pulaski: Hallo Hatchy.
Hatch: Sagt mal Dolly was denkst du dir eigentlich.
Caruso: Sie Mr Hatch darf doch wohl nicht wahr sein.
Hatch: Kaum traut er seinen Augen unser goldiger Plattfuß, jawohl Caruso ich bins der Traum ihrer schlaflosen Nächte.
Malone: Detective Sergeant, ich kann nichts dafür Detective Sergeant, weggeschubst hat er mich, einfach weggeschubst.
Caruso: Sie sind unfähig, Malone, ein Idiot, ein kompletter Versager.
Hatch: Ihre Schule, Caruso.
Caruso: Halten sie sich zurück Mr Hatch und sie Wachtmeister Malone sie gehen wieder auf ihren Posten.
Malone: Zu Befehl.
Hatch: 5 Personen blieben auf der hellerleuchteten Bühne, meine Wenigkeit, mein alter Kontrahent Detective Sergeant Caruso, meine neue Freundin Dolly Pulsaki übrigens noch in ihren geschmackvollen und stoffarmen Berufskleidung, ein ältlicher Typ mit grauem Bart und schwarzer Tasche, ein Arzt offenbar und der Patient, um den er sich bemühte, der sah allerdings aus als ob er keinen Doktor mehr brauchte, er lag auf dem Rücken, steif still totenblass, in Frack und schwarzer Pelerine, nur ein häßlicher roter Fleck auf der blütenweißen Hemdbrust störte das schwarzweiße Stilleben.
Pulaski: Er ist tot, Hatchy, deshalb bin ich hier nicht weggekommen, weil dein Freund Caruso mich verhaftet hat.
Caruso: Hören Sie Miss, Mister Hatch ist alles mögliche, ein Stänkerer, ein Schreiberling, ein falscher Fuchziger, weil man ihn nie los wird, aber eins ist er ganz bestimmt nicht, mein Freund.
Hatch: Daccord Caruso und sie sind eins ganz bestimmt, ein Volltrottel, wie kommen sie dazu Dolly zu verhaften.
Caruso: Miss Pulaski steht unter Mordverdacht, Mr Hatch, sie hat Dr. Faustus erschossen.
Pulaski: Hab ich nicht.
Caruso: Haben sie doch, habs doch gesehen und alle anderen Besucher auch, sie haben die Pistole abgedrückt.
Pulaski: Ja schon aber ich konnte doch nicht ahnen.
Padmore: Bitte meine Herrschaften, ein wenig Pietät im Angesichts des Todes.
Caruso: Schon gut Dr Padmore aber Hatch regt mich immer so auf.
Hatch: Von mir aus können sie sich wieder abregen, Caruso, ich bin bereit das Kriegsbeil zu begraben, vorläufig.
Caruso: Soll mir recht sein Mr Hatch.
Hatch: Aber nur wenn sie mich nicht vor die Tür setzen und wenn ich endlich erfahre was hier los ist.
Caruso: OK Mr Hatch, wo sie schon mal hier sind, in Befolgung des an meine Person ergangenen dienstlichen Auftrages begab ich mich in den Abendstunden des heutigen Tages in das an der 43. Straße gelegene Vaudville Theater Vanity Fair.
Pulaski: Das ist ja nicht zum anhören, klappen sie ihr dienstliches Berichtsorgan zu, lassen sie mich erzählen also paß auf Hatchy halb 10 vorletzte Nummer im Programm unser Hexenballett wo wir auf Besenstielen über den Blocksberg reiten, weißt du, Riesenbeifall wie immer. Licht aus, Tusch, Licht wieder an und er steht auf der Bühne.
Hatch: Wer.
Pulaski: Na er hier Dr Faustus.
Padmore: Der verewigte.
Caruso: Richtiger Name Wiliam Bliss, Beruf Zauberkünstler.
Pulaski: Er steht also da pikobello vom Zylinder bis zu den Lackschuhen und fängt an.
Bliss: Was ich ihnen in den kommenden Minuten präsentieren werde, das haben sie in ihrem Leben noch niemals gesehen, vor ihren Augen wird eine Pistole auf mich abgefeuert werden, eine Pistole welche ebenfalls vor ihren Augen mit einer todbringenden Kugel geladen werden wird, doch diese Kugel wird nicht mein Herz durchbohren, ich werde sie ohne Schaden zu nehmen in meiner rechten Hand auffangen, wie ist dies möglich, so werden sie fragen, kein ausgeklügeltes Kunststück kein billiger Trick, sondern wirklich und wahrhaftig schwarze Magie, nichts kann mir zustoßen, ich stehe unter mächtigen Schutz, denn vor zeiten hab ich einen Pakt geschlossen mit dem Herrn und Meister aller schwarzen Magier der da genannt wird Mephistofeles oder auch Luzifer, Belzebub, Satanas, der Fürst der Finsternis, ich bitte um Ruhe und um ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, der Behälter welchen sie auf diesem Tisch erblicken, enthält Pistolen und Patronen, befindet sich im Saal ein Experte für Schußwaffen, ein Offizier vielleicht oder Weidmann.
Caruso: Ja hier ich.
Bliss: Sehr gut kommen sie auf die Bühne Mister.
Caruso: Caruso ist mein Name.
Bliss: Treten sie näher, Senior Caruso, prüfen sie Waffe und Ladung.
Hatch: Na so was, sie waren also schon hier, Caruso, bevor was passiert war, im Publikum, während der Vorstellung, wie das, wollten sie sich einen fröhlichen abend machen.
Caruso: Wo denken sie hin, Mr Hatch, ich befand mich an diesem Ort in Befolgung eines dienstlichen Auftrags.
Hatch: Richtig, und wie lautete ihr Auftrag Caruso.
Caruso: William Bliss alias Dr Faustus zu beschatten und nicht aus den Augen zu lassen.
Hatch: Wieso, hat er was ausgefressen.
Caruso: Das kann man wohl sagen Mr Hatch.
Hatch: Ein Bankräuber war unser schwarzer Magier, erzählte Caruso, einer von der ganz gerissenen Sorte, seit 2 Jahren trat er überall in den USA auf, von New Orleans bis Seattle, von San Francisco bis Baltimore, als Dr Faustus, Zauberer und Entfesslungskünstler, und immer dann wenn er in einer Stadt ein Gastspiel gab, wurden in eben dieser Stadt die Tresore der großen Banken ausgeräumt, lautlos, spurlos in nächtlicher Dunkelheit.
Caruso: Der Täter geht durch jede Stahltür, löst nie Alarm aus, jedes Schloß kann er knacken und wieder schließen, ein Zauberer, ein Entfesslungskünstler, einer wie Houdini, und da haben wir 2 und 2 zusammen.
Hatch: Sie Caruso, kann ich mir nicht vorstellen.
Caruso: Kripochef Delamier persönlich hat den Fall an sich gezogen, seit Bliss vor einer Woche nach NewYork kam wird er rund um die Uhr überwacht, tags ist Kollege Murphy dran und nachts.
Hatch: Rigoletto Caruso, Schrecken der Unterwelt und Spezialist für magische Fälle, siehe lady liberty vor gut 2 Wochen, verstehe, und wie gings weiter, sie haben Waffen und Ladung inspiziert.
Bliss: Nun Senior Caruso.
Caruso: Alles einwandfrei, 2 einschüssige Scheibenpistolen Typ luna büchel Kaliber 6mm und 2 passende Patronen Rammington 22 short.
Bliss: Platzpatronen Senior Caruso.
Caruso: Ganz bestimmt nicht, scharfe Ladung, solides Blei.
Bliss: Vielen Dank, treten sie bitte zur Seite, vielleicht ist eine der reizenden Hexen, Verzeihung Damen des Ballets so freundlich eine Pistole auszuwählen und sie mit einer der Patronen zu laden, wie wäre es mit ihnen schöne Frau.
Pulaski: Gott warum nicht, mit Pistolen kann ich umgehen, im Centralpark hinter dem Museum, weißt du noch Hatchy, ich hab also eine Pistole ausgesucht und geladen.
Hatch: Die Patronen Dolly, hast du sie selbst aus dem Kasten genommen.
Pulaski: Nein ich mußte darauf zeigen und Dr Faustus hat sie mir dann in die Hand gegeben.
Hatch: Und dabei hat er sie blitzschnell ausgetauscht, ganz alter Trick gegen eine Patrone mit einer Kugel aus Wismut und Quecksilber die löst sich gleich nach dem Abschuß in Luft auf.
Caruso: Was sie alles wissen Mr Hatch.
Pulaski: Blas dich nicht so auf Hatchy das hat dir doch bestimmt Prof van Dusen gesagt.
Hatch: Na und.
Pulaski: Also ich stand hier mit geladener Pistole, und Dr Faustus ging rüber auf die andere Seite, schlug die Pelerine auseinander, stellte sich in Positur.
Bliss: Und nun Schönste aller Frauen zielen sie, hierher auf mein Herz, sehr gut, sie haben nicht nur entzückende, sie haben auch eine feste Hand, drücken sie ab, nur keine Hemmungen.
Pulaski: Wenn sie unbedingt wollen.
Bliss: Ich bitte darum meine schönste, Feuer, ah.
Pulaski: Tja Hatchy so war das, Dr Faustus griff sich an die Brust, fiel um, zuckte nochmal und war dann ganz still, ich dachte vielleicht ist das ein geplanter Gag und wartete, aber als nichts passierte ging ich rüber, Faustus hatte Blut auf der Brust, er atmete nicht, sein Puls stand still, das konnte kein Gag sein, das Publikum wurde immer unruhiger.
Caruso: Ruhe, kein Grund zur Aufregung, alles ist unter Kontrolle, ich bin Polizeibeamter detective seargent, was jetzt.
Pulaski: Arzt.
Caruso: Was.
Pulaski: Arzt, wir brauchen einen Arzt.
Caruso: Richtig, ist ein Arzt im Saal.
Padmore: Hier, ich bin Mediziner.
Caruso: Wunderbar kommen sie rauf Dr.
Padmore: Padmore, Dr. Thomas P Padmore, Pathologe am Bellevue hospital.
Caruso: Das heißt sie sind städtischer Angestellter und als solcher befugt die Funktion eines Polizeiarztes auszuüben.
Padmore: So ist es Detective Sergeant.
Caruso: Das trifft sich gut, untersuchen sie den Zauberkünstler, sie meine Herrschaften verhalten sie weiterhin ruhig, und sie Miss, sie sind vorläufig festgenommen.
Pulaski: Ich, warum.
Caruso: Sie haben die Pistole geladen Miss und abgefeuert.
Padmore: Der Mann ist tot Detective Sergeant.
Caruso: Aha, Todesursache Doktor.
Padmore: Ein Schuß auf der linken Brustseite direkt über dem Herzen, genaueres kann ich ihnen natürlich erst nach der Obduktion sagen.
Caruso: Wann wird das sein, Doktor.
Padmore: Morgen, lassen sie den Toten ins städt. Leichenschauhaus schaffen.
Pulaski: Das war so kurz nach 10, seitdem warten wir.
Hatch: Worauf.
Caruso: Auf den städt. Leichenwagen, das Publikum hab ich natürlich nach hause geschickt, und ich hab mir vom nächsten Revier ein paar Leute kommen lassen zum absperren und so.
Padmore: Wenn sie mich benötigen, werde ich mich empfehlen, es ist spät.
Caruso: Kann man wohl sagen, 5 vor 1, ok Doc.
Padmore: Dann bis morgen früh im Obduktionsraum im Leichenschauhaus.
Hatch: Komm Dolly wir gehen auch.
Caruso: Sie können gern verschwinden, Mr Hatch, meinen Segen haben sie, aber Mrs Pulsaki bleibt im Gewahrsam.
Pulaski: Nein.
Hatch: Gut bleib ich auch, Hutchinson Hatch ist Kavalier.
Pulaski: Krieg dich wieder ein Hatchy.
Hatch: Reporter ist er auch, aus der Geschichte läßt sich was machen, tragischer Tod eines Zauberkünstlers, tödlicher Trick im Theater, Caruso blamiert sich.
Hatch: Zwischen halb zwei und zwei Uhr nachts zottelte eine seltsame Karawane durch Manhattan vom time square zum Eastriver vorneweg gezogen von zwei klapprigen Gäulen der städt. Leichenwagen, Inhalt ein toter Zauberer, ein lebendiger Wachtmeister Malone, zwei dito Kollegen und natürlich der städt leichenkutscher, hintendran mein Winton Sport, den ich vor Delmonicos Restaurant geparkt hatte, chauffiert vom Besitzer, Dolly saß neben mir, einen Waschbärmantel über ihrem Hexenkostüm, bewacht von Detective Sergeant Caruso auf dem Klappsitz. Das Leichenschauhaus der Stadt New York ist ein einstöckiger Ziegelbau auf dem Gelände des Bellevue Hospital, zwischen Eastriver und 1 Avenue, alles war ruhig als wir ankamen, ein verschlafener Angestellter machte uns auf und führte uns über eine kurze Treppe nach unten zum Kühlraum im Keller, da wurde der selige Mr Bliss ausgezogen und mit einem Zettel am Zeh in eine Schublade gelegt, Tür zu, Treppe wieder rauf, Kleider im Schrank einschlossen, so das wäre erledigt.
Caruso: Dr. Padmore ist ihnen bekannt.
Angestellter: Klar kenn ich Dr Padmore, hat oft bei uns zu tun, holt sich immer mal wieder ein Arm, ein Bein oder was er sonst so braucht in der Pathologie.
Caruso: Um so besser, morgen früh um 8 ist er hier um den Toten zu obduzieren, also dann kommen sie Miss Pulaski.
Pulaski: Nein.
Caruso: Nein.
Pulaski: Nein ich will nicht, ich bin müde, ich will ins Bett, in mein Bett, nicht in eine Zelle in der Mulberry street, ich geh nicht mit, freiwillig nicht, da müssen sie mich schon mitschleifen.
Hatch: Bravo Dolly, unglaublicher Fall von Polizeibrutalität macht sich gut morgen im Daily New Yorker, holen sie schon die Handschellen raus, Caruso lassen sie ihre Knechte knüppeln, nur zu Caruso.
Pulaski: Sag mal Hatch bist du noch ganz dicht.
Hatch: Keine Angst Dolly, die Presse steht hinter dir.
Pulaski: Vor mir wäre mir lieber.
Bliss: Ah.
Hatch: Was war das.
Angestellter: Das das kam aus dem Kühlraum, aber da ist keiner.
Caruso: Jedenfalls keiner der noch schreien kann,
Pulaski: Sehen wir doch mal nach.
Hatch: Also wieder die Treppe runter, vorsichtig hintereinander wie weiland die sieben Schwaben, nur daß wir 5 waren, Dolly, ich, der Leichenwart, Wachtmeister Malone und Caruso der nach hinten absichert, Dolly griff nach der Klinke, drückte sie runter, rüttelte, die Tür zum Kühlraum ging nicht auf.
Pulaski: Abgeschlossen.
Angestellter: Was, aber das kann nicht angehen, zu dieser Tür gibts nur einen Schlüssel hier in meiner Tasche und eben als wir unten waren hab ich nicht abgeschlossen, bestimmt nicht.
Caruso: Halten Sie keine Volksreden, Mann schließen sie auf.
Angestellter: Ich versteh das nicht.
Hatch: Ach du dicker Vater, Blut.
Pulaski: Wäh und wie das stinkt.
Hatch: Schwefel und noch was anderes.
Malone: Detective Sergeant sehen sie mal, die Schublade wo wir den Toten reingelegt haben die steht offen.
Caruso: Leer, die Schublade ist leer.
Hatch: Und die Leiche ist weg.
Angestellter: Ich versteh das nicht, so was hatten wir noch nie.
Hatch: Die Leiche lag nicht in ihrer Lade und auch in keiner anderen, der Raum war kahl, es gab kein Versteck, der tote Dr Faustus alias William Bliss war und blieb verschwunden, allerdings nicht spurlos, auf dem Fußboden sahen wir ein paar sehr merkwürdige Dinge, die 10min früher ganz sicher noch nicht dagewesen waren, ein kleines Messingbecken irgendwie orientalisch, in dem was schwefeliges vor sich hinkokelte, ferner ein dunkelgrünes Kraut, das zum Himmel stank, eine Blutlache und eine mit Blut gezeichnete Figur, ein Fünfeck, zwei Spitzen nach oben, von der Lache führten blutige Spuren zur Tür, rechts ein Fuß, ein nackter menschlicher Fuß und links daneben eine Art gespaltener Halbkreis der aussah wie ein Huf.
Pulaski: Ein Pferdefuß.
Caruso: Porca madona, ildiavolo.
Hatch: Der Teufel, malen sie den bloß nicht an die Wand Caruso.
Schwester: Hilfe der Teufel, hilfe.
Angestellter: Hören sie da draußen.
Hatch: 5 Minuten später brachte uns einer von Carusos Mannen eine verstörte Krankenschwester, nichts böses ahnend war sie zum Frühdienst ins Hospital geeilt, und dabei war ihr in einem Gebüsch zwischen Bellevuehospital und leichenschauhaus der leibhaftige Teufel begegnet.
Schwester: Der Mond schien hell, und ich hab ihn gesehen, ganz deutlich, es war furchtbar.
Caruso: Wie sah er aus.
Schwester: Gräßlich, ganz schwarz, Hörner hat er gehabt und Blut im Gesicht.
Malone: Der leibhaftige, alle Geister loben gott den herrn.
Caruso: Amen, ich sag ihnen was Malone, das ist kein Fall für die Polizei, wir brauchen einen Priester, einen Exorzisten, einen Teufelsaustreiber.
Hatch: Da bin ich ausnahmsweise ganz ihrer Ansicht Caruso, wir brauchen einen Teufelsaustreiber und ich weiß auch schon wen, gibts hier ein Telefon.
Angestellter: Oh ja Sir drüben am Schreibtisch.
Hatch: Sie wissen natürlich, wen ich anrufen wollte, endlich werden sie sagen, es ist ja schon fast Halbzeit, Magie, Teufelspuk alles gut und schön aber auf die Dauer kein Ersatz für die mentale Brillanz einer Denkmaschine, doch jetzt ist es soweit, jetzt tritt er auf, wenn auch vorerst nur am Telefon, Prof DrDrDr Augustus van Dusen, der größte Wissenschaftler und Amateurkriminologe aller Länder Völker und Zeiten.
vanDusen: Hatch.
Hatch: Ja.
vanDusen: Sie.
Hatch: Ja.
vanDusen: Um diese Zeit, sie wissen wie spät es ist.
Hatch: Na klar Prof genau 2 Uhr 49 mitten in der Nacht, sie schlafen doch nicht etwa.
vanDusen: Wo denken sie hin, ich befinde mich inmitten eines überaus wichtigen wenn nicht gar epochalen chemischen Experiments, welches weder Störung noch Aufschub dulden, verschonen sie mich also mit ihren telefonischen Quisquelien, leben sie wohl.
Hatch: Augenblick Prof, Augenblick ein Fall, ich habe einen Fall für sie, einen hochinteressanten wenn nicht gar epochalen kriminologischen Fall.
vanDusen: Und wenn sie mir Jack the Ripper höchstpersönlich offerieren.
Hatch: Jack the Ripper, viel besser, ich offeriere ihnen den Teufel, dazu schwarze Magie und einen hermetisch verschlossenen Raum im Leichenschauhaus, ferner biete ich einen zaubernden Bankräuber, der unter höchst mysteriösen Umständen zu tode gekommen und danach von Teufel geholt worden ist, sind sie noch da Prof.
vanDusen: Ja ja, in der Tat, mein lieber Hatch, beinahe könnte ich mich versucht fühlen, ihrem Lockruf zu folgen und der von ihnen so verführerisch dargebotenen Angelegenheit auf den Grund zu gehen.
Hatch: Bitte, hab ich mir doch gedacht, daß sie da nicht widerstehen können Prof, sie kommen also in städt. Leichenschauhaus, stehenden Fußes.
vanDusen: Sobald ich mein Experiment abgeschlossen habe, in genau 3 Stunden 10 Minuten.
Hatch: Und was soll ich Ihnen sagen, Schlag 6 Uhr morgens war er da der große Mann, er ließ sich von uns kurz schildern, was vorgefallen war und machte sich dann gleich daran, das geheimnisvolle Arrangement im Kühlraum in analytischen Augen-schein zu nehmen, so wie er das immer macht mit hm aha so und scheinbar geistesabwesendem hin und her spazieren.
vanDusen: Soso, aha ein Pentagramm.
Hatch: Das komische Fünfeck meinen sie.
vanDusen: Ganz recht, es handelt sich jedoch nicht um das in der sog weißen Magie häufig angewendete Pentagramm, sondern um dessen satanische Umkehrung, die beiden nach oben zeigenden Spitzen stehen für die Hörner welcher landläufiger Meinung zufolge Luzifers Haupt zieren,
Hatch: Also tatsächlich der Teufel.
vanDusen: So scheint es, auch die auf die Geruchsnerven wirkenden Materialien weisen eindeutig auf den Herrn der Finsternis hin, Schwefel, Juosziamus Niger, schwarzes Bilsenkraut, auch bekannt als Teufelswurz, sein Geruch.
Hatch: Stinkt wie Durchfall im Raubtierhaus.
vanDusen: Sein Geruch gehört zu den in der esoterischen Literatur gemeinhin mit dem Teufel verbundenen Düften, wie auch unter anderem Opium, Alraune, Moschus und Myrrhe, beim letzteren handelt es sich im Gegensatz zu Schwefel und Binsenkraut um recht rare und entsprechend kostspielige Ingredienzen.
Hatch: Ein sparsamer Teufel.
vanDusen: So könnte man sagen, was nun die blutigen Fußabdrücke betrifft sehe ich keinerlei Mysterien, ein Fuß ist stets zur Hand wenn sie mir das Wortspiel gestatten.
Hatch: Bitte bitte, aber der Huf, Prof.
vanDusen: Läßt sich auf höchst simple weise bewerkstelligen, etwa mittels eines zugeschnittenen Kartons oder auch durch eine geschickt eingesetzte Faust, lassen wir dies vorerst dahingestellt, versprachen sie mir nicht einen hermetisch verschlossenen Raum.
Hatch: Was haben sie daran auszusetzen, kein Fenster, und die Tür nach außen hatten wir ständig im Auge, oben an der Treppe.
vanDusen: Gewiß und diese zweite Tür.
Hatch: Führt in den Obduktionsraum, ja machen sie sich keine Hoffnungen, nur 1 Zugang nämlich diese Tür und auch kein Fenster und vor allem keine Leiche, wir haben nachgeguckt.
vanDusen: Haben sie, verschlossen, wo ist der Schlüssel.
Hatch: Den hat der Leichenwart.
vanDusen: Rufen sie ihn, lassen sie die Tür öffnen.
Hatch: Wie euer Lordschaft befehlen. Ich weiß nicht was van Dusen erwartet hatte, der Obduktionsraum sah aus wie Obduktionsräume eben aussehen, steril, weiß gekachelt, ein großer Tisch in der Mitte, an den Wänden Waschbecken, Kühlbox und ein paar Schränke für Chemikalien, Messer, Sägen usw, wie gesagt kein Fenster.
vanDusen: Wohl aber Wasserleitungen.
Caruso: Soll das ein Witz sein, da paßt doch keine Leiche durch.
vanDusen: Nicht zu vergessen den in die Decke eingelassenen Ventilationsschacht, Durchmesser ca.
Angestellter: 39 cm genau, nach zwei meter knickt der Schacht ab fast rechtwinklig und führt in flacher Steigung an die Oberfläche und da ist er abgedeckt durch ein fest verschraubtes Gitter.
Caruso: Auch da geht keine Leiche durch, höchstens eine ganz kleine, Bliß war zwar nicht der größte, aber ein Zwerg war er auch nicht.
Hatch: Zwerg, Zwerg, ich habe eine Idee.
vanDusen: Sie setzen mich in Erstaunen.
Hatch: Ein Zwerg, er schraubt oben das Gitter ab, kriecht durch den Schacht, knackt das Schloß zum Kühlraum nebenan, holt den toten Bliss aus der Schublade, zerlegt ihn in kleine Stücke, und bringt ihn so nacheinander raus, das wäre doch möglich.
vanDusen: Glauben sie, in max 10 Minuten ohne Hinterlassung einschlägiger Spuren, ganz zu schweigen vom fehlenden Motiv, von den plötzlich im Kühlraum präsenten satanischen Parafernalien, ihre journalistische Fantasie in ehren.
Hatch: Es muß eine Lösung geben.
vanDusen: Natürlich gibt es eine.
Caruso: Natürlich, sagen sie lieber unnatürlich, Logik, Analyse, dingsbums, das nutzt ihnen bei dem Fall überhaupt nichts, der Teufel hat ihn geholt, diesen Bliss, er hat ja selbst zugegeben, daß er einen Pakt mit Luzifer geschlossen hat und wie so was ausgeht das weiß man doch.
Hatch: Der Prof schnaubte nur verächtlich und begab sich in höhere Regionen, um ein bißchen nachzudenken. Es war ganz gemütlich im Büro des Leichenschau- hauses, Dolly döste im Schreibtischsessel, der Leichenwart kochte uns Kaffee, Ruhe und Frieden rings umher bis kurz nach 7.
Malone: Detective sergeant.
Caruso: Was gibt es Wachtmeister Malone.
Malone: Melde gehorsamt, habe soeben eine Leiche entdeckt.
vanDusen: Wo Wachtmeister.
Malone: Draußen im Gebüsch, gar nicht weit, nur ein paar Meter, ich wollte ein bißchen an die frische luft, und da trete ich auf einmal auf etwas weiches, ich leuchte mit meiner Laterne und denke, na so was eine Leiche, ein Mann, nackt sieht schlimm aus, und wie ich so gucke und denke da fällt mir ein daß sie eine Leiche vermissen.
vanDusen: Führen sie uns zum Fundort Wachtmeister.
Hatch: Es war wirklich William Bliss alias Dr Faustus, um das festzustellen, mußte man allerdings genau hingucken, überall blutige Wunde, Kratzer, Beulen, irgend jemand, irgendetwas hatte den Toten auf unerklärliche Weise aus dem Kühlraum entführt, schrecklich zugerichtet und im Gebüsch deponiert wer oder was der Teufel, auf der Brust über der Schußwunde war jedenfalls ein satanisches Pentagramm eingeschnitten und als Malone und Kollegen die Leiche hochhoben um sie wieder ins Schauhaus zu bringen tauchte im Schein der polizeilichen Blendlaterne was weißes auf.
Caruso: Was ist das.
Hatch: Stück Papier wie es aussieht.
vanDusen: Schriftstück, sieh da, sehr interessant, lesen sie vor Hatch.
Hatch: Bitte sehr, bitte gleich, oben drüber steht Vertrag, und darunter hiermit bestätige ich daß ich Satan den erhabenen und allmächtigen als mein Herrn und Meister anerkenne, ich werde ihm dienen und gehorchen und ihm zu gefallen sämtliche Gebote gottes wie auch staatliche Gesetze und die Prinzipien der Moral mit Füßen treten, als Gegenleistung sagt Satan mir Reichtum Lust und Wohlergehen für einen Zeitraum von 10 in Worten 10 Jahren fest zu, nach Ablauf dieser Frist gehen meine Seele und mein Leib in das alleinige Eigentum Satans über, 6. Januar 1891 gez William bliss, das ganze in Handschrift, rote Tinte.
Caruso: Rote Tinte, das ist ein Teufelspakt, und einen Teufelspakt schreibt man mit Blut Mr Hatch.
vanDusen: Datiert auf den 6. Januar 1891, vor 10 Jahren und einem Tag.
Caruso: Und gestern Abend hat ihn der Teufel geholt, mit Leib und Seele wies da steht, heiliger Genaro von Neapel steh mir bei.
Hatch: Caruso schlug ein kreuz nach dem anderen, und auch ich war innerlich leicht daneben, ein bißchen viel Teufelei, wenn sie mich fragen. Zurück ins Leichenschauhaus, Dolly hatte inzwischen gesellschaft bekommen, Doctor Padmore.
Padmore: 8 Uhr, meine Herrschaften, die Obduktion kann beginnen, das heißt sofern es etwas zu obduzieren gibt, wie mir Miss Pulaski berichtet ist die fragliche Leiche aus dem Kühlraum verschwunden und hat sich später an anderer stelle wieder eingefunden unter ungewöhnlichen, unheimlichen ja unnatürlichen Umständen, was ist geschehen.
Hatch: Dr. Padmore wurde informiert und war hocherfreut, richtig begeistert, sein würdevoller Bart wippte vor Wonne.
Padmore: Wunderbar, ein authentischer unanfechtbar verifizierter Fall einer genuin sanatischen Manifestation, ich werde sogleich einen bericht für die okulte Rundschau verfassen.
vanDusen: Ah sie sind der Dr Padmore, der Okkultist, Spiritist.
Padmore: Und esoterische Hermetiker, Autor von das Geheimwissen der orientalische Fakire, Vampirismus in Transsylvanien, okkulte Praktiken unter den Naturvölkern etc etc, und mit wem habe ich die Ehre.
vanDusen: Van Dusen.
Hatch: Prof Dr.Dr.Dr. etc etc.
Padmore: Prof van Dusen der bekannte Naturwissenschaftler, der militante Skeptiker und Agnostiker.
vanDusen: Wenn sie meine Person so zu definieren wünschen Dr Padmore.
Padmore: Was sagen sie jetzt, sie ungläubiger Thomas, es dürfte ihnen schwerfallen, für die Phänomene dieser Nacht eine sog. natürliche Erklärung zu finden, eine derart intensive Demonstration jenseitiger Mächte muß selbst den großen Prof van Dusen zum verstummen bringen.
vanDusen: Keineswegs Dr Padmore, was sie für eine satanische Manifestation halten, bringt mich zum forschen, zum untersuchen, kommen sie.
Padmore: Wohin.
vanDusen: In den Obduktionsraum, deshalb sind sie doch hier, wir werden die Obduktion des toten William Bliss gemeinsam durchführen.
Hatch: So geschah es, wieder senkte sich Stille über das Leichenschauhaus, gelegentlich drangen makabere Geräusche gedämpft aus den unteren Regionen, nach einer knappen Stunde erschien der Prof an der Treppe, zwischen Daumen und Zeigefinger seiner blutigen rechten Hand hielt er ein kleines ovales Objekt.
vanDusen: Ein Bleigeschoß und wenn ich nicht irre.
Hatch: Sie doch nicht Prof.
vanDusen: Die Spitze einer Remingston Patrone, Kaliber 22 short.
Pulaski: Ja so eine Patrone hab ich in die Pistole getan vorhin im Theater.
vanDusen: Apropos wo befindet sich die von Miss Pulaski geladene und abgefeuerte Waffe.
Caruso: Hier Prof die Tatwaffe, Beweisstück a polizeilich eingezogen und sichergestellt.
vanDusen: So und wo befindet sich die zweite.
Caruso: Die was.
vanDusen: Miss Pulaski hatte die Wahl zwischen zwei typgleichen Scheibenpistolen, ich frage sie Caruso, wo befindet sich die zweite Pistole.
Caruso: Was weiß ich, im Theater wahrscheinlich.
vanDusen: Schicken sie einen ihrer Männer ins Vanity fair lassen sie das feststellen.
Hatch: Caruso grummelte, aber nur leise und scheuchte Wachtmeister Malone los, Prof van Dusen hatte aber noch was auf dem Herzen.
vanDusen: Ein höchst kurioser pathologischer Tatbestand.
Hatch: Glaub ich ihnen aufs Wort, so wie der arme Kerl zugerichtet ist.
vanDusen: Davon rede ich nicht, die ins Auge fallenden Verletzungen der Leiche sind lediglich oberflächlicher Natur, Nebensache, drum und dran wie sie sich ausdrücken würden, ich meine etwas anderes, nach ihren Angaben wurde Bliss gestern abend gegen 9 Uhr 45 erschossen das heißt vor mehr als 11 Stunden, nun beginnt die leichenstarre rigor mortis wie wir Fachleute sagen bekanntlich 5 Stunden nach eintritt des Todes, und weitere 7 Stunden später ihre volle Wirkung zu entfalten, das bedeutet.
Hatch: Bliss müßte jetzt praktisch durch und durch steif sein vom Kopf bis zu den Füßen.
vanDusen: Richtig, er müßte, rigos mortis hat jedoch erst Augenlider und Kiefer erfaßt, ein wichtiger, ein entscheidender Hinweis.
Hatch: Soll sein Prof.
vanDusen: Ein weiteren, den letzten bedeutungsvollen Hinweis muß und wird uns das professionelle Vorleben des Toten liefern, vor 2 Jahren so hat Caruso mich informiert, ist Bliss in Amerika aufgetaucht und aufgetreten als Illusionist, Entfesslungskünstler und als Bankräuber, was hat er vorher getrieben, Miss Pulaski wissen sie ob Bliss alias Dr Fausus sich eines Agenten bediente.
Pulaski: Nein Prof, dh ja ich meine ja ich weiß.
vanDusen: Ja aber.
Pulaski: Nein, er hatte kein Agenten, Auftrittsverhandlungen hat er immer selbst geführt, aber warten sie mal, Prof mir fällt was ein, wer besser gesagt, Prinzessin Pastrami.
vanDusen: Erklären sie sich näher Miss Pulaski.
Pulaski: Prinzessin Pastrami ist eine alte Artistin, uralt 90 jahre oder mehr, sie ist im Zirkus geboren, hat im Zirkus gelebt und weiß alles über jeden Artisten.
vanDusen: Was sie nicht sagen, und wo pflegen Hoheit Hof zu halten.
Pulaski: Hier Prof in new york, im fliegenden Trapez, das ist die Artistenkneipe in der 44 Straße nicht weit vom vanity fair.
vanDusen: In einem Lokal, auch zu dieser recht frühen Tageszeit.
Pulaski: Zu jeder Tages- und Nachtzeit Prof.
vanDusen: Danke Miss Pulaski, mein lieber Hatch, sie werden sich stehenden Fußes in besagte Lokalität begeben die fragliche Person aufsuchen und sie über Bliss befragen vor allem wünsche ich folgendes zu erfahren.
Hatch: was das war wird erst später enthüllt, schreckliche Angewohnheit ich weiß aber nützlich für den Spannungsbogen, wie wir Fachleute sagen, trotz der frühen Stunde war das fliegende Trapez gut besucht, der Barkeeper zeigte mir Prinzessin Pastrami, sie saß an einem kleinen Tisch vor einem großen Glas, eine ganz alte winzige Frau verschrumpelt zerknittert kontaktfreudig und sehr gesprächig.
Pastrami: Alles erzähl ich ihnen junger Mann alles was sie wollen, wenn sie öl ranschaffen.
Hatch: Öl.
Pastrami: Schmieröl junger Mann für Zunge und Kehlkopf.
Hatch: Verstehe, was trinken sie.
Pastrami: Gin.
Hatch: Und.
Pastrami: Nichts und, junger mann, Gin, nur Gin, solo.
Hatch: Kein Soda.
Pastrami: Wäh krieg ich Blähungen von.
Hatch: Und Wermut
Pastrami: Macht Kopfschmerzen, junger Mann, Gin nur Gin.
Hatch: Von mir aus, es war ihr Kopf und ihr Magen, ich bestellte Gin und sie erzählte.
Pastrami: Bliss, klar kenn ich den, kannte ihn schon als er noch nicht Bliss hieß.
Hatch: Ach und wie hieß er.
Pastrami: Blissek, Willem Bllisek, er ist nämlich drüben geboren in Europa auf dem Balkan, Ruritanien, Kravonien, Transylvanien in dem dreh.
Hatch: Transylvanien wo die Vampire hausen.
Pastrami: Keine Ahnung junger Mann, im Zirkus gibs kein Vampire, und Blissek war beim Zirkus, Wandercircus, kleine Klitsche.
Hatch: Was er da gemacht.
Pastrami: Was so anlag, junger Mann, angefangen hat er als Akrobat, dann war er Clown, Schlangenmensch, Jongleur, schließlich Zauberer, viel verdient hat er nicht, darum hat er Nebenjobs, Taschendiebstahl, Einbruch und dabei haben sie ihn erwischt und Blissek mußte sitzen ja und als er rauskam ging er übern großen Teich, vor gut 2 Jahren war das und hier fing er noch mal an neuer Name neues Programm, Dr Faustus schwarzer Magier und Entfesslungskünstler ala Houdini, neues Glück.
Hatch: Na würd ich nicht unbedingt sagen, ja ich muß gehen.
Pastrami: Bleiben sie sitzen, was wollen sie mit Bliss, kleiner Fisch, nichts dran lassen sie sich was erzählen über Prinzessin Pastrami, die große Pastrami überall bin ich gewesen junger Mann, altern foss, barnum und baily, alles hab ich gemacht, Dame ohne unterleib, Dame mit vollbart, größte Frau der Welt, können sie sich das vorstellen, junger Mann, zersägte Frau, Seiltänzerin, Madam Zora mit der magischen Kristallkugel, als Aushilfe auch mal Elefantenboy.
Hatch: Als ich wieder ins Leichenschauhaus kam war es 11, ich wurde erwartet, alle saßen sie aufgereiht im Büro Dolly Caruso mit Fefolge, Dr Padmore, der Leichenwart der seinen Platz hinter dem Schreibtisch an van Dusen abgetreten hatte, dem sagte ich leise was ich im fliegenden Trapez erfahren hatte, er nickte zufrieden, stand auf hob die Hand, ich wußte was jetzt kam, die große Aufklärungsarie, der Fall war gelöst oder.
vanDusen: Selbstverständlich, nehmen sie Platz, verhalten sie sich bitte ruhig, lassen sie mich beginnen, meine Herrschaften, heute nacht um 2 Uhr wurde William Bliss im Kühlraum dieses Hauses verwahrt, sie Caruso, Wachtmeister Malone nebst Genossen, mein lieber Hatch, und natürlich auch sie Miss Pulaski schlossen danach die Tür und stiegen die Treppe empor, noch während sie dies taten, geschah im Kühlraum folgendes, die vermeintliche Leiche.
Caruso: Vermeintlich.
vanDusen: Erhob sich.
Caruso: Der Kerl war tot, Prof, tot wie ein Türnagel.
vanDusen: Sie irren Caruso, Bliss war nicht tot, er wirkte lediglich wie ein toter, er hatte sich vermutlich mittels Autohypnose in ein selbstinduziertes kataleptisches Koma versetzt.
Caruso: So und was heißt das.
vanDusen: Starrkrampf, Caruso, Scheintod, ein unter orientalischen Fakiren gebräuchliches Verfahren welches jedoch auch Illusionisten unserer breiten nicht gänzlich unbekannt ist.
Pulaski: Aber der Mann ist doch erschossen worden Prof ich war dabei, ich habs gesehen.
Caruso: Sie habens getan meinen sie.
Pulaski: Jetzt fangen sie nicht wieder damit an.
vanDusen: Ich ersuche sie um Ruhe, natürlich wurde Bliss nicht erschossen, was sich auf der Bühne des Vanity fair abspielte war eine Illusion, ein Trick, bevor sie abdrückten, Miss Pulaski hatte Bliss die Patrone vertauscht.
Hatch: Die Hand ist schneller als das Auge.
vanDusen: Wie ich höre haben sie bei unserem letzten Fall gut aufgepaßt, die Kugel die den Lauf verließ war ein unschädliches Geschoß möglicherweise eine Kombination von Wismut und Quecksilber.
Hatch: Na was hab ich gesagt.
vanDusen: Vielleicht aber auch eine schlichte Wachskugel wie sie der bekannte franz Magier Robert Houdin bei einem ähnlichen Trick zu verwenden pflegte, das Blut hat Bliss sich selbst auf die Brust appliziert aus einem Beutel in der linken unbeachtet da alle Augen auf die die rechte die angebliche Kugelfanghand gerichtet waren, wie gesagt Bliss löste sich im Kühlraum aus seiner kataleptischen trance, um ungestört zu bleiben verschloß er zunächst die zur Treppe führende Tür.
Pulaski: Wie denn Prof er hatte doch keinen Schlüssel.
Caruso: Er hatte überhaupt nichts, nackt war er splitternackt.
vanDusen: Dennoch trug er ein höchst sinnreiches Objekt bei sich, ein kleines zusammengelegtes Ein- und Ausbruchswerkzeug.
Caruso: Und wo Prof.
vanDusen: In seinem Magen, Caruso, er hatte es verschluckt.
Pulaski: Wie Harry Houdini.
vanDusen: Sein großes Vorbild, ganz recht Miss Pulaski.
Hatch: Und im Kühlraum hat ers rausgewürgt.
vanDusen: So ist es mein lieber Hatch.
Hatch: Igitt.
vanDusen: Mit eben diesem Werkzeug öffnete Bliss sodann die Tür zum Obduktionsraum wo in einer der Schränke und in der Kühlbox das uns bekannte satanische brimborium für ihn breitgestellt war, Becken Blut und Binsenkraut, Schwefel, ferner gehörnter Kopfschmuck und ein schwarzer Umhang.
Caruso: Bereitgestellt, wann.
vanDusen: Wahrscheinlich schon am freitag abend, über das Wochenende wird der Obduktionsraum nicht frequentiert.
Caruso: Und von wem von Bliss selbst.
Angestellter: Unmöglich hier kommt kein fremder rein.
vanDusen: Darüber später mehr, im Kühlraum inszenierte Bliss wie es seinem Plan entsprach das teuflische tableu welches ihnen und mir später so krass in die Augen sprang.
Hatch: Und in die Nase.
vanDusen: Auch das, nach Beendigung dieser Arbeit stieß Bliss einen Schrei aus, begab sich in den Obduktionsraum, verschloß die die Türe hinter sich.
Pulaski: Und Prof was machte er dann.
vanDusen: Dann wand er sich durch den Ventilationsschacht ins freie, ein schwieriges aber keinesfalls unmögliches Unterfangen für einen früheren Schlangenmenschen.
Hatch: Aha daher die Vorgeschichte.
Angestellter: Entschuldigen sie Prof aber das geht nicht, durch das Gitter oben paßt nicht mal ein Regenwurm.
vanDusen: Die das Gitter haltenden Schrauben waren selbstverständlich vorher gelöst worden, Bliss zog sie wieder fest an, einen Schraubenzieher hatte er wie auch den schwarzen Umhang und Teufelshörner von unten mitgebracht, mit Blut verschmiertem Gesicht satanisch gewandet und gehörnt begab er sich sodann zum vereinbaren Treffpunkt.
Caruso: Augenblick Prof ehe sie hier weiter.
vanDusen: Analysieren.
Caruso: Analysieren phantasieren, ganz egal ehe sie weiter machen, sagen sie mir eins, wozu hat Bliss dieses ganze komplizierte Theater veranstaltet.
vanDusen: Das Motiv meinen sie Caruso, aber kennen sie doch, Bliss hat sich ein gewaltiges Vermögen zusammengestohlen, welches er in Zukunft unbehelligt zu genießen gedachte, sein Ziel war es mitsamt dem illegal erwoben Reichtum endgültig und spurlos zu verschwinden, zu diesem Zweck starb er auf der Bühne vor zahllosen Zeugen, er ließ sich ins städtische Leichenschauhaus schaffen und hier holte ihn, wir wissen es der Teufel, die Polizei sollte sich in abergläubigen Schrecken vergeblich den Kopf verbrechen.
Hatch: Und das hat sie auch prompt getan nicht wahr Caruso.
vanDusen: Während Bliss sich auf den weg nach Tahiti oder Rio de Janeiro machte mit falschem Pass und einem Koffer voller Geld, das war der Plan.
Caruso: Aber Bliss Ist nicht unterwegs nach Rio, Prof er liegt hier im Keller und ist tot wirklich tot, mausetod oder nicht.
vanDusen: Ich kann ihnen nicht widersprechen Caruso, der Plan ist, um einen Ausdruck meines Freundes Hatch zu gebrauchen schiefgelaufen, Bliss ist tot, er starb heute nacht todeszeit etwa 2 Uhr 30, er wurde erschossen.
Hatch: Mit der zweiten Pistole Prof und einer echten scharfen Patrone.
vanDusen: Bravo mein lieber Hatch, sie sind ja heute richtig gut.
Pulaski: Schön für dich Hatchy ich verstehe überhaupt nichts mehr, und der detective sergeant guckt auch nicht gerade schlau aus der wäsche.
vanDusen: Ein Wort nur, und auch ihnen Miss Pulaski, Caruso wird es wie Schuppen von den geistigen Augen fallen.
Caruso: Ein Wort.
vanDusen: Ein Wort, Komplize.
Caruso: Komplize.
vanDusen: Er hat Bliss getötet als dieser sich nach seiner artistischen Flucht aus dem Kühlraum vereinbarungsgemäß bei ihm einstellte, um Kleidung und Geldkoffer zu übernehmen, weil er sich nicht mit einem relativ geringen Anteil zufrieden geben sondern sich die gesamte Beute aneignen wollte, erschoß er Bliss, verunstaltete ihn der teuflischen Aura wegen und schaffte ihn versehen mit dem präparierten Teufels-pakt in jenes Gebüsch, wo Wachtmeister Malone später die Leiche entdeckte, ich bin am Ende.
Caruso: Sie haben was vergessen, Prof wer ist dieser Komplize.
Pulaski: Ja Prof wie heißt er.
vanDusen: Ist es ihnen wirklich ernst mit ihren Fragen.
Ja.
vanDusen: Sie wissen nicht, um wen es sich beim Komplizen handelt.
Nein.
vanDusen: Denken sie nach, wer unter den beteiligten Personen ist im Besitz einer Arbeitsstätte welche sich in unmittelbarer Nähe des Leichenschauhauses befindet, wer hatte hinreichend Gelegenheit das Gitter über dem Ventilationsschacht zu lösen und die satanischen Requisiten im Obduktionsraum zu deponieren, wer besaß ferner die Möglichkeit, die zweite Pistole im Theater zu entwenden und schließlich die reduzierte Atmung, der minimale Puls, der katalepsie vermögen lediglich Laien wie unsere Miss Pulaski zu täuschen, wer hätte also als Mediziner die kataleptischen Symptome an Bliss als das erkennen müssen was sie waren.
Padmore: Was ist, warum sehen sie mich an.
vanDusen: Sie, Dr. Padmore, nur Sie können der Komplize gewesen sein, sie kannten Bliss seit geraumer Zeit, wie ich annehme, gemeinsame Interessen, Fakire und dergleichen, sie haben gemeinsam mit ihm jenen von mir skizzierten Plan ausgearbeitet, sie haben mitgespielt und sie haben ihn zum bösen Schluß um ihre eigene teuflische Variante erweitert.
Padmore: Spekulation, Prof, Mutmaßungen, sie haben keine Beweise.
vanDusen: Für handfeste Beweise, werter Dr Padmore ist die Polizei zuständig, Wachtmeister Malone.
Malone: Herr Prof.
vanDusen: Detektiv Seargent Caruso hat sie ins Vanity Fair geschickt um nach der 2. Pistole zu suchen.
Malone: Jawohl Herr Prof ich hab sie aber nicht gefunden.
vanDusen: Als sie zurückkehrten gab ich ihnen einen neuen Auftrag, ich schickte sie wohin.
Malone: Ins Bellevuehospital Herr Prof, ins Zimmer von Dr Padmore.
vanDusen: Zeigen sie uns was sie dort entdeckt haben, Wachtmeister.
Malone: Jawohl Herr Prof, eine einschüssige Scheibenpistole Typ Luna Büchel.
vanDusen: Die zweite Pistole.
Malone: Ein Sofakissen, durchlöchert und angesengt.
vanDusen: Schalldämpfer.
Malone: Und diesen Koffer, Inhalt Banknoten, Wertpapiere, Diamanten.
vanDusen: Etcetera, danke Wachtmeister, wünschen Sie noch weitere Beweise, Dr. Padmore.
Padmore: Luzifer, höre mich, Luzifer mein Herr und Meister, dein treuer Diener schwebt in großer Gefahr, hilf mir, erscheine, Luzifer erscheine.
Caruso: Seien sie still.
Hatch: Lassen sie ihn doch, Caruso, soll er rufen bis er schwarz wird.
Caruso: Aber Mr Hatch, wenn nun wirklich Luzifer.
Hatch: Hier aufkreuzt, machen sie sich nicht ins Hemd, Caruso, Prof van Dusen treibt jeden Teufel aus, was Prof.
vanDusen: Mit Vergnügen, mein lieber Hatch, und mit der magischen Formel des kriminologischen Exorzisten, welche da lautet, nun, zwei plus zwei gibt vier, immer und überall.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Detective-Sergeant Caruso: Heinz Giese
Dolly Pulaski, Tänzerin: Christiane Leuchtmann
William Bliss alias Doctor Faustus, Zauberer: Jürgen Thormann
Dr. Thomas B. Padmore: Rainer Pigulla
Prinzessin Pastrami, eine alte Artistin: Ruth Pipho
Wachtmeister Malone: Norbert Schwarz
Schwester im Bellevue-Hospital: Dorothea Hanke
Angestellter im Leichenschauhaus: Klaus Jepsen
Ober bei Delmonico: Heinz Welzel
Michael Koser: Prof. van Dusen besucht seine Bank (RIAS 1991)
Hatch: Und was soll ich Ihnen sagen, Professor, tote Hose, total tote Hose.
vanDusen: Mein lieber Hatch, ich darf Sie daran erinnern, daß Sie zu Prof. Dr Dr Dr Augustus van Dusen sprechen.
Hatch: Wissenschaftler, Amateurkriminologe, Denkmaschine, als ob ich das nicht wüßte, ich sitze in Ihrem Salon, Prof, trinke Ihren Whisky, apropos auf ihr Wohl.
vanDusen: In diesem Falle ersuche ich sie, sich der ansonsten von ihnen gepflegten vulgären Ausdrucksweise tunlichst zu enthalten.
Hatch: Vulgär.
vanDusen: Sie erwähnten, wenn ich mich recht erinnere, ein dahingeschiedenes Beinkleid.
Hatch: Tote Hose, meinen Sie, das ist nur so eine Redensart, Prof.
vanDusen: Ah so.
Hatch: Ich wollte sagen, es war nichts los, absolut nichts, kein Mord, keine Brandstiftung, nicht mal ein mickriger Raubüberfall, ich hätte mich in den Bauch beißen können, nicht daß es an mir lag, mein Chefredakteur hatte die grandiose Idee gehabt, den bekannten und beliebten Kriminalreporter des Daily NewYorker ins Hauptquartier der Kripo zu schickten, damit sie gleich am Ball sind, wenn was passiert, hat er gesagt, ich wollte gar nicht schon wegen Caruso, sie wissen ja.
vanDusen: Ich kenne ihre Aversion gegen den wackeren Detective Sergeant.
Hatch: Meine Aversion, er kann mich nicht leiden.
vanDusen: Nun gut wie dem auch sei, zur Sache, sie versprachen mir einen Fall.
Hatch: Den sollen sie auch kriegen, wenn es soweit ist ein, ein gewisser jemand hat mir nämlich eingebimst nicht einmal sondern tausend mal, wie ich Bericht erstatten soll, umfassend, detailliert und von Anfang an.
vanDusen: Präzis und konzentriert auf das wesentliche, in diesem sinne.
Hatch: Prost Prof auf das wesentliche, also wie gesagt völlige funkstille bei der new yorker kripo in der Mulbury Street, Caruso döste hinter seinem Schreibtisch, möchte wissen, wozu der einen Schreibtisch braucht, jedenfalls nicht zum schreiben, das kann er gar nicht,
vanDusen: Hatch.
Hatch: Ja schon gut, ich saß im Vorzimmer herum und spielte eine runde poker mit Wachtmeister Donovan, und dann so gegen 9 tauchte diese verhärmte Frau auf.
Donovan: Ich geh mit und erhöhe auf 2 Dollar.
Moody: Entschuldigen sie meine Herren bin ich hier wohl richtig.
Donovan: Moment, ich warte Mr Hatch.
Hatch: Passe Donovan.
Moody: Mein Mann ist nicht nachhausegekommen wissen sie und da dachte ich.
Donovan: Am besten gehen sie gleich durch zu Detective Sergeant Caruso, die rechte Tür.
Moody: Danke.
Donovan: Na Mr Hatch, auf ein neues.
Hatch: Nein sagte ich, Donovan hatte mir zu viel Glück, und ich hatte einen Riecher, diese bedrückte ärmliche Frau, vielleicht brachte sie den Knüller, auf den ich wartete, ich lehnte mich an die wand neben Carusos offene Tür und machte die Ohren lang.
Caruso: Wo brennts denn gute Frau, setzen sie sich.
Moody: Mein Mann, Herr Inspektor, mein Calvin, er ist nicht nach Hause gekommen, gestern abend und ich mach mir Sorgen.
Caruso: Detective Sergeant, gute Frau nicht Inspektor, noch nicht.
Moody: Entschuldigen Sie Verzeihung ich versteh ja nichts von hohen Polizeisachen.
Caruso: Schon gut also Ihr Mann ist abhandengekommen, wissen sie gute Frau das ist nichts besonders das kommt immer wieder vor.
Moody: Aber nicht bei meinem Calvin, Herr Wachtmeister.
Caruso: Detective Sergeant immer korrekt nicht wahr gute Frau.
Moody: Verzeihung ich bin ganz durcheinander, mein Calvin ist immer pünktlich nach Hause gekommen jeden abend wenn sein Dienst zu Ende ist.
Caruso: Dienst was für Dienst gute Frau.
Moody: Mein Calvin ist bei der Bank von New York angestellt als Bote seit 20 Jahren, Herr Polizeipräsident.
Caruso: Detective Sergeant gute Frau.
Moody: Hat sich nie was zuschulden kommen lassen, immer ehrlich, immer fleißig, immer gottesfürchtig, und immer pünktlich zu hause.
Caruso: Kein kleiner Abstecher in die Kneipe.
Moody: Niemals Herr Superintendent, um halb 6 war er zuhause immer, das heißt gestern natürlich nicht, das ging ja nicht, weil mein Calvin nach dem Dienst erst zu diesem Rechtsanwalt mußte wegen der Erbschaft wissen sie.
Caruso: Weiß ich nicht gute Frau.
Hatch: Die gute Frau erzählte sehr umständlich eine seltsame Geschichte, zwei Tage vorher war einen Brief gekommen von einem Anwalt für ihren Mann, darin stand, der gottesfürchtige Calvin sei der Erbe eines beträchtlichen Vermögens, er möge baldmöglichst mal reinschauen, hochachtungsvoll usw.
vanDusen: Hatte die Frau den Brief bei sich.
Hatch: Nein Prof, den hatte der Mann eingesteckt, darum konnte sie Caruso auch nicht sagen wie der Anwalt hieß und wo er seine Kanzlei hatte.
Moody: In Manhattan hat Calvin gesagt, nicht weit von seiner Bank und deshalb ist er gleich am nächsten Tag hingegangen, das heißt gestern nach dem Dienst.
Caruso: Alles klar, gute Frau, ihr Calvin hat sein Glück ein bißchen begoßen, und dabei ist er versumpft, versackt.
Moody: Mein Calvin tut so was nicht, Herr Capitän.
Caruso: Sagen sie mal gute Frau haben sie denn nicht heute früh bei der Bank von New York angefragt ob ihr Mann zum Dienst erschienen ist.
Moody: Nein, Herr Hauptabteilungsleiter ich hab mich nicht getraut, und dann war ich auch so durcheinander.
Caruso: Na dann wollen wir das mal für sie erledigen, sie wissen doch die polizei dein Freund und Helfer, wie heißt ihr Mann.
Hatch: Caruso ließ sich mit der Bank verbinden, und frage ob Calvin Moody am morgen seinen Dienst angetreten hatte.
vanDusen: Und.
Hatch: Er hatte, pünktlich um 8 wie immer.
Caruso: Aha, kann ich ihn mal sprechen, verstehe, wann kommt er zurück, nein machen sie sich keine Sorgen, gar nichts ist vorgefallen, ich wollte nur seine Frau beruhigen, aufwiederhören, also gute Frau alles in bester Ordnung, ihr Mann ist gerade für die Bank unterwegs, gehen sie nach hause, heut abend wird er auftauchen, reumütig und mit schlechtem gewissen.
Moody: Wenn sie meinen Herr Oberpolizist.
Caruso: Detective Sergeant, Mrs Moody seien sie nicht so streng mit ihm, Donovan nehmen sie die Personalien auf, für alle fälle.
Hatch: Margarete Moody, wohnhaft in Brooklyn Concert street nicht weit von der Brücke und dahin machte sie sich jetzt wieder auf die Strümpfe, zögernd und unsicher, Caruso mit all seinem plattfüßigen Charme hatte sie anscheinend nicht überzeugen können, ich dachte so bei mir Fehlanzeige, kein Knüller.
vanDusen: Sehr richtig, auch ich vermag dieser banalen Angelegenheit keinerlei kriminologisches Interesse abzugewinnen.
Hatch: Geduld, nur ein paar Sekunden geduld, ich verlor noch ein paar Dollar an Wachtmeister Donovan und dann Prof dann gings los, Carusos Telefon klingelte und ich bezog wieder meinen Horchposten.
Caruso: Kriminalpolizei New York, Detective Sergeant Caruso am Apparat, die Bank von NewYork, ja ich hab sie angerufen eine viertel stunde ungefähr, genau wegen ihres Boten Calvin Moody, oder wie der Mann heißt was ist mit ihm, verschwunden, moment immer mit der ruhe, eins nach dem anderen, wer hat bei ihnen angerufen, die paritätische Lebensversicherung in der nassau street ach so und wann hätte der Bote da auftauchen müssen, viertel vor 9, so aber er ist nicht aufgetaucht, ja ich weiß wie spät es ist, kurz vor halb zehn, merkwürdig hatte er Geld bei sich, wieviel 300 Dollar, 300 000 donnerwetter, klarer fall, ihr Bote ist mit ihrem Geld abgehauen, durchgegangen, getürmt, das glauben sie nicht, jaja das sagt seine Frau auch, aber wenn so ein Tugendbold mal ausrastet, gut wir kommen sofort, Donovan die Polizeidroschke soll vorfahren, dalli, ach du lieber gott.
Hatch: Sie übertreiben Caruso, ich bins bloß.
Caruso: Was tun sie hier, Mr Hatch haben sie nicht Hausverbot.
Hatch: Das wollen wir doch nicht so eng sehen Caruso.
Caruso: Da gehts raus Mr Hatch, ich kann mich sowieso nicht mit ihnen abgeben, ich muß sofort weg, ein wichtiger Fall.
Hatch: Bei der Bank von Newyork ich weiß Bankbote verschwindet mit 300000 Dollar kleine schlechte Schlagzeile, wissen sie was Caruso, ich glaube ich komme mit.
Caruso: Ich glaub nicht, Mr Hatch, für sie ist kein Platz in der Polizeidroschke.
Hatch: Wer redet denn von ihrem klapprigen Dienstvehikel, Hutchinson Hatch fährt erster Klasse im eigenen Automobil, und mein Winton Sport steht direkt vor der Tür, wir sehen uns Caruso, in ein paar Minuten.
Caruso: Vielleicht fällt ihnen ja ein Ziegel auf den Kopf Mr Hatch oder sie fahren gegen einen Baum.
Hatch: Er gibt die Hoffnung nicht auf, unser lieber Caruso, um so saurer war er als er eine gute halbe Stunde später mit Donovan in der Bank von New York aufkreuzte.
Hatch: Ich bin schon hier Caruso, darf ich ihnen den Chefkassierer der Bank vorstellen, Mr Charles Everett.
Caruso: Lassen sie diesen.
Hatch: Sympathischen Herrn.
Caruso: Diesen Journalisten sofort vor die Tür setzen, Mr Everett.
Hatch: Warum Caruso.
Caruso: Weil er die Arbeit der Polizei behindert, darum.
Everett: Sie habens gehört, Mr Hatch, ich bedauer.
Hatch: Augenblick Everett ich habe ein Konto bei ihnen.
Everett: Ständig überzogen, Mr Hatch bitte verlassen sie mein Büro.
Hatch: Dann muß sie sie daran erinnern Evert daß ich auch einen Vater bei ihnen habe, Hutchsinson Hatch senior der bekannte Multimillionär sitzt im Aufsichtsrat der Bank von NY also wenn ich sie wäre Everett würde ich mich nicht rausschmeißen.
Everett: Da ist was dran Mr Hatch.
vanDusen: Sie durften also bleiben.
Hatch: Klar durfte ich, auch wenn Caruso himmelblau anlief und mit den Beinen strampelte.
Caruso: In der Tat.
Hatch: Bildlich gesprochen, er kriegte sich aber bald wieder ein und fing an Everett auszuquetschen, Wachtmeister Donovan schrieb mit und Hutchinson Hatch junior hörte aufmerksam zu.
Everett: Freitag, meine Herren, darum, heute ist Freitag.
Hatch: Völlig richtig Everett, nichts gegen zu sagen, Freitag, der 5. Oktober 1900.
Everett: Der erste Freitag im Oktober.
Caruso: Na und.
Everett: Jeden 1 Freitag im Monat ruft einer unser Großkunden die paritätische Lebensversicherungsgesellschaft einen höheren Betrag vom Konto ab für Gehälter wissen sie für Barauszahlungen bei Ansprüchen, heute waren es 300000 Dollar in 100 Dollarnoten.
Caruso: Und damit haben sie diesen Calvin Moody losgeschickt.
Everett: Wie immer Detective Sergeant, weil Moody unser verläßlichster Bote ist.
Caruso: Haben sie gedacht, wann hat Moody die Bank mit dem Geld verlassen.
Everett: Pünktlich 8 Uhr 20 wie immer.
Hatch: Und wie läuft es so bei ihnen ab, drücken sie dem Boten die Mäuse einfach in die Hand oder.
Everett: Mein lieber Mr Hatch, wo denken sie hin, die Bank von Newyork wickelt den Bargeldtransfer nach strikten Regeln ab.
Hatch: Erzählen sie uns doch mal wie es heute war.
Caruso: Jawohl Mr Everett berichten sie.
Everett: Gewiß meine Herren, um 8 Uhr trat Moody seinen Dienst an, wie immer, und wie immer am 1 Freitag im Monat kam er sofort zu mir in dieses Büro, ich öffnete den Kassenschrank, entnahm ihm die angeforderte Summe, zählte sie vor Moodys Augen nach und deponierte sie sodann in der Geldtasche.
Caruso: Die Tasche wie sieht sie aus.
Everett: Eine normale Aktentasche aus braunem Schweinsleder, unauffällig, ich verschloß die Tasche, mein Kollege bei der paritätischen ist selbstverständlich auch im Besitz eines Schlüssels, überreichte sie Moody, und geleitete ihn zum Tor, wie immer, und Moody ging die Wallstreet hinunter nach rechts Richtung Nassau Street, wie immer.
Caruso: Also alles wie immer Mr Everett nur daß Moody das Geld diesmal nicht bei der Versicherung abgeliefert hat.
Everett: Ja ich weiß nicht, irgendetwas war diesesmal anders, nicht wie üblich.
Hatch: Ach was war anders.
Everett: Moody ja Moody war anders als sonst er verhielt sich irgendwie ungewöhnlich.
Caruso: Kein Wunder, der Kerl war nervös, hatte die Hosen voll, unwichtig.
Hatch: Wie verhielt sich Moody, Everett, was tat er, was sagte er.
Caruso: Augenblick Mr Hatch ich stell die Fragen.
Hatch: Aber sehen sie denn nicht.
Caruso: Ich seh nur daß sie die polizeilichen Ermittlungen stören, Donovan, wir sind fertig, zurück zur Mulburystreet, und da leiten sie sofort die Großfahndung ein.
Hatch: Ich konnte Donovan gerade noch zuflüstern, er sollte mich über die weitere Entwicklung auf dem laufenden halten, und ihm 10 Dollar zustecken, ihre Türglocke.
vanDusen: Jaja, James wird sich darum kümmern, fahren sie fort.
Hatch: Ja das wars, von der Bank bin ich sofort zu ihnen gekommen, was sagen sie, ist das ein Fall für sie, dieser Trottel Caruso ist mal wieder auf dem total falschen Dampfer.
vanDusen: Herein.
James: Ein Knabe, Herr Prof ein Zeitungsknabe mit einer Nachricht für Mr Hatch.
Hatch: Ach sicher von Wachtmeister Donovan.
vanDusen: Ja führen sie den Knaben herein James.
James: Sehr wohl Herr Prof.
Hatch: Der Knabe war so 12 13 Jahre alt, hatte Sommersprossen, und auf seinen roten Haaren eine viel zu große Schirmmütze, unter dem Arm hatte er einen Stapel Zeitungen, den Daily New Yorker wie ich interessiert feststellte und er hatte nur Augen für den Prof.
Dick: Ich kenn sie, aus der Zeitung, sie sind Prof van Dusen, die Denkmaschine, der größte Detektiv der Welt.
vanDusen: Kriminologe, mein lieber junger Freund, Amateurkriminologe.
Dick: Klar Amateurkriminologe, ich weiß bescheid, ich hab alles über sie gelesen.
Hatch: Na wunderbar und ich habs geschrieben, ich bin Mr Hatch.
Dick: Ich kenn den Leichenräuberfall ganz genau und den Mafiamord und ihre Abenteuer in Alaska, und ihre Flucht aus der Todeszelle.
vanDusen: Soso.
Dick: Ungeheuer, Prof ganz toll sie sind der größte, der allergrößte.
Hatch: So und jetzt kommst du netterweise mal wieder runter von der Wolke, du hast eine Nachricht für mich.
Dick: Hab ich, hier den Zettel soll ich ihnen geben, Moment ich kriege einen Dollar hat der Wachtmeister gesagt.
Hatch: Sehr großzügig mit meinem Geld, von mir aus, hier, Pottergebäude Büro E12, was soll das.
Hatch: Donavan hats mir später erklärt, mit der Mittagspost wie immer kam bei der Bank von New York ein anonymer Brief an, zwei Zeilen, sie finden Calvin Moody im Pottergebäude Büro E12, Evert rief sofort Caruso an, Caruso brach sofort mit Donovan auf, Donovan wußte daß ich bei van Dusen war, telefonieren konnte er nicht mehr, er schrieb die Adresse schnell auf einen Zettel und den gab er dem Zeitungsjungen der in der Mulberrystreet den Daily Newyorker verkaufte.
vanDusen: Es geht weiter, mein lieber Hatch, auf zum Pottergebäude.
Dick: Ein Fall Prof, kann ich mitkommen.
Hatch: Untersteh dich.
Dick: Brauchen sie nicht einen Assistenten ich mein einen richtigen, einer der mitdenkt.
Hatch: Vorsicht junger Mann übernimm dich nicht.
vanDusen: Sie haben ihr Automobil zur Hand mein lieber Hatch.
Hatch: Wir fuhren durch die 35 Straße, dann den Broadway runter, viel Verkehr wie immer, Automobile, Pferdedroschken, Fußgänger, Radfahrer, ein Radfahrer fiel mir auf, er klebte an meinem Hinterrad, egal wie schnell ich fuhr, Schirmmütze, rote Haare, Zeitungen auf dem Gepäckträger.
Hatch: Ihr Verehrer, Prof läßt nicht locker, das Kerlchen, hör auf uns nachzufahren, verzieh dich, verkauf deine Zeitungen, heb Stecknadeln auf, sei emsig und sparsam, du willst doch Millionär werden.
Dick: Nein, ich will Detektiv werden, Kriminologe meine ich.
vanDusen: Sieh an, so wie ich mein lieber junger Freund.
Dick: Oh nein Prof das geht nicht, sie sind einmalig, aber ich will von ihnen lernen, vielleicht werde ich dann eines Tages ein bißchen wie sie.
Hatch: Hau ab du störst.
vanDusen: Nein mein lieber Hatch warum so abweisend, lassen sie den jungen Mann gewähren, er ist strebsam, respektvoll, und weiß seine Worte wohl zu setzen.
Hatch: Sie meinen er kriecht ihnen.
vanDusen: Hatch.
Dick: Hurra hurra für Prof van Dusen.
Hatch: Das Pottergebäude steht an der Park Row zwischen Beekman und Nassau Street, ein Hochhaus, 11 Stockwerke, 4 Fahrstühle, 200 Büros, Büros für Kaufleute, Anwälte, Makler, Versicherungsvertreter, hier herrscht ständiges kommen und gehen, hier kennt keiner den andern, Büro E12 lag im 5 stock, wir nahmen den Lift, stiegen aus, sahen uns um.
Dick: Hier gehts lang Prof, kommen sie.
Hatch: Sag mal du Rübe wie heißt du eigentlich.
Dick: Tracy, Richard Livingston Tracy.
Hatch: Gewaltig.
Dick: Sie dürfen Dick zu mir sagen, Prof.
Hatch: Zu gütig.
Dick: Sie nicht Mr Hatch.
Hatch: Was.
Dick: Für sie bin ich Mr Tracy, sie sind kein Genie Mr Hatch sie sind bloß ein Kollege.
Hatch: Ach was.
Dick: Sie sind bei der Zeitung, ich bin bei der Zeitung.
Hatch: Du bist ein Scherzkeks, Dick Tracy.
Caruso: Öffnen sie.
Hatch: Wir waren da, E12 stand über der Tür, darunter klebte ein Pappschild mit der Aufschrift Robert Macintosh RA, vor der Tür strapazierten die Herren Caruso und Donovan Fäuste und Stimmbänder.
Caruso: Ich fordere sie zum letzten mal auf, machen sie die Tür auf polizei.
vanDusen: Ruhe, haben sie die Güte ihr nutzloses Spektakel einzustellen meine Herren.
Donovan: Prof van Dusen.
Caruso: Und Mr Hatch, schon wieder.
Hatch: Wie er sich freut, der liebe Caruso, rührend.
Donovan: Da stöhnt was Detective Sergeant, da drin.
Caruso: Was sie haben recht Donovan kommen sie wir brechen die Tür auf zugleich, au.
Dick: Quatsch schade um die Tür, das geht auch anders.
Caruso: Wer ist denn das, haben sie sich einen zweiten Hatch zugelegt.
Dick: Ich bin der neue Assistent von Prof van Dusen.
Hatch: Bist du nicht, der neue Laufbursche bestenfalls.
Dick: Und sie sind nur der Chauffeur, Mr Hatch.
Hatch: Werd nicht frech.
vanDusen: Mein lieber Hatch, mein lieber junger Freund, ich muß doch bitten, ja unterlassen sie gefälligst ihre kleinliche Streiterei, es gilt einen Fall zu lösen, Dick.
Dick: Prof.
vanDusen: Wenn ich recht gesehen habe und dies dürfte wohl außer Zweifel stehen, befindet sich das Büro des Hausverwalters im Erdgeschoß, unmittelbar neben dem Haupteingang.
Dick: Hab schon kapiert, Prof bin gleich wieder da.
Hatch: 5 min später kam er zurück, im Schlepptau eine spitznasige bekneiferte Lady unbestimmten alters, Mrs Biggot von der Verwaltung des Pottergebäudes, ihr Hauptschüssel öffnete uns die Tür zum Büro E12, ein großer heller Raum, rechts ein Wandschrank, links ein Waschbecken, in der Mitte ein Schreibtisch und zwei Sessel, auf dem Schreibtisch eine offene Champagnerflasche und zwei Gläser, auf einem der Sessel ein Mann, der stöhne, blinzelte und versuchte sich aufzurichten, offensichtlich kam er gerade zu sich.
Caruso: Sie da, wer sind sie.
Moody: Was was ist los, wer sind sie.
Caruso: Kriminalpolizei was tun sie hier, wie heißen sie.
Moody: Moody, Calvin Moody.
Caruso: Aha, wo haben sie das Geld.
Moody: Geld was für Geld.
Caruso: Die 300000 Dollar von der Bank.
Moody: Ich ich weiß nicht, was sie meinen.
Caruso: Ach und wo ist ihre Geldtasche.
Moody: In der Bank natürlich.
Caruso: So meinen sie, Donovan.
Donovan: Sir.
Caruso: Durchsuchen.
Donovan: Das Büro hier.
Caruso: Was denn sonst, aber gründlich.
Donovan: Jawohl Sir.
Caruso: Waren sie heute morgen in der Bank von New York.
Donovan: Ich Sir.
Caruso: Sie doch nicht Donovan, Moody mein ich.
Moody: Heute was ist heute.
Dick: Freitag, Freitag der 5 Oktober.
Moody: Wirklich.
Caruso: Also was ist Moody waren sie heute in der Bank.
Moody: Nein, heute nicht.
Caruso: Bestimmt nicht.
Moody: Nein bestimmt nicht, wie spät ist es.
Hatch: Während Caruso sich mit dem dösigen Moody beschäftigte, wanderte van Dusen im Raum herum, scheinbar ziellos und geistesabwesend wie es so seine art ist, er hielt die noch recht volle Flasche gegen das Licht, sah sich die beiden Gläser an, das volle und das leere, schnüffelte am Waschbecken, unterdessen wurde Moody allmählich klarer, er erzähle wie er hier hereingekommen war, und was er erzählte entsprach haargenau dem, was seine Frau am morgen ausgesagt hat.
Caruso: Haben sie diesen Brief bei sich.
Moody: Oh ja detective sergeant, ich hatte ihn eingesteckt gestern, nicht da, der Brief ist nicht da, er muß ihn mir weggenommen haben.
Caruso: Also nochmal Moody, sie haben dieses Büro gestern abend betreten.
Moody: Baldmöglichst, das stand in dem Brief wegen der Erbschaft, RA Robert Mcintosch, Pottergebäude, Büro E12.
Caruso: Wann genau.
Moody: Warten sie mal, Dienstschluß ist um 5, ich bin zu fuß gegangen ist ja nicht weit, halb sechs würde ich sagen.
Caruso: So und was geschah dann.
Moody: Ja ich klopfte, trat ein, sagte meinen Namen und da holte Mr Machintosh gleich eine Flasche aus dem Schrank, sie sind ein Glückspilz, Mr Moody hat er gesagt, das muß gefeiert werden, ich wollte nicht, ich nehme niemals Alkohol zu mir mit gottes hilfe.
Hatch: Ein Fehler, mein lieber Moody.
Moody: Aber Mr Mcintosh war so beharrlich daß ich schließlich doch ein Glas austrank und dann wurde mir plötzlich ganz komisch, mehr weiß ich nicht.
Hatch: Sagen sie mal Prof wollen sie den ganzen Fall Caruso überlassen, fragen sie doch auch mal was.
vanDusen: Warum nicht, pflegen sie einen Hut zu tragen, Moody.
Moody: Selbstverständlich trage ich einen Hut, die Bank von Newyork besteht darauf daß ihre Angestellten korrekt gekleidet sind.
vanDusen: Lobenswert, wo befindet sich ihr Hut.
Moody: Ich weiß es nicht, ich hatte ihn abgelegt, er ist nicht da, vielleicht hat Mcintosh ihn mitgenommen.
Caruso: Der Hut ist nicht da, na und, das Geld ist nicht da, das ist wichtig und die Tasche Donovan.
Donovan: Ist auch nicht da, Sir.
Caruso: Aha dann wollen wir mal wieder Donovan, sie kommen mit, Moody sie sind vorläufig festgenommen bis der Fall geklärt ist.
Moody: Aber wieso denn Detective Sergeant ich hab nichts getan mit gottes hilfe.
Caruso: Wird sich rausstellen, Moody.
Hatch: Der Prof ging noch nicht, er hatte ein paar Fragen, an Mrs Biggot.
vanDusen: Mrs Biggot, haben sie RA Mckintosh dies Büro vermietet.
Biggot: So ist es, Prof.
vanDusen: Wann.
Biggot: Vor etwa vier Wochen, ich kann unten nachsehen wenn sie das genaue Datum brauchen.
vanDusen: Erinnern sie sich noch wie er aussah, Miss Bigott.
Biggot: Macintosh, mittelgroß stämmig, unauffällig um die 50.
vanDusen: Statur und alter wie sagen wir Mr Moody.
Biggot: Ganz genau Prof aber Mckintosh trug einen Schnurrbart und eine Brille.
vanDusen: Hat er Referenzen vorgelegt.
Biggot: Nicht direkt, er hat für ein viertel Jahr im voraus bezahlt.
vanDusen: So, noch eine Frage Mrs Biggot.
Hatch: Worum es dabei ging, meine Damen und Herren, das werden sie später erfahren, jetzt folgen sie uns bitte in die Wallstreet. Van Dusen wollte die Bank von New York besuchen, eine kurze fahrt durch die Nassau Street, Dick Tracy war wieder dabei, diesmal direkt auf dem hinteren Klappsitz meines Winton, aber nicht mal das konnte mir die Laune verderben.
Hatch: Ich bewundere ihre Zurückhaltung Prof, sieht ihnen gar nicht ähnlich oder sind sie ganz besonders raffiniert um nicht zu sagen hinterhältig.
Dick: Reden sie nicht so rotzig über Prof van Dusen.
Hatch: Ruhe da hinten auf den billigen Plätzen.
vanDusen: Wie darf ich das verstehen, mein lieber Hatch.
Hatch: Daß sie Caruso diesen Dämlack in sein Unglück rennen lassen und keinen Finger rühren um ihn zu retten, das steht doch mal fest, Caruso bellt am falschen Baum, Moody hat die 300000 Dollar nicht geklaut.
vanDusen: Glauben sie.
Hatch: Der Fall ist klar, der Täter ist RA Macintosh, nur daß er kein RA ist und Mcintosh heißt er wahrscheinlich auch nicht, mit dem Brief hat er Moody ins Pottergebäude gelockt, und aus dem weg geschafft, er hat ihn betäubt, hat heute morgen in der Bank seine Stelle eingenommen, verkleidet natürlich und dann ist er mit dem Geld getürmt, clever gemacht, ich seh schon die Schlagzeile, morgen im daily new yorker, ein kühnes Gangsterstück.
vanDusen: Eine kühne Theorie, bravo mein lieber Hatch.
Hatch: Ach wissen sie Prof 2einhalb jahre vandusen Assistent, da bleibt was hängen.
Dick: Haha.
Hatch: Ruhe.
vanDusen: Durchaus möglich und wie steht es mit ihren Beweisen.
Hatch: Kein Problem, erstens ist Moody betäubt worden und gesternabend nicht nach Hause gekommen und zweitens hat er sich heute früh in der Bank irgendwie seltsam aufgeführt, sagt Chefkassier Everett, paßt doch alles zusammen oder was meinen sie.
vanDusen: Nur dies, zwei plus zwei gibt vier.
Dick: Immer und überall, merken sie sich das.
Hatch: Misch du nicht ein, Dick.
Dick: Mr Tracy.
Hatch: Das möchtest du wohl, du halbe Hose.
Dick: Mr Hatch.
Hatch: Sagen sie doch mal klipp und klar Prof glauben sie daß sie stimmt meine Theorie.
vanDusen: Das wird sich herausstellen, wie unser Freund Caruso so richtig sagt, wir sind angelangt.
Hatch: Eifersüchtig wenn sie mich fragen, knitschig, weil ich vor ihm durchs Ziel gegangen bin, das kann er partout nicht vertragen der große Mann, in der Bank stand Chefkassierer Everett bereitwillig rede und antwort, schließlich hat er ein Namen van dusen meine ich und ein gar nicht so kleines Konto bei der bank von ny.
vanDusen: Nach ihrer Aussage Mr Evert hat sich der Bankbote Calvin Moody heute morgen ungewöhnlich anders als sonst verhalten.
Everett: Ja Prof das hab ich gesagt aber Detective Sergeant Caruso war nicht interessiert, wahrscheinlich ist es nicht von belang.
vanDusen: Nun Mr Everett vor ihnen steht nicht Detective Sergeant Caruso sondern.
Dick: Prof DrDrDr Augustus van Dusen, die Denkmaschine, der größte Detektiv, Amateurkriminologe der Welt, trara hoch soll er leben.
vanDusen: Ja schon gut, schon gut, mein lieber junger Freund, ob ihre Aussagen von belang sind oder nicht, Mr Everett, dies zu beurteilen überlassen sie bitte mir, inwiefern verhielt Moody sich ungewöhnlich.
Hatch: Er wirkte gedrückt und ängstlich, sagte Everett, er bewegte sich zaghaft, und redete weniger als sonst, und was er sagte war schlecht zu verstehen, er hielt sich nämlich ein Taschentuch vor Mund und Nase.
Everett: Weil stark erkältet war, sagte er.
vanDusen: Recht aufschlußreich.
Everett: Da fällt mir was ein, als ich Moody gute Besserung wünschte, wissen sie, was er mir antwortete, danke Mr Everett.
Hatch: Ja und, das ist doch nur höflich und völlig normal.
Everett: Nicht für Moody, sehen sie, Moody ist dafür bekannt, daß er wo es sich nur irgend machen läßt eine ganz bestimmte Redewendung anbringt.
vanDusen: Mit gottes hilfe.
Everett: Genau, aus diesem Grund nennen ihn seine Kollegen auch Gotthilf Moody, auf meine Genesungswünsche hätte er unbedingt antworten müssen mit gottes hilfe.
Drick: Hat er aber nicht.
Everett: Nein, und als ich ihn etwas später am Tor mit kommen sie heil zurück, wie immer, hat er es auch nicht gesagt.
vanDusen: Sehr aufschlußreich.
Everett: Er hat überhaupt nichts gesagt, er hat sich umgedreht, so abrupt daß er den Torpfosten gestreift hat, hat nicht gemerkt, daß er sich dabei einen Knopf abgerissen hat, Jacke, nicht aufmerksam machen, weil er so schnell im Straßengewühl.
vanDusen: Aufschlußreich, sind sie noch im Besitz des fraglichen Knopfes.
Everett: Sicher, bei der Bank von New York kommt nichts weg, hier ist er.
vanDusen: Überlassen sie ihn mir, danke, wie war Moody gekleidet.
Everett: Heute morgen, wie immer, im Dienst trägt Moody stets denselben braunen Anzug.
Hatch: Richtig, eben im Pottergebäude hat er ihn auch angehabt.
vanDusen: Höchst aufschlußreich, welchen Hut pflegt Moody zu tragen.
Everett: Einen schwarzen Bowler, die Bank kann ihre Boten doch nicht wie Landstreicher herumlaufen lassen.
Hatch: Mehr wollte van Dusen nicht wissen, unsere kriminologische Karawane zog weiter aus der engen Häuserschlucht der Wallstreet zurück nach Norden in die 35. Straße zum Haus des Prof.
Butler: Wenn Herr Prof gestatten.
vanDusen: Ja James was gibt es.
Butler: Während ihrer Abwesenheit ist ein telefonischer Anruf für sie eingegangen, vor einer viertel Stunde von Detective Sergeant Caruso.
vanDusen: Was wollte er.
Butler: Ein Rechtsanwalt Robert Machintosh sei der hiesigen Anwaltskammer vollständig unbekannt, soll ich ihnen ausrichten.
Hatch: Na bitte, hab ich mir doch gleich gedacht.
vanDusen: Danke James, sie können gehen.
Butler: Sehr wohl, Herr Prof.
Hatch: Lassen sie die Tür offen, James, ich komme gleich mit.
Butler: Bitte Mr. Hatch.
vanDusen: Was haben sie vor, mein lieber Hatch.
Hatch: Lunchzeit Prof, ich habe Hunger.
Dick: Ein kriminologischer Assistent hat niemals Hunger, Mr Hatch.
Hatch: Halt dich raus Dick, du kannst von mir aus machen, was du willst, ich geh was essen.
vanDusen: Wenn es denn unbedingt sein muß, doch versäumen sie keinesfalls sich pünktlich um 16 Uhr im Pottergebäude einzustellen, Büro E12.
Hatch: Wozu.
vanDusen: Um Zeuge der Aufklärung des Falls Moody zu werden.
Hatch: Wenn es denn unbedingt sein muß, aber eigentlich weiß ich schon alles.
vanDusen: Sind sie sicher mein lieber Hatch.
Hatch: Van Dusen rief und alle die er rief, kamen in ins Pottergebäude, Caruso und Donovan mit ihrem Opfer Moody, Mrs Moody, Chefkassierer Everett, Miss Bigott von der Hausverwaltung, ich natürlich und leider auch Dick Tracy, der unausstehliche, 8 Figuren ohne den Prof, Verdächtige, Beteiligte, Publikum, vor allem Publikum, vor leerem Haus tritt er nicht auf, der große Kriminologe, für seine Kunststücke braucht er den Beifall der Menge.
Dick: Super der Prof.
vanDusen: Bitte mein Herrschaften, ich fahre fort, als ich heute um die mittagszeit diesen Raum betrat.
Biggot: Büro E12 er steht übrigens zur zeit leer wenn ich das hier mal kurz anbringen darf, günstige Miete, alle modernen Annehmlichkeiten.
vanDusen: Bitte mich nicht zu unterbrechen, Miss Bigott, als ich diesen Raum betrat, erwachte Calvin Moody soeben aus tiefster Betäubung, so hatte es den Anschein, wie ich mich sowohl durch den Augenschein, als auch durch einen mittels meines rechten Zeigefingers vorgenommene Geschmacksprobe überzeugen konnte, enthielt die nur zu einem kleinen Teil geleerte Flasche Champagner, ein Produkt der Firma wirtkingole in der tat ein Betäubungmittel, ein Opiumderivat, höchstwahrscheinlich C17H19NO3, das heißt morphin oder auch morphium, nun führt morphium bei benutzung ua zu kontraktierten Pupillen, Moody wies jedoch normal geweitete Pupillen auf, ferner roch er nicht wie zu erwarten nach Champagner, vielmehr nach Kleister, nach Champagner roch hingegen der Ausguß des Waschbeckens, das bedeutet, der in der Flasche fehlende Inhalt eines Glases wurde nicht wie wir annehmen sollten von Moody konsumiert, sondern.
Dick: Weggekippt, Prof ausgeschüttet.
vanDusen: Sehr richtig mein lieber junger Freund.
Moody: Mein Kevin trinkt nicht, das hab ich ihnen doch gesagt.
Moody: Halts Maul Meggy.
vanDusen: Der nächste Punkt war Moodys Auftritt in der Bank am morgen, dabei legte der Prof erstaunlicherweise besonderen Nachdruck auf die tatsache daß Moody seine sonst übliche Redewendung mit gottes hilfe kein einziges mal benutzt hatte.
Hatch: Na und Prof das konnte er auch gar nicht, weil er eben nicht Moody war sondern jemand der nur so tat also ob.
vanDusen: Gerade ein falscher Moody mein lieber Hatch hätte sich mit ganz speziellem Eifer darum bemüht, wie Moody zu wirken, daß er es nicht tat, daß er die weithin bekannte typische Redensart Moody nicht verwendete, läßt nur einen Schluß zu, der Mann der heute morgen als Moody die Bank von New York bestahl wollte daraufweisen, nicht auf überdeutliche wohl aber auf subtil unverkennbare Art er sei nicht der echte Moody, und dies gibt nur dann Sinn wenn es sich bei ihm doch um den echten Moody handelte, um den echten, der so tat als sei er der falsche, als spiele er lediglich die Rolle des echten.
Caruso: Moment, Prof der echte Moody ist falsch und der falsche tut nur so oder wie oder was, jetzt seh ich überhaupt nicht mehr durch.
Hatch: So leid es mir tut, Caruso mir geht es genauso wie ihnen.
vanDusen: Noch einige Minuten Geduld, dann wird auch ihnen ein Licht aufgehen.
Dick: Ich weiß jetzt schon was los ist Prof.
vanDusen: Davon bin ich überzeugt, mein lieber junger Freund, der Mann in der Bank trug einen brauen Anzug.
Evertet: Wie immer Prof.
vanDusen: Ganz recht, Mr Everett und als Moody heute mittag in diesem Büro aufgefunden wurde trug er ebenfalls einen brauen Anzug.
Caruso: Er trägt ihn noch, Prof.
Hatch: Denselben.
vanDusen: Glauben sie mein lieber Hatch.
Hatch: Nein, das geht ja nicht, wenn der angebliche Mcintosh Moody den Anzug abgenommen hätte, um ihn selbst anzuziehen und so in der Bank aufzukreuzen dann hätte Moody vorhin nur Unterhosen tragen dürfen.
Bigott: Pfui Mr Hatch.
Hatch: Na ist doch so.
vanDusen: Und was schließen sie daraus, mein lieber Hatch.
Hatch: Der Gangster hat Moody und die Bank natürlich vor seinem coup ausgiebig studiert und dann hat er sich den gleichen Anzug gekauft, bei Russ oder Macys von der Stange.
vanDusen: Obwohl es für ihn sehr viel einfacher gewesen wäre sein betäubtes Opfer zu entkleiden, doch wie dem auch sei, ihre Annahme so plausibel sie ihn erscheinen mag trifft nicht zu, der Mann in der Bank trug nicht einen ähnlichen oder den gleichen Anzug, er trug denselben Anzug welchen sie hier an Moody bewundern können.
Moody: Unsinn, woher wollen sie das wissen ein Anzug sieht aus wie andre.
vanDusen: Nicht ganz Moody, der Mann in der Bank verlor ohne es zu bemerken, einen Knopf seines Anzugs, hier ist der Knopf, und hier hier an ihrem rechten Ärmel Moody ist die Stelle an dem er saß, der Rest des Fadens ist deutlich wahrnehmbar, im Falle Moody gibt es also nur einen braunen Anzug, nicht zwei Anzüge und dasselbe gilt cum grano salis für den echten und den falschen Moody, wir haben es nicht mit einem Opfer und einem Täter zu tun, nicht mit Moody und Anwalt Mcintosh, wir haben es nicht mit zwei Personen zu tun, sondern mit einer einzigen, der Verbrecher welcher mittels einer elaborierten Scharade der Bank von New York 300000 Dollar entwendete, heißt Calvin Moody.
Hatch: Auf diesen Paukenschlag folgte in typischer van Dusen Manier die Rekonstruktion des Verbrechens, der Prof begann mit den Vorbereitungen des Täters, wie er von einem Monat ein Büro im Pottergebäude mietete, verkleidet als RA Mckintosh, wie er kurz vor der Tat zwei Briefe schrieb.
vanDusen: Den ersten als Mcintosh an sich selbst, dh an Calvin Moody, den zweiten anonym an die Bank von NY, letzten gab er bewußt so spät auf, daß er erst heute mit der Mittagspost zugestellt wurde um 11 Uhr 30 wie ihm wohlbekannt war, gestern abend nach Dienstschluß begab Moody sich ins Pottergebäude, wo er die nacht verbrachte, heute morgen suchte er wie immer seine Arbeitsstelle, die Bank von ny auf, dabei gab er sich Mühe, anders als üblich zu erscheinen, allerdings auf so behutsame Weise, daß die Ansicht er sei nicht Moody gewesen, sondern ein Verbrecher in Moodys Maske sich erst später bilden konnte, Mr Everett durfte keinen Verdacht schöpfen, und das tat er auch nicht, er übergab Moody die für die paritätische Lebensversicherungsgesellschaft bestimmte Summe von 300000 Dollar, Moody verschwand mit dem Geld, und tauchte erst Stunden später wieder auf, in diesem Büro, so wie er es geplant und durch den anonymen Brief sichergestellt hatte, nicht zu früh nicht zu spät, noch betäubt wirkend, um seinen Schwindel psychologisch zu untermauern, ich habe gesprochen der Fall ist gelöst.
Caruso: Da haben sie mal wieder den Vogel auf den Kopf getroffen Prof ich mein, den Nagel abgeschossen, wenn ich mir das alles in Ruhe überlegen muß aber ganz gelöst ist der Fall noch nicht, ok es war Moody, nicht dran zu tippen, aber wo sind denn die Mäuse, Prof die 300000 Dollar.
Donovan: Nicht mal die Tasche hat sich eingefunden.
vanDusen: Ebenso wenig wie Moodys Hut, und dies gab mir zu denken, ich stellte Miss Biggot eine gewisse Frage, bitte berichten sie.
Biggot: Ob vor einem Monat als der sog Mr Macintosh dieses Büro mietete, noch ein Büro im Hause vermietet wurde.
vanDusen: Und zwar das ist wichtig, unter ungewöhnlichen nicht alltäglichen Umständen, ihre Antwort Miss Biggot.
Biggot: Büro H7 im 8 Stock, ein Mr John Smith hatte uns einen Brief geschrieben, eine Jahresmiete in Banknoten beigelegt und darum gebeten, ihm die Schlüssel postlagernd zuzuschicken.
vanDusen: Eine absolut anonyme Prozedur, danke Mrs Biggot, folgen sie mir meine Herrschaften zu einer Exkursion in die 8 Etage.
Hatch: Büro H7 war viel kleiner als E12 und es war völlig leer, mit zwei Ausnahmen, auf dem Boden lag eine offene Aktentasche aus braunen Schweinsleder und an einem Haken neben der Tür hingen ein Hut.
vanDusen: Ein schwarzer Bowler.
Everett: Das ist Moodys Hut.
vanDusen: So ist es, Mr Everett, die Tatsache daß Moody ohne seine Kopfbedeckung aufgefunden wurde, legte mir die Idee nahe, er habe sich im Pottergebäude eine zweite Anlaufstation gesichert, im Hause trägt man keinen Hut, Moody vergaß ihn als er von hier ins 5. Stockwerk ins Büro E12 wechselte.
Caruso: Und wozu dieses zweite Büro Prof.
vanDusen: Natürlich um das gestohlene Geld bei seite zu schaffen, es hier im Haus zu verbergen, lag nahe, auf der kurzen Strecke von der Bank von NewYork zum Pottergebäude besteht keinerlei Möglichkeit einen entwendeten Betrag von dieser Höhe sicher und langfristig zu verwahren.
Caruso: Wo ist es denn das Geld, hier ich seh nur die leere Tasche.
vanDusen: Sehen können sie die 300000 Dollar auch nicht bester detective, aber sie können sie riechen, wie sie wissen, Geld stinkt nicht, so lautet ein zweifellos auch ihnen bekanntes dictum des römischen Kaisers Vespasian, jedoch.
Caruso: Kleister, ich riech Kleister.
vanDusen: Tapetenkleister, ein unverkennbarer Geruch, welcher wie sie sich erinnern werden auch Moody anhaftete, und wenn sie die Wände dieses Raumes einer intensiveren Inspektion unterziehen.
Hatch: Frisch tapeziert, Prof, scheußliches Muster.
vanDusen: Kein zweifel, Moody hat die Zeit vor seiner Auffindung dazu benutzt, Büro H7 neu zu tapezieren.
Caruso: Wenn sie das sagen Prof.
vanDusen: Ja wollen sie denn nicht an die Arbeit gehen, Caruso.
Caruso: Arbeit, was für Arbeit.
Dick: Tapeziert mein lieber Caruso eintapeziert, das Geld hinter den Tapeten kapiert.
Caruso: Acho so, Donovan, Tapeten runter aber mit Volldampf.
Hatch: Die Staatsgewalt rupfte begeistert an den Tapeten und brachte das versteckte Geld ans Tageslicht alles 100 Dollarscheine, nicht sehr sauber, ziemlich klebrig aber Chefkassierer Everett nahm sie trotzdem mit Freuden entgegen, Moody legte ein Geständnis ab und bestätigte den Prof in allen Einzelheiten.
Moody: Ich wollte Geld auch mal ausgeben, wissen sie, nicht immer nur schleppen für andere, aber wenn ich einfach mit der Tasche verschwinde dann hat mich die Polizei ganz schnell am Kanthaken, mit Gottes Hilfe, das war mir klar, darum hab ich mir diesen komplizierten Plan ausgedacht, ich hatte vor zu warten, Monate, Jahre wenn es sein mußte, so wie ich die Sache eingefädelt hatte, fühlte ich mich ganz sicher, da kommt keiner drauf, hab ich gedacht.
Dick: Ja ja der Mensch denkt, van Dusen lenkt, und so dumm war ihr Plan gar nicht, Mister Moody, Mr. Hatch ist jedenfalls voll draufreingefallen.
Hatch: Paß mal auf du Rübe.
Caruso: Ich nicht, ich wußte von Anfang an, daß Moody das Geld geklaut hatte.
Dick: Da können Sie mal sehen Mr Hatch sogar Detective Caruso ist schlauer als sie.
And we could still do it again….
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Detective-Sergeant Caruso: Heinz Giese
Chefkassierer Everett: Christian Brückner
Dick Tracy, ein Zeitungsjunge: Mark Hinrichsen
Calvin Moody, ein Bankbote: Gunter Schoß
Margaret Moody, seine Frau: Jutta Wachowiak
Miss Biggot, Hausverwalterin: Monica Bielenstein
Wachmeister Donovan: Klaus Jepsen
James, van Dusens Diener: Helmut Ahner
Michael Koser: Prof. van Dusen und das Geheimnis der Pyramide (RIAS 1991)
Hatch: Die sensationelle, über alle Maßen erstaunliche Affäre um das Geheimnis der Cheopspyramide begann am Vormittag des 14. Dezember 1904 im Hauptbahnhof von Kairo.
Pingle: Hilfe, ein Arzt, hilfe, hilfe.
Hatch: Hören Sie Prof, ihr Typ wird verlangt, Sie sind doch Arzt.
vanDusen: Mein lieber Hatch, ich bin Prof Dr Dr Dr Augustus van Dusen.
Hatch: Naturwissenschaftler, Amateurkriminologe, Denkmaschine, wissen wir, Prof, aber.
vanDusen: Außer Physik, Chemie, Biologie etc. etc. habe ich sämtliche Bereiche der Humanmedizin studiert, zu Bologna, Heidelberg, Paris, Salamanca.
Pingle: Hilfe, ein Arzt um Gotteswillen.
Hatch: Einem so dringenden Appell konnte van Dusen sich nicht verschließen, er brach die beliebte Selbstbeweihräucherung ab, auch wenn es schwerfiel und wandelte gemessenen Schritts zum Zug aus Alexandria, der eben eingefahren war, ich folgte, das ist die Pflicht des kriminologischen Assistenten, es war eine grauhaarige europäische Dame die aus einem Abteilfenster der 1. Klasse um Hilfe schrie, und dazu hatte sie auch allen Grund, im Abteil lag ein Mann auf dem Boden, sein Gesicht war verzerrt, sein Körper verkrampft, er bewegte sich nicht, mit einem Blick erfaßte der Prof die Lage.
vanDusen: Aha.
Pingle: Sie sind Arzt.
vanDusen: Unter anderem, Madame, unter anderem, nicht daß ein Arzt hier noch was ausrichten könnte.
Pingle: Sie meinen.
vanDusen: Der Mann benötigt keine medizinische Hilfe mehr er ist tot.
Pingle: Tot, nicht zu fassen, vor 5 min hat er noch mit mir geredet, ganz munter und vergnügt.
vanDusen: Vor 5 Minuten, sehr aufschlußreich, was ist geschehen, berichten sie.
Hatch: Präzise detailliert und von Anfang.
vanDusen: Bitte.
Pingle: Ja mitten im Satz brach er ab, fing an zu würgen, bekam keine Luft, dann fiel er von der Sitzbank und wälzte sich in furchtbaren Krämpfen auf dem Boden.
vanDusen: Hochinteressante Symptome, Madame, hat er noch etwas geäußert.
Pingle: O ja, mir ist so schlecht, hat er gesagt, es tut so weh, und dann kalt mir ist kalt, und gestöhnt hat er, ganz schrecklich.
vanDusen: Kalt.
Pingle: Ja.
vanDusen: Aha die Pupillen erweitert, das stand zu erwarten, kommen sie her, Schaffner ja sie meine ich.
Stationsvorsteher: Ich bin der stellvertretende Stationsvorsteher, Effendi.
vanDusen: Um so besser, begeben sie sich stehenden Fußes zum nächstgelegenen Telefonapparat, verständigen sie die Kriminalpolizei, sie möge sich eilends hier einstellen.
Stationsvorsteher: Gewiß Effendi, ich eile.
Pingle: Mord, glauben sie.
vanDusen: Ich glaube nicht, Madame, ich weiß.
Hatch: Und wenn er sagt er weiß, Verehrteste, dann weiß er was er sagt.
Pingle: So, leider weiß ich noch immer nicht, mit ich es zu tun habe.
Hatch: Wir stellten uns vor, die Lady, eine Mrs Pingle aus Manchester, England, war gebührend beeindruckt, wer kennt ihn nicht den großen Prof van Dusen.
Pingle: Da muß ich ihnen wohl glauben, ermordet der arme Pelotard.
vanDusen: Pelotard, Miss Pingle.
Pingle: Ganz recht der tote ist ich meine war Prof Pelotard.
vanDusen: Der bekannte französische Archäologe und Ägyptologe, der Verfasser von einige Bemerkungen zum Grabtempel des Cheop unter besonderer Berücksichtung seiner religiös-architektonischen Funktion im Pyramidenkomplex.
Pingle: Eben der Prof.
vanDusen: Oh ein herber Verlust für die Wissenschaft, sie kannten ihn also Miss Pingle.
Pingle: Seit Jahren wir sind alte Freunde, immer wenn wir uns treffen streiten wir uns.
vanDusen: Was sie nicht sagen Mrs Pingle, worüber.
Pingle: Über die große Pyramide natürlich, was ist sie, was sie bedeutet, was sie uns zu sagen hat, über die Geheimnisse der Pyramide, auch ich Prof bin auf meine bescheidener Weise eine Arbeiterin im Weinberg der Forschung, kennen sie mein Buch die große Pyramide eine Bibel aus Stein.
vanDusen: Mit Sicherheit nicht Miss Pingle.
Hatch: Aber ich kannte das Buch und wußte bescheid, Miss Pingle war eine Pyramidologin, für Pyramidologen ist die Cheospyramide kein Pharaonengrab sondern der mystische Hort uralter verborgener Weisheit, die Zahl pi, die Quadratur des Kreises, das genaue Datum des Weltuntergangs und noch viel mehr können Pyramidologen aus den maßen der Pyramide erschließen, van Dusen sagt dazu schlicht Pyramidiotie.
Pingle: 146m ist sie hoch die große Pyramide, das ist 270000stel des Erdumfangs oder ein Milliardstel der Entfernung der Erde von der Sonne und ihre Masse 2einhalb Mio Kubikmeter ist ein Trilionstel der Erdmasse, kann das Zufall sein, ich frage sie meine Herren.
vanDusen: Abstruse Zahlenspielereien, Miss Pingle, an den Haaren herbeigezogen, ohne jeden Belang, zur Sache, sie trafen Prof Pelotard im Zug.
Pingle: In Alexandria stieg er zu mir ins Abteil, sein Schiff war gerade gelandet, ich wunderte mich, sonst haben wir uns früher in Ägypten getroffen, zum anfang der Saison, im Oktober wenn der Nil fällt, wenn die Touristen schwärmen, und wenn die Archäologen ihre Grabungskampagnen eröffnen.
vanDusen: In diesem Jahr hat Pelotard sich verspätet, warum.
Pingle: Er war krank, der Magen, darum blieb er vorerst in Paris, und schickte seine Tochter voraus nach Ägypten, Rose Pelotard ist eine tüchtige Archäologin, die Schule ihres Vaters, seit 6 Wochen ist sie im lande und leitet die Arbeiten an Pelotars Grabungstelle im Pyramidenkomplex von Gizeh, ach gott der arme Pelotard, auf die Grabung in dieser Saison hat er sich ganz besonders gefreut, er konnte es kaum erwarten, kommen sie mich demnächst besuchen, hat er gesagt, dann werde ich ihnen etwas außergewöhnliches zeigen können, sie werden staunen Miss Pingle und die Fachwelt auch.
vanDusen: In der Tat Miss Pingle, der erkaltete Rauch einer Zigarre wenn ich recht rieche.
Hatch: Was heißt Zigarre, Prof das war eine echte Havanna, allerfeinste Qualität, das Stück 2 Dollar 50.
Hatch: Von Zigarren verstehe ich was und deshalb entdeckte auch schnell die Quelle des edlen Duftes unter der Bank, eine zerdrückte Corona corona, eben nur angeraucht, und abgebissen, nicht abgeschnitten.
vanDusen: Geben sie her, Hatch aha unter dem Tabakaroma ein zweiter Geruch, scharf beißend und hier sehen sie mein lieber Hatch.
Hatch: Meinen sie die hellen Körnchen am ende unter den Deckblatt Prof was ist das
vanDusen: Was ich zu finden erwartet habe, mein lieber Hatch, da ich kaum annehme Miss Pingle daß sie dem Laster des Zigarrenrauchens zu fröhnen pflegen.
Pingle: Wo denken sie hin Prof jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit, das ist Pelotards Zigarre.
vanDusen: Sind sie sicher Miss Pingle.
Pingle: Absolut Prof, Pelotard hat seine Zigarren immer abgebissen und der andere Herr hat seine Zigarre mitgenommen.
vanDusen: Andere Herr, welcher andere Herr.
Pingle: Der bei uns im Abteil war, und der Prof Pelotard die Zigarre angeboten hat.
vanDusen: Und das sagen sie mir erst jetzt Miss Pingle.
Pingle: Sie haben mich ja nicht danach gefragt Prof.
Hatch: Das holte van Dusen natürlich sofort nach, der andere Herr, referierte Miss Pingle, war in Qalyub zugestiegen, eine halbe Stunde vor Kairo, ein Europäer, groß, gutgekleidet, stark bebartet, er hatte sich eifrig und kenntnisreich an der Pyramidendiskussion beteiligt, kurz vor der Ankunft in Kairo hatte er sich mit Miss Pingles Erlaubnis eine Zigarre angesteckt und auch Pelotard eine angeboten, der nahm sie mit dank, biß sie ab wie es seine Gewohnheit war, machte ein paar Züge.
Pingle: Und plötzlich packte ihn dieser entsetzliche Anfall.
vanDusen: Ein geradezu klassisches Exempel von Ursache und Wirkung, Miss Pingle, was ist aus dem unbekannten geworden.
Pingle: Gleich nach dem Halt ist er aus dem Zug gesprungen, um schnell hilfe zu holen, hat er gesagt, ich frage mich warum er nicht zurückkommt.
Hatch: Ich nicht, sie Prof.
Mayday: Halt, Kriminalpolizei, was ist hier los.
Hatch: Die Kriminalpolizei bestand aus 4 baumlangen sudanesischen Polizisten angeführt von einem drahtigen kleinen Mann in khaki mit Tropenhelm und Stöckchen unter dem Arm, Kapitän Mayday mit Namen, Engländer natürlich, theoretisch ist Ägypten ein souveränes Land, regiert von einem Vizekönig oder Khedive wie man hier sagt, aber praktisch ist es nicht viel mehr als eine britische Kolonie, in allen Schlüsselpositionen sitzen Engländer, auch bei der Polizei, Kapitän Mayday sah sich um, hörte sich an was wir ihm zu sagen hatten und reagierte ausgesprochen sauer.
Mayday: Und deshalb haben sie mich kommen lassen, schade um die Zeit, klarer Fall, alter Herr, schwüles Klima, Herzattacke, bedauerlich aber nicht zu ändern.
vanDusen: Sie befinden sich im Irrtum, Kapitän, hier liegt ein Mord vor.
Mayday: Mord, lachhaft, ich hab von ihnen gehört Prof van Dusen, auf ihre art sollen sie ja gelegentlich ganz brauchbar sein, aber wenn sie mich fragen, leiden sie an überhitzter Fantasie.
vanDusen: Captain Mayday noch nie hat jemand die Unverschämtheit besessen Prof van Dusen überhitzter Phantasie zu bezichtigen.
Mayday: Regen sie sich ab Prof, sie sind ein blutiger Amateur, sie kennen sich in Ägypten nicht aus, sie sehen Gespenster, Mord wie kommen sie bloß darauf.
vanDusen: Die von Miss Pingle ausführlich und plastisch geschilderten Symptome des Opfers, die mit weißem Pulver präparierte Zigarre, das verdächtige Verhalten des unbekannten Mitreisenden, eine Vielzahl schwerwiegender Hinweise auf eine planmäßig exekutierte Vergiftung.
Mayday: Ach ja, vermutlich mit einem rätselhaften der Wissenschaft bislang unbekannten Gift oder.
vanDusen: Keineswegs Kapitän es handelt sich um Akunitin.
Mayday: Akuniwas.
vanDusen: Akunitin, C34H47NO11 ein pflanzliches Alkaloid, gewonnen aus den Wurzeln des Eisenhuts Aconitum napellus bzw Wolfseisenhut Aconitum lycoctonum aus der Familie der Ranunculaceae.
Mayday: Kommen sie mal runter vom Katheter Prof, das ist mir viel zu hochgestochen, in New York oder London ja da bringt man sich vielleicht mit so einem schicken Gift um, aber bei uns nicht in Ägypten, Unsinn, kein Gift, kein Mord.
vanDusen: Und die Zigarre Kapitän.
Mayday: Können sie gerne behalten und zu ende rauchen wenn sie wollen.
Pelotard: Papa.
Mayday: Was ist denn das.
Pelotard: Lassen sie mich durch, Papa ich bin aufgehalten worden, mondieu papa was ist geschehen.
Mayday: Wer sind denn sie.
Pelotard: Rose Pelotard, ich verstehe nicht, mein Vater, was ist mit ihm.
Hatch: Rose Pelotard trug die praktische Kleidung der Nachwuchsarchäologin, kurzes Baumwollkleid, Sonnenhut mit Schleier, wie ihn hierzulande fast alle weißen Frauen tragen um ihren Teint zu schützen, dazu eine voluminöse Reisetasche für ausgebuddelte Schätze vermutlich, und auch ihre Trauer über Maydays Eröffnungen war kurz und praktisch.
Pelotard: Avre papa, Sie haben ganz sicher recht, mo capitan, es muß ein Herzanfall gewesen sein, so hat ihn denn ein barmherzig schneller Tod den Spaten aus der Hand genommen, in seinem geliebten Ägypten, c’est la vie, apropos Spaten die Grabung wartet, sie entschuldigen mich, mo capitan, es drängt mich, meines Vaters Arbeit fortzuführen ihm zu ehren und in seinem Geist.
Hatch: Damit verschwand die pietätvolle Tochter, gefolgt von Miss Pingle, die es zur Cheopspyramide zog, Mayday und sein Gefolge machte sie auf die Socken zu nahen Polizeistation um den toten Pelotard erstmal auf Eis zu legen.
vanDusen: Kapitän, sie werden es bedauern.
Mayday: Ich habe zu tun Prof, sie entschuldigen mich, einen guten Rat auf den Weg, machen sie Urlaub von der Amateurkriminologie, tun sie das was alle Touristen tun, widmen sie sich unseren Sehenswürdigkeiten, besuchen sie das Museum, fahren sie zu den Pyramiden.
Hatch: Und genau das taten wir ein paar Stunden später am Nachmittag dieses ereignisreichen Tages, eine Droschke brachte uns von Kairo nach Gizeh, wo wir uns durch Horden von Souvenirhändlern, Fremdenführern und Eseltreiber durchkämpften bis zur Cheopspyramide, dann stiegen wir auf, von Stufe zu Stufe kein Kinderspiel, meine Damen und Herren auch wenn wir uns dabei von ein paar wackeren Beduinen ziehen und schieben ließen, nach einer halben Stunde hatten wir schnaufend die abgeplattete Spitze erreicht, und da erlebten wir eine Überraschung, bestehend aus einem gedeckten Teetisch und Miss Pingle.
Pingle: Willkommen Prof van Dusen und Mr äh.
Hatch: Hatch, Miss Pingle, Hutchinson Hatch.
Pingle: Treten sie näher, meine Herren, nehmen sie bitte Platz, Osiris Stühle für meine Gäste, eigentlich heißt er Ali, aber ich rufe ihn Osiris, klingt doch gleich viel mystischer, viel pyramidaler nicht wahr, haben sie bemerkt, daß an den Eingängen der Pyramide Polizisten stehen und niemanden ins innere lassen.
vanDusen: In der Tat Miss Pingle, aus welchem Grund.
Pingle: Keine Ahnung, deshalb bin ich hierher gekommen, um die Aura der Pyramide zu absorbieren, zu meditieren.
Hatch: Und Tee zu trinken.
Pingle: Warum nicht Mr Hatch, mens sana in corpore sano, ein Sandwich meine Herren.
Hatch: Sehr gerne, tolle Aussicht hier oben, fast wie vom Wolkenkratzer der Manhattan Lebensversicherung.
Pingle: Sie lästern, Mr Hatch spüren sie nicht das mysteriöse fluidum, die Atmosphäre des übersinnlichen.
Hatch: Alles was ich spüre, ist ein Sandfloh in meinem Kragen.
Pingle: Wer meine Herren wer vermag zu sagen, wann dies jedes menschenmaß übersteigende Gebilde geschaffen wurde und von wem.
vanDusen: Ich Miss Pingle, gestützt auf die Ergebnisse ägyptologischer Forschung, die Pyramide unter unseren Füßen wurde errichtet um das Jahr 2900 v.Chr von Cheops einem Pharao der 4. Dynastie bzw von seinem wesir und baumeister hemon.
Pingle: Selbst ein Geist wie sie Prof reiht sich ein in die zahl der beschränkten und kleingläubigen.
vanDusen: Ersparen sie mir eine Antwort Miss Pingle.
Pingle: Da wir gerade von Hemon reden, wußten sie daß Pelotard im letzten Jahr sein Grab entdeckt hat, er hats mir im Zug erzählt, gar nicht weit von hier, etwa 150 meter nach Nordosten hinter dem Totentempel.
Hatch: Ich seh nichts.
Pingle: Das können sie auch nicht, Mr Hatch, das Grab liegt natürlich unter der Erde im Felsen bessergesagt.
vanDusen: Bei der Grabung an welcher Mademoiselle Palotard zur zeit arbeitet, handelt es sich also um Grab des Hemon.
Pingle: Ja so ist es Prof ich frage mich was sie da wohl besonders gefunden haben mag, mein gott was ist das ein Erdbeben.
vanDusen: Nein Miss Pingle, eine Explosion im innern der Pyramide.
Hatch: Auf diesen Schrecken hin ließen wir alles liegen und stiegen ab so schnell wir konnten, kaum waren wir auf festem Boden angekommen da lief uns eine bekannte Gestalt über den Weg, Captain Mayday, energischen Schritten strebte er dem Pyramideneingang zu, aber als er van Dusen sah blieb er stehen wie vom Donner gerührt.
Mayday: Schon wieder dieser verd lästige Prof, hab ich ihn nicht gesagt sie sollen sich raushalten.
Hatch: Sie haben gesagt wir sollen uns die Pyramiden angucken, und das tun wir, was war das für eine Explosion Kapitän.
Mayday: Geht sie nichts an Staatsgeheimnis, halten sie mich nicht auf.
vanDusen: Staatsgeheimnis, eine Explosion im inneren der polizeilich abgeriegelten Cheopspyramide, wenige Stunden nach dem Mord an einem Archäologen, welcher in unmittelbarer Nähe eben dieser Pyramide eine Grabung leitet.
Hatch: Sie meinen da besteht ein Zusammenhang, Prof.
vanDusen: Führen sie mich zum Grab des Hemon, Miss Pingle.
Hatch: Das Grab des Hemon lag inmitten einer archäologischen Mondlandschaft aus Stein, Sand und Ruinen, es bestand aus einem Loch im Felsenboden gesichert durch eine Eisentür und ein modernes Patentschloß, dahinter dumpfe Arbeits-geräusche, davor ein kräftiger Araber im blauen Nachthemd, einen Knüppel in der Faust und nach längerem klopfen und rufen unsererseits eine unbeugsame Rose Pelotard.
Pelotard: Scheregret, misodam, keine Besichtigung, keine Störung auch für sie verboten.
Pingle: Aber ihr Vater hat mich ausdrücklich eingeladen.
Pelotard: Wie dem auch sei, Madame, die Grabung untersteht mir, vielleicht später einmal, wenn meine Arbeit abgeschlossen ist, paß gut auf Mustafa.
Hatch: Nette Leute trifft man bei den Pyramiden, wir begleiteten Miss Pingle in ihr Hotel, das Menahouse, der Cheospyramide direkt gegenüber und fuhren zurück nach Kairo, auch uns zog es ins Hotel, ich hatte Hunger und van Dusen wollte nachdenken, dafür daß ihm der Stoff nicht ausging, sorgte ein Telegramm das in unsere Suite auf ihn wartete, an Prof van Dusen, Shepheard’s Hotel Kairo, aufgegeben in Gizeh, aha hören sie zu mein lieber Hatch.
Hatch: Ich bin ganz Ohr, Prof.
vanDusen: Betrifft Pelotard und Detonation in Pyramide, näheres erfahren sie heute abend 22 Uhr Schubraallee 17, ein Freund, kein Name.
Hatch: Wollen sie hingehen Prof.
vanDusen: Wir wollen hingehen, mein lieber Hatch, wozu sind sie mein Assistent und Begleiter.
Hatch: Und wenn es eine Falle ist.
vanDusen: Im vornehmsten Viertel von Kairo, unwahrscheinlich.
Hatch: Nacht lag über Kairo, die Schubra-Allee im Norden der Stadt tagsüber der Treffpunkt der eleganten Welt war zu dieser späten Stunde einsam und verlassen, weit und breit nur 2 Menschen am Haus Nr 17, einer Villa im orientalischen Schnörkelstil, die zwei gingen leise und vorsichtig durchs offene Tor, durch den Palmengarten, durch die erstaunlicherweise weder bewachte noch verschlossene Haustür, weiter durch einen Gang und dann standen wir in einem großen Raum, es war dunkel, nur ein paar Sterne schienen durch die vergitterten Fenster, leise unbestimmte Geräusche um uns, unheil lag in der Luft.
Hatch: Hier ist es nicht geheuer Prof, wo steckt denn ihr namenloser Freund und Informant.
vanDusen: Pst, entzünden sie die Laterne, mein lieber Hatch.
Hatch: Aye aye sir, ah, ach du dicker Pater, Prof wir sind im Harem, die Kerle mit den Säbeln das sind Eunuchen ich kenne die Typen aus Konstantinopel, was sollen wir tun Prof.
vanDusen: Das Mißverständnis dürfte sich sehr bald aufklären, bleiben sie ruhig, mein lieber Hatch und wehren sie sich nicht.
Hatch: Ich dachte nicht daran, wehren sie sich mal wenn ganze Heerscharen säbelschwingender Eunuchen sich auf sie stürzen und sie verschnüren wie ein Postpaket, ich kam kaum dazu mal einen Blick zur Seite riskieren, wo diverse füllige Damen in spärlichster Bekleidung aufgeregt durcheinander schnatteren, plötzlich Stille, der Herr des Hauses trat auf, ein stattlicher Mann mit schwarzen Vollbart, in seidenen Morgenrock, der tarbus schief auf dem Schädel und im Bauch eine ungeheure Wut.
Manur: Ihr ungläubigen Hunde, ihr habt euch in meinen Harem eingeschlichen, ihr habt mein Haus geschändet, meine Ehre besudelt, ihr müßt sterben.
Hatch: Lassen sie uns doch erklären effendi oder was sie sind.
Manur: Schweigt du Wurm, schafft sie in den Hof und ersäuft sie im Springbrunnen.
Hatch: Moment, moment, hören sie doch mal zu, die ganze sache ist ein Irrtum, Prof sie sind die Denkmaschine, denken sie sich mal ganz schnell was aus, sonst ist das hier unser allerletzter Fall.
vanDusen: Mein lieber Hatch.
Manur: Denkmaschine, Hatch, Prof, etwa Prof van Dusen aus Amerika.
vanDusen: Kein anderer.
Hatch: Und ich bin Hutchinson Hatch sofern sie auch auf diese Auskunft wert legen.
Manur: Van Dusen und Hatch, oh glück o wonne, hamdudila bindet sie los auf der Stelle.
Hatch: Zehn Minuten später saßen wir in einem orientalischen Salon, auf weichen Seidenkissen und wie es die Sitte des Orients fordert, sorgte der Hausherr erst ausgiebig für unser leibliches Wohl, bevor wir zur Sache kamen, er ließ Kaffee auffahren, Süßigkeiten, Wasserpfeifen, auch Bauchtänzerinnen und Konkubinen bot er uns an, aber da sagten wir dann doch lieber nein danke.
Manur: Wirklich nicht, nun gut, ich bin Ibrahim Manur.
Hatch: Den Namen kenn ich sind sie nicht ein hohes Tier bei der ägyptischen Polizei.
Manur: Ein demütiger Diener meines Herrn des Khedive Mr Hatch ganz recht.
Hatch: Dann weiß ich, warum man uns gerade in ihr Haus gelockt hat, sie sollen jähzornig sein, eifersüchtig und entschuldigen sie ein unversöhnlicher Feind aller Weißen.
Manur: Aus gutem Grund, Mr Hatch aus gutem Grund, denn sind es nicht die Weißen, die Engländer vor allem, die unser Land besetzt halten, die den Khedive meinen Herr entmachtet und die Regierung an sich gerissen haben.
vanDusen: Ich kann ihnen nicht widersprechen Ibrahim Mamur.
Manur: Doch was sie nicht wissen Mr Hatch, was kaum jemand weiß, zwei weiße gibt es, die ich nicht hasse, die ich vielmehr verehre und über alles schätze, den großen Kriminologen Prof van Dusen.
vanDusen: Amateurkriminologen bitte.
Manur: Amateurkriminologe selbstverständlich Prof und den noch größeren Hutchinson Hatch.
vanDusen: Noch größeren, wie soll ich das verstehen.
Manur: Sie sind ein bedeutender Mann, Prof ohne frage, doch wer macht sie dazu.
Hatch: Meinen sie etwa mich.
Manur: Sie meine ich, Mr Hatch, wo wären sie, Prof wenn diese begnadete Feder nicht über sie schriebe, sämtliche Jahrgänge des Daily New Yorker nenne ich mein eigen, Mr Hatch immer wieder nehme ich sie zu hand, voll tiefster Bewunderung, für sie Mr Hatch, für ihre einzigartige Erzählergabe, ihre treffende Darstellung, ihren eleganten Stil.
Hatch: Das tat gut, und noch besser tat das Gesicht, das der Prof dabei machte, aber er schüttelte sich bildlich gesprochen und ging zur Tagesordnung über, naja Ibrahim Manur erfuhr was uns in sein Haus gebracht hatte, eine Falle ganz offensichtlich, wir sollten ausgeschaltet werden, doch wir blieben nicht nur am leben, ironischerweise geschah auch gerade das, was das Telegram fälschlich verhießen hatte, wir erfuhren näheres über die rästelhaften Ereignisse, in die wir verwickelt waren, Ibrahim Manur war ein gutinformierter Mann.
Manur: Mein Herr der Khedive hat mir die Gnade erwiesen, mich in diesem außergewöhnlichen Fall zu rate zu ziehen, wissen sie, meine Herren wer hinter der Explosion in der Cheopspyramide steckt, sie werden staunen, es ist das Phantom.
Hatch: Das Phantom, immer wieder das Phantom, die Dame wird allmählich lästig, dreimal sind wir schon mit ihr zusammengerasselt.
Manur: Ich weiß es, Mr Hatch dank ihrer brillanten Artikel kenn ich alle Einzelheiten ihrer recontrets mit dieser berüchtigten internationalen Verbrecherin von geradezu chameleonartiger Wandlungsfähigkeit, ihre Abenteuer in Biarritz, Berlin ja und erst kürzlich in Rumänien.
Hatch: Da ist sie doch mit ihrem Unterseeboot in die Luft geflogen.
Manur: Ich versichere ihnen meine Herren das Phantom lebt und befindet sich zur Zeit in Ägypten, sehen sie hier diesen Brief, nur eine Kopie versteht sich.
vanDusen: Lesen sie vor Hatch.
Hatch: Immer ich, man nennt mich das Phantom, die Welt kennt mich, die Welt fürchtet mich, sie werden mir die bescheidene Summe von 100000 ägyptischen Pfund zahlen, bescheiden ist gut eine halbe Mio Dollar, falls nicht werde ich die Cheopspyramide in die Luft sprengen, was sagen sie dazu Prof die Cheopspyramide.
vanDusen: Lesen sie weiter mein lieber Hatch.
Hatch: Damit sie an meiner Entschlossenheit nicht zweifeln, werde ich dafür sorgen daß heute nachmittag 17 Uhr genannte Pyramide durch eine limitierte Detonation erschüttert wird, ja das stimmt, genau um 5 hats geknallt, zur Teezeit, die gewünschte Summe werden sie mir auf folgende weise.
vanDusen: Einen Augenblick mein lieber Hatch, an wen ist dieses Schreiben gerichtet, Ibrahim Manur.
Manur: An mein Herrn den Khedive, heute mittag um 12 Uhr lag es auf seinem Schreibtisch, niemand kann sagen wie es dorthin gekommen ist, fünf Minuten vorher war der Schreibtisch leer gewesen.
Hatch: Ein typischer Phantomtrick.
vanDusen: Wie reagierte der Khedive.
Manur: Mein Herr berief sogleich den geheimen Rat ein, seine ergebendsten Diener in Polizei und Justiz, und Lord Chromar, den britischen Agenten, Allah verdamm ihn, eine volle Stunde haben wir beraten.
vanDusen: Mit welchem Ergebnis.
Manur: Die meisten glauben an einen Schwindel, aber ganz sicher konnten wir nicht sein und deshalb haben wir eine Polizeiabteilung nach Gizeh geschickt und die Cheopspyramide gründlich durchsuchen lassen.
vanDusen: Und Sprengstoff.
Manur: Kein Sprengstoff, Prof gar nichts, alles in Ordnung, nach der Durchsuchung haben wir beide Eingänge gesperrt, kein Mensch durfte die Pyramide betreten.
vanDusen: Und dennoch kam es zur angekündigten Explosion.
Manur: Ja Prof danach haben wir wieder alles durchsucht, und diesmal wurden wir fündig, im obersten der drei kleinen Hohlräume über der Königskammer, das heißt an der höchstmöglichen Stelle war eine geringe Menge Dynamit gezündet worden, die Spuren waren eindeutig.
Hatch: Aber wenn die Pyramide doch abgeriegelt war.
Manur: Das ist es ja gerade Mr Hatch, bei der ersten Durchsuchung war der Hohlraum leer, und danach gab es keine Möglichkeit Dynamit in die Pyramide zu schaffen und zur Explosion zu bringen und trotzdem ja die Sache ist unerklärlich, geradezu un.
Hatch: Sagen sie bloß nicht unmöglich.
Manur: Ich werde mich hüten, ich kenne die Idiosympasie des Prof.
vanDusen: Keine Abschweifungen, wenn ich bitten darf, fahren sie fort.
Manur: Der geheime Rat trat zum zweiten mal zusammen, diesmal waren alle dafür auf die Erpressung des Phantoms einzugehen, sie müssen das verstehen, wir haben Angst, die Cheopspyramide ist das bedeutendste Bauwerk der Welt, das Wahrzeichen unsere Landes.
Hatch: Und ein unschlagbarer Touristenmagnet.
Manur: Auch das, Mr Hatch, wie die Zahlung vor sich gehen soll, hat das Phantom im Brief genau vorgeschrieben.
Hatch: Und zwar kurz zusammengefaßt so: ein Koffer mit 100000 ägyptischen Pfund in Banknoten sollte übermorgen am 16 Dezember 1904, 9 Uhr morgens von einem unbewaffneten Mann in die Cheopspyramide getragen und dort in der oberen in der Königskammer abgestellt werden, danach durfte 1 Stunde lang niemand die Pyramide betreten.
vanDusen: Sie wollen also zahlen und es dabei bewenden lassen.
Manur: Was ich will oder nicht, Prof das spielt keine Rolle, die ganze Angelegenheit ist meinem Herrn dem Khedive und seinen untergebenen Dienern aus den Händen genommen worden, Anordnung von Lord Cromer allah verdamm ihn.
vanDusen: Wer leitet den Fall.
Manur: Der Chef der Kriminalpolizei von Kairo, ein gewisser Kapitän Mayday Allah verdamm auch ihn.
vanDusen: Ich kann ihnen nicht widersprechen, Ibrahim Manur.
Manur: Mayday plant die Pyramide morgen noch einmal zu durchsuchen und dann abzuriegeln bis zur Geldübergabe, er will sich an die befohlene Wartezeit halten und danach versuchen das Phantom zu fassen, entweder in der Pyramide oder wenn es die Pyramide verläßt.
vanDusen: Das wird ihm nicht gelingen.
Manur: Inshalah Prof.
vanDusen: Hören sie, Ibrahim Manur, ihnen sind die Hände gebunden.
Manur: Bedauerlicherweise Prof.
vanDusen: Doch ich unterstehe nicht den Weisungen Lord Cromers oder Kaptain Mayday.
Manur: Allah verdamm.
vanDusen: Schon gut, das Phantom hat mir den Fehdehandschuh hingeworfen, in form jenes tückischen Telegrams, ich Prof Augustus van Dusen hebe ihn auf, mein lieber Hatch.
Hatch: Prof.
vanDusen: Auf zur vierten Runde, es gilt dem Recht und der Wahrheit zum Sieg zu verhelfen.
Hatch: Ich kannte van Dusen, und ich wußte mehr als Recht und Wahrheit lag ihm der endgültige Sieg über das Phantom am Herzen, und vor allem wollte er dem arroganten Kapitan Mayday eins auswischen, am nächsten Morgen im Hotel, wir saßen beim Frühstück in einer Ecke des palmengeschmückten Speisesaal, natürlich sprachen wir über den Fall und über das phantom eins war mir immer noch nicht klar.
Hatch: Was hat die Pyramidenerpressung mit dem Mord an Pelotard zu tun.
vanDusen: Sehr viel mein lieber Hatch, der Mord an Pelotard, welchen das Phantom wie ich vermute mit eigener Hand ausführte, stellt die letzte und wichtigste Voraussetzung für das gelingen der Erpressung dar.
Hatch: Ja wieso.
vanDusen: Ach mein lieber Hatch, zählen sie 2 und 2 zusammen, denken sie an altägyptische Jenseitsvorstellungen, denken sie an die Tatsache daß Pelotard das Grab des Haemon entdeckt und ausgegraben hat.
Hatch: Ich denke Prof ich denke so sehr ich nur kann.
vanDusen: Bravo bravo mein lieber Hatch.
Hatch: Aber mir fällt nichts ein moment doch ich glaube ich weiß wer das Phantom ist
vanDusen: Tatsächlich und wen haben sie im Verdacht.
Hatch: Miss Pingle, immer wenn was passiert ist sie dabei, im Zug auf der Pyramide.
Maigret: Sehe ich recht Prof van Dusen.
vanDusen: Oh Madame Maigret, welch angenehme Überraschung, setzen sie sich zu mir, was führt sie nach Kairo.
Hatch: Sie erinnern sich doch noch an Madame Maigret, genau Privatdetektivin aus Paris, beteiligt am Mordfall in Montecarlo und an der kuriosen Affäre um Hannibals Alpenübergang, von Prof van Dusen nicht nur in kriminologischer Hinsicht hoch geschätzt, ein interessanter Fall hatte sie nach Ägypten gebracht, vor 6 7 Wochen war auf dem Gelände des gar de lyon eine Tote gefunden worden, ermordet, entsetzlich entstellt, unkenntlich, die Polizei kam nicht weiter, die Eisenbahn verwaltung setzte eine Belohnung aus, Madame Maigret klemmte sich dahinter und schaffte es schließlich die unbekannte zu identifizieren.
Maigret: Als die Tochter eines Ägyptologen an der Pariser Universität namens.
vanDusen: Rose Pelotard.
Maigret: Ja woher wissen sie, Prof.
vanDusen: Auf welche weise haben sie die Identifizierung bewerkstelligt Madame.
Maigret: Das Gebiß Prof, sämtliche Zahnärzte in und um Paris hab ich abgeklappert, und wissen sie was geschah als ich die Belohnung einforderte, ausgelacht haben mich die Leute von der Bahnverwaltung, ich hätte mich geirrt, sagten sie, Rose Pelotard lebe und sei in Ägypten, ich wollte Prof Pelotard sprechen, aber der war auch gerade nach Ägypten abgereist, was blieb mir übrig ich kaufte mir eine Fahrkarte und hier bin ich, wer immer sich in Ägypten Rose Pelotard nennt, muß eine Hochstaplerin sein.
vanDusen: Und schlimmeres Madame, der letzte Mosaikstein befindet sich an seinem Platz, das Phantom ist entlarvt, es handelt sich nicht, wie sie mein lieber Hatch glauben, um unsere Freundin Miss Pingle.
Pingle: Das will ich doch stark hoffen.
Hatch: Miss Pingle, sitzen sie schon lange hinter der Palme.
Pingle: Oh ja Mr Hatch, ich sitze und ich lausche, gebannt und hingerissen, Pelotard, Phantom, Pyramide, eine fantastische Geschichte.
vanDusen: Gesellen sie sich zu uns, Miss Pingle, sie sind ohnehin beteiligt, sie sind bereits weitgehend informiert, vor allem benötige ich sie, ich gehe doch wohl nicht fehl in der Annahme, daß sie die Cheopspyramide kennen wie.
Hatch: Wie ihre Westentasche.
Pingle: So ist es, nur daß ich keine Weste trage.
vanDusen: Sehrschön sehrschön meine Damen mein lieber Hatch dies ist mein Plan.
Hatch: 15 Stunden später, Mitternacht, im Licht des Mondes warf die Cheops-Pyramide ihren unheimlichen Schatten über die Polizeiposten zu ihren Füßen, über Gestein und Trümmer bis zu dem Sandhaufen neben dem Grab des Hemon, unserem Ziel, wir hatten freie Bahn, Mustafa der Mann mit dem Knüppel, hatte ein gewaltiges bakschisch neben einer Flasche Arag bekommen, und schlief sich irgendwo aus, die angebliche Rose Pelotard hielt sich in dem Haus auf das sie wie Miss Pingle wußte in dem nahen Dorf gemietet hatte, das moderne Türschloß war kein Problem für eine moderne Privatdetektivin, ein paar Handgriffe mit einem verdächtig aussehenden Instrument und die Tür sprang auf, vorsichtig schlichen die furchtlosen vier die Eingangsstufen hinter in eine leere staubige Kammer und da standen wir nun wie Ochs und Kuh vorm neuen Tor und bestaunten die 5000jähigen bunten Wandbilder, nur einer wußte wie es weiterging, Prof van Dusen, einen Kompaß in der linken machte sich mit der rechten an der hinteren Wand zu schaffen, auf die ein viereckiger Fischteich gemalt war, umgeben von Schilfrohr und Bäumen, er drückte hier, er drückte da und plötzlich.
Pingle: Der Fischteich.
Maigret: Er ist weg.
vanDusen: Statt dessen ein Loch.
vanDusen: Die Pforte des geheimen Ganges, welche ich an eben dieser Stelle zu finden erwartete, meine Damen, mein lieber Hatch, vorwärts.
Hatch: Sollen wir wirklich durch das schwarze Loch.
Pingle: Was sonst Mr Hatch.
Maigret: Haben sie etwa Angst.
Hatch: Klar hatte ich Angst, vor allem aber hatte ich einen schweren Korb mit all den Dingen die van Dusen bei unserer Expedition für nötig hielt, Laternen, Stricke, mehrere Holzkeile, eine Pistole und Proviant erstaunlicherweise, das schleppte Kuli Hatch durch den engen niedrigen finsteren Gang, vor ihm Miss Pingle, Madame Maigret mit einer Laterne, und der Prof, der uns eine kriminologisch ägyptologische Vorlesung hielt.
vanDusen: Dieser geheime Gang stellt gewissermaßen den Dreh- und Angelpunkt jener mysteriösen Geschehnisse dar, deren Zeugen wir in den letzten Tagen sein konnten, Prof Pelotard hat ihn im vergangenem Jahr entdeckt, seine Absicht war es nach eingehender Untersuchung während dieser Grabungskampagne die Öffentlichkeit von seiner Existenz zu unterrichten.
Pingle: Das hat er also im Zug gemeint.
vanDusen: Ganz recht, Miss Pingle, wenden wir uns nunmehr dem Phantom zu, nach dem Unterseebootunfall vor Rumänien.
Hatch: An dem sie ja nicht ganz unschuldig waren Prof.
vanDusen: Nach jenem Unfall begab das Phantom sich nach Paris, lernte dort die Pelotards kennen, schlich sich in ihr Vertrauen, und erfuhr von der Existenz des Geheimgangs, ein pervertiertes Hirn wie das ihre erfaßte sogleich die sich dadurch eröffnenden kriminellen Möglichkeiten, wegen einer zweifellos durch Gift verursachten Magenerkrankung blieb Prof Pelotard vorerst in Paris, schickte seine Tochter Rose voraus nach Ägypten, diese.
Maigret: Augenblick, Prof da liegt was, eine Dynamitpatrone.
vanDusen: Ein deutlicher Hinweis darauf, auf welche weise die vorgestrige Explosion in der Cheopspyramide bewerkstelligt wurde, weiter, das Phantom ermordete Rose Pelotard noch auf dem Bahnhof, nahm ihre Stelle ein, fuhr nach Ägypten, bereitete als Rose Pelotard ihren Coup vor, und als Prof Pelotard seine verspätete Ankunft ankündigte.
Pingle: Mußte auch er sterben.
vanDusen: Durch eine mit Akunitin präparierte Zigarre, welche das Phantom in Verkleidung ihm präsentierte, sodann.
Maigret: Stop, der Gang ist zu Ende, was ist das, ein Griff, Prof.
vanDusen: Ziehen sie, Madame ziehen sie, Miss Pingle, Hatch, helfen sie.
Hatch: Wir zogen, der Schlußstein bewegte sich und dahinter lag wieder eine Felsenkammer, klein und kahl und grau und unheimlich, wo waren wir.
vanDusen: Diese Frage kann ihnen Miss Pingle beantworten.
Pingle: Wir sind in der großen Pyramide, genauer unter der Pyramide, in der sog. unterirdischen Grabkammer.
Hatch: Hier sollte ich mal kurz erklären, wie es in der Cheopspyramide aussieht, es gibt drei Kammern, die Königskammer etwa in der Mitte der Pyramide mit einem großen leeren Sarkophag ohne Deckel, ein stück Stück tiefer die Königinnenkammer und 32 m unter der Pyramidenbasis die unterirdische Kammer, alle Kammern sind durch ein System von Gängen mit einander und mit den Eingängen an der Nordseite verbunden, ja das wärs abgesehen von ein paar Luftschächten und drei Hohlräumen zur statischen Entlastung der Königskammer, der geheime Gang hatte uns also vom Grab des Hemon in die unterste Kammer der Cheopspyramdie gebracht.
vanDusen: Sehen sie her, der bewegliche Stein wurde auf dieser Seite so kunstvoll in die Unebenheiten der Wand eingefaßt, daß seine Konturen unsichtbar bleiben, der von mir theoretisch konzipierte und postulierte unbekannte Zugang zur cheopyramide hier ist er.
Maigret: So hat das Phantom also das Dynamit in die Pyramide geschafft.
vanDusen: So gedenkt es die erpresste Summe und die eigene Person in sicherheit zu bringen.
Hatch: Ok ok das ist mir klar aber was ich nicht verstehe, das Phantom hat doch gedroht die ganze Pyramide in die Luft zu sprengen.
vanDusen: Eine leere Drohung, welche auszuführen das Phantom weder die Absicht noch die Mittel hat.
Hatch: Also ein bluff, und noch was Prof, woher wußten sie daß der unbekannte Zugang zur Pyramide ausgerechnet im Grab des Hemon anfängt.
vanDusen: Eine simple ägyptologische Kombination, nach dem Glauben der alten Ägypter stand allein dem Pharao nach dem tode die Erhebung unter die Götter zu, ein mystischer Vorgang in seinem Grabmal der Pyramide, was lag nun für Hemon den Erbauer der Pyramide näher als sich insgeheim einen Weg zu schaffen, auf welchem sein kah, seine Seele sich nach dem tod in die Pyramide begeben konnte um hier zusammen mit dem Pharao der Vergöttlichung teilhaftig zu werden.
Hatch: Raffiniert, als Nassauer in den Himmel.
vanDusen: Wenn sie so ausdrücken wünschen, mein lieber Hatch, wie spät ist es.
Hatch: Zehn nach 2.
vanDusen: Meine Damen, sie werden sich nunmehr zurückziehen.
Maigret: Oh.
vanDusen: Achten sie darauf, keine Spuren zu hinterlassen, setzen sie die beweglichen Steine sorgsam so ein, wie wir sie vorfanden, überlassen sie alles weiter mir.
Pingle: Was haben sie vor Prof.
vanDusen: Ich werde das Phantom abfangen, und zu diesem zwecke bis morgen in der Pyramide verharren mit dem Korb und mit Mr Hatch natürlich.
Hatch: Die Damen gingen, obwohl sie lieber geblieben wären, bei mir wars genau umgekehrt, wir machten es uns in der oberen der Königskammer gemütlich versteckt im Sarkophag des alten Cheops, soweit es in einem Sarg gemütlich sein kann, ich aß und trank ein bißchen, schlief ein bißchen, und graulte mich ein bißchen und wartete, am nächsten Morgen um 9 plötzlich Licht und Geräusche, der Bote mit dem Geldkoffer, hastig stellte er ihn auf den Boden und verschwand, kaum war er weg, mußte ich über den Rand turnen und den Koffer zu uns in den Sarkophag holen, dann wieder warten, aber diesmal nur Minuten, vorsichtige Schritte, der zitternde Strahl einer Blendlaterne, und da stand sie, angebliche Rose Pelotard, das Phantom, sie stand und guckte und stutzte und suchte.
vanDusen: Sie suchen vergebens Madam.
Pelotard: Wer ist das.
Hatch: Pharao Cheobs.
Pelotard: Lassen sie den Unsinn Mr Hatch, ich kenne ihre Stimme, die des Prof auch, zeigen sie sich, ach, ich hätte es mir denken können, sie Prof van Dusen wieder einmal sie, zum vierten mal kommen sie in die quere.
vanDusen: Zum vierten und zum letzten Male.
Hatch: Hände hoch keine Bewegung oder ich schieße.
Pelotard: Mit dieser Pistole, Mr Hatch, daß ich nicht lache, sie haben vergessen sie zu entsichern.
Hatch: Was da muß doch gleich.
vanDusen: Hatch vorsicht.
Hatch: Zuspät, nur einen moment hatte ich das Phantom aus den Augen gelassen, aber bei einer so gerissenen Verbrecherin ist sogar ein moment zu lang, jetzt hatte sie die Pistole, und richtete sie auf uns, mit der anderen Hand schlug sie den schleier zurück und zog sich die kunstvoll gearbeitete Kautschukmaske vom gräßlich zugerichteten Gesicht.
Pelotard: Sehen sie her Prof das ist ihr Werk, jetzt ist die Zeit der Rache gekommen sie werden sterben, Prof und sie natürlich auch Mr Hatch, sie werden sterben und ihr Tod wird lang andauernd und qualvoll sein, im unterirdischen Gang des Hämon bei verrammelten Türen werden sie langsam zugrunde gehen, im Paroxismus des Hun-gers werden sie sich gegenseitig anfallen, sich das Fleisch von den Knochen reißen.
Hatch: Keine Angst, Prof ich würde sie nie anknabbern.
vanDusen: Vielen dank mein lieber Hatch.
Pelotard: Ich bedauere nur eins, daß ich ihnen nicht zusehen und mich an ihren Qualen weiden kann, doch wenn ich morgen.
Maigret: Wollen sie auch mal zuschlagen, Miss Pingel.
Pingle: Mit Vergnügen Madam Maigret.
Maigret: Da stauen sie was Prof.
vanDusen: Aber meine Damen ich hatte sie angewiesen.
Pingle: Ach wissen sie draußen war es uns zu langweilig.
Maigret: Und wir wollten auch mal in der ersten Reihe sitzen.
Pingle: Darum sind wir dem Phantom nachgeschlichen.
Maigret: Ein Glück für sie meine Herren.
Pingle: Wer weiß wie es ihnen sonst ergangen wäre ja.
vanDusen: Ja äh.
Hatch: Van Dusen spachlos, ein äußerst seltenes Phänomen und ein vorübergehen-des, das Phantom wurde gefesselt und in den Sarkofag gelegt, dann traten wir vier den Rückzug an mitsamt Geldkoffer, hinter uns verkeilten wir die Türsteine des Geheimganges um der Gefangenen den Fluchtweg abzuschneiden, eine gute Stunde später standen wir vor dem Grab des Hämon und sahen mit wohlgefallen zu wie Captain Mayday mit seinen Mannen aus der Pyramide kroch und an uns vorbei defilierte.
Mayday: Ausschwärmen, Straßen sperren, das ganze Gelände absuchen.
vanDusen: Vermissen sie etwas Kapitän.
Mayday: Da sind sie ja schon wieder Prof, lassen sich mich bloß in Ruhe.
vanDusen: Vielleicht diesen Koffer.
Mayday: Das Geld, die 100000 Pfund, wie kommen sie zu dem Koffer Prof.
vanDusen: Ein wenig angewandte Amateurkriminologie, wie geht es dem Phantom.
Mayday: Dem Phantom wieso.
vanDusen: Ja haben sie es denn nicht dingfest gemacht.
Mayday: Nein.
vanDusen: Sie haben doch die Pyramide durchsucht Capitain.
Mayday: Selbstverständlich Prof.
vanDusen: Auch die Königskammer und den Sarkophag.
Mayday: Ja sicher, das heißt nicht ich persönlich, mein bester Mann, Hauptwacht-meister Musa, da vorne läuft er, Musa Musa, zurück Marsch marsch, Musa bleib stehen.
Hatch: Aber Musa blieb nicht stehen, er bog um eine Ecke und war weg, den wirklichen Hauptwachtmeister Musa fand man wenig später im Sarkophag des Cheops, bewußtlos, in Unterhosen, merkwürdig.
vanDusen: Was erscheint ihnen merkwürdig, mein lieber Hatch.
Hatch: Das Phantom hat sich befreit, hat Musa überwältigt, und ist in dessen Uniform geflohen, da muß sie doch ganz nah bei uns vorbeigelaufen sein, ohne Maske, und sie haben sie nicht erkannt, Prof.
vanDusen: Glauben sie mein lieber Hatch, wäre es nicht möglich, daß ich es vorzog mich nicht einer Gegnerin zu berauben, welche wenn ich sie auch keineswegs als ebenbürtig erachten kann, mir doch das eine oder andere interessante Duell geliefert hat.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Miss Pingle, eine Pyramidologin: Gudrun Genest
Ibrahim Manur, ein ägyptischer Würdenträger: Volkmar Kleinert
Captain Mayday von der Kairoer Polizei: Helmut Wildt
Madame Maigret, Privat-Detektivin: Evamaria Miner
Rose Pelotard, Archäologin: Liane Rudolph
Stationsvorsteher: Helmut Ahner
Michael Koser: Prof. van Dusen in geheimer Mission (RIAS 1990)
Hatch: Prost, Professor.
vanDusen: Prosit, mein lieber Hatch.
Hatch: Auf unsere nächsten 60 Fälle, Prof.
vanDusen: Unsere Fälle, mein lieber Hatch…
Hatch: Während die abendliche Dämmerung schwer und düster auf die kravonischen Fluren hernieder sinkt, stampft und dampft er unbeirrbar voran, der von Sagen, Mythen und Legenden umwitterte Orientexpreß, umwittert, ich weiß nicht, umwabert, umwoben, ja das ist gut, der von Legenden umwobene Orientexpreß.
vanDusen: Mein lieber Hatch.
Hatch: Romantik gewiß doch es ist die Romantik des Fortschritts, der Technik, die Romantik dieser unserer modernen Zeit.
vanDusen: Hatch.
Hatch: Ja Prof.
vanDusen: Haben Sie die Güte, Ohren und Geschmack der Mitwelt nicht durch die lautstarke Deklamation Ihrer verquollenen Prosa zu insultieren.
Hatch: Verquollene Prosa, das ist allerfeinste journalistische schreibe ich komponiere gerade eine besinnliche Betrachtung für den Daily New Yorker, bestens geeignet für Feiertage aller Art, Ostern, Pfingsten, Buß und Bettag.
vanDusen: Aber wir haben nicht Ostern, nicht Pfingsten, und schon gar nicht Buß und Bettag, vielmehr schreiben wird den 6 August.
Hatch: Im Jahre des Herrn 1904, jawohl Prof weiß ich aber, das Abteil ist besetzt guter Mann, suchen sich ein anderes, hören Sie mal, das hier ist ein Doppelabteil, Doppel, verstehen sie für zwei Personen, und hier sind schon zwei, sie sind überzählig, raus.
Mörder: Oh.
vanDusen: Der Mann scheint sie nicht zu verstehen, lieber Hatch, gehen sie, rufen sie den Schaffner.
Hatch: Machen wir, Prof, wenn sie schon nicht rauswollen, guter Mann, dann treten sie wenigstens zur Seite und lassen sie mich raus, rührt sich nicht der Kerl, he du weg von Tür verstehen.
Mörder: Ich verstehe sie sehr gut Mr Hatch.
Hatch: Prof der kann sprechen.
Mörder: Sie werden staunen was ich noch alles kann, Mr Hatch, öffnen sie das das Fenster, los.
Hatch: Ich wollte nicht, aber unser unbekannter Besucher hatte ein sehr überzeugendes Argument, eine große schwarze gefährlich aussehende Pistole, die er aus der Jacke zog und mir unter die Nase hielt, also ging ich zum Abteilfenster und machte es auf.
Mörder: Gut so, Mr Hatch, bleiben sie da stehen, Prof van Dusen sie stellen sich neben Mr Hatch und nun meine Herren, springen sie bitte hinaus.
Hatch: Aus dem Fenster, aber das ist lebensgefährlich.
Mörder: Eben, Mr Hatch, springen sie oder möchten sie dem Prof den Vortritt lassen.
Hatch: Sie wollen uns umbringen.
Mörder: Das ist mein Auftrag, Mr Hatch, hinaus.
Hatch: Aber warum und wozu was haben wir ihnen getan Prof sagen sie auch mal was.
Mörder: Bitte meine Herren, machen sie es uns doch nicht so schwer, lassen sie uns die wie ich zugeben muß vor allem für sie unangenehme Angelegenheit in Würde und Anstand zu ihrem unvermeidlichen Ende bringen.
vanDusen: Halten sie sich gut fest.
Mörder: Ah.
Hatch: Was was war denn das.
vanDusen: Ich habe die Notbremse gezogen mein lieber Hatch.
Hatch: Aha und der Mörder.
vanDusen: Ist von eben dem Schicksal ereilt worden welches er uns zugedacht hatte
Hatch: Aus dem Fenster und weiter in die Landschaft, na der kommt nicht wieder, da haben wir noch mal Glück gehabt Prof.
vanDusen: Glück mein lieber Hatch, Glück, war es Glück, daß Masse und Standort unseres Angreifers ins rechte Verhältnis setzte zur Geschwindigkeit des Zuges, war es Glück daß im günstigsten Moment nämlich kurz vor dem Scheitelpunkt einer Kurve die Notbremse betätigte, so daß unser ungebetener Gast dem Gesetz der Trägheit folgend uns auf schnellstem Wege verließ durchs Fenster den Kopf voran.
Hatch: Sie meinen sie haben das so geplant, Prof.
vanDusen: Selbstverständlich mein lieber Hatch, ein relativ simples mathematisch physikalisches Exempel.
Hatch: Jedenfalls sind wir den Kerl los, merkwürdig, er hat was von Auftrag gesagt, und er wußte, wer wir sind, was hat zu bedeuten, Prof, warum will man uns umbringen.
vanDusen: Mein lieber Hatch, ich habe nicht die geringste Ahnung.
Hatch: Das glaub ich ihnen nicht Prof, sie wissen alles.
vanDusen: Ihr kindliches Vertrauen ehrt und rührt mich, doch ohne präzise Fakten, ohne exakte Hinweise kann selbst Prof DrDrDr Augustus van Dusen.
Hatch: Die Denkmaschine, größter Wissenschaftler und bedeutendster Amateurkriminologe aller Zeiten.
vanDusen: Danke danke, kann selbst mein Intellekt nicht tätig werden.
Hatch: Und was machen wir jetzt Prof.
vanDusen: Na wir bleiben ruhig und warten ab.
Schaffner: Sie haben die Notbremse gezogen, meine Herren.
vanDusen: Ein Versehen, Schaffner, zahlen sie die hierfür festgesetzte Gebühr.
Schaffner: Das macht 50 Piaster, mein Herr.
Hatch: Ich zahlte, der Orientexpreß fuhr weiter, ich machte mir Sorgen, der Orient-expreß hielt, diesmal regulär im Bahnhof von Popelnik, 5 Min Aufenthalt stand im Fahrplan aber das konnte nicht stimmen, der Zug hielt und stand und stand und hielt.
Hatch: Schon eine halbe Stunde Verspätung, Unverschämtheit, he sie Stations-versteher, warum fahren sie nicht weiter.
Bahnhofsvorsteher: Weil wir den Gegenverkehr abwarten müssen, mein Herr, die Strecke durch Kravonien ist leider nur eingleisig.
Hatch: Aber der Zug in die andere Richtung ist doch schon durch.
Bahnhofsvorsteher: Jawohl mein Herr, pünktlich auf die Minute, aber es kommt noch einer, ein Sonderzug.
Hatch: Und auf den muß der Orientexpreß warten.
Bahnhofsvorsteher: Bedauerlicherweise ja mein Herr, ich habe telegrafische Anweisung aus Staropol von höchster Stelle, um sie für den unfreiwilligen Aufenthalt ein wenig zu entschädigen, lädt die königlich kravonische Eisenbahnverwaltung sie zu einem kostenlosen Imbiß im gastronomisch renommierten Bahnhofsbüffet von Popelnik ein, Speis und Trank von feinsten meine Herren, soviel ihr Herz begehrt.
Hatch: Prof van Dusen wollte nicht, er hatte keinen Appetit, er hat nie Appetit, aber ich klopfte ihn breit, das hätte ich nicht tun sollen, kaum hatten wir das völlig leere Bahnhofsrestaurant betreten, als auch schon die Tür hinter uns zugeschlagen und von außen abgeschlossen wurde.
Hatch: Zu, aufmachen, was soll das, lassen sie uns raus.
Bahnhofsvorsteher: Tut mir leid, meine Herren, Anweisungen, wie gesagt von höchster Stelle, zum Orientexpress nach Konstantinopel über Gnewutsch, Zaribrod, Sofia, Adrianopolis einsteigen und Türen schließen.
Hatch: Prof unser Zug da fährt er ohne uns jetzt verstehe ich gar nichts mehr sie Prof
vanDusen: Wie es den Anschein hat, ist der Orientexpreß für uns auch weiterhin mit ungewöhnlichen und ausgefallenen Situationen assoziiert, denken sie nur zehn Tage zurück, an den 27. Juli.
Hatch: Sie meinen die explodierende Kaffeekanne, Prof.
vanDusen: Vor allem meine ich unsere sich aus jener kuriosen Episode entwickelnde singulären Abenteuer in Kravonien.
Hatch: Wenn sie den Abschnitt der großen van Dusen Chronik kennen der den Titel trägt Prof van Dusen sieht doppelt, dann wissen sie wovon die Rede ist, von der große wende im kleinen balkanesischen Königreich Kravonien, der böse König Bolko hatte den Thron verloren zugunsten seines guten wenn auch ziemlich schlappen Bruder Milan und sie wissen wer dazu entscheidend beigetragen hatte, Prof van Dusen, ja sicher der auch, nochmehr aber sein treuer Begleiter, Assistent und Chronist, meine Wenigkeit, Hutchinson Hatch, und sie wissen auch, wie es zwischen mir und der wunderschönen gar nicht schlappen Königin Dragina geknistert hatte.
Hatch: Dragina.
vanDusen: Soeben hat Mr Hatch von ihnen gesprochen, Majestät.
Dragina: Nur gutes, hoffe ich.
vanDusen: Von ihnen also kam die Weisung uns an diesem Ort festzuhalten.
Dragina: Ein ich gebe es zu ein wenig abruptes vorgehen, meine Herren, verzeihen sie, ungewöhnliche Umstände erfordern ungewöhnliche Maßnahmen.
Hatch: Meinetwegen, Dragina.
Dragnia: Sie glauben, übergroße Sehnsucht nach ihrer Person mein lieber Hutchinson habe mich zu diesem Schritt veranlaßt, seien sie nicht gekränkt, wenn ich das kategorisch ausschließe, meine sehnsucht gilt weniger ihnen als Prof van Dusen.
vanDusen: Ein neues Problem, Majestät.
Dragina: So ist es Prof.
vanDusen: Kriminologischer Natur.
Dragina: Kriminologisch nunja das auch in erster Linie handelt es sich jedoch um ein Problem von allergrößter politischer Tragweite.
vanDusen: Ah, berichten Sie Majestät.
Hatch: Gleich nach der denkwürdigen Hochzeitsfeier in Staropol hatte Königin Dragina ihren Mann in die Ecke gestellt und selbst die Regierung übernommen, noch in der Nacht ließ sie sich von den Ministern über die politische Situation Kravoniens informieren, und die sah gar nicht gut aus, das kleine Land das wie ein Puffer zwischen Serbien und Bulgarien lag war isoliert, alle Staaten auf dem Balkan hatten die Beziehungen abgebrochen angewidert vom Schreckensregiment König Bolkos und seine Geheimpolizei der schwarzen Garde, Kravoniens einziger Verbündeter Serbien war nur darauf aus, den kleinen Nachbarn im süden bei nächster Gelegenheit zu schlucken, das mußte anders werden, meinte die Königin, Serbien vertrug sich nicht mit Bulgarien, Dragina beschloß mit Bulgarien anzubändeln und sie wußte auch schon wie.
Dragina: Mein Kollege Fürst Ferdinand von Bulgarien hat zwei große Leidenschaften, das Eisenbahnfahren und.
vanDusen: Die Entomologie.
Hatch: Entwowas.
Dragina: Prof sie wissen alles.
Hatch: Sag ich doch immer.
Dragina: Ferdinand von Bulgarien ist einer der bedeutendsten Käferkenner und Käfersammler der Welt, aber inmitten seiner gefüllten Terrarien und Insektenkästen ist er nicht glücklich, ein Käfer, ein einziger fehlt in seiner großen Kollektion, obwohl er sich seit langem um ein Exemplar bemüht, ich meine den kravonischen Riesenhirschkäfer.
vanDusen: Lucanus cervus giganteus, 10cm lang.
Hatch: 10 cm, da kann man ja Angst kriegen.
vanDusen: Und so gut wie ausgestorben.
Dragina: Sehr richtig Prof nur in den abgelegensten Schluchten der nadscha gora, der finsteren Berge, gibt es noch eine wenige Exemplare.
Prof: Ich verstehe Majestät, sie suchten sich in den Besitz jener Rarissima zu setzen.
Dragina: Um sie Ferdinand zu präsentieren, als Geste guten willen, das war mein Plan, ich scheuchte meine Förster und Wildhüter in die Berge und nach ein paar Tagen waren sie zurück, mit 6 Riesenhirschkäfer, drei Männchen und drei Weibchen.
Hatch: Da kann er eine flotte Käferzucht aufmachen der Ferdinand.
vanDusen: Hatch bitte.
Dragina: Ich schickte eine Depeche nach Sofia ins Fürstenschloß, und Ferdinand antwortet sofort, lesen sie vor Hutchinson.
Hatch: Ich bin immer für sie da, Majestät, bin überglücklich, sendet Käfer schnellstmöglich, biete Freundschaftspakt.
Dragina: Soweit so gut, am Abend des 4. August, vorgestern, fuhr ein Kurier los mit einem Käferpaar in der Botanisiertrommel.
vanDusen: Er fuhr, wie Majestät.
Dragina: Auf dem schnellsten und defacto einzigen Wege von Kravonien nach Bulgarien, mit dem Zug, das heißt mit dem Orientexpreß, wir haben wie das üblich ist, unseren königlich kravonischen Salonwagen hinten angehängt, der Kurier fuhr also los, Ferdinand wartete voller Ungeduld gleich hinter der Grenze in Zaribrod, und ich bekam gestern gegen Mittag diese Depesche, Hutchinson.
Hatch: Zu befehl Majestät, bin ungehalten, Pakt gefährdet, Kurier überfallen, Käfer verschwunden, sendet sofort neue, Ferdinand.
vanDusen: Was war geschehen, Majestät.
Dragina: Sie können den Mann selbst befragen, Prof, er kam vorhin zurück mit dem Salonwagen und ich hab ihn gleich hierbehalten.
vanDusen: Sehr vorausschauend, Majestät, wie reagierten sie auf die Depesche.
Dragina: Schnelles Handeln war gefragt, ich wartete die Rückkehr des Salonwagens nicht ab und setzte mit den zweiten paar Käfer auf der Stelle eine hochkarätige Sonderdelegation in Bewegung, meinen Außen- und meinen Verkehrsminister.
Hatch: Verkehrsminister, wozu denn den.
Dragina: Wegen der Lokomotive, der einzigen Lokomotive im Besitz unseres Landes und die kann nur der kravonische Verkehrsminister fahren, falls es sie interessiert meine Herren es handelt es sich um eine kleine Tenderlok vom Typ T3 gebaut von Henschel und Sohn in Kassel, der deutsche Kanzler Bismarck hat sie vor etwa 25 Jahren dem damaligen König Danilo geschenkt, eine sehr robuste Maschine, vielseitig einsetzbar.
Gewiß Majestät gewiß, wann ist ihre Delegation auf der Lokomotive aufgebrochen.
Dragina: Heute früh kurz nach mitternacht, am vormittag hätte sie in Zaribrod eintreffen müssen.
Hatch: Ist sie aber nicht oder.
Dragina: Lesen sie.
Hatch: Keine Lokomotive, keine Delegation, kein Käfer, äußerst ungehalten, Krieg nicht ausgeschlossen, Ferdinand.
Dragina: Diesmal ist die ganze Lokomotive einschließlich Inhalt verschwunden auf dem Streckenabschnitt zwischen Gnewutsch und Zaribrod.
vanDusen: Wie lang ist Strecke Majestät.
Dragina: Knapp 50 km gebirgig, sehr einsam, keine Städte, keine Dörfer, keine Menschen.
vanDusen: Könnte ihre Lokomotive verunglückt sein, womöglich entgleist.
Dragina: Nein Prof die Strecke ist frei und der Express aus Bulgarien der eben hier durchkam, hat nichts Verdächtiges oder nur Auffälliges wahrgenommen, die Lok hat Gnäwutsch passiert am morgen in Zaribrod ist nicht angekommen, sie ist verschwunden, spurlos.
vanDusen: Gibt es Nebenstrecken, Ausweichgleise.
Dragina: Weder noch, nur das eine Gleis für den Orientexpreß.
vanDusen: Ein Mysterium wie es scheint und politisch betrachtet eine erhebliche Komplizierung ihrer Situation Majestät.
Dragina: Das können sie laut sagen, Prof, Bulgarien ist vergrätzt, Serbien lauert, was tun, beim Mittagessen fiels mir ein, sie waren im lande, Prof van Dusen, Spezialist für schwierigste fälle, ich ließ sogleich in Erfahrung bringen wo sie sich aufhielten, im Orientexpreß hörte ich unterwegs nach Bulgarien, eine Depesche mit Anweisungen ging nach Popelnik, ich zu Pferde mit kleinstem Gefolge und im gestreckten Galopp hierher und nun Prof.
vanDusen: Tja nun stehen sie vor mir was kann ich für sie tun, wünschen sie daß ich das geheimnisvolle Scheitern ihrer beiden nach Bulgarien entsandten Missionen einer Aufklärung zuführe.
Dragina: Warum nicht Prof, von mir aus aber.
vanDusen: Aber vor allem liegt ihnen daran zu erfahren wer oder was für die bislang unerklärlichen Vorgänge verantwortlich ist.
Dragina: Nicht nötig Prof.
vanDusen: Was soll das heißen.
Dragina: Ich weiß, wer dahinter steckt, die schwarze Garde.
Hatch: Wie das so ist bei einer politischen wende die alte Geheimpolizei wird zwar offiziell aufgelöst aber bis es gelingt ihren weitverzweigten Apparat zu zerschlagen arbeitet sie im Untergrund munter weiter, so war es auch in kravonien, die gefüchtete schwarze Garde lebte noch, überall auch in den höchsten kreisen saßen ihre Agenten, noch immer hingen sie am entmachteten König Bolko und versuchten die alte Politik fortzuführen.
Dragina: Und darum ist die schwarze Garde entschlossen meine Annäherung an Bulgarien zu hintertreiben.
vanDusen: Mit allen Mitteln wie es scheint, durchaus glaubhaft, Majestät, doch wenn ihnen an der Einzelaufklärung wenig liegt und wenn ihnen die Drahtzieher im Hintergrund bereits bekannt sind, dann verstehe ich nicht was sie von mir erwarten.
Dragina: Ist doch ganz einfach, Prof sehen sie, ich muß mich mit Bulgarien arrangieren, ein paar, ein einziges paar Riesenhirschkäfer habe ich noch, und das muß jemand zu Feridnant bringen.
vanDusen: Ja aber.
Dragina: Jemand der geschickt genug ist, den Anschlägen der schwarzen Garde zu entgehen, wissen sie, früher als ich noch einfache Prinzessin war, hätte ich es selbst versucht.
Hatch: Glaub ich ihnen unbesehen.
Dragina: Aber jetzt bin ich Königin und deshalb geht es nicht, leider, sie werden es übernehmen Prof und wenn sie mir bei dieser Gelegenheit gleich noch meine Lokomotive zurückbringen könnten.
vanDusen: Majestät ihr Auftrag.
Dragina: Ehrt sie Prof.
vanDusen: Mitnichten, Majestät, er ist unter meiner würde, Prof van Dusen.
Hatch: Etc etc.
vanDusen: Ist kein Laufbursche, ich bedauere Majestät.
Dragina: Ich auch, Prof, nun ja, es war ein Versuch, ich sehe ja ein, daß die Sache sogar für sie zu schwer ist, geradezu unmöglich.
vanDusen: Unmöglich, Majestät, dem wahrhaft intelligenten Menschen ist nichts wohlgemerkt nichts unmöglich, lassen sie das gesagt sein, selbstverständlich erfülle ich ihre bitte.
Dragina: Unter uns, Prof ich habe es nicht anders erwartet.
Hatch: Oje er hat sich austricksten lassen, der Prof.
vanDusen: Und sie mein lieber Hatch, sie kommen natürlich mit mir.
Hatch: Muß das sein, Kravonien, Bulgarien, Riesenkäfer das ist nicht mein Bier und ihres auch nicht, Prof.
vanDusen: Es geht nicht um balkanesische Politik, es geht nicht einmal um Kriminologie.
Hatch: Sondern.
Prof: Es geht um die Demonstration der unbegrenzten Macht des menschlichen Geistes.
Hatch: Hoch soll er leben.
vanDusen: Wann fährt der nächste Zug in Richtung Bulgarien.
Hatch: Das wußte der Stationsvorsteher, 23 Uhr 40, der Orientexpreß nach Konstantinopel, der zweite weil sonnabend war, sonst fuhr pro tag nur einer, also noch gut anderhalb stunden, van Dusen war zufrieden, zeit genug meinte er für die nötigen Vorbereitungen und für gewisse Untersuchungen und weil er damit gleich anfangen wollte, gingen wir über den Bahnsteig zum königlich kravonischen Salonwagen, der auf einem Ausweichgleis abgestellt war.
vanDusen: Wer war von ihrer Absicht informiert mich in dieser Angelegenheit zu konsultieren.
Dragina: Nur mein engster Beraterkreis, Prof.
vanDusen: Das heißt.
Dragina: Meine erste Hofdame Gräfin Szlepynsky, eine kluge und erfahrene Frau und Baron Feschak, mein persönlicher und sehr privater Adjutant.
Hatch: Da haben sie sich aber schnell getröstet, Majestät.
vanDusen: Zwei Personen also Gräfin Slepinski und Baron Feschak.
Dragina: Ich werde sie ihnen sofort vorstellen, sie warten im Wagen mit Leutnant Boskoff, meinem Kurier.
Hatch: Zur Hälfte bestand der königlich kravonische Salonwagen wie der Name schon sagte aus einem feudal eingerichteten Salon, in der anderen Hälfte gab es drei kleine Abteile, eine noch kleinere Küche und ein Bad, das man nur mit der Lupe finden konnte, das Gefolge der Königin hielt sich im Salon auf, Gräfin Slispinksi wirkte kompetent und unauffällig, Baron Feschak war ein strammer Uniformständer mit Wespentaille, Schnurrbart und Kalbsaugen, Leutnant Boskoff ein langes elend sah womöglich noch törichter aus als der Baron, von ihm ließ der Prof sich zeigen wo er gegessen hatte als ihn auf seiner Kurierfahrt das Schicksal ereilte, im mittleren der kleinen Abteile auf der rechten Bank am Fenster.
vanDusen: Setzen sie sich, Leutnant.
Leutnant: Mit Herrn Prof Erlaubnis, vorgestern als ich hier so saß, wenn Herr Prof gestatten da höre ich.
vanDusen: Sagen sie nichts, Leutnant, ach ja sehen sie dies hier.
Hatch: Das kleine Loch in der Wand.
vanDusen: Was denn sonst, exakt in Ohrhöhe des Leutnants, und über seinem Scheitel am Gepäcknetz.
Hatch: Eine gewaltige Delle.
vanDusen: So ist es, ich bin gleich wieder bei ihnen, rühren sie nicht von der stelle Leutnant.
Leutnant: Auf gar keinen Fall Herr Prof, gehorsamster Diener.
Hatch: Der Prof verschwand und man hörte wir er im rechten Nebenabteil herumwurstelte, ein paar Minuten vergingen, plötzlich dröhnte laute Musik durch die Wand zu uns herüber, Leutnant Boskoff sprang auf, knallte mit dem Kopf gegen das Gepäcknetz, fiel hin und blieb liegen, die Musik brach ab, van Dusen kam zurück.
vanDusen: Sehr schön, sehr schön, das hatte ich erwartet.
Hatch: Was war das Prof.
vanDusen: Die kravonische Nationalhymne, präziser die Walze auf dem Phonografen, welchen ich nebenan unter der Bank entdeckte, ich zog ihn heraus, richtete den Schalltrichter auf das Loch in der Wand, drehte den Handgriff und voila.
Hatch: Ein schlagender Erfolg, Prof.
vanDusen: In der Tat, mein lieber Hatch, bringen sie den Mann wieder zu sich.
Hatch: Leutnant Boskoff bestätigte die Rekonstruktion des Prof in allen Einzelheiten, im letzten teil der Strecke zwischen Gnäwutsch und der Grenze war plötzlich die Hymne seines Landes sehr laut an sein Ohr gedrungen, als guter Patriot war er hochgeschnellt und hatte prompt das Bewußtsein verloren, als er in Zaribrod wieder zu sich kam, war seine Botanisiertrommel mit den beiden Riesenhirschkäfern verschwunden.
vanDusen: So, waren sie allein, Leutnant.
Leutnant: Melde gehorsamt ganz allein Herr Prof.
vanDusen: Es befand sich wirklich außer ihnen niemand im Salonwagen.
Leutnant: Kein Seele, Herr Prof, nur der königlich kravonische Salonwagenschaffner, aber der zählt ja wohl nicht, halten zu Gnaden.
Hatch: Van Dusen sah das anders, und zitierte den Schaffner zu sich, einen klapprigen Greis mit weißen Backenbart der nichts gesehen und gehört hatte, sagte er, und das wars auch schon, Untersuchung beendet, wir gingen in den Salon zu Königin Dragina und Gefolge, der Prof kam gleich zur Sache drückte ihrer Majestät einen Zettel in die königliche Hand.
vanDusen: Sorgen sie dafür Majestät, daß mir die vermerkten Wünsche noch vor der Abfahrt erfüllt werden.
Dragina: Generalstabskarte des kravonisch-bulgarischen Grenzgebiets, zwei Botanisiertrommeln, eine Mausefalle, ist das ist ernst, Prof.
vanDusen: Mein voller Ernst.
Dragina: Wie sie wollen, eine Handlampe.
vanDusen: Eine weitere öffentliche Verlesung erscheint mir unnötig, Majestät.
Dragina: Aha gut Prof, ich werde mein möglichstes tun.
vanDusen: Beginnen sie damit, indem sie ihren königlich kravonischen Schaffner festnehmen lassen.
Dragina: Festnehmen aber warum.
vanDusen: Nur er kann die akustische Falle präpariert haben, welche Leutnant Boskoff so wirkungsvoll außer Gefecht setzte, die Trommel mit den beiden Käfern hat er natürlich ebenfalls beseitigt.
Hatch: Ex und hopp aus dem Fenster.
vanDusen: Ohne jeden Zweifel.
Dragina: Dann steht er im Dienst der schwarzen Garde.
vanDusen: Das läßt sich vermuten, Majestät.
Dragina: Er wird es gestehen und er wird es büßen, sonst noch was Prof.
vanDusen: Leihen sie mir ihren wackeren Leutnant Boskoff für einige Stunden aus.
Dragina: Auch länger wenn sie wollen Prof, ein besonderer Grund.
vanDusen: Das versteht sich, wenn dieser Salonwagen demnächst an den Orientexpreß in Richtung Bulgarien angekoppelt wird, soll der Leutnant in ihm mitfahren, darin verfügt er ja über eine gewisse Erfahrung und zwar bis Zaribrod, mit einer Trommel, einer leeren Botanisiertrommel wohlgemerkt.
Dragina: Ich verstehe, ein Ablenkungsmanöver.
vanDusen: Beziehungsweise wie Mr Hatch sich ausdrücken würde, ein Bluff, während wie zu hoffen steht das Interesse unserer Gegenspieler sich auf ihn, auf ihren Kurier konzentriert, werde ich und Mr Hatch natürlich unauffällig in einem normalen Waggon platz nehmen ebenfalls mit einer Botanisiertrommel und in dieser werden sich ihre letzten beiden Riesenhirschkäfer befinden.
Dragina: Brillant, was meinen sie, Szlepynsky.
Gräfin: Ein kühner Plan, riskant aber erfolgversprechend.
Hatch: Auch Baron Feschak war angetan nachdem die Königin ihm van Dusens Ma-növer lange und ausführlich erklärt hatte, nur Leutnant Boskopf wirkte recht unbegei-stert, aber der wurde gar nicht gefragt, eine gute Stunde später, der Orientexpreß dampfte und schnaufte durchs nächtliche Kravonien hinten dran wieder mal der köni-gliche Salonwagen mit Leutnant Boskoff, weiter vorn in einem regulären Schlafwag-enabteil zwei unerschrockene Helden in geheimer Mission, der Prof studierte aus-nahmsweise nicht die atomare Strukturtheorie, sondern die Generalstabskarte von Südostkravonien, die er kurz vor der Abfahrt von der Königin bekommen hatte, ich machte mir mal wieder sorgen, der Wagen in dem wir saßen war so leer und so stu-mm wie die dunkle Welt draußen vor dem Fenster, nichts zu sehen, nichts zu hören, unheimlich dann doch ein bißchen leben, der Schaffner zur Fahrkartenkontrolle.
Schaffner: Danke meine Herren, ihr Gepäck, soll ich es für sie in den Bagagewagen bringen.
Hatch: Nicht nötig guter Mann, um die zwei Stücke kümmern wir uns selbst.
Schaffner: Vielleicht die schwarze Tasche.
vanDusen: Mein Miniaturlaboratorium, unterstehen sie sich.
Schaffner: Oder die Botanisiertrommel.
Hatch: Finger weg.
Schaffner: Gut wenn sie nicht wollen meine Herren.
Hatch: Sehr verdächtig.
vanDusen: Sie sagen es.
Hatch: Wenn ich doch bloß rauchen dürfte, mit einer guten Zigarre ist alles halb so wild.
vanDusen: Die Luft verpesten, die Aktivität meiner Hirnzellen beeinträchtigen, auf gar keinen Fall.
Hatch: Ich könnte ja rausgehen auf den Gang.
vanDusen: Sie bleiben im Abteil, mein lieber Hatch, aus Sicherheitsgründen.
Hatch: Das galt offenbar nur für Assistenten, denn als der Zug ein paar Minute später hielt in Galuwtsch da stieg der Prof aus um wie er sagte eine Depeche an die Königin aufzugeben, als wir weiterfuhren mußte ich daran denken daß zwischen Gnäwutuz und Zaribrod Leutnant Boskoff ausgeschaltet worden war und hier war auch eine ganze Lok spurlos verschwunden mitsamt zwei Ministern.
vanDusen: Spurlos, das denn nun doch nicht, sie hat eine deutliche Spur hinterlassen die königlich kravonische Tenderlokomotive.
Hatch: Ach ja wo denn.
vanDusen: Auf dieser Karte, ich weiß jetzt an welcher Stelle die Lok abhanden kam und auf welche weise.
Hatch: Prof da vor dem Fenster ein Totenkopf.
vanDusen: Schädel nebst Kieferknochen eines Menschen, ganz recht, an einer Schnur offensichtlich vom Dach des Waggons heruntergelassen.
Hatch: Um uns einen Schrecken einzujagen.
vanDusen: Vor allem um unsere Aufmerksamkeit abzulenken, denn während sie wie gebannt das kindische Spektakel am Fenster starren, entgeht ihnen völlig was auf der entgegengesetzten Seite an der Tür geschieht.
Hatch: An der Tür da zischt was durchs Schlüsselloch, riecht irgendwie seltsam, Gas.
vanDusen: Gas ein betäubendes vielleicht gar tödliches Gas.
Hatch: Ach du dicker Vater, wir müssen was tun, Prof Fenster auf, ach nein das geht nicht, da kommen sie von oben rein, Tür geht ja auch nicht, o gott, o gott was machen wir.
vanDusen: Halten sie zunächst einmal die Luft an mein lieber Hatch.
Hatch: Jawohl Prof und nun.
vanDusen: Nun stecken sie einen ihrer kleinen Finger ins Schlüsselloch das heißt in die Mündung des Schlauches durch welchen das Gas in unser Abteil geleitet wird.
Hatch: Paßt genau.
vanDusen: Sehr schön, das Gas strömt zurück und zeitigt wie sie hören draußen auf dem Gang bereits Wirkung.
Hatch: Ob ich mal nachsehe.
vanDusen: Tun sie das.
Hatch: Keiner mehr da, Gasbehälter und Schlauch haben sie mitgenommen, die Luft ist rein, das heißt so gut wie.
vanDusen: Na wie fühlen sie sich.
Hatch: Es geht, Prof leichtes Kopfweh.
vanDusen: Das Gas.
Hatch: Nicht das Gas, Prof sie.
vanDusen: Ich, wie darf ich das verstehen.
Hatch: Weil ihr großer Bluff schiefgegangen ist, um uns kümmern sie sich, die Schwarzgardisten, nicht um Boskoff.
vanDusen: Meinen Sie.
Hatch: Sagen sie mal, Prof wenn das mit dem Finger nicht funktioniert hätte.
vanDusen: In diesem Falle hätte ich ihnen und mir eine Gasmaske appliziert.
Hatch: Gasmaske.
vanDusen: Ja, aus königlich kravonischen Heeresbeständen in meinem Miniaturlaboratorium, dank Königin Dragina.
Hatch: Er ist eben auf alles vorbereitet der Prof immer und überall, auf Gas und Schwarzgardisten im Tunnel.
vanDusen: Ah der Kolotschitunnel ca 5 km lang, wappnen sie sich, hier erwarte ich den Generalangriff unserer Widersacher.
Hatch: Das Licht Prof.
vanDusen: Es ist ausgegangen, sehr gut beobachtet, verhalten sie sich ruhig, warten sie ab.
Hatch: Leicht gesagt, es war stockdunkel, der Expreß rauschte gleichmäßig durch den Tunnel wie der schwarze Strom der Unterwelt, da ein Luftzug an der Tür, leise ganz leise Geräusche, schritte und dann plötzlich.
Schaffner: Au.
Hatch: Prof was ist passiert.
vanDusen: Die Mausefalle welche ich in der Dunkelheit auf die Botanisiertrommel praktiziert hatte hat ein Opfer gefunden, die Erteiliung eines Stromschlags mit einer elektr. Batterie wäre zweifellos eleganter gewesen doch hätte eine solche sich in der kürze der zeit sich kaum in Popelnik beschafft lassen entzünden sie ihre Handlampe.
Hatch: Bei Licht präsentierte sich eine aberwitzige Szene, ein Mann die Falle an der rechten Hand, hopste fluchend durchs Abteil, es war der Schaffner, na bitte den hatte ich gleich im verdacht gehabt, ein zweiter ein unbekannter stand daneben mit einem Messer und total verdattert, über ihm schwang Prof van Dusen, der auf die Bank gestiegen war, eine sehr professionell wirkenden Totschläger aus Hartgummi und knallte ihn mit Schwung dem Kerl auf die Birne, der machte sich lang, ich starrte auf den totschläger auf den Prof und dann wieder auf den totschläger, so was hatte die Welt noch nicht gesehn.
vanDusen: Aus dem persönlichen Besitz der Königin, schließen sie den Mund, und nehmen sie sich des zweiten Angreifers an.
Hatch: Wie denn und womit.
vanDusen: Na die Botanisiertrommel liegt neben ihnen.
Hatch: Die Käfer gehen die da nicht kaputt.
vanDusen: Schlagen sie schon zu.
Hatch: Auf ihre Verantwortung, Prof, so was jetzt.
vanDusen: Lassen sie sehen, wo ist die Karte ach ja hier, ja noch 10 km.
Hatch: Was bis zu Grenze.
Prof: Nicht doch nicht doch bis zu jenem punkt an welchem wir den Expreß verlassen
Hatch: Aber der Zug hält doch gar nicht, und wieso verlassen, ich dachte.
vanDusen: Warten sie es ab, eine viertelstunde müssen wir noch ausharren.
Schaffner: Das das schaffen sie nie, unsere Freunde im nächsten Wagen, gleich gleich sind sie hier und dann gehts ihnen schlecht.
Hatch: Also Parole absetzen, mit dem Hauptschlüssel des Schaffners schloß ich die beiden Wichte im Abteil ein, dann machten wir uns auf die Socken, nicht nach hinten zum Salonwagen, da würden sie uns abfangen, meinte van Dusen, wir türmten nach vorn Richtung Lok erst durch unseren Wagen, dann durch den nächsten, der Prof war etwa 10m voraus, Kunststück, er brauchte auch nicht das Minilabor und die verflixte Trommel zu schleppen und plötzlich, sie müssen entschuldigen, daß ich schon wieder plötzlich sage aber das ist so eine Geschichte in der dauernd was plötzliches passiert also plötzlich ging direkt vor mir eine Abteiltür auf und heraus trat Gräfin Szlepynsky, erste Hofdame und Beraterin der Königin, wie kam die hierher.
Gräfin: Stellen sie keine Fragen, Mr Hatch, ihre Majestät hat mich beauftragt, mir die Käfer von ihnen aushändigen zu lassen, geben sie mir die Botanisiertrommel.
Hatch: Aber wieso.
Gräfin: Geben sie schon her.
Hatch: Naja, wenn die Königin das so angeordnet hat.
vanDusen: Sind sie wahnsinnig Hatch.
Hatch: Durchaus möglich Prof ich weiß schon längst nicht mehr wo wir der kopf steht.
vanDusen: Hören sie nicht auf die Gräfin, sie gehört zu unsere Gegnern.
Hatch: Ach was.
vanDusen: Denken sie nach, noch bevor wir selbst es wußten, war die schwarze Garde darüber informiert, daß sie Königin mich zu konsultieren wünschte und hat darauf gewisse Gegenmaßnahmen eingeleitet.
Hatch: Das Attentat auf uns gestern abend im Zug.
vanDusen: So ist es, ein Mitglied des innersten Hofkreises muß mit der schwarzen Garde im Bunde stehen, das erscheinen der Gräfin Szlepynsky an diesem Ort, zu dieser Stunde.
Gräfin: Sparen sie sich den Rest Prof, dann also mit Gewalt, geben sie die Trommel her Mr Hatch oder ich drücke ab, mit einer Pistole kann ich ebenso gut umgehen wie die Königin.
vanDusen: Mein lieber Hatch, haben sie als junger Mann im college american football gespielt.
Hatch: Sicher interessantes spiel, bißchen ruppig.
vanDusen: Dann wissen sie woran ich denke allehop.
Hatch: Ich wußte, auch Hutchinson Hatch hat seine geistesgegenwärtigen Momente, blitzschnell stellte ich das Minilabor ab, blitzschnell warf ich die Trommel dem Prof zu über den Kopf der Gräfin hinweg, die sah ihr unwillkürlich nach, ich riß ihr die Pistole aus der Hand, schob die Gräfin ins Abteil und schloß ab, mit dem Hauptschlüssel dann gings weiter und zwar fix denn hinten im Gang tauchten ein paar finstere Figuren auf, noch ein Wagen und wir waren am Tender, was tun, wir krabbelten über die Kohlen, zum glück machten wir im moment nicht gerade rasante fahrt und ließen uns auf die Plattform am Führerstand fallen, Ende der Fahnenstange.
Boris: Papa das sind zwei Männer Papa.
Ferdinand: Sieh nach vorn, Boris mein Sohn, halte Ausschau, und vor allem vergiß das heizen nicht, was auch geschieht, Konzentration Boris, Konzentraion auf das wesentliche, das ist es, was die hohe Kunst des Lokomotivführens wie auch die des Regierens ausmacht, merke dies wohl mein Sohn.
Boris Jawohl Papa, darf ich an der Dampfpfeife ziehen.
Ferdinand: Später mein Sohn.
Hatch: Zwei merkwürdige Gestalten hielten sich im Führerstand auf, zwei Gestalten in weißseidenen offensichtlich maßgeschneiderten overalls, ein Mann um die 40 spitzbäuchig, spitzbärtig und ein junge von etwa 10 Jahren, dem älteren sehr ähnlich nur der Bart fehlte, der Prof stellte uns vor und erklärte knapp aber präzise worum es ging.
Ferdinand: Sehr erfreut, Prof höchst erfreut, außerordentlich erfreut und nun wollen sie sicher erfahren mit wem sie.
vanDusen: Nicht nötig Hoheit.
Ferdinand: Sie wissen.
vanDusen: Ich spreche mit seiner Hoheit Fürst Ferninand von Bulgarien und mit seinem Sohn Boris.
Boris: Kronprinz ich bin der Kronprinz.
vanDusen: Sie beide weithin bekannte Eisenbahnenthusiasten waren nicht länger gewillt in Zaribrod auf den Orientexpreß mit seiner kostbaren Fracht zu warten, sie kamen ihm entgegen.
Ferdinand: Bis Gnewutsch und dort habe ich den Platz des Lokomotivführers eingenommen um den Expreß sicher nach Bulgarien zu bringen.
Boris: Und ich bin der Heizer, ich kann heizen, fahren kann ich auch.
Da sind sie, auf der Lokomotive.
Ferdinand: Die schwarze Garde Prof.
vanDusen: In der Tat, Hoheit, mein lieber Hatch es wäre nicht unvorteilhaft wenn sie die Pistole der Gräfin Szlepynsky verwendeten um den einen oder anderen Schuß auf unser Verfolger abzugeben.
Hatch: Machen wir Prof.
Ferdinand: Boris mein Sohn auch du solltest dich nach Kräften an der Verteidigung beteiligen, indem du dich mit wie ich hoffe wohlgezielten Kohlewürfen den Feind am vorrücken hinderst.
Boris: Mit Kohle schmeißen darf ich Papa.
Ferdinand: Ja sicher.
Boris: Prima.
Hatch: Während wir schossen und schmissen und die Kerle auf Distanz hielten, besah van Dusen sich die Karte und im Licht der Scheinwerfer die Gegend durch die wir fuhren.
vanDusen: In wenigen Sekunden haben wir die Stelle erreicht, fahren sie langsamer, Hoheit und dampfen sie, dampfen sie was sie können, die Schwarzgardisten dürfen nicht sehen, was vor sich geht.
Ferdinand: Genügt das, Prof.
vanDusen: Durchaus Hoheit, Hatch.
Hatch: Ja.
vanDusen: Halten sie Laboratorium und Botanisiertrommel gut fest und springen sie, rechts, rechts, ich werde ihnen auf dem fuße folgen.
Hatch: Eine relativ weiche Landung, wir standen auf, klopften uns ab, sahen uns um, der Prof war guter dinge.
vanDusen: Sehen sie die Abdrücke im Sand, mein lieber Hatch, halten sie doch die Lampe gerade, hier haben noch vor sehr kurzer Zeit Schienen gelegen.
Hatch: Wenn sie das sagen, Prof, wie gehts denn jetzt weiter.
vanDusen: Wir folgen den Spuren zu jedem nahen Felsvorsprung hinter welchem.
Boris: Hallo.
Hatch: Boris, was hast du hier zu suchen.
Boris: Ich bin auch abgesprungen, auf der Lok wars mir zu langweilig, Papa hält mir dauernd vorträge.
Hatch: Wir müssen ihn wohl mitnehmen, Prof.
vanDusen: So scheint es, mein lieber Hatch, kümmern sie sich um ihn.
Hatch: Und um die Botanisiertrommel und um das Minilabor natürlich auch noch, ok, ok, hör zu du Ratte halt dich schön hinter mir und mach keine Zicken.
Boris: Wie reden sie mit mir, ich bin der Kronprinz.
Hatch: Und wenn du nicht tust was ich sage kriegst du was hinter deine prinzlichen Ohren kapiert.
Hatch: Hinter der Felsnase hörten die Spuren auf, stattdessen fing ein richtiges Gleis an und daneben lagen diverse Schienen und Schwellen, das Gleis führte in den wald
vanDusen: Und endet laut Karte an einem stillgelegten Kohlebergwerk etwa 3km von hier, die Karte verzeichnet ebenfalls daß eine Schienenverbindung zwischen diesem Gleis und der Hauptstrecke nicht mehr existiert, für einige kräftige und entschlossene Männer stellt es jedoch ein nicht eben unlösbares Problem dar, die fehlenden 200m schienen provisorisch zu verlegen.
Hatch: Und wieder abzubauen sobald die Ministerlok darüber gerattert ist, so also nicht sehr mysteriös.
vanDusen: Wenn man eine Karte zu lesen versteht, und wenn man 2 und 2 zu addieren weiß.
Hatch: Die kräftigen und entschlossenen Männer, wo stecken die jetzt wohl.
vanDusen: Ganz ohne Frage im erwähnten Bergwerk, und dort dürfte sich auch die Lokomotive finden, welche Königin Dragina so schmerzlich vermißt.
Hatch: Mehr als ihre Minister jedenfalls.
Boris: Hatch, Hatch kann ich mal mit ihrer Pistole schießen.
Hatch: Untersteh dich, du Rübe.
vanDusen: Boris, mein lieber Hatch, wir haben eine Aufgabe zu erfüllen vorwärts.
Hatch: Drei unförmige Schatten wuchsen im Schein der Sterne vor uns auf, ein Schuppen in den die Gleise führten, ein Haus mit Förderturm und dazwischen eine gewaltige Kohlehalde, vor dem Schuppen stand ein Wächter, den schalteten wir aus in Gemeinschaftsarbeit, van Dusen leitete, Boris machte krach und lenkte ab, sehr begabt das Kerlchen, ich haute dem Wächter den Griff der Pistole über den Scheitel, dann in den Schuppen.
Ah.
vanDusen: Licht.
Hatch: Für sie tu ich alles, Prof.
Boris: Mann, eine T3, stark, und voll in Schuß, stark.
vanDusen: Halt doch mal den Mund Boris.
Außenminister: Retten sie mich.
Hatch: Im Führerstand da liegt einer gefesselt.
Boris: Den kenn ich, das ist Exzellenz Laverkan, der Außenminster von Kravonien.
vanDusen: Sehr schön, sehr schön, wir haben die Lokomotive, wir haben den Außenminister, fehlt nur noch der Verkehrminister.
Hatch: Der war im Haus, sagte der Außenminister bei seinen Schwarzgardisten, er hatte die Lok mit seinem ahnungslosen Kollegen über das schnell verlegte Verbindungsstück und über das Gleis in den Schuppen gesteuert und da hatte man den armen Außenminister gefesselt und ihm die Käfer weggenommen, wir banden ihn natürlich los.
vanDusen: Kannst du diese Lokomotive fahren, Boris.
Boris: Die T3, na klar aber dann müssen alle Dampf aufmachen, Kohle ist genug da, und Hatch muß tun was ich sage.
Hatch: Rabenaas aber so geschah es, weil van Dusen es wollte und weil wir so am schnellsten aus dieser Räuberhöhle rauskamen, mit dem technischen Einzelheiten des Dampfaufmachens will ich weder mich noch sie aufhalten, wir machten Dampf, die Schwarzgardisten im Haus kriegten nichts mit, wir fuhren aus dem Schuppen über die Gleise.
Boris: Hurra, schippen Hatch, man muß sich immer auf das wesentliche konzentrieren sagt Papa.
Hatch: Ich werd mich gleich auf deine Ohren konzentrieren, moment mal sollten wir nicht bremsen, da vorn am Felsen gehts nicht weiter, da ist das Gleis doch unterbrochen.
vanDusen: Nicht wenn Königin Dragina meinen Anordnungen gefolgt ist, noch in Popelnik habe ich ihr empfohlen, loyale Truppen in dieser Gegend zu postieren, und den exakten Ort nämlich diesen hab ich ihr mittels Depeche aus Gnewutch ange-geben desgleichen die Anweisung das Gleis schnellstens vervollständigen zu lassen.
Boris: Schippen Hatch, schippen hurra.
vanDusen: Sehen sie, die Strecke steht oder sollte ich sagen liegt.
Hatch: Aber wie, ich werde seekrank.
vanDusen: Und am Rande stehen Soldaten hurra, es lebe die Königin.
Boris: Wir sind jetzt auf der Hauptstrecke, soll ich anhalten.
vanDusen: Keinesfalls, Zaribrord heißt das Panier.
Hatch: Der Rest ist schnell erzählt, im Morgengrauen liefen wir unter Volldampf in den bulgarischen Grenzbahnhof Zaribrod ein, wir wurden schmerzlich erwartet.
Boris: Papa, ich hab die T3 gefahren, ganz alleine, Hatch mußte schippen und ich bin gefahren.
Ferdinand: Schweig Boris, mein Sohn, meine Käfer Prof, warum haben sie sie beim Absprung mitgenommen, geben sie mir die Trommel, Mr Hatch.
Hatch: Bitte bitte.
Ferdinand: Leer.
Hatch: Was.
vanDusen: Selbstverständlich ist die Trommel leer.
Ferdinand: Meine Käfer, was haben sie damit gemacht, wo sind mein kravonischen Riesenhirschkäfer.
vanDusen: Folgen sie mir, Hoheit.
Hatch: Wir gingen den Bahnsteig entlang, dahin wo der königlich kravonische Salonwagen stand, und im Wagen auf dem lila Sofa im Salon schlief Leutnant Boskoff den Schlaf des gerechten und gewissenhaften Kurier, van Dusen zog ihm vorsichtig die Botanisiertrommel unter dem Kopf hervor, machte sie auf und sofort flogen zwei gewaltige Käfer heraus, schwirrten durchs offenen Fenster und ab in die gesunde bulgarische Morgenluft.
Ferdinand: Auf Boris, verfolge sie meine lucani cervi gigante, ich verdopple dein Taschengeld, wenn du sie fängst.
Boris: Das ist ein Wort.
Hatch: Ein Doppelbluff.
vanDusen: Ganz recht mit Königin Dragina unter vier Augen abgesprochen.
Hatch: Die Irreführung lief also genau andersrum, die Schwarzgardies sollten sich mit uns beschäftigen und den Leutnant mit dem Käfer in Ruhe lassen, raffiniert raffiniert, aber sagen Sie mal Prof, hätten Sie den Fall nicht auch viel einfacher abschließen können, warum haben sie die Soldaten nicht gleich zum Bergwerk dirigiert damit sie die Lok holen und die Schwarzgardisten einkassieren, wir hätten Ferdinand über die Käfer informiert, wären gemütlich im Zug geblieben und hätten uns einiges erspart.
vanDusen: Zweifellos mein lieber Hatch, so hätte ich es arrangieren können, doch was wäre das für ein Ende gewesen, prosaisch, glanzlos, fast banal, Prof DrDrDr Augustus van Dusen hat Anspruch auf Dramatik, auf Glanz und Gloria, auf einen spektakulären Schlußauftritt, das sollten sie wissen… und wenn nicht, dann merken sie es sich für die Aufarbeitung meiner künftigen Abenteuer.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Königin Dragina von Kravonien: Marietta Bürger
Leutnant Boskoff, ein Kurier: Thomas Vogt
Fürst Ferdinand von Bulgarien: Wolfgang Condrus
Boris, sein Sohn: Felix Leihberg
Mörder: Krikor Melikyan
Gräfin Szlepynsky, Hofdame: Katja Riemann
Bahnhofsvorsteher: Rainer Pigulla
Schaffner A: Ivan Gallardo
Schaffner B: Wolfgang Pregler
Außenminister von Kravonien: Helmut Ahner
Michael Koser: Prof. van Dusen auf dem Totenschiff (RIAS 1990)
Kettle: Sagen Sie mal Mr. Hatch.
Hatch: Ja.
Kettle: Wie gefällt sie Ihnen denn so.
Hatch: Wer, Mr. Kettle.
Kettle: Na wer schon, die Kaiserin von China natürlich.
Hatch: Ach na ja, ganz neu ist sie ja nicht mehr und wenn ich mir überlege was in den letzten Tagen so alles passiert ist, irgendwie unheimlich.
Kettle: Wissen Sie Mr. Hatch, schön war sie nie die alte Kaiserin und gemütlich auch nicht, aber das müssen Sie ihr lassen, die Verpflegung ist ordentlich.
Pozzo: Und die Bar erst, Seniore, bestens bestückt, Salute Senior Hatch.
Hatch: Salute.
Pozzo: Salute Zahlmeister, ah, ah ah.
Hatch: Tot?
Kettle: Tot, Mr. Hatch, Nummer 4.
Hatch: Das vierte Opfer, der vierte Mord an Bord der Kaiserin von China unterwegs im Nordpazifik auf der Route Yokohama San Francisco, zuerst Mr. Darby, dann Frau von Pahlen, Mr. Phipps der Funker und jetzt Senior Pozzo, und der war noch lange nicht der letzte in den nächsten Tagen.
vanDusen: Mein lieber Hatch.
Hatch: Prof.
vanDusen: Was habe ich mich ohne Unterlaß bemüht ihnen einzuschärfen.
Hatch: Eine ganze Menge Prof.
vanDusen: Wie sollen sie berichterstatten, präzise, detailliert.
Hatch: Und von Anfang an, alles klar Prof in diesem Sinne meine Damen und Herren werde ich ihnen die schaudererregende Geschichte vom Totenschiff schön ordentlich der Reihe nach erzählen, eine Geschichte, die in der gewaltigen vanDusen Chronik einen makaberen Ehrenplatz einnimmt, ich beginne mit dem 1. Januar 1906 jenem Tag an dem der Prof, meine Wenigkeit und ein paar für diese Geschichte ganz unwichtige Figuren Robinsons Insel in einem selbstgebastelten Heißluftballon verließen, unser Ziel die Molukeninsel Halmahera haben wir nie erreicht, ungünstiger Wind trieb uns weit nach Norden ab und schließlich mußten wir mitten im Pazifik niedergehen oder wassern, wie der Fachmann sagt, die Osakamaru, ein japanisches Kriegsschiff fischte uns auf und setze uns in Yokohama an Land, und weil wir möglichst schnell weiterkommen wollen, suchten van Dusen und ich gleich das Büro der PMSSC auf, der Pacific Mail Steam Ship Company, der größten Schiffahrtlinie zwischen Asien und Amerika.
Angestellter: San Francisco, bedaure sehr meine Herren, in den nächsten 2 Wochen fährt nur ein einziges Schiff, die Kaiserin von China und die werden sie nicht nehmen wollen.
Hatch: So und warum nicht.
Angestellter: Weil die Kaiserin ein Kulischiff ist voll bis unter die Luken mit chinesischen Arbeitern für den Eisenbahnbau im Amerika.
Hatch: Wir haben nichts gegen Chinesen außer sie heißen Dr.TschuManFu was Prof
Angestellter: Ein lobenswerter Standpunkt, meine Herren, aufgeklärt und progressiv, doch bedenken sie, ein Kulitransporter wie die Kaiserin von China kann ihnen keinesfalls all jenen Komfort bieten welchen sie als zivilisierte Zeitgenossen beanspruchen dürfen, keine Soireen, keine Maskenbälle, keine Bibliothek, kein Schwimmbad.
Hatch: Aber ein paar Passagierkabinen wird es doch wohl geben.
Angestellter: Gewiß, 8 im ganzen, auf dem Achterdeck, ferner hat die Kaiserin zu bieten einen soliden Safe in der Kabine des Zahlmeisters für ihre Wertsachen und sogar eine Kühlkammer, falls sie verderbliche Waren mit sich führen.
Hatch: Nur Whiskey und den behalt ich lieber bei mir, von ihren 8 Kabinen sind da welche frei.
Angestellter: Lassen sie mich nachsehen Sir, sechs sind belegt, Singapur San Francisco, zwei wären frei.
Hatch: Na also, ist eine Bar an Bord.
Angestellter: Selbstverständlich Sir.
vanDusen: Wir nehmen die Kabinen, wann segelt die Kaiserin von China.
Angestellter: Moment Sir, ah hier, Ankunft Yokohama 11. Januar am frühen Morgen, Abfahrt Yokohama am gleichen Tag, abends 6 Uhr.
vanDusen: Und wann wir das Schiff San Francisco erreichen.
Angestellter: Genau 15 Tage später Sir.
Hatch: Also am 26. Januar.
vanDusen: Mitnichten, mein lieber Hatch, am 25. Januar.
Hatch: Das kann nicht sein, Prof 11 plus 15.
vanDusen: Ich werde es ihnen ein anderes mal erklären mein lieber Hatch.
Hatch: Pünktlich dampfte die Kaiserin von China in Yokohama ein, kein sehr beeindruckendes Schiff, Rost, abblätternder Farbe und ein alles durchdringender Geruch nach Sojasoße und ungewaschener Menschheit, das lag an den Kulis, oder besser an der Art wie sie verstaut waren, tausend Mann im Vorschiff und Zwischendeck übereinander und durcheinander geschichtet, so pünktlich wie sie gekommen war, segelte sie auch ab, die Kaiserin und während sie sich aus dem Hafen von Yokohama schob, fand im Speisesaal eine kleine Zeremonie vor dem Abendessen statt, ein großer kugelrunder Mann, der sein Doppelkinn in einen blauen Uniformkragen gezwängt hatte, machte die oevres, nicht für die Kulis natürlich, sondern für die Passagiere der ersten klasse dh für die beiden Neuzugänge.
Haddock: Kapitän Haddock, zu ihren Diensten, im Namen der Pmssc heiße sie an Bord herzlich willkommen, meine Leute und ich werden uns alle Mühe geben ihnen die Reise so angenehm wie möglich zu machen.
Hatch: Was man so sagt danach stellte der Käptn seine Offiziere vor, den ersten, den zweiten, den dritten, den Chefingenieur, den Schiffsarzt, eine Galerie unauffälliger Figuren in weiß und blau, dann kam der Zahlmeister Mr Kettle, und der fiel schon etwas mehr auf weil er nämlich genau so rund und speckig war wie der Kapitän.
Haddock: Wenden sie sich an Mr Kettle meine Herren wenn sie Fragen, Wünsche oder gar Beschwerden haben, aber natürlich stehen auch wir anderen ihnen jederzeit gern zur Verfügung, wir alle bis hinunter zu Mr Phipps dem Funker, obwohl der genaugenommen nicht zur Besatzung der Kaiserin von China gehört sondern uns von der Marconigesellschaft nur ausgeliehen wurde mitsamt seinem drahtlosen Wunderapparat, und nun meine Damen und Herren habe ich angenehme Pflicht den wenn ich so sagen darf alteingesessenen Passagieren die beiden neuen vorzustellen, es handelt sich um zwei Herren aus den USA.
Hatch: Wenn sie gestatten Käptn übernehme ich das.
Haddock: Bitte Mr Hatch.
Hatch: Danke sehr, Ladies und Gentlemen vor ihnen steht kein geringer als Prof van Dusen, der weltgrößte Wissenschaftler und bedeutendster Amateurkriminologe, die Denkmaschine wie man ihn zu titulieren pflegt, in NewYork wie in London, Paris und Berlin, in der Wüste Sahara wie in Transsylvanien und im wilden Tibet, was mich betrifft mein Name ist Hatch, Hutchinson Hatch, Reporter von Beruf und aus Berufung Begleiter Assistent und Chronist des Prof.
Pozzo: Bravo seniore, grandioso, magnifica, imposonate, haben sie im Circus gearbeitet, eine wunderbare Präsentation, hätte ich selbser kaum besser können ich der große Pozzo.
Haddock: Bitte Mr Pozzo, ladies first, Madame Berzelius aus Riga.
Berzelius: Eine Sucherin.
vanDusen: Nach wissenschaftlicher Erkenntnis Madame.
Berzelius: Nach dem guten, wahren, echten mein Herr, nach der geistigen Wahrheit die sich verbirgt hinter der Welt des materiellen Scheins, nach der unergründlichen Weisheit des Ostens, die zu finden wir durch Wüsten und Dschungel gepilgert sind bis hin zu den Gipfeln des erhabenen Himalaya.
Hatch: So wie sie redete, sah sie auch aus, bleich, hager, vergeistigt, ganz im Gegensatz zu ihrer korpulenten Begleiterin, die der Welt des materiellen Scheins offenbar noch nicht ganz abgeschworen hatte, jedenfalls was die Freuden der Tafel betraf.
Berzelius: Erinner mich daran teuerste Pomponia, daß ich dem Herr Prof ein signiertes Exemplar meiner kleinen Schrift Unter Gurus Lamas und Fakiren zukommen lasse.
Pomponia: Ich werde es nicht versäumen, liebste Sonja.
Hatch: Das männliche Gegenstück zum Duo Sonja Berzelius und Pomponia von Pahlen bildeten die Herren Pozzo und Klapperini, ersterer dick und fett, letzterer lang und klapperdürr, das mußte so sein, davon lebten die beiden.
Pozzo: Klapperini, das lebende Skelett, und ich Pozzo, der große Pozzo, ich bin sein Impressario, überall sind wir aufgetreten, auf der ganzen Welt, von hohen höchsten und allerhöchsten Herrschaften, und alle waren hingerissen, waren begeistert, alle waren erbaut.
Hatch: Erbaut.
Pozzo: Jawohl erbaut, meine Damen und Herren, denn Klapperini ist nicht nur das unbestritten magerstes Skelett unserer Zeit, er ist auch das bei weitem ausdrucksvollste im künstlerischen Sinne, zeig den Herrschaften, was du kannst Klapperini, mach eine Pose.
Haddock: Nach dem Essen Mr Pozzo bitte, Minher Swammerdam aus den Niederlanden.
Swammerdam: Tiersammler Tierfänger Amateurzoologe quasi ein Kollege von ihnen.
vanDusen: Quasi.
Swammerdam: Sie können sich gern mal ansehen, was ich in den letzten Monaten, so alles eingesackt habe in Australien auf den Inseln, unten im gesicherten Spezialfrachtraum, damit meine Lieblinge nicht auskneifen und sie nachts in ihren Betten besuchen.
Haddock: Und last not but least Mr Darby aus Washington.
Hatch: Soweit alles friedlich und normal nicht wahr meine Damen und Herren, aber lassen sie sich von mir sagen 7 der Vorgestellten, 4 Passagiere und 3 Schiffsoffiziere sollten die Reise nicht überleben, in den ersten Tagen war noch nichts zu spüren, von dem schwarzen Schatten des Todes, der über uns hing, die Kaiserin von China zog ihre Bahn durch den nördlichen Pazifik, das Wetter war mäßig, die Gesellschaft im Speisesaal ebenfalls, keine besonderen Vorkommnisse, bis zum Morgen des 20 Januar 1906.
Haddock: Des 19. Januar Mr Hatch.
Hatch: Kann nicht angehen, Käptn, der 19 war gestern.
Haddock: Ganz recht Mr Hatch, gestern und heute auch, zweimal der 19 Januar.
Hatch: Sie nehmen mich auf den Arm, Käptn.
Haddock: Würde ich mir nie erlauben Mr Hatch, sehen sie wir haben heute Nacht den 180. Längengrad passiert.
Hatch: Ah ja und.
Haddock: Das ist die sog Datumsgrenze, und da wir von West nach Ost fahren haben wir einen ganzen Tag gewonnen.
Hatch: Versteh ich nicht.
Kettle: Ist doch gar nicht so schwer, Mr Hatch, passen sie mal auf, stellen sie sich vor sie befinden sich hoch über der Erde an einem festen Punkt, und die Erde dreht sich unter ihnen weg von Ost nach West.
Swammerdam: Umgekehrt Mr Kettle, von West nach Ost, und dann kommt es ja vor allem darauf an wo sich die Sonne.
Berzelius: Schweben im Weltenraum welch poetischer welch mystischer Gedanke.
Kettle: Finden sie Madame Berzelius.
Pozzo: Ach was Mystik hin Mystik her, wir haben einen Tag zusätzlich, darauf sollten wir was trinken.
Haddock: Ja.
Hatch: Und das taten wir, wie das mit dem doppelten Datum zustande kommt hat mir der Prof später eingehend erläutert, verstanden hab ich es trotzdem nicht, was solls, manchmal gibt 2 plus 2 eben 5.
Pomponia: Wenn ich die hochinteressante Diskussion wegen einer eher profanen Sache kurz unterbrechen dürfte, hat einer der Herrschaften Mr Darby gesehen.
Berzelius: Darby.
Haddock: Darby, richtig, sein Platz ist leer.
Hatch: Jetzt wo sies sagen, Frau von Pahlen, gestern zum Abendessen war er auch schon nicht da, ist mir gar nicht aufgefallen, weil er nie was sagt.
Berzelius: Vielleicht ist er erkrankt der arme Mensch.
Pozzo: Seekrank vermutlich.
Haddock: Mr Kettle sehen sie in Mr Darbys Kabine nach.
Hatch: Aber auch da war er nicht, der wortkarge Mr Darby und deshalb ging Kapitän Haddock kurz mit sich zu rat und gab dann befehl das ganze Schiff zu durchsuchen von oben nach unten, von hinten nach vorne, Ergebnis.
Kettle: Kein Mr Darby, Sir spurlos verschwunden.
Berzelius: Spurlos verschwunden.
Haddock: Dann sind wir gezwungen der traurigen Tatsache ins Auge zu sehen, Mr Kettle, meine Herrschaften, Mr Darby muß unbemerkt über Bord gefallen sein, es gibt keine andere Erklärung, ein tragischer Unglückfall, sehr bedauerlich und sehr peinlich für Schiff und Rederei.
Kettle: Leider Sir und wenn man bedenkt daß auf unserer letzten Fahrt schon mal so was passiert ist, direkt verschwunden nicht Mr Pozzo, aber ein Passagier hatte einen Unfall, Mr Hemingway der bekannte Großwildjäger, zurück von einer Tour in Pamir, hat sich erschossen, beim Gewehrreinigen, aus versehen, übrigens in der Kabine die jetzt Mr Darby hat hatte mein ich.
Berzelius: So rollt das Rad des Schicksals und so kehrt das ewiggleiche ewig wieder.
Hatch: Und was sie mit Hemingway gemacht Käptn.
Haddock: Im Kühlraum abgelegt, aufgebahrt, da ist ausreichend Platz, sogar für 2 Personen, wenns sein muß, und in San Francisco wurde er von einem Bestattungsunternehmen abgeholt, das hatten wir telegrafisch verständigt.
Kettle: Apropos, ich habe natürlich Mr Phipps angewiesen die Reederei von Mr Darbys Verlust in Kenntnis zu setzen.
Phipps: Käpn Hadock.
Haddock: Ja Mr Phipps, Auftrag ausgeführt.
Phipps: Leider nein, Sir das Funkgerät ist nicht in Ordnung, merkwürdig, ich habs erst gestern überprüft, eine Röhre ist nicht glaub ich.
Haddock: Können sie das reparieren, Mr Phipps.
Phipps: Aber ja Käptn.
Haddock: Und wie lange wird das dauern.
Phipps: Ein zwei Tage.
Hatch: Na Prof wollen sie nicht eingreifen, immerhin sind der weltgrößte Experte für drahtlose Telegrafie nach Marconi.
vanDusen: Nach Marconi mein lieber Hatch.
Hatch: Wenn sie wert darauf legen Prof auch mit Marconi oder von mir aus auch vor ihm, was ist, wollen sie Phipps helfen.
vanDusen: Das ist absolut unnötig und uninteressant, handelt es sich weder um ein wissenschaftliches noch um ein kriminologisches Problem.
Hatch: Diese Einschätzung mußte der Prof sehr bald revidieren, schon am nächsten Tag, ich saß an der Bar zusammen mit Pozzo, Zahlmeister Kettle und Frau von Pahlen, die der Obhut ihrer Freundin entflohen war um sich ganz speziellen geistigen Einflüssen hinzugeben in form von Cognac und Sodawasser.
Pomponia: Ihr ganz besonders wohlergehen meine Herren.
Hatch: Prösterchen, sage sie mal Pozzo, ihr Freund Klapperini, sind sie sicher daß er wirklich ein lebendes Skelett ist.
Pozzo: Wie meinen sie das Senior Hatch.
Hatch: Er sagt nichts, sitzt steif da und wenn er sich mal bewegt, tut er das wie ein Automat, lebendig ist anders.
Pozzo: Aber seniore, das ist doch gerade die Kunst.
Berzelius: Pomponia, hier muß ich dich finden, und was sehe ich du trinkst, Alkohol am Vormittag.
Pomponia: Nur ein ganz kleiner Cognac, Sonja zur Gesellschaft, weil es doch zu kalt ist.
Berzelius: Verlasse auf der Stelle diesen Sündenpfuhl, begib dich in deine Kabine und versenke dich in die mystische Weisheit des tibetanischen Totenbuchs, bitte geh, so tun sie doch was, meine Herren, bitte helfen sie mir.
Hatch: Leicht gesagt, wir standen wie erstarrt und sahen zu wie Frau von Pahlen mit herausquellenden Augen die Hände um den Hals gekrampft keuchend durch den Speisesaal taumelte, aus der Tür über das offene Deck, nur Zahlmeister Kettle bewies Geistesgegenwart und versuchte sie aufzuhalten, vergeblich, die gewichtige Dame glitt ihm aus den Händen und stürzte über die Reling in den grauen Ozean.
Berzelius: Pomponia.
Haddock: Mann über Bord, wollte sagen Frau über Bord, Maschinen rückwärts volle Kraft.
Hatch: Die Kaiserin kam zum stehen, ein Boot wurde ausgesetzt, aber da war die unglückliche Frau von Pahlen schon längst untergegangen, der zweite Todesfall innerhalb von 2 Tagen, mir kroch ein merkwürdiges Gefühl über den Rücken, was sagte Prof van Dusen, als ich ihm in der Kabine von dem neuen Unglück berichtete.
vanDusen: Ein Unglück wohl kaum, mein lieber Hatch, alle Symptome welch sie mir so plastisch schildern vor das innere Auge stellen, deuten auf eine akute Atem-lähmung hin wie sie durch die Einnahme gewisser tropischergifte hervorgerufen wird.
Hatch: Wissen sie woran ich denke.
vanDusen: Das ist nicht schwer zu erraten, an die Menagerie unseres Mitpassagiers Schwammadam.
Hatch: Aber bevor ich mir das alles mal gründlich und in Ruhe überlegen konnte, ging es schon weiter, Schlag auf Schlag, beim Abendessen verkündete Kapitän Haddock die nächste Hiobsbotschaft.
Haddock: Es ist Mr Phipps meine Herrschaften unser Funker, verschwunden, wir haben wieder einmal alles intensiv abgesucht aber.
Hatch: Über Bord.
Berzelius: Mr. Fips.
Haddock: Ja davon müssen wir ausgehen.
Berzelius: Wie Mr Darby, wie meine unglückselige Pomponia, zum dritten mal hat das Schicksal zugeschlagen.
Haddock: Drei Unglücksfälle, kurz hintereinander, schon sehr seltsam.
Berzelius: Seltsam, Kapitän sagen sie lieber unheimlich, sagen sie nicht geheuer.
Haddock: Ja und darum hab ich eine Bitte an sie Prof van Dusen, sie sind ein berühmter Detektiv.
vanDusen: Amateurkriminologe, mein lieber Kapitän, Amateurkriminologe.
Haddock: Klar Prof worum ich sie bitten wollte, können sie nicht ein bißchen forschen oder untersuchen oder ermitteln oder was ein Dete.
Berzelius: Amateurkriminologe.
Haddock: Ja Amateurkriminologe so macht.
Berzelius: Forschen sie nur, Prof all ihre Wissenschaft wird zu schanden werden, die Mächte des Bösen sind über uns, jama der gott des todes, die Kali, die Würgerin.
vanDusen: Seien sie überzeugt Prof van Dusen ist jedem Dämon gewachsen.
Berzelius: Sie freveln Prof.
vanDusen: Wir werden sehen madam ist das funkgerät wieder funktionstüchtig käptn.
Haddock: Keine Ahnung ich kenn mich nicht aus damit, vielleicht sie, Prof.
vanDusen: Ein wenig, noch heute abend werde ich mich drum kümmern.
Hatch: Gegen 11 verließ der Prof seine Kabine, allein, auf seinen ausdrücklichen Wunsch, ich wartete, als der Prof um Mitternacht noch nicht wieder zurück war, fing ich an mir Sorgen zu machen, und ich machte mir nicht nur Sorgen, ich machte mich auch auf den Weg zur Funkkabine, und da fand ich ihn, im Licht der Sterne das durchs Bullauge fiel, reglos auf dem Boden, das vierte Opfer, gott sei dank er atmet noch, oh eine gewaltige Beule am Hinterkopf, naß, das muß Blut sein, kombiniere, niedergeschlagen, offenbar hat jemand an bord was dagegen daß der Prof sich einmischt, na machen wir erst mal Licht, ach du dicker Vater, eine Schlage zusammengerollt auf van Dusens Rücken, an die 2m lang längst gestreift, schwarz und knallrot, wie ich später aus kompetentem Mund erfuhr eine moment pseudechis pofiendi bendit, eine australische Schwarzotter, hochgiftig, aber daran dachte ich nicht, ich dachte überhaupt nicht, packte zu, instinktiv, direkt hinter dem Kopf, hob sie hoch, obwohl sie zischte und zappelte, öffnete mit der anderen Hand das Bullauge und raus mit den Vieh, so dann unterdrückte ich heldenhaft ein starkes Bedürfnis nach einem doppelten Whisky, raste zur Tür und brüllte einen Steward herbei und den schickte ich aus den Schiffsarzt zu holen, das dauerte seine Zeit, Dr Melville war voll bis zum Stehkragen wie jede Nacht.
Melville: Schütterung, Hirnerschütterung infolge Einwirkung eines harten Gegenstands auf den Schädel.
Hatch: Sonst nichts Doc.
Melville: Was wollen sie denn noch junger Mann.
Hatch: Schlangenbiß oder.
Melville: Ach was, nur Gehirnerschütterung, absolute Bettruhe, und kein Alkohol, kein Tropfen.
Hatch: Prof van Dusen trinkt nur Tee und Mineralwasser, ganz selten mal eine Flasche Champagner, außerdem ist er bewußslos.
Melville: Wußtlos, richtig, kein Problem junger Mann das gibt sich.
Hatch: Wann Doc.
Melville: Bald junger Mann, zwei Tage, drei Tage, sagen sie mal junger Mann haben sie zufällig einen kleinen kleinen Schluck da.
Hatch: Wir trugen den großen kleinen Mann in seine Kabine und legten ihn ins Bett, und da lag er blaß leise atmend, mit geschlossenen Augen, ein Tag verging, ein zweiter Tag, ein dritter, am dritten Tag, am Nachmittag des 23. Januar 1906 kam Prof van Dusen zu sich und schlug die Augen auf, hipp hipp hurra.
vanDusen: Mein lieber Hatch, was soll das Geschrei.
Hatch: Die reine Freude, Prof weil sie wieder da sind, wie fühlen sie sich.
vanDusen: Lassen wir irrelevante persönliche Details, mein lieber Hatch, kommen wir zur Sache, ich wurde außer Gefecht gesetzt.
Hatch: Ja Prof auf den Kopf gehauen in der Kabine des Funkers in der Nacht vom 20 zum 21 Januar.
vanDusen: Und wie ich dem Wandkalender entnehme, schreiben wir heute den 23 Januar, nach Lichtstärke und Schattenwurf ist es etwa 2 Uhr nachmittag.
Hatch: Genau 1 Uhr 54, Prof.
vanDusen: Was ist in den letzten 62 Stundengeschehen.
Hatch: Sehr viel Prof und nichts gutes.
vanDusen: In der Tat mein lieber Hatch, berichten sie.
Hatch: Ich berichtete, zuerst das, was dem Prof selbst widerfahren war, Gehirn-erschütterung, Doc Melville und die Schlange.
vanDusen: Eine tropische Giftschlange interessant, ein weiterer Hinweis auf Swammerdams Sammlung mein lieber Hatch aber fahren sie fort.
Hatch: Mehr haben sie nicht zu sagen Prof.
vanDusen: Hab ich etwas übersehen mein lieber Hatch.
Hatch: Naja vielleicht eine kleine Anerkennung für Tatkraft und entschlossenes Handeln.
vanDusen: aber mein lieber Hatch, das versteht sich bei ihnen doch von selbst, erzählen sei weiter.
Hatch: Wir haben sie also ins Bett gesteckt, Prof und ich habe auf sie aufgepaßt, wenn ich mal weg mußte zum schlafen und essen und so, dann hab ich dafür gesorgt daß sie gleich von mehreren Stewards bewacht wurden.
vanDusen: Unwichtig, mein lieber Hatch, insignifikant, haben sie die Güte, sich nun endlich der Referierung des 4. Mordes zuzuwenden.
Hatch: Woher wissen sie.
vanDusen: Wozu sonst hätte der noch unbekannte Mörder Prof van Dusen ausschal-ten sollen, um sich freie Hand zu verschaffen versteht sich, also wer war Opfer Nr 4.
Hatch: Senior Pozzo, sagte ich, am 21 Januar nachmittag im Speisesaal beim trinken aber das wissen ja, mein Damen und Herren.
vanDusen: Pozzo ging also nicht über Bord.
Hatch: Nein Prof er fiel um und war tot.
vanDusen: Eine stärkere Dosis diesmal wies scheint, was geschah mit dem Toten.
Hatch: In den Kühlraum Prof, da blieb er nicht lang allein, schon am abend kriegte er Gesellschaft.
Haddock: Meine Herrschaften trotz alledem wir wollen zeigen daß wir uns nicht unterkriegen von rätselhaften Unglücksfallen, erheben sie ihr Glas, trinken sie mit mir auf unser gutes Schiff, die Kaiserin von China, sie lebe hoch, hoch.
Kettle: Der Käptn um gotteswillen der Käptn, Doc schnell.
Melville: Wozu, ist ja doch nichts mehr zu machen, tot.
Berzelius: Der Fluch des Himmels lastet auf diesem Schiff.
Melville: Mag sein, Madame aber das Gift stammt von der Erde, wird Zeit daß der alte Doc mal wieder nüchtern wird, morgen morgen kommen sie mir unters Messer, der Käpn und dieser Pozzo und dann sehen nach was ihnen nicht bekommen ist.
Hatch: Aber es wurde nichts aus der Autopsie, und warum nicht weil Doc Melville am nächsten morgen verschwunden war.
vanDusen: Was sie nicht sagen.
Hatch: Die übliche Sucherei, das übliche Ergebnis, der Doktor war nicht mehr aufzutreiben, und da wurde uns allen sehr sehr mulmig, sechs Tote in vier Tagen, das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, niemand wagte mehr zu schlafen oder zu essen, jeder schloß sich ein, zitterte und zagen, totenbleich von Angesicht, das grauen ging um an Bord, das grimme gräßliche grauen.
vanDusen: Heben sie sich diese grauenhafte Muster journalistischer Prosa auf für den Daily New Yorker, was wir jetzt benötigen sind Fakten, läuten sie dem Steward.
Hatch: Was haben sie vor Prof.
vanDusen: Meine Kleider, es gilt verlorene Zeit aufzuholen und dem rätselhaften Fall einer Lösung zuzuführen.
Hatch: Nicht mehr nötig, Prof legen sie sich ruhig wieder hin der Fall ist schon gelöst.
vanDusen: Was sagen sie da gelöst ohne Prof van Dusen.
Hatch: So ist es Prof.
vanDusen: Spannen sie mich nicht länger auf die Folter, berichten sie
Hatch: Machen wir, Prof heute morgen wurden wir alle zusammengetrommelt, Passagiere und Schiffsoffiziere, soweit noch am leben und an Bord, und zwar vom 1 Offizier, der nach Käptn Haddocks Tod das Schiff kommandierte, aber nicht er hatte uns was zu sagen, sondern Zahlmeister Kettle, er sah merkwürdig aus, um seinen Kopf hatte er einen dicken weißen Turban geschlungen.
Kettle: Ein Verband, meine Herrschaften, man hat mich heute nacht niedergeschlagen, um an den Safe in meiner Kabine zu gelangen.
Berzelius: Ein Unglückschiff.
Kettle: Meine Herrschaften in Anbetracht der ungewöhnlichen Ereignisse die in den letzten Tagen an Bord vorgefallen sind, sehe ich mich genötigt, ja geradezu verpflichtet, sie alle zu Mitwissern eines streng gehüteten Geheimnisses zu machen, auf dieser Reise besteht bzw bestand die Ladung der Kaiserin nicht nur aus den üblichen Kulis, sondern auch aus einem Schatz im Werte von rund 2 Mio Dollar.
Hatch: Der Radscha von Saran auf Borneo hatte die Bewaffnung seiner Krieger modernisiert, keine Blasrohre mehr, keine krummen Messer zum Kopfabschneiden stattdessen Hinterlader und Feldkanonen, was er brauchte kriegte er in den USA aus veralteten Heeresbeständen und weil er keine Landesbank und darum auch keine Banknoten hatte, zahlte er in Naturalien, Rubine, Smaragde, Diamanten, Jade, zwei große Lederbeutel voll, damit dieser Schatz unterwegs nicht abhanden kam, wurde er nicht offiziel mit großem Brimborium transportiert, sondern heimlich incognito sozusagen auf der Kaiserin von China, in Singapur kam der Schatz in einem Reissack versteckt an Bord und da gleich in den Safe.
Kettle: Nur 3 Personen an Bord wußte davon, Kapitän Haddock, ich und Mr Darby.
Berzelius: Mr Darby weshalb Mr Darby.
Kettle: Mr Darby, jetzt kann ich es ja enthüllen, gehörte zum Schatzamt der vereinigten Staaten und hatte den Auftrag den Transport der Wertsachen zu überwachen, nur 3 Personen, das hatten wir jedenfalls angenommen, doch wie sich nun herausstellt, war noch eine vierte Person im Bilde, eine Person die auf ihren Wanderungen durch die Inseln im indischen Ozean vom Schatz und vor allem von der Art seines Transports erfahren haben muß und die daraufhin den Plan faßte sich den Schatz anzueignen, was ihr heute nacht auch gelungen ist, gestern abend bei meiner regelmäßigen Safeinspektion war der Schatz des Radscha noch da, heute morgen war der Safe aufgebrochen, der Schatz verschwunden und nicht nur der Schatz war verschwunden auch ein Beiboot der Kaiserin von China, ganz offensichtlich hat es die fragliche Person zu Wasser gelassen, unbemerkt während des heute nacht herrschenden Gewitters und ist darin entflohen.
Berzelius: Minher Swammerdan.
Hatch: Richtig wo steckt er eigentlich.
Kettle: Jawohl meine Herrschaften Minher Swammerdam ist der Räuber des Schatzes, dieses kleine Stück Jade habe ich in seiner Kabine entdeckt.
Hatch: Dann muß Swammerdam auch der unheimliche Mörder sein.
Kettle: Ohne jeden Zweifel, Mr Hatch er hatte ja auch die beste Gelegenheit an tropische Gifte heranzukommen.
Berzelius: Aber warum denn nur, Mr Kettle warum.
Kettle: Nun Darby und der Kapitän wurden als Mitwisser als mögliche Störfaktoren ausgeschaltet.
Hatch: Und Ponzo, der Funker, der Arzt.
Berzelius: Und Pomponia.
Kettle: Was weiß ich, vielleicht wollte Swammerdam an Bord eine Atmosphäre des Grauens erzeugen um so unbehelligt sein eigentliches Ziel der Raub des Schatzes verfolgen zu können, wie auch immer, Madam Berzelius, meine Herren, der Schatz ist zwar verschwunden aber mit ihm sind wir auch den 6fachen Mörder los, der uns alle in furcht und schrecken versetzt hat, damit ist es nun vorbei, fassen sich wieder, genießen sie den letzten Abschnitt unserer Reise, in 2 Tagen werden wir San Francisco erreichen.
vanDusen: Swammerdam, eine saubere und klare Lösung, mein lieber Hatch nur leider nicht die richtige.
Hatch: Wie kommen sie darauf Prof.
vanDusen: Aus mehreren Gründen, Swammerdam hielt sich so gut wie niemals im Speisesaal auf, nun wirken die tropischen Gifte welche Frau von Pahlen, Senior Pozzo und Kapitän Haddock erlegen sind, sehr schnell, sie müssen also den Opfern unmittelbar von dem Tod verabreicht worden sein, ferner ist es nicht vorstellbar, daß ein begeisterter Amateurzoologe wie Swammerdam den Verlust höchst rarer Samm-lerstücke wie etwa der Schwarzotter in Kauf genommen haben sollte, ich meine jenes Tier welches sie mein lieber Hatch so nonchalant über Bord befördert haben.
Hatch: Um ihr Leben zu retten Prof.
vanDusen: Gewiß, gewiß mein lieber Hatch es bleiben Fragen, weshalb hätte Swam-merdam ohne Not 6 Menschen töten sollen, weshalb hätte er fliehen sollen in einem kleinen Boot auf dem weiten leeren Nordpazifik, wo es im Umkreis von 300 km nicht einmal ein Felsenriff gibt, geschweige denn eine bewohnte Insel, nein nein mein lieber Hatch Swammerdam ist unschuldig, nach aller Wahrscheinlichkeit ist er das 7. Opfer des Massenmörders geworden, dieser mein lieber Hatch, dieser weilt noch immer unter uns, und es obliegt Prof van Dusen ihn zu entlarven und zur Rechen-schaft zu ziehen, Fakten sind zu sammeln, Beweise zusammenzutragen, ans Werk.
Hatch: Immer mit der Ruhe, Prof die Sache ist gefährlich, der Mörder wollte sie schon einmal um die Ecke bringen und wenn er erfährt daß sie wieder bei sich sind.
vanDusen: Wird er es ohne frage ein zweites mal versuchen, dies gilt es tunlich zu vermeiden.
Hatch: Am besten bleiben sie bewußtlos Prof, offiziell meine ich.
vanDusen: Das dürfte kaum praktikabel sein, mein lieber Hatch, der Mörder könnte jederzeit unter einem Vorwand meine Kabine betreten und dabei feststellen daß ich nicht wie behauptet zu Bett liege, ich werde verschwinden.
Hatch: Sie meinen wie Darby und die anderen.
vanDusen: Exakt, und damit ich mich ungestört an Bord der Kaiserin von China bewegen kann werde ich mich unsichtbar machen.
Hatch: Einfach unsichtbar, Simsalabim hokuspokus.
vanDusen: Ganz recht, dazu benötige ich einige simple Paraphernalien, zunächst zwei Gummipflaster aus unserer Reiseapotheke, dann eine größere Quantität an Safran und Currypulver welches sie in der Kombüse organisieren werden, und schließlich, eine gewisse Kleinigkeit aus der Kabine von Madame Berzelius.
Hatch: Kurz vor Mitternacht gab es einen lauten Platsch, etwas schweres war ins Wasser gefallen aus van Dusens Bullauge, ein Mensch oder nur ein mit Werkzeug beschwertes Bündel Kleidungsstücke, wer konnte das sagen.
Hatch: Mann über Bord, Mann über Bord, oh Mr Kattle, geben sie Alarm, der Prof er muß wieder zu Bewußtsein gekommen sein, plötzlich war er aus dem Bett, ist durch die Kabine getaumelt und durchs Bullauge, konnte nicht festhalten, oh gott Mr Kettle tun sie doch was.
Hatch: 24 Stunden später, ich saß in meiner Kabine und hielt mich an einem Whiskey fest, da klopfte es an die Tür leise vorsichtig, ein zwei, eins zwei drei, das verabredete Zeichen, ich machte auf, vor mir stand ein Chinese, ein kleiner gelber Kuli, einer von den 1000 im Vorschiff.
vanDusen: Gehen sie zur Seite, lassen sie mich eintreten, mein lieber Hatch ich darf ja nicht gesehen werden.
Hatch: Umwerfend sehen sie aus, Prof absolut echt, wer hätte gedacht daß man mit 2 Pflastern wundelbare Schlitzaugen produzieren kann, und daß Safran nicht nur den Kuchen gel macht sondern auch einen ganzen Prof.
vanDusen: Ich hoffe nur Madam Berzelius hat sich mit dem Verlust ihres falschen Zopfes abgefunden.
Hatch: Jedenfalls hat sie nichts gesagt.
vanDusen: Ja, unmöglich, ganz unmöglich.
Hatch: Was meinen sie.
vanDusen: Die Unterbringung der Kulis, es ist unmöglich und unmenschlich nach unser Ankunft werde ich dem Präsidenten von diesen zuständen Mitteilung machen.
Hatch: Tun sie das und ich schreib was drüber im Daily New Yorker, aber wir sind noch nicht in San Francisco, was macht der Fall, gelöst.
vanDusen: Ja was dachten sie denn, selbstverständlich.
Hatch: Und wer wars.
vanDusen: Auf gar keinen Fall Smamerdam, alle seine Sammlungen, alle seine Aufzeichnungen befinden sich noch an Bord, damit steht endgültig fest, Swammerdam ist Opfer, nicht Täter.
Hatch: Ja also wer dann.
vanDusen: Der Zeitpunkt der letzten Enthüllung ist noch nicht gekommen, noch einen den abschließenden endgültigen Beweis gilt es abzuwarten.
Hatch: Sie spielen also wieder mal Spinx, wollen sie nicht doch ein bißchen mehr rauslassen, ausnahmsweise, damit ich weiß vor wem ich mich hüten muß.
vanDusen: Vor niemanden, es besteht keinerlei Gefahr mehr, nicht für sie und nicht für die übrigen Insassen dieses Fahrzeugs, die Mordserie ist abgeschlossen, sie hat ihren Zweck erfüllt.
Hatch: Ich weiß Prof wenn sie so was sagen, dann stimmt das auch aber könnten sie nicht trotzdem ein kleiner Tipp vom Meister der Kriminologie zum Assistenten.
vanDusen: Warum nicht, zwei Tatsachen empfehle ich ihrer Aufmerksamkeit und ihrer falls möglich geistigen Durchdringung, erstens nur ein Teil der Ermordeten, 5 wenn wir Swammerdam einbeziehen verschwand spurlos über Bord, der andre teil zwei Personen nicht, warum diese Diskrepanz.
Hatch: Ja warum und zweitens.
vanDusen: Die Statur der Toten.
Hatch: Die Statur, Frau von Pahlen, Ponzo und der Käptn waren ausgesprochen dick und rund, meinen sie das, meinen sie der Mörder hat was gegen Dicke, Klapperini das lebende Skelett der wars.
vanDusen: So kenne und schätze ich sie, mit Feuereifer auf der falschen Fährte, überlassen sie alles weiter mir.
Hatch: Damit verschwand er und der falsche Wilhelm an seinem Hinterkopf war das letzte was ich an Bord der Kaiserin von ihm sah, am nächsten Nachmittag, 25 Januar falls sie nicht mitgezählt haben liefen wir durchs golden gate in die Bucht von San Francisco ein, an der Reling stand der kläglich zusammengeschmolzene Rest der Passagiere, Klapperini sagte nichts, wie immer, vielleicht dachte er darüber nach, daß er zukünftig ohne Impressario künstlerisch klappern mußte, auch Madame Berzelius war ungewöhnlich zurückhaltend.
Berzelius: Mr Hatch.
Hatch: Ja Madam.
Berzelius: Ich hab ihn etwas mitzuteilen.
Hatch: Schießen sie los Madame.
Berzelius: Ich hab ihn geschaut Mr Hatch.
Hatch: Wen.
Berzelius: Ihren Freund Prof van Dusen.
Hatch: Ach was.
Berzelius: Ja seinen Astralleib meine ich.
Hatch: Ah.
Berzelius: Er schwebte nachts über den Gang zur Geisterstunde, Mr Hatch eine überirdische Aura war um ihn, ein goldener Schimmer.
Hatch: Soso.
Berzelius: Ja trösten sie sich Mr Hatch und zweifeln sie nicht, er ist glücklich dort wo er sich nunmehr aufhält, auf der höheren Ebene geistiger Existenz.
Hatch: Wir legten an, Vertreter der Reederei kamen an Bord, Zoll, Polizei und die Vertreter der Eisenbahn, die ihre Kulis einsammelten, etwas später fuhr der schwarze Wagen eines Bestattungsunternehmens vor, die beiden Leichen wurden aus dem Kühlraum geholt und weggebracht, dann durften die Passagiere von bord, vorläufig ohne Gepäck, das mußte erst durchsucht werden, ich wanderte ziellos durch das Hafenviertel, es wurde dunkel, was nun, wie gings weiter, plötzlich hielt neben mir ein Automobil eine große schwarze limosine typ talpoledo die Tür ging auf.
vanDusen: Stehn sie nicht wie angewurzelt auf dem trottoir herum, steigen sie ein.
Hatch: Noch immer in der Kulimaskerade.
vanDusen: Keine zeit sie abzulegen, ich darf ihnen Mr Pollock vorstellen, Agenten des Schatzamtes der Vereinigten Staaten, die restlichen Herren gehören dem städtischen Polizeidepartment an, Mr Pollock ist über alles informiert.
Pollock: Seit gestern Nacht.
Hatch: Nanu.
Pollock: Prof van Dusen hat mir von Bord der Kaiserin von China ein drahtloses Telegram geschickt.
Hatch: Ach so.
vanDusen: Mr Pollock hat daraufhin seine Vorbereitungen getroffen gemeinsam werden wir den Serienmörder dingfest machen.
Pollock: Und vor allem den Schatz sicherstellen, den Schatz des Radscha von Reserva, der jetzt Eigentum unserer Regierung ist.
Hatch: Den Schatz aber er ist doch irgendwo im Pazifik verschollen.
vanDusen: Glauben sie das wirklich.
Hatch: Also gut, laß mich überraschen wie immer, wo fahren sie hin.
Pollock: Wir sind da.
Hatch: Ein dunkles Haus in einer dunklen Straße, durch einen dunklen Korridor gingen wir in einen dunklen Raum, Pollack zündete eine Blendlaterne an, ihr Licht fiel auf ein Kruzifix, ein Vorhang aus schwarzen Samt und auf zwei geschlossene Särge, wo waren wir.
Pollock: In den Räumen der Firma Ruhesanft Erd und Feuerbestattung jeder Preislage und in diesen Särgen.
Hatch: Senior Pozzo und Käptn Haddock.
vanDusen: Ja wer sonst.
Hatch: Ach jetzt weiß ichs, ich weiß warum die beiden nicht über Bord gegangen sind und warum unter den opfern so viel dicke waren weil nämlich.
vanDusen: Leise er kommt, hinter den Vorhang, und löschen sie die Laterne, Pollock.
Hatch: Aber das ist ja.
vanDusen: Pst.
Kettle: Na bitte da ist er ja, Sack Nr 1.
vanDusen: Das dürfte genügen, Licht Pollock, der Täter meine Herren in flagrante delicto, nehmen sie ihn fest, wie sie sehen, nicht Klapperini.
Hatch: Tja und auch nicht Madam Berzelius.
vanDusen: Diese harmlose ja beschränke Person haben sie ebenfalls verdächtigt.
Hatch: Hatte ich und darum warum ich überrascht, wie immer, sie meine Damen und Herren sie wissen natürlich längst wer der Mörder war, klar Kettle, Zahlmeister Kettle, der einzige Mensch an Bord der über den Schatz informiert war und nicht dran glauben mußte, und der einzige überlebende Dickwanst dazu, da stand er zwischen zwei kräftigen Polizisten in der rechten ein Messer in der bluttriefenden linken einen blutigen Ledersack.
vanDusen: Der Schatz, der Schatz des Radscha, natürlich nur zur Hälfte, die andere Hälfte befindet sich in der Bauchhöhle der anderen Leiche, wenn sie gestatten ohne jeden Zweifel bin ich der einzige in diesem Raum anwesende Chirurg und Pathologe ihr Messer Kettle, danke sehr, öffnen sie den zweiten Sarg.
Hatch: Wenn sie unbedingt wollen.
vanDusen: Das gesamte mysteriöse makabre Geschehen an Bord der Kaiserin von China wurde, das versteht sich meine Herren, von einem einzigen Plan, einem einzigen Bestreben bestimmt, dem Bestreben Kettles sich den Schatz des Radscha anzueignen, seit er wußte, daß sein Schiff ausersehen war den Schatz zu transportieren war dies sein Ziel und er verwendete großen Fleiß und erhebliche kriminelle Energie auf die Ausarbeitung eines wie er meinte narren- oder sagen wir besser todsicheren Methode, wie ich vermute war es der tödliche Unfall des Mr Hemingway auf der vorherigen Reise welche ihm die Idee nahelegte, seine Beute in Leichen zu verstecken und so an Land zu schmuggeln, der zweite Sack, meine Herren, zwei Leichen benötigte Kettle, zwei voluminöse Leichen um darin nach Entfernung der Eingeweide die beiden Säcke unterzubringen, zwei Leichen für die der Kühlraum des Schiffes ausreichend platz bot.
Hatch: Zwei Leichen ok, Pozzo und Haddock aber der Rest.
vanDusen: Jeder einzelne Mord hatte in Kettles Kalkül seinen festen platz, als erster starb Darby, der Wächter des Schatzes, ihm folgte Pomponia von Pahlen, sie war vorgesehen als einer der beiden Transportmittel, wenn ich mich so ausdrücken darf, doch da sie völlig unplanmäßig über Bord fiel, trotz der Rettungsversuche ihres Mörders, mußte Kapitän Haddock als Ersatz herhalten, der Funker wurde getötet, damit er weder das Schatzamt alarmieren noch andere Schiffe die sich womöglich in der Nähe aufhielten über die angebliche Fluch Swammerdam informieren konnte.
Hatch: Die hätten dann nach ihm gesucht und natürlich nichts gefunden sehr verdächtig soweit alles klar aber was war mit Doc Melville.
vanDusen: Dr Melville der Schiffsarzt hatte die Absicht geäußert, die Leichen im Kühlraum zu obduzieren, zu diesem Zeitpunkt war aber Senior Pozzo bereits.
Hatch: Ausgestopft.
vanDusen: Danke mein lieber Hatch, danke der Versuch mich zu ermorden, ein versuch welcher dank des heroischen Einsatz meines Freundes Hatch zum scheitern verurteilt war, galt sowohl dem nicht unbekannten Amateurkriminologen als auch dem Experten für drahtlose Telegrafie, nachdem er den von ihm auserkorenen Sündenbock Swammerdam samt einem angebohrten Beiboot auf den Grund des Ozean geschickt hatte, hielt Kettle sein Spiel für gewonnen, aber Prof van Dusen war noch da und hatte nichts von seiner Fähigkeit verloren 2 plus 2 zu addieren.
Hatch: Gibt 4 immer und überall, außer im Nordpazifik.
vanDusen: Schon früh fiel mein Verdacht auf Kettle, bei den Giftmorden im Speisesaal war er stets anwesend, als Zahlmeister war er im Besitz von Schlüsseln für jede Tür an Bord, für jede Kabine, und für den Frachtraum, der Swammerdam giftige Fauna barg, nachdem ich das Versteck des Schatzes an Bord ermittelt hatte, stellte ich ihm mit ihrer Hilfe Mr Pollock diese Falle, daß er hier mit blutbefleckten Händen ertappt wurde, liefert uns den letzten, den unumstößlichen Beweis, der Fall meine Herren ist abgeschlossen.
Hatch: Am nächsten Nachmittag holte ich unser Gepäck von Bord und warf einen letzten Blick auf die Kaiserin von China.
Hatch: Auf Nimmerwiedersehen Majestät.
Berzelius: Ein Unglückschiff, Mr Hatch, ein Totenschiff.
Hatch: Oh gut daß ich sie treffe, Madame, ich muß ihnen was sagen, ja, der Geist, den sie neulich an Bord gesehen haben der war gar keiner Prof van Dusen lebt noch.
Berzelius: Ja, oh Mist, warum konnten sie nicht schweigen.
Hatch: Was haben sie denn, Madame, ich dachte das würde sie freuen.
Berzelius: Freuen, Mr. Hatch, Zeit meines Lebens habe ich eine übersinnliche Manifestation ersehnt, einen Kontakt mit der jenseitigen Welt, endlich endlich ist dieser mein innigster Wunsch erfüllt worden, nun muß ich erfahren, das war kein Geist, es war ein Mensch, ein ganz gewöhnlicher Sterblicher.
Hatch: Gewöhnlich, Madame, lassen sie ihn das bloß nicht hören.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Kapitän Haddock: Ralf Schermuly
Zahlmeister Kettle: Joachim Bliese
Sonja Berzelius, eine Sucherin: Lieselotte Rau
Pomponia von Pahlen, ihre Begleiterin: Ingrid Kaehler
Pozzo, ein Impresario: Helmut Stauss
Reederei-Angestellter: Klaus Jepsen
Dr. Melville, Schiffsarzt: Otto Sander
Swammerdam, ein Tiersammler: Jürgen Thormann
Funker Phipps: Detlef Bierstedt
Pollock, Agent des Schatzamts: Otto Czarski
Michael Koser: Prof. van Dusen und der dritte Mann (RIAS 1990)
Hatch: In der Nacht vom 4. zum 5. Februar 1904 lag dichter Nebel über England, Nebel über der Stadt Dover über dem dortigen Grandhotel.
Page: Sir, Mr Hatch.
Hatch: Was ist.
Page: Mr Hatch, Sir, bitte machen Sie auf.
Hatch: Wie spät.
Page: 3 Uhr Mr Hatch.
Hatch: Nachts.
Page: Natürlich, Mr. Hatch, Besuch für Sie, Sir.
Hatch: Ach soll wieder verschwinden.
Page: Zwei Herren, Mr. Hatch, aus London.
Hatch: Kein Interesse.
Smiley: Aber das kann doch nicht Ihr Ernst sein Mr. Hatch, Sie wissen ja nicht, daß man.
Hatch: Smiley, Inspektor Smiley von Scotland Yard, Sie sind mein Besuch aus London.
Smiley: Zur Hälfte, Mr. Hatch, zur Hälfte, ich freue mich, Sie wiederzusehen.
Hatch: Ich aber gar nicht, Inspektor, ich hab nämlich was gegen Leute, die mich mitten in der Nacht aufwecken.
Smiley: Ungewöhnliche Ereignisse erfordern ungewöhnliche Maßnahmen Mr Hatch, es ist was schreckliches passiert.
Barnacle: Lassen sie mich Inspektor, Sie da Hatch oder wie sie heißen, sie müssen sofort aufstehen und ihren Freund wecken, diesen Prof van Dusen.
Hatch: Achwas warum wecken sie ihn nicht selber.
Barnacle: Ach wissen Sie.
Smiley: Sie kennen doch den Prof Mr Hatch.
Hatch: Schiß haben sie, aber mich aus dem Schlaf zu reißen, das trauen sie sich, wer sind sie überhaupt, ja sie mein ich den pensionierten Piratenkapitän mit der Augenklappe.
Barnacle: Falls sie in dieser unfeinen Weise auf die Tatsache anspielen daß ich nicht mehr im Besitz meines linken Auges bin, dann lassen sie sich gesagt sein junger Mann ich hab es in allen Ehren verloren für Königin und Vaterland vor 25 Jahren in der Schlacht von Olundi als ich an der Spitze meiner.
Smiley: Gewiß Sir G, gewiß ich bin sicher Mr Hatch wollte ihnen nicht zu nahe treten, Mr Hatch ich habe die Ehre ihnen Sir G Barnacle vorzustellen weiland General der Kavallerie, heute Governor des Tower zu London, er muß den Prof konsultieren in einer äußerst wichtigen und dringenden Angelegenheit.
Hatch: Was ist denn los.
Barnacle: Das brauchen sie nicht zu wissen junger Mann, stehen sie schon auf.
Hatch: Langsam ja, einen Prof van Dusen, eine Denkmaschine, einen Wissen-schaftler und Amateurkriminologen von einsamer Klasse, scheucht man nicht wegen irgendwelcher Kinkerlitzchen aus dem Bett, aber wenn es um die Kronjuwelen geht.
Smiley: Mr Hatch wie haben sie das erraten.
Hatch: Was heißt erraten, pure Kombination, Logik, Analyse, Synthese, nach dem guten alten Grundsatz 2plus 2 gibt 4, immer und überall, die englischen Kronjuwelen das weiß jeder werden im Tower aufbewahrt, der Gouvernor des Tower taucht nachts in heller Aufregung in Dover auf, um den größten Kriminologen der Welt um Hilfe zu bitten, den Kronjuwelen muß was passiert sein, sie sehen auch ein blinder Assistent findet manchmal ein kriminologisches Korn, trotzdem bestanden Sir G Barnicle und Inspektor Smiley darauf den Meister höchstpersönlich zu sprechen, ich tat ihnen also den Gefallen und schlich auf Zehenspitzen ins benachbarte Schlafzimmer des Professors, der schlief den Schlaf des Genies und atmete friedlich durch die Nase, ich beugte mich über ihn und flüsterte.
Hatch: Prof, ein Fall für sie, ein Superfall, die Kronjuwelen sind futsch Prof.
vanDusen: Was sie nicht sagen, Hatch, reichen sie mir Schlafrock und Pantoffel.
Hatch: Eine gute halbe Stunde später saßen wir im Nachtexpreß, wir fuhren zurück nach London, wo wir vor 3 Tagen aufgebrochen waren, der Prof und ich um nach Frankreich zu reisen.
Hatch: Aber wir sind bloß bis Dover gekommen weil die Fähre über den Kanal nicht fahren kann, wegen Nebel.
Smiley: Erbsensuppe, Mr Hatch.
Hatch: Nein danke bitte.
Smiley: Erbsensuppe, so nennen wir Londoner den Nebel.
Hatch: Von mir aus können sie auch Haferschleim sagen oder Kloßbrühe wenn er sich nur bald auflöst, ist doch kein Wetter so ein klammes graues Geschlabber.
Barnacle: Ich muß doch sehr bitten, junger Mann, unser Nebel ist eine uralte britische Institution, so britisch wie die magna charta, wie die Monarchie.
Hatch: Das warme Bier.
vanDusen: Und damit meine Herren ist der unvermeidliche topos Wetter wohl erschöpfend abgehandelt, zur Sache, sofern ich Mr Hatch recht interpretiere sind die Regalien der britischen Krone volkstümlich ausgedrückt die Kronjuwelen aus dem tower zu london verschwunden.
Barnacle: Absolut korrekt Prof, das heißt die Kronjuwelen stimmt nicht ganz, es geht nur um 3, die 3 wertvollsten, die große Krone von 1838 den Reichsapfel und das königliche Zepter.
Smiley: Zusammen fast 1 Mio Pfund.
Hatch: 2einhalb Mio Dollar.
vanDusen: In der Tat.
Barnacle: Und verschwunden kann man eigentlich auch nicht sagen, Prof, Krone Zepter und Reichapfel sind nämlich noch da, leider sind sie falsch.
vanDusen: Duplikate Sir G.
Barnacle: Jawohl Prof wertlose Kopien aus Glas und Messing.
Smiley: Wertlos aber hervorragend gemacht, Prof mit dem bloßen Auge ist kein Unterschied festzustellen.
vanDusen: Und dennoch wurde der Austausch bemerkt, auf welche weise, wann.
Barnacle: Gestern abend um 6 wird der tower für Besucher geschlossen, also etwa viertel nach 6 durch die Putzfrau, sie kennen sich aus Prof sie wissen wie es im Raum der Kronjuwelen aussieht.
Hatch: Klar wußten wir das, wir waren schließlich schon mal dagewesen, der tower ist bekanntlich nicht ein einziges Gebäude sondern eine ganze Anlage von Burgen und Häusern, und Plätzen und Türmen und einem dieser Türme dem wakefield tower mitten in einem großen runden Raum stehen 2 Vitrinen aus Stahl und Glas mit den weltberühmten englischen Kronjuwelen auf Plüsch und Samt, bestens gesichert durch eine hochmoderne elektrische Alarmanlage und durch die ständige Anwesenheit spezieller Kontrollorgane, in Pfannkuchenhüten und Pluderhosen, beefeater heißen sie, Rindfleischesser, warum weiß kein Mensch, wahrscheinlich wieder so eine uralte britische Institution, auch die Putzfrau die gestern abend Raum und Vitrinen zu scheuern hatte wurde überwacht vom obersten beefeater persönlich einem älteren Herrn namens Yorick.
Peabody: Nanu, Mr Yorick.
Yorick: Ja Mrs Peabody.
Peabody: Da ist eine Fliege Mr Yorick in der linken Vitrine.
Yorick: Unmöglich Mrs Peabody.
Peabody: Sehen sie doch selbst, Mr Yorick wie die wohl da reingekommen ist.
Yorick: Tatsächlich Mrs Peabody eine Fliege auf den Kronjuwelen, das ist nicht statthaft Mrs Peabody, Millerford, stellen sie mal kurz die Alarmanlage ab, so der Gerechtigkeit ist genüge geschehen und somit, Mrs Peabody was tun sie.
Peabody: Das hab ich mir immer mal gewünscht, Mr Yorick einmal im leben die Krone von unserem König in der Hand halten, ehrlich gesagt ich hab sie mir schwerer vorgestellt.
Yorick: Was unterstehn sie sich, Mrs Peabody, legen sie die Krone zurück auf ihren Platz auf der stelle Mrs Peabody.
Peabody: Regen sie sich ab, Mr Yorick, hoppla.
Yorick: Mrs Peabody, sie sie haben seiner Majestät allerhöchste Krone auf den Boden fallen lassen.
Peabody: Ist ja nichts passiert Mr Yorick.
Yorick: Nichts passiert, nichts passiert, und was ist das, Mrs Peabody, der Diamant, der große Diamant obendrauf zersplittert in tausend Stücke ogottogott.
Peabody: Oje oje Moment mal, Mr Yorick, ein Diamant kann doch gar nicht kaputt gehen, weil er doch viel härter ist als der Steinfußboden hier.
Yorick: Aber der Diamant ist kaputt Mrs Peabody.
Peabody: Dann ist es kein Diamant Mr Yorick.
Yorick: So so und was tun wir jetzt Mrs Peabody.
Peabody: Jetzt sagen wirs dem Governor Mr Yorick.
Hatch: Sir G Barnickel besah sich die Bescherung dann rief er scotland yard an und zwar gleich den Chef der Kriminalabteilung Commander Gore und der ließ seinen besten Mann kommen.
Gore: Inspektor Smily, sie werden sich um die mysteriöse Affäre im tower kümmern, nehmen sie mit wen sie brauchen, in erster Linie wohl Experten für Edelmetall und Edelsteine und klären sie die Sache auf, wie die Morde im Globetrotterclub im Chinesenviertel, im Savoyhotel etc gerade in den letzten Monaten haben sie ja ganz exzellente Arbeit geleistet.
Smiley: Danke Commander danke, allerdings wenn ich ehrlich bin, gebührt der Verdienst an den genannten Fällen nicht nur mir, auch Prof van Dusen.
Gore: Richtig der große amerikanische Kriminologe.
Smiley: Der größte Commander der größe, sagen sie Commander falls sich auch dieser neue Fall als ungewöhnlich kompliziert erweist, habe ich dann ihre Erlaubnis den Prof hinzuziehen.
Gore: Tja er ist Ausländer und was noch schwerer wiegt Außenseiter, Amateur.
Smiley: Aber ich verbürge mich für seine Diskretion, commander.
Gore: Nun gut Smiley, wenn sie nach den ersten Ermittlungen nicht weiterkommen, nun gut.
Hatch: Scotland Yard rückte im tower an und ermittelte, die mitgebrachten Experten stellten fest, 3 Kronjuwelen waren gegen Kopien vertauscht, von wem wie und wann das blieb ein Geheimnis.
Smiley: Und da faßte ich den Beschluß mich an sie zu wenden Prof, Sir G war davon zunächst nicht sehr angetan.
Barnacle: Das müssen sie verstehen, Prof es geht um die Symbole unserer Monarchie, um nationale Heiligtümer von unermeßlicher Bedeutung.
Hatch: Uralte britische Institutionen.
Smiley: Aber er ließ sich dann doch überzeugen.
Barnacle: Hauptsache ist schließlich daß die Kornjuwelen wieder rangeschafft werden.
Smiley: Wir brachten in Erfahrung, wo sie sich aufhielten Prof.
vanDusen: Den Rest kennen wir Inspektor, der Austausch wurde also gegen 6 Uhr 15 bekannt, wann wurden sie informiert Sir G.
Barnacle: Halb sieben, Prof ungefähr.
vanDusen: Scotland Yard haben sie wann angerufen.
Barnacle: Etwa 10 min später.
vanDusen: Wann sind sie im tower eingetroffen, Inspektor.
Smiley: Genau 20 Uhr 2 Prof.
vanDusen: Weshalb so spät.
Smiley: Der Nebel, Prof der Nebel auch eine Polizeidroschke kommt da nur langsam voran.
vanDusen: Ja ich verstehe und was geschah während dieser langen Wartezeit im tower Sir G.
Barnacle: Erstmal Alarm für alle beefeater, Parole wakefield tower besetzen und aufs schärfste bewachen.
Hatch: Brunnen.
Barnacle: Wie meinen.
Hatch: Brunnen, Sir G zugedeckt nachdem das Kind reingefallen ist.
vanDusen: Hatch, und sie Sir G was taten sie selbst.
Barnacle: Strategischer Rückzug in mein Herrenzimmer, Schock wissen sie Prof muß man tief durchatmen mit ner guten Havanna.
Hatch: Whisky auch.
Barnacle: Jawohl Mr Hatch, doppelstöckig, was dagegen.
Stationsvorsteher: London Victoria Station alles aussteigen.
Hatch: Vom Bahnhof stotterte sich eine Droschke mühsam und langwierig durch neblige Finsternis zum tower, am frühen morgen kurz nach halb 7 waren wir da, eine Einladung vor Sir G uns in seinen Gemächern mit einem opulenten Gabelfrühstück zu erfrischen schlug der Prof natürlich aus, ihn zog es zum wakefield tower, zu den drei falschen Kronjuwelen die da auf ihn warteten, unter der Obhut des wachsamen Mr Yorick.
vanDusen: Exzellente Falsifikate wie es den Anschein hat.
Yorick: Millimetergenau exakt wenn sie mir die Bemerkung gestatten Sir, exakt wie auf den Fotografien.
vanDusen: Fotografien, welche Fotografien.
Yorick: Diese hier, Sir.
vanDusen: Lassen sie sehen, bei den hier dargestellten Objekten handelt es sich wie ich annehme um die Originale der drei entwendeten Regalien das heißt um Krone, Zepter und Reichsapfel.
Yorick: Jawohl Sir.
vanDusen: Wann wurden die Fotografien angefertigt.
Barnicle: Vor einem viertel Jahr von Lord Stanhope, hatte ich ganz vergessen, die Fotografien.
Yorick: Ich nicht, Sir G während ihrer Abwesenheit habe ich mir erlaubt die Abzüge aus dem Archiv zu holen.
Barnicle: Lobenswerte Initiative, Yorick.
Yorick: Danke Sir G.
vanDusen: Wer ist Lord Stanhope.
Barnicle: Sie kennen Lord Stanhope nicht, Prof den Privatsekretär seiner Majestät des König.
vanDusen: Was sie nicht sagen, der Privatsekretär des Königs von Großbritannien hat die Kronjuwelen fotografiert.
Barnicle: Im Auftrag des Königshauses, für eine interne Dokumentation.
vanDusen: Aha, wie ich sehe hat er die Stücke wahrhaft gründlich dokumentiert, er hat sie von allen Seiten aufgenommen, sogar von unten, zu diesem Zweck muß er die Originale den Vitrinen entnommen haben.
Yorick: Hat er Sir, ich habs gesehen, ich war dabei, das gehört zu den Aufgaben des Oberaufsehers.
vanDusen: Gewiß, bei sorgfältigen Vergleich der Fotografien mit den Falsifikaten läßt sich feststellen, daß auch minimale Unebenheiten der Originale aufs exakteste reproduziert wurden, selbst an Stellen welche den Augen eines Betrachters vor der Vitrine nicht sichtbar sein konnte, hier sehen sie und hier, am unteren Rand der Krone, das heißt der Fälscher hat entweder direkt nach den Originalen gearbeitet.
Barnickle: Absolut unmöglich.
vanDusen: Oder nach präzisen Fotografien, diesen Fotografien.
Smiley: Glauben sie Prof übrigens einen Unterschied gibt es doch, zwischen den echten und den falschen Kronjuwelen, haben sie ihn bemerkt Prof.
vanDusen: Sie meinen den nicht völlig geschlossenen kleinen Kreis Inspektor, eine Gravur welche sich lediglich an den drei Kopien findet an nicht eben hervor gehobener Stelle.
Smiley: Genau Prof wissen sie, was das ist.
vanDusen: Wissen sie es Inspektor.
Smiley: Oh ja Prof wies aussieht hat diesmal der professionelle Kriminologe dem Amateur was voraus.
Hatch: Ausnahmsweise.
Smiley: Sehen sie Prof eine gutgemachte Fälschung ist auf ihre Art auch so was wie ein Kunstwerk, und darum ist ein Spitzenfälscher stolz auf seine Arbeit und pflegt sie zu signieren, mit seinem individuellen Zeichen.
vanDusen: In der Tat Inspektor und welcher kriminelle Künstler unterschreibt mit einem offenen Kreis.
Smiley: Poole, heißt der Mann, Graham Poole, Spitzname Goldstück, ein notorischer Falschmünzer und Kunstfälscher.
Hatch: Dann versteh ich nicht warum sie den Prof und meine Wenigkeit aus dem Bett geholt haben, der Fall ist doch klar, greifen sie sich diesen Poole und.
Smiley: Nicht mehr nötig, Mr Hatch wir haben ihn schon seit anderthalb Jahren.
vanDusen: Haben sie die Güte sich ein wenig präziser auszudrücken Inspektor.
Smiley: Goldstück Poole sitzt Prof, in Pentonville seit 1902 verknackt zu 10 Jahren, und darum kann er das Ding hier nicht gedreht haben.
vanDusen: Sind sie ganz sicher Inspektor, haben sie sich im Zuchthaus Pentonville informiert.
Smiley: Nein.
vanDusen: Dann tun sie es, rufen sie den Direktor an, auf der stelle.
Smiley: Wenns sie unbedingt wollen, Prof.
Hatch: Smiley trottelte los zum nächsten Telefon und als er 10 min zurückkam, sah er aus als ob ihm jemand den dünnen Scheitel mit einer Keule glatt gezogen hätte.
vanDusen: Nun Inspektor.
Smiley: Entlassen, Poole ist entlassen, im November schon.
vanDusen: Vor einem viertel Jahr, als auch die Fotografien angefertigt wurden.
Smiley: Spezieller Gnadenerlaß des König, überbracht von Lord Stanhope.
vanDusen: Lord Stanhope, höchst interessant mein guter Smiley.
Smiley: Und seine jetzige Adresse, halten sie sich fest Prof, tower london.
Barnicle: Poole, natürlich, wußte doch das ich den Namen kenne, habe den Mann persönlich angestellt als Gehilfe in der Rüstkammer im whitetower und da wohnt er auch.
Smiley: Sie haben ihn in der königlichen Rüstkammer angestellt Sir G, bei den Vorstrafen.
Barnicle: Ja er war mir empfohlen worden sehr empfohlen worden.
vanDusen: Von Lord Stanhop.
Barnicle: Woher wissen sie.
vanDusen: Sagten sie dieser Poole lebe im tower Sir G.
Barnicle: Sagte ich, Prof im Souterrain des Whitetower neben der Werkstatt.
vanDusen: Worauf warten wir, mein Herren auf zum Whitetower.
Hatch: Der Whitetower liegt im Zentrum der großen toweranlage, das mächtige viereckige Gebäude mit den runden Türmen an den Ecken das sie bestimmt von Ansichtskarten kennen, wir mußten über ein paar Höfe, um ein paar Ecken dann waren wir in einem schmalen Innenhof, links das Haus des Gouvernors, rechts der white tower, die unauffällige Holztür zur Werkstatt war verriegelt, von innen, wir klopften, wir riefen und als keiner aufmachte, brachen wir die Tür auf.
vanDusen: Licht, machen sie doch Licht, Smiley.
Smiley: Augenblick Prof Augenblick, wo ist denn, so hier.
Hatch: Hier liegt einer.
Smiley: Rührt sich nicht, ja das ist Goldstück Poole, das Gesicht hab ich oft genug im Verbrecheralbum gesehen.
vanDusen: Das war Poole.
Smiley: Sie haben recht, Prof er ist tot.
vanDusen: Ermordet, eine Stichwunde im Herzen, doch ich sehe keine Mordwaffe.
Barnicle: Sind sie blind Prof, wir sind in der Werkstatt der Rüstkammer, Mordwerk-zeuge gibts hier wirklich genug, Degen, Säbel, Hellebarden suchen sie sich was aus.
vanDusen: Bedaure Sir G nichts von dem was sich in diesem Raum anbietet kommt in frage, die Wunde wurde durch eine Stichwaffe mit langer dreieckiger Spitze verursacht und ein solches Gerät.
Smiley: Ist weit und breit nicht zu entdecken, keine Mordwaffe, Tür von innen verriegelt, sieht aus wie ein typischer van Dusen Fall, was Prof.
vanDusen: So scheint es, Inspektor.
Smiley: Wie lange ist der Mann tot, was meinen sie Prof.
vanDusen: Ich meine nicht, Inspektor ich untersuche.
Smiley: Entschuldigen Prof also was wissen sie.
vanDusen: Nun die Bildung von Leichenflecken ist deutlich wahrnehmbar, rigor mortis hat bereits die Oberschenkel erfaßt, dabei ist allerdings der Tatsache Rechnung zu tragen, daß die Leiche durch ihre Position direkt unter einem offenstehenden Fenster niedrigen Temperaturen ausgesetzt war was bedeutet.
Hatch: Verzögerung des normalen Erstarrungsprozesses.
vanDusen: Sehr gut mein lieber Hatch, und sehr richtig, sie sehen mich überrascht.
Smiley: Alles gut und schön, meine Herren aber wann ist denn Goldstück Poole umgekommen.
vanDusen: Vor 14 Stunden, Inspektor.
Smiley: Das heißt warten sie mal jetzt ist es.
Hatch: 9 Uhr 10 genau.
Smiley: Also gestern abend kurz nach 7.
vanDusen: Bravo Inspektor, ein Faktum von immenser kriminologischer Relevanz.
Smiley: Die Todeszeit also ich weiß nicht.
vanDusen: Warum sollten sie auch, mein guter Smiley, lassen sie uns festhalten, der gewaltsame Tod von Poole nicht einmal eine Stunde nach Entdeckung der falschen Kronjuwelen beweist, daß es sich bei Poole tatsächlich wie schon nach der Signatur zu vermuten um den Fälscher handelt, er hat die Duplikate hergestellt hier im tower, in dieser Werkstatt gewissermaßen in der Höhle des Löwen.
Smiley: Klar Prof klar aber die Frage ist doch wie hat er die Kopien in die Vitrine rein und die drei echten Stücke aus der Vitrine raus gekriegt.
vanDusen: Eine Frage an Sir Barnickel.
Barnicle: An mich wieso.
vanDusen: Haben sie während des letzten viertel Jahres zugelassen, daß die ihnen anvertrauten Regalien ganz oder zum teil aus ihrem Gewahrsam entfernt wurden und sei es auch nur für kurze Zeit.
Barnicle: Nein Prof was denken sie von mir.
vanDusen: Niemals, Sir G.
Barnicle: Doch einmal aber das zählt nicht.
vanDusen: Dies festzustellen überlassen sie besser mir Sir G, berichten sie worum gehts.
Barnicle: Um die Parlamentseröffnung natürlich, da trägt seine Majestät Krone Zepter, Reichsapfel.
vanDusen: Krone Zepter Reichsapfel, genau die drei Stücke welche entwendet und gegen Kopien ausgetauscht wurden, wann fand die Parlamentseröffnung statt.
Smiley: Vor ein paar Tagen.
Barnicle: Vor 5 Tagen, am 31 Januar 1904.
Smiley: Aber dabei kann nichts passiert sein Prof, unsere nationalen Heiligtümer waren in den allerbesten Händen, sie wurden hier abgeholt und nach der feierlichen Zeremonie pünktlich wieder abgeliefert von vom Privatsekretär seiner Majestät.
vanDusen: Lord Stanhope.
Smiley: Schon wieder Lord Stanhope, Lord Stanhope fotografiert die Kronjuwelen, Lord Stanhope holt Poole aus dem Zuchthaus, Lord Stanhope bringt ihn im tower unter, Lord Stanhope hat die einzige Möglichkeit die Originale gegen die Duplikate austauschen, Lord Stanhope, immer wieder Lord Stanhope.
vanDusen: Wir sollten seiner Lordschaft schnellstmöglich einen Besuch abstatten, wo wohnt er.
Smiley: Werden wir sofort feststellen Prof.
Hatch: Ein kurzer Anruf bei Scotland Yard genügte, Lord Stanhope wohnte im Westen, in Chelsea, nicht weit von der Themse, Sir G Barnicle blieb im tower um sich seinen Gouvernorspflichten zu widmen, aber als wir der Prof Smiley und meine Wenigkeit uns auf den Weg machen und schon fast am Löwentor am Ausgang des tower waren.
Barnicle: Prof, Inspektor warten sie meine Herren.
Hatch: Sieh mal an, Sir G im sportlichen Sprint, haben sie es sich anders überlegt, wollen sie doch mit zu Lord Stanhope.
Barnicle: Nein nur was ausrichten, ein Anruf von Scotland Yard, gerade gekommen sehr wichtig, ganz neue Entwicklung, sie sollen gleich vorbeikommen.
Smiley: Dann werden wir wohl einen kleinen Umweg machen müssen, Lord Stanhope wird uns ja nicht weglaufen.
vanDusen: Hoffen wirs, Inspektor.
Hatch: Nach einer Stunde Bummelfahrt im Nebel erreichten wir Scotland Yard, falls sie nicht wissen wo das berühmte Hauptquartier der londoner polizei liegt, in white hall am viktoria embankment gegenüber Westminster Hall und als wir ankamen wollte niemand was von uns, die telefonische Botschaft war offensichtlich falsch gewesen, so falsch wie die Kronjuwelen also weiter nach Chelsea, noch eine Stunde, dann waren wir in einer engen Straße zwischen kaum sichtbaren kleinen Backsteinhäusern.
Smiley: Frühes 18 Jahrhundert, Chenwalk ist eine historisch recht interessante Straße, berühmte Leute haben hier gewohnt, Künstler und so, der Schriftsteller Thomas Karlar zB oder Dante Gareil Roselli der Maler.
Hatch: Sie haben ihren beruf verfehlt Smiley Fremdenführer hätten sie werden sollen.
Smiley: Nr 16 wir sind da, halten sie an Wachtmeister.
Hatch: Nichts zu sehen, und schon gar nicht zu hören.
vanDusen: Was war das.
Smiley: Hörte sich an wie eins von diesen neumodischen Booten mit Verbrennungs-motor auf der Themse, steigen wir aus, sie warten hier Wachtmeister, öffnen sie Milord, scheint nicht zu hause zu sein.
vanDusen: Glauben sie wirklich, Inspektor.
Hatch: Brechen wir die Türe auf.
vanDusen: Das dürfte nicht nötig sein, mein lieber Hatch, die Tür ist offen.
Smiley: Tatsächlich dann treten wir doch näher meine Herren.
Hatch: Als erfahrene Krimikenner ahnen sie es schon, meine Damen und Herren wir waren wieder zu spät gekommen, im geschmackvoll eingerichteten Salon von Lord Stanhope hing eine schmächtige Gestalt gehüllt in einen Schlafrock aus roter Seide an einem Strick vom Deckenbalken, es war der Hausherr und er war natürlich mausetod.
Smiley: Selbstmord, klare Sache.
vanDusen: Glauben sie, Inspektor.
Smiley: Sie etwa nicht Prof, eine umgestoßene Leiter, keine Hinweise auf einen Kampf ach und hier ist ja auch der obligatorische Abschiedsbrief, Stanhopes Schrift, ganz eindeutig, jeder der mal mit dem Hof zu tun gehabt hat kennt diese Krakel und Spinnenbeine, nicht zu imitieren.
vanDusen: Wenn sie das sagen, Inspektor und was schreibt seine Lordschaft, lesen sie vor.
Hatch: Ich habe die Kronjuwelen entwendet, ich allein, sieh mal an, ich habe Poole meinen Helfershelfer getötet, ich übernehme die Verantwortung und ziehe die einzige mögliche Konsequenz.
vanDusen: Das ist alles.
Smiley: Das ist alles.
vanDusen: Keine Unterschrift.
Smiley: Nein wozu.
vanDusen: Aha was haben wir denn hier, Hatch.
Hatch: Prof.
vanDusen: Mein Miniaturlaboratorium holen sie es aus der Droschke.
Hatch: Sogleich.
vanDusen: Eilen sie.
Hatch: Ich eilte und brachte das berühmte Minilabor des Prof, die schwarze Tasche mit ihren mysteriösen wissenschaftlichen und kriminologischen Geräten, Stoffen Ingredienzien, dann half ich dem Inspektor den dahingeschieden Lord abzunehmen und van Dusen machte sie ans untersuchen, dabei interessierter er sich vor allem für den Hinterkopf des toten, für seine Hände und für den Strick.
vanDusen: Ein offizieller Strick, ein Strick aus dem Bestand der königlichen Marine, wie der eingearbeitete rote Faden unschwer erkennen läßt.
Hatch: Der alleseits bekannte rote Faden.
vanDusen: Eben dieser, mein lieber Hatch, von diesem Strick wurde oben am Balken ein Stück abgeschnitten knapp am knoten und zwar nachdem dieser geknüpft wurde.
Smiley: Und was schließen sie daraus Prof.
vanDusen: Später, Inspektor später, wenden wir uns nunmehr der Leiche zu, anhand der klassischen Syptome, Zyanose das heißt Blaufärbung von Lippen und Ohrläppchen, Austritt der Zunge, Schaum vor Mund und Nase, Verletzung im Nacken und Kehlkopfbereich, etc läßt sich die Ursache des Todes von Lord Stanhope zweifelsfrei, Strangulation oder auch allgemeiner gefaßt Asphyxie.
Hatch: Und was heißt das in schlichten Worten fürs schlichte Gemüt.
vanDusen: Erwürgen und erstricken mein lieber Hatch
Smiley: Na bitte, Selbstmord.
vanDusen: Nicht so hastig, nicht so hastig Inspektor, desweiteren läßt sich ein aus-geprägtes Hämatom für sie mein lieber Hatch Bluterguß am Hinterkopf feststellen.
Smiley: Ach merkwürdig.
vanDusen: Nicht wahr Inspektor und noch merkwürdiger ist das was sich an den Händen des Toten findet.
Smiley: Sagen sie bloß kein Spuren von Strick, das ist Mord.
vanDusen: Kein Sorge Inspektor, die spuren sind da in form deutlich wahrnehmbarer Fasern, und diese sind ohne jede frage identisch an welchem Lord Stanhope hing.
Smiley: Also hat er den Strick in der Hand gehabt, das bedeutet er hat sich selbst aufgehängt.
vanDusen: Allem Anschein nach hat er dabei so fest zugefaßt daß er sich verletzt hat, sehen sie hier an der linken Handfläche eine ziemlich tiefe Schnittwunde.
Smiley: Wo, ach da, schwer zu erkennen, überhaupt kein Blut.
vanDusen: Und diese Tatsache wertester Inspektor, dürfte die merkwürdigste unter all den Merkwürdigkeiten sein, welche wir an diesem Ort angetroffenen haben, was bringen sie uns da mein lieber Hatch.
Hatch: Hier hab ich gerade vom Boden aufgelesen neben der Tür, ein Tuchstreifen, die Enden sind zusammengebunden, ob das was zu bedeuten hat Prof.
vanDusen: Unbedingt mein lieber Hatch, vor allem in Verbindung mit der auf dem Abschiedsbrief fehlenden Unterschrift.
Smiley: Sie sehen da einen Zusammenhang, Prof.
vanDusen: Sie nicht, Inspektor aber wie ich sie kenne halten sie sich lieber an die festen formen kriminologischer ermittlung wie lehrbuch und schema sie ihnen vorgibt.
Smiley: Wenn sie damit meinen daß ich Zahlen und Fakten der Spekulation vorziehe dann haben sie recht, Prof im Augenblick interessiert mich zB die genaue Todeszeit von Lord Stanhope wenn sie mir die.
vanDusen: Mit vergnügen, Inspektor vor einer Stunde.
Smiley: Jetzt ist es 3 min vor 1 also um 12.
vanDusen: Exakt.
Smiley: Etwa um 12 Uhr 30 sind wir hier angekommen.
vanDusen: Das heißt wären wir nicht durch Nebel und vor allem durch den zwecklosen Umweg über Scotland Yard aufgehalten worden, hätten wir den Mörder womöglich noch angetroffen.
Smiley: Mörder aber ich dachte.
vanDusen: Sie dachten falsch, Inspektor Lord Stanhope hat nicht Selbstmord begangen, Lord Stanhope wurde ermordet, präziser er wurde niedergeschlagen und im zustand der Bewußlosigkeit erhängt.
Smiley: Tja aber der Brief.
Hatch: Und was hat der Mord mit den Kronjuwelen zu tun.
Smiley: Wer ist der Mörder.
Hatch: Wie hat er gemacht.
Smiley: Warum und wozu.
Hatch: Und überhaupt.
vanDusen: Alles zu seiner Zeit, meine Herren, Inspector Smiley.
Smiley: Prof.
vanDusen: Sie werden sich mittels diesen Wandtelefons mit scotland yard verbinden lassen, und die bei derartigen Anläßen übliche kriminalpolizeiliche Mannschaft hier her zu zitieren, bis sie eintrifft werden sie Inspektor als Wächter am Tatort verbleiben.
Smiley: Und sie Prof.
vanDusen: Ich werde zunächst zum tower zurückkehren, es gilt dort und anderswo die Mosaik kriminologischer Aufklärung noch fehlenden Steinchen zu finden und an den rechten platz zu setzen, kommen sie.
Hatch: Es wurde ein langer nachmittag, als wir wieder im tower waren, zog van Dusen sich für eine knappe stunde in das ruhige Herrenzimmer des Gouvernors zurück, natürlich mit Erlaubnis von Sir G, er wollte die gewonnenen Einzelerkenntnisse zu einem logischen System vereinen, sagte er, Gelegenheit für mich was zu essen wenns auch nicht mehr war als ein Würstchen am Imbißstand vor dem Löwentor, dann spazierte der Prof durch das sog Verrätertor runter zur Themse und da, aber das werden sie später erfahren, meine Dame und Herren alles zu seiner zeit wie ein gemeinsamer bekannter gerade gesagt hat, auch die weiteren stationen die er an diesem denkwürdigen 5. Februar 1904 ablief, werde ich vorerst für mich behalten, springen wir gleich vor auf den abend, 8 Uhr, wenn ich ihnen sage daß sich um diese zeit in Sir G Herrenzimmer eine kleine Gesellschaft eingefunden, bestehend aus dem Hausherrn, aus Inspector Smiley, aus Oberbeefeater Yorick und der Raumpflegenden Mrs Peabody, dann wissen sie Bescheid, meine Damen und Herren es folgt die Erleuchtung, die Aufklärung, das mehr oder weniger glückliche Krimiende, das Wort hat Prof van Dusen, die Denkmaschine.
vanDusen: Drei Kronjuwelen wurden entwendet, meine Herrschaften, Krone Zepter Reichsapfel, sie wurden entwendet und durch Kopien ersetzt, diese wiederum wurden angefertigt von Graham Poole einem Kriminellen nach ihm zur Verfügung gestellten Fotografien.
Smiley: Aber das wissen wir doch schon Prof, erzählen sie uns lieber wie der Austausch über die Bühne ging und wann.
vanDusen: Natürlich am 31 Januar Inspektor, bei der feierlichen Eröffnung des Parlaments, statt der ausgegebenen 3 Originale kamen 3 Falsifikate zurück und wurden im wakefield tower deponiert.
Barnicle: Lord Standhope, er hat die Stücke aus der Vitrine genommen und später wieder reingelegt, eigenhändig.
vanDusen: Ein nicht vorhersehbarer Zufall brachte schon wenige Tage später den Austausch ans Licht.
Peabody: Zufall was heißt Zufall, das war ich, ich habs rausgekriegt und Mr Yorick aber der hat es erst später gemerkt.
vanDusen: Gewiß Mrs Peabody die von ihnen initiierte Entdeckung führte in direkter Konsequenz zum Mord am Fälscher Graham Poole, ihm würde scotland yard schnell auf die Spur kommen, er würde aussagen, Namen nennen, das mußte verhindert werden, Poole wurde getötet.
Smiley: Von wem Prof.
vanDusen: Von einem der Hintermänner.
Hatch: Hintermänner.
vanDusen: Hintermänner, selbstverständlich hat Poole nicht allein auf eigene Rechnung gearbeitet, er war lediglich Handlanger, ausführendes Organ, hinter ihm standen die Planer, die eigentlichen Täter, die drei Hintermänner.
Smiley: Und einer von denen hat Goldstück Poole umgebracht und wer, wenn ich fragen darf.
vanDusen: Einer welcher privilegiert durch seine Position frühzeitig von der Entdeckung des Austausches erfuhr, Sir G Barnickel.
Smiley: Was reden sie da, Prof Sir G ist kein krimineller, eine persönlichkeit von rang, governor des tower, überall hoch angesehen, sogar bei Hof wie kommen sie drauf.
vanDusen: Zwei Tatsachen empfehle ich ihrer Aufmerksamkeit Inspektor und natürlich auch ihnen meine Herrschaften, a die Zeit des Mordes kurz nach 19 Uhr am gestrigen abend, nachdem Sir G wurde jedoch bevor scotland yard im tower eintraf, und b der modus operandi.
Smiley: Wie ers gemacht hat, meinen sie, das würde ich auch gern wissen, Tür von innen verriegelt, keine Mordwaffe.
vanDusen: Nachdem Sir G sämtliche Aufseher zum wakefield tower beordert und sich auf dies weise freie bahn geschaffen hatte begab er sich von seinem Haus über den Hof zum whitetower, er klopfte, so läßt sich vermuten außen ans Fenster der Werkstatt, Poole öffnete und Sir G erstach ihn durchs offene Fenster.
Smiley: Geht nicht, Prof geht nicht, die Mauer ist über 1m dick.
vanDusen: Die Waffe welche Sir G benutzte, ist 3 meter lang.
Smiley: 3 meter ist so was gibts doch nicht.
vanDusen: Machen sie die Augen auf Inspektor, sie sehen besagte Waffe vor sich hier an der Wand neben den Kamin.
Smiley: Die Lanze.
vanDusen: Sir G war Soldat, Kavallerist, Ulan, dh Lanzenreiter, die vorschriftsmäßige Waffe der britischen Ulanen ist ein ca 3 m langer bambusstab mit einer dreieckigen Stahlspitze, nach seiner aktiven Zeit hat Sir G seine Lanze aufbewahrt als Souvenir und als er eine Mordwaffe benötigte, griff er wie selbstverständlich zum altvertrauten Gerät, welches er nach der Tat reinigte und wieder an seinen platz hängte, doch schon bei flüchtiger Examination wie ich sie vor wenigen stunden vorzunehmen Gelegenheit fand, zeigen sich an der spitze Reste menschlichen Blutes, des Blutes von Grahame Poole.
Smiley: Nehmen sie doch Stellung, Sir G oder wollen sie nichts sagen.
Barnicle: Ich wünsche einen Toast auszubringen, einen toast auf seine Majestät, es lebe König Edward der 7.
Smiley: Ist das alles.
vanDusen: Mehr hat Sir G offenbar nicht zu sagen, sehr aufschlußreich, finden sie nicht Inspektor.
Smiley: Ganz ihrer Meinung Prof, also wenn Sir G einer ihrer drei Hintermänner ist wer sind die anderen.
vanDusen: Da hätten wir zunächst einmal Lord Stanhope.
Smiley: Versteht sich.
vanDusen: Wie Poole geriet auch er bereits in einem frühen Stadium der Untersuchung unter verdacht und darum mußte auch er wie Poole sterben wieder war Sir G Barnickel der Täter, Lord Stanhope sollte am reden gehindert werden und als Sündenbock fungieren, während wir im Londoner Nebel umherirrten begab sich Sir G auf schnellsten Wege nach Chelsea.
Smiley: Ja wie denn.
vanDusen: Auf der Themse Inspektor in seinem Motorboot, ich hab es vorhin inspiziert an seinem Liegeplatz vor dem Verrätertor und dabei fand ich unter anderem einen zusammengerollten Strick aus Marinebeständen von welchem erst kürzlich ein stück abgeschnitten worden war.
Smiley: Motorboot, richtig als wir in Chelsea ankamen hören wir wie ein Motorboot auf der Themse wegfuhr.
vanDusen: Sir G ohne jeden Zweifel.
Smiley: Akzeptiert Prof, aber wie hat Sir G das mit dem falschen Selbstmord gedreht, den Abschiedsbrief hat doch Lord Stanhope selbst geschrieben.
vanDusen: Den Ablauf der Geschehens Inspektor meine Herrschaften können wir uns wohl folgendermaßen vorstellen, Sir G Barnickel betrat das Haus am Chenwalk und eröffnete dem darauf höchst verstörten Lord Stanhope, Scotland Yard sei den Dieben der Kronjuwelen dicht auf den Fersen.
Stanhope: Mein Gott Barnickel was soll wir tun.
Barnicle: Hören sie zu Stanhope ich habe mich entschlossen die ganze Geschichte auf meine Kappe zu nehmen.
Stanhope: Was.
Barnicle: Ich werde ein Geständnis ablegen dann mach ich ein ende.
Stanhope: Sehr nobel Banickel, richtig heroisch, naja sie sind ja auch Militär und ich bin bloß Zivilangestellter.
Barnicle: Aber sie müssen mir helfen, Stanhope, sie sehen ja, ich hab den rechten Arm verstaucht, wegen der Schlinge, kann nicht schreiben, nehmen sie mein Geständnis auf.
Stanhope: Wenns weiter nichts ist, so schießen sie los.
Barnicle: Ich habe die Kronjuwelen entwendet.
Stanhope: Entwendet, sehr gut, knapp und präzise.
Barnicle: Ich allein.
Stanhope: Ich allein.
vanDusen: Nach dem Diktat schlug Sir G Lord Stanhope nieder und erhängte ihn am mitgebrachten Strick danach zu spät fiel ihm ein schwerwiegendes Versäumnis ein, es ist eine auch unter kriminologischen Laien bekannte Tatsache daß eine Person welche Selbstmord durch Erhängen begeht stets mit Spuren des Stricks an den Händen aufgefunden wird, um das unterlassene nachzuholen, schnitt Sir G am oberen Knoten ein Stück des Strickes ab und zog es dem toten durch die Hände, in der eile so heftig daß es zu einer Hautverletzung kam, was der Täter nicht beachtete, aus der Wunde trat kein Blut aus, ein sicherer Hinweis daß sie keinem lebenden sondern einer Leiche widerfahren war.
Smiley: Sir G wollen sie sich jetzt nicht doch äußern.
Barnicle: Einen Toast meine Herrschaften auf König Edward den 7.
vanDusen: Ich verstehe ihr schweigen Sir G aber ich versichere ihnen es ist unnötig und nutzlos, so nutz und sinnlos wie die beiden von ihnen verübten Morde, vom wahren vom eigentlichen Motiv welches sie dazu veranlaßt, war bisher noch nicht die Rede, soll ich es verraten.
Smiley: Ja Prof reden sie.
vanDusen: Es ging und geht Sir G darum eine ganz bestimmte Person zu decken.
Smiley: Den dritten Hintermann.
vanDusen: Ja den dritten Mann, die Hauptperson, die zentrale Figur im rätselhaften Geschehen um die entwendeten Kronjuwelen, den Nutznießer für den hochgestellte Persönlichkeiten wie Lord Stanhope und Sir G Barnickel, Persönlichkeiten von ansonsten unanzweifelbarer Honorigkeit zu Dieben und Mördern wurden, ihn galt es.
Hatch: Aufzuspüren.
vanDusen: Mitnichten mein lieber Hatch, ich kannte ihn, ich wußte nur eine nur eine einzige Person kam in frage, diese galt es mit den Auswirkungen ihrer tat zu konfrontieren und um dies zu tun begab ich mich zum Buckingham Palace, seine Majestät König Edward der 7 ließ mich sogleich vor, er war nicht allein, sondern in Gesellschaft einer Dame, bei welcher es sich nicht um Königin Alexandra handelte.
König: Eine sehr gute Freundin, Mrs Caple, du kennst Prof van Dusen.
Geliebte: Aber ja Bertilein du hast mir so viel erzählt wie er den großen Sherlock Holmes ausgetrickst hat, damals bei Wettbewerb der Detektive, alle Achtung, Prof sie sind wirklich ein Superdetektiv.
vanDusen: Kriminologe, gnädige Frau, Amateur.
König: Na Prof was haben wir auf dem Herzen.
vanDusen: Eine Bagatelle, besser gesagt 3 Bagatellen, drei Kronjuwelen welche sie Majestät durch ihren Privatsekretär Lord Stanhope und durch Sir G Barnickel den Gouvernor des tower entwenden ließen von einen Täter dem kriminellen Poole gar nicht zu reden.
Geliebte: Bertilein, was muß ich da hören.
König: Ich Prof wozu sollte ich so was tun, die Dinger gehören mir doch sowieso.
vanDusen: Zweifellos Majestät und weltbekannte Preziosen dieser Art sind nirgendwo auf der Welt zu veräußern.
König: Eben.
vanDusen: Man kann sie jedoch beleihen wenn man wie sie Majestät sich in folge kostspieliger Liebhabereien ständig in finanziellen nöten befindet, und wenn man wie sie Majestät als notorisch unzuverlässiger Rückzahler gilt, sie Majestät haben die Kronjuwelen bei ihrem Bankier Baron Rothschild deponiert, als Pfänder für ein privates Darlehen welche ihnen ohne diese Sicherheitsleitung nicht gewährt worden wäre, leugnen sie nicht, Baron Rothschild von mir befragt hat alles zugegeben.
vanDusen: Letzter Behauptung, lassen sie mich in Parenthese hinzufügen meine Herrschaften, entsprach nicht zur gänze der Wahrheit, ich hatte Baron Rothschild nicht aufgesucht, was ich sagte war Vermutung, fundierte Spekulation, ein bluff wie sie sich ausdrücken wurden mein lieber Hatch.
Hatch: Wie ein ausgebuffter Pokerspieler Prof und hats was gebracht.
vanDusen: Seine Majestät glaubte mir und bestätige die von mir gegebene Darstellung in allen Details.
Geliebte: Seien sie nicht so streng mit Berti, Prof was soll er denn machen dieses knickrige Parlament hat ihm nur eine schäbige Appanage von einer halben mio pfund bewilligt für 1 ganzes jahr wie soll er damit auskommen, bei seinen vielen Interessen.
König: Ein gentleman muß die zeit doch standesgemäß totschlagen, man spielt, man wettet auf Pferde.
Geliebte: Man liebt und man lebt aber davon hat ein Bücherwurm wie sie ja keine Ahnung.
König: Und was ich mit den Kronjuwelen gemacht habe, Prof zugegeben die ganz feine englische art war es nicht, aber es war auch kein Verbrechen.
vanDusen: Gestatten sie mir, anderer Ansicht zu sein Majestät.
vanDusen: Ich berichtete dem König was er noch nicht wußte, die Entdeckung des Austausches und die beiden Morde welche Sir G Barnicke verübt hatte um den Ruf seines Monarchen zu schützen, seine Majestät war peinlich berührt.
König: Mein gott Prof es ist doch nicht meine schuld wenn der gute Barnickel überreagiert, ich habe das nicht angeordnet.
vanDusen: Sie tragen die Verantwortung Majestät, sie sind verpflichtet, die leidige Angelegenheit zu bereinigen soweit dies möglich ist.
König: Und wie mache ich das.
vanDusen: Indem sie die Kronjuwelen sofort auslösen Majestät.
König: Sie sind gut Prof wo soll ich denn auf die schnelle 300000 Pfund herkriegen.
vanDusen: Das ist ihre Sache, Majestät, geben sie Baron Rothschild Anweisung die drei Pfänder auszuhändigen, geschieht dies nicht, sehe ich mich veranlaßt die Affäre an die Öffentlichkeit zu bringen.
Geliebte: Um gottes willen, tu was er sagt, Bertilein, du hast schon genug Ärger mit den Zeitungen.
König: Einverstanden, aber dann verlaß ich mich darauf, daß sie dicht halten, Prof die Sache bleibt unter uns.
vanDusen: Nicht ganz, Majestät, meine amateurkriminologische Ehre, mit welcher sie Majestät beim Wettbewerb der Detektive höchst leichtfertig umgesprungen sind, darf nicht ein zweites mal strapaziert werden, der Fall muß gelöst werden, die unmittelbar beteiligten müssen die Wahrheit erfahren, wie sie damit umgehen.
vanDusen: Diese Entscheidung liegt bei ihnen, Inspektor, Mrs Peabody, Mr Yorick.
Smiley: Tja und Sir G den muß ich dann festnehmen, Sir G, was ist mit ihnen, sagen sie was.
vanDusen: Sir G wird nichts mehr sagen, er wird auch keine Toasts mehr ausbringen, und er wird nicht mehr für seinen König morden.
Smiley: Er ist tot.
vanDusen: Lassen sie auch wenn dies nur eine Formsache sein dürfte, den Inhalt seiner Portweinkaraffe auf toxische Substanzen untersuchen Inspektor, Hatch.
Hatch: Ja.
vanDusen: Leeren sie die Tasche, welche Baron Rothschild mir übergeben hat.
Hatch: Wird gemacht Prof.
vanDusen: Die Kronjuwelen, meine Herrschaften der Fall ist abgeschlossen.
Hatch: Wissen sie was, Prof, der Nebel hat sich gelichtet.
vanDusen: In der Tat mein lieber Hatch, wie spät ist es.
Hatch: Viertel nach zehn Prof.
vanDusen: Wenn wir eilen können wir den Nachtexpress nach Dover erreichen.
Hatch: Ab nach Frankreich.
vanDusen: Wo höchst interessantes uns erwartet, der Eifelturm, Monsieur Jules Vernes, der Großmeister der wissenschaftlichen Romantik.
Hatch: Nicht zu vergessen ein geheimnisvolles Cinematografenatelier und eine Leiche im Schrankkoffer, aber das meine Damen und Herren ist eine andere Geschichte.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Inspektor Smiley von Scotland Yard: Rolf Marnitz
Sir Guy Barnacle, Guverneur im Tower: Harry Wüstenhagen
Yorick, ein Beefeater: Rainer Pigulla
Mrs. Peabody, Putzfrau im Tower: Dorothea Hanke
König Edward VII. von Großbritannien: Krikor Melikyan
Mrs. Keppel, seine Geliebte: Hilde Doelker
Lord Stanhope, sein Privatsekretär: Klaus Jepsen
Stationsvorsteher: Bernd Ludwig
Commander Gore, Chef des C.I.D.: Kurt Lutz
Page im Hotel: Kurt Lareine
Michael Koser: Prof. van Dusen sieht doppelt (RIAS 1990)
Kellner: Ihr Frühstück meine Herren.
Hatch: Endlich, stellen Sie es ab auf den Tisch, ein Glas Tee, einen Zwieback für Sie Prof, und für mich Kaffee, Toast, Butter, Moment, warten Sie, Sie kriegen noch was.
Kellner: Nicht nötig, wünsche guten Appetit die Herren.
Hatch: Ein Kellner der kein Trinkgeld will, so was hab ich noch nicht erlebt, na mir solls recht sein, guten Appetit Prof.
vanDusen: Danke, mein lieber Hatch, Ihnen guten Appetit zu wünschen, hieße Eulen nach Athen tragen.
Hatch: Da haben Sie recht, Prof, mir schmeckts immer, sagen Sie mal Prof.
vanDusen: Hm.
Hatch: Kann eine Kaffeekanne ticken.
vanDusen: Bitte?
Hatch: Die dicke Kanne hier auf dem Tisch, die tickt, komisches Land dieses Kravonien, Kellner nehmen kein Trinkgeld, Kaffeekannen ticken.
vanDusen: Stellen Sie die Kanne ab Hatch, erheben Sie sich, öffnen sie das Coupefenster.
Hatch: Wissen sie Prof ich bin ja auch sehr für frische Luft, aber sollten wir damit nicht bis nach dem.
vanDusen: Widersprechen sie nicht, tun sie was ich sage, schnell.
Hatch: Wenn sie so großen Wert darauf legen Prof.
vanDusen: Eilen sie.
Hatch: Bitte sehr.
vanDusen: Aus dem Wege.
Hatch: Prof, sie haben meine Kaffeekanne aus dem Fenster geschmissen, meine volle Kaffekanne, warum Prof, warum.
vanDusen: Darum mein lieber Hatch.
Hatch: Eine Bombe.
vanDusen: Eine Bombe.
Hatch: In meiner Kaffeekanne.
vanDusen: In ihrer Kaffeekanne, mein lieber Hatch, läuten sie dem Kellner, lassen sie sich eine neue bringen.
Hatch: So fing es an im Orientexpreß am Morgen des 27. Juli 1904, durchaus passend und angemessen mit einem Knalleffekt, die Affäre um den doppelten König von Kravonien, den Grafen Zeppelin und die wunderschöne Prinzessin Dragina hat in der gewaltigen van Dusen Chronik einen ganz besonderen Stellenwert, weniger für Prof. van Dusen, zubenamt die Denkmaschine, den genialen Wissenschaftler und Amateurkriminologen, eher für meine Wenigkeit, Hutchinson Hatch, bekanntlich ist es mir ab und zu vergönnt, aus dem Schatten der Assistenten- und Chronistenrolle herauszutreten ins helle Licht kriminologischer Aktivität, sie erinnern sich vielleicht an das Rätsel der verschwundenen Millionäre oder an die ungewöhnliche Episode, die den Titel trägt, wo steckt Prof van Dusen, aber diese Geschichte, die mit der Bombe in der Kaffeekanne begann, steht für sich, sie ist unerhört und unvergleichlich, ein-malig, einzigartig, beispiellos, warum sie werden es hören meine Damen und Herren.
vanDusen: Sie greifen ja gar nicht mehr zu.
Hatch: Mir ist der Appetit vergangen, das war ein Attentat, jemand wollte uns in die Luft sprengen, wer steckt dahinter, was meinen sie, die Ochrana.
vanDusen: Die russische Geheimpolizei, sie denken an unser Abenteuer in Sankt Petersburg vor wenigen Tagen, höchst unwahrscheinlich.
Hatch: Vielleicht das Phantom.
vanDusen: Wohl kaum, unsere ganz spezielle Gegnerin welche sich hinter diesem sensationellen Pseudonym verbirgt, pflegt sich auf andere Weise mit meiner Person auseinander zu setzen, raffinierter, weniger plump.
Hatch: Wissen sie.
vanDusen: Ja.
Hatch: Vielleicht waren sie gar nicht gemeint.
vanDusen: Wollen sie damit der Auffassung Ausdruck verleihen, der Anschlag habe ihnen gegolten, ist doch lächerlich, wer sollte Grund haben ihnen etwas antun.
Hatch: Keine Ahnung, na Kaffee, in der neuen Kanne keine Bombe, dann wollen wir uns mal auf den Schreck eine gute Tasse.
vanDusen: Vorsicht.
Hatch: Au, Sie haben mir die Tasse aus der Hand geschlagen, mit kochend heißen Kaffee, sehen sie meine Schuhe an, und meine schönen rotgrünkarierten Knickerbocker.
vanDusen: Schließen Sie ihren Mund und öffnen sie gefälligst ihre Nase, was riechen sie.
Hatch: Bittere Mandeln.
vanDusen: So ist es und spätestens seit unserem rencontrer mit dem notorischen Leichenräuber von Manhattan sollte sie wissen.
Hatch: Zyankali in meinem Kaffee und ihrem Tee Prof.
vanDusen: Nicht die kleinste Spur einer toxischen Substanz mein lieber Hatch.
Hatch: So Zyankali in meinem Kaffee, eine Bombe in meinem Kaffee, sagen sie was sie wollen, mich haben sie auf dem Kicker, aber warum und weshalb, au.
vanDusen: Ein Schuß durchs geöffnete Fenster, offensichtlich wurde er aus einem der vorderen Wagen abgegeben, der Expreß fuhr soeben um eine recht scharfe Linkskurve, sind sie getroffen.
Hatch: Und wie, hier am Hals Blut.
vanDusen: Lassen sie sehen, ein Streifschuß, ein Kratzer.
Hatch: Tut aber weh.
vanDusen: Stellen sie nicht an, drücken sie ihr Taschentuch auf die Blessur und bleiben sie wo sie sind, neben dem Fenster außer Sicht.
Hatch: Jetzt ist es ja wohl endgültig klar, jemand hier im Zug hat was gegen mich.
vanDusen: So hat es in der Tat den Anschein, nun es war ja auch ihr Wunsch nicht der meinige, Kravonien aufzusuchen.
Hatch: Ganz recht hatte er da nicht der Prof, es lag nicht an mir, daß wir im Orientexpreß durch Kravonien fuhren, sondern an meinem Chefredakteur zuhause in New York, schließlich bin ich nicht nur Assistent, Chronist und Begleiter von Prof van Dusen, ich bin auch Reporter, und weil ich gerade in Europa und in der nähe war sollte ich natürlich über das Ereignis des Jahres berichten. Kravonien ein ansonsten zurecht weithin unbekanntes kleines Königreich auf dem Balkan stand seit kurzem im Brennpunkt der Weltöffentlichkeit, am nächsten Tag Sonntag den 28 Juli 1904 sollte sie über die Bühne gehen, die romantische Hochzeit von König Bolko I und der Prinzessin Dragina Kralowitz in der kravonischen Hauptstadt Staropol, mit allem was dazu gehört, Jubel, Trubel, Heiterkeit, Ochsen am Spieß und Rotwein in Strömen für die pflichtschuldig begeisterten Untertanen, hohe und höchste ausländische Gäste, Glanz und Gloria, und als märchenhafter Höhepunkt sollte ein hypermodernes Luft-schiff über der ganzen märchenhaften Show schweben als Symbol des 20 Jh sozu-sagen, Graf Ferdinand von Zeppelin höchstpersönlich war dafür gewonnen worden.
vanDusen: Und diese Tatsache betrachte ich als den einzigen Lichtblick an unserem Ausflug in den tiefsten balkanesischen Hinterwald, zu welchem sie mich, ganz gegen meine Meinung, überredet haben, sogleich nach unserer Ankunft in Staropol gedenke ich mit dem bekannten deutschen Pionier der Aeronautik in einen regen wissenschaftlichen Gedankenaustausch zu treten.
Hatch: Solange brauchen sie nicht zu warten.
vanDusen: Wie darf ich das verstehen.
Hatch: Der Pionier der Aeronautik sitzt in unserem Zug.
vanDusen: Was.
Hatch: Gleich nebenan ein Abteil weiter, ich hab ihn vorhin gesehen.
vanDusen: Sind sie sicher.
Hatch: Runder Kopf, weißer Seehundschnauzbart weiße Schiffermütze unverkennbar Graf Zeppelin, ihren Gedankenaustausch können sie also sofort wenn sie wollen.
vanDusen: Und ob ich will auf der Stelle werde ich.
Schaffner: Bitte um die Fahrkarten meine Herren.
vanDusen: Ah Schaffner gut daß sie kommen, ich wünsche eine Beschwerde vorzubringen.
Hatch: 3 Beschwerden, 3mal hat man versucht mich ins jenseits zu befördern und das im Orientexpreß.
vanDusen: Sie scheinen nicht überrascht Schaffner.
Schaffner: Nein, meine Herren deshalb bin ich ja hier, das mit den Fahrkarten hab ich nur gesagt daß sie kein Verdacht schöpfen.
vanDusen: Wer ist sie.
Schaffner: Die schwarze Garde, die gefürchtete Staatpolizei von Kravonien, der Expreß wimmelt von Schwarzgardisten, heute nacht sind sie zugestiegen gleich hinter der Grenze, sie haben vorn im Speisewagen eine Befehlstelle eingerichtet.
Hatch: Im Speisewagen, dann war also der Kellner der uns das Frühstück gebracht hat.
Schaffner: Ein Schwarzgardist.
Hatch: In weißer Jacke, paradox, die ganze Geschichte ist paradox, was haben wir mit ihrer schwarzen Garde zu tun, wir sind Amerikaner, kravonische Politik interessiert uns nicht.
Schaffner: Verzeihen sie mein Herr aber das zu glauben fällt mir schwer, ich weiß nicht wer sie nicht und was sie vorhaben, aber das weiß ich, die schwarze Garde ist ihretwegen hier.
vanDusen: Was sie nicht sagen und was wünscht die kravonische Staatspolizei von uns.
Schaffner: Von ihnen gar nichts, mein Herr, umso mehr von ihrem Begleiter.
Hatch: Von mir, wieso ausgerechnet von mir.
Schaffner: Weil sie mein Herr unserem guten König Milan wie aus dem Gesicht geschnitten sind.
Hatch: Ach was und dafur wird man in Kravonien umgebracht, moment mal ich denke der König hier heißt Bolko.
Schaffner: König Milan war Bolkos Vorgänger, sein Licht war er, unsere Hoffnung, unser Geld, gott hab ihn selig.
vanDusen: Er ist tot.
Schaffner: Vor 2 Monaten ist er von uns gegangen, und durch sein hinscheiden verfinsterte sich der Himmel über Kravonien.
Hatch: Milan hatte sich was vorgenommen, als er ende 1903 nach dem tode seines Vaters König Danilo den kravonischen Thron bestieg, freie Wahlen, ein Parlament, Pressefreiheit, eine Bodenreform und die Menschenrechte wollte er seinem Volk bescheren, alles Dinge, die bis dato in Kravonien völlig unbekannt waren, der Adel, das Offiziercorps, die Gutsbesitzer waren natürlich gar nicht begeistert, aber Milan blieb bei seinen Plänen und da gerade als es mit den Reformen losgehen sollte, kam König Milan ums leben, ihm folgte sein jüngerer Bruder Bolko und in Kravonien blieb alles beim alten, dafür sorgten der neue König und die schwarze Garde mit Feuer und Schwert.
Schaffner: Unter ihrer Schreckensherrschaft stöhnt das Volk, meine Herren es stöhnt und es träumt von der wunderbaren Wiederkehr des guten König Milan.
Hatch: Aha deshalb.
vanDusen: Später, sagen sie Schaffner, auf welche starb König Milan.
Schaffner: Durch einen Unfall auf der Bärenjagd und dabei wurde er so so sehr ent-stellt daß man ihn kaum erkennen konnte als er in der Kathedrale auf der Bahre lag.
vanDusen: Ein Unfall.
Schaffner: So hieß es, mein Herr doch manche meinen gewisse interessierte Kreise hätten dabei ihre Hände im Spiel gehabt.
vanDusen: So so und diesem verhinderten Musterexemplar eines modernen Monarchen sieht mein Freund ähnlich.
Schaffner: Wie ein Zwillingsbruder wie ein Ei dem anderen.
Hatch: Muß ein gutaussehender Mann gewesen sein.
vanDusen: Hatch.
Schaffner: Ich bin Kravonier, meine Herren mein Herz schlägt noch immer für König Milan, daher hielt ich es für meine Pflicht sie zu warnen, seien auf der Hut meine Herren.
vanDusen: Mein lieber Hatch.
Hatch: Der Fall ist klar.
vanDusen: Meinen sie.
Hatch: Sie etwa nicht Prof, ein Spitzel hat mich im Zug gesehen und die schwarze Garde alarmiert und die gibt sich alle Mühe mich um die Ecke zu bringen.
vanDusen: Weil das Volk zu Staropol sie für den wiederauferstandenen Milan halten könnte, mit unvorhersehbaren Folgen sowohl für die Hochzeit als auch für die weitere Herrschaft des jetzigen Monarchen.
Hatch: Jaja.
vanDusen: Durchaus möglich, doch warum nimmt man sie nicht still und ohne aufsehen in Gewahrsam, um sie abzuschieben, warum ein derart drastisches und spektakuläres vorgehen.
Hatch: Vielleicht ist das hier so Sitte.
vanDusen: Mag sein, mag sein wenn auch nicht auszuschließen ist, daß hinter den Anschlägen auf ihre Person ein tieferes Geheimnis, wie dem auch sei, ich werde mein vor wenigen Minuten konstatiertes Vorhaben in die tat umsetzen und dem Grafen Zeppelin im Nachbarabteil einen besuch abstatten.
Hatch: Ja und ich.
vanDusen: Sie verschließen die Abteiltür sobald ich sie verlassen habe und öffnen sie nur dann, wenn ich Einlaß begehre, lassen sie nicht am Fenster sehen.
Hatch: Werde ich mich hüten.
vanDusen: Und halten sie sich tunlichst verborgen am besten unter der Sitzbank.
Hatch: Weil ich alles tue was der Prof will, tat ich auch das obwohl ich mir dabei schon ein bißchen albern vorkam, der Expreß ratterte durch die kravonische Landschaft, ich lag unter der Bank, dachte an dies und jenes und dabei muß ich wohl eingenickt sein, plötzlich wurde ich wach, zwei blankgewichste schwarze Stiefel standen vor mir, eine Hand packte mich am Arm, zog mich ans Licht, und ehe mir noch so richtig klar wurde was geschah drückte mir eine andere Hand ein Tuch aufs Gesicht, ein stechender Geruch in meiner Nase, diesmal keine bitteren Mandeln sondern Chloroform, ich wehrte mich und strampelte, aber das half nichts, nach ein paar Sekunden verlor ich das Bewußtsein.
vanDusen: In folge der momentan Indisposition des guten Hatch sehe ich mich genötigt den Bericht über die rätselhaften Vorkommnisse im Orientexpreß in höchst eigener Person fortzusetzen, so lassen sie mich denn.
Hatch: Lieber nicht, wissen sie, sie sind ein Wissenschaftler, ein großer Kriminologe sie können alles, nur ein können sie nicht.
vanDusen: In der Tat und das wäre.
Hatch: Sie können keine Geschichte erzählen Prof, sie sind entschuldigen sie zu trocken, zu steif, zu umständlich.
vanDusen: Meinen sie.
Hatch: Ich meine und unser Publikum ist glaub ich auch dieser Ansicht, also treten sie zurück, lassen sie wieder den Fachmann ran.
vanDusen: Bitte.
Hatch: Danke, es geht weiter meine Damen und Herren, während seinem Assistenten ein schlimmes Geschick dräute, saß Prof van Dusen gemütlich nebenan und plauschte aeronautisch.
vanDusen: Erstaunlich mein lieber Graf Zeppelin eine Persönlichkeit ihres Ranges läßt sich herab dem gaffenden Pöbel eine aeronautische Zirkusvorstellung zu bieten.
Graf: Gott Prof was wollen sie das Geld, das leidige Geld, ohne Schmieröl will sagen ohne Moneten läuft auch die Luftfahrt nicht, und die Reklame, vergessen sie Reklame nicht, Märchenhochzeit, Weltpresse, Zeppelin in aller munde, unbezahlbar.
vanDusen: Gewiß Graf gewiß, Ihr Luftschiff wo befindet es sich zurzeit.
Graf: Mein LZ2 Nicht hier im Abteil, das kann ich ihnen flüstern.
vanDusen: Versteht sich Graf, versteht sich bei einer länge von 128 m.
Graf: Durchmesser 11 Meter 70.
vanDusen: 16 Gashöhlen mit einem Gesamtfassungsvermögen von 10400 Kubikmeter.
Graf: In einem starren Gerüst als Aluminium in Form einer Zigarre.
vanDusen: 2 Daimlermotoren von je 85 PS.
Graf: Höchstgeschwindigkeit 42 Stdkm sowas hat die Welt noch nicht gesehen, ich habs vorgeschickt mit meinen Leuten heute wirds gefüllt auf einer wiese vor der stadt staro starodings direkt neben dem königlich kravonischen Gaswerk.
vanDusen: Eine klug gewählte Operationsbasis mein lieber Graf.
Graf: Wissen sie was, Prof kommen sie doch heute abend mal vorbei, gucken sie sich mein lz2 an.
vanDusen: Mit dem größten Vergnügen, mein lieber Graf doch auch die demonstratio ad oculos dürfte wie ich fürchte meine wohlfundierte Ansicht kaum ins wanken bringen.
Graf: Ihre Ansicht, Prof was für eine Ansicht.
vanDusen: Ja haben sie denn meine grundlegenden Studien zur aerodynamischen Theorie der Aeronautik nicht gelesen Graf.
Graf: Tut mir leid, Prof ehrlich gesagt Theorie liegt mir nicht so.
vanDusen: In diesem Falle Graf lassen sie mich in aller gebotenen kürze wiederholen was ich erst kürzlich in Schottland auf Schloß Glenmore auszuführen Gelegenheit fand.
Graf: Bei Sir Hektor McMurdock, erstklassiger Aeronaut der Mann, schade daß er so ein Ende nehmen muße.
vanDusen: Er hat es ganz allein sich selbst zuzuschreiben Graf, die Zukunft so sagte ich wird weder dem unstarren Luftschiff ala santosduma noch dem starren Zeppelin gehören, vielmehr dem Drachenflieger, dem Aeroplan, dem Flugzeug, was war das.
Graf: Ach Radau im Nachbarcoupe, unwichtig, das können sie doch nicht im ernst glauben, Prof der Aeroplan, diese technische Mißgeburt.
vanDusen: Im Nachbarcoupe, in meinem Coupe, Hatch, sie entschuldigen mich Graf.
Hatch: Wie ein geölter Blitz sauste er raus durch den Gang zu unserer Abteiltür und weil die abgeschlossen war, bollerte er wie ein Droschkenkutscher, öffnen sie Hatch, der ansonst so gesetzte so auf seine Würde bedachte, offenbar machte er sich wirklich sorgen um mich, Schaffner, öffnen sie die Tür, sie sind doch im Besitz eines Hauptschlüssel.
Schaffner: Gewiß, mein Herr.
vanDusen: Leer.
Schaffner: Vermissen sie etwas mein Herr.
vanDusen: Das kann man wohl sagen, mein Freund und Begleiter.
Schaffner: Der Herr der aussieht wie König Milan selig.
vanDusen: Eben diesen Schaffner.
Schaffner: Ich hatte sie gewarnt, mein Herr die schwarze Garde, sie hat ihn geholt.
vanDusen: Das ist zu vermuten, doch auf welche weise, ach das Fenster.
Schaffner: Es ist nicht völlig geschlossen mein Herr.
vanDusen: Das seh ich Schaffner und hier am rahmen ein Stückchen Stoff zweifarbig giftgrün und magentarot, diese abstoßende Kombination abstoßender Farben findet sich meines Wissens auf der ganzen Welt einzig und allein an Mr Hatch Reiseanzug.
Schaffner: Sie haben ihn aus dem Fenster gestürzt.
vanDusen: Wohl kaum, wäre es den Schergen der schwarzen Garde lediglich drauf angekommen meinen Freund schnellstmöglich zu töten hätten sie sich keinesfalls die Mühe gemacht ihn zu betäuben.
Schaffner: Betäuben.
vanDusen: Ja mittels Chloroform, ein leichter Hauch der potenten Chemikalie liegt noch immer in der Luft, kein Zweifel, Mitglieder der schwarze Garde drangen durch das Fenster ins Abteil, versetzen Mr Hatch in Bewußlosigkeit und entfernen sich sodann mit ihm wiederum durchs Fenster.
Schaffner: Und weiter übers Dach.
vanDusen: Wohin, nach vorn Richtung Speisewagen und Lokomotive, das ist ausgeschlossen, in diesem Falle hätten sie das Coupe des Graf Zeppelin überqueren müssen und da auch nicht das leiseste Geräusch einer solchen Passage an mein ungewöhnlich empfängliches Ohr drang.
Schaffner: Also nach hinten.
vanDusen: So ist es, Schaffner und was finden wir in dieser Richtung.
Schaffner: Nicht mehr viel, mein Herr, in diesem Wagon nur noch 2 Abteile, eines hat eine alleinreisende Dame belegt, das anders ist das Schaffnercoupe.
vanDusen: Die nächsten Wagen.
Schaffner: Nur noch ein Wagen mein Herr der letzte, der Packwagen.
vanDusen: Der Packwagen, aha folgen sie mir Schaffner.
Schaffner: Wenn sie gestatten mein Herr würde ich es vorziehen hier auf sie zu warten.
vanDusen: Sie weigern sich mich zu begleiten.
Schaffner: Ich wage es nicht, mein Herr sehen sie auf der Plattform vor dem Packwagen steht ein Wächter, in schwarzer Uniform.
Hatch: Davon ließ der Prof sich nicht abschrecken, eiligen Schrittes strebte er dem Packwagen zu, aber schon in Höhe des nächsten Abteils wurde er aufgehalten, eine große schlanke Dame in Reisedress, tief verschleiert, trat ihm den Weg.
Dragina: Prof van Dusen.
vanDusen: Bitte Madam lassen sie mich passieren.
Dragina: Sie sind doch Prof van Dusen, der weltbekannte amerikanische Detektiv.
vanDusen: Kriminologe, bitte Amateurkriminologe.
Dragina: Sie sind es.
vanDusen: Geben sie den Weg frei Madame.
Dragina: Prof van Dusen, ich flehe sie an, helfen sie mir, helfen sie dem unglücklichen Kravonien.
vanDusen: Später Madame später, treten sie zur Seite.
Dragina: Ich verstehe, Prof bevor sie sich meinem Anliegen widmen können, haben sie ein anderes ein vordringlicheres Problem zu erledigen.
vanDusen: Madam bitte.
Dragina: Ich machte einen Vorschlag, Prof ich helfe ihn, und dann helfen sie mir, einverstanden.
vanDusen: Keineswegs Madam sie wissen ja nicht.
Dragina: Zum Packwagen wollen sie Prof, ich gehe voran, halten sie sich dich hinter mir, und vertrauen sie mir.
vanDusen: Aber Madam der Wächter auf der Plattform.
Dragina: Den überlassen nur mir Prof.
Hatch: Damit schlug sie ihren Rock hoch und zog darunter einen gewaltigen Schießprügel hervor eine neunschüssige Armeepistole vom Typ Webley & Scott Kaliber 9 mm, sie öffnete die Tür am ende des Wagens und schoß dem Schwarzuniformierten vor dem Packwagen kaltblütig durchs Herz.
Ah.
Dragina: So ein Schwarzgardist weniger, kommen sie Prof in den Packwagen.
vanDusen: Ja aber.
Dragina: Schnell bevor die andern schwarzen hier sind, meine Webley ist leider recht laut, aber sonst Prof eine ausgezeichnete Waffe, präzise und zuverlässig in allen Lebenslagen sehr zu empfehlen, nun kommen sie schon.
vanDusen: Wie sie wünschen, Madame.
Dragina: Gut so jetzt verrammeln wir die Tür und dann Prof.
vanDusen: Ja Madame.
Dragina: Dann erzählen sie mir was wir hier im Packwagen eigentlich suchen.
Hatch: So geschah es, der Prof ausnahmsweise einmal nicht Herr der Situation sondern zumindest zeitweilig konsterniert fast unverunsichert, schob brav den schweren Innenriegel vor, berichtete seiner mysteriösen Begleiterin kurz was ihn in den Packwagen geführt hatte und hielt dann mit ihr Ausschau, durch ein Fenster am hintern Ende des Wagens fiel diffuses Licht auf Kisten, Kästen, auf Rollen, Ballen, Pakete.
vanDusen: Jedoch kein Assistent, kein Chronist, kein Begleiter, kein Hutchinson Hutch.
Dragina: Wo mag er nur stecken ihr Adlatus.
Hatch: Sind sie das Prof helfen sie mir.
Dragina: Was sagten sie Prof.
vanDusen: Nichts Madame das ist seine Stimme, Hatch wo befinden sie sich.
Dragina: Geben sie laut, Mr Hatch.
Hatch: Hier Prof, hier bin ich.
Dragina: Es kommt aus dieser Ecke hier wo der Sarg steht.
vanDusen: Der Sarg aber natürlich.
Dragina: Sie glauben Prof.
vanDusen: Ich bin sicher Madame helfen sie mir den Deckel zu öffnen, noch einen Augenblick mein lieber Hatch sie werden in kürze frei sein.
Hatch: Ach.
Hatch: Jawohl in einem Sarg hatte ich mich abgelegt meine unmenschlichen Entführer und wer weiß was sie noch alles mit mir vorgehabt hatten, ich stieg aus noch ganz benommen und da fiel mir plötzlich ohne Vorwarnung eine Frau um den Hals und drückte mich leidenschaftlich an ihr wohlgeformtes Herz.
Dragina: Milan geliebter du hier.
vanDusen: Nicht Milan, Madame, bei der von ihren Armen umschlungenen Person handelt es sich ohne jeden Zweifel um den vermißten Mr Hatch.
Hatch: Kann ich voll und ganz bestätigen, verstehen sie mich nicht falsch, gnädigste ich habe nichts gegen Impulsivität aber vielleicht könnten sie mir doch irgendwie erklären.
Dragina: Sogar die Stimme, Milan wie er leibt und lebt, eine gerade zu unglaubliche Ähnlich aber wenn ich sie mir eingehender betrachte, Mr Hatch fällt mir doch der eine oder andere kleine Unterschied ins Auge, Milan hätte nie den Mut einen Anzug von solch exquisiten Schnitt zu tragen, der kühne Ausdruck in ihren stahlblauen Augen sehr sympathisch.
Hatch: Ganz meinerseits.
Schwarzgardist: Im Namen des Königs öffnen sie.
Dragina: Die schwarze Garde.
Hatch: Was jetzt.
Dragina: Wir werden uns verteidigen Mr Hatch bis zum letzten Hauch, bis zur letzten Patrone.
vanDusen: Bei insgesamt noch 8 Patronen in 1 Pistole heroisch aber unvernünftig, in unserem fall wäre Flucht angebrachter oder falls sie dies Wort nicht lieben eine kontrollierte temporäre Absetzbewegung.
Schwarzgardist: Öffnen sie, aufmachen.
Dragina: Sie haben recht, Prof setzen wir uns ab, fragt sich nur wie.
vanDusen: Wir befinden uns im letzten Wagen, Madame falls es uns gelingt ihn vom übrigen Expreß abzukoppeln.
Dragina: Großartige Idee Prof, aber dazu müßten wir die Kupplung erreichen und die ist draußen unter der Plattform, durch die Tür kommen wir nicht, das Fenster.
Hatch: Viel zu klein, da paßt ja nicht mal der Prof durch.
Dragina: Tja schade um ihren schönen Plan, Prof aber sie sehen ja wir kommen nicht raus.
vanDusen: Oh doch Madame es gibt noch eine Hintertür.
Dragina: Eine Hintertür Prof.
vanDusen: Ja die Bodenbretter Madame, zu unserm Glück sind sie von nicht eben imponierender Solidität, werden 2 oder 3 von ihnen herauslösen, tunlichst nah der Tür, durch die so entstanden Lücke wird eine gelenkige Person sich unter die Plattform hangeln und den Stift der Kupplung entfernen, zücken sie Taschenmesser und dann frisch ans Werk.
Hatch: Zu befehl.
vanDusen: Madame würden sie unseren lästigen Belagerern freundlicherweise einen kleinen warnenden Hinweis zukommen lassen.
Dragina: Wird gemacht Prof so und nun lassen sie mich ein Blick aus dem Fenster werfen, aha, könnten sie in etwa einer halben Stunde mit ihrer Arbeit fertig sein, Mr Hatch.
Hatch: Ich tue mein bestes.
Dragina: Wir werden dann die Ausläufer der Matchagora passieren, der finsteren Berge, ich habe da ein ganz bestimmte Stelle im Auge, eine Steigung nach einer scharfen Kurve.
vanDusen: Ich verstehe.
Hatch: Gut für sie Prof, ich verstehe nur Bahnhof.
vanDusen: Das macht nichts, arbeiten sie nur weiter und wenn es an der zeit ist.
Dragina: Gebe ich das Kommando, vertrauen sie mir.
Hatch: Was anders blieb uns ja wohl nicht übrig, gut 20 min wütete ich mit dem Messer wie der Herrgottschnitzer von Oberammergau, dann lief alles nach Plan, die gelenkige Person, Hutchinson Hatch mit namen oder was hatten sie gedacht quälte sich durchs Loch im Boden, an den Beinen festgehalten von der interessanten unbekannten und vom Prof, mit dem Griff eines alten Regenschirms der sich im Packwagen eingefunden hatte, angelte ich nach dem Kupplungsstift, und als ich ihn endlich erreicht hatte, zog ich ihn raus unbemerkt von den Schwarzgardisten auf der Plattform über mir, der Expreß dampfte weiter, die Steigung hoch, unser Wagen rollte zurück, immer schneller, bog um die kurve, zwei Schüsse fielen, und zwei Schwarz-gardisten die sich an die Wagentür geklammert hatten stützten tot auf die Schienen und wir.
Dragina: Wir springen ab, meine Herren.
Hatch: Wenns unbedingt sein muß.
vanDusen: Es muß sein.
Dragina: Vertrauen sie mir, sprung marsch marsch, alles in Ordnung mein Herren.
vanDusen: Ja so scheint es, Madame was ist mit ihnen Hatch.
Hatch: Was soll sein Prof mir geht bestens, man hat mich bebombt, verbrüht, beschossen, chloroformiert, eingesargt, dann mußte ich als Holzhacker schuften, eine akrobatische Einlage geben, mich kopfüber in die Brennessel stürzen und wer weiß was jetzt noch alles kommt.
Dragina: Wir schlagen uns in den Wald, meine Herren folgen sie.
vanDusen: Wohin, Madame.
Dragina: Ich kenne den Weg, vertrauen sie mir.
Hatch: Ab durch den Wald, falls man diese verfilzte Wildnis überhaupt Wald nennen konnte, das war eher ein Dschungel, voll von knorrigen Bäumen, krummen Wurzeln, dichtem Unterholz, Bären und Wölfe sollte es hier übrigens auch noch geben, nach einem Gewaltmarsch von mehreren Stunden tauchte zwischen Blättern und Ästen ein roter Giebel auf, zu dem Giebel gehörte ein Anwesen, ein großes Haus mit ein paar Nebengebäude, unsere Führerin öffnete die Tür und betrat eine mit schwerem Eichenmöbel ausgestattete Halle, auf den Boden lagen Bärenfälle, Hirschgeweihe hingen an den Wänden.
Dragina: Treten sie näher, meine Herren, vertrauen sie mir.
vanDusen: Ein Jagdschloß wie ich vermute.
Hatch: Eher ein Hexenhaus, und wir beide sind Hänsel und Gretel.
vanDusen: Seien sie doch nicht töricht.
Diener: Hoheit haben geläutet.
Dragina: Bring uns einen Imbiß für 4 Personen.
Diener: Für 4 Personen sehr wohl Hoheit.
Hatch: Ein Imbiß, der erste positive Programmpunkt in dieser strapaziösen Geschichte, es kam noch besser, als wir uns zu Tisch setzen, schlug die unbekannte den Schleier zurück und demaskierte sich als gutaussehende junge Frau, was sage ich, gutaussehend, schön war sie wunderschön, schön über alle Maßen, ich über-treibe nicht, ich weiß, was ich sage, schließlich habe ich sie wenig später geheiratet.
Dragina: Hier sind wir vorerst in Sicherheit meine Herren, im alten Jagdschloß meines Geschlechts, umgeben von einer treuer Dienerschaft, ich bin Prinzessin Dragina Kralowitz.
vanDusen: Aha, Ihr Name Hoheit ist mir nicht unbekannt, werden sie sich nicht morgen mit König Bolko von Kravonien vermählen.
Dragina: Nein Prof das werde ich nicht, mein Herz gehört König Milan, ihn bin ich seit frühester Jugend verlobt, ihn werde ich heiraten.
Hatch: König Milan aber der ist tot.
Dragina: Meinen sie Mr Hatch.
Milan: Ach endlich teuerste, wurde auch Zeit, wer sind diese Subjekte.
Hatch: Ein Mann trat aus dem Wandschrank und dieser Mann war ich, dasselbe Gesicht, dieselbe Statur, mein Spiegel- und Ebenbild.
vanDusen: Eine erstaunliche Ähnlichkeit königliche Hoheit, in der tat nicht nur Größe Figur und Gesichtszüge meines Assistenten entsprechen dem ihrigen in einem so hohen Maß daß der Betrachter doppelt zu sehen glaubt, auch was Stimme und Tonfall betrifft ist Hatch ihr Doppelgänger, obgleich bei gründlicherer Observation ihre Ausdrucksweise königliche Hoheit ein wenig gemessener erscheint und sich insofern von der meines guten Hatch unterscheidet, welcher gelegentlich eine beklagenswerte Neigung zum vulgären ja aufweist, König Milan von Kravonien lebt also noch, diese Tatsache wirft Licht auf bislang dunkle Zusammenhänge.
Milan: Natürlich lebe ich sehn sie doch.
Hatch: König Milan war nicht durch Jagdunfall umgekommen, er war entführt worden von der schwarzen Garde im Auftrag Bolkos, während eine passende Leiche feierlich bestattet wurde, steckte der echte Milan in den finsteren Kasematten einer einsamen Burg tief in der Wildnis als geheimer Staatsgefangener auf Lebenszeit, aber einer der Wächter stand auf Milans Seite, und verhalf ihm in der vorigen Nacht zur Flucht, Milan gelang es Dragina zu erreichen, und die versteckte ihn in ihrem Jagdschloß, die schwarze Garde hielt Hutchinson Hatch für den entflohenen und schoß sich auf ihn ein, Dragina hatte derweil incognito den Orientexpreß bestiegen.
Dragina: Um sie zu konsultieren Prof, ich hatte gehört sie würden in Staropol erwartet, das weitere kennen sie.
vanDusen: In der tat Hoheit und was kann ich für sie tun.
Dragina: Zweierlei, meine Hochzeit mit Bolko verhindern und Milan wider auf den kravonischen Thron setzen.
vanDusen: Ihr Vertrauen in meine Fähigkeiten ehrt mich, Hoheit, daß ich als amerikanischer Staatsbürger keine große Neigung verspüre mich auf innenpolitische Auseinandersetzungen in Kravonien einzulassen.
Dragina: Das spielt jetzt keine Rolle mehr Prof sie stecken längst in der Sache drin, sie und vor allem ihr freund Mr Hatch, außerdem Recht und Moral sind auf unserer Seite.
vanDusen: So scheint es, Hoheit nun gut, Prof van Dusen steht zur ihrer Verfügung.
Milan: Na also, sie da Hatch oder wie heißen, drehen sie sich um, will ihr Gesicht nicht sehen, macht mich nervös.
Hatch: Bitte sehe ich eben die Prinzessin an, ist mir sowieso lieber.
Milan: Was meine Braut anglotzen, unterstehen sie sich.
Hatch: Dürfe ich königlicher Hoheit ergebens vorschlagen sich möglichst schnell in dero Wandschrank zu verziehen.
Milan: Impertinentes Subjekt.
vanDusen: Königliche Hoheit, mein lieber Hatch ich bitte sich nicht in läppische Kontroversen zu ergehen, vielmehr ihre Konzentration den vor uns liegenden von der Prinzessin so bewundernswert knapp umrissenen schwierigen Aufgabe zu widmen.
Hatch: Wir waren uns einig, König Milan mußte nach Staropol, wie das war die große Frage, die Hauptstadt Kravoniens war von der schwarzen Garde abgeriegelt, alle die in die Stadt wollten wurden genau überprüft, so ging das also nicht.
Milan: Dann eben anders, Prof van Dusen sie sind doch so ein großer Denker, sogar Denkmaschine, denken sie sich was aus.
vanDusen: Das ist bereits geschehen königliche Hoheit.
Dragina: Wunderbar, Prof was für eine Hintertür haben sie denn diesmal.
vanDusen: Keine Hintertür, Hoheit ich öffne ihrem Verlobten ein immenses Portal, würdig eines Monarchen.
Dragina: Ach und wo Prof.
vanDusen: In der Luft Hoheit.
Hatch: Aber ja Graf Zeppelin.
vanDusen: Sehr gut mein lieber Hatch.
Milan: Luft, Zeppelin verstehe kein Wort.
Hatch: Der Prof erkärte seinen Plan, ein typischer van dusen Plan, durchdacht fehlerfrei logisch ausgefeilt, Prinzessin Dragina war hingerissen, und was meint König Milan.
Milan: Total unmöglich, Luftschiff, abseilen, viel zu unsicher, lebensgefährlich, wenn mir was passiert, was wird dann aus Kravonien, außerdem werde ich seekrank, luftkrank sicher auch.
Dragina: Oh Milan geliebter wie kannst du nur so kleinmütig sein, das ist doch eine wunderbare Lösung, die Prof van Dusen sich ausgedacht hat, vom Himmel hoch.
Milan: Wenn dir die Sache so gut gefällt, flieg du doch mit dem Luftschiff über Staropol, und laß du dich am Seil runter.
Dragina: Aber Milan du weißt doch, nur einer kann das tun du, der rechtmäßige König den unser Volk liebt.
Milan: Ich, denke nicht daran, ohne mich.
vanDusen: Bedenken sie königliche Hoheit dies ist der einzige Weg zum angestammten Thron ihrer Ahnen.
Milan: Ist mir egal, niemals.
Hatch: Alles bitten und barmen nutzte nichts, ob Milan ein guter König war oder nicht, eins war er mit sicherheit, ein Angsthase, was nun.
vanDusen: Nur einer kann das tun, der rechtmäßige König den das Volk liebt, warum nicht auch eine Person, welche dem rechtmäßigen König zum verwechseln ähnelt.
Hatch: Moment mal.
Dragina: Großartig Prof, Mr Hatch in vollem königlichen Wichs.
Hatch: Also da hab ich ja wohl auch noch ein Wort mitzureden.
Dragina: Ach Mr Hatch, Ich weiß sie werden es tun, ihr kühnes Auge sagt ja, ihre Tollkühnheit die sie heute so oft unter beweis gestellt haben.
vanDusen: Nur Mut mein lieber Hatch.
Dragina: Kravonien wird ihnen dankbar sein, ich werde ihnen dankbar sein bitte Hutchinson.
Hatch: Ok, ehe ich mich schlagen lasse.
Milan: Was, dieser unverschämte Amerikaner soll als König Milan auftreten Majestätsbeleidigung.
Dragina: Halt lieber den Mund Milan oder hast du es dir anders überlegt, du bleibst hier bis alles vorbei ist im Wandschrank damit dir ja nichts passiert, in einer Stunde fahre ich nach Staropol, sie kommen mit, Mr Hatch und sie natürlich auch Prof, vor der Stadt setze sie ab auf der Wiese beim Luftschiff.
Hatch: Die Dunkelheit brach herein als wir van Dusen und ich uns im Zelt des Grafen Zeppelin melden ließen, der Prof verlor kein Zeit, er schilderte dem berühmten Aeronauten kurz den Sachverhalt und machte ihm klar was er von ihm erwartete.
Graf: Mein LZ2 für einen Staatsstreich, nein nein nein nein das ist nicht drin, Prof, Graf Zeppelin ist kein Umstürzler.
vanDusen: Nicht um Staatsstreich geht es, mein lieber Graf, nicht um einen Putsch oder gar einen Umsturz, im Gegenteil es gilt dem legitimen König des Landes welcher durch eine heimtückische Intrige der Krone beraubt wurde wieder auf den ihm zustehenden Thron zu setzen.
Graf: Wenn das so ist Prof.
Hatch: Soweit die politisch moralische Seite Graf, aber sehen sie die Sache doch auch mal praktisch, zwei Superknüller auf einmal, Fürstenhochzeit und Auferstehung des toten Milan, Schlagzeilen von Nordpol bis Feuerland, Reklame Graf Reklame.
vanDusen: Und ihre Luftschiff mein lieber Graf wird in dieser höchst aufsehend erregenden Affäre die unbestrittene Hauptrolle spielen.
Graf: Ja dann.
Hatch: Am nächsten Morgen in Staropol, die Sonne schien auf den großen Platz zwischen Schloß und Kathedrale, auf Fahnen und Transparente, auf gedrängte, festlich gekleidete Kravonier, und die eine oder andere schwarze Uniform, die aufpaßte, daß das Volk nicht auf dumme Gedanken kam, über den bunten Panorama brummte majestätisch das Luftschiff des Grafen Zeppelin, warf Konfetti ab, und zog ein Spruchband hinter sich her, worauf stand Glück und Segen dem hohen Paar, auf der Plattform vor dem Tor der Kathedrale war weithin sichtbar ein Altar aufgebaut, davor standen drei Menschen, der Patriarch von Staropol, dann ein dicklicher junger Mann im Hermelinumhang, eine Krone auf dem Kopf, das war natürlich König Bolko und Dragina, meine wunderschöne Dragina in einem langen weißen Kleid aus Atlas und Spitzen.
Patriarch: Wollen sie königliche Hoheit Bolko der erste von Kravonien die hier anwesende Prinzessin Dragina Kralowisch zur Gemahlin nehmen, sie lieben und ehren bis daß.
Bolko: Schon gut jawohl ich will.
Patriach: Wollen sie Hoheit Dragina Kralowitsch den hier anwesenden König Bolko.
Dragina: Nein.
Patriarch: Bitte Hoheit.
Dragina: Ich will nicht, Eminenz, Bolko hat weder ein Recht auf meine Hand noch auf den Thron von Kravonien, beide gehören König Milan.
Patriarch: Milan ist verschieden Hoheit.
Dragina: Nein, Eminenz schauen sie nach oben, dort steigt er nieder aus des Himmels Höhen.
Hatch: So war es, meine Damen und Herren, er schwebte herunter der gute König alias Hutchinson Hatch, aus der Gondel des Luftschiffs ließen die Mannen des Grafen Zeppelin langsam zwei Seile herab, die unten durch eine Stange verbunden war, auf dieser Stange saß ich in prächtigen rotweißgoldenen Uniform die Dragina noch schnell hatte nähen lassen, mit der linken Hand klammerte ich mich fest, mit der rechten winkte ich meinem Volk zu so huldvoll ich konnte, schließlich habe ich nicht König gelernt, und aus der Gondel tönte gewaltig die Stimme der Geschichte, Prof van Dusen mit Megaphon.
vanDusen: Volk von Kravonien sieh hier deinen wahren Monarchen, König Milan, er kommt seinen Thron wieder einzunehmen dem Neid und Bosheit ihm geraubt haben, nieder mit dem Usurpator Bolko, es lebe König Milan.
Hatch: Das Volk von Kravonien war begeistert und schrie sich heiser, die schwarze Garde wußte nicht was tun sollte und Exkönig Bolko machte ein ausgesprochen dummes Gesicht was in erster Linie darauf zurückzuführen war daß seine Exbraut ihm ihre Webley und Scott in die Rippen gerammt hatte, deshalb blieb ihm auch nichts anders übrig, als seinen Schwarzgardisten zähneknirschend zu befehlen die Waffen niederzulegen, König Milan hatte gesiegt, ohne Kampf, ohne Blutvergießen, übrigens war er inzwischen auf festem Boden gelandet und am überlegen wie er möglichst schnell Uniform und Rolle loswerden könnte, als die Dinge eine plötzliche unerwartete Wendung nahmen.
Patriarch: Das Volk, Majestät es verlangt, daß die Trauung stattfindet, König Milan und Prinzessin Dragina sollen auf der stelle heiraten, das Volk besteht darauf.
Hatch: Aber.
Dragina: Sie müssen mitspielen sonst werden sie mißtrauisch, der Wunsch unseren teuren Volkes spricht uns aus dem Herzen, nicht wahr Milan geliebter, walten sie ihres Amtes Eminenz.
Patriarch: Mit freunden Hoheit, Musik.
Hatch: So kam es daß wir feierlich vom Patriarchen getraut wurden, Prinzessin Dragina und ich, vor der Kathedrale von Staropol, inmitten des jubelnden Volkes von Kravonien. Am nachmittag dieses ereignisreichen Tages in den königlichen Gemächern.
Dragina: O Hutchinson sie waren wunderbar, jeder Zoll ein König.
Hatch: Ein guter kriminologischer Assistent muß eben alles können, Prinzessin trotzdem bin ich froh, wenn ich klammheimlich aus dem Schloß verschwinden und an König Milan übergeben kann, bin gespannt was er zu unserer Hochzeit sagt.
Dragina: Gehen sie nicht, Hutchinson.
Hatch: Was war das.
Dragina: Bleiben sie, als mein Gemahl als König Milan.
Hatch: Ja aber der echte Milan.
Dragina: Kommt ohne aufsehen zurück in die Kasematten zusammen mit seinem Bruder, dafür werde ich sorgen, er meint es gut ich weiß aber ich kenn ich jetzt, er ist ein Schwächling, sie Hutchinson haben ein ganz anderes Format, sie werden Kravonien und mich glücklich machen, bleiben Sie, Hutchinson, bleiben sie bei mir, ich beschwöre sie.
vanDusen: Dennoch haben sie sich entschlossen, Kravonien mit mir gemeinsam den Rücken zu kehren, sehr vernünftig mein lieber Hatch.
Hatch: Vernünftig, ich weiß nicht, Prof hätte ich vielleicht doch bleiben sollen, diese Prinzessin Dragina ist eine tolle Frau, mindestens so energisch wie sie, Prof, aber viel viel schöner.
vanDusen: Das will ich neidlos konzedieren mein lieber Hatch.
Hatch: Und dann, Majestät, königliche Hoheit, das hat doch was.
vanDusen: Aber mein lieber Hatch, wer will schon König von Kravonien werden, wenn ihm das Schicksal ein weitaus besseres Los beschieden hat.
Hatch: Was meinen Sie Prof.
vanDusen: Sie sind Assistent, Chronist und Begleiter von Prof DrDrDr Augustus van Dusen mein lieber Hatch was wollen sie mehr.
Hatch: Ach.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
König Milan von Kravonien: Klaus Herm
Prinzessin Dragina: Marietta Bürger
Graf Zeppelin: Jürgen Thormann
Schaffner im Orient-Expreß: Bernd Ludwig
Patriarch von Staropol: Herbert von Boxberger
Kellner/Schwarzgardist: Konstantin Netzband
Diener: Gerd Holtenau
König Bolko von Kravonien: Klaus Jepsen
Michael Koser: Prof. van Dusen spielt Weihnachtsmann (RIAS 1989)
vanDusen: Denn dies, mein lieber Hatch, steht doch wohl gänzlich außer Zweifel, das neue Jahrhundert, welches nun mehr Einlaß heischend vor der Tür steht.
Hatch: Vor der Tür, aber das neue Jh. ist doch schon da, Prof, seit fast 1 Jahr.
vanDusen: Hm Sie irren wie alle Welt irrt, das 20.Jh. beginnt nicht mit dem Jahr1900, bei diesem handelt es sich vielmehr um das letzte Jahr des 19. Jh sondern mit dem Jahr 1901, es wird also in genau 8 Tagen und wie spät ist es.
Hatch: 7 Min. nach 9.
vanDusen: Es wird also in 8 Tagen, 2 Std. und 53 Min. anbrechen, und es wird ein Jh. der Wissenschaft sein, ein Jh. der Technik, ein Jh. des Fortschritts.
Hatch: Ich hatte Prof v. Dusen im chem. Institut der Uni. besucht wo er wie jedentag bis in den Abend gearbeitet hatte und jetzt wanderten wir durch dunkle verschneite Straßen zu ihm nach Hause, es war am, aber das könnten sie sich eigentlich selbst ausrechnen meine Damen und Herren, falls sie zur schnellen Truppe gehören und eben gut aufgepaßt haben, na nicht, machen sie sich nichts draus, wir können nicht alle Genies sein, also es war am 23. Dezember 1900 abends kurz nach 9, wie gesagt wir wanderten, van Dusen redete und ansonsten war alles still, oder doch nicht.
vanDusen: Seien Sie überzeugt, in 100 Jahren wird es keine Krankheiten mehr geben, keine Kriminalität, keine Kriege, alle politischen, alle sozialen Probleme werden gelöst sein, die Wissenschaft.
Hatch: Seien sie mal einen Moment still.
vanDusen: Sie wollen mir den Mund verbieten, wie ich mich soeben zu bemerken anschickte als ich von ihnen unterbrochen wurde, ist es die Wissenschaft.
Hatch: Entschuldigen sie Prof daß ich ihnen den Mund nicht nur verbiete sondern auch gleich noch zuhalte, aber da schleicht einer hinter uns her, hören sie, Schritte, leise vorsichtige Schritte, jetzt halten sie an.
vanDusen: Ein Straßenräuber.
Hatch: Werden wir gleich feststellen, gehen sie weiter Prof.
vanDusen: Was haben sie vor mein lieber Hatch.
Hatch: Ich schob den Prof um die nächste ecke, drückte mich daneben an die Hauswand und wartete, nicht lange, ein paar Sekunden, dann kam er angeschlichen unser Verfolger, ich griff ihn mir und verpaßte ihm einen Kinnhaken Marke Hatch.
Caruso: Au.
Hatch: So und jetzt ab mit dem Kerl zum nächsten Polizeirevier.
vanDusen: Die Mühe können sie sich sparen.
Hatch: Wieso.
vanDusen: Weil sich die Polizei bereits an Ort und Stelle befindet, sehen sich ihr Opfer genauer an, das ist doch, Caruso ganz recht.
Hatch: Detective Sergeant Caruso, Leuchte der Kripo, Schrecken der Unterwelt, sie sind also hinter uns hergeschlichen, Caruso.
Caruso: Aber deshalb brauchen sie mich doch nicht gleich halb tot zuschlagen.
Hatch: Tut mir schrecklich leid, Caruso würde ich sagen wenn ich höflich wäre, aber da ich ehrlich bin, Hatch, lassen wir das.
vanDusen: In der tat lassen wird das, ein bedauerliches Versehen welches sie sich weitestgehend selbst zuzuschreiben haben, Caruso, aus welchem Grund und zu welchem Zwecke sind sie uns gefolgt.
Hatch: Oder anders ausgedrückt welche Tatsache verdankt meine Faust den Vorzug mit ihrem schlecht rasierten Kinn in Kontakt gekommen zu sein.
Caruso: Ich wollte ihnen fröhliche Weihnachten wünschen, Prof.
vanDusen: Sehr aufmerksam mein lieber Caruso wenn auch ein wenig verfrüht, nehmen sie auch von mir die besten Wünsche anläßlich der bevorstehenden Festtage entgegen und leben sie wohl, kommen sie Hatch.
Caruso: Augenblick Prof, laufen sie doch nicht gleich wieder weg ich wollte.
Hatch: Uns auch noch ein glückliches neues Jahr wünschen, sehr nett Caruso.
vanDusen: Sie haben ein Anliegen Caruso.
Caruso: Ja wissen sie Prof wie soll ich mich ausdrücken.
Hatch: Wie wärs denn damit, ich habe einen Fall, ich komme nicht weiter, ich weiß nicht aus noch ein, ich flehe sie an, Prof van Dusen, helfen sie mir, bitte bitte.
Caruso: Sehen sie Prof, deshalb hab ich sie nicht gleich angesprochen als sie aus der Uni kamen und bin ihnen erstmal nachgegangen weil sie Mr Hatch bei sich hatten und sie wissen doch wie der immer zu mir ist.
Hatch: Wir sind gute alte Feinde Caruso und ich, seit dem Fall des fliegenden Holländers, der übrigens auch van Dusens erster Fall war, ich darf mich kurz vorstellen, Hutchinson Hatch mein Name, Journalist um nicht zu sagen Starreporter beim DailyNewyorker, ansonsten Chronist Assistent und Begleiter von Prof van Dusen, sie wissen doch der Typ der hinter dem genialen Kriminologen hertrottelt, ihm seine Sachen schleppt und von tuten und blasen keine Ahnung hat.
vanDusen: Durchaus zutreffend formuliert, mein lieber Hatch wenn auch wie es nun einmal ihre Manier ist, ein wenig salopp, zu ihnen Caruso, was gibt es, ein unmögliches Verbrechen, vielleicht gar ein rätselhaften Mord im hermetisch verschlossenen Raum.
Caruso: Das nicht Prof, aber unmöglich ist die Sache schon, kein Mensch weiß wie Lady Liberty verschwunden ist, ein Rätsel.
vanDusen: Lady Liberty, eine Dame der Gesellschaft.
Caruso: Prof, Sie kennen Lady Liberty nicht, mein Gott wo leben sie denn.
Hatch: In den Wolken Caruso wie alle Genies, Lady Liberty ist keine Dame, Lady Liberty ist ein Stein, aha, ein Edelstein, ein Diamant, und der ist offenbar verschwunden, geklaut Caruso.
Caruso: Sieht ganz so aus, Mr Hatch.
vanDusen: Ein schlichter Juwelendiebstahl also, kein Fall für Prof van Dusen.
Hatch: Schlicht, ein Diamant von fast 250 Karat.
Caruso: Der größte und teuerste Klunker in den ganzen vereinigten Staaten Prof.
Hatch: Falls sie an den Maßen und sonstigen Details der Lady interessiert sind, kugelförmig, farblos, mit leichtem Blauschimmer von reinstem Wasser, Gewicht 243 Karat, runde 50 Gramm, Durchmesser etwa 3einhalb cm, ein Geschenk von Pedro dem zweiten Kaiser von Brasilien an das amerikanische Volk, zum 100jährigen Jubiläum der Unabhängigkeit 1876, daher der Name, aufbewahrt im Metropolitan Museum of Art, Wert unschätzbar, Millionen.
vanDusen: Und wenn es sich um Milliarden handelte, der Fall ist und bleibt trivial sofern er dem erfahrenen und nunja verwöhnten Kriminologen nicht gewisse ausgefallene extraordinäre Elemente zu offerieren hat.
Caruso: Aber das ist es doch gerade, das drum und dran, wenn das nicht ausgefallen ist, Zauberei, Tricks, Magie, hokus pokus.
vanDusen: Was sie nicht sagen Caruso, erklären sie sich näher.
Caruso: Aber gern Prof also.
vanDusen: Nicht hier die offene Straße ist wohl kaum der rechte ort für kriminologische Berichterstattung, folgen sie mir, und was sie betrifft.
Caruso: Vielleicht hat Mr Hatch ja wo anders zu tun.
Hatch: Oh Mr Hatch denkt gar nicht daran, ich werde mir ihre neueste Blamage nicht entgehen lassen, alter Freund, außerdem bin ich der Begleiter von Prof van Dusen deshalb.
vanDusen: Begleiten sie mich, einverstanden sofern sie es meinen Gast nicht an der gebotenen Zurückhaltung fehlen lassen.
Hatch: Eine halbe Stunde später saßen wir in van Dusens Salon im Erdgeschoß seines zweistöckigen Backsteinhauses in der 35. Straße West Manhattan, nach dem aufregenden Nachtmarsch stärkten wir uns mit Whisky bzw im Fall des Prof mit Sodawasser und Caruso berichtete, so wie es sich gehörte, präzise detailliert und von Anfang an.
Caruso: Weiß ich doch Prof, also angefangen hat die Geschichte mit Mr Elliot, oder von mir aus mit Dr Miracel das ist nämlich Elliots Künstlername, so nennt er sich wenn er auf der Bühne seine faxen macht.
Hatch: Damit sie das unqualifizierte Gerede des guten Caruso nicht länger als nötig über sich ergehen lasen müssen, schalte ich mich besser wieder ein, James William Elliot alias Dr Miracel war kein anderer als der weltberühmte Zauberkünstler, der unbestrittene Großmeister der Magie in Amerika.
Caruso: Soll ja sein Mr Hatch, jedenfalls ist dieser Elliot der Obermacker in so nem ulkigen Verein von Zauberern oder Gauklern oder Taschenspielern was weiß ich, Zirkusvolk, wissen sie, windige Typen.
Hatch: Caruso meinte das magische Hexagramm, einen hochexklusiven Club hochkarätiger Zauberkünstler, wie der Name schon sagte bestand das Hexagramm aus ganzen 6 Mitgliedern, wer dazugehörte war absolute magische Spitze und darum hatte jeder auch nur einigermaßen renommierte amerikanische Zauberer den Wunsch, in den elitären 6er club aufgenommen zu werden, das war nicht leicht, denn nur wenn ein Mitglied gestorben war, berief der Präsident, das heißt Elliot, in einsamer Entscheidung ein neues, jetzt hatte vor ein paar Wochen der große Lafayet zum unwiderruflich letzten mal eine Jungfrau zersägt, sein Platz im Hexagramm war frei und Elliot wußte nicht, wen er draufsetzen sollte, er hatte nämlich 3 gleichwertige Kandidaten.
Caruso: Ich hab sie mir aufgeschrieben, ja hier Richard Blaine Bühnenname Voltini, Spezialität Karten und Münzen, dann Bombasto grandioso alias Peter Paul Pudel, Namen haben manche Leute.
Hatch: Es kann nicht jeder Rigoletto Caruso heißen.
Caruso: Der dritte Kandidat ist eine Kandidatin, heißt Elison Bishop, tritt auf als Laila, Königin der Nacht, Gedankenlesern.
Hatch: Kenn ich, die anderen beiden auch, habe sie alle gesehen im Madison Square Garden, im Vanity Fair, im Circus Barnum und Baily.
vanDusen: Wie überaus interessant, haben sie die Güte den Referenten im weiteren Verlauf nicht mit derartigen Belanglosigkeiten zu unterbrechen, danke, fahren sie fort.
Caruso: Wie gesagt die drei waren in der Zauberei etwa gleich gut.
Hatch: Kann ich voll und ganz bestätigen.
Caruso: Und Elliot konnte sich für keinen entscheiden, da hatte er eine Idee, genauer gesagt jemand brachte ihn auf was, ein Freund, der Direktor des Metropolitan Museum oft Art, ein gewisser Franklin S Krauthaus, der zaubert übrigens auch, aber nur als Amateur und nicht sehr gut hab ich mir sagen lassen, es muß so eine Woche her sein, da saßen die beiden zusammen an der Bar von Hofmanhaus, da wo sie auch immer hingehen Mr Hatch.
Hatch: Nur kein Neid.
Caruso: Also sie saßen und brüteten was aus, ein richtige Schnapsidee.
Krauthaus: Drei Göttinnen paradierten vor Paris, dem trojanischen Königsohn, sie kennen die Geschichte und Paris gab den Apfel der Schönsten, auf ihr Problem übertragen heißt das, sie geben ihren Apfel, die vakante Mitgliedschaft im magischen Hexagramm dem besten der drei Zauberkünstler.
Elliot: So weit bin ich selbst Krauthaus, aber wer ist der beste.
Krauthaus: Das müssen sie feststellen Elliot.
Elliot: Und wie.
Krauthaus: Durch einen Test, eine Probe, eine Prüfung, stellen sie den drei eine Aufgabe, wer sie am besten löst, kriegt Lafayets Platz in Hexagramm.
Elliot: Eine Aufgabe, ich könnte zum Beispiel von den Kandidaten verlangen daß sie irgendein ein Objekt zum verschwinden bringen, eskamotieren.
Krauthaus: Ohne mechanische Tricks, ohne maschinelle Hilfsmittel nicht schlecht, die Frage ist was für ein Objekt.
Elliot: Es müßte schon was besonderes sein, keine Taube, kein Kaninchen, sowas wie wie die Freiheitsstatue.
Krauthaus: Viel zu unhandlich, wir wärs statt dessen mit lady liberty.
Elliot: Ihr berühmter Diamant, Krauthaus, und den würden sie zur Verfügung stellen.
Krauthaus: Wenn es der Magie dient, aber da das gute Stück nicht mir gehört, sondern dem Museum, das heißt dem Staat müßte ich natürlich für gewisse Sicherheitsvorkehrungen sorgen.
Elliot: Versteht sich.
Krauthaus: Ich kenne John Delamir den Kripochef, ich werde mit ihm reden und ihn bitten uns einen kriminalistischen Experten abzustellen.
Hatch: Und da hat er sie ausgesucht Caruso, kein Wunder daß sie Sache schiefgegangen ist, Hatch.
Caruso: Aber das war doch nicht meine Schuld, ich hab alles getan.
vanDusen: Sie greifen vor, darf ich sie ersuchen in chronologischer Ordnung zu referieren, vor allem jede Abschweifung privater natur zu unterlassen, aber Mr Hatch wird seinen Sarkasmus zügeln oder diesen Raum verlassen, weiter.
Caruso: Ja also heute vormittag um 9 da sollte diese Prüfung über die Bühne gehen, im Museum wo Krauthaus einen Raum hergerichtet hat, im Erdgeschoß hinten im Verwaltungstrakt, nicht weit von seinem Büro, ich hab ihn persönlich unter die Lupe genommen den Raum heute früh bevor die Geschichte losging, jeden qcm hab ich abgeklopft, ich kann ihnen sagen, keine Möglichkeit, aber auch nicht die allerkleinste irgendeinen faulen Trick abzuziehen.
vanDusen: Wenn sie das meinen, wie sieht der Raum aus, geben sie mir ein Beschreibung.
Caruso: Sehrwohl, nicht sehr groß, ca 5 mal 6 meter, zwei Türen, eine zum Gang, die andere zu einem Kabuff, kaum größer als ein Wandschrank, ein Fenster verriegelt und vergittert mit blick auf den central park.
vanDusen: Möbel.
Caruso: Kein stück, nur ein kleines hochbeiniges Pult für lady liberty.
vanDusen: Wände Boden Decke.
Caruso: Alles nackt und kahl, kein Teppich, kein Bild, kein Vorhang, keine Falltür, kein doppelter Boden, nichts, null komma nix.
vanDusen: Unterstellen wir daß sie bei ihrer Untersuchung gründlich und gewissenhaft vorgingen.
Caruso: Das können sie unbesehen, ich bin vielleicht kein Geistesriese.
Hatch: Hört hört.
vanDusen: Hatch.
Caruso: Aber wie man einen Tatort auf den Kopf stellt, das hab ich gelernt.
vanDusen: Davon bin ich überzeugt, kommen wir nun zum eigentlichen krimi-nologischen Geschehen, die drei Prüfungskandidaten erschienen wie ich annehme.
Caruso: Pünktlich um neun, mit Mr Elliot, Mr Krauthause war natürlich schon früher da um mich und meine Leute reinzulassen, ihre Leute, zwei hatte Delamir zugeteilt, Wachtmeister Dalles vom nächsten Revier und Wärterin Denver aus dem Frauen-gefängnis, die drei Kandidaten mußten natürlich durchsucht werden und weil eine Dame dabei war, haben wir für sie eine weibliche Amtsperson vorgesehen, wir von der new yorker Polizei legen nämlich allergrößten wert auf Anstand und Sittlichkeit.
vanDusen: Gewiß, gewiß, die Prüfungskandidaten wurden also einer Leibesvisitation unterzogen.
Caruso: Jawohl im Kabuff, nacheinander.
vanDusen: Mit welchem Ergebnis.
Caruso: Astrein alle drei, keine Gummibänder, Federn oder sonst irgendwelche Trickapparaturen, was geschah dann, dann ging Mr Krauthaus mit Mr Elliot und mir über den Gang in sein Büro, gestern abend als das Museum zumachte, hatte Mr Krauthaus nämlich lady liberty aus dem Ausstellungsraum geholt und in sein Safe gebracht, jetzt schloß er den Safe auf, holte das Glaskästchen mit dem Stein raus.
vanDusen: Sind sie sicher, daß es sich dabei wirklich um den wertvollen Diamanten handelte.
Caruso: Klar war das lady liberty, Aussehen, Größe Gewicht alles stimmte, haargenau.
vanDusen: Sie haben den Stein gewogen.
Caruso: Ja mit einer Goldschmiedswaage die Mr Krauthaus auf seinem Schreibtisch stehen hatte, es sollte auch nicht der kleinste Verdacht aufkommen daß es sich nicht um die echte lady handelte, weil der hochkarätige test auch die passende hochkarätige Aura haben sollte, hat Mr Elliot gesagt, danach kam lady liberty wieder in den Kasten auf ihr dunkelblaues Samtkissen, und ich schleppte die gesamte Geschichte über den Gang ins Prüfungszimmer und da setzte ich den Kasten auf den Pult ab und stelle mich am Fenster, Denver und Dallas blieben auf dem Gang vor der Tür, alles gesichert, alles unter Kontrolle.
vanDusen: Lobenswerte Organisation.
Caruso: Nicht wahr Prof und trotzdem, na sie werden es ja gleich hören, alle andern standen um das Pult herum, Mr Elliot sah auf seine Uhr.
Elliot: Verehrte Anwesende darf ich um ihre Aufmerksamkeit bitten, es ist nunmehr 10 Uhr, wenn die Uhr über dem Haupteingang des Museums die 10 stunde schlägt beginnt ihre Prüfung, Kollege, es gilt sie wissen es, diesen wunderschönen und überallemaßen wertvollen Diamanten genannt lady liberty vor unsren Augen verschwinden zu lassen, eine schwere Aufgabe, gewiß, doch bedenken sie, es winkt ein hoher Preis, die Mitgliedschaft im magischen Hexagramm, sie, Kollegen, sind die engere Wahl gezogen worden, die Hand ist schneller als das Auge, beherzigen sie diese hohe Maxime unserer edlen Kunst, hören sie die Uhr schlägt, möge die oder der beste gewinnen, viel Glück.
Pulaski: Ah.
Caruso: Was ist da los.
Eine Frau. Mit einer Pistole. Sie schießt. Jetzt läuft sie ins Gebüsch.
Caruso: Sie ist weg.
Elliot: Und nicht nur sie, Detective Sergeant.
Caruso: Lady liberty, der Kasten ist leer.
Caruso: Nur eine Sekunde, nur eine einzige Sekunde hatten wir den Diamanten aus den Augen gelassen und schon war er verschwunden, spurlos.
vanDusen: So und was taten sie Caruso.
Caruso: Erstmal ging ich zur Tür und schickte Dallas und Denver raus in den Park hinter der Frau mit dem Schießeisen her, war doch ein komischer Zufall daß die gerade um 10 und ausgerechnet vor unserem Fenster ihre Show abzog.
vanDusen: Sie sagen es.
Hatch: Und haben ihre beiden Trabanten sie erwischt.
Caruso: Leider nicht Mr Hatch.
vanDusen: Das ist bedauerlich, die Aussage besagter rätselhafter Person hätte davon bin ich überzeugt Licht auf das nicht minder rätselhafte Verschwinden des Diamanten werfen können.
Caruso: Meinen sie Prof, wie auch immer, Denver und Dallas kamen zurück und wir warteten, worauf, daß Mrs Bishop oder Mr Pudle oder Mr Blaine den Mund aufmachten und sagte hokus pokus, simsalabim, was Zauberkünstler so sagen, ich wars, ich hab lady liberty weggezaubert, bitte sehr hier ist das gute stück, doch das geschah nicht, nein, und als ich merke daß die Kandidaten genauso dämlich aus der Wäsche guckten, wie sie selbst, wie alle anderen, da wurde mir langsam mulmig, und darum faßte ich den Entschluß was zu unternehmen.
Hatch: Bravo Caruso.
Caruso: Zuerst stelle ich die Frage, ob jemand Lady Liberty bei sich hätte, allgemeine Antwort, nein.
vanDusen: Mit dieser Auskunft gaben sie sich jedoch nicht zufrieden.
Caruso: Natürlich nicht, alle wurden durchsucht, Bischof, Pudle, Blaine, und dann auch Elliot und Krauthaus, beide Herren hatten das selbst vorgeschlagen.
Hatch: Und sie Caruso sie waren doch auch im Zimmer und der gute Kriminologe verdächtigt bekanntlich jeden, wenn sein muß sogar sich selbst.
Caruso: Weiß ich, ich hab mich von Wachtmeister Dallas durchsuchen lassen.
Hatch: Und.
Caruso: Was und.
Hatch: Hatten sie Lady Liberty in der Tasche.
Caruso: Weder ich noch sonst jemand, lady liberty war und blieb verschwunden, und das machte sie stutzig, sozusagen, ich schickte Wachtmeister Dallas ans nächste Telefon im Büro von Krauthaus und ließ aus der zentrale Verstärkung anfordern, und bis die Leute kamen untersuchten wir nochmal den Raum, auch das Kabinett selbstverständlich und das Pult und den Glaskasten und das Samtkissen, Resultat nichts, und da machte ich mir so meine Gedanken.
Caruso: Denver, ich hab nachgedacht, ist das wahr, wir haben das Zimmer durchsucht, und alle anwesenden, aber lady liberty haben wir nicht gefunden.
Denver: Brillant.
Caruso: Ich bin noch nicht fertig.
Denver: Tschuldigung.
Caruso: Es gibt noch eine Möglichkeit, ja, laufen sie zum nächsten drugstore, wie sagt Prof van Dusen immer, stehenden Fußes, und kaufen eine Flasche Rhizinusöl.
Denver: Rizinusöl, ah verstehe Rhizinusöl, sie vermuten, daß einer hier.
Caruso: Lady Liberty verschluckt hat, ganz recht, brillant, danke Denver und da wir den Fall bald abschließen wollen, werden wir den natürlichen Lauf der Dinge etwas beschleunigen, brillant, schon gut Denver.
Denver: Melde mich ab.
Caruso: Lassen sie sich eine Quittung geben für die Polizeikasse es handelt sich um eine für die kriminalpolizeiliche Ermittlungstätigkeit unerläßliche Anschaffung im sinne der öffentlichen Ausgabenverordnung, brillant.
Caruso: Dallas.
Dallas: Zur Stelle.
Caruso: Sie nehmen sich das Pult vor, zerlegen sie es in seine Bestandteile, hacken sie es kurz und klein.
Dallas: Zu Befehl, aber wie.
Caruso: Zeigen sie Initiative.
Dallas: Zu Befehl, Initiative, was ist das.
Caruso: Haben sie ein Taschenmesser, Wachtmeister.
Dallas: Ach so.
Caruso: Na also frisch ans werk, Wachtmeister.
Dallas: Zu Befehl, Initiative, Taschenmesser.
Hatch: Brillant, Wärterin Denver rennt so schnell die Plattfüße sie tragen nach Rizinusöl, Wachtmeister Dallas macht Kleinholz, und sie koordinieren und kontrollieren, kraft ihres überlegenen Verstandes, brillant und was hat dise grandiose geradezu heroische Aktivität des Polizeiapparats gebracht.
Caruso: Nichts Mr Hatch, alles umsonst, kein Geheimfach im Pult und das Rizinussöl das haben wir den Leuten zwar eingetrichtert, allen, sie haben mächtig protestiert, auch als sie in polizeilicher Begleitung aufs Örtchen durften, gewirkt hat es das Zeug und wie, aber lady liberty ist nicht zum Vorschein gekommen.
Hatch: Und sie selbst Caruso haben sie auch Rizinusöl eingenommen.
Caruso: In meinem Fall glaubte ich von dieser extremen Maßnahme absehen zu können.
Hatch: So, sehr verdächtig.
vanDusen: Sie werden doch wohl nicht im ernst den guten Caruso des Juwelendiebstahl bezichtigen.
Hatch: Niemals, das trau ich ihm doch nicht zu dazu, danke, dazu fehlt ihm die wichtigste Voraussetzung, Intelligenz.
vanDusen: Und nach erwiesener Erfolglosigkeit verfielen sie auf den Gedanken sich an meine Person zu wenden.
Caruso: Naja Prof es ist spät, meine 5 Verdächtigen werden immer saurer, ich komm nicht weiter, die Geschichte ist total verkorkst, mein einziger Trost, die Presse hat noch keine Ahnung.
Hatch: Was sie nicht sagen, Caruso, brillant.
Caruso: Mein Gott sie sind ja selber, bitte Mr Hatch könnten sie diesmal den Mund halten ausnahmsweise.
Hatch: Kommt nicht in Frage, die Sache ist ein Knüller und die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf die neueste Fehlleistung der Kripo zu erfahren, morgen stehts im Daily Newyorker, vielleicht schaff ich ja noch die Morgenausgabe.
vanDusen: Nicht so hastig, wann schließt die Redaktion ihres von manchen Zeitgenossen merkwürdigerweise geschätzten Blattes.
Hatch: Für die Morgenausgabe, ja, um Mitternacht, das ist zu früh, und für die Spätausgabe, morgen mittag.
vanDusen: Das sollte ausreichen, bis morgen mittag werden sie ihren Knüller haben, vollständig mit allen relevanten Details.
Hatch: Ok ich sehe schon die Schlagzeilen, lady liberty geraubt, Verbrechen des Jh.
vanDusen: Wie wärs mit Verbrechen des Jh aufgeklärt, lady liberty wieder zur Stelle.
Caruso: Zur Stelle, aber wieso.
Caruso: Der Fall ist so gut wie gelöst, denn ich hab ihn übernommen, ich Prof van Dusen, die Denkmaschine Wissenschaftler und Amateurkriminologe ohne gleichen, danke, schreiben sie.
Hatch: Moment, schießen sie los.
vanDusen: Diejenige Dame, welches sich gestern um 10 Uhr, präzise nach dem Glockenschlag im Centralpark hinter dem Metropolitan Museum of Art auf ungewöhnliche Weise zu schaffen machte, wird gebeten, sich in der 35. Straße West Nr 333 zu melden, es winkt eine hohe Belohnung, so und jetzt, jetzt begeben sie sich an den Telefonapart im Foyer und geben diese Annonce durch an den Daily New Yorker zu Veröffentlichung in der Morgenausgabe an prominenter Stelle und wenn sie sich dieser Aufgabe entledigt haben, rufen sie uns eine Droschke.
Hatch: Die Stimmung im Museum war ausgesprochen mies, in einer Ecke des Zimmers das Caruso uns so präzise beschrieben hatte, standen die fünf festgehaltenen beieinander, bleich offensichtlich mitgenommen von der polizeilich verordneten Rizinuskur, und verärgert, sehr verärgert, aber auch die Staatsgewalt in form von Denver und Dallas war nicht in Hochstimmung.
Dalles: Endlich.
Denver: Gott sei dank sie sind wieder da.
Dalles: Sie können sich ja gar nicht vorstellen, was diese Zauberkünstler mit uns gemacht haben.
Denver: Es war furchtbar.
Dalles: Mir haben sie die Handschellen geklaut.
Denver: Und mir die Polizeimarke.
Dalles: Dann haben sie mir heimlich die Hosenträger abgeknöpft.
Denver: Mir haben sie die Strumpfbänder aufgemacht.
Dalles: Eine Zigarre haben sie mir aus der Nase gezogen.
Denver: Und mir aus dem Ohr ein Alpenveilchen mit Topf.
Dalles: Und immerzu sollten wir uns eine Karte denken und im Kopf behalten.
Denver: Lassen sie die bloß laufen.
Elliot: Jawohl Caruso oder wie sie heißen, wir fordern unsere Freilassung.
Krauthaus: Und zwar sofort.
Caruso: Augenblick, was meinen sie, kann ich die 5 von der Leine lassen.
vanDusen: Warum nicht, immerhin haben sie alles getan, was in einem solchen Fall getan werden muß, sie haben die Leute durchsucht.
Caruso: Auseinandergenommen hab ich sie, auf den Kopf gestellt, mehr ist nicht drin, schließlich kann ich ihnen nicht in den Bauch kucken.
vanDusen: Sie könnten, mittels der kürzlich entdeckten x oder auch Röntgenstrahlen, doch angesichts ihrer gründlichen um nicht zu sagen durchschlagenen Maßnahmen erscheint mir der Einsatz derart aktueller Hochtechnologie unnötig und übertrieben, lassen sie die Leute gehen.
Hatch: Sie waren immer noch ärgerlich als sie von dannen zogen, die drei Kandidaten vorneweg, dann der lange dünne Krauthaus, und neben ihm Elliot der kaum halb so groß war, aber wir wissen ja, nicht in der länge liegt die größe, siehe Prof van Dusen, der hatte inzwischen angefangen das Zimmer unter die intellektuelle Lupe zu nehmen in seiner bekannten scheinbar geistesabwesenden art.
vanDusen: Was ist das.
Caruso: Der Glaskasten, wo lady liberty drin war.
vanDusen: Natürlich ist das der Glaskasten, ich meine dies hier, das Samtkissen, sperren sie die Augen auf, was sehen sie hier, sieht aus wie staub, ein paar helle Staubkörnchen auf dem Samt, wußte gar nicht daß sie so pingeling sind, Hatch, Prof, mein Miniaturlaboratorium haben sies mitgebracht.
Hatch: Die schwarze Tasche, ja, wie könnte ich ihr wichtigstes kriminologisches Hilfsmittel vergessen.
vanDusen: Sehr schön, bringen sies zu mir.
Hatch: Hören ist gehorchen, großmächtiger Sultan.
vanDusen: Öffnen sie Tasche, reichen sie mir das Mikroskop.
Hatch: Nachdem van Dusen den Staub durchs Mikroskop studiert hatte, kostet er ihn von der angeleckten Spitze des Zeigefingers, dabei muß ihm eine Erleuchtung gekommen sein, in seinen Augen zeigte sich nämlich das wohlbekannte Glitzern des Kriminologen, der sich auf der rechten Spur weiß, aber er war noch nicht fertig, von Caruso ließ er sich über den kahlen Gang in das fast ebenso kahle Büro des Mr Krauthaus führen, die Untersuchung dauerte nicht lange, es gab einfach nicht viel zu sehen, ein Wandsafe verschlossen, ein Schreibtisch mit zwei Schubladen, ein Stuhl und das, was auf der Schreibtischplatte stand, ein Telefon, eine Goldschmiedwaage und ein kleiner Weihnachtsbaum, der einzige Lichtblick in einem sonst eher spartanisch eingerichteten Zimmer.
vanDusen: Zweifellos eine Konzession an die weihnachtlichen Traditionen seiner germanischen Vorfahren, apropos Weihnachten ist das Museum morgen am heiligen abend für das Publikum geöffnet.
Caruso: Ja Prof von 9 bis 3.
vanDusen: Aha, kommen sie Hatch, meine Ermittlungen sind beendet.
Caruso: Ja aber der Fall.
vanDusen: Ist gelöst, mein guter Caruso.
Caruso: Und lady liberty.
vanDusen: Befindet sich in Sicherheit.
Caruso: Ach.
vanDusen: Hören Sie Hatch, gehen sie voraus, ich habe Caruso in diesem Zusammenhang noch einige Anweisungen zu geben.
Hatch: Am nächsten Morgen erschien ich schon früh, noch vor 8 beim Prof aber ich war trotzdem nicht sein erster besuch, im Salon fand ich nicht nur ihn vor, sondern auch eine gutaussehende vielleicht ein bißchen auffällig angezogene junge Dame.
vanDusen: Mein lieber Hatch, darf ich ihn Miss Latorre vorstellen.
Latorre: Evelyn Latorre, das ist nämlich mein Künstlername, schick nicht, eigentlich heiße ich Dolly Pulaski.
Hatch: Sie sind Künstlerin, Miss Latorre.
Latorre: Ich tanze im Vanityfair das Varietetheater am Timesquare kennen sie sicher.
vanDusen: Wohl kaum, Miss Latorre.
Hatch: Aber ich, bin schon oft dagewesen.
Latorre: Ach, dann müssen sie mich gesehen haben, die dritte von rechts.
Hatch: Die mit den ganz besonders langen Beinen.
vanDusen: Zur Sache, wie sie sagten sind sie auf meine Annonce im Daily New Yorker zu mir gekommen, was haben sie zu berichten.
Latorre: Langsam alter Herr, so nicht, hohe Belohnung stand in der Anzeige, das wollen wir doch erstmal klären.
vanDusen: Würden sie das übernehmen mein lieber Hatch.
Hatch: Mit Vergnügen Prof, an wieviel dachten sie denn so.
Latorre: 100 Dollar, und keinen Cent weniger, so viel hab ich von dem Rauschebart auch gekriegt.
vanDusen: Welcher Rauschebart, Miss Latorre.
Latorre: Ähäh, erst das Geld.
Hatch: Ich gab ihr einen Riesen und sie packte aus, vorgestern abend hatte sie ein Mann am Bühneneingang des Vanity Fair angesprochen und ihr 100 Dollar geboten wenn sie am 23. Dezember um 10 Uhr, genau nach dem letzten Glockenschlag im Central Park unter einem ganz bestimmten Fenster des Museums das täte, was sie denn auch tatsächlich getan hat.
Latorre: Ich bin nämlich zuverlässig, das wissen alle beim Theater.
vanDusen: Ja das ist interessant, die Pistole.
Latorre: Gehört mir, ein Mädchen von Ballet muß sich manchmal zur wehr setzen.
vanDusen: Soso, ja wie sah der Mann aus.
Latorre: Schwer zu sagen, viel war nämlich nicht von ihm zu sehen, Rauschebart, dunkle Brille.
vanDusen: Hochgeschlagener Mantelkragen, Schlapphut.
Latorre: Ja genau woher wissen sie.
vanDusen: Ganz offensichtlich eine Verkleidung wie groß war der Mann Miss Latorre.
Latorre: Nicht sehr groß, mittel.
vanDusen: Hat er ihren eine Begründung für die sonderbare Aktion angegeben welche sie für ihn ausführen sollten.
Latorre: Er hat was von einer Wette gemurmelt, aber das war eigentlich nicht nötig 100 Dollar sind Begründung genug oder finden sie nicht, alter Herr.
Hatch: Ich brachte Miss Latorre zu Tür und als ich zurückkam stelle ich mir einen festlichen Frühstückstisch vor, mit Kaffee und Tee und Toast und Brötchen mit wurst und Käse und Marmelade, mit gekochten Eiern, Rührei und Spiegelei, mit geschmorten Nieren und Bücklingen und Bratkartoffeln, aber da hatte ich natürlich die Rechnung ohne van Dusen gemacht.
vanDusen: Wie spät ist es, mein lieber Hatch.
Hatch: Halb neun.
vanDusen: Kommen sie.
Hatch: Wohin Prof, zu Delmonico, frühstücken.
vanDusen: Wo denken sie hin, Frühstück ist die schlechte Angewohnheit kleiner Geister, auf ins Museum, wir werden erwartet.
Hatch: Wir wurden erwartet und zwar von Detective Sergeant Caruso und seinem sensationellen Duo Dallas und Denver, im Büro von Krauthaus, van Dusen stellte sich gleich am Schreibtisch in Positur, hinter dem bunten Bäumchen sah er aus wie ein Weihnachtsmann in zivil.
vanDusen: Wie sie wissen meine Herrschaften verlangt die Tradition die anwesenheit aller Beteiligten, wenn zum guten Schluß eines Falles die kriminologische Aufklärung das Wort ergreift, heute habe ich darauf verzichtet, Mrs Bischof, die Herren Elliot, Krauthaus, Blaine und Pudel haben am gestrigen Tag lange genug an diesem Ort ausharren müssen, daher fehlen sie heute, entschuldigt wenn sie so wollen, bis auf eine Person aus ihrem Kreise, welche sich demnächst hier einstellen wird, vorerst muß ich mit ihnen mein lieber Hatch, mein guter Caruso zufrieden geben und natürlich mit Denver und Dalles, den wackeren Staatsorganen welche diese Räume während der Nacht so pflichtgetreu im Auge behielten, ein vergleichsweise bescheidenes Auditorium, nunja beginnen wir, beginnen wir damit, daß wir das uns grundlegende Prinzip der Zauberkunst vergegenwärtigen, ich meine die Ablenkung, die Täuschung, die Irreführung, der Magier lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums auf seine rechte Hand, um mit der linken unbeobachtet seinen Trick auszuführen, so auch in diesem Fall.
Caruso: Das Theater draußen im Centralpark.
vanDusen: Sehr richtig Caruso, eben dieses hatte ich im Auge, während ihre Aufmerksamkeit auf das gerichtet war, was sich vor dem Fenster abspielte, auf die Schüsse, die Schreie, blieb eine der anwesenden Personen am Pult stehen, öffnete blitzschnell das Glaskästen, entnahm ihm das darin befindliche Objekt und schob es ebenfalls blitzschnell in den Mund.
Caruso: In den Mund, ist nicht drin, ich hab allen mit ner Lampe in den Mund geguckt und nicht nur in den Mund.
vanDusen: In dieser Zeit hatte der betreffende das Objekt längst verschluckt.
Caruso: Geht auch nicht, das Rizinusöl.
vanDusen: Konnte das Objekt nicht wieder ans Tageslicht bringen, da dieses sich inzwischen vollständig aufgelöst hatte.
Caruso: Aufgelöst, das versteh ich nicht.
Hatch: Ja ich auch nicht, ein Diamant kann sich doch nicht im Magen auflösen.
vanDusen: Ein Diamant nicht, das Objekt von welchem ich rede war jedoch kein Diamant, vielmehr eine Imitation, eine täuschend ähnliche Imitation, die hellen Staubkörner auf dem dunkelblauen Samtkissen gaben mir den entscheidenden Hinweis, es handelte sich um Zuckerkristalle, was bedeutet, auf dem Kissen hatte sich ein Stück Zucker befunden, präziser eine Nachbildung des lady liberty genannten Diamanten aus reinem klaren Kristallzucker, der Täter, manuell geschickt wie alle Zauberkünstler, hatte sie in häuslicher Muße angefertigt und in der Tasche mitgebracht um sie gegen das Original auszutauschen.
Caruso: Aber wie denn und wann.
vanDusen: Diese Fragen könnten sie sich selbst beantworten, wenn sie sich eine entscheidende Tatsache vor Augen hielten, alles was im und am sog. Prüfungsraum vor sich ging, nicht nur das Theater draußen war ein von langer Hand geplantes Ablenkungsmanöver, die Entwendung des echten Diamanten und sein Austausch gegen die süße Imitation wurde vorher durchgeführt, das heißt bevor der angebliche Diamant im Prüfungsraum ab und ausgestellt wurde.
Caruso: Aber den Stein, den Krauthaus aus seinem Safe geholt hat.
vanDusen: Der war ganz ohne Frage der echte Diamant, dafür steht ihre Aussage, Caruso und wenn sie wie sich selbst einschätzen kein Geistesriese sind.
Caruso: Kenne ich den Unterschied zwischen einem Stück Zucker und einem Diamant von 243 Karat, schon das Gewicht.
vanDusen: Daher muß der Austausch in der knappen Zeit zwischen dem Wiegen des Steins und dem wiederverschließen des Glaskästchen bewerkstelligt worden sein, der Diamant war in Bewegung, ging von Hand zu Hand, ihn durch die präparierte Imitation zu ersetzen war war eine Kleinigkeit für einen geübten Prestititateur.
Hatch: Für einen geübten was.
vanDusen: Prestititateur, Eskamoteur, Taschenspieler, Illusionist, Manipulator, Palmeur, kurz Zauberkünstler.
Caruso: Aber welcher Zauberkünstler.
vanDusen: Nur drei Personen kommen in Frage, Sie Caruso, Elliot und Krauthaus.
Caruso: Krauthaus der wars, der hat auch die Idee für die ganze verrückte Geschichte gehabt.
vanDusen: Ein interessanter Gesichtspunkt, Caruso, leider ist er nicht zu vereinbaren mit der Aussage von Miss Latorre, danach war der Auftraggeber der Ablenkung ein nicht eben hochgewachsener Mann, nun ist es zwar möglich daß ein weniger großer Mensch sich um einiges vergrößert etwa durch hohe Absätze, doch auf gar keinen Fall kann ein sehr großer Mann sich merklich kleiner machen.
Caruso: Und Mr Krauthaus ist ein langes ende.
Elliot: Oh Verzeihung.
vanDusen: Treten sie näher Elliot kommen sie, sie sind sehr pünktlich.
Elliot: Ich habe nicht erwartet daß hier jemand, dann will ich nicht weiter stören.
vanDusen: Bleiben sie nur, Caruso, Denver, Dallas, sorgen sie dafür daß Mr Elliot uns nicht gleich wieder verläßt, sie sind im rechten Moment erschienen Elliot, quasi aufs Stichwort, gerade wollte ich den Namen des gesuchten Juwelendieb verkünden, ihren Namen, Elliot, sie haben auf die von mir beschrieben Weise sich lady liberty angeeignet, wer denn sonst, unter den drei möglichen Personen ist er die einzige von geringer Körpergröße, darüber hinaus liefert sein Auftritt gerade jetzt kurz nach 9 Uhr dh nach der Öffnung des Museum, uns den letzten ausschlaggebenden Beweis, Elliot ist nämlich gekommen, seine Beute zu holen.
Caruso: Beute, ja richtig sagen sie mal Prof wo steckt das gute Stück eigentlich.
vanDusen: Direkt vor ihrer Nase, Caruso.
Hatch: Damit griff van Dusen in den Weihnachtsbaum, nahm eine der Kugeln ab, eine kleine, eher unscheinbare, und gab sie Caruso.
vanDusen: Fröhliche weihnachten, gestatten sie mir ihnen ein präsent zu überreichen
Caruso: Für mich.
vanDusen: Für das gesamte amerikanische Volk.
Caruso: Eine Christbaumkugel.
vanDusen: So ist es, eine Christbaumkugel mit einem Durchmesser von etwa 3,5cm und einem Gewicht von 243 Karat.
caruso: Lady Liberty.
vanDusen: Dieser kleine Weihnachtsbaum direkt am Tatort bot dem Täter die einzige Möglichkeit seine Beute bis auf weiteres unauffällig, zu deponieren, mit schnellem Griff unbemerkt, am vorausschauend mitgebrachten Faden, bei sich behalten konnte er sie nicht wegen der mit Sicherheit zu erwartenden Leibesvisitation, und an jeder andern Stelle hier im Büro auf dem Gang oder im Zimmer gegenüber wäre der Stein sogleich bemerkt worden.
Caruso: Ist das die Möglichkeit, was sagen sie denn dazu Mr Elliot.
Elliot: Was soll ich sagen, Prof van Dusen hat alles gesagt.
Caruso: Sie geben es also zu.
Elliot: Das muß ich wohl Caruso, das ist doch ihr Name.
vanDusen: Noch ist der Fall nicht zu gänze abgeschlossen, meine Herrschaften, es fehlt das Motiv, warum haben sie den Diamanten entwendet, Elliot.
Elliot: Ja warum, zunächst war es nur Professionalität, beruflicher Ehrgeiz, ich wollte den junge Kollegen zeigen wie mans macht, deshalb dachte ich mir den Plan aus als magische Trockenübung sozusagen.
Caruso: Wenn das so ist warum haben sie gestern nicht ausgepackt.
Elliot: Ich wollte es tun, glauben sie mir, ich konnte es nicht, ich konnte lady liberty nicht wieder hergeben, ich hatte mich in den Stein verguckt, regelrecht verliebt, halten Sie ihn hoch, gegen das Licht, ist er nicht einmalig, überirdisch, wunderschön.
vanDusen: Romantischer Unfug, Elliot, was ist ein Diamant anderes als ein Stück Kohle wissenschaftlich betrachtet, ein tesseral kristallisiertes Mineral aus der Ordnung der Metalloide welches aus reinem Kohlenstoff besteht, ein Mineral von starkem Lichtbrechungsvermögen und extrem hohem Härtegrad, unter Ausschluß von Luft erhitzt wird der Diamant schwarz wobei er sich oberflächlich in Graphit….
Hatch: Der Meister dozierte, und der Assistent empfahl sich französisch, ich hatte eine Verabredung zum Weihnachtsfrühstück, bei Delmonico, mit Miss Evelyn Latorre, hoffentlich ohne Pistole.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Detective-Sergeant Caruso: Heinz Giese
Elliot, Zauberkünstler: Hans Teuscher
Krouthouse, Museumsdirektor: Heinz Rabe
Evelyn Latorre, Tänzerin: Christiane Leuchtmann
Wärterin Denver: Nina Herting
Wachtmeister Dallas: Klaus Jepsen
Allison Bishop, Zauberkünstlerin: Jutta Kausch
Michael Koser: Prof. van Dusen und der Mord im Club (RIAS 1989)
Wallace: Der Lesesaal des Clubs, bitte leise meine Herren, einige unserer betagteren Mitglieder pflegen sich nach dem Mittagessen hierher zurückzuziehen, um einen Whisky zu sich zu nehmen, um in Ruhe die Times zu studieren.
Hatch: Um ein Nickerchen zu machen, das ist eher ein Schlaf- als ein Lesesaal, Mr. Wallace, Leichenhalle wäre auch nicht verkehrt.
vanDusen: Hatch.
Hatch: Wenn diese ehrwürdigen Mumien nicht so vernehmlich schnarchten, würde man nicht glauben daß sie noch am Leben sind, der hier zum Beispiel in der Ecke zwischen Zimmerpalme und Kamin, wenn ich den mal kurz anstupse, dann fällt er doch tatsächlich aus dem Sessel.
vanDusen: Warum sollte er auch nicht, mein lieber Hatch, der Mann ist tot.
Tot. Tot. Tot. Kein Zweifel Wallace.
Hatch: Aber ich habe ihn doch nur ein ganz klein bißchen mit dem Finger.
vanDusen: Mein lieber Hatch, beruhigen sie sich, der Tod ist keinesfalls auf ihre törichte Einwirkung zurückzuführen, lassen sie sehen, ausgeprägter rigor mortis im Nacken und Schulterbereich, hm, anderseits muß natürlich der beschleunigende Effekt der dem Kamin entströmenden Hitze in die Rechung einbezogen werden, wie spät ist es.
Hatch: Mit dem Gongschlag genau 16 Uhr und 23 min.
vanDusen: Aha, dieser Mann meine Herren.
Wallace: Spargo.
vanDusen: Wie meinen sie Wallace.
Wallace: Das ist der alte Spargo, Roderick Spargo.
Hatch: Der Afrikaforscher.
Wallace: Ebendieser Mr Hatch.
vanDusen: Was immer er war und wie sich nannte er ist es seit 2einhalb Stunden tot.
Hatch: Das heißt, es hat ihn moment so gegen 2 Uhr mittags erwischt.
vanDusen: Exzellent haben sie diese schwierige Kalkulation ganz allein bewältigt.
Hatch: Eine typische van Dusen Spitze, ich zog es vor, sie vornehm zu überhören, darin hatte ich Übung, immerhin war ich nun schon 5einhalb Jahre Assistent Chronist und Begleiter des großen Mannes, als die mysteriösen Ereignisse vorfielen, die ich ihnen heute berichten will, befanden wir der Prof und ich uns in London, wir hatten, es war am 20 September 1903 im exklusiven Globetrotterclub im Westend Cliffard Street zu mittag gegessen mit Mr Alfred Russel Wallace, Prof van Dusen ansonsten sehr auf seine Würde bedacht, war ausnahmsweise der Einladung in den Klub gefolgt, schließlich war der 80 jährige Wallace der Nestor der britischen Zoologie, der Freund und Mitstreiter von Charles Darwin, ein Denkmal der Wissenschaft sozusagen, bei Tisch hatte es eine angeregte Unterhaltung gegeben über Menschenaffen und Affenmenschen und über irgendein ein fehlendes Glied, das beide Koryphäen offenbar schmerzlich vermißten, nach dem Essen geleitete Mr Wallace uns zur Tür und dabei, sie haben es gerade gehört, fiel uns eine Leiche direkt vor die Füße, Wallace bimmelte nach dem Clubdiener, ein paar Minuten später kam er angeschlurft, auch er eine Mumie, wie Wallace, wie der Tote, wie die beiden Greise die im Lesesaal noch immer vor sich hin schnarchten.
Toddles: Sie haben geläutet Sir.
Wallace: Sir Roderik Spargo hat uns verlassen, Toddles.
Toddles: In der Tat, Sir.
Wallace: Unangenehme Geschichte, Toddels, sehr unangenehm.
Toddles: Wenn ich mir einen Vorschlag erlauben dürfte Sir, es wäre zweifellos im Sinne aller Mitglieder Sir Rodericks sterbliche Hülle baldmöglichst aus den Räumen des Club zu entfernen und einem qualifizierten Bestattungsunternehmen zuzuführen.
Wallace: Ganz ihrer Meinung Toddles, leiten sie das in die Wege.
Toddles: Sehr wohl Sir.
vanDusen: Warten Sie, Toddels, sie haben das wichtigste vergessen.
Toddles: In der Tat Sir und das wäre.
vanDusen: Die Benachrichtigung der Polizei, begeben sie sich stehenden Fußes zum nächstgelegenen Telefonapparat, lassen sie sich mit Scotland Yard verbinden.
Toddles: Mr Wallace Sir.
Wallace: Ist das wirklich nötig van Dusen, die Polizei hier im Club.
vanDusen: Ich muß darauf bestehen, Sir Roderick Spargo ist keines natürlichen Todes gestorben,
Wallace: Ah, kein Herzschlag oder so was.
vanDusen: Gift, Wallace, genauer Zyankali, wenn sie ihre Nase den Lippen des Toten nähern, werden sie den spezifischen Geruch nach bitteren Mandel wahrnehmen können.
Wallace: Ich glaubs ihnen auch so, van Dusen, mit Giften kennen sie sich aus, das weiß ich, schließlich gehen sie ja des öfteren fremd.
vanDusen: Fremd, wie darf ich das verstehen Wallace.
Wallace: Daß sie nur zu gern die ihnen ehrbar angetraute Naturwissenschaft betrü-gen, indem sich den anrüchigen Amüsements der Kriminalistik in die Arme werfen.
vanDusen: Der Kriminologie, mein lieber Wallace, auch bei handelt es sich ganz ohne Frage um eine exakte Wissenschaft.
Wallace: Soll sein van Dusen, sie meinen also Spargo sei ermordet worden.
vanDusen: Sofern er nicht Selbstmord begangen hat, sie sind ja noch immer hier Toddels, nun gehen sie schon, läuten sie Scotland Yard.
Toddles: Ist dies auch ihr Wunsch, Mr Wallace, Sir.
Wallace: Tun sie was Prof van Dusen sagt Toddels, und bitten sie Mister Pomeroy hierher.
Toddles: Sehr wohl Sir.
Hatch: Mr. Pomeroy war der Sekretär des Globetrotter Clubs und Mr. Pomeroy war zur Abwechslung keine Mumie, ein reifer Jüngling mitte 30 mit einem hauchdünnen Schnurrbärtchen, gestriegelt und makellos gewandelt, Gehrock, perlgraue Krawatte, weiße Nelke im Knopfloch, auch als er sah was im Lesesaal des von ihm geleiteten Club auf dem Teppich lag, bewahrte er untadelige Haltung und gestattete sich nur ein leichtes Stirnrunzeln.
Pomeroy: Tot, Sir Roderick Spargo, kaum zu glauben, eben hab ich noch mit ihm gesprochen und nun.
vanDusen: Eben, wann genau.
Pomeroy: Wir sind uns glaub ich noch nicht vorstellt worden.
Hatch: Da glauben sie recht, alter Freund, lassen sie sich sagen, daß sie die Ehre und Freude haben von Prof Dr. van Dusen befragt zu werden, dem großen Wissenschafter und Amateurkriminologen, zubenamt die Denkmaschine, was mich betrifft, ich heiße Hutchinson Hatch, aber das brauchen sie sich nicht zu merken.
Pomeroy: Antony Pomeroy, durchaus erfreut, van Dusen der berühmte amerikanische Detektiv.
vanDusen: Amateurkriminologe.
Pomeroy: Prof van Dusen im Globetrotterclub, sie sehen mich überwältigt, warum bin ich nicht informiert worden, ich hätte für einen würdigen Empfang gesorgt.
Hatch: Roter Teppich, Posaunenchor, Ehrenjungfern.
vanDusen: Hatch, ich weiß ihre guten Absichten zu schätzen, Mr Pomeroy, wann und wo haben sie zuletzt mit Sir Roderich Spargo gesprochen.
Pomeroy: Hier Prof im Lesesaal, er saß in einem Lehnstuhl wie immer, direkt vor dem Kamin, weil ihm kalt war, ihm war immer kalt, wer so lange in Afrika war wie Sir Roderick.
vanDusen: Gewiß Mr Pomeroy, wann fand das Gespräch statt.
Pomeroy: Kurz vor 2 Uhr Prof.
vanDusen: Kurz vor 2 Uhr, höchst interessant, wären sie wohl in der Lage, Mr. Pomeroy diese ihrer Zeitangabe noch ein wenig präziser zu fassen.
Pomeroy: Zufälligerweise ja Prof, als wir anfingen zu reden, Sir Roderick und ich, war es genau viertel vor 2, und 10 min später bin ich gegangen.
vanDusen: Sie haben ihre Uhr zu rate gezogen Mr Pomeroy.
Pomeroy: Mehrmals Prof.
Hatch: Im Gespräch mit einer ehrwürdigen Mumie.
Prof: Hatch.
Hatch: Mit einem Greis, Mr Pomeroy, das gehört sich gar nicht.
Pomeroy: Wissen sie Mr äh.
Hatch: Hatch.
Pomeroy: Ich hatte um 2 einen wichtigen Termin in meinem Büro mit unserem Weinlieferanten, da wollte ich nicht zu spät kommen.
vanDusen: Verständlich Mr Pomeroy, sie verließen also Sir Roderick Spargo genau 5 min vor 2 Uhr, zu diesem Zeitpunkt war er noch am leben.
Pomeroy: Aber natürlich Prof, er hat mir sogar etwas nachgerufen, als ich schon in der Tür stand.
vanDusen: Tatsächlich Mr Pomeroy und wissen sie auch noch was Sir Roderick ihnen nachrief.
Pomeroy: Ja Prof, halten sie die Augen offen, hat er gerufen und geben sie mir sofort bescheid, wenn sie in der Nähe des Globetrotter Clubs eine Negerin sehen.
vanDusen: Eine Negerin.
Pomeroy: Eine Negerin Prof, er hatte entsetzliche Angst, Sir Roderik meine ich, deshalb wollte er ja mit mir reden.
Hatch: Berichten Sie Mr Pomeroy.
Hatch: Detailliert, präzise und von anfang an, sie kennen das ja meine Damen und Herren, Pomeroy berichtete, Sir Roderik Spargo hatte ihn zu sich rufen lassen.
Pomeroy: um mir was zu zeigen, eine Holzschnitzerei, eine Schlange, etwa 20 cm lang weißbemalt und Sir Roderick war auch weiß, weiß wie die Wand, der Todesfetisch hat er gesagt, heute morgen lag er vor meinem Bett und keiner weiß wie er dahin gekommen ist, sie ist hinter mir her, Pomeroy helfen sie mir.
vanDusen: Eine seltsame Geschichte, Mr Pomeroy.
Pomeroy: Nicht wahr, Prof.
vanDusen: Und weiter, Mr Pomeroy.
Pomeroy: Dann hat er die Schlange wieder in die Brusttasche gesteckt und einen Whisky in einem Zug ausgetrunken.
vanDusen: Die Brusttasche, ja das ist sie die Schlange, zentralafrikanische Arbeit ohne jeden Zweifel, Baluba wenn ich nicht irre.
Hatch: Sie irren nie Prof.
vanDusen: Eine Redensart, mein lieber Hatch.
Pomeroy: Baluba.
vanDusen: Ein Volk im südlichen Kongobecken, zwischen dem Kasei und dem Hochland von Katanga.
Hatch: Katanga, war Sir Roderick Spargo nicht in den 80er Jahren Distriktkommandeur von Katanga für König Leopold von Belgien.
Pomeroy: Sie haben Recht Mr. äh.
Hatch: Hatch und da hat er doch so gehaust daß es sogar den Belgiern zu viel wurde und die sind ja weiß gott nicht gerade zartbesaitet, rausgeworfen haben sie ihn.
Pomeroy: Bloody Spargo hieß er nicht so in der Presse Mr äh.
Hatch: Genau Mr Pomeroy, Spargo der blutige.
vanDusen: Bei den Bantuvölkern ist weiß die Farbe des Todes, insofern handelt es sich bei diesem kleinen Schnitzewerk wohl in der Tat um einen Todesfetisch, fahren sie fort Mr Pomeroy.
Pomeroy: Wo war ich.
Hatch: Sie ist hinter mir her, Pomeroy, helfen sie mir.
Pomeroy: Danke Mr äh, Sir Roderick war völlig verstört, ich verloren hat er immer wieder gejammert, und dann noch was von einer Priesterin die Macht über leben und tot hat, wem sie den Todesfetisch schickt, der muß sterben oder so ähnlich.
Hatch: Die Negerin.
Pomeroy: Jetzt hat sie mich gefunden, die Rache naht, sehr melodramatisch.
vanDusen: In der Tat Mr Pomeroy und was taten sie.
Pomeroy: Ich Prof nichts besonders, ich habe versucht ihm gut zuzureden, ihn zu beruhigen, ich habe ihm geraten sich von Toddles einen zweiten Whisky bringen zu lassen.
Toddles: Mr Pomeroy Sir.
vanDusen: Ah lupus in fabula.
Pomeroy: Ja Toddles.
Toddles: Verzeihen sie die Störung, Sir, die Herren von Scotland Yard werden in einer halben Stunde eintreffen.
Pomeroy: Danke Toddles, war da noch was.
Toddles: Wenn sie gestatten, Sir, wird den Herren von Scotland Yard Einlaß in die Clubräume gewährt.
Pomeroy: Ich verstehe nicht Toddles.
Toddles: Ich meine wo sie doch keine Mitglieder sind Sir.
Pomeroy: Aber Toddles, das spielt in diesem fall keine Rolle.
Toddles: Nicht, Sir, höchst bedauerlich wenn sie mir die Bemerkung gestatten Sir.
Pomeroy: Sicher Toddles aber leider nicht zu ändern, sagen sie dem Portier bescheid.
Toddles: Sehr wohl Sir.
vanDusen: Noch einen Augenblick, Toddles.
Toddles: Sie haben einen Wunsch Sir.
vanDusen: Eine Frage Toddles, sie haben Sir Roderick Spargo heute nach dem essen in diesem Raum zwei Gläser Whisky serviert.
Toddles: Nein Sir.
vanDusen: Nicht.
Toddles: Ich habe Sir Roderick 2 mal einen doppelten Whiskey kredenzt, Sir Roderick pflegt Verzeihung pflegte nur doppelte Whiskys zu sich zu nehmen.
Hatch: Das spricht für ihn.
vanDusen: Gut gut Toddels, sie haben also Sir Roderick zwei doppelte Whiskys gebracht.
Toddles: Jawohl Sir, sehr merkwürdig Sir, wenn sie mir die Bemerkung erlauben.
van Dusen: Merkwürdig, inwiefern.
Toddles: Nach dem lunch pflegte Sir Roderick im Lesesaal stets nur einen doppelten Whisky zu trinken Sir.
vanDusen: Und diesmal zwei ausnahmsweise, hm, wann haben sie Sir Roderick bedient Toddles.
Toddles: Das erste mal um viertel vor 2 Sir wie jeden Tag.
vanDusen: Mr Pomeroy befand sich bereits bei Sir Roderick.
Toddles: Jawohl Sir, Mr Pomeroy stand neben Sir Rodericks Sessel, es hatte den Anschein, daß beide Herren sich unterhielten.
vanDusen: Worüber.
Toddles: Dies entzieht sich meiner Kenntnis, Sir, ich pflege nicht zu lauschen wenn sie mir diese persönliche Bemerkung gestatten Sir.
vanDusen: Sehr lobenswert Toddels und sie haben auch nicht zufällig das eine oder andere Wort.
Toddles: Was denken sie von mir Sir.
vanDusen: Nur gutes, Toddles, welchen Eindruck hat Sir Roderick auf sie gemacht, war er wie immer, war er verändert.
Toddles: Es steht mir nicht zu Sir, über das Verhalten von Mitgliedern des Globetrotter Clubs ein Urteil abzugeben.
vanDusen: So, wann haben sie Sir Roderick den zweiten doppelten Whisky gebracht.
Toddles: Wenige Minuten vor 2 Uhr Sir.
Pomeroy: Es muß genau 5 vor 2 gewesen ein, ich war nämlich gerade am gehen als Toddles mit dem Tablett aufkreuzte.
vanDusen: Wie hat Sir Roderick reagiert, hat er etwas gesagt, sich bedankt.
Toddles: Sir Roderick hatte nicht die Gewohnheit für geleistete Dienste zu danken, Sir, räumen sie das leere Glas weg hat er gesagt und stellen sie das volle auf den Kaminsims und da.
Hatch: Steht es immer noch.
vanDusen: Nicht angerührt.
Pomeroy: Nun Prof.
vanDusen: Reiner schottischer Maltwhisky.
Hatch: Kein Zyankali.
vanDusen: Nicht die Spur, mein lieber Hatch.
Hatch: Dann war das Gift also im ersten Whisky.
vanDusen: Glauben sie, bekanntlich ist Zyankali ein äußerst rapide wirkendes Gift, welches selbst in geringer Konzentration bereits Sekundenbruchteile nach der Einnahme zum Tod führt, nun hat aber Sir Roderick Spargo nach dem Genuß des ersten Glases Whisky noch minutenlang mit Mr Pomeroy konferiert, insofern.
Hatch: Kann auch der erste Whisky nicht vergiftet gewesen sein.
vanDusen: So scheint es, mein lieber Hatch.
Hatch: Seltsam.
Toddles: Höchst seltsam, wenn ich mir diese Steigerung erlaubten dürfen, sofern sie keinen weiteren Wünsche haben, meine Herren, gestatten sie daß ich mich entferne, die Pflicht ruft.
Pomeroy: Sie können gehen, Toddles.
Toddles: Sehr wohl Sir.
vanDusen: Ein nicht eben ergiebiger Zeuge.
Pomeroy: Aber ein loyaler Bediensteter Prof.
Hatch: Eine richtige Perle, lauscht nicht, klatscht nicht.
Pimpernel: Hahaha, daß ich nicht lache.
Mandrake: Sie haben ja keine Ahnung junger Mann.
Pimpernel: Schwerhörig ist er der alte Toddles.
Mandrake: Und gucken kann er auch nicht mehr richtig.
Pimpernel: Und außerdem ist er senil.
Mandrake: Total verblödet.
Pimpernel: Uns sollte er fragen der andere junge Mann, ja sie meine ich.
vanDusen: Äh mich.
Mandrake: Ja wer denn sonst los fragen sie uns, wir waren die ganze zeit hier.
Hatch: Was sich da so plötzlich einmischte, war das mumifizierte Zweiergespann das bisher friedlich vor sich hingeschlafen und geschnarcht hatte, das hatte ich wenigstens angenommen, aber.
Mandrake: Wir waren wach, junger Mann.
Pimpernel: Hellwach.
Pomeroy: Ich darf die Herren mit einander bekannt machen, Prof van Dusen, Mr Mandrake, Mr Mandrake, Prof van Dusen, Prof van Dusen, Mr Pimpernel, Mr Pimpernel, Prof van Dusen, Mr Äh Mr Mandrake, Mr Mandrake Mr Äh, Mr Äh Mr Pimpernel, Mr Pimpernel, Mr Äh, Mr Mandrake ist der berühmte Erforscher von Juenlun, Jangtsekiang, und in Mr Pimpernel sehen sie den nicht minder berühmten Reisenden welche als erster den australischen Kontinent von Südost nach Nordwest durchquerte, apropos ich muß springen, der Küchenzettel für die nächsten Tage.
vanDusen: Gewiß Pomeroy, gewiß, was sie betrifft, meine Herren, sowohl ihre Namen als auch ihre geografischen Verdienste sind mir keineswegs unbekannt auch wenn ich.
Mandrake: Schon gut, schmieren sie keinen Honig um den Bart, machen sie lieber weiter.
Pimpernel: Es muß doch rauszukriegen sein, wie der alte Spargo den Löffel abgegeben hat, übrigens komplett vertrottelt.
vanDusen: Sir Roderick Spargo.
Mandrake: Natürlich Spargo, von wem reden wir denn, sie scheinen mir aber auch nicht der hellste zu sein, junger Mann.
Pimpernel: Blind wie eine Fledermaus war er sowieso.
Mandrake: Die times hat er immer verkehrt rum gehalten.
Pimpernel: Und taub war er, stocktaub.
Mandrake: Darum mußte man immer brüllen wenn man sich mit ihm unterhielt.
Pimpernel: Und er brüllte natürlich auch.
Mandrake: Und wie vorhin mit Pomeroy kurz vor 2.
Pimpernel: Bei so einem Gebrüll kann kein Mensch schlafen.
Mandrake: Wir waren wach und haben zugehört.
Pimpernel: Und wir können ihn versichern junger Mann.
Mandrake: Was Pomeroy ihnen eben erzählt hat, das stimmt haargenau.
Pimpernel: Wort für wort.
Mandrake: Ein wahrheitsliebender Mensch, unser Tony Pomeroy.
Pimpernel: Aber ein miserabler Clubsekretär.
Mandrake: Den Portwein, den er besorgt, den kann man nicht trinken.
Pimpernel: Hört hört.
Mandrake: Und der Fraß, also schlimmer als in der Wüste Gobi.
Pimpernel: Hört hört.
Mandrake: Oder sehen sie sich mal die Zimmerpalme an, ja die vor dem Kamin, läßt alles hängen, was sie hat.
Pimpernel: Richtig runter gekommen der Globetrotter Club seit Pomeroy das sagen hat, früher.
Mandrake: Ja früher.
vanDusen: Gewiß, gewiß meine Herren, sie haben also die Unterredung zwischen Sir Roderick Spargo und Pomeroy akustisch verfolgt, auch optisch.
Mandrake: Sie meinen, ob wir auch zugesehen haben, junger Mann, na klar haben wir das.
Pimpernel: Unsere Augen sind nämlich noch gut in Schuß.
Mandrake: Auch ohne Brille.
vanDusen: Ja davon bin ich überzeugt, meine Herren, wie hat Sir Roderick sich während des Gesprächs verhalten.
Mandrake: Ja zuerst war er aufgeregt.
Pimpernel: Er hat mit den Armen gefuchtelt und geblubbert.
Mandrake: Ja aber dann hat er sich beruhigt.
Pimpernel: Nachdem er seinen Whisky gekippt hat, denn Whisky ist ein prima Beruhigungsmittel junger Mann.
Hatch: Wem sagen sie das.
vanDusen: Hatch, und dann.
Mandrake: Ja dann hat Pomeroy sich verdrückt, Spargo hat noch etwas gerufen Achtung Negerin oder so, sie habens ja gehört junger Mann.
vanDusen: Und weiter.
Pimpernel: Nichts weiter, junger Mann, wir sind ein bißchen eingedöst.
Mandrake: Ja um zwei, wir dösen immer um 2 ein, was Pimpernel.
Pimpernel: Genau, Mandrake, aber geschlafen haben wir nicht, junger Mann.
Mandrake: Wir waren weiter auf Posten.
Pimpernel: Melde gehorsamst, im Lesesaal alles ruhig.
vanDusen: Niemand hat ihn verlassen oder betreten.
Mandrake: Kein Mensch bis sie gekommen sind, junger Mann.
Pimpernel: Mit dem anderen jungen Mann und dem alten Wallace.
Toddles: Die Herren von Scotland Yard, Inspector.
Hatch: Smiley, wie gehts denn alter Knabe.
Smiley: O Mr Hatch, Prof van Dusen das ist ein Überraschung.
vanDusen: In der Tat Inspector.
Smiley: Ich hoffe sie sind mir nicht mehr böse Prof wegen dieser Geschichte neulich in Doncaster.
Hatch: Smiley meinte natürlich den berühmten Wettbewerb der Detektive bei der er selbst eine etwas zwielichtige Rolle gespielt hatte, deshalb gab sich der Prof zunächst kühl und zugeknöpft, aber legte sich bald, schließlich galt es, gemeinsam an einem hochinteressanten Fall zu arbeiten, Smiley überließ den Tatort seinen Untergebenen, die im Foyer gewartet hatten, verhörte Pomeroy, Toddels, die beiden Mumien und zog sich dann mit van Dusen und mir in ein stilles Hinterzimmer zurück.
Smiley: Das ist wieder so ein Fall Prof.
vanDusen: Sie meinen Inspektor.
Smiley: Ja ein richtiger van Dusen Fall, rätselhaft und undurchsichtig, ein unmögliches Verbrechen, unter uns Prof, ich bin ehrlich froh sie an meiner Seite zu wissen, wie beim Ballonmord in Schottland, sie erinnern sich.
Hatch: Whisky in den Wolken.
vanDusen: Selbstverständlich erinnere ich mich Inspektor und wie damals bin ich auch heute bereit ihnen kriminologisch unter die Arme zu greifen, lassen sie uns also die Fakten rekapitulieren, es handelt sich sie werden mir zustimmen ganz eindeutig um Mord.
Smiley: Keine Frage Prof, alles andere scheidet aus.
Hatch: Auch Selbstmord, ich meine könnte Spargo.
vanDusen: Unmöglich mein lieber Hatch.
Smiley: Ich werde es ihnen erklären, sehen sie Zyankali wirkt sehr schnell, bei Selbstmord hätten wir in der Hand des Toten ein leeres Behältnis gefunden, eine Flasche oder dergleichen oder in einer seiner Taschen Spuren des Gifts, sofern er es in fester Form eingenommen hat, da wir nun weder das eine noch das andere entdeckt haben.
Hatch: Ist Sir Roderick Spargo ermordet worden, alles klar.
vanDusen: Die Tatzeit Inspektor.
Smiley: Kein Problem, 13 Uhr 55 bis 14 Uhr.
vanDusen: Ja das könnte sein, und wie wurde der Mord ausgeführt.
Smiley: Ja da wirds schwierig, im ersten Whisky kann kein Zyankali sein und den zweiten hat der Tote nicht angerührt und auch sonst hat er während der fraglichen Zeit nichts zu sich genommen.
vanDusen: Sie akzeptieren die Aussagen der von ihnen befragten.
Smiley: Ja warum denn nicht, keine Widersprüche, keine eklatanten Unwahrscheinlichkeit.
vanDusen: Ja, was halten sie von Pomeroy, er ist der Hauptzeuge, mit seinen Angaben steht oder fällt der Fall, ist er vertrauenswürdig.
Smily: Unbedingt, er ist einer der Worcercer, ein jüngerer Sohn von Lord Woster, persönlich, naja früher war er so eine Art schwarzes Schaf, als junger Mann da ist er ausgerissen nach Amerika, und hat sich als Tellerwäscher durchgeschlagen, als Cowboy, als Privatdetektiv, beim Cirucs war er auch, aber jetzt da hat sich die Hörner abgestoßen und ist ein verantwortungsbewußtes Mitglied der Gesellschaft.
vanDusen: Wenn sie das sagen.
Smiley: Außerdem wird er von Mr Mandrake und Mr Pimpernel voll und ganz bestätigt, wissen sie was, ich glaube, der Schlüssel zum Mord an Roderik Spargo liegt weit zurück, in Afrika, der Todesfetisch, die Negerin, Baluba, diesen Hinweisen sollten wir nachgehen.
Pomeroy: Wenn ich sie bei ihren kriminologischen Überlegungen mal kurz stören dürfte.
vanDusen: Treten sie näher Mr Pomeroy.
Smiley: Gut daß sie kommen, sind sie sicher, daß in den zurückliegenden Stunden keine Negerin im Club war.
Pomeroy: Völlig sicher, fragen sie von mir aus auch unseren Portier, der wird es ihnen bestätigen, eine solche Person würde einmal nicht ins Foyer gelassen werden.
Hatch: Weil sie schwarz ist.
Pomeoy: Weil sie eine Frau ist, Mr äh, niemals hat eine Frau die heiligen Hallen des Globetrotter Clubs betreten dürfen.
Smiley: Und heimlich durch die Fenster.
Pomeroy: Vergittert, Inspektor, und der Lieferanteneingang ist zugesperrt, genau deswegen dieser mysteriösen Negerin wollte ich sie sprechen, meine Herren, mir ist da was eingefallen, ein Plakat, das ist gestern auf der Straße gesehen habe, ganz in der Nähe, habs wiedergefunden und abgerissen, bitte sehr.
Hatch: Nur wenige Tage im Olympia, King Cole Boloski mit seiner sensationellen Völkerschau, kommen sie, sehen sie, staunen sie, wilde Kannibalen vom Stamm der Baluba, Baluba Prof.
vanDusen: Sehr interessant, lesen sie weiter, mein lieber Hatch.
Hatch: Vom Stamm der Baluba aus dem dunkel Herzen des dunklen Erdteils, laszive Tänze, blutdürstige Riten, schwarze Magie, unglaublich, aber wahr, vor ihren Augen wird Kabora Bassa Zauberpriesterin der Baluba ihrer der Wissenschaft gänzlich unbekannten okkulten Fähigkeiten.
vanDusen: Ach das ist doch Unfug.
Hatch: Sie werden schaudern, sie werden sich entsetzen, sie werden sich glänzend unterhalten, Eintritt 2 Schilling, Kinder und Soldaten.
vanDusen: Das genügt, danke.
Smiley: Es gibt sie also wirklich die Negerin die Zauberpriesterin und ich wette, sie hat was mit dem Mord zu tun.
Hatch: Wie denn, Inspektor, wenn sie nicht im Club war.
Smiley: Das werden wir feststellen Mr Hatch, das Olympia warten sie mal.
Pomeroy: In Kensington, Edison Road.
Smiley: Lassen sie uns bitte eine Kutsche kommen, Mr Pomeroy.
Pomeroy: Nicht nötig mein Rolls-Royce steht der Polizei, ihnen natürlich auch Prof.
Hatch: Die Abendvorstellung fing gerade an, als wir der Prof, Smiley, Pomeroy und ich vor dem Olympia unserem hochherrschaftlichen Gefährt entstiegen, das große Amphitheater war gut besetzt, in der Arena sprangen zu Trommelklang fantastisch aufgeputzte schwarze Gestalten herum, vorgestellt und erklärt von einem kleinen Mann mit großer Stimme.
Boloski: King Cole Boloski, Ladies und Gentlemen, zu ihren Diensten, der König der Kannibalen, der Mogul der Menschenfresser, ich habe keine Kosten keine Mühen keine Gefahren gescheut, durch Urwald und Wüstensand bin ich gezogen, über reißenden Ströme und endlose Savannen, um für sie das interessante aufzuspüren, das amüsante, das sensationelle, doch was ich auch fand, es war nicht interessant, amüsant, sensationell genug, bis ich mich mit Todesverachtung dorthin wagte, wo der schwarze Kontinent am schwärzesten ist, tief in das finstere Becken des Kongo wo bisher noch niemals ein weißer Reisender den wagemutigen Fuß zu setzen wagte, denn dort hausen die wildesten der wilden, jenes Volk dessen Name allein ganz Afrika in Furcht und Grauen versetzt, die Baluba, Menschenfleisch ist ihre Nahrung, Menschenblut ist ihr Getränk.
Hatch: Usw, Ladies und Gentlemen, Mr Boloski tönte, die wilden Baluba produzierten sich, das Publikum war angetan und vertilgte unmengen Bier, Limonade, Popcorn und Würstchen, eine kannibalische Bühnenschau wirkt offenbar appetitanregend, wir achteten natürlich vor allem auf die Zauberpriesterin, eine attraktive und sehr gelenkige schwarze Dame, die mir ohne ihre weiße Kriegsbemalung, ohne den Schmuck von Knochen und Schädel und ohne blutiges Schlachtemesser noch besser gefallen hätte. Nach anderthalb Stunden war die Vorstellung zu Ende, die Akteure verschwanden im Durchgang zu den Garderoben, wir folgen, und stießen im spärlich beleuchteten Korridor auf Boloski der erschöpft auf einer Kiste hockte und sich den Schweiz abwischte.
Boloski: Kabora Bassa wollen sie sprechen, warum was haben sie überhaupt hinter der Bühne zu suchen.
Smiley: Kriminalpolizei, es besteht der begründete Verdacht daß die Person welche wir zu befragen wünschen in einen Mordfall verwickelt ist.
Boloski: Mord.
Smiley: Jawohl Mord an Sir Roderik Spargo.
Boloski: Der ist ermordet worden, aber ich dachte.
Pomeroy: Reden sie nicht herum Mann, sagen sie uns lieber wo wir ihre schwarze Perle finden.
Boloski: In ihrer Garderobe natürlich.
Smiley: Und wo ist die.
Hatch: 10 m weiter den Korridor entlang links die Tür mit den schwarzen Stern, wir klopften und traten ein, bis auf Pomeroy, der mal schnell nach seiner kostbaren Benzinkutsche sehen wollte, die Garderobe war leer, das dachten wir, aber dann raschelte es hinter dem Wandschirm, ein schwarzes Gesicht tauchte auf und große Augen sahen uns an, wir stellten uns vor.
Bassa: Treten sie näher, meine Herren, sie gestatten, daß ich mich weiter umkleide, ich bin im Ritz verabredet und dort wäre ich in meinem Bühnenkostüm wohl kaum korrekt angezogen.
vanDusen: Sie sehen mich verwundert, Miss Bassa.
Bassa: Wirklich Prof, was vermag einen Mann wie sie in erstaunen zu versetzen.
vanDusen: Ihr Auftritt, verehrte Miss Bassa, die gesamte Show, vor allem jedoch die törichte ja abstruse Kommentierung ihrer Aktionen durch Mr Boloski, auch wer sich nur flüchtig mit afrikanischer Geografie und Ethnologie befaßt hat weiß, daß das Kongobecken längst erforscht und kartografiert ist und daß es sich bei den Baluba um ein kulturell hochentwickeltes Bantuvolk handelt, welches keinesfalls der Anthropophragie zugetan ist.
Smiley: Anthro was.
Bassa: Kannibalismus, Inspektor, Menschenfresserei, Sie haben natürlich recht Prof, was Broksi da faselt, ist Unsinn, fauler Zauber, genau wie das was wir auf der Bühne veranstalten, die Tänze, das Gebrüll, das blutrünstige Getue, aber so wollen sie uns schließlich sehen.
vanDusen: Wir Miss Bassa.
Bassa: Sie alle, das Publikum, die weißen.
vanDusen: Und sie Miss Bassa spielen ein so unwürdiges Spiel mit.
Bassa: Warum denn nicht, so steht es im Vertrag mit Boloski und wir haben einen guten Vertrag, Pauschalgage und Beteiligung an den Einnahmen, wenn die sog zivilisierten heulende wilde sehen wollen und dafür tief in die Tasche greifen, bitte sehr, uh uh umba umba wuf wuff, Menschenfleisch lecker.
vanDusen: Ein recht zynischer Standpunkt, Miss Bassa.
Bassa: Mag sein Prof aber sie ja wohl nicht zu mir gekommen um ethische Probleme im Showbusiness zu diskutieren, was kann ich für sie tun, meine Herren.
Smiley: Ist ihnen dieses Objekt bekannt Miss.
Bassa: Mein weißer Schlangenfetisch, haben sie ihn gefunden.
Smily: Wenn sie gestatten Miss wir stellen die Fragen diese Schnitzerei gehört ihnen.
Bassa: Aber ja ich habe sie schon vermißt.
vanDusen: Seit wann.
Bassa: Das kann ich nicht genau sagen, gestern abend bei der Vorstellung da hatte ich sie noch meine kleine nioka und als ich mich heute abend herrichtete war sie verschwunden.
Smiley: So, sagt ihnen der Name Spargo etwas, Sir Roderick Spargo.
Bassa: Spargo, Spargo der blutige, Spargo mubomo, jeder Muluba kennt diesen verfluchten Namen, vor 20 Jahren hat der König der Belgier ihn als Herr über uns gesetzt, er hat uns bedrückt, er hat uns ausgebeutet, er hat uns gequält, unsere Männer starben, unsere Frauen wurden unfruchtbar, unsere Kinder verhungerte, unsere götter wurden vertrieben, Spargo ist ein coebe, ein böser Dämon.
Smiley: Er ist tot, Miss.
Bassa: Tot, Spargo ist tot, ich danke ihnen dank für diese wundervolle Nachricht, mein Herz jubelt, wenn der Feind meines Volkes lebt nicht mehr.
Smiley: Er wurde ermordet, Miss auf bislang ungeklärte Weise, wissen sie was darüber.
Bassa: Auf ungeklärteweise rätselhaft geheimnisvoll unerklärlich mystisch okkultisch.
Smiley: Wissen sie etwas über den Mord Miss.
Bassa: Vielleicht, Inspektor.
Smiley: Wo waren sie heute mittag zwischen 1 und 2 Miss.
Bassa: Hier.
Smiley: Haben sie Zeugen.
Bassa: Oh ja einige tausend Menschen, die Besucher der Sonntagmittag-Sondervorstellung, keine Frage ich war hier, mein Körper war hier.
Smiley: Ihr Körper.
Bassa: Lassen sich durch meine Pariser Robe nicht täuschen, ich bin eine Muluba, ich bin eine Ninganga, eine Hexe, eine Zauberpriesterin, die Minganga hat Macht über die Geister, mahama ist ihr zu diensten, der Geist der Rache, und simbka der Geist der blitzschnell tötet, von der Ninganga ausgesandt überwindet simuka jedes Hindernis, unsichtbar, unhörbar, bis er das von der niganga bestimmte Opfer reicht hat und dann dann tötet simbuka auf geheimnisvolle unerklärte okkulte Weise.
Smiley: Wollen sie behaupten Miss, sie hätten Spargo aus der ferne getötet durch Geister und magische Kräfte.
Bassa: Topoal, ich habe gesprochen.
Smiley: Und was sagen sie dazu Prof.
vanDusen: Zwei Worte Inspektor, fauler Zauber.
Smiley: Na ich bin da nicht so sicher, solange wir keine bessere Erklärung haben, sie wissen doch, es gibt mehr dinge zwischen Himmel und Erde als.
vanDusen: Unsinn lassen sich nicht düpieren, Miss Bassa ist eine intelligente Frau.
Bassa: Danke Prof.
vanDusen: Sie hat den Globetrotterclub nicht betreten und für die Tatzeit hat sie ein unerschütterliches Alibi, sie kann nicht verhaftet oder gar vor Gericht gestellt werden, es ist daher für sie völlig ungefährlich sich in vagen Andeutungen okkulter Natur zu ergehen, die Presse wird erfahren, durch Miss Bassa selbst, durch Mr Boloski.
Hatch: Fetischmord im globetrotterclub schwarze Zauberin hext afrikaforscher zutode
vanDusen: Das Ergebnis, alle Vorstellungen werden ausverkauft sein, der Vertrag der Balubatruppe wird verlängert, zu womöglich günstigeren Bedingungen.
Bassa: Sie sind ein intelligenter Mann.
Pomeroy: Wie siehts aus, meine Herren können wir aufbrechen.
Smiley: Von mir aus, Mr Pomeroy, falls Prof van Dusen nicht noch ein paar fragen.
Pomeroy: Hilfe, hilfe.
Smiley: Das ist Boloski, kommen sie.
Pomeroy: Als ich eben durch den Korridor kam, saß er noch auf seiner Kiste.
Hatch: Boloski saß nicht mehr auf seiner Kiste, er lag daneben, sein Gesicht war blau, die Zunge hing ihm aus dem Hals, seine Augen starrten ins nichts.
vanDusen: Boloski ist tot, erwürgt.
Pomeroy: Ermordet.
vanDusen: Ohne jeden Zweifel, Mr Pomeroy.
Pomeroy: Aber ich hab ihm doch erst vor ein paar Sekunden zugenickt und da war er noch am leben und allein.
Smiley: Als er schrie sind wir sofort nach draußen gelaufen.
Bassa: Es gibt hier kein Versteck und nur eine Tür zu meiner Garderobe.
Hatch: Wir hätten den Mörder sehen müssen.
Smiley: Also noch ein unmöglicher Mord.
vanDusen: Zwei anscheinend unmögliche Morde, mein Herrschaften, wenn wir sie im Zusammenhang sehen, gewissermaßen addieren.
Hatch: zwei plus zwei.
vanDusen: So ungefähr mein lieber Hatch, wenn wir sie addieren so erhalten wir.
Hatch: 4.
vanDusen: Mitnichten mein lieber Hatch, wir erhalten ein Verbrechen, ein plausibel ein erklärbares, ein durchaus mögliches Verbrechen, meine Herrschaften, der Fall ist gelöst, folgen sie mir in den Globetrotterclub, Prof Dr Augustus van Dusen lädt sie ein zu einem kriminologischen Spezialkolleg oder wenn sie so wollen zu einer Sonntagabend-Sondervorstellung.
Hatch: Eine Stunde später, 11 Uhr nachts im Lesesaal des Clubs hatten sich alle Beteiligten versammelt, Kabora Bassa, Pomeroy, der alte Wallace, Mandrake und Pimpernel, die munteren Mumien, Toddels, Smiley und seine Bobbys, ich natürlich und vor allem seine Genialität der Herr Prof.
vanDusen: Gestatten sie mir meine Herrschaften daß ich ihre Aufmerksamkeit auf eine Tatsache lenke, dessen große ja überragende Bedeutung für vorliegenden Fall ihnen womöglich entgangen sein dürfte, ich meine den nicht eben blühenden Zustand dieser Zimmerpalme, es handelt sich übrigens um eine curifa austiralis, eine neuseeländische Schirmpalme, ihre Wedel sie sehen es selbst sind von ungesund gelber Farbe und hängen schlaff herunter, aus gutem Grund.
Smiley: Warum.
Mandrake: Nicht gegossen.
vanDusen: Doch Mr Madrake die Palme wurde gegossen, jedoch nicht mit Wasser, sondern mit Whisky, mit Whisky welche eine größere Menge Zyankali enthielt, dieser Tatbestand konnte ich bereits konstatieren bevor ich den Club verließ um die Völkerschau im Olympia aufzusuchen und auch jetzt noch läßt sich ein schwacher doch unverkennbarer Geruch nach Alkohol und bitteren Mandel wahrnehmen, was bedeutet das, es bedeutet das Gift welches Sir Rodrick Spargo tötete befand sich im ersten von ihm bestellten doppelten Whisky, er trank ihn und starb unmittelbar darauf
Pomeroy: Das stimmt nicht Prof, Sir Roderick hat danach noch mit mir geredet.
Mandrake: Ja wir haben es gehört was Pimpernel.
Pimpernell: Ganz deutlich Mandrake.
vanDusen: Zweifellos, ebenso deutlich wie ich selbst nebst Miss Bassa Smiley und anderen im Garderobentrakt des Olympia Bolsoskis Todesschreie zu hören glaubte, wir haben es hier nämlich mit einem Phänomen zutun, oder besser gesagt mit einer nicht gewöhnlich Fertigkeit welche gewisse darin geübte Personen in den stand setzt, Töne und Worte ohne bemerkbare Bewegung des Mundes auf eine weise wahrnehmbar zu machen daß die Hörer annehmen müssen, sie rührten von einem anderen unter umständen entfernt ort her, ich meine natürlich.
Bassa: Bauchreden, Prof.
vanDusen: In der Tat Miss Bassa, schon früh während der von mir durchgeführten Befragung in diesem Club mutmaßte ich, der Mörder sei ein Ventriloquist, ein Bauchredner, doch erst nach Boloskis Tod war ich meiner Sache sicher, erwürgen stellt eine relativ langwierige Tötungsart dar, zwischen dem Beginn der Aktion und dem Eintritt des Todes vergehen mehrere Minuten, als ich Boloski im Korridor untersuchte, war er bereits tot, er hätte also keinesfalls Sekunden vorher schreien oder gar Worte bilden können, die Folgerung was ich gehört hatte, war nicht Boloskis Stimme, sondern eine von seinem Mörder hervorgebracht ventriloqustische Imitation und weiter, was sie Mr Mandrake, Mr Pimpernel in diesem Raum vernommen haben.
Mandrake: Es hörte sich an wie Spargo, war aber nicht Spargo.
Pimpernel: War ein Bauchredner.
vanDusen: So ist es, der Mörder praktizierte Zyankali in Spargos Whisky, Spargo trank, der Tot trat ein, der Mörder nahm dem Opfer das Glas aus der Hand, goß den Rest in den Palmentopf und ließ sodann den Toten einige Minuten reden.
Toddels: Wenn ich mir eine Frage erlauben darf, den zweiten Whisky hat demnach der Mörder bestellt.
vanDusen: Mit Sir Roderich Stimme, jawohl Toddels.
Toddels: Da läuft es mir noch nachträglich eiskalt über den Rücken, wenn sie mir diese persönliche Bemerkung gestatten.
vanDusen: Erleichtert wurde die Täuschung durch die Tatsache, daß die Zeugen unter gewissen altersbedingten Wahrnehmungseinschränkung litten.
Mandrake: Vielleicht sind wir ein ganz kleines bißchen kurzsichtig.
Pimpernel: Und vielleicht hören wir auch nicht mehr ganz so gut.
Mandrake: Aber blöd sind wir nicht.
Pimpernel: Wir wissen jetzt, wer der Mörder ist.
Smiley: Ach wirklich.
vanDusen: Sie nicht Inspektor.
Smiley: Wenn ich ehrlich bin.
vanDusen: Nur eine Person kommt in frage, eine Person, welche sich bei beiden Morden zur Tatzeit am Tatort aufhielt, eine Person welche durch längeres Verweilen beim Zirkus geboten war die schwierige Kunst des Ventriloqusimus anzueignen.
Hatch: Pomeroy.
vanDusen: Wer denn sonst, mein lieber Hatch.
Mandrake: Das wundert uns nicht, was Pimpernel.
Pimpernel: Ganz und gar nicht Mandrake, vom unfähigen Clubsekretär zum Mörder ist es nur ein klitzekleiner Schritt.
vanDusen: Und damit wären wir auch beim Motiv des Täters angelangt, Pomeroy einem aristokratischen Hause entsprungen jedoch als jüngerer Sohn weder vermögend noch aussichtsreicher Erbe nennt ein nicht eben wohlfeiles Automobil sein eigen, während die Mitglieder des von ihm verwalteten Clubs sich mit zweit-klassigem Portweinen und minderwertigen Speisen abfinden müssen, kein Zweifel Pomeroy unterschlägt Gelder des Globetrotterclubs, eine kritische Durchsicht der Bücher welche ich ihnen überlassen kann Inspektor, Spargo hat Pomeroys Unter-schlagung entdeckt und ihm mit Bloßstellung gedroht, deshalb mußte er sterben.
Bassa: Und darüber kann ich aus gutem Grund keine Trauer empfinden, aber warum hat Pomeroy auch Boloski umgebracht, was hat der mit Spargo zu tun.
vanDusen: Um das zu erläutern sehe ich veranlaßt ein wenig weiter auszuholen, als er von der Anwesenheit der Balubatruppe in London Kenntnis erhielt, beschloß Pomeroy angesichts der ihm wohl bekannten blutigen Vergangenheit Sir Roderisch, sie Miss Bassa zu belasten in dem er mystiösen fakischen Fetischmord inszenierte, dabei unterstützten ihn seine ventriloquistischen Fertigkeiten und ihr Schlangen-fetisch welche er seinen Opfer zuspielte, um es in Todesangst zu versetzen, erhalten hat er ihn dessen bin ich sicher von Boloski, einem Bekannten dessen bin ich ebenfalls sicher aus alten amerikanischen Zirkustagen, wie seine Reaktion zeigte, wußte Boloski allerdings nicht, daß Sir Roderich ermordet werden sollte, er war entsetzt und Pomeroy trennte sich von uns, um ihn zu beschwichtigen, als er das nicht gelang, tötete er den gefährlichen Mitwisser, auch nach diesem Mord gab er eine Einlage als Ventriloquist um sich ein Alibi zu verschaffen, doch gerade dadurch ich hab es bereits ausgeführt dadurch hat Antony Pomeroy sich als Mörder entlarvt, als der skrupellose Doppelmörder von Sir Roderick und King Cole Boloski.
Smiley: Was ist denn jetzt.
Hatch: Wurde es plötzlich duster, Pomeroy hatte das Gaslicht abgedreht, im Lesesaal brach ein mittleres Chaos aus, alles rief und lief durcheinander und Prof van Dusen fing an mit sich selbst zu streiten.
vanDusen: Halten sie ihn, Inspektor.
Pomeroy: Lassen sie den Mann laufen.
Hatch: Ja was denn nun Prof.
vanDusen: Hören sie nicht auf ihn, Inspektor das bin ich nicht.
Pomeroy: Natürlich bin ich Prof van Dusen.
vanDusen: Nein, ich.
Hatch: Prof, was ist los, wo stecken sie.
vanDusen: Hier.
Pomeroy: Unsinn ich bin hier.
vanDusen: Nein hier bin ich, behalten sie kühlen Kopf, entzünden sie das Gaslicht mittels Streichholz.
Hatch: Wird gemacht Prof.
Smiley: Endlich. Wo ist Pomeroy.
Toddles: Wenn sie gestatten, meine Herrschaften, Mr. Pomeroy hat sich ohne Abschied empfohlen.
Smiley: Ja aber sie standen doch neben ihm, Miss Bassa, warum haben sie nicht an der Flucht gehindert.
Bassa: Ich habe keinerlei Veranlassung, ihnen den Mann festzuhalten, der Spargo getötet hat aus welchem Grund auch immer.
Smiley: Weit wird er jedenfalls nicht kommen, los Männer hinterher, jawohl, Spargo.
Hatch: Plötzlich waren sie überall, Prof, in jeder Ecke, sogar im Kamin.
vanDusen: Eine für den bewanderten Ventriloquisten nicht eben schwierige akustische Täuschung, mein lieber Hatch.
Hatch: Einen Augenblick lang dachte ich tatsächlich sie hätten sich vervielfacht.
van Dusen: Eine absurde Vorstellung mein lieber Hatch.
Hatch: Nicht wahr Prof.
vanDusen: Die Welt mein lieber Hatch ist zu klein um mehr als einen Professor van Dusen zu tragen.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Inspektor Smiley von Scotland Yard: Rolf Marnitz
Kabora Bassa, Zauberin aus Afrika: Ursula Heyer
Anthony Pomeroy, Sekretär im Globetrotter Club: Wolfgang Condrus
Toddles, Diener im Club: Heinz Spitzner
Mandrake, Club-Mitglied: Herbert Weißbach
Pimpernel, Club-Mitglied: Otto Czarski
King Cole Boloski, Chef einer Völkerschau: Hans Werner Bussinger
Alfred Russel Wallace, Wissenschaftler: Helmut Heyne
Michael Koser: Prof. van Dusen im letzten Moment (RIAS 1989)
Hatch: Prof. van Dusen in der Todeszelle, das ist ein Kapitel für sich, was sage ich Kapitel, ein ganzer Roman, ein Roman der anfängt mit der Flucht aus dem sichersten Gefängnis der Welt, Sie kennen die Geschichte meine Damen und Herren und der zuende geht an jenem tragischen Aprilmorgen im Gefängnis von San Francisco, aber dazwischen gab es im Leben des großen Kriminologen noch eine Todeszelle, die bekannteste von allen, die Todeszelle von Sing Sing, Donnerstag 8. Mai 1902, ein Uhr mittags.
Wärter: Haben Sie gehört Kelly, noch 30 Stunden, 30 Stunden sind schnell vorbei, Kelly.
Kelly: Lassen Sie mich in Ruhe.
Wärter: Ruhe, Sie kommen nicht mehr zur Ruhe, Kelly, Sie müssen immer wieder daran denken, sich vorstellen, wie es sein wird, morgen abend, wie wir sie aus der Zelle holen und über den Gang schleppen nicht weit Kelly nur bis zu dem kleinen Raum ohne Fenster gleich nebenan und was da auf sie wartet das wissen sie Kelly, der Stuhl, der elektr. Stuhl, sie nehmen Platz Kelly, wir schnallen sie an, wir machen die Kontakte fest an ihren Knöchel und auf ihren kahlgeschoren Schädel, sie sitzen da und warten warten, der Obmann der Jury gibt das Zeichen, ich schalte den Strom ein, aber sie sind gleich tot Kelly glauben sie das ja nicht, sie werden schmoren, Kelly Sekunden Minuten eine Ewigkeit, sie werden sich aufbäumen.
Kelly: Hören sie auf.
Wärter: Nur noch 30 Stunden Kelly.
Hatch: Versetzen sie sich aus der Todeszelle im Zuchthaus Sing Sing an einem wesentlich angenehmeren Ort, in das Haus von Prof van Dusen, zwei Personen befanden sich im Salon, der Hausherr und meine Wenigkeit Hutchinson Hatch, wir hatten uns ein paar Wochen nicht gesehen, ich war in Kanada gewesen wegen einer Reportage und der Prof. hatte in dieser Zeit am geheimnisvollen Element Radium herumgeforscht und sich jeder kriminologischen Abschweifung enthalten, ganz leicht konnte ihm das nicht gefallen sein sonst hätte er mich nicht gleich gefragt.
vanDusen: Nun mein lieber Hatch was bringen sie mir, einen mysteriösen Mord, ein kriminologisches Problem, welches unsere wackere Polizei wieder einmal vor ein unlösbares Rätsel stellt, gibt es etwas neues.
Hatch: Nicht daß ich wüßte, Prof, hm, der Fall Kelly natürlich aber ist nicht neu und ein unlösbares Problem ist er auch nicht weil er nämlich abgeschlossen ist, Kelly ist rechtkräftig verurteilt, morgen abend kommt er auf den elektrischen Stuhl das ist so sicher wie das amen in der Kirche.
vanDusen: In der Tat mein lieber Hatch.
Hatch: Da beißt keine Maus auch nur den allerkleinsten Faden ab, die Sache ist gelaufen, und dabei hat er ihn womöglich gar nicht umgebracht den alten Waldorf, na was solls, Kelly sitzt in der Todeszelle, und da holt ihn keiner raus.
vanDusen: Meinen Sie mein lieber Hatch.
Hatch: Nichts mehr zu machen, traurig, und wie siehts denn so bei ihnen aus Prof, leben noch frisch was macht die Wissenschaft erzählen sie doch mal dieses Radium.
vanDusen: Später später mein lieber Hatch, ihr Automobil.
Hatch: Vor der Tür aber was.
vanDusen: Komm sie schon.
Hatch: Ja wohin denn Prof.
vanDusen: Nach Sing Sing natürlich.
Hatch: Na also, wir fuhren los in meinem Pierce Arrow, aber nicht direkt in Richtung Sing Sing, ich machte einen kleinen Umweg über den Times Square, da stand schon jemand an der Straße und wartete mit Ungeduld, ich hielt, er stieg zu, ich gab Gas.
vanDusen: Was hat das zu bedeuten.
Hatch: Darf ich vorstellen, Mr Dolphin, Elmar S Dolphin, Anwalt der Rechte, Prof van Dusen die sog. Denkmaschine.
Dolphin: Wer kennt ihn nicht, den weltberühmten Wissenschaftler und Amateur- kriminologen, ich freue mich Prof, ich freue mich wirklich sehr, daß sich bereit gefunden haben meinem Mandanten zu helfen.
vanDusen: Ihrem Mandanten Mr Dolphin.
Dolphin: Ja hat Hatch sie nicht informiert, ich bin der Verteidiger von Francis Kelly.
vanDusen: Ich verstehe, ein abgekartetes Spiel, ich wünsche nach hause zurück zu kehren, Hatch, haben sie die Güte zu wenden.
Dolphin: Warten sie Hatch, ja ich geb es ja zu, ich hab meinem alten Freund Hatch gebeten auf sie einzuwirken, sie für den Fall meines Mandanten zu interessieren.
Hatch: Und das hat ja auch geklappt, haha, gewußt wie.
Dopphin: Und warum hab ich so gehandelt Prof weil es gilt einen Justizmord zu verhindern, weil es gilt das leben eines unschuldigen zu retten, und weil nur ein Mensch fähig ist das Unmögliche möglich zu machen, nur ein Mensch in New York, in Amerika, in der ganzen Welt, sie Prof van Dusen.
Hatch: Bravo.
vanDusen: Hände ans Steuer, Hatch, da sie an den Menschen in mir appellieren.
Dolphin: An den Menschen, an den Kriminologen, an das Genie, sie dürfen sich ihrer humanitären Pflicht nicht entziehen.
vanDusen: So hat es den Anschein Mr Dolphin, nun gut, worum geht es, referieren sie, knapp summarisch jedoch präzise.
Hatch: Und von Anfang an.
vanDusen: Hatch bitte.
Hatch: Und der Anfang war das große Kostümfest im Hause Waldorf, Park Avenue am 25. Januar, das Ereignis der Saison, davon müssen sogar sie etwas gehört haben Prof.
vanDusen: Nicht das mindeste mein lieber Hatch.
Hatch: Sie leben eben auf dem Mond Prof.
vanDusen: Wie ihnen durchaus bekannt ist lebe ich in der 35. Straße West nicht weit von der öffentlichen Bibliothek, dort pflege ich mich den exakten Wissenschaften zu widmen, gelegentlich in meinen Mußestunden wohl auch der Kriminologie, keinesfalls jedoch törichten Zerstreuungen wie sie in der sog. guten Gesellschaft im schwange sind, insofern.
Hatch: Müssen wir sie wohl ein bißchen ausführlicher aufklären.
vanDusen: Darum bitte ich.
Hatch: Also das Fest stand unter dem Motto die Wunder des 20 Jahrhunderts und entsprechend waren die Kostüme, modern verwegen der Zeit voraus und wunderbar vor allem wunderbar, Mrs Morgan und Mrs Vanderbild hatten ihre Roben mit Phosphor bestrichen und strahlten um die Wette als Elektrizität und als Radium.
vanDusen: Radium.
Hatch: Der alte Rockefeller wandere in einer Art Goldene Kutte, er war nämlich der sog. Krösus.
vanDusen: Krösus im 20 Jahrhundert.
Hatch: Ja da das hab ich ihn auch gefragt, und er hat gesagt Geld braucht der Mensch in jedem Jahrhundert mein Sohn, dabei hat er Mrs Rockefeller angestoßen und die klirrte und klapperte weil sie Krösus Schatzkammer vorstellte und mit Schmuck behängt war wie ein Weihnachtsbaum, der einzige Mensch der kein Kostüm trug war der Gastgeber Mr Waldorf, als erfolgreichster Bankier der Ostküste hielt er eine Verkleidung wohl für unter seiner Würde und begnügte sich mit einem schlichten Frack, aber diesen Mangel machte die Gastgeberin mehr als wett.
vanDusen: Mrs Waldorf meinen sie.
Hatch: Nein ich meine Mrs Steuvesant, Waldorfs Schwester, er ist nämlich Witwer und wenn er zu feierlichen Anläßen eine Dame des Hauses braucht.
vanDusen: Ich verstehe ich verstehe bitte bemühen sie sich ihre Ausführungen ein wenig zu straffen.
Hatch: Ja keine Angst Prof, gleich wirds kriminell oder kriminologisch, wenn ihnen das lieber ist.
vanDusen: Ja bitte.
Hatch: Wo war ich denn.
Dolphin: Mrs Steuwesand.
Hatch: Richtig Mrs Steuwesand hatte sich mit Unmengen grauer Seide umwickelt und schwebte als Luftschiff über den ganzen.
vanDusen: Verrückt.
Hatch: Kurz, Glanz und Glamour allüberall, ganz New York war da, das heißt die Spitzen der Gesellschaft, die oberen 400.
Dolphin: Da durfte natürlich auch Hutchinson Hatch junior nicht fehlen, ein interessantes Kostüm hatten sie übrigens an Hatch was wars doch gleich.
Hatch: Damit brauchen wir uns jetzt nicht aufzuhalten.
Dolphin: Seien sie doch nicht so bescheiden, Hatch, war doch originell ihre Aufmachung, Brille, gelbe Perücke, altmodischer Rock, dann liefen sie so komisch mit eingeknickten Knien und murmelten dauernd vor sich hin, was war das noch.
Hatch: Auweia.
Dolphin: Irgendwas mathematisches 1 mal 1.
vanDusen: Das ist doch.
Dolphin: 2 plus 2, richtig 2 plus 2 gibt vier.
vanDusen: Hatch sie haben sich unterstanden.
Hatch: Prof da muß ich wohl beichten.
vanDusen: Darum möchte ich bitten.
Hatch: Ja ich war als sie auf dem Fest, als Prof van Dusen, ein Riesenerfolg, die Leute haben sich totgelacht, waren sehr beeindruckt, meine ich, wenn sie kein Wunder des 20 Jh, Prof dann weiß ich nicht.
vanDusen: Schweigen sie, Hatch, gehe ihr recht in der Annahme besagtes Kostüm sei auch von ihnen besucht worden Mr Dolphin.
Dolphin: Ja Prof ich war ein mechanischer Mensch, mein Schneider hatte mir ein.
vanDusen: Sehr interessant in diesem Falle seien sie so freundlich den Bericht fortzusetzen, was sie betriff Hatch ihnen empfehle ich mit aller Dringlichkeit sich auf die Führung des Automobil zu konzentrieren, ihre Aufmerksamkeit ungeteilt dem Straßenverkehr zuteilwerden zu lassen, ich höre Mr Dolphin.
Dolphin: Nun es war mein Freund Hatch hat es ja bereits angedeutet ein rauschendes Fest, Jubel Trubel Heiterkeit, Eleganz, es wimmelte von lebenden Maschinen aller Art, von Unterseebooten.
vanDusen: Gewiß Mr Dolphin gewiß, kommen sie doch bitte zur Sache.
Dolphin: Sehr wohl Prof, gegen 10 Uhr gab es eine längere Tanzpause, das junge Volk begann bereits unruhig zu werden, und Mrs Steuvesand, ein Dame die ihre Pflichten als Gastgeberin sehr ernst nimmt, begab sich zur Orchesterempore um die Musiker zur baldigen Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit zu bewegen, Waldorf blieb an seinem Tisch und trank Champagner mit seiner Tochter und ihrem Verlobten.
Hatch: Ja das war ja überhaupt der Grund für das ganze Fest, die Verlobung von Diotima Waldorf und Lord Tilbury aus England, nett sah sie aus Diotima als neue Frau in ihrem kurzen engen Reformkleidchen, fanden sie nicht Dolphin, vor allem neben dem edlen Lord, der sich als Marsmensch verkleidet hatte, eine aufgeblasene grüne Kugel mit sechs Armen und 2 Antennen obenauf, die Schöne und das Biest.
vanDusen: Ihre mehr oder weniger munteren Impressionen aus der großen Welt mögen im Daily New Yorker am platz sein, in einem seriösen kriminologischen Vortrag muß ich sie mir aufs entschieden verbitten.
Hatch: Bitte.
vanDusen: Und sie Mr Dolphin.
Dolphin: Ich komme zur Sache, das heißt ich bin ja schon mitten drin, denn in der erwähnten Tanzpause sprang plötzlich ein Gast auf den Tisch, neben der den Waldorfs, ein Gast im Kostüm eines Aeronauten, er riß Lederhelm und Brille ab, verlangte Ruhe und als es nicht sofort still wurde, zog er aus seiner weiten Jacke einen gewaltigen Revolver und schoß in die Luft, dann richtete er die Waffe auf Waldorf, der war bleich geworden, offenbar kannte er den Mann.
Kelly: Ich sehe sie haben mich nicht vergessen Waldorf.
Diotima: Francis.
Kelly: Und du erinnerst dich auch noch an mich, Diotima, wie nett, den übrigen Anwesenden darf ich mich bekannt machen, mein Name ist Kelly, Francis Rian Kelly, vorbestraft 1 Jahr Gefängnis Betrug und Veruntreuung, sie wissen Waldorf, wem ich das verdanke, ihnen ganz allein ihnen.
Waldorf: Hören sie Kelly.
Kelly: Sie hören Waldorf, sie hören mir zu, sie alle hören mir zu, ich hab ihnen etwas zu sagen über unseren geschätzten Gastgeber den ehrenwerten Mr Walter Waldorf, Bankier und Börsianer von untadeligen Ruf, er ist ein Lump, unser lieber Mr Waldorf, ein Lügner, ein gemeiner Betrüger.
Waldorf: Was erlauben sie sich.
Kelly: Ganz ruhig Waldorf sonst geht mein Revolver los, ich liebte ihre Tochter, Waldorf ich liebe sie immer noch.
Diotima: Francis.
Kelly: Das mißfiel ihnen, Waldorf ich war ja nur ein kleiner Börsenmakler und sie hatten ganz andere Pläne für ihr Kind, sie versuchten uns auseinanderzubringen, aber es gelang ihnen nicht, und da beschlossen sie, mich auf andere Weise loszuwerden, sie kamen zu mir und sagten sie wollten mich reich machen, alles was ich hätte sollte ich in die Firma Chemopetrol investieren, ein kleines Unternehmen in Pittsburgh, ein neues technisches Verfahren und ein hoher Kredit würde den Wert der Aktien über Nacht verzehnfachen, ein todsicheres Geschäft, sie rieten mir die bei mir liegenden Kundengelder kurzfristig auszuleihen und damit Chemopetrol Aktien zu kaufen, ich wollte nicht, aber sie haben mich überredet, goldene Berge habe sie mir versprochen und die Hand ihrer Tochter.
Diotomia: Francis.
Kelly: So wars doch, Waldorf am nächsten Tag ging die Firma Chemopetrol bankrott, kein neues Verfahren, kein Waldorfkredit, ich war ruiniert, ich stelle sie zu rede, sie stritten alles ab, ich beschwor sie mir Geld vorzustrecken damit ich meine Kunden auszahlen konnte, sie haben mich ausgelacht und die Polizei anrufen, sie haben mir eine Falle gestellt, sie haben mich ins Gefängnis gebracht und während ich meine Strafe absaß, haben sie ihre Tochter an einen englischen Lord verkuppelt und du hast dich verkuppeln lassen, Diotima.
Diotima: Aber Francis ich wußte nicht.
Kelly: Sie sind eine Kanaille Waldorf eine widerliche gemeine Kanaile sie haben mein Leben zerstört und dafür werden sie zur Rechenschaft gezogen, jetzt auf der Stelle.
Waldorf: Darüber können wir in Ruhe reden, Kelly, morgen.
Kelly: Heute werden sie reden Waldorf, sie werden eingestehen was sie mir angetan haben hier vor ihren Gästen, ihren Freunden, vor den Menschen auf deren Achtung sie wert legen und vor Diotima und ihrem Verlobten, und dann werden sie mich um Verzeihung bitten, machen sie den Mund auf Waldorf, sie wollen nicht, dann werden sie sterben.
Waldorf: Nein Kelly nicht.
Diotima: Oh was hast du getan Francis.
Kelly: Das versteh ich nicht.
Dolphin: Kelly hatte abgedrückt und Waldorf war zusammengebrochen, Lord Tilbury und ein paar andere Gäste, die in der Nähe waren, stürzten sich auf den Schützen, entrissen ihm die Waffe, überwältigen ihn, der Butler telefonierte nach der Polizei, Waldorf wurde in ein abgelegenes Zimmer getragen, aber der Arzt konnte nur noch den Tod feststellen, Todesursache eine Schußwunde über dem Herzen.
vanDusen: Aha, wie verhielt sich Kelly.
Dolphin: Er ließ alles mit sich geschehen, wirkte verstört.
Hatch: Und machte ein ausgesprochen dummes Gesicht.
Dolphin: Beim Polizeiverhör erkläre er sich für unschuldig, er erzählte eine kuriose Geschichte, die er später vor Gericht wiederholte, daß er nämlich nach der Entlassung aus dem Gefängnis.
vanDusen: Bitte Mr Dolphin, was Kelly zu berichtet hat, wünsche ich aus erster Hand das heißt aus seinem Mund zu vernehmen.
Dolphin: Einverstanden Prof aber das sollten sie wissen, als Kellys Revolver ballistisch untersucht wurde im Labor der Kriminalpolizei stellte sich eindeutig und einwandfrei heraus, daß die Kugel in Waldorfs Herzen aus dieser Waffe und keiner anderen stammte.
Hatch: Vergessen sie den Drohbrief nicht Dolphin.
vanDusen: Drohbrief.
Dolphin: Ja drei Tage vor dem Kostümfest hatte Waldorf einen mit der Maschine geschriebenen anonymen Drohbrief erhalten und in Kellys Zimmer fand die Polizei eine Schreibmaschine, eine alte Underwood.
Hatch: Und die ist genau diejenige welche.
vanDusen: Ohne jeden Zweifel.
Dolphin: Ohne jeden Zweifel Prof, wenn sie jetzt sagen sie wollen umkehren könnte ich es ihnen nicht verdenken, der Fall erscheint so einleuchtend, so absolut klar, einige hundert Tatzeugen dazu diverse gewichtige Indizien.
vanDusen: Ein wenig zu viel des guten, finden sie nicht Mr Dolphin.
Dolphin: Genau das ist auch mein Eindruck Prof, Kelly ist kein Idiot und nur ein Idiot würde einen Mord auf diese weise.
Hatch: Wir sind da, Sing Sing voraus.
Hatch: Die Uhr schlug vier, als wir den finsteren Gang mit den drei Gittertüren betraten, death row, die Todeszeile, nur eine Zelle war besetzt, der muffige Wärter schloß die Tür auf und bleib daneben stehen.
Wärter: Vorschrift.
Kelly: Hallo Dolphin.
Dolphin: Kelly.
Kelly: Was soll denn das werden, ne Abschiedsparty.
Dolphin: Francis Rayn Kelly.
Kelly: Zum Tode verurteilt und dennoch ungebrochen.
Wärter: Warts ab Freundchen das heulen und zähneklappern kommt noch in 26 Stunden.
Dolphin: Prof van Dusen, Mr Hutchinson Hatch.
Kelly: Was sie sind der berühmte van Dusen der Superschnüffler die Denkmaschine.
Hatch: Enttäuscht Kelly.
Kelly: Ehrlich gesagt ja, den hab ich mir anders vorgestellt, irgendwie imposanter.
vanDusen: Ich bedaure ihren Vorstellungen so wenig zu entsprechen Mr Kelly, kommen sie.
Dolphin: Bitte Herr Prof, bitte gehen sie nicht, jetzt hören sie mal zu Kelly, man hat mir alles abgeschmettert, Berufung, Eingaben, Gnadengesuch, Prof van Dusen ist ihre letzte Chance oder wollen sie auf den elektrischen Stuhl.
Kelly: Tut mir leid, danke daß sie gekommen sind, Prof bin ein bißchen nervös.
Wärter: Bißchen nervös.
vanDusen: Nungut Kelly angesichts der Situation in welcher sie sich befinden bin ich bereit, ihre mangelhaften Manieren zu übersehen, auch ein Flegel hat Anspruch auf Gerechtigkeit, sagen sie was sie zu sagen haben.
Kelly: Die Wahrheit, Prof ich werde ihnen erzählen was wirklich passiert ist, hören sie zu.
Hatch: Kelly bestätigte uns, was wir schon wußten, wie Waldorf ihn reingeritten, von seiner Tochter getrennt und ins Gefängnis gebracht hatte.
Kelly: Als ich rauskam übrigens genau am 1. Januar nahm ich mir ein Zimmer unten in Hesterstreet, besseres Viertel konnte ich mir nicht leisten, kaufte mir eine gebrauchte Schreibmaschine, versuchte wieder fuß zu fassen, als Agent, Vermittler, an der Börse war es vorbei, viel zu tun gabs nicht, ich krebse so rum, dann traf ich Quinn.
vanDusen: Wen.
Kelly: Den geheimnisvollen Quinn eines abends in der Kneipe, wir kamen ins Gespräch und stellten fest, daß uns was verband, die Abneigung gegen einen gewissen Bankier.
Quinn: Nieder mit Waldorf.
Kelly: Tod dem Blutsauger.
Quinn: Tod das ist wohl ein bißchen übertrieben Kelly aber heimzahlen sollten sie es ihm schon, was er mit ihnen gemacht hat, übrigens haben sie den Daily New Yorker von heute schon gelesen.
Kelly: Hab ich, Quinn, hab ich, Diotima Waldorf verlobt sich mit einem englischen Aristokraten und deshalb gibt Daddy nächsten Sonnabend Fest mit Kostümzwang.
Quinn: Da fällt mir was ein Kelly, eine interessante Sache, die vor ein paar Jahren passiert ist in Rio de Janeiro glaub ich, einem kleinen Beamten ist unrecht geschehen durch ein hohes Tier und dafür hat er sich auf ungewöhnliche Weise gerächt, er hat sich auf dem Empfang des Bürgermeisters eingeschlichen mit einer Pistole, hat ihm sein Sündenregister vorgehalten und ihn gezwungen, seine Schandtaten vor aller Welt zu bekennen, wie finden sie das, Kelly.
Kelly: Klingt nicht schlecht, Quinn.
Quinn: Nicht wahr wenn ich das mal auf ihren Fall übertrage, sie könnten Waldorf blamieren und vor der Öffentlichkeit rechtfertigen.
Kelly: Und vor Diotima.
Quinn: Auch das, Kelly denken sie mal drüber nach, ich habe Verbindungen, ich könnte ihnen, wenn sie wollen eine Eintrittskarte für Waldorfs Fest besorgen.
Kelly: Ich fing an mich mit der Idee anzufreunden, ein paar Tage vor dem Kostümfest kam Quinn zu mir, ich hatte ihm meine Adresse gegeben.
vanDusen: Ein paar Tage, wann genau.
Kelly: Das Fest war am 25. Januar und Quinn war bei mir am am 21. Dienstag, er brachte die Karte mit, wir setzten uns zusammen und machten einen Plan, wir berieten meinen Auftritt, das heißt was ich wann tun und sagen sollte, mein Kostüm und dann das wichtigste.
Quinn: Die Waffe, die brauchen sie unbedingt, Kelly, sie müssen sich doch Respekt verschaffen bei der ganzen Gesellschaft, vor allem bei Waldorf, gleich wenn sie loslegen schießen sie einmal in die Decke, damit ganz klar ist, sie meinen es ernst, und später wenn der alte Gauner nicht gestehen will, ein zweiter Schuß direkt auf ihn gezielt.
Kelly: Aber mit Platzpatronen.
Quinn: Natürlich mit Platzpatronen, sie wollen ihn doch nicht wirklich umbringen, sie tun nur so, aber da er das nicht weiß, wird er in seiner Todesangst auf alles eingehen, sie brauchen also eine Waffe, die nach was aussieht, die Angst macht, eben als ich durch die Hesterstreet ging, hab ich das richtige für sie gesehen im Fenster des Pfandleihers an der Ecke, Colt Peacemaker, Kaliber 45, die berühmten Revolver unserer Wildwesthelden, 20 cm langer Lauf, sehr eindrucksvoll, laufen sie gleich runter, kaufen sie sich so ein Ding, haben sie Geld.
Kelly: 10 Dollar sollte ein Revolver kosten, ich handelte die Pfandleiherin runter auf 8.
vanDusen: Einen Augenblick, Kelly, wenn ich recht verstehe, befanden sich im Besitz der Pfandleihanstalt 2 Coltrevolver der Marke Peacemaker.
Kelly: Na klar ein paar, das ist so im wilden westen, man hat zwei Revolver, einen rechts einen links, haben sie denn nie ein Buffalo Bill Heft gelesen.
Hatch: Wo denken sie hin Kelly.
vanDusen: Das betreffende Pfandleihinstitut, wo genau befindet es sich.
Kelly: Hester Ecke Norfolk Street.
vanDusen: So, sie erwarben also eine der beiden ausgestellten Waffen, während dieser Zeit befand sich Quinn in ihrem Zimmer.
Kelly: Ja.
vanDusen: Allein.
Kelly: Das nehm ich doch an.
vanDusen: Mit Zugang zu ihrer Schreibmaschine.
Kelly: Die stand auf dem Tisch.
Dolphin: Ich verstehe Prof der Drohbrief an Waldorf.
vanDusen: Darauf will ich hinaus Mr Dolphin, fahren sie fort Kelly.
Kelly: Als ich zurückkam, hatte Quinn es eilig, aber tags darauf war er wieder bei mir, wir besprachen nochmal alle Einzelheiten, vor allem auf den zweiten Schuß direkt auf Waldorf, hat Quinn größten Wert gelegt wegen der psychologischen Wirkung hat er gesagt, wir haben die Sache geübt richtig durchgespielt so wie es dann tatsächlich ablief.
Dolphin: Mit einem Unterschied, Waldorf wurde erschossen.
Kelly: Das versteh ich bis heute nicht.
vanDusen: Ihr Revolver enthielt Platzpatronen.
Kelly: Ja.
vanDusen: Wann haben sie ihn geladen.
Kelly: Am 25 abends kurz bevor ich das Haus Waldorf betrat.
vanDusen: Könnten die Platzpatronen danach gegen scharfe Munition ausgetauscht worden sein.
Kelly: Unmöglich der Revolver war die ganze Zeit in der Innentasche, ich hab ihn nicht aus der Hand gegeben, bis ich überwältigt und entwaffnet wurde, das war nach dem Schuß.
vanDusen: Nach dem Schuß, sie wurden also festgenommen, ins Polizeigefängnis eingeliefert, verhört.
Kelly: Tagelang, nächtelang, mal nett und freundlich, mal dritter grad, geglaubt haben sie mir kein Wort.
Dolphin: Also dennoch das muß ich zur Ehrenrettung der Polizei hier einflechten, man gab sich alle Mühe den mysteriösen Mr Quinn aufzuspüren, niemand kannte ihn, niemand hat ihn gesehen, als habe es ihn nie gegeben.
vanDusen: Wie sah Quinn aus, Kelly, beschreiben sie ihn.
Kelly: Ältlich, 50 bis 60, graue Haare, grauer Bart, ungepflegt, runtergekommen, schäbig angezogen, speckiger Mantel, grüne Brille, Typ der in der Gegend um Hesterstreet nicht auffällt, von der Sorte gibts da viele, Einwanderer, Schnorrer, Leute die bessere Tage gesehen haben.
vanDusen: Eine geschickte Maske, was meinen sie, Kelly könnte es sich bei Quinn auch um eine Frau gehandelt haben.
Kelly: Warum nicht, wenn die Dame eine tiefe Stimme hat und kräftigen Körperbau.
vanDusen: Die Polizei hat ihnen nicht geglaubt und das Gericht.
Dolphin: Genauso wenig, es gab nur zwei Menschen im Saal, die Quinn nicht für eine Fiktion hielten, Kelly und mich, der Richter erklärte die Aussage des Angeklagten sogar für eine nicht besonders intelligente Schutzbehauptung.
Kelly: Ein Märchen aus tausend und einer Nacht, hat er gesagt und da haben die Geschworenen mich schuldig gesprochen, im Eiltempo, und der Richter.
Wärter: Tod auf dem elektrischen Stuhl am 9 Mai 1902, 7 Uhr abends.
vanDusen: Kopf hoch, Kelly ich glaub ihnen, ich Prof DrDrDr Augustus van Dusen und ich werde mein möglichstes tun, sie zu retten, zurück nach New York, meine Herren, es gibt viel zu tun und wir haben wenig Zeit.
Wärter: 6 Uhr Kelly nur noch 25 Stunden.
Hatch: Zurück vom Städtchen Sing Sing an dem lieblichen Ufer des Hudson in die Häuserschluchten der Metropole, 40 km, ich fuhr was der Wagen hergab, ich wußte jede Minute, jede Sekunde zählte.
Dolphin: wir sind uns einig Prof, Kelly hat Waldorf nicht ermordet, frage wer dann.
vanDusen: Selbstverständlich jene Person welcher sich Quinn nannte.
Dolphin: Aber wer ist Quinn.
vanDusen: Das Mr Dolphin wird sich zeigen, Waldorf Testament ist wie ich annehme bereits eröffnet.
Dolphin: Vor zwei Monaten Prof.
vanDusen: Wer erbt das Vermögen des Ermordeten.
Dolphin: Haupterbin ist Waldorfs einziges Kind Diotima, außerdem geht eine größere Summe an seine Schwester Steuwesand.
vanDusen: Wie hoch.
Dolphin: Eine viertel Million, nur ein Bruchteil der gesamten Hinterlassenschaft.
Hatch: Aber trotzdem ein warmer Regen, der alte Steuwesand soll ja kurz vor der Pleite stehen.
vanDusen: Und sonst Mr Dolphin, wohltätige Stiftungen, Legate für die Dienerschaft.
Dolphin: Kein einziger Cent, Prof.
Hatch: Typisch Waldorf knickrig, bis zum letzten.
vanDusen: Nur 2 Erben und beide waren anwesend, als Waldorf erschossen wurde.
Hatch: Wissen sie was Prof, Mrs Steuwesant ist eine große kräftige Person, ein richtiger Dragoner.
vanDusen: Mein lieber Hatch, widmen sie sich wenn ich ihnen einen guten Rat geben darf, widmen sie sich ihren Chauffeurspflichten, überlassen sie die kriminologische Feinarbeit dem Kriminologen.
Hatch: Von mir aus, wir setzten Dolphin am Times Square ab, er versprach in seiner Kanzlei zu bleiben jederzeit erreichbar, der Prof ließ sich zur Mulberry street fahren, wie jeder Kriminelle und Kriminologe weiß, liegt da im Haus Nr 3000 die Zentrale der New Yorker Polizei, unsere Jungs in blau sind immer für uns in Dienst, und so fand van Dusen im kriminaltechnischen Labor, wo er seit Jahren ein bekannter wenn auch nicht immer gern gesehener Gast ist einen kompetenten Gesprächspartner, Leutnant Bigshot legte ihm die Beweisstücke im Mordfall Waldorf vor und äußerte sich zum ballistischen Gutachten das er vor Gericht abgegeben hatte.
Bigshot: Die tödliche Kugel stammt eindeutig aus dem Revolver der von uns bei Kellys Festnahme sichergestellt wurde Prof.
vanDusen: Sind sie wirklich ganz sicher Leutnant.
Bigshot: 100 prozentig.
vanDusen: Kann es nicht lediglich eine ähnliche Waffe, ein Revolver der gleichen Marke.
Bigshot: Wollen sie mich beleidigen, ich weiß was ich sage, bin genau nach dem Lehrbuch vorgegangen, aus der vermuteten Tatwaffe habe ich eine Kugel abgefeuert und mit der bei der Obduktion des Opfers geborgenen Mordkugel verglichen, beide wiesen dieselben Zugrillen auf, dieselben Kratzer und Unregelmäßigkeiten, ich hab sie natürlich unters Mikroskop gelegt.
vanDusen: Ich kenne den Lakasanjatest, desgleichen seinen erst kürzlich durch meinen deutschen Kollegen Dr Paul Jeserich entwickelte Modifizierung, und ich weiß daß sie nicht zum ersten mal durchgeführt haben, ich akzeptiere ihr Ergebnis, wie ich auch bereit bin das Ergebnis ihres Schrifttypenvergleichs zu akzeptieren.
Bigshot: Das können sie auch Prof, der Drohbrief an Waldorf ist auf Kellys Maschine geschrieben worden.
vanDusen: Zweifellos Leutnant zweifelos, mein lieber Hatch.
Hatch: Prof.
vanDusen: Wenn ich mich recht erinnere, behaupteten sie Waldorf habe während des für ihn fatalen Festes kein Kostüm getragen, vielmehr einen Frack.
Hatch: Ja das stimmt Prof.
vanDusen: In diesem Fach befindet sich mit den übrigen Beweisstücken auch die Kleidung des Ermordeten, wie sie sich selbst überzeugen können ist ein Frack nicht vorhanden.
Bigshot: Ja wirklich sie haben recht Prof kein Frack ist mir noch gar nicht aufgefallen.
vanDusen: Das glaub ich ihn aufs Wort Leutnant.
Bigshot: Ist das wichtig, Prof.
vanDusen: Wer weiß.
Bigshot: Vermutlich ist der Frack im Haus Waldorf geblieben.
vanDusen: Vermutlich ja vermutlich, kommen sie Hatch eine Inspektion des Tatorts steht ohnehin auf meinem gedrängten Programm.
Wärter: 9 Uhr Kelly, noch 22 Stunden.
Hatch: Im Hause Waldorf empfing uns der Verlobte der Tochter, Lord Tilbury und führte uns auf van Dusen Wunsch in den Ballsaal.
Tilbury: Bißchen spät für unangemeldeten Besuch, was Prof, aber keine Sorge habe volles Verständnis, kenne mich aus, alle Prof exzentrisch, anders als du und ich, wollte sagen anders als ich und sie, Mr.
Hatch: Hatch, Hutchinson Hatch.
Tilbury: Apropos exzentrisch, dieser Kelly verrückt, wie erschießt Schwiegerpapa vor 500 Menschen, muß verrückt sein, verrückt wie Hutmacher.
van Dusen: Meinen sie, Milord.
Tilbury: Bitte Mrs Waldorf entschuldigen, bißchen mitgenommen, Vater ermordet, ehemaliger Verehrer morgen hingerichtet, in 4 Wochen Hochzeit irgendwie tragisch, hat sich zurückgezogen, Migräne.
vanDusen: Durchaus verständlich.
Tilbury: Äh ja was kann ich für sie tun.
vanDusen: Lassen sie mir bitte eine hohe Leiter bringen.
Tilbury: Äh Leiter.
vanDusen: Ja Leiter.
Tilbury: Exzentrisch.
Hatch: Raten sie mal meine Damen und Herren, wer auf die hohe Leiter steigen mußte, richtig meine Wenigkeit und als ich oben war muß ich die Decke des Saals absuchen cm für cm besonders sorgfältig über die stelle wo Kelly gestanden und seine Tirade gegen Waldorf gehalten hatte.
Hatch: Nichts, sagen sie mal was suchen wir eigentlich.
vanDusen: Das was sie gefunden haben, mein lieber Hatch, nichts, steigen sie wieder herab.
Tilbury: Exzentrisch, wie ein Oxford.
vanDusen: Sagen sie bitte Milord, wurde dieser Saal seit jenem tragischen Fest renoviert.
Tilbury: Renoviert, kein Schimmer, äh Goosbury.
Butler: Nein Herr Prof.
vanDusen: Es wurden auch keinerlei Reparaturen ausgeführt.
Butler: Nein Herr Prof.
vanDusen: So, wo befindet sich der Frack, welcher ihr Herr an jenem Abend trug.
Butler: Das entzieht sich meiner Kenntnis, Herr Prof.
Tilbury: Muß da sein, Goosbury, weiß noch genau haben Waldorf Frack ausgezogen, vor Untersuchung durch Arzt und in irgendeine Ecke gelegt.
Butler: Sehr wohl Milord, ich kann nur erklären fraglicher Frack befindet sich nicht bei der Garderobe des seligen Herrn.
Hatch: Eine Stunde später saß ich wieder in van Dusen Salon, ich versuchte meinen knurrenden Magen durch einen doppelten Whiskey zu besänftigen und meine Wißbegierde durch gezielte Fragen an den Hausherrn.
Hatch: Was haben sie eigentlich mit Waldorfs Frack, Prof warum ist ihnen das gute Stück so wichtig.
vanDusen: Weil das gute Stück wie sie es zu nennen belieben, uns einen höchst bedeutsamen Hinweis auf die Ausführung des Mordes an Waldorf zu geben im stande ist.
Hatch: Na dann weiß ich alles, darf ich jetzt nach Hause und ins Bett Prof.
vanDusen: Warum nicht mein lieber Hatch, wenn sie mir versprechen sich gleich morgen früh um 7 Uhr bei Dienstbeginn im Archiv ihres von manchen geschätzten Blattes einzufinden und dort eine gewisse hochwichtige Recherche vorzunehmen.
Hatch: Sing Sing Todeszelle.
Wärter: Ungeduldig Kelly, dauert nicht mehr lange, nur noch 18 Stunden.
Hatch: Am nächsten Morgen gegen 9 trat ich befehlsgemäß beim Prof an, unausgeschlafen und ungefrühstückt.
vanDusen: Lassen sie das querulieren, wozu schlafen, wozu speisen, ein kriminologischer Assistent findet volle Befriedigung allein in den intellektuellen Wonnen, welches sein Tun gewährt, hatten sie Erfolg.
Hatch: Wie mans nimmt, so eine Geschichte wie Quinn sie Kelly erzählt hat ist tatsächlich passiert, vor 4 Jahren, 1898 aber nicht in Rio de Janeiro sondern in Kalkutta, in Indien beim Empfang des Vizekönig.
vanDusen: Sehr gut.
Hatch: Ich habs nur rausgekriegt weil unser Archivar ein so phänomenales Gedächtnis hat, in der Zeitung stand die Sache nicht, nur in einem unveröffentlichten Korrespondentenbericht.
vanDusen: Verstehe ich sie recht, besagter Bericht über die Affäre zu Kalkutta ist nicht im Daily New Yorker erschienen.
Hatch: Nicht im Daily NewYorker Prof und auch in keiner anderen Zeitung der Stadt.
vanDusen: Ausgezeichnet mein lieber Hatch kommen sie.
Hatch: Wir fuhren Südosten in die finstere Gegend zwischen Bowery und Eastriver.
Wärter: Na Kelly, 9 Stunden Kelly.
Hatch: Die Gegend war schmutzig, die Pfandleiher an der Ecke Hester Norfolk street waren noch schmutziger und am schmutzigsten war die alte Frau die beim Klang der Türglocke aus dem Hinterzimmer schlurfte.
Frau: Sie wollen kaufen, liebe Herren, verkaufen, etwas versetzen, sie brauchen Geld, sie bringen Geld.
vanDusen: Nichts von alledem gute Frau wir benötigen lediglich eine Information.
Frau: Sie wollen nicht kaufen verkaufen versetzen liebe Herren, sie brauchen kein Geld, sie bringen kein Geld, time is money.
vanDusen: Geben sie ihr etwas Hatch, fünf Dollar.
Hatch: Viel zu viel, einer ist genug.
Frau: Aber lieber Herr, 10 Dollar, hat das nicht der andere Herr gesagt.
Hatch: 10, zwei.
Frau: 8 Dollar lieber Herr.
Hatch: 6 Dollar wurden es schließlich, dafür erzählte sie uns daß sie tatsächlich ein Paar Colt Peacemaker besessen und eine davon an Kelly verkauft hatte am nachmittag des 21. Januar.
vanDusen: Und die zweite Waffe.
Frau: Hab ich auch verkauft lieber Herr am selben Tag eine halbe Stunde später, an einen anderen Herrn.
vanDusen: Etwa 55 Jahre alt grauhaarig, graubärtig, grüne Brille.
Frau: Ja das ist er, kennen sie ihn.
vanDusen: In der Tat, gute Frau, ich kenne ihn.
Hatch: Auf der Rückfahrt hielten wir am Telegrafenamt wo ich auf Anweisung des Prof. mehrere Kabel aufgab, die Mittagzeit war schon vorüber.
Wärter: Ein Uhr Kelly, sie haben ja gar nichts gegessen, aber aber, sie müssen doch groß und stark sein wenn es soweit ist, in 6 Stunden Kelly.
vanDusen: Hier ist die Residenz von Prof van Dusen, Prof van Dusen höchstpersönlich am Apparat.
Tilbury: Lord Tilbury, sagen sie mal Prof, sie doch haben vorhin was gesucht, am Plafon vom Ballsaal.
vanDusen: Jaja so ist es Milord.
Tilbury: Und wegen Renovierung gefragt.
vanDusen: Ganz recht Milord.
Tilbury: Die ist jetzt tatsächlich nötig.
vanDusen: Bitte Milord.
Tilbury: Renovierung Prof, Diotima hat was entdeckt, gute Augen das Mädchen.
vanDusen: Lassen sie mich raten Milord ein Loch.
Tilbury: Genau ins schwarze, Prof ein Schußloch, noch was Prof, Frack hat sich auch eingefunden.
vanDusen: Ach ist es die Möglichkeit Milord, ich werde mich gleich bei ihnen einstellen.
Hatch: Na dann wollen wir mal wieder Prof.
vanDusen: Nicht sie mein lieber Hatch, Sie bleiben.
Hatch: Ach was.
vanDusen: Drei für die Lösung des Falles wesentliche Aufgaben hab ich ihnen zugedacht, zuerst werden sie bei der Kriminalpolizei anrufen, Leutnant Bigshot möge sich im Labor bereithalten, sodann werden sie die Antworten auf die von ihnen aufgeben Kabel erwarten und mit diesen Antworten schließlich werden sie sich nach Singsing begeben, ich erwarte sie dort spätestens um 6 Uhr abends.
Hatch: Ich telefonierte und ich wartete.
Wärter: Drei Uhr Kelly, bald haben sie hinter sich, nur noch 4 Stunden.
Hatch: Es war kurz vor 6 als ich in Sing Sing eintraf, in der Todeszelle und auf dem Gang davor herrschte ein Treiben wie sonnabends am Broadway, halb New York war da, Kelly und sein Wärter natürlich, Dolphin, Leutnant Bigshot, der Gefängnisdirektor, ein Geistlicher für den letzten Gang und ein paar sehr offiziell wirkende Herren, darunter ich traute meinen Augen nicht der Governor des Staats NY, ferner Familie Waldorf, das heißt Diotima, Mr Stewesand, Lord Tilbury, wo es dann noch ein freies Plätzchen gab stand todsicher ein Polizist, der Prof war natürlich auch schon da.
Tilbury: Unverschämtheit, Prof, angesehene Bürger, Damen, Lord aus England widerrechtlich hierher gebracht auf ihre Anordnung, Freiheitsberaubung, Zumutung, ich verlange Erklärung.
vanDusen: Die sollen sie erhalten, Milord, sie und die übrigen Anwesenden, meine Damen und Herren, ich ersuche um Ruhe und Aufmerksamkeit.
Wärter: Es hat 6 geschlagen, Kelly noch eine Stunde.
Hatch: Prof van Dusen begann seinen Vortrag mit einer kurzen Zusammenfassung der Vorgeschichte, die sie ja bereits kennen meine Damen und Herren, sodann berichtete er wie der mysteriöse Mr Quinn sich an Kelly herangemacht und ihn dazu gebracht hatte beim Kostümfest als Rächer aufzutreten.
vanDusen: Mr Quinn, lassen sie mich die betreffende Person fürs erste weiterhin mit ihrem selbstgewählten Namen bezeichnen, Mr Quinn war ebenfalls Gast des Kostümfestes im Hause Waldorf, selbstverständlich in seiner wahren Identität, als Kelly wie besprochen auf Waldorf zielte und schoß, schoß auch Quinn, keiner sah es, denn alle Augen waren auf Kelly gerichtet, Quinn presste seinen Revolver, den Zwilling der Waffe, die Kelly in der Hand hielt gegen Waldorfs Brust und drückte ab, gleichzeitig mit Kelly, er verbarg seine Waffe wieder, stürzte sich gemeinsam mit anderen Gästen auf Kelly, überwältige ihn, entriß ihm den Revolver und tauschte ihn im allgemeinen durcheinander unbemerkt gegen seinen eigenen aus.
Bigshot: Darum das ballistische Gutachten.
vanDusen: Ganz recht Leutnant, bei der Durchführung seines raffinierten Szenarios unterlief Quinn allerdings ein Fehler, er hatte nicht bedacht daß Kelly vorher bereits einmal geschossen hatte in die Luft und zwar mit mit seinem Revolver dh mit einer Platzpatrone welche natürlich keine Spur am Plafond hinterlassen konnte, als ich diesen untersuchen ließ versuchte Quinn seinen Fehler wiedergutzumachen, indem er Kelly abgenommen Revolver diesmal scharf geladen nachträglich in die Decke schoß, ich habe die Kugel entfernt und Leutnant Bigshot zur Untersuchung überlassen, ihr Ergebnis Leutnant.
Bigshot: Die Kugel stammt aus einem Colt Peachmaker.
Tilbury: Na bitte.
Bigshot: Aber nicht aus der Waffe mit der der tödliche Schuß auf Waldorf abgegeben wurde.
vanDusen: Aha, auch der Frack des toten hat er verschwunden lassen.
Hatch: Warum.
vanDusen: Warum mein lieber Hatch, weil die Pulverspuren im Gewebe verrieten, daß der Todeseschuß aus nächster Nähe abgefeuert wurde, übrigens tauchte auch der Frack wieder auf, doch es war der falsche, ein starker Geruch nach Mottenpulver bewies, das Kleidungsstück war jahrelang nicht getragen und nur deshalb zur Stelle geschafft worden, weil ich mich für das Detail interessiert hatte, das Fazit meiner Nachforschungen und Schlußfolgerungen, Kelly diente lediglich als Sündenbock, nicht er hat Waldorf ermordet sondern.
Dolphin: Quinn, das ist klar Prof, aber wer ist Quinn.
vanDusen: Eine Person, welche sich während der Kelly verursachten Szene in Waldorfs unmittelbarer Nähe aufhielt und welche einen gewichtigen Grund hatte Waldorf zu töten.
Dolphin: Das Erbe.
vanDusen: In der Tat Mr Dolphin das Erbe und wer erbt Waldorfs Vermögen.
Kelly: Diomita.
vanDusen: Sie ist die Haupterbin, aber sie nicht die Mörderin ihres Vaters.
Diotima: O Francis.
vanDusen: Auf dem Fest trug Mrs Waldorf das Kostüm einer neuen Frau des 20 Jh. ein Kleid von derartiger Kürze und Knappheit, daß es nicht möglich war, eine gewichtige Waffe wie den Colt Peacemaker darunter zu verbergen.
Tilbury: Mrs Stewesand, war Luftschiff, hätte sogar Haubitze mit sich herum tragen können.
vanDusen: Zweifellos Milord doch als der Schuß fiel war Mrs Stewesand verzeihen sie das Wortspiel weit vom Schuß auf der Orchesterempore, auch sie kommt für den Mord nicht in frage.
Dolphin: Achherje wer dann Prof.
vanDusen: Eine Person, welche sich in Waldorfs nähe befand und ein Kostüm trug, in dem sich ein großer Revolver ohne Probleme verstecken ließ.
Dolphin: Vielleicht das Kostüm eines Marsmenschen, Prof, eine dicke grüne Kugel mit 6 Armen und 2 Antennen.
vanDusen: Eben dieses Mr. Dolphin.
Dolphin: Lord Tilbury.
vanDusen: Bitte meine Herrschaften, lassen sich mich meine Ausführungen zuende bringen, ich habe auf telegrafischem Weg in England Erkundungen über Lord Tilbury eingeholt, lesen sie vor Hatch.
Hatch: Sehr wohl Prof, erstes Kabel Lord Tilbury ohne Vermögen hat Familienbesitz verspielt und vergeudet.
vanDusen: Das Motiv, meine Herrschaften, als Gatte der Haupterbin wäre Lord Tilybury in den Besitz der Waldorfmillionen gekommen, weiter Hatch.
Hatch: Zweites Kabel Lord Tilbury 1898 Attache in Kalkutta.
vanDusen: Das heißt er war Zeuge jener Affäre welche den komplizierten Mordplan anregte, um sich nicht bloßzustellen hat er sie im Gespräch mit Kelly nach Rio de Janeiro verlegt, das nächste Kabel Hatch.
Hatch: Zu befehl Lord Tilbury langjähriges Mitglied diverser amateurtheatrischer Zirkel.
vanDusen: Es war ihm also ein leichtes, sich in den ältlichen heruntergekommenen Quinn zu verwandeln, kein Zweifel, Lord Tilbury ist Waldorfs Mörder.
Tilbury: Dummes Zeug, schierer Nonsens, sie sind nicht exzentrisch, sie sind verrückt, verrückt wie Märzhase.
vanDusen: Seine Hand, halten sie seine rechte Hand fest, Bigshot, bei der Waffe welche seine Lordschaft soeben aus der Tasche zu ziehen versucht, handelt es sich sie sehen es alle um einen Colt Peacemaker Single Action Kaliber45.
Kelly: Diotima.
vanDusen: Sieben Uhr, die Stunde der Hinrichtung, Herr Gouvernor, die Entscheidung liegt bei ihnen.
Hatch: Natürlich wurde Kelly nicht hingerichtet, nach Erledigung der notwendigen Formalitäten ließ man ihn frei, Lord Tilbury wurde verhaftet und kam vor Gericht. Ein viertel Jahr später, die Todeszelle von Sing Sing.
Wärter: Zwölf Uhr, Milord, noch sieben Stunden, dann kommen Sie auf den Stuhl.
Tilbury: Verdammt unsportlich ihr elektrischer Stuhl, unfair, unaristokratisch, verlange anständig geköpft zu werden, gehört sich so für Edelmann.
Wärter: Tut uns ja so leid Milord aber wenn sie bei uns morden, werden sie auch bei uns hingerichtet, modern, bürgerlich, demokratisch, finden sie sich damit ab Milord, sie haben es ja bald überstanden, nur noch sieben kurze Stunden.
Hatch: Zur gleichen Zeit in der Greys Church, die Hochzeit von Miss Diotima Waldorf und Mr. Francis Rian Kelly, Trauzeuge war ich, eigentlich hätte es Prof. van Dusen sein sollen, aber er war nicht erschienen, sie kennen ihn ja meine Damen und Herren, wenn er nicht im Mittelpunkt steht.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Francis Kelly, in der Todeszelle: Christian Brückner
Elmer Dolphin, sein Verteidiger: Moritz Milar
Lord Tilbury (alias Mr. Quinn): Hermann Treusch
Wärter in Sing Sing: Henning Schlüter
Lieutenant Bigshot von der Kriminalpolizei: Arnold Marquis
Pfandleiherin: Traute Daniels-Paulschmidt
Butler im Hause Waldorf: Heinz Spitzner
Walter Waldorf, Bankier: Rainer Pigulla
Diotima, seine Tochter: Maren Kroymann
Michael Koser: Prof. van Dusen fällt unter die Räuber (RIAS 1989)
Hatch: Montenegro meine Damen und Herren ist nicht das kleinste Land der Welt, es gibt noch kleinere, Liechtenstein zum Beispiel oder Monaco oder Andorra, aber wenn Montenegro auch nicht groß ist, hat es doch einiges zu bieten, ein weltbekanntes Insektenpulver, eine Haupt- und Residenzstadt mit sage und schreibe 3000 Einwohnern, viele Ziegen, ein paar Bären und Räuber, speziell von denen kann ich Ihnen ein Lied singen, meine Damen und Herren, und damit fange ich jetzt an. Es war am 16. August des Jahres 1904 an einem heißen Sommermorgen, eine große schwarze Kutsche quälte sich die Serpentinen über der dalmatinischen Stadt Katoro hoch, hinten hing ein Schild, Thomas Cook und Söhne, Tagesausflug in die wildromantische Bergwelt Montenegros, vorn auf dem Bock hockten Kutscher und Führer und innen stöhnte eine achtköpfige Reisegesellschaft.
Bernhardine: O Baltasar es ist so heiß.
Bullrich: Wünschest du ein Taschentuch, teuerste, sudarium sudarii neutrum, meine Gattin ist blutarm.
Mayfair: Also wissen sie Dr. Bullrich, man braucht nicht blutarm zu sein um bei dieser Hitze umzukommen, sehen sie mich an, ich hab eher zu viel Blut, was Franco.
Franco: Sisi Carissima.
Mayfair: Und ich schwitze wie verzeihen sie wie ein Schwein.
Bullrich: Sus Sus femininum.
Bernhardine: Und wie es hier riecht, Baltasar.
Hatch: Ihr Musterkoffer, Grenouille.
Grenouille: Missiö Hatch süwosapli, die edelsten Duftkompositionen aus Paris.
Tafelspitz: Nix da, von draußen stinkts eini, na was wollens, Montenegro, tschuschen, schauens doch aus dem Fenster, trostlos, Berge, nix wie Berge, kei Fabrik, kei Kaserne, kei Kultur, die schiere Wildnis, na wird halt zeit daß wir Österreicher auch hier a bißerl a Fortschritt bringen netwahr Herr Prof.
vanDusen: Bitte Herr von Tafelspitz, als amerikanischer Bürger fühle ich mich nicht berufen, zur nicht unumstrittenen Balkanpolitik ihrer Regierung Stellung zu beziehen.
Hatch: Immer weiter, immer höher, immer tiefer ins Gebirge, es war 12 Uhr mittags als wir endlich hielten, auf einer Felsplatte hoch über Schluchten und Abgründen, wir stiegen aus und unser Führer, ein munterer kleiner Grieche namens Dimitri erklärte uns die Landschaft.
Dimitri: Bitte sich umzuwenden hochgeehrte Herren, hochgeschätzte Damen, bitte zu beachten am Horizont tiefblauen Schimmer. Oh. Adriatisches Meer, hochgeehrte Damen, hochgeschätzte Damen und daran anliegend wunderschönes Land Dalmatien.
Tafelspitz: Gehört uns.
Dimitri: Bitte nun Blick zu werfen auf rechte Seite, hochgeehrte Herren, hochgeschätzte Damen, in ferne sie sehen Bosnien und Herzegowina.
Tafelspitz: Gehört auch uns.
Dimitri: Ein wenig weiterdrehen, hochgeehrte Herren, hochgeschätzte Damen, und was liegt vor ihren herrschaftlichen Füßen, gewaltige schwarze Berge in serbische Sprache genannt Tschernagora auf italienisch Montenegro.
Mayfair: Das gehört ihnen nicht, Herr von Tafelspitz.
Tafelspitz: Noch nicht gnä Frau Christian, noch nicht.
Dimitri: Nun hochgeehrte Herren, hochgeschätzte Damen, stehen sprachlos vor wunderbar schöner Landschaft, schöner als Maler kann malen, als photografischer Künstler kann fotografieren.
Bernhardine: Oh Baltasar wie wonnig.
Bullrich: Amönus amöna amönum.
Hatch: Der englische Schriftsteller Dr. Johnson hat mal gesagt ohne ein gemütliches Gasthaus im Vordergrund ist die schönste Landschaft keinen Pfifferling wert.
Bullrich: Banause, Philister, Homo obtusus.
Bernhardine: Ha, Baltasar.
Bullrich: Was ficht dich an, geliebtes Weib.
Bernhardine: Da Baltasar, da steckt einer, hinter dem Felsen. Ja.
Dimitri: Bitte sich nicht unberuhigen, hochgeehrte Herren, hochgeschätzte Damen, bitte zu besichtigen Bergbewohner, Montenegriener, Tschernagorze, typisches Exe-mplar, romantisch wie Landschaft, malerisch in Pluderbeinkleid, goldbestickte Weste sowie Kappe, bitte ferner zu beachten hierzulande üblichen Schmuck der Waffen.
Hatch: Zwei Revolver, Säbel, Dolch, Patronengürtel, bißchen viel für einen einzelnen Herrn.
Mayfair: Sie haben aber auch immer was auszusetzen, Mr Hatch, ist doch sehr männlich so eine Aufmachung.
Bernhardine: Baltasar hier ist noch einer.
Franco: Ecco hier auch.
Bullrich: Und vor uns.
Mayfair: Und hinter uns.
Hatch: Und um uns herum.
Franco: Sie kommen näher.
Bullrich: Sollten wir nicht besser aufbrechen, meine Gattin ist nämlich blutarm.
Mayfair: Ach was machen sie sich nicht in die Hosen, Bullrich, das hat sich Firma Cook für uns ausgedacht, als Überraschung, was soll das werden, Dimitri, Volkstanz, lebende Bilder, Fruchtbarkeitsriten.
Gojko: Das ist Überfall, verhalten sie sich ruhig, folgen sie unsere Anordnungen, leisten sie keine Widerstand.
Tafelspitz: Jessasna.
Hatch: Die sehen mir nicht aus wie Angestellte der Firma Cook und wie biedere Bergbauern auch nicht.
vanDusen: Wohl kaum, ohne Zweifel handelt es sich bei diesen martialischen Herrschaften um wie der Dalmatiner sich ausdrückt, Molaken oder auch Uskopen, in Griechenland heißen sie Kleften, in der Ukraine Heidermarken, Dakeutz in Indien, Rugaruga in Ostafrika, hierzulande pflegt man sie sofern ich nicht irre Rasbonditschi oder auch Heiduken zu nennen.
Hatch: Ach ja und was würde ein sprachlich nicht so gebildeter Zeitgenosse sagen, einer wie ich zum Beispiel.
vanDusen: Nun Wegelagerer vermutlich Banditen, Räuber.
Bullrich: Latro latronus maskulin.
Gojko: So ist es ihr Herren, Räuber sind wir, ehrsame Räuber die im Schweiße ihres Angesichts ihrer Arbeit nachgehen, in aller Bescheidenheit.
Bernhardine: O gott Baltasar Räuber wie fürchterlich.
Tafelspitz: Na typisch Räuber auf offener Straße, a Wirtschaft ist das hier.
Mayfair: Was für ein Abenteuer, leibhaftige Räuber, bitte meine Herren, bedienen sie sich, meine Börse, meine Ringe, mein Strumpfband.
Gojko: Später, sie kommen alle mit.
Grenouille: Wohin missiö.
Gojko: In die Berge.
Bullrich: Zu Fuß.
Gojko: Selbstverständlich zu fuß, auf herrschaftliche Kutschen sind unsere bescheidenen Pfade nicht eingerichtet.
Bullrich: Aber meine Gattin ist blutarm.
Und der Kutscher.
Gojko: Den brauchen wir nicht. Ah. Los, ein bißchen munterer, wenn ich bitten darf, wir haben einen langen Weg vor uns.
Hatch: Lang und heiß und mühsam, rauf und runter, durch Felsen und Geröll über einen halsbrecherischen Klettersteig, auf dem sogar einer montenegrinischen Bergziege schlecht geworden wäre, trotzdem kamen wir zügig voran, auch die blutarme Frau Bullrich, dafür sorgte ab und zu ein Stoß mit dem Gewehrkolben, nach stunden, die Sonne fing schon an hinter die hohen Gipfel im Westen zu rutschen, erreichten wir unser Ziel, ein Mauerviereck, prekär an eine steile Bergwand geklebt, wir wurden über eine Zugbrücke getrieben, die man hinter uns hochzog und blieben im Innenhof stehen vor einem holzgeschnitzten Stuhl auf dem hochgewachsener Greis saß mit einem gewaltigen Walroßschnauzbart, er musterte uns scharf und hob die Hand.
Drako: Hochverehrte Gäste, seien sie gegrüßt ich freue mich daß so zahlreich der Einladung gefolgt sind, die mein Sohn Gojko an der Spitze unserer Männer ihnen überbracht hat und heiße sie willkommen auf Burg Urosch, dem Stammsitz der ruhmreichen Sippe Wassojewitsch, ich bin das Oberhaupt, der Poglawica, Drako Wassojewitsch und mit wem habe ich die Ehre, sie dort mein Sohn, treten sie vor, nennen sie mir ihren Namen.
Grenouille: Jean-Baptiste Grenouille.
Drako: Schante, aus Paris.
Grenouille: Mewie missiö.
Drako: Ah Paris die Hauptstadt der Welt, was ist ihre Profession, Mr Grenouille.
Grenouille: Ich bin Geschäftsreisender Missiö für unsere großen Parfümerien, hier mein Musterkoffer, gestatten sie daß ihnen bzw den reizenden Damen ihres Hauses ein paar Proben.
Drako: Eines nach dem anderen Missiö Grenouille, haben sie Geld.
Grenouille: Ein paar Franc Missiö.
Drako: Aha und zu hause Mr Grenouille ein Sparstrumpf, ein Konto, Rentencoupons.
Grenouille: Nichts von alledem Missiö leider.
Drako: Leider, sie sagen es, Missiö Grenouille, kümmere dich um ihn Gojko.
Gojko: Ja Vater.
Grenouille: Ah.
Mayfair: Hören sie mal was fällt ihnen ein, der arme Mr Grenouille, wo sind wir hier eigentlich.
Drako: In Montenegro, Weib, und in Montenegro haben Frauen im Rat zu schweigen.
Mayfair: Was gehen mich ihre hinterwäldlerischen Sitten an, ich bin Engländerin, Rhoda Mayfair, weltberühmte Schriftstellerin, Verfasserin von Liebe in Fesseln, eine Insel für zwei, Lebwohl auf ewig, Flammen der Leidenschaft, usw usw Millionenauflagen, Übersetzung in alle besseren Sprachen, sie haben bestimmt schon was von mir gelesen das heißt falls sie lesen können natürlich.
Drako: Das Buch des Montenegrieners ist sein Revolver, sind sie reich Mrs Mayfair.
Mayfair: Miss Mayfair bitte, lassen sie ihre Flinte unten, Gojko oder wie sie heißen, ich hab genug, ich kann zahlen.
Franco: Und ich Carissima.
Mayfair: Für dich zahl ich auch Franco, das bin ich doch gewohnt, stell dich vor.
Franco: Si carissima Franco Peroni Italiano.
Mayfair: Mein Sekretär und wie ich immer sage Knabe für alles.
Drako: In Ordnung, jetzt sie, ja sie meine ich mit dem Kneifer.
Bullrich: Statum exemplum, domine referendissime, Bullrich, Baltasar Bullrich, Dr. der Philosophie, aus Hannover im deutschen Reich, Oberstudienrat, klassische Sprachen, mein Gattin Bernhardine, sie ist blutarm.
Drako: Oberstudienrat eine Person von Gewicht wie es scheint, auch von Vermögen.
Bullrich: Nun domine referendissime einerseits.
Drako: Gojko.
Bullrich: Andererseits ein wenig Geldes ist vorhanden, pecunia, pecunium femininum oder auch argentum argenti neutrum.
Drako: Gut mein Sohn, der nächste.
Dimitri: Ich nur Reiseführer großmächtiger gospodar, bescheidener Name Dimitri.
Tafelspitz: Gusch, las uns gütigst besseren Leuten den Vortritt, alsdann Nepomuk Edler von Tafelspitz, habe die Ehre, Offiziar im kaiserlichköniglichen Finanz-ministerium in Wien, leidlich vermögend.
Drako: Sieh da, im Gegensatz zu unseren Fürsten schätzen wir Wassojewitsch die Österreicher, und die letzten beiden Herren.
vanDusen: Prof van Dusen.
Hatch: Hutchinson Hatch, Journalist beim Daily Newyorker, Amerikaner wie der Prof.
Drako: So ein Gelehrter und ein Zeitungsschreiber, wahrlich keine fette Beute, sie gehören dir Gojko.
Hatch: Moment mal alter Knabe sie haben keine Ahnung wer vor ihnen steht, Prof DrDrDrAugustus van Dusen in aller Welt voll Ehrfurcht die Denkmaschine tituliert ist der bedeutendste Wissenschaftler, Erfinder und nebenbei Amateurkriminologe den die Erde je gesehen hat, seine zahllosen Patente haben ihn zum Krösus gemacht.
vanDusen: Mein lieber Hatch, sie übertreiben wieder mal.
Hatch: Klappern gehört zum Handwerk, ich selbst Hutchinson Jefferson Hatch nenne einen Herrn Vater mein eigen welcher mehr Dollars besitzt denn Dagobert Duck.
Drako: Wer soll sein Dagobert Duck.
Hatch: Von Rockefeller ganz zu schweigen, und was sie betrifft alter knabe sie können uns überhaupt nicht imponieren, Räuberhauptmann in Montenegro was ist das schon, da kennen wir ganz andere, der Prof und ich, Präsident Theddy Roosevelt, König Edward von England, Kaiser Willhelm.
Drako: Schweigen sie, nun denn, als Lösegeld setze ich pro Person die Summe von 1000 Mariatheresiataler fest.
vanDusen: Rund 1060 Dollar.
Drako: Auch Mrs Mayfair und Frau Bullrich haben den vollen Betrag zu entrichten.
Bullrich: Aber meine Gattin ist blutarm.
Drako: Da in ihren Heimatländern die ausgefallene Ansicht vorzuherrschen scheint, eine Frau sei ebenso viel wert wie ein Mann, ich werde einen Boten nach Kataro entsenden, auf daß er sich bei ihren Konsulaten um das Geld bemühe, in drei Tagen am 19. August wird er sich wieder auf Burg Urschusch einstellen, wenn nicht übernimmt Gojko das weitere.
Hatch: Alles klar alter Knabe und wenn er mit den Talern pünktlich anmarschiert.
Drako: Werden sie alle entlassen, mit dank und unsern besten Wünschen.
Hatch: Wirklich, wer garantiert uns das.
Drako: Wir sind Ehrenmänner, mein Herr, ich gebe ihnen mein Wort.
Hatch: Na da bin ich aber beruhigt.
Drako: Seien sie in der Zwischenzeit unsere Gäste, sie dürfen sich innerhalb der Burg frei bewegen.
Hatch: Kunststück bei hochgeleierter Zugbrücke.
Drako: Sie können tun was immer sie wollen, mit zwei Ausnahmen, mein Vorkoster ist gestern ein Opfer eines Berufes geworden, ein Hammelknochen in der Luftröhre, ihr für mich ansonsten wertloser Führer wird seine Stelle einnehmen und meine Speisen kosten, bevor ich sie selbst zu mir nehme, eine hierzulande unumgängliche Vorsichtsmaßnahme.
Hatch: Pech für Dimitri, und die zweite Ausnahme.
Drako: Sie, Mr Hatch sind ein sympathischer Mensch, zurückhaltend, bescheiden, gerade sie darauf lege ich wert, sollen sich bei uns wie zu hause fühlen deshalb werden sie Gelegenheit erhalten, sich nützlich zu machen, in der Küche aushelfen, servieren, was so anfällt.
Hatch: Ok wenn sie mir den Lohn vom Lösegeld abziehen.
Drako: Genug, Gojko.
Gojko: Ja Vater.
Drako: Führe unsere Gäste in ihre Quartiere.
Hatch: Die Quartiere bestanden aus ein paar kahlen Löchern möbliert mit antiken Strohsäcken, an denen alles vermodert war, nur nicht die lieben Tierchen die putzmunter darin herumhüpften und krabbelten, waschen konnten wir uns an der sparsamen Pumpe im Hof und was die übrigen sanitären Einrichtungen betrifft die übergehe ich wohl besser mit schweigen, kein wunder daß wir sog. Gäste uns am nächsten morgen kaum von den Gastgebern unterschieden, nur Tafelspitz, der edle Wiener war sauber, glatt wie aus dem Ei gepellt, naja Adel verpflichtet, die Räuber schlichen trübe durch die Gegend, sie hatten nachts den Musterkoffer des seligen Mr Grenouille ausgetrunken und das war ihnen nicht gut bekommen, auch van Dusen wirkte finster, aus guten Grund, man hatte ihn bestohlen.
vanDusen: Sehen sie mein lieber Hatch, meine schwarze Tasche.
Hatch: Ihr chemophysikalisches Miniaturlabor, meinen sie Prof.
vanDusen: Eben dieses, mein lieber Hatch, des Nachts während ich schlief wurde es gewaltsam geöffnet.
Hatch: Ach ja und fehlt was.
vanDusen: wie es scheint wurde lediglich ein Fläschchen mit HCl vulgo Salzsäure entwendet.
Hatch: Sowas, die schlucken hier wohl alles.
vanDusen: Um gottes willen Hatch.
Hatch: Und sonst haben sie keine sorgen Prof, arbeiten sie lieber einen Fluchtplan aus.
vanDusen: Mein lieber Hatch, ich denke nicht daran, einige Tage relativer Unbequemlichkeit, der Verlust einer nicht allzugroßen Summe, deshalb das Risiko einer gefahrvollen Flucht durchs Gebirge einzugehen, lohnt wahrlich nicht, fassen sie sich ein bißchen in Geduld.
Gojko: Los los, Mr Hatch an die Arbeit, in die Küche marsch.
Hatch: Und ich in der Küche wurde ich ganz schön in Atem gehalten, erst ausfegen dann Kartoffelschälen und schließlich Maisbrei rühren, stundenlang, eine verantwortungsvolle wenn auch reichlich stumpfsinnige Tätigkeit, Führer Dimitri, der zwischen den Mahlzeiten frei hatte, leistete mir Gesellschaft, an einer etwas abseits gelegenen Feuerstelle stocherte er in einem Topf herum.
Hatch: Was brutzeln sie denn, das riecht ja seltsam.
Dimitri: Sehen doch Knochen von Schaf.
Hatch: Abgenagte Hammelknochen und Wasser, was soll das werden wenn es fertig ist.
Dimitri: Sie nichts angehen Mr Hatch kümmern um eigene Angelegenheit, bitteschön, rühren fleißig Kukuruzs sonst brennen an und Räuber böse.
Hatch: Auch gut, ansonsten ereignete sich nichts an diesem Tag, oder doch, beim gemeinsamen Abendessen hatte der edle Tafelspitz eine Ankündigung zumachen.
Tafelspitz: Sans a bißl still ich bitt schön.
Drako: Ruhe.
Tafelspitz: Naja verehrte Anwesende, Damen und Herren Räuber sowie geschätzte Mitgefang wollte sagen Gäste, am morgigen Tag schreiben wir den 18 August und wie jeder brave Österreicher weiß, geruht sich am 18 August der holdselige Geburtstag seiner allergnädigsten kaiserlichköniglichen Majestät Franz Josef zu zu stattzufinden.
Hoch soll er leben.
Tafelspitz: Ich bin kei Redner verehrte anwesende, doch es drängt mich zu konstatieren, daß so ein glorreicher patriotischer Feiertag ja gefeiert werden muß, auch unter widrigen oder sagen wir ungewöhnlichen Umständen, nun ich machs kurz, anläßlich des erhabenen Anlaßes erlaube ich mir alle verehrten anwesenden zu einem Festmahl einzuladen, morgen abend soll hier aufgetischt werden, was Küche und Keller vermögen, zu ehren seiner Majestät.
Drako: Für die Kosten aber kommen sie auf Herr von Tafelspitz.
Tafelspitz: I zahl alles.
Die Getränke auch.
Tafelspitz: Na selbstverständlich.
Hatch: Da, jetzt steckt er sich schon wieder eine Havanna an.
vanDusen: Wen meinen sie, mein lieber Hatch.
Hatch: Den Tafelspitz, das ist jetzt die fünfte, ich habe mitgezählt und ich armes Schwein habe seit gestern nichts mehr zu rauchen.
vanDusen: In der Tat mein lieber Hatch, so hat unser erzwungener Aufenthalt in dieser Wildnis denn doch sein gutes, sie werden wenn auch wie ich zu befürchten Anlaß habe lediglich für wenige Tage dem Laster des Nikotingenußes entsagen müssen.
Hatch: Am 18 August gegen 6 Uhr abend fing es an das rauschende Festmahl für Kaiser Franzjosef und alle waren bester Stimmung alle bis auf Hutchinson Hatch ihren ergebenen Diener, und letzteres meine ich wortwörtlich, vom frühen morgen an hatte ich mir am Herd die Beine in den Bauch gestanden, und jetzt mußte ich sie mir wieder ablaufen, Schüsseln, Töpfe, Flaschen schleppen, vorlegen, eingießen, immer auf trab, auch der gute Dimitri machte übrigens keinen ganz glücklichen Eindruck, er war im Dienst und stand unter dem Stuhl des Häuptlings und sah ausgesprochen nervös aus, wahrscheinlich hoffte er inständig daß niemand auf die Idee kam den alten gerade jetzt zu vergiften, wie gesagt, es war ein rauschendes Fest, von Tafelspitz hielt eine Rede, alle schrien hurra, der Gusla, der lokale Barde griff in die Seiten das heißt in die Seite, denn das traditionelle Instrument dieser Landstriche, die Guslar hat nur eine, der Guslar besang endlos und steinerweichend die Heldentaten der edlen Räuber vom Stamme Wassojewitsch und es wurde gegessen.
Gojko: Der erste Gang, saure Kraupensuppe mit Kuttel.
Hatch: Es wurde gegessen, aber nicht einfach drauf los, sondern nach strenger Etikette, der Chef nahm seinen großen silbernen Löffel, tauchte ihn in seine Schüssel und reichte ihm gefüllt dem Vorkoster, der steckte ihn den Mund, schluckte, gab ihn zurück, eine Minute gespanntes warten und wenn der Vorkoster dann noch am Leben war, fing der Chef an zu essen und gab so das Signal zum Beginn der allgemeinen Brekelei.
Gojko: Der zweite Gang, Hammel am Spieß gebraten.
Bullrich: Hammel am Spieß.
Hatch: Mit Salz, Knoblauch, Zwiebeln und Fladenbrot, nicht raffiniert aber reichlich, das konnte man auch vom dritten Gang sagen, als Dessert gab es einheimischen Landwein blutrot und essigsauer oder Slibovicz ganz nach Wunsch und dabei meine Damen und Herren ist es dann passiert, ich entkorkte eine Weinflasche, goß dem alten Drako Wassojewitsch ein, der nahm einen großen Schluck, stellte das Glas ab, plötzlich sprang er auf mit verzerrtem Gesicht krampfte beide Hände um den Hals.
Gojko: Vater, vater, vater was hast du.
vanDusen: Er ist tot.
Gojko: Tot, vergiftet.
vanDusen: Ja ohne jeden Zweifel.
Gojko: Dann weiß ich, wer ihn auf dem Gewissen hat, du warst es.
Hatch: Ich.
Gojko: Ja du Hutchinson Hatch aus Amerika.
Hatch: Das ist doch nicht ihr Ernst, ich mach ja jeden Blödsinn mit aber.
Gojko: Du hast den Korken aus der Flasche gezogen, du hast den Wein eingeschenkt, und dabei hast du das Gift hineingetan, nur du konntest das tun.
Hatch: Aber warum sollte ich denn.
Gojko: Du hast meinen Vater getötet, unseren Häuptling, du bist der Blutrache verfallen, bindet ihn, du wirst deine Tat sühnen und diese Sühne wird schrecklich sein, holt einen Pfahl, spitzt ihn an.
Hatch: Wieso Pfahl.
Gojko: Weil wir dich pfählen werden du Hund.
Hatch: Und wie macht man das.
Gojko: Du wirst auf einen hohen spitzen Pfahl gesetzt hier vor unser aller Augen und wir werden zuschauen wie du schreist und dich windest wenn die Spitze in dein Gedärm dringt tiefer und tiefer, Höllenqualen wirst du leiden.
Hatch: Sagen sie mal wollen sich wirklich so viele Mühe machen.
Pope: Haltet ein meine Kinder, höret den Mann Gottes.
Gojko: Was willst du Pope, mach es kurz.
Pope: Seid ihr Türken, seid ihr Heiden, nein das seid ihr nicht, Christen seid ihr und so handelt denn auch an diesem Menschen wie es Christen geziemt mit Sanftmut und Milde.
Gojko: Nicht pfählen.
Pope: Nein mein Sohn dies wäre unchristlich.
Gojko: Was sollen wird dann mit ihm machen, schlag was vor Pope.
Pope: Nun mein Sohn warum schneiden wir ihm nicht einfach den Kopf ab, so haben schon unsere frommen Vorväter Mord und Totschlag geahndet.
Gojko: Das ist viel zu leicht für den Kerl Pope.
Pope: Nicht wenn wir ein ganz besonders stumpfes Messer benutzen mein Sohn.
Hatch: Prof tun sie doch was, helfen sie mir.
vanDusen: Meine Herren leihen sie mir für einen Augenblick ihr Ohr, bei allem Verständnis für ihren berechtigten Unmut, zügeln sie ihren Übereifer, begehen sie keinen Fehler den sie später bereuen könnten, Mr Hatch lassen sie sich das von mir gesagt sein, Mr Hatch ist nicht der Mörder.
Gojko: Sie können uns viel erzählen, sie sind sein Freund.
vanDusen: Zunächst einmal bin ich Prof DrDrDrAugustus van Dusen Amateur-kriminologe von nicht gewöhnlichem Ruf, und als solcher versichere ich ihnen, Mr Hatch ist unschuldig, hören sie auf mich, meine Herren, bei einem Gift welchem ihr dahin geschiedner Häuptling zum Opfer fiel, handelt es sich, der typische Bittermandelgeruch an seinen Lippen beweist es, um eine der Zyanverbindungen.
Gojko: Was.
vanDusen: Zyan Wasserstoff besser bekannt als Blausäure, oder Kaliumzyanatum, kurz Zyankali, beide gehören bekanntlich zu den rapiden in sekundenschnelle wirksam werdenden Giften.
Gojko: Natürlich der Wein.
vanDusen: Sie irren, mein bester, überzeugen sie sich selbst, weder die Flasche noch das Glas erhalten auch nur eine Spur von Zyan.
Gojko: Überzeugen ja wie denn.
vanDusen: Mittels ihrer Nase, mein bester riechen sie.
Gojko: Ah, nein nein keine bittere Mandel.
vanDusen: Bitte.
Gojko: Das ist unmöglich Prof sie sagen das Gift wirkt sofort und wenn im Wein keins war wie ist mein Vater dann vergiftet worden, sicher er hat vorher Graupensuppe gegessen und Hammelbraten aber das lag eine halbe Stunde oder noch länger zurück und dann wäre ja auch der Vorkoster daraufgegangen, die ganze Sache ist.
vanDusen: Ein Rätsel wollen sie sagen, ich stimme ihnen zu, ein nicht uninteressantes kleines Problem, eine kriminologische Herausforderung, der ich mich stellen werde, ich übernehme den Fall.
Hatch: Für mich, danke Prof, ich danke ihnen.
vanDusen: Ihretwegen mein lieber Hatch ja dies auch doch in erster Linie sehe ich mich motiviert durch die mysteriösen Umstände, die scheinbare Unvereinbarkeit der Fakten, die Aura des auf den ersten Blick Unmöglichen, geben sie mir Zeit bis Morgen mein bester und ich werde ihnen den Täter präsentieren.
Hatch: Manchmal kann er recht innervierend sein der Prof aber wie ich immer sage besser ein enervierender Prof als ein angespitzter Pfahl, Gojko vertagte seine unfreundlichen Absichten, er blieb aber mißtrauisch, nicht nur mir gegenüber, Gojko sperrte uns acht Gäste alle zusammen in einen Kellerraum und stellte eine Wache vor die Tür, da saßen wir nun und versuchten uns auf die Ereignisse der letzten Stunden einen Vers zu machen.
Tafelspitz: Na was sag ich kein Anstand die Tschuschen, ausgerechnet an Kaisers Geburtstag muß er sich umbringen lassen, der Frechling, der Ausgschamte.
Dimitri: Herr Prof sagen bitte Wer ist Mörder.
Bullrich: Sicarius sicarii maskulin.
vanDusen: Doch wohl eher venefikus Dr Bullrich wir haben es mit einem Giftmischer zu tun, nicht mit einem Messerstecher.
Bullrich: Requie, Herr Kollege.
Bernhardine: Baltasar es ist ja alles zu furchtbar.
Bullrich: Beruhige dich teuerste, sie wissen ja meine Gattin ist blutarm.
Mayfair: Also ich glaube es war dieser Goyko, der hat seinen Vater umgebracht.
vanDusen: In der tat Miss Mayfair von wannen wart solche Weisheit.
Mayfair: Machen sie sich nur lustig, Prof ich weiß was ich sage, Gojko hat ein Motiv.
Bullrich: Causa causae femininum.
Mayfair: Jetzt ist er nämlich Häuptling oder poglawica wie die hier sagen gut kombiniert was.
Franco: Brava carissima, du bist so klug wie senior Sherlock Holmes.
Hatch: Auch das noch.
vanDusen: Kommen sie mein lieber Hatch.
Hatch: Der Prof winkte mich in eine Ecke und fing an mich über Dimitri auszufragen ob mir irgendetwas Ungewöhnliches an oder bei ihm aufgefallen sei, vielleicht in der Küche und ich erzählte ihm daß Dimitri gestern Hammelknochen ausgekocht hatte.
vanDusen: Aha hochinteressant mein lieber Hatch, vor allem in Zusammenhang mit der aus meiner schwarzen Tasche entwendeten Salzsäure, die Konturen des Falles beginnen sich zu klären.
Hatch: So na mir soll alles recht sein, wenn die Brüder mich nur nicht auf den Pfahl setzen oder mir den Kopf abschneiden.
vanDusen: Seien sie unbesorgt mein lieber Hatch, es ist spät, begeben wir uns zu Ruhe.
Hatch: Rotwein mit Sliwowiz ist ein ausgezeichnetes Schlafmittel, ich träumte von einer wunderbar duftenden Havanna, plötzlich gerade als ich anrauchen wollte, verwandelte sie sich in einen spitzen Holzpfahl.
Bernhardine: Ha.
Hatch: Ich schreckte hoch, riß die Augen auf, sah daß es schon hell war und hörte wie Frau Bullrich aus vollem Halse schrie.
Bernhardine: Da liegt er Baltasar auf seinem Strohsack und überall Blut.
Bullrich: Sanguies sanguie maskulinum, laß sehen geliebtes Weib, in der Tat, Dimitri ist tot, mortus, mortum.
vanDusen: Kein Zweifel Dr Bullrich, seine Kehle ist durchschnitten.
Bullrich: Und da sein offenes Taschenmesser blutbefleckt neben seiner rechten Hand liegt bedarf es keinerlei meisterdetektivischen Scharfsinns Selbtentleibung zu konstatieren, mors voluntaria.
vanDusen: Meinen sie, aus welchem Grund sollte unser Führer sich töten.
Hatch: Der Grund zeigte sich als wir die Taschen der Leiche durchsuchten, ein kleines Stück weißer Substanz das aussah wie das Ende einer Zuckerstange.
Bullrich: Oder wie Kreide, creta creatae femininum, lassen sich mich einmal kosten, Mr Hatch.
vanDusen: Um gotteswillen nicht in den Mund, legen sie das Stück ab mein lieber Hatch und waschen sie sich bei nächster Gelegenheit gründlichst die Hände, ja wie ich erwartet habe, Zyankali, bekanntlich wird dies hochgiftige Salz in form solcher Stangen gehandelt.
Hatch: Zyankali, na dann ist ja alles klar.
Mayfair: Dimitri hat den alten Häuptling vergiftet.
Franco: Nichte Gojko, charissima.
Bullrich: Und dann er gemerkt, daß sie ihm auf die Schliche gekommen sind, Herr Kollege.
Mayfair: Sie haben ja laut genug geredet gestern abend.
Bullrich: Und deshalb hat er sich eigenhändig entleibt.
Hatch: Aus Angst vor Blutrache.
Bullrich: Quod erat demonstrandum.
Bernhardine: Ja wer hat denn nun wen umgebracht Baltasar.
Bullrich: Ich werde es dir später explizieren, teuerste, meine Gattin ist ja so blutarm.
vanDusen: Auch ich werter Dr Bullrich meine Herrschaften bin mir des tatsächlichen Ablauf der Geschehnisse nicht so sicher, wie sie es zu sein scheinen, in einem Punkte kann ich allerdings voll und ganz beipflichten, Dimitri unser Führer hat dem Oberhaupt der Sippe Wassojewitsch Zyankali appliziert.
Mayfair: Ja und das sagen sie so leicht dahin Prof.
vanDusen: Warum nicht, Miss Mayfair sie haben doch die gleiche Behauptung aufgestellt.
Mayfair: Naja wo er doch das Gift in der Tasche hatte aber sonst, wissen sie denn wie er den alten vergiftet hat Prof.
vanDusen: Gewiß weiß ich das, Miss Mayfair.
Mayfair: Ja und wollen sie es uns nicht verraten, bitte.
vanDusen: Meine Herrschaften, angesichts ihrer Inständigkeit erkläre ich mich gern bereit ihrem Ersuchen stattzugeben.
Hatch: Wie gern.
vanDusen: Jedoch nicht an diesem tristen Orte, Prof van Dusens Aufklärungsvortrag erheischt einen anderen, einen würdigeren Rahmen, Wächter rufen sie mir ihren Häuptling.
Hatch: Zehn Minuten später standen wir auf dem Hof, alle, auch der edle Tafelspitz, der sich aus dem Trubel um den toten Dimitri vornehm rausgehalten und derweil seelenruhig rasiert hatte, vor einem Taschenspiegel, natürlich hatten sich auch sämliche Wassojewitsche eingefunden, schließlich wollten sie erfahren, wer ihren alten Chef ermordet hatte, der Prof stieg auf den großen Banketttisch, sah sich um, und fing an.
vanDusen: Wertes auditorium, zwei plus zwei, nicht zum ersten male finde ich Ver-anlassung auf diese unbestreitbare Tatsache hinzuweisen, zwei plus zwei ergibt vier.
Hatch: Immer und überall.
vanDusen: Oder lassen sie es mich anders ausdrücken, ausgekochter Hammel-knochen plus Salzsäure ergeben nun.
Bullrich: Nesciore domine Kollege.
vanDusen: Die Summe heißt Gelatine, dieser Stoff hierzulande fraglos noch wenig bekannt findet Mrs Mayfair und Frau Bullrich werden es bestätigen, bei uns zuhause immer häufiger Verwendung in der feinen Küche, bei der Komposition von Gelee beispielweise.
Bernhardine: Aspik Prof, Aspik auch.
vanDusen: Daran zweifele ich nicht Frau Bullrich, auf welche Weise wertes Auditorium wird Gelatine hergestellt, man nehme Knochen, reinige sie sorgsam und befreie sie sodann mittels Applikation von Salzsäure von anorganischen Bestandteilen, das heißt von phosphorsaurem und kohlesaurem Kalk, zurück bleibt eine knorpelartige Substanz, welche man nun in Wasser solange kocht bis sie sich auflöst, den bei milder Hitze reduzierten Sud läßt man erstarren, möglichst in platten Formen, bei Ermangelung solcher tut es auch ein flacher Teller und fertig ist die Gelatine, ein spröder glänzender durchsichtiger Stoff, in praxi die reine Erscheinungsform von Glutin oder Knochenlaib.
Tafelspitz: Na dankschön für die Nachhilfe aber ich seh nicht ein was das damit zu tun hat.
vanDusen: Warten sies ab Herr von Tafelspitz, nach dieser Methode welche dies sei am Rande angemerkt nach meinem franz. Kollegen Darfi benannt zu werden pflegt hat Dimitri, unser Reiseführer, Gelatine produziert, hier auf Burg Urusch, er hat wie Mr Hatch bezeugt, Knochen gekocht, nachdem er diese, daran kann ja wohl kein Zweifel obwalten, mit hilfe der meiner Person entwendeten Salzsäure vorschriftsmäßig gesäubert hat.
Franco: Bene bene Prof, materke, warum.
vanDusen: Gelatine, Senior Peroni, wertes auditorium, stellt eine im Endstadium relativ resistente Substanz dar, eine Substanz welche von säure, etwa der menschlichen Magensäure nur langsam aufgelöst wird.
Hatch: Aha.
vanDusen: Ganz recht mein lieber Hatch, aha, wir wissen Drako Wassojewitsch hat das Zyankali nicht im Wein zu sich genommen, angesichts der bekannt schnell Wirkung des Giftes kann es ihm auch nicht in der vorher genossenen Speise beigebracht worden sein, so dachte man, und so sollte man denken, wenn jedoch die Zyankalidosis in Gelatine eingeschlossen war, so mußte zwischen Einnahme und Resultat eine gewisse Zeitspanne liegen, eine halbe, eine ganze Stunde, je nach Stärke der Gelatine.
Bullrich: Das tödliche Gift befand sich also in einer der Speisen, cibus cibu maskulin.
vanDusen: Aber so werden sie fragen, wie konnte es in diesem Fall geschehen, daß der als Vorkoster fungierende Dimitri nicht am Gift zugrunde ging.
Hatch: Ja.
vanDusen: Zyankali, wertes Auditorium ist ein höchst intensives Gift, die tödliche Dosis liegt noch unter ein halben Gramm, das bedeutet die zur Ausführung des Mordes notwendige Gelatinekapsel brauchte nicht größer zu sein als sagen wir ein Getreide- oder Pfefferkorn, eine so winzige Kapsel kann mit Leichtigkeit für eine gewisse Zeit im Munde verborgen gehalten, unbemerkt auf einen Löffel geschoben und mit diesem in die Schüssel des Opfers praktiziert werden, besonders einfach erscheint eine solche Manipulation oder sollte ich korrekter Linguapulation sagen wenn es sich bei der betreffenden Speise um eine Graupensuppe handelt, sieht doch eine kleine Kapsel aus heller Gelatine mit einem ebenfalls hellen Zyankalikern einer Graupe täuschend ähnlich.
Hatch: Ah darum sah Dimitri beim vorkosten so angespannt aus, naja wenn er das Ding ausversehen runtergeschluckt hätte.
Gojko: Ein besonders heimtückischer Mord, aber plausibel, so wie sie es erklärt haben ProfvanDusen, ich bin überzeugt, wir alle sind überzeugt, Dimitri hat meinen Vater getötet, aber warum, Prof warum, das verstehe ich nicht.
vanDusen: Meine Ausführungen wertes auditorium sind noch nicht beendet, Dimitri der Mörder war lediglich ausführendes Organ.
Gojko: Ich muß sie unterbrechen Prof, Milosch, der Bote den mein Vater nach Kataro geschickt hat, ist zurück, Milosch hast du das Lösegeld.
Milosch: Jawohl Chef, hier.
Hatch: Der muntere Mann mit dem Geld war dar, und was dann auf Burg Urusch los war, das hätten sie erleben sollen meine Damen und Herren, welch ein Jubel welch ein Leben, alle drängten sich um Milosch und seinen Sack voll glänzender Silbertaler, Mord und Mörder waren vergessen oder wären vergessen gewesen wenn van Dusen sich nicht energisch gehör verschafft hätte.
vanDusen: Ruhe, ich ersuche um Ruhe, lassen sie mich wenn ich bitten darf meinen Vortrag in aller gebotenen kürze zu Ende führen oder haben sie kein Interesse daran zu erfahren wer Drako Wassojewitsch wirklich.
Hatch: Seid doch mal ruhig.
Gojko: Aber das wissen wir doch Prof, Dimitri.
vanDusen: Wie ich bereits anmerkte war Dimitri lediglich Handlanger, Helfershelfer, Befehlsempfänger, er hat den Mord begangen in der tat, doch ein anderer führte ihm die Hand, ein anderer plante, zog die Drähte, dieser andere ist der eigentliche, der wahre Mörder, der Mörder von Drako Wassojewitsch und von Dimitri.
Bullrich: Dimitri hat Selbstmord begangen.
vanDusen: Nullo modo Dr Bullrich, Dimitri wurde ermordet, zwei gewichtige Gründe hatte der Mörder für diese seine tat, erstens nachdem er meiner Unterredung mit Mr Hatch entnommen hatte ich sei seinem Komplizen auf der Spur, wollte er diesen daran hindern ihn zu verraten, und zweitens der vorgetäuschte Selbstmord hatte die Funktion Dimitri als Sündenbock auszuweisen und so die Aufmerksamkeit vom Drahtzieher im Hintergrund abzulenken.
Mayfair: Wieso vorgetäuscht sein blutiges Messer lag doch direkt daneben.
vanDusen: Eine präparierte falsche Spur welche uns in die irre führen sollte, wie das geschulte Auge des Pathologen zweifelsfrei festzustellen in der Lage ist, wurde die tödliche Halswunde nicht durch das aufgefundene Taschenmesser verursacht sondern durch ein Rasiermesser.
Hatch: Rasiermesser Rasiermesser da war doch was.
vanDusen: Wessen Hand wertes Auditorium führte das Rasiermesser, der Schauplatz des Mordes an Dimitri, jenes verschlossene und bewachte Kellergewölbe in welchem sich allein die acht Mitglieder unserer Reisegesellschaft aufhielten läßt keinen anderen Schluß zu.
Bernhardine: Einer von uns, der Mörder ist einer von uns.
vanDusen: In der Tat Frau Bullrich und nur ein Mitglied der Gesellschaft besitzt ein Rasiermesser.
Hatch: Tafelspitz.
Bernardine: Ja Tafelspitz.
Tafelspitz: Hörens auf, Herr Prof, machens ihnen ned lächerlich.
vanDusen: Lassen sie mich bitte fortfahren, wie kommt es so lautet die nächste an meine Vorbemerkung anknüpfende Frage wie kommt es daß Herr von Tafelspitz und nur Herr von Tafelspitz im Besitz eines Rasiermesser ist.
Hatch: Ja und.
vanDusen: Ich, Mr Hatch, Dr Bullrich, Senior Peroni, wir führten dieses der männlichen Toilette so notwendige Instrument nicht mit uns, waren wir doch lediglich auf einen kurzen Tagesausflug vorbereitet, anders Herr von Tafelspitz, er rechnete ganz ohne Frage mit einem mehrtägigen Aufenthalt.
Hatch: Havannas hatte er sich auch genug eingesteckt.
vanDusen: Und diese hochinteressante Tatsache wertes Auditorium macht es möglich zu den Motiven, den Hintergründen der gesamten auf den ersten Blick so kompliziert wirkenden Affäre vorzudringen, Dimitri mit von Tafelspitz im Bunde und von ihm bezahlt führte uns auftraggemäß an einen Ort an welchem wir überfallen und gefangen wurden, Tafelspitz war im Bilde, weshalb keine Frage, er selbst hat den Überfall organisiert, zusammen mit Drako Wassojewitsch versteht sich.
Gojko: Sie könnten Recht haben Prof, es sind öfter Boten zu Vater gekommen aus den österreichischen Gebieten Bosnien Kataro und er hat uns nie gesagt worum es ging.
Bullrich: Incredible, warum sollte Herr von Tafelspitz mit einem Räuberhauptmann konspirieren.
vanDusen: Herr von Tafelspitz ist beim Finanzministerium in Wien angestellt, dieses Ministerium verwaltet bekanntlich die von Österreich besetzten Gebiete auf dem Balkan, ohne jeden Zweifel ist Österreich höchlichst daran interessiert seinen Besitz durch die Einverleibung des bis dato unabhängigen Fürstentums Montenegro abzurunden, Unruhen an der Grenze, Räubereien, Überfälle kämen der Wiener Politik durchaus gelegen, würden sie doch vor der Weltöffentlichkeit eine spätere österreichische Invasion rechtfertigen, welche nur so das Kalkül einem krisen- geschüttelten Landstrich Ruhe und Frieden brächte.
Mayfair: Raffiniert, dann ist Tafelspitz ja so was wie ein Geheimagent.
vanDusen: So scheint es Miss Mayfair, Drako Wassojewitsch, davon bin ich überzeugt, war in diese polische Dimension keinesfalls eingeweiht, für ihn ging es lediglich um eine geschäftliche Vereinbarung, Tafelspitz hatte sich erboten, ihm eine Gruppe finanziell potenter Opfer zuzuführen, damit die Motive die wirklich hinter der Sache standen auch fernerhin verborgen blieben, war Tafelspitz von anfang an entschlossen, den Mitwisser Häuptling Drako nach durchgeführtem Überfall zu töten, zu diesem Zweck hatte er sich mit einer Stange Zyankali versehen, die präzisen Details der Untat, welche sein Handlanger Dimitri auf seine Anweisung auf die bereits geschilderte Art durchführte, hat Tafelspitz wie ich annehme erst auf Burg Unrusch konzipiert, nach der Bestimmung Dimitri zum Vorkoster, ich bin am Ende wertes Auditorium, der Fall ist gelöst.
Franco: Bravo Prof.
Gojko: Du du warst es also du hat ihn getötet, die Blutrache wird dich verschlingen.
Tafelspitz: Ich sog nix, gor nichts sag i.
Bernhardine: Hättest du das gedacht Baltasar, vier Menschen hat er umgebracht, der nette Herr Tafelspitz.
Bullrich: 4 teuerste quartur, ich zähle deren nur 2, den Räuberhauptmann und Dimitri.
Bernhardine: Na und der arme Monsieur Grenouille und der Kutscher, die hat er doch auch auf dem Gewissen.
Mayfair: Toll wie sie das alles rausgekriegt haben Prof, vielleicht mach ich ein Buch daraus, Räuber, Mörder, Detektive oder so ähnlich.
Hatch: Das lassen sie mal lieber, Miss Mayfair, Prof van Dusen darf nur einer literarisch ausschlachten und der heißt Hutchinson Hatch.
Mayfair: Naja ist ja eigentlich auch kein Stoff für Roda Mayfair, die ist eher für Liebe und Leidenschaft, was Franco.
Franco: Sisi carissima.
Gojko: Prof van Dusen wie können wir ihnen unsere Dankbarkeit beweisen.
Hatch: Na ganz einfach, rücken Sie sein Lösegeld wieder raus.
Gojko: Oh unmöglich Mr Hatch.
Hatch: Warum.
Gojko: Das würde gegen unsere Berufsehre verstoßen, ein Räuber gibt niemals etwas zurück, wie wäre es denn mit der Würde eines Ehrenhäuptlings der Sippe Wassojewitsch, würden Sie das annehmen Prof.
vanDusen: Prof van Dusen, Poglavica honoris causa, warum nicht.
Gojko: Abgemacht, sie sind frei, alle, ah, bis auf Tafelspitz natürlich, der bleibt hier.
Tafelspitz: No Schicksal.
Hatch: Und das verdiente Schicksal hat ihn dann ja auch ereilt den edlen Tafelspitz, was genau mit ihm geschah, wollten wir gar nicht wissen, am Abend dieses ereignisreichen Tages sahen wir restlichen sechs Kataro vor uns liegen, unser Abenteuer in Montenegro war zu Ende.
Bullrich: Finis finis maskulin. Was ich noch sagen wollte, meine Gattin ist blutarm.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Drako Wassojewitsch, Räuberhauptmann: Heinz Rabe
Gojko, sein Sohn: Friedhelm Ptok
Nepomuk Edler von Taflspitz: Peter Matic
Dr. Balthasar Bullrich, Oberstudienrat: Lothar Blumhagen
Bernhardine, seine Gattin: Gudrun Genest
Rhoda Mayfair, Schriftstellerin: Regina Lemnitz
Franco Peroni, ihr Sekretär: Helmut Stauss
Dimitri, Reiseführer: Joachim Grubel
Jean-Baptiste Grenouille, Parfüm-Vertreter: Jean Cuillerier
Pope: Hans Teuscher
Michael Koser: Prof van Dusen fährt Schlitten (RIAS 1988)
Chef: Frage, was tut unser verehrter Herr Oberbürgermeister? Antwort, nichts oder doch, er grinst, anscheinend glaubt er, die schwerwiegenden Probleme unserer Metropole schlicht und einfach ausgrinsen zu können, und das haben Sie geschrieben, Mr. Hatch.
Hatch: Sieht ganz so aus Chef, erstens steht unter dem Artikel groß und deutlich Hutchinson Hatch.
Chef: Und zweitens.
Hatch: Natürlich der Stil rasant witzig dynamisch intelligent so schreibt nur einer beim guten alten Daily New Yorker oder finden Sie nicht Chef.
Chef: Ich will Ihnen sagen was ich finde Mr. Hatch, ich finde das Maß ist voll diesmal sind Sie zu weit gegangen, schlimm genug daß sie sich dauernd mit der Polizei anlegen aber jetzt auch noch mit dem Herrn Oberbürgermeister, am liebsten würde ich sie feuern jetzt hier auf der Stelle, leider wäre ihr Vater.
Hatch: Leider wäre mein alter Herr damit gar nicht einverstanden und der hat nunmal die Aktienmehrheit von unserem Weltblatt, tut mir ja leid Chef, aber so werden sie Hutchinson Hatch nicht los.
Chef: So nicht Mr Hatch, aber vielleicht anders, mir ist da gerade was eingefallen und zwar.
Hatch: Immer dasselbe, der Chefredakteur des Daily NewYorker war anderer Meinung als sein Reporterass, genau wie sein Vorgänger, sie erinnern sich, van Dusens erster Fall und die Sache mit dem Leichenräuber, ich konnte meinen Chefs einfach nicht beibringen wie eine Zeitung gemacht werden muß mit Pfeffer und Paprika nämlich und ohne Respekt vor der Staatsgewalt, deshalb diese unerfreuliche Diskussion am 27. Juli 1899, eine von vielen dachte ich zuerst aber da hatte ich mich geirrt, dem Chef war tatsächlich was neues eingefallen.
Chef: Und wissen sie was, Mr Hatch, wir haben schon lange nichts mehr aus Alaska gebracht, von den Goldfeldern am Klondike meine ich, fahren sie mal rauf, machen sie uns eine schöne aktuelle Reportage.
Hatch: Chef, das ist doch ein alter Hut, in Alaska buddeln sie schon seit Jahren nach Gold.
Chef: Keine Widerrede, Mr Hatch, Gold, Goldrausch, Goldgräber, das ist interessant, das will man lesen, auch wenn es vielleicht nicht mehr ganz taufrisch ist, sie fahren Mr Hatch, am besten gleich morgen, und wenn ihnen das nicht paßt können sie ja kündigen, das steht ihnen frei, na Mr Hatch was sagen sie.
Hatch: Ich fahre, sagte ich, gleich darauf tat es mir schon leid, eine lange anstrengende Reise in den hohen Norden nur um den Chef zu ärgern, Schwachsinn, aber wenn H. Hatch einmal ja gesagt hat dann bleibt er dabei, ich packte meine Sachen und am Abend trat ich bei Prof van Dusen an, ich wollte mich verabschieden, aber da erlebte ich die zweite Überraschung an diesem denkwürdigen Tag.
vanDusen: Alaska, eine exzellente Idee mein lieber Hatch und ein hochinteressantes Gebiet, wir werden es gemeinsam aufsuchen.
Hatch: Was, sie wollen mich begleiten, Prof.
vanDusen: Das denn nun wohl doch nicht, mein lieber Hatch, ich bin ProfDrDrDr Augustus van Dusen.
Hatch: Genannt die Denkmaschine, der größte Wissenschaftler und Amateurkriminologe unserer Zeit.
vanDusen: Wenn nicht aller Zeiten, und da der Meister nicht seinen Assistenten zu begleiten pflegt und der Held nicht seinen Chronisten.
Hatch: Begleite ich sie, Prof, von mir aus, wissen sie, wer von uns beiden mit wem fährt, das spielt doch keine Rolle.
vanDusen: Nun.
Hatch: Ich muß, weil mein Chefredakteur ein Ekel ist, aber sie, Prof, was treibt sie ins wilde Alaska.
vanDusen: Nun, für meine ein wenig angegriffene Gesundheit wird, davon bin ich überzeugt, ein nicht zu knapp bemessener Aufenthalt in der erfrischenden Atmosphäre jener nördlichen Gefilde sich als wohltuend, ja regenerierend erweisen, vor allem jedoch sehe ich mich der Wissenschaft halber genötigt für eine gewisse Zeit das Refugium geografischer Abgeschiedenheit aufzusuchen, es gilt ein neues, geradezu revolutionäres physikalisches Konzept, die atomare Strukturtheorie der Elemente betreffend präziser zu erfassen, in all seinen Verästelungen und Konsequenzen zu durchdenken, fernab von den Anforderungen des akademischen Lehrbetriebs, von den kleinlichen Störungen des Alltags, ja mein lieber Hatch, es ist entschieden, begeben sich sich stehenden Fußes ans Telefon, lassen sie sich mit dem Auskunftsbüro im Zentralbahnhof verbinden, erfragen sie die Abfahrtszeit des nächsten Zuges gen Westen.
Hatch: Es wurde eine lange und mühselige Reise, erste Etappe eine Woche mit der Eisenbahn quer durch den Kontinent von New York bis nach Seattle an der Westküste, der Prof blieb die ganze Zeit im Abteil, um an seiner revolutionären Atomtheorie herum zugrübeln und ich hätte mich zu Tode gelangweilt, wenn mir im Salonwagen nicht zwei gleichgesinnte Seelen über den Weg gelaufen wären, zwei Herren namens Smith und Jones, die auch nach Alaska wollten, gemeinsam frönten wir fortan dem großen amerikanischen Nationalsport.
Jones: Was fünf Dollar Einsatz, Gott wir spielen Poker und nicht Mensch ärgere dich nicht, 50 Dollar mindestens.
Smith: Sagen wir 25, Mr Jones, wir wollen doch keinen Profit machen oder, sondern uns nur ein wenig die Zeit vertreiben.
Hatch: Einverstanden 25 Dollar und der Höchsteinsatz.
Jones: Quatsch Höchsteinsatz.
Smith: Kein Limit Mr Knickerbocker, das ist unnötig unter Gentlemen.
Hatch: Meinen Sie Mr Smith.
Jones: Hören Sie auf zu zicken, Knickerbocker, fangen sie endlich an zu spielen.
Hatch: Knickerbocker, das war ich und wie ich zu diesem ausgefallenen Namen gekommen bin, das muß ich wohl ein bißchen ausführlicher erklären, also es war noch in New York auf dem Bahnsteig kurz bevor unser Zug abfuhr.
vanDusen: Fast hätte ich es vergessen, um Störungen und Belästigungen seien sie allgemeiner oder auch amateurkriminologischer Natur auszuschließen, werden wir unter Pseudonym reisen, inkognito wenn sie verstehen, was ich meine.
Hatch: Klar verstehe ich, von jetzt ab sind sie nicht mehr Prof van Dusen, sondern sagen wir Mr Miller.
vanDusen: Mein lieber Hatch, wo denken sie hin, ein Pseudonym von derart banaler Ubiquität für eine Persönlichkeit meines Ranges.
Hatch: Na vielleicht van Miller.
vanDusen: Seien Sie nicht albern, lediglich die klangvollsten, die erlauchtesten Namen Amerikas dürfen die Ehre haben, einem Prof van Dusen als zeitweiliges Pseudonym zu Diensten zu sein.
Hatch: Na dann nennen sie sich doch gleich Präsident Washington.
vanDusen: Nun warum nicht, allerdings Präsident erscheint mir dann doch ein klein wenig.
Hatch: Übertrieben.
vanDusen: Sagen wir unangemessen, die schlichte Benamsung Mr George Washington mag genügen, ja und welchen Namen wünschen sie zu wählen, als mein ständiger Begleiter sind ja auch sie der Öffentlichkeit nicht gänzlich unvertraut.
Hatch: Ja wenn sie unbedingt George Washington sein wollen, kann ich mich kaum Johnson oder Miller nennen, wie wäre es denn mit Ripper.
vanDusen: Bitte.
Hatch: Jack Ripper, das hat doch was.
vanDusen: Unterstehen sie sich.
Hatch: Keinen Sinn für Humor, dann eben Knickerbocker und dabei bleibe ich, da können sie sagen was sie wollen.
Hatch: In Seattle stiegen die Herren Washington und Knickerbocker um auf den Küstendampfer Oregon, der sie in einer Woche nach Alaska brachte, zur Station St. Michael an der Mündung des Yukon River, unterwegs die selbe Situation wie im Zug, der Prof unsichtbar in seiner Kabine, sein Begleiter in der Bar mit einem doppelten Whiskey, Pokerkarten nebst Mr Smith und Mr Jones, merkwürdige Burschen, die beiden, sie sahen sich ähnlich wie Zwillinge und hatten doch ganz verschiedene Charaktere, Smith war elegant, ein richtiger Dandy und Jones ein eher ruppiger Typ, aber Pokerspielen konnten sie beide, fast so gut wie ihr ergebener Diener Hutchinson Hatch.
Smith: Wenn sie gestatten, geh ich mit.
Hatch: So ich auch und noch 50 Dollar dazu.
Jones: Nicht kleckern Knickerbocker, klotzen, ihre 50 Mäuse und 200 dazu, was sagen sie jetzt, das ist kein Fliegenschiß, so spielt der Könner.
Hatch: In St. Michael wartete der Schaufelraddampfer Sara, auf dem müllerten wir uns 14 Tage lang den Yukon rauf, vorbei an kahlen menschenleeren Ufern, es wurde kühl, wir pokerten in Pelzmänteln weiter.
Jones: Also dann Hosen runter.
Smith: Bitte sehr, full house mit Assen, ich nehme nicht an daß einer der Herren ein besseres Blatt aufzuweisen hat.
Jones: So und was ist das, na, vier neun, da können sie ihr mickriges Full House in den Yukon schmeißen, Smith, Vater ist der beste, her mit dem Pott.
Hatch: Moment, Mr Jones, Moment hier sitzt ja noch einer, wollen sie nicht sehen was ich in der Hand habe.
Jones: Wozu, was kann das schon sein.
Matrose: Dawson, Dawson City voraus.
Hatch: Nichts besonderes Mr Jones nur ein simpler Straight Flush, Pik Ass, König Dame, Bube, 10.
Hatch: Eine halbe Stunde später standen wir auf dem Pier und sahen uns um, Dawson City, die Metropole der Goldfelder hatte ich mir ganz anders vorgestellt, eine typische Goldgräbersiedlung hatte ich erwartet, eine Wildweststadt, Baracken und Holzschuppen, schlammige Wege, raue Männer mit Vollbärten und Revolvern, Schmutz, Unordnung, Gesetzlosigkeit.
Skinflint: Sie kommen zu spät, meine Herren, das war einmal vor 2 3 Jahren, unser Städtchen hat sich gemausert, natürlich ist Dawson City nicht New York.
Hatch: Weiß gott nicht.
Skinflint: Nicht einmal Calgary oder Winnipeg, aber wir sind stolz darauf daß wir die wilde Gründerzeit hinter uns gebracht haben und nunmehr in einem soliden geordneten Gemeinwesen leben, Dawson City besitzt 30.000 Einwohner meine Herren, 5 Kirchen.
Hatch: Hut ab.
Skinflint: 2 Zeitungen, 3 Hotels.
Hatch: Respekt, und welches würden sie uns empfehlen.
Skinflint: Das Regina, meine Herren, das größte und beste Haus am Platze, sie sehen es da drüben rechts, das Hochhaus an der Frontstreet.
Hatch: Hochhaus.
Skinflint: 4 Stockwerke, mein Herr, 4 stattliche Stockwerke.
Hatch: Kaum zu glauben.
Skinflint: Ferner rühmt sich Dawson City, wie ihrer Aufmerksamkeit kaum entgangen sein dürfte, mehrerer gepflasterter Straßen, mit echten Steinen gepflastert, meine Herren.
Hatch: Sagen Sie bloß noch sie haben schon Elektrizität.
Skinflint: Soweit sind wir noch nicht, leider, aber am Stadtrand arbeitet ein kleines Gaswerk und die Gebäude im Zentrum, an der Wallstreet und an der Frontstreet sind mit modernster Gasbeleuchtung ausgestattet.
Hatch: Sehr eindruckvoll, aber sagen sie mal, lieber Freund, kann man sich in ihrer Weltstadt auch ein bißchen amüsieren.
Skinflint: Wenn Ihnen der Sinn nach alkoholischen Getränken, steht, mein Herr, nach Kartenspiel und Damenbekanntschaft, auch für derartigen Zeitvertreib ist bestens gesorgt, diverse gut geführte Saloons und Dance Halls erwarten sie, in erster Linie das weithin bekannte Montecarlo mit seinem internationalen Showprogramm, doch beachten sie, nur von Montag bis Sonnabend, Sonntags nie, wir sind in Kanada, hier herrscht britische Sabatruhe.
Hatch: Und Gesetz und Ordnung, darauf würd ich wetten.
Skinflint: So ist es mein Herr, so ist es, und daß es so ist dafür sorgt dieser Herr da der gerade die Straße überquert.
Hatch: Meinen sie den in der roten Jacke mit dem gewaltigen Hut.
Skinflint: Eben diesen, Mr Sam Steele Superintendant der North West Mounted Police oder Mounties wie wir kurz sagen, übrigens falls sie Wertsachen zu deponieren oder Nuggets in Banknoten zu wechseln wünschen, Dawson City verfügt auch über ein hochmodernes Geldinstitut mit dem sicherten Panzerschank nördlich von Vancouver, die Handelsbank von Kanada, welche ich ihnen wärmstens anempfehle, habe ich doch die Ehre, als ihr lokaler Manager zu fungieren, Skinflint ist mein Name, Jeremiah Skinflint, hier ist meine Karte, besuchen sie mich doch gelegentlich und meine Herren seien sie in Dawson City willkommen.
Hatch: Wir stiegen im Regina ab, wo die Zimmer ganz passabel waren und die Preise astronomisch, der Prof verbuddelte sich gleich wieder in seine Forschungen und ich trieb mich in und um Dawson City herum, um Material für meine Reportage zu sammeln, ich besichtigte die Grabungen am Klondike River, interviewte ein paar Goldgräber, sah mir ihre Ausbeute an, machte mir Notizen, ich vertrieb mir die Zeit so gut es ging, fast jeden Abend außer Sonntags natürlich saß ich im Montecarlo, die Show konnte sich sehen lassen, die Girls waren so weit an- oder ausgezogen wie es sich mit der britischen Moral von Superintendent Steel vereinbaren ließ und der Star des Hauses, eine gewisse Miss Caprice, sang ein bißchen, warf die Beine, machte Kunststücke mit dem Lasso und sah hinreißend aus, leider war sie in festen Händen, in denen von Mr Skinflint, unserem geschwätzigen Freund von Pier, mit dem hatte ich mich in der Zwischenzeit etwas angefreundet, wir trafen uns ab und zu abends in der Handelsbank zu einem guten Schluck und zum Pokern, so verging der September.
Smith: Wer fängt an.
Jones: Immer wer fragt.
Smith: Also ich, wenn ich sie um 3 Karten ersuchen dürfte, Mr Skinflint.
Skinflint: 3 Karten für Mr Smith. Danke. Wieviel brauchen Sie, Mr Knickerbocker.
Hatch: Danke, Skinflint, keine, wunschlos glücklich.
Jones: Sie bluffen.
Hatch: Wenn sie meinen, Jones.
Jones: Diesmal fallen sie auf die Schnauze, das sag ich ihnen. Machen sie schon Skinflint. Bitte sehr. Und sie Superintendent.
Steel: Die Staatsgewalt begnügt sich mit einer Karte.
Hatch: Außerdem drückte sie ein Auge zu, die Staatsgewalt alias Sam Steele von den Mounties, es war nämlich Sonntag, Sonntag der 1. Oktober 1899, wir saßen im Schalterraum der Handelsbank um den großen Tresen, auf dem sonst Schecks ausgeschrieben, Geldscheine gezählt und vor allem Goldkörner abgewogen wurden, wir waren fünf, Skinflint der Hausherr, Steele, der sein Polizistengewissen damit beruhigte, daß wir unser sündiges Tun nicht in der Öffentlichkeit trieben, die unvermeidlichen Herren Smith und Jones und meine Wenigkeit, es war Winter geworden, den ganzen Nachmittag hatte es geschneit, der Schneefall ließ erst nach, als wir so gegen 6 mit unsern Spielchen anfingen.
Skinflint: Haben alle gesetzt.
Smith: Ja, bis auf Sie Mr Skinflint.
Skinflint: Ach tatsächlich, das wird sofort nachgeholt, nanu wo ist denn meine Brieftasche.
Steel: Vergessen.
Skinflint: Ja sieht so aus, ja meine Herren, dieser kleine Lapsus läßt sich zum Glück schnellstens bereinigen, ein kurzer Gang zum Panzerschrank, ach dabei fällt mir ein, Mr Jones, Mr Smith, Mr Knickerbocker, ich glaube sie kennen dieses Meisterwerk hochmoderner Sicherheitstechnik nicht, kommen sie mit, sehen sich’s an.
Hatch: Gut aber die Karten mitnehmen.
Hatch: Wir kamen alle mit, durch eine Tür hinter dem Tresen, die in ein kleines fensterloses Bad führte, und dann durch eine zweite Tür in ein Hinterzimmer, hier gab es nur zwei Einrichtungsstücke, ein Bett an der Wand unter dem Fenster und ein gewaltiger Panzerschrank mitten im Raum, Skinflint zündete die Gaslampe an und schloß mit einem kompliziert aussehenden Schlüssel den Schrank auf.
Skinflint: Na meine Herren, ist das ein Anblick.
Hatch: Herzerwärmend, Stapel über Stapel von Dollarnoten und diese vielen Ledersäckchen.
Skinflint: Wir nennen sie Pockes, Mr Knickerbocker und jeder Pock enthält pures Gold, Staub, Nuggets, Körner, na da ist sie ja die Brieftasche.
Smith: Was mag er wohl wert sein, der Inhalt ihres Panzerschranks, Mr Skinflint.
Skinflint: Eine runde Million Mr Smith.
Smith: So viel, und da können sie nachts ruhig schlafen.
Skinflint: Wie ein Säugling Mr Smith und zwar in diesem Bett, eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme, eigentlich überflüssig, sehen sie sich den Panzerschrank an, von Newton und Burger Pittsburgh, massive Stahlwände, hören sie, praktisch einbruchsicher, es gibt nur einen einzigen Schlüssel, und der befindet sich stets in meiner Hosentasche, Zugang ist nur möglich vom Schalterraum, und das Fenster ist wie sie bemerken durch ein starkes Gitter unpassierbar gemacht, kein Verbrecher kann eindringen, Geld und Gold von Dawson City ruhen im Tresor der Handelsbank so sicher wie in Abrahams Schoß.
Jones: Hören sie auf zu quatschen Skinflint, machen sie das Ding wieder zu und kommen sie endlich, wir sind hier nicht zum Panzerschrank beglotzen sondern Pokerspielen.
Hatch: Und das taten wir denn auch fast 5 Stunden lang, Skinflint gewann mit dem sprichwörtlichen Glück des Geldmenschen, Steel verlor ein bißchen, ich kam mit plus minus null raus und was die Herren Smith und Jones anging, die hatten anscheinend unglaublich schlechte Karten, jedenfalls passten sie meist schon am Anfang, so läpperte sich die Sache dahin, bis plötzlich was passierte, es war genau 5 Minuten vor 11, ich weiß das, weil ich mit dem Instinkt des geborenen kriminologischen Assistenten sofort auf die Uhr guckte.
Smith: Was war das.
Jones: Da ist was hochgegangen.
Hatch: Hört sich an wie im Hinterzimmer.
Skinflint: Um Gottes Willen, der Panzerschrank, das Geld.
Steel: Superintendent Sam Steel von den Mounties übernimmt das Kommando, folgen sie mir meine Herren.
Hatch: Das Hinterzimmer war voller Qualm und Gestank als wir die Tür aufrissen aber beides zog schnell ab durch den offenen Fensterrahmen, die Scheibe war zersprungen und rausgefallen, in der Wand des Panzerschranks klaffte ein großes unregelmäßiges Loch und der Inhalt.
Skinflint: Verschwunden, nichts mehr da, kein Schein, kein Krümel Gold.
Hatch: Sauber ausgeräumt.
Steel: Merkwürdig, sehr merkwürdig, wann hat es aufgehört zu schneien.
Hatch: So gegen 6.
Steel: Der Schnee reicht fast bis ans Fensterbrett, keine Fußspuren, überhaupt keine Spuren und das Gitter, völlig intakt, höchst merkwürdig.
Hatch: Durch die Tür kann auch keiner gekommen sein, schließlich sitzen wir seit 5 Stunden direkt davor.
Steel: Äußerst merkwürdig, jemand dringt in diesen Raum ein, aber weder durch die Tür noch durchs Fenster, zündet eine Sprengladung, räumt in wenigen Sekunden den Panzerschrank restlos aus und verschwindet mit seiner gewichtigen Beute ebenso spurlos wie er gekommen ist.
Skinflint: Unmöglich.
Steel: Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund Skinflint, ein unmögliches Verbrechen, ein Rätsel, ein schlichter Mountie ist da überfordert, was wir brauchen ist ein Meisterdetektiv, jemand wie Mr Sherlock Holmes oder wie dieser berühmte amerikanische Professor.
Hatch: ProfDrDrDrAugustus van Dusen, die Denkmaschine.
Steel: Genau den, Mr Knickerbocker, aber der ist leider weit weg in New York.
Hatch: Meinen Sie Superintendant.
Hatch: So schnell es ging, wühlte ich mich durch den dicken Schnee zum Hotel Regina, van Dusen war noch wach, bekanntlich braucht er wenn überhaupt nur sehr wenig Schlaf und er war höchst ungnädig als ich ihm erzählte was sich gerade in der Handelsbank von Kanada abgespielt hatte.
vanDusen: Mein lieber Mr Knickerbocker, sie sind an der falschen Adresse, sie sprechen nicht mit Prof van Dusen sondern mit Mr George Washington und Mr Washington ist kein wie beliebte ihr Freund Superintendant Steele sich auszudrücken kein Meisterdetektiv.
Hatch: Amateurkriminologe.
vanDusen: Auch kein Amateurkriminologe, Mr Washington wünscht ungestört seinen epochalen Forschungen nachzugehen.
Hatch: Aber Prof, ein unmögliches Verbrechen.
vanDusen: Lassen sie ab davon, mich mit kriminologischen Versuchungen vom geraden Pfad der Wissenschaft fortzulocken, entfernen sie sich, suchen Sie die Hotelbar auf.
Hatch: Geschlossen.
vanDusen: Dann gehen sie zu Bett, gute Nacht.
Hatch: Am nächsten Morgen beim Frühstück sah die Sache schon ganz anders aus, unter uns, es hätte mich auch gewundert wenn der Prof standhaft geblieben wäre.
vanDusen: Mein lieber Hatch, ich habe nachgedacht.
Hatch: Moment Prof.
vanDusen: Bitte.
Hatch: So das Ei muß man nämlich mit Andacht essen, immerhin kostet es drei Dollar, worüber haben sie nachgedacht.
vanDusen: Über den gestrigen Raub in der Handelsbank natürlich.
Hatch: Ach und was haben sie gedacht.
vanDusen: Folgendes, da sie mich mit solcher Verve, solcher Überzeugungskraft bedrängen.
Hatch: Was sie nicht sagen.
vanDusen: Habe ich mich entschlossen schweren Herzens wie ich betonen möchte, die Wissenschaft für eine kurze Zeit hinanzustellen und mich des Falles anzunehmen.
Hatch: Wer hätte das gedacht.
vanDusen: Ja also kommen sie schon.
Hatch: Immer mit der Ruhe, lassen sie einen hungrigen Menschen doch erstmal zu Ende frühstücken.
vanDusen: Nichts da, essen können sie später, kein Zaudern, kein Zagen, es ruft die Kriminologie, geleiten sie mich umgehend zum Ort des Geschehens.
Hatch: Leichter gesagt als getan, der Schnee lag hoch und van Dusen ist bekanntlich von nicht eben stattlicher Statur, mir blieb nichts anderes übrig als den kleinen großen Mann huckepack zur Bank zu schleppen, Sam Steel nahm uns vor der Tür in Empfang.
Steel: Morgen Knickerbocker, gut machen sie sich als Maulesel.
Hatch: Hat sich ausgenickerbockert, Superintendant, denn hören und staunen sie, der vergeistige Herr auf meinen Schultern.
Steel: Mr Washington.
Hatch: Ist in Wahrheit kein anderer und kein geringer als Prof van Dusen.
Steel: Der Prof van Dusen, die Denkmaschine.
vanDusen: Ja wer denn sonst, Vorsicht, lassen sie mich endlich herunter, Hatch.
Hatch: Und ich brauche nicht mehr als Knickerbocker durch die Gegend zu laufen, Hatch ist mein Name, Hutchinson Hatch, Journalist, Chronist, kriminologischer Assistent.
vanDusen: Etc etc. Verlieren wir keine Zeit, wo befindet sich der Tatort, gehen sie voran, Superintendant.
Hatch: Im Hinterzimmer hatte sich nichts verändert und auch der Prof war ganz der alte, sie wissen ja wie er sich bei seinen kriminologischen Untersuchungen benimmt, er wanderte durch den Raum scheinbar geistesabwesend, sah sich um, dachte nach.
Hatch: Wo steckt denn Skinflint.
Steel: Bei Miss Caprice nehm ich an, er will sich ein bißchen ablenken.
Hatch: Und Smith und Jones.
Steel: Ja Smith und Jones, da hat sich was neues ergeben, Mr Knicker Mr Hatch wollte ich sagen, gestern habe ich die beiden zum ersten Mal gesehen und da hatte ich gleich so ein Gefühl, der 6. Sinn des Polizisten, wissen sie, ich hab meine alten Steckbriefe durchgesehen und das hier gefunden.
Hatch: Das sind sie, unerkennbar.
Steel: Lesen sie was unter den Bildern steht Mr Hatch.
Hatch: Chicago November 1897 gesucht werden wegen vielfachen Einbruchs-diebstahl (Spezialität: Safe, Tresore, Panzerschränke) Panzerschränke.
Steel: Interessant, nicht wahr, lesen sie weiter.
Hatch: Die Anführer der berüchtigten Panzerknackerbande, die Brüder Frank Clancy genannt Dandy.
Steel: Mr Smith.
Hatch: Und Elmar Clancy genannt Hooligan.
Steel: Mr Jones.
Hatch: Die haben also Skinflints Geldschrank geknackt.
Steel: Ohne jeden Zweifel, Mr Hatch.
Hatch: Augenblick mal, Superintendant das kann nicht stimmen, als es geknallt hat, haben wir alle 5 am Tresen gesessen und Poker gespielt, alle auch Smith und Jones.
Steel: Richtig aber irgendwas müssen sie mit der Geschichte zu tun haben, jedenfalls hab ich ein paar meiner Leute in ihr Hotel geschickt, das Viktoria, eine Flohkiste am Stadtrand, um die beiden festnehmen zu lassen.
vanDusen: Eine durchaus korrekte Entscheidung, Superintendant, die Brüder Clancy alias Smith und Jones haben in der Tat diesen Panzerschrank geknackt, so lautet ja wohl der polizeiliche terminus technicus.
Hatch: Ja aber der Knall Prof.
vanDusen: Die Explosion, mein lieber Hatch, war lediglich ein Akzidenz, eine im Prinzip überflüssige Zutat geeignet zur Verwirrung der Zeugen und vor allem zur Verschleierung des wahren Tathergangs beizutragen, richten sie gefälligst ihre Aufmerksamkeit auf die durch die Explosion herausgesprengten Trümmerstücke der Stahlwand, was sehen sie hier und hier und auch entschuldigen sie einen Moment, gehen sie mal zur Seite und auch hier an dieser Stelle.
Hatch: Linien, Schnittlinien, sieht aus als ob man in den Stahl geschnitten hat.
Skinflint: Und an den Linien ist der Stahl geschmolzen und später wieder hart geworden.
vanDusen: Sehr richtig, meine Herren, diese Fakten sprechen eine deutliche Sprache, sie verraten uns, daß der Panzerschrank bereits vor der Sprengung geöffnet wurde, er wurde, Mr Hatch hat daraufhingewiesen, aufgeschnitten.
Hatch: Womit Prof, mit einem Büchsenöffner.
vanDusen: Mit einer extrem heißen Stichflamme, wie sie bei der Verbindung von reinem Sauerstoff mit Leuchtgas entsteht, Superintendant Steel dürfte diese neuartige Methode wie sie von unternehmenden und wenn sie mir den Ausdruck gestatten progressiven Mitgliedern der Verbrecherwelt angewandt wird nicht gänzlich unvertraut sein.
Steel: Ich hab davon gehört Prof, aber dazu braucht man doch einiges, Sauerstofflaschen, einen sog Schneidbrenner, Zugang zu einer Gasleitung.
vanDusen: Bitte sehr, kommen sie, hier, schauen sie, da oben der Arm einer Gaslampe, Schirm und Zylinder liegen zerstört am Boden.
Steel: Durch die Sprengladung.
vanDusen: Möglich, Superintendant, doch spricht nichts dagegen, daß sie bereits vorher entfernt abgelegt und durch einen Kautschukschlauch ersetzt wurden, welcher zum Schneidbrenner führte, was nun diesen selbst und die benötigten Sauerstoffbehälter angeht.
Steel: Die hätten wir sehen müssen, als wir vor dem Spiel hier im Zimmer waren.
vanDusen: Haben sie wirklich überall gründlich nachgesehen, Superintendant, zum Beispiel unter dem Bett.
Steel: Unter Skinflints Bett, nein.
vanDusen: Würden sie das freundlicherweise jetzt nachholen.
Steel: Warum nicht.
vanDusen: Nun Superintendant, was sehen sie.
Steel: Nichts.
vanDusen: Machen sie die Augen auf, sie sehen frische Kratzer im Holzfußboden, und in den Kratzern.
Steel: Farbreste.
vanDusen: Sehr gut Superintendant, und auch der leichte metallische Schimmer wird ihrer geschulten Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, Fazit, hier, unter dem Bett waren die Utensilien verborgen, mit welchem die Öffnung des Panzerschranks bewerkstelligt wurde.
Steel: Mag ja sein Prof, aber wie haben die Clancys das Ding gedreht.
Hatch: Und wann, das muß doch Stunden gedauert haben.
vanDusen: Angesichts der Stärke der Stahlwand ca eine und eine dreiviertel Stunde.
Hatch: Nabitte und die beiden waren doch bei uns vorne im Schalterraum am Tresen.
vanDusen: Sind sie ganz sicher, daß sie sich ständig in ihrer Gegenwart aufhielten, gestern Abend mein lieber Hatch haben sie mich informiert, daß beide ganz gegen ihre Gewohnheit des öfteren wie sagten sie doch paßten, frühzeitig das Spiel aufgaben, was taten sie dann, blieben sie sitzen, sahen sie ihnen zu.
Skinflint: Nein, sie sind aufgestanden, herumgelaufen, haben sich die Beine vertreten, wir haben nicht darauf geachtet.
Hatch: Wissen sie Prof beim Poker braucht man Konzentration.
vanDusen: Wenn schon nicht Intelligenz, haben die Brüder Clancy womöglich mehrmals das Bad aufgesucht.
Hatch: Jetzt wo sies erwähnen, ja, Smith hat sich dauernd die Hände gewaschen.
Steel: Und der andere mußte alle Nase lang verschwinden, weil er was unrechtes gegessen hatte, sagte er.
vanDusen: Und wenn sie die häufigen Abwesenheitszeiten der Brüder addieren, werden sie, davon bin ich überzeugt als Summe eine Spanne Zeit erhalten welche zur Öffnung des Geldschranks mittels eines Schneidbrenner mehr als hinreichend gewesen sein dürfte.
Steel: Gut und schön Prof, aber wie haben die Safeknacker danach das Werkzeug aus diesem Raum geschafft.
vanDusen: Auf demselben Weg Superintendant, auf dem sie sich auch ihrer Beute entledigten, hier bei jenem dem Fenster gegenüberliegenden vom ihm durch einen abschüssigen, etwa 20m breiten Hof getrennten Gebäude handelt es sich um.
Steel: Das Montecarlo, die Rückseite natürlich.
vanDusen: Aha, merken sie auf, meine Herren, bereits vor der Explosion war das Fenster, wie aus der Stellung des Riegels hier zu ersehen ist geöffnet, ferner erkennen wir an der Kante des Fensterbretts die Spur eines kürzlich stattgehabten Abriebs und hier vor dem Panzerschrank liegt ein kleines Ende Seil, angekohlt, diese eindeutigen Hinweise, meine Herren.
Walker: Chef, das ist ein Ding Chef.
Steel: Walker, was fällt ihn ein, nehmen sie gefälligst Haltung an, so und jetzt erstatten sie Bericht, haben sie die Kerle erwischt, diese Gebrüder Clancy.
Walker: Jawohl Chef.
Steel: Wo sind sie, bringen sie sie rein, Mann.
Walker: Das geht nicht so einfach, Chef, wir haben sie erstmal an der Tür abgelegt.
Steel: Abgelegt.
Walker: Jawohl Chef, sie sind nämlich tot Chef.
Hatch: Wovon wir uns gleich selbst überzeugen konnten, die Brüder Clancy lagen vor der Bank auf dem Gehweg, starr und steif und erstaunlicherweise ohne ihre Pelzmäntel.
Walker: So haben wir sie gefunden Chef, hinter dem Hotel Viktoria, zwischen zwei Schuppen.
Skinflint: Offensichtlich erfroren, haben sie ihre Zimmer durchsucht, Walker.
Walker: Jawohl Chef.
Steel: Und was gefunden, Geld, Gold, Einbruchswerkzeug.
Walker: Nichts Chef.
vanDusen: Die beiden wurden ermordet.
Steel: Was sagen sie da Prof.
vanDusen: Ein durchdringender Geruch nach Alkohol, Hämatome an den Hinterköpfen, unzureichende und was noch aufschlußreicher ist, stark zerknitterte Kleidung, ein zumindest für Frank Clancy zubenamt Dandy höchst untypisches Merkmal, kein Zweifel, Superintendant, man hat Frank und Elmar Clancy betrunken gemacht, niedergeschlagen, mit Wasser übergossen und ins Freie geschafft, wo sie alsbald erfroren, man wollte sich ihrer entledigen als Mitwisser und Teilhaber an der Beute.
Steel: Man, wer ist man.
vanDusen: Der Auftraggeber natürlich.
Steel: Auftraggeber.
vanDusen: Vier Personen waren an der Tat beteiligt, Superintendant, die Brüder Clancy, ein weiterer Komplize und der Auftraggeber, der Kopf, der Drahtzieher des Verbrechens.
Steel: Woher wollen sie das wissen Prof.
Hatch: Der Prof weiß alles, Superintendant, und wie ich ihn kenne, ist der ganze Fall für ihn schon so klar wie Kloßbrühe.
vanDusen: Auch wenn wie so häufig die Wahl ihrer Worte nicht meine volle Zustimmung finden kann, in der Sache haben sie durchaus recht, folgen sie mir, meine Herren, am Tatort soll ihnen volle Aufklärung über Ablauf und Hintergrund des Verbrechens zu teil werden.
Hatch: Das Publikum, Steel, Walker und ich nahm auf dem Bett platz, der Prof stellte sich zwischen Fenster und Panzerschrank in Positur und wollte gerade loslegen, als die Tür aufging und Mr Skinflint erschien, er wollte wissen, was sich inzwischen getan hatte und war nicht schlecht erstaunt als er hörte, wer die Herren Knickerbocker und Washington in Wirklichkeit waren.
Skinflint: Die Denkmaschine.
Steel: So ist es Skinflint und sie können sich freuen, der Prof hat den Fall schon aufgeklärt, restlos.
Skinflint: Was, unmöglich.
vanDusen: Setzen sie sich zu den übrigen, Skinflint und verhalten sie sich ruhig, ich beginne, zwei plus zwei meine Herren gibt vier.
Hatch: Immer und überall.
vanDusen: Ja danke.
Hatch: Bitte.
vanDusen: In diesem Sinne lassen sie uns nunmehr zur Rekonstruktion des am gestrigen Abend in diesem Raum stattgefundenen Verbrechens schreiten.
Hatch: Der Prof beschrieb, wie die Herren Smith und Jones alias Frank und Elmar Clancy in ihren Spielpausen während sie sich angeblich im Bad aufhielten, den Panzerschrank geknackt und ausgeräumt hatten.
vanDusen: Danach warf ihnen der bereits erwähnte Komplize aus dem gegenüber-liegenden Haus ein Seil zu, welches sie, siehe Abriebspur auf dem Fensterbrett am unteren Teil des Fenstergitters befestigten, über dieses schräg nach unten führende Seil ließen sie sodann vermutlich mittels Haken und Rollen den Inhalt des Schrankes, Banknoten, Bündel und Beutel voller Gold dem Komplizen zukommen, der Beute folgten die bei ihrem verbrecherischen Tun benutzten Hilfsmittel, schließlich brachten sie über der aufgeschnittenen Stahlwand die ebenfalls unter dem Bett verborgen gehaltene Sprengladung an und befestigten an ihrem Zünder das vom Gitter gelöste Ende des Seils, nachdem eine gewisse Zeit verstrichen war, die Brüder Clancy hatten ihre Plätze am Spieltisch längst wieder eingenommen, bewegte der Komplize das Seil, und löste so die Explosion aus, nach welcher er das Seil eilens einzog, sie meine Herren stürzten in diesen Raum und standen vor einem unerklärlichen Verbrechen, unerklärlich für sie, jedoch nicht für Prof DrDrDrAugustus van Dusen, auf diese Weise hat sich die Tat abgespielt, meine Herren genauso wie sie vom Auftraggeber der Brüder Clancy geplant und minutiös vorbereitet war.
Steel: Schon wieder dieser mysteriöse Auftraggeber, wer soll denn das sein.
vanDusen: Denken sie nach, Superintendant.
Hatch: Zählen sie zwei und zwei zusammen.
vanDusen: Hatch bitte, wer muß gewußt haben, daß und wo die beim Verbrechen verwendeten Utensilien versteckt waren, wer hat die Brüder Clancy gerade an diesem Abend in die Bank eingeladen und vor allem wer hat in so auffälliger Weise Wert darauf gelegt zu Beginn des Abends ihnen Superintendant und natürlich auch ihnen mein lieber Hatch den gefüllten Panzerschrank ad oculos zu demonstrieren.
Steel: Skinflint.
vanDusen: Mr Jeremiah Skinflint, Manager der Handelsbank von Kanada, wollte sich nicht mehr damit zufrieden geben, die ihm anvertrauten Werte lediglich zu verwalten, er beschloß sie sich anzueignen und zwar auf eine höchst raffinierte Art, welche ihn so glaubte er von jedem Verdacht freistellen würde, aus den Vereinigten Staaten ließ er zwei Spezialisten, sogenannte Safeknacker, nach Dawson kommen.
Skinflint: Hören sie auf Prof, was sie da zusammenreden, sind doch nur Mutmaßungen, reine Spekulationen.
Steel: Das wird sich zeigen, Skinflint, sie sind festgenommen.
vanDusen: Und falls sie eines weiteren Beweises bedürfen, Superintendant, so wird ihnen dieser geliefert durch die Identität von Skinflints Komplizen, es handelt sich um.
Caprice: Hände hoch, meine Herren, du doch nicht Jeremiah.
vanDusen: Mrs Caprice, Star des Montecarlo, wo sie eine geräumige Garderobe ihr eigen nennt, im hinteren Teil des Gebäudes, Lassowerferin.
Caprice: Und Kunstschützin, also keine Dummheiten, meine Herren, nimm Steele und Walker die Waffen ab, Jeremiah, war doch gut, daß ich nicht gleich reingekommen bin, sondern vorher ein bißchen an der Tür gehorcht habe.
Steel: Sie sind der Komplize, Miss Caprice.
Caprice: Hören sie mal Steele, ich trag doch keinen Schnurrbart, Komplizin, wenn ich bitten darf.
Skinflint: Wo ist der Schlitten.
Caprice: Vor der Tür Jeremiah, ich hab alles besorgt, Decken, Proviant.
Skinflint: Und der Reibach.
Caprice: Sicher verstaut.
Skinflint: Gut, also dann, meine Herren.
vanDusen: Hören sie.
Skinflint: Ärgern sie sich nicht, Prof, einen Täter überführen und ihn erwischen, das sind zwei ganz verschiedene paar Stiefel.
Caprice: Küsschen ihr lieben.
Hatch: Wir waren eingesperrt. Wir waren eingesperrt, aber nicht lange, unsere beiden wackeren Mounties warfen sich mit solchem Pflichteifer gegen die Tür, daß sie bald nur noch aus Splittern bestand, trotzdem waren sie nicht schnell genug, als wir vor die Haustür stürzten, sahen wir den Hundeschlitten der Flüchtlinge gerade am Ende der Straße verschwinden.
Steel: Was jetzt.
vanDusen: Na hinterher natürlich.
Steel: Das ist nicht so einfach Prof, Skinflint hat das beste Huskygespann in ganz Dawson.
vanDusen: Na wenn schon.
Steel: OK versuchen wir es, laufen sie voraus zur Station, Walker, lassen sie anspannen.
Walker: Jawohl Chef.
Steel: Auch das noch. Walker so ein Trottel.
vanDusen: Bitte stehen sie auf Walker, beeilen sie sich, kommen sie ich helfe ihnen, stellen sie sich nicht so an, laufen sie zur Station, spannen sie die Hunde an.
Hatch: Im Hundeschlitten der Mounties, 8 kläffende Köter und ein Leithund folgten wir Skinflints Spuren, stundenlang jagten wir durch verschneite Wildnis in Richtung Süden, bis die Spur plötzlich nach Westen abknickte.
Steel: Das hab ich mir gedacht, unser Freund Skinflint ist kein Schischako.
Hatch: Was.
Steel: Greenhorn sagen sie in den Staaten, er will an die Küste nach Skagway und von da mit dem Schiff nach Seattle oder San Francisco, aber weil er natürlich weiß, daß es eine Telefonverbindung zwischen Dawson und unserem Grenzposten auf den White Pants gibt, versucht er es sozusagen durch die Hintertür, über den Malaspinagletscher, sehr riskant, aber er könnte es schaffen, los.
Hatch: Weiter jacherten unsere Huskies durch Eis und Schnee, bis sie Stunden später sich und uns mit letzter Kraft in ein kleines Goldgräbercamp schleppten.
Steel: Superintendant Steel, im Namen des Gesetzes, wir brauchen frische Hunde.
Goldgräber: Ich auch, Superintendant, ich auch.
Steel: Was soll das heißen.
Goldgräber: Vor einer halben Stunde waren zwei Fremde hier, Mann und Frau, haben sich meine besten Hunde ausgesucht und vor ihren Schlitten gespannt.
Steel: Na und, sie werden wohl ein übrig gelassen haben.
Goldgräber: Wie mans nimmt, Superintendant, meine anderen Hunde und die alten die liegen hier hinterm Blockhaus, sie haben sie erschossen.
Steel: Ja meine Herren, da kann man nichts machen, wir sind geschlagen.
vanDusen: Werfen sie die Flinte immer so schnell ins Korn, Superintendant, guter Mann, wie ich höre, arbeitet bei ihnen eine Motorpumpe.
Goldgräber: Ja hab ich mir aus den Staaten kommen lassen sauteuer, aber es lohnt sich.
vanDusen: Wären sie unter Umständen bereit, sie uns für eine gewisse Zeit auszuleihen gegen eine großzügige finanzielle Entschädigung versteht sich.
Hatch: Drei Stunden vergingen, dann setzte sich ein nie gesehenes Monstrum knatternd und qualmend in Bewegung und fegte über das bläuliche Eis des Malaspinagletschers, der Prof hatte den Pumpenmotor in unseren Schlitten gebaut, eine Kraftübertragung konstruiert und so ganz nebenbei den ersten funktionsfähigen Motorschlitten der Welt erfunden, Motorkraft ist stärker als Huskypower, bald sahen wir Skinflints Schlitten vor uns, zuerst nur als kleinen schwarzen Punkt, dann wurde er größer, immer größer, der Gletscher lief aus, vor uns lag eine Goldgräbersiedlung, wir fuhren fast gleichzeitig ein und hielten nebeneinander, Superintendant Steel sprang aus dem Schlitten.
Steel: Jeremiah Skinflint, Miss Caprice, ich verhafte sie im Namen der Königin.
Goldgräber: Langsam Freund, langsam, ihre Königin hat hier gar nichts zu sagen, sie auch nicht, sehen sie mal nach oben, die Fahne, das gute alte Sternenbanner.
Skinflint: Hipphipphurra, wir sind auf amerikanischem Boden, tut mir leid, meine Herren, wo sie sich so große Mühe gegeben haben, aber so ist das Leben.
Caprice: Angenehme Heimreise.
Goldgräber: Und zwar möglichst bald, sonst helfen wir nach.
Hatch: Augenblick Landsleute, ich bin amerikanischer Bürger und ich habe euch was zu sagen, dieser Typ der so unverschämt grinst, ist der Bankier Skinflint aus Dawson City und auf seinem Schlitten hat er eine runde Million in Gold und Scheinen, das hat er alles euren Kollegen in Dawson geklaut zusammen mit seiner Freundin.
Goldgräber: Stimmt das.
Steel: Jedes Wort.
Goldgräber: Dann sieht die Sache anders aus, wir sind hier nämlich sehr für Recht und Ordnung, he Kumpels, kommt mal her, hier ist eine Kleinigkeit zu erledigen.
Hatch: Es ging alles sehr schnell, eine halbe Stunde später hing Sklinflint am Fahnenmast.
vanDusen: Ein recht summarisches Verfahren.
Goldgräber: Das Gesetz der Grenze, Freund.
Hatch: Und Mrs Caprice, wollt ihr die etwa auch aufhängen.
Goldgräber: Aber woher Freund, wir sind Kavaliere, die Lady bleibt hier, lebenslänglich und macht sich nützlich, kochen, waschen und was noch so anfällt.
Caprice: Gotteswillen nur das nicht, lieber zurück nach Dawson, lieber ins Gefängnis, bitte meine Herren, helfen sie mir.
Hatch: Können wir das zulassen, Prof.
vanDusen: Wohl kaum, mein lieber Hatch, hören sie, Freund.
Hatch: Als wir im Motorschlitten nach Dawson City zurückfuhren, waren wir zu viert, van Dusen, ich, Superintendant Steel und Miss Caprice, der Prof hatte es geschafft, aber zu welchem Preis.
Steel: Eine Million, kein Mensch ist 1 Million Dollar wert.
vanDusen: Oh sagen sie das nicht.
Steel: Schon gar nicht dieses Tingeltangelflittchen.
Caprice: Sie sind aber nicht sehr galant.
Steel: Außerdem Prof, sie hatten gar nicht das Recht über Skinflints Beute zu verfügen.
vanDusen: Verehrter Superintendent, ich habe nicht wie sie zu implizieren scheinen Miss Caprice für 1 Mio Dollar eingehandelt, ich habe lediglich zugestanden, daß die Beute bis zur endgültigen juristischen Klärung in der treuhänderischen Obhut der Herren Goldgräber verbleibt.
Steel: Glauben sie denn im Ernst, daß wir davon noch was wiedersehen, keinen Dollarschein, Prof, kein einziges Körnchen Gold.
vanDusen: Vorsicht da ist eine Eisspalte, halten sie sich fest.
Hatch: Damit sollte er rechtbehalten, der gute Superintendant, als im Sommer eine kanadisch-amerikanische Kommission das Goldgräberlager aufsuchte, fand sie es leer vor, die Insassen waren verschwunden und mit ihnen Skinflints Millionen, soweit ich weiß, streiten Kanada und die USA sich noch heute um den Inhalt des Panzerschranks, wie sagte doch Skinflint, so ist das Leben.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Jeremiah Skinflint, Bankier: Helmut Ahner
Sam Steel von den Mounties: Helmut Krauss
Mr. Smith alias Frank Clancy: Wolfgang Condrus
Mr. Jones alias Elmer Clancy: Erwin Schastok
Miss Caprice, Künstlerin: Kerstin Sanders-Dornseif
Chefredakteur des Daily New Yorker: Eric Vaessen
Walker, ein Mountie: Hubertus Bengsch
1. Goldgräber: Till Hagen
2. Goldgräber: Norbert Schwarz
Matrose: Norbert Schwarz
Michael Koser: Prof. van Dusen und die 7 Detektive (RIAS 1988)
Hatch: Happy birthday to you, happy birthday to you, happy birthday Professor…
vanDusen: Ich wäre Ihnen sehr verbunden, mein lieber Hatch, wenn Sie Ihren Gesang einstellten.
Hatch: Aber Prof, was haben Sie denn dagegen, daß ich ein bißchen singe, um mir Mut zu machen.
vanDusen: Wenn die Musik Ihnen als moralisches Tonikum unentbehrlich ist, so tun Sie mir doch wenigstens den Gefallen, ein anderes Lied zu wählen, ich habe nicht Geburtstag und ich.
Hatch: Aber gleich Prof, es ist zehn vor zwölf, seien Sie nicht so pingelig.
vanDusen: Und vor allem lege ich nicht den mindesten Wert auf die Anerkennung oder gar feierliche Begehung der jährlichen Wiederkehr eines lediglich vom Zufall bestimmten Datums wie es die Geburt eines Menschen darstellt und sei dieser auch eine so eminente Persönlichkeit wie ich, daß ich meinen Geburtstag weder selbst zu feiern noch von anderen feiern zu lassen gedenke, dies mein lieber Hatch sollten sie nun wirklich wissen.
Hatch: Und ob ich das wußte, weil Prof van Dusen ein so gewaltiger Geburtstags-muffel war, mußten wir ja Nachts bei Unwetter und klirrender Kälte durch die unwegsamen Felsen der Sierra Nevada irren, aber da sollte ich wohl ein bißchen ausführlicher erklären. In der zweiten Januarhälfte des Jahres 1906 hatten wir, der Prof und ich, unsere Weltreise beendet und waren in San Francisco gelandet, van Dusen hatte sich gleich in seine wissenschaftlichen Forschungen verkrochen, nur zweimal war er daraus aufgetaucht, Mitte Februar um mich vor dem Irrenhaus zu retten siehe Fall Hatch und etwa 10 Tage später, um Dampf abzulassen.
vanDusen: Haben sie die heutige Ausgabe des San Francisco Examiner schon gelesen.
Hatch: Nein steht was Interessantes drin.
vanDusen: Das kann man wohl sagen, Seite 3 unten.
Hatch: Bürgermeister eröffnet Schule, Großfeuer, ah hier, wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren wird Prof van Dusen der bekanntlich zurzeit in unseren Mauern weilt, in kürze, nämlich am 2. März seinen 60 Geburtstag begehen, Prof van Dusen, einer der größten Wissenschaftler unserer Zeit und auch als Amateurdetektiv von bedeutendem Ruf.
vanDusen: Kriminologe muß es heißen.
Hatch: Kann an diesem seinem Jubeltag Ehrungen in der Qualität und Quantität erwarten, wie sie seiner herausragenden Persönlichkeit.
vanDusen: Und so weiter, sie wissen was das bedeutet.
Hatch: Aber ja, in aller Früh ein Ständchen der freiwilligen Feuerwehr, Telegramme, Besuche und Reden, Reden, Reden.
vanDusen: Ach, es ist entsetzlich.
Hatch: Dafür müssen sie doch Verständnis haben.
vanDusen: Derartiges war mir schon immer ein Gräuel und ist es ganz besonders zum jetzigen Zeitpunkt, da ich von meinen aktuellen Forschungen voll und ganz in Anspruch genommen bin.
Hatch: Am besten verschwinden sie für ein paar Tage aus San Francisco, die Frage ist nur wohin.
vanDusen: Eine Frage, welche bereits beantwortet ist.
Hatch: Wieso.
vanDusen: Wie es der Zufall will, erhielt ich heute Morgen dieses Schreiben.
Hatch: Von wem.
vanDusen: Von einem alten bekannten, Mr Thomas Alva Edison.
Hatch: Sieh an, und was schreibt er.
vanDusen: Hören sie, sehr verehrter Prof van Dusen hochgeschätzter Kollege und Freund, ein wenig sehr vertraulich, finden sie nicht.
Hatch: Naja.
VanDusen: Oft habe ich mit Freude und Dankbarkeit an unser denkwürdiges Zusammentreffen im Canyon Delware zurückgedacht, an gemeinsam durchlebte Gefahren und an unsere Rettung, die wir großenteils ihrer Ingenuität verdanken, großenteils, der unmittelbare Anlaß meines Schreibens ist dieser, bereits vor geraumer Zeit habe ich das bekannte in der wildromantischen Landschaft des Yosemite Nationalparks gelegene Hotel Wawona ab 1. März exklusiv gemietet, um ungestört in winterlicher Einsamkeit erfinderisch zu wirken, nun sehe ich mich jedoch bis etwa mitte März anderweitig unaufschiebbar beschäftigt und erlaube mir daher ihnen besagtes Hotel als Refugium zu offerieren, sehr aufmerksam von Edison und hoch willkommen obendrein, sie erreichen das Hotel auf folgende weise.
Hatch: So kam es daß wir am Abend des 1. März im kleinen Ort Raymond am Fuß der Sierra Nevada aus dem Zug stiegen, der uns aus San Francisco hierher gebracht hatte, über Stockton, Merced und Berenda, Raymond war die Endstation, von hier ging es anders weiter und daß es weiterging dafür war gesorgt vor dem Bahnhof wartete ein Chauffeur mit einem Automobil, einem Pope Toledo. Wir fuhren nach Westen in die Berge, die Straße stieg immer mehr an, es wurde immer kälter, van Dusen saß zurückgelehnt, in Gedanken, abwesend, ich hatte ja keine Ahnung, was für eine Last auf seiner Seele lag, seine gewaltige Erfindung, die Nachstellungen des hinterhältigen Rüstungsindustriellen Cesselman, sie kennen ja die Hintergründe, und sie wissen, zu welch tragischem Ende sie im April führen sollten, Wind kam auf, es fing an zu schneien, plötzlich blieb der Wagen stehen.
vanDusen: Was ist, warum gehts nicht weiter.
Butler: Tut mir leid, Sir, die Straße ist zu steil, zu glatt durch den Schnee, der Wagen macht nicht mehr mit, dürfte ich die Herren vielleicht bitten kurz auszusteigen und ein bißchen zu schieben, wenn das nicht zu viel verlangt ist.
Hatch: Hören sie mal, ist das wirklich nötig, so schlimm sieht die Straße nicht aus, ich bin selbst Automobilist.
vanDusen: Hatch, der Mann kennt den Wagen und die Strecke, folgen sie seiner Anregung.
Hatch: OK Prof und jetzt hau ruck.
Butler: Vielen Dank meine Herren.
Hatch: He, halt, kommen Sie zurück, halt.
vanDusen: Lassen sie das fruchtlose Geschrei, sparen sie die Kraft ihrer Lungen, sie werden sie brauchen.
Hatch: Was sagen sie dazu Prof, setzt der Kerl uns hier einfach aus, mitten in der Wildnis, was sollen wir denn jetzt machen.
vanDusen: Laufen, mein lieber Hatch, laufen.
Hatch: Wir liefen über Stock und Stein, durch Busch und Wald, und wir stiegen durch Felsen, Gletscher und Schneefelder. Das Wetter wurde zum Unwetter, dann zum Schneesturm oder Blizzard wie der Fachmann sagt. Wir verloren den Weg, wußten nicht mehr wo wir waren und stapften eigentlich nur noch voran um nicht zu erfrieren.
Hatch: Ah das ist ja schlimmer als damals in Alaska. 12 Uhr, Mitternacht, 2. März, ihr Geburtstag Prof.
vanDusen Ich wäre ihnen äußerst dankbar, wenn sie den Tag meiner Geburt in Zukunft unerwähnt lassen würden.
Hatch: Moment mal wo schlägt denn mitten in der Wildnis in der Sierra Nevada eine Turmuhr.
vanDusen: Dort oben, auf jenem hohen Felsen.
Hatch: Und da brennt ja auch ein Licht, da oben muß ein Haus sein.
vanDusen: So scheint es, möglicherweise eine Jagdhütte, auf jeden Fall werden wir dort Obdach finden, kommen sie.
Hatch: Über einen steilen Pfad kraxelten wir auf das Licht zu und allmählich trat unser Ziel aus Schatten und dunkler Nacht, das war keine Jagdhütte, das war ein fantastisches Gebilde aus Mauern, Zacken, Zinnen und Türmen, eine Burg, eine richtige Burg, die aussah wie.
vanDusen: Wie Draculas Schloß in Transsylvanien.
Hatch: Ich dachte eher an Burg Glenmore oder die Mafiavilla Palermo oder Urganza in den Pyrenäen.
vanDusen: Ergehen sie sich nicht in unergiebigen Reminiszenzen, ziehen sie lieber die Torglocke.
Hatch: Machen wir. Schon nach wenigen Sekunden näherten sich gemessene Schritte, das Tor knarrte auf und dahinter erschien ein untadeliger Butler in gestreifter Weste und Schwalbenschwanz, und mit einer formvollendeten Verbeugung direkt aus dem höheren Lehrbuch für Butler und Kammerdiener von Reginald Geves, ansonsten hatte er eine verdächtige Ähnlichkeit mit dem Chauffeur, der uns sitzen gelassen hatte.
Butler: Treten Sie näher, meine Herren, sie werden erwartet.
Hatch: Erwartet.
Butler: Gewiß, sie sind doch Prof van Dusen und Mr Hatch.
Hatch: Ja aber.
Butler: Bitte folgen Sie mir.
Hatch: Das war wieder so eine mysteriöse Sache, eine richtige Hintertreppen-geschichte, der Prof zieht so etwas an, hätte ich geahnt, wie hintertreppig der Fall werden sollte, wäre ich gerannt, in die Wälder, in die Berge, ganz egal wohin, nur nicht in die Burg. Aber Hutchinson Hatch ist kein Hellseher, der Prof war offensichtlich nicht in Form und so folgten wir dem Butler durch einen kleinen Gang über einen Innenhof, vorbei an einem Brunnen, wieder durch einen Gang, bis zu einer geschnitzten Tür, der Butler öffnete beide Flügel weit und trat vor.
Butler: Ladies und Gentleman, Prof Augustus van Dusen, Mr. H. Hatch.
Prendergast: Oh aha, endlich unser Ehrengast ist erschienen, meine Dame, meine Herren ich darf also bitten, drei vier, happy birthday to you…van Dusen happy birthday to you, hahaha.
vanDusen: Was soll das bedeuten.
Prendergast: Eine Überraschung, verehrter Prof, Ihnen zu ehren und deshalb bin ich ganz besonders froh daß sie doch noch eingetroffen sind, Sie und natürlich auch Mr Hatch, treten Sie näher, meine Herren, Brimstome.
Butler: Madame befehlen.
Prendergast: Geleiten Sie die Herren zu ihren Plätzen.
Butler: Sehr wohl, Madame, folgen Sie mir bitte.
Prendergast: Meine übrigen Gäste dürften Sie kennen, Prof, Madame Maigret, private Detektivin aus Paris.
Maigret: Ich freue mich sehr Prof.
vanDusen: Ganz meinerseits Madame, wie geht es dem kleinen Jö.
Hatch: Mordfall Manulesco in Monte Carlo und die kuriose Affäre um die Rose von Kairo.
Prendergast: Mr. Sherlock Holmes.
Holmes: Ja Prof.
Hatch: Van Dusens Konkurrent beim großen Wettbewerb der Detektive 1903 in England.
Prendergast: Kommissär Gallimard.
Gallimard: Der Profi von der Surete na wie läufts denn so sie alter Amateur samas he
Hatch: Eins zwei, eins zwei, siehe den rätselhaften Korb der Venus von Milo.
Prendergast: Kommissar Möllhausen Berlin.
Möllhausen: Von Möllhausen ist mir eine kolossale Ehre sie wiederzusehen Herr Prof
Hatch: Laterna Magica Mord, Millionenraub aus dem Juliusturm.
Prendergast: Chefinspektor Smiley von Scotland Yard.
Smiley: How do you do Prof.
Hatch: Ballonexplosion über dem schottischen Hochland, diverse Fälle in London, die Sache bei Madame Tussauds zum Beispiel oder der mysteriöse Mord im Chinesenviertel.
Prendergast: Detective Sergeant Caruso, NewYork.
Caruso: Hi Prof, Leben noch frisch alles ok.
Hatch: Bestens Caruso.
Caruso: Sie hab ich nicht gefragt Mr Hatch.
Hatch: Gaslichtmordfall, Leichenräuber, Vampir von Brooklyn, Massaker im Zirkus Barnum und Bailey usw usw, sechs alte Bekannte, Polizisten und Privatdetektive aus aller Welt, Mitarbeiter und Konkurrenten des Prof, vorzugsweise Konkurrenten, noch dazu blamierte, und die hatten sich hier zusammengefunden in einer seltsamen Burg in der Sierra Nevada, um van Dusen zum Geburtstag zu gratulieren, merkwürdig, äußerst merkwürdig.
Hatch: Die wilden Delawaren versammeln sich in Scharen.
vanDusen: Bitte.
Hatch: Nur eine Reminiszenz Prof, unwichtig.
Prendergast: Brimstone, bedienen Sie die Herrschaften.
Butler: Sehr wohl, Madame.
Prendergast: Ich bin übrigens Mrs Prendergast, mein erster Mann, der selige Mr Falcon, war Millionär und fasziniert vom finsteren Mittelalter, deshalb hat er sich diese Burg gebaut und auf den Namen Falcon Crest getauft, jetzt gehört sie mir, und meinem zweiten Mann, Mr Prendergast, er sollte eigentlich hier sein, um die mystische Zahl von 7 Detektiven vollzumachen, doch ist er leider in Sacramento aufgehalten worden, ihn kennen Sie ja wohl auch noch.
Hatch: Prendergast, weiland Schiffsdetektiv auf der Columbia, auch einer der vom Prof blamierten, vielleicht erinnern sie sich noch an die Affäre um die schwarzen Perlen der Kali, die Sache kam mir immer merkwürdiger vor, was wurde hier gespielt.
Prendergast: Der Zufall, werter Prof, Mr Hatch, nur der Zufall hat uns an diesem Orte zusammengeführt und als wir in Erfahrung brachten, sie, der von uns allen so gesch-ätzte so verehrte Prof van Dusen feiert nun heute am 2. März ihren 60. Geburtstag.
vanDusen: Dann gehe ich wohl nicht fehl in der Annahme daß Sie, Mrs Prendergast, mich hierhergelockt haben, Sie haben die Nachricht von meinem bevorstehenden Geburtstag in San Francisco verbreitet, Sie haben den angeblich von Mr Edison stammenden Brief verfaßt, ihr Chauffeur und Butler hat uns in Raymond erwartet.
Prendergast: Bitte Prof, diese unwichtigen Details haben doch sicher Zeit bis morgen, sie sind durchgefroren, müde, hungrig, greifen sie zu und feiern Sie, wenn schon nicht ihren Geburtstag, so doch das Wiedersehen mit den alten Freunden, die das Geschick ihnen in den Weg geführt hat. Jawohl.
Hatch: Eine schöne, eine wahrhaft herzerhebende Feier, abgesehen von ein paar freundlichen Worten zu Madame Maigret, für die er immer ein kleine Schwäche gehabt hatte, blieb der Prof stumm wie ein Fisch, Sherlock Holmes und Caruso guckten grimmig, ersterer auf van Dusen, letzterer auf meine Wenigkeit, er hatte mich ja nie ausstehen können der gute Detective Sergeant, alle schwiegen nur Mrs Predergast plauderte munter fürbaß.
Prendergast: Warum so schweigsam Prof beschäftigt Sie womöglich ein geheimnis-voller Fall oder eine epochale Erfindung, vielleicht fehlt Ihnen ja nur ein wenig Tafel-musik, bedauerlicherweise sind wir darauf nicht eingerichtet, Dudelsackkonzerte a la McMurdock können wir ihnen nicht bieten und essen tun sie auch nicht Prof, wünsch-en Sie ein anderes Menü, sollten wir den wackeren Caruso bitten Ihnen eine Portion Spaghetti zu servieren, sie sind alle so still, meine Herrschaften, hat denn niemand Lust zur Unterhaltung beizutragen, vielleicht sie Kommissar von Möllhausen.
Hatch: Und der ließ sich auch nicht lange bitten und gab die spannende Geschichte von der blutigen Botschaft zum besten, allerdings brachte er sie nicht zu Ende, es kam was dazwischen.
Möllhausen: Da standen wir also hoch auf der Zitadelle im schönen Spandau und plötzlich sahen wir einen Ballon, jawohl meine Herrschaften einen Ballon und da sagte ich zu Prof van Dusen, oh.
Prendergast: Entschuldigen Sie Herr Kommissar ich habe Sie nicht verstanden, was sagten Sie.
Möllhausen: Oh.
Holmes: Tot, oder was meinen Sie, Chefinspektor.
Smiley: Kein Zweifel, Mr Holmes, Kommissar von Möllhausen ist tot, allem Anschein nach vergiftet.
Prendergast: Oh wie schade, wo er gerade so schön am erzählen war, Brimston.
Butler: Madame.
Prendergast: Schaffen Sie ihn nach draußen.
Butler: Sehr wohl, Madame.
Hatch: Butler Brimstone, ein kräftiges Kerlchen, brach sich den reglosen Kommissar über die Schulter und trug ihn ohne Mühe aus dem Saal und das seltsame Dinner ging weiter, als ob nichts vorgefallen sei, war ich in einen Alptraum geraten, ich kniff mich kräftig, aber ich wachte nicht auf und van Dusen tat nichts, doch er legte die Serviette hin und stand auf.
vanDusen: Mrs Prendergast, meine Herrschaften, sie entschuldigen uns, wir hatten eine lange, sehr ermüdende Anreise.
Prendergast: Sie wünschen sich zurückzuziehen, Prof.
vanDusen: So ist es, Madame.
Hatch: Aber Prof, eben hat man Möllhausen vergiftet und Sie gehen seelenruhig ins Bett.
Prendergast: Geleiten Sie die Herren auf ihr Zimmer, Brimstone.
Butler: Sehr wohl Madame.
Hatch: Unser Zimmer lag im zweiten Stock und bestand hauptsächlich aus zwei Himmelbetten und einem Kamin, in dem ein müdes Feuerchen knisterte, an den Wänden hingen ein paar Portraits von abgrund tiefer Scheußlichkeit und zwei gekreuzte Säbel, das wars, abgesehen von unseren Koffern, die mitten im Raum standen, unsere Koffer, die waren doch im Automobil geblieben.
Butler: Sie haben sich eingefunden meine Herren, wünsche angenehme Ruhe.
Hatch: Ich verstehe Sie wirklich nicht, Prof hier ist doch alles oberfaul und Sie.
vanDusen: Mein lieber Hatch, bevor sie sich weiter echauffieren oder aufspulen, wie man sich wohl in ihren Kreisen ausdrückt, lesen Sie dies.
Hatch: Lieber Prof, bleiben Sie ruhig was auch geschieht werde ihnen später alles erklären ihre Madame Maigret.
vanDusen: Unsere alte Freundin hat mir den Zettel unter dem Tisch in die Hosentasche praktiziert.
Hatch: Ja und was soll das heißen.
vanDusen: Mein lieber Hatch, auch ohne diese uns zugespielte Information sollte selbst Ihnen klar sein, daß alle die rätselhaften Dinge, welche uns auf dem Weg hierher und dann in dieser Burg zugestoßen sind, zu einem Spiel gehören, zu einer, wenn sie so wollen kalkulierten Inszenierung, deren Publikum allem Anschein nach wir beide zu bilden haben.
Hatch: Aber Möllhausen, der ist doch tot.
vanDusen: Keineswegs mein lieber Hatch, der Kommissar hat die Leiche lediglich gespielt, nicht eben brillant wie ich mich hinzuzufügen genötigt sehe, trotz seiner großen kriminologischen Erfahrung.
Hatch: Wenn sie das sagen Prof, ja und was sollen wir jetzt tun.
vanDusen: Da wir uns den auf uns gezielten dummen Streichen vorerst wohl kaum entziehen können, bleibt uns nichts anders übrig als sie weiterhin mit Nichtachtung zu strafen und sie abzuwettern wenn sie mir den nautischen Terminus technicus gestatten, ich rate Ihnen jedoch sich nicht zu entkleiden und soweit ihnen das möglich ist wach und wachsam zu bleiben.
Hatch: Damit holte der Prof seelenruhig Papier und Bleistift aus der Tasche, er kann eben immer und überall arbeiten, ich döste ein bißchen vor mich hin, manchmal glaubte ich draußen Schritte zu hören oder ich hatte das Gefühl die Vorhänge bewegten sich (Kikeriki). Plötzlich wurde ich hellwach.
Smiley: Aaah.
Hatch: Was war das?
vanDusen: Was schon, mein lieber Hatch, ein Schrei.
Hatch: Hört sich aber gar nicht gut an Prof, richtig kriminologisch, Prof.
vanDusen: Ja.
Hatch: Es hat geklopft.
vanDusen: Das ist mir nicht entgangen, öffnen Sie die Tür.
Smiley: Prof van Dusen, machen Sie auf.
Hatch: Meinen Sie wirklich Prof, wer weiß was das ist, vielleicht gibts hier ein Burggespenst.
Smiley: Aufmachen Prof schnell.
vanDusen: Ihr Burggespenst mein lieber Hatch ist Chefinspektor Smiley, nun öffnen Sie doch schon.
Smiley: Ich muß Ihnen was sagen, Prof, was wichtiges dringend, Möllhausen ist tot, wirklich tot obwohl das gar nicht geplant war und dahinter steckt ah…
Hatch: Ein Pfeil, Prof er hat einen Pfeil im Rücken.
vanDusen: Smiley ist tot.
Hatch: Sehen Sie mal Prof, am Pfeil hängt ein Zettel.
vanDusen: So ist es, mein lieber Hatch, folgen Sie dem Klang der Totenglocke.
Hatch: Was für eine Totenglocke, Prof, das ist kein Spiel mehr.
vanDusen: Mein lieber Hatch, sie haben recht die Situation hat sich grundlegend gewandelt, sie führen ihre elektrische Handlampe mit sich.
Hatch: Ja hier ist sie.
vanDusen: Auch ihren Revolver.
Hatch: Leider nicht, ich konnte ja nicht ahnen, daß wir ihn brauchen aber warten sie, ich hole mir einen Säbel von der Wand, besser als nichts, so Hutchinson Hatch ist zu allem bereit.
vanDusen: Sehr gut, mein lieber Hatch kommen Sie.
Hatch: Wohin Prof.
vanDusen: Wir folgen der Empfehlung unseres anonymen Korrespondenten und gehen dem Klang der Glocke nach.
Hatch: Die Morgendämmerung war schon angebrochen, als wir den Hof betraten und wir konnten die Anlage der Burg gut erkennen, ein Gebäudeviereck um einen Innenhof, an den Ecken Türme, drei kleine und ein hoher, an die 40-50 m, nichts zu sehen, nichts zu hören, bis auf das enervierende Gebimmel, das offenbar aus einem der kleinen Türme kam, in der Mauer darunter war eine Tür, ich klemmte den Säbel unter den Arm und drückte auf die Klinke, in diesem Augenblick wurde es still.
Hatch: Das Bimmeln hat aufgehört, Prof.
vanDusen: Halten Sie mich für taub, machen sie die Tür auf.
Hatch: Schwerer Brocken, oh Gott Prof, da drin hängt einer, am Glockenseil.
vanDusen: Anscheinend halten sie mich auch für blind, leuchten sie mir, es ist Kommissar von Möllhausen, und diesmal ohne jeden Zweifel tot.
Hatch: Kein Wunder, erst vergiften, dann aufhängen, das hält der stärkste Mann nicht aus.
vanDusen: Haben Sie die Güte, die Absonderungen weiterer Geschmacklosigkeiten zu unterlassen und stattdessen den Raum mit ihrer Lampe auszuleuchten, vor allem diese Ecke, ja dort.
Hatch: Prof, da steht eine Guillotine.
vanDusen: Wie recht sie schon wieder haben, mein lieber Hatch.
Hatch: Und auf dem Brett da liegt einer, angeschnallt.
vanDusen: Auch diese ihrer Feststellung trifft präzis ins Schwarze, lassen sie sehen, um wen es sich handelt.
Hatch: Es war Monsieur Gallimard, der zackige Kommissar von der Pariser Surete, jetzt war er gar nicht zackig, er war ganz still, weil er nämlich den Kopf verloren hatte, der lag vor ihm in einem Korb, in ganz kurzer Zeit drei Detektive tot, ermordet, Wahnsinn, und der Wahnsinn war anscheinend noch nicht zu Ende.
Maigret: Hilfe, hilfe.
vanDusen: Kommen sie, Hatch.
Hatch: Hört sich an wie Madame Maigret, wo steckt sie.
vanDusen: Hier, im Brunnen, hallo, Madame Maigret.
Maigret: Prof.
vanDusen: Kann ich etwas für sie tun.
Maigret: Ein Glück, das sie gekommen sind, retten sie mich, ich bin gefesselt, das Wasser steigt.
vanDusen: Halten sie noch einige wenige Augenblicke durch, Madame, Hatch, Errettung aus einem Brunnenschacht gehört fraglos zu den Aufgaben eines kriminologischen Assistenten, setzen sie sich in den Eimer, ich werde sie mittels der Winde nach unten befördern.
Hatch: Der armen Madame Maigret reichte das Wasser schon bis zur Taille, ich verlor keine Zeit und sägte mit dem Säbel an ihren Fesseln, als sich plötzlich oben am Brunenrand ein Getümmel erhob, ehe ich ihn festhalten konnte, wurde der Eimer hochgenudelt, er kam aber gleich wieder runter, sehr schnell, mit dem abgeschnittenen Seil und mit einem Passagier.
Hatch: Der Prof, er ist doch nicht tot.
Maigret: Nur bewußtlos, das kalte Wasser wird ihn schnell wieder zu sich bringen, Prof, Prof van Dusen, wie fühlen Sie sich.
vanDusen: Danke Madame den Umständen entsprechend, jemand hat mir einen Schlag auf den Hinterkopf versetzt.
Hatch: Wer.
vanDusen: Verschonen Sie mich mit sinnlosen Fragen die ich ihnen nicht beantworten kann, lassen sie mich nachdenken und schalten sie die Lampe ein, so Wassertiefe bis dato, Durchmesser des Brunnens in etwa, dazu die fundiert geschätzte Steiggeschwindigkeit, Madame, mein lieber Hatch, uns bleibt noch eine gute Stunde bis das Wasser eine unser Leben gefährdende Höhe erreicht haben wird, nutzen wir diese Zeit, ziehen wir a Bilanz und schmieden wir b Pläne, ans Werk.
Hatch: Der Prof war wieder ganz der alte, nicht mehr trübe, abwesend, desinteressiert, sondern energisch, optimistisch, voller Elan, wozu ein Schlag auf den Schädel doch manchmal gut sein kann.
vanDusen: Hatch.
Hatch: Prof.
vanDusen: Zuerst zu ihnen, Madame Maigret, was steckt hinter der ungewöhnlichen Detektivansammlung, berichten sie, präzise detailliert.
Hatch: Und von Anfang an.
Maigret: Gern, Prof, aber ich weiß nicht alles.
vanDusen: Dafür Madame haben sie ja Prof van Dusen, bitte.
Maigret: Von Anfang an, sagten sie, Mr Hatch, nun angefangen hat die Sache im vergangenen Jahr um die Weihnachtszeit, da bekam ich einen Brief aus Amerika, von einem Mr Prendergast, er stellte sich vor als Ex Schiffsdetektiv auf der Atlantikroute, doch diese Beschäftigung gehört nun der Vergangenheit an, ich habe geheiratet und bin so Besitzer nicht nur eines Schloßes in Kalifornien geworden, sondern auch einiger Dollarmillionen, ein Teil dieses Vermögens will ich dazu benutzen, mir einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen, sie kennen Prof van Dusen, die Denkmaschine, sie haben wie ich mit ihm zutun gehabt und ich bin sicher daß sie wie ich sich nichts schöneres vorstellen können als den großen Kriminologen einmal so richtig aufs Glatteis zu führen, sollten sie dem zustimmen und bereit sein, mir dabei zu helfen, so lassen sie es mich kurz wissen, ich werde ich ihnen dann die notwendigen Mittel für eine Reise nach San Franscisco zukommen lassen, wo wir alles nähere besprechen werden und verbleibe. Ich bin nach San Francisco gefahren, nicht um sie aufs Glatteis zu führen.
vanDusen: Das höre ich mit Freuden Madame.
Maigret: Ich hatte gerade nichts besseres vor und ich war neugierig, ich wollte erfahren, was dieser Prendergast gegen sie ausheckte, um sie notfalls zu warnen, vor einer Woche bin ich in San Francisco angekommen, ich stieg weisungsgemäß im Farmont Hotel ab und hier traf ich am nächsten Abend Prendergast und die anderen fünf, Gallimard, Möllhausen, Smiley, Caruso und Holmes.
Prendergast: Leider hatten einige ihrer Kollegen mit denen ich ebenfalls in Kontakt trat, keine Zeit oder kein Interesse, Inspector Boggles aus Singapur etwa, Sheriff Burp, Superintendent Boomer, Sam Steel von den Mounties, Kommissar Bidet, Kriminalpolizeioberrat van Blümchen, die Inspectoren Lecoq und Poubelle etc etc, nun wir sind 7, 7 Detektive, eine durchaus hinreichende, eine sinnvolle Zahl für eine anti van Dusen Koalition.
Gallimard: Sie reden zu viel, Monsieur Prendergast, auf marsch marsch, das ist mein Motto.
Möllhausen: Immer feste druff, wie seine kaiserliche Majestät so feinsinnig zu bemerken pflegen.
Maigret: Aber Monsieur.
Smiley: Kurz, was haben sie uns vorzuschlagen, Prendergast.
Prendergast: Hören sie zu, Madame, meine Herren, am 2. März hat der Prof Geburtstag, den 60, wir locken ihn in meine Burg.
Holmes: Auf welche Weise. Ja wie denn.
Prendergast: Warten sie nur ab meine Herren und wenn er erstmal dort ist dann haha.
Maigret: Dann sollte ihnen Prof ein kriminologische Schauerstück vorgespielt werden, wir alle würden ermordet, auf möglichst biazare Art und Weise, einer nach dem anderen, wie im Lied von den zehn kleinen Negerlein, wissen sie.
vanDusen: Nein ich weiß es nicht, Madame, volkstümliche Lyrik gehört nicht zu meinen vorrangigen Interessen.
Hatch: Das Lied geht so, Prof, zehn kleine Negerlein, die gingen mal ins Heu.
vanDusen: Schweigen Sie Hatch und sie Madame haben die Güte fortzufahren.
Maigret: Angesichts der mysteriösen Morde wären sie Prof völlig rat- und hilflos, meinte Predergast.
vanDusen: Meinte er, soso.
Maigret: Und schließlich würden wir alle aus unserem Versteck auftauchen, lebendig natürlich und sie auslachen, so wars geplant.
vanDusen: Doch es kam anders, aus dem alberen Spiel wurde tödlicher Ernst, Smiley, Möllhausen und Gallimard sind tot, wir drei befinden uns in größter Gefahr.
Hatch: Und was ist mit Caruso und mit Sherlock Holmes.
vanDusen: Das ist im Augenblick nicht von Belang, sie erwähnten, Madame, der angebliche Prendergast habe mit heiserer Stimme gesprochen.
Maigret: Fast tonlos, er sei erkältet, hat er behauptet.
vanDusen: Aha, der Fall ist klar.
Maigret: Sie wissen Bescheid, Prof.
vanDusen: Ja Madame.
Maigret: Sie kennen den wirklichen Hintermann.
vanDusen: Nur daß es nicht um einen Hintermann handelt, vielmehr verzeihen sie das ungelenke Wortspiel, um eine Hinterfrau, unser Gegner ist das Phantom.
Prendergast: Das Phantom, alias Mr Prendergast, alias Mrs Prendergast, bravo Prof.
Hatch: Das Phantom, die größte Verbrecherin unserer Zeit, die alles maskieren und verbergen konnte, ihr Geschlecht, ihr Aussehen, ihren Charakter, viermal hatte sie mit van Dusen die Klingen gekreuzt, in Biarritz und Berlin, am schwarzen Meer und in Kairo, viermal war sie entlarvt und besiegt worden.
Prendergast: Bravo Prof, brillant wie immer, leider zu spät, sie haben mich nicht erkannt, sie konnten mich nicht erkennen, ich hab mir ein neues Gesicht schneidern lassen, übrigens durch ihren Bruder Tiberuis, jetzt sitzen sie da wo ich sie seit unserem ersten Zusammentreffen haben wollte, in der Fall, in spätestens eine halben Stunde werden die Wasser über ihrem genialen Schädel zusammenschlagen und mit ihn müssen neben Mr Hatch natürlich 6 kleinere kriminologische Lichter dran glauben, 7 wenn ich den guten Prendergast mitzähle, den ich schon vor Monaten aus dem Weg geräumt habe, damit er meinen wunderschönen Plan nicht stört, daß sie zusammen mit Madame Maigret aus der Welt scheiden, Prof, das freut mich ganz besonders, denn mit dieser Dame habe ich, sie wissen es, ein spezielles Hühnchen zu rupfen wegen der Affäre um die Rose von Kairo, genug geplaudert, Brimstone.
Butler: Chefin.
Prendergast: Du bleibst in der Nähe, guckst ab und zu über den Rand, und wenn sie am ersaufen sind, rufst du mich, das Schauspiel will ich mir nicht entgehen lassen, hahaha.
Hatch: Der Fall war klar aber hoffnungslos, Madame Maigret stand das Wasser an den Schultern, mir an den Achselhöhlen, dem Prof reichte es sogar schon bis ans Kinn, aber er verlor weder Mut noch Kombinationsgabe, er hatte eine Idee.
vanDusen: Helfen sie mir ihre Schulter zu erklimmen, mein lieber Hatch.
Hatch: Wenn sie ihr Leben dadurch ein bißchen verlängern wollen Prof.
vanDusen: Unsinn, nun heben sie mich schon hoch und richten sie den Strahl ihrer Lampe auf diese Stelle hier, sie sehen, ein kreisrundes Stück Mauerwerk, desen Färbung sich auf eklatante Weise von seiner Umgebung abhebt, so stehen sie doch still Hatch.
Hatch: Nicht gerade ein Leichtgewicht, der Prof, erstaunlich, wo er doch so klein ist, wahrscheinlich der Kopf.
vanDusen: Wenn ich an diesem in die Mauer eingelassenen Haken drehe.
Maigret: Eine Tür.
vanDusen: Ja eine Geheimtür, hinter welcher sich ein Geheimgang erstreckt, in jeder Burg welche auf sich hält pflegen sich derartige bauliche Besonderheiten zu finden, wo bleiben ihre Manieren Hatch.
Hatch: Bitte.
vanDusen: Seien sie Madame Maigret behilflich.
Hatch: Der enge Gang führte schräg nach oben und endete in einem finsteren Kellerraum, wir krochen aus dem Loch im Boden, schüttelten uns und sahen uns um, zum Glück hatte die Lampe noch immer nicht den Geist aufgegeben.
Maigret: Wo sind wir Prof.
vanDusen: Nun vergegenwärtigen wir uns den Ausgangspunkt unseres Fluchtwegs, sodann den Neigungswinkel und die Länge der zurück gelegten Stecke, setzen wir dies alles ins rechte trigonometrische Verhältnis, eine höchst simple mathematische Operation.
Hatch: 2 plus 2 ist 4.
vanDusen: So stellen wir fest, wir befinden uns in der Nordwestecke der Burg, das heißt unter dem Rundturm, welchen wir meine ich durchaus Burg- oder Bergfried nennen dürfen, auch wenn er sich nicht in der Mitte, sondern am Rande der Anlage erhebt.
Caruso: Ah.
Maigret: Was ist das.
Hatch: Vorsicht, vielleicht spukt hier doch ein Burggespenst herum.
Maigret: Das kommt aus diesem Nebenraum, mondieu, kommen sie schnell, meine Herren.
Hatch: An der Wand hingen Ketten, in einer Ecke hockte ein staubgraues Gerippe, und auf dem Boden lag Detektiv Caruso von der New Yorker Kriminalpolizei in den letzten Zügen.
Caruso: Gestoßen und gestürzt durch eine Falltür, ich machs nicht mehr lange, Mr Hatch.
Hatch: Ja Caruso.
Caruso: Schreiben sie mir einen Nachruf.
Hatch: Ja Caruso sobald ich hier raus bin.
Caruso: Aber einen schönen, ohne ihr Spitzen und ohne ohne Ironie, bitte.
Hatch: Ich versprech es Ihnen, Caruso.
Caruso: Danke danke Mr Hatch, ach.
vanDusen: Er ist tot.
Butler: Hierher, Chefin, hier sind sie.
Maigret: Hier ist eine Treppe, schnell meine Herren, nach oben.
Hatch: In Windeseile kletterten wir aus dem Keller in den Turm, 10 Stockwerke mindestens, die Treppe wurde schmaler, steiler und hörte dann ganz auf, unter einer Falltür, wir quälten uns durch und schoben innen den Riegel vor, wir waren im obersten Stockwerk in einer Art Rumpelkammer oder besser in einem kleinen Museum ala Glastonbury, altmodische Möbel standen herum, eine Ritterrüstung, und in den Ecken lagen mittelalterliche Waffen, eine Leiter führte durch eine zweite Falltür in der Decke aufs Dach, viel Zeit zum Luftholen hatten wir nicht, auf Anordnung des Prof verrammelten Madame Maigret und ich die Klappe mit allem, was sich im Zimmer fand, Schränke, Kommoden, Stühle, ein Tisch.
vanDusen: Auch die Rüstung mein lieber Hatch.
Hatch: Ayai Sir, ist die schwer.
Holmes: Seien sie so freundlich Mr Hatch die Hände von meiner Person zu lassen.
Hatch: Da steckt ja einer drin.
vanDusen: In der Tat, Mr Sherlock Holmes, wenn ich nicht irre, sie haben sich in dies ungewöhnliche Versteck geflüchtet.
Holmes: Geflüchtet, ich muß doch sehr bitten, eine vorläufige strategische Absatz-bewegung.
vanDusen: Wenn sie es so bezeichnen wollen, Mr Holmes, entsteigen Sie nun gefälligst ihrem Harnisch, gehen sie Mr Hatch zu Hand.
Holmes: Ich verbitte mir diesen Ton, Prof, Sherlock Holmes nimmt von keinem Mensch Befehle entgegen und von ihnen schon gar nicht.
vanDusen: Wie sie wünschen Mr Holmes, es steht ihnen frei, dies Domizil zu verlassen.
Holmes: Ich denke nicht daran, ich war zu erst hier.
Butler: Die Tür ist zu Chefin.
Prendergast: Dann brich sie auf, du Idiot.
Butler: In Ordnung Chefin, es geht nicht Chefin.
Prendergast: Hören Sie Prof.
vanDusen: Madame.
Prendergast: Sie haben sich verbarrikadiert, aber das wird ihnen nichts nützen, ich werde warten, bis sie aufgeben oder verhungert sind oder sich vom Dach in den Abgrund stürzen, eine andere Wahl haben sie nicht.
vanDusen: Glauben Sie, Madame Maigret, sie haben, wie ich sehe, noch immer ihre Handtasche bei sich.
Maigret: Davon trenne ich mich nie Prof.
vanDusen: Ich vermute daß sich in der Tasche unter anderem Nadel und Faden kurz alle zum Nähen benötigten Utensilien befinden.
Maigret: Ja Prof aber.
vanDusen: Sehen sie dies hier.
Maigret: Die Fenstervorhänge, ziemlich schmutzig.
vanDusen: Aber aus reiner fester Seide.
Maigret: Ah sie denken.
vanDusen: An Leonardo da Vinci.
Hatch: Leonardo da Vinci, also jetzt versteh ich gar nichts mehr.
vanDusen: Das macht nichts, helfen sie Madam beim Zuschneiden und Nähen, sie ebenfalls, Mr Holmes, sofern sie es nicht vorziehen, allein hier zurückzubleiben.
Hatch: Die Nadeln qualmten, die Finger taten uns weh, wir nähten wie wild gewordene Putzmacherinnen und das war gut so, gerade als wir fertig waren, verlor das Phantom die Geduld.
Prendergast: Das dauert mir zu lange, Brimstone.
Butler: Chefin.
Prendergast: Lauf runter zur Pulverkammer im Erdgeschoß, hol eine Stange Dynamit, wir werden die Klappe aufsprengen.
Butler: Jawohl Chefin.
vanDusen: Die Pulverkammer im Erdgeschoß richtig, ich habe sie bei unserer eiligen Passage flüchtig zur Kenntnis genommen, ausgezeichnet, das was es uns zugedacht hat, werden wir dem Phantom zurückerstatten, mit Zins und Zinseszins, wir werden dafür sorgen, daß diese Massenmörderin die gerechte Strafe für ihre zahllosen Untaten erhält und daß sie keine Gelegenheit haben wird, weitere abscheuliche Verbrechen zu begehen, Madame Maigret, meine Herren, wer von ihnen ist der treffsicherste Schütze.
Hatch: Also mich können sie streichen Prof.
Holmes: Ich Prof.
Maigret: Nichts gegen sie, Mr Holmes, aber sehen sich doch ihre Finger an, die zittern ja, ich habe eine ruhigere Hand Prof.
vanDusen: Ich stimme ihnen zu, Madame, glauben sie, daß sie mit einer Armbrust unzugehen im Stande sind.
Maigret: Viv Professeur…
vanDusen: Tre bien Madame, mein lieber Hatch, ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß sie Zündhölzer bei sich tragen.
Hatch: Hab ich, Prof, ah schon wieder trocken.
vanDusen: Sehr schön, hören sie zu.
Hatch: Zehn Minuten später standen wir vier auf des Turmes Zinnen, die eigenhändig genähten Fallschirme aus roter Vorhangseide auf dem Rucken und spähten in die Tiefe, 50 m Turm und dann runde 300m steiler Felsen, schöne Aussichten, ich fühlte mich wie damals in Athen auf dem Hochseil nur womöglich noch schlimmer.
vanDusen: Wiederholen sie ihre Instruktionen Madame Maigret.
Maigret: Ich entzünde die Lunte, den mit der brennenden Lunte versehenen Armbrustbolzen werde ich beim Vorüberschweben in das von ihnen bezeichnete Fenster im Erdgeschoß schießen.
vanDusen: Exzellent Madame, und nun springen.
Maigret: Vive la France.
Holmes: God save the King.
vanDusen: 2 plus 2 gibt 4.
Hatch: Ach du dicker Pater.
Hatch: Madame schoß ins Fenster der Pulverkammer, das nehm ich jedenfalls an, wie immer in solchen unangenehmen Situationen hatte ich die Augen fest zugedrückt, wir kamen unten an, eine mittelweiche Landung, würde ich sagen, wir standen auf, rissen die Fallschirme runter und rannten so schnell wir konnten ins Gelände, weg von der Burg, die Pulverkammer flog in die Luft, wir blieben stehen und sah uns um, Feuer breitete sich aus, der Turm schwankte, in einer Fensteröffnung tauchte das Phantom auf, von Flammen eingehüllt, dann verschwand es, der Turm stürzte ein, die ganze Burg war ein Trümmerhaufen.
vanDusen: Der Götter Ende dämmert nun auf, oder auch finis phantomae und diesmal ohne jeden Zweifel endgültig.
Holmes: Ein Automobil, ein Pierce-Arrow.
Hatch: Schöner Wagen, ich habe selber einen zuhause in New York.
Maigret: Das Automobil kommt näher.
Holmes: Es hält.
Futrelle: Prof van Dusen nehm ich an.
vanDusen: So ist es.
Futrelle: Happy birthday to you…
vanDusen: Nein bitte, danke danke mein bester, danke sie würden mir eine größere Freude machen wenn sie mich und meine Begleiter auf schnellstem Weg nach San Francisco brächten.
Futrelle: OK Prof steigen sie ein.
Hatch: Es war ein langer Weg zurück zur Küste, Sherlock Holmes schmollte, er mußte mit dem hinteren Klappsitz vorlieb nehmen, was ihm sehr mißfiel, unser Fahrer redete.
Futrelle: Seit gestern bin ich hinter ihnen her, Prof, ich hab sie von Raymond aus verfolgt und dann aus den Augen verloren.
Holmes: Unangenehme Situation.
Maigret: Geben Sie doch Ruhe Holmes.
Futrelle: Seitdem kreuze ich in den Bergen herum wenn das kein glücklicher Zufall ist
vanDusen: Jaja.
Futrelle: Ich will sie nämlich interviewen, zu ihrem Geburtstag, exklusiv.
Hatch: Ach, sie sind auch Journalist.
Futrelle: Bin ich, Futrelle ist mein Name, Jack Futrelle.
Hatch: Was, sie sind dieser Typ, der die Frechheit hat, mir ins Handwerk pfuschen und auch über den Professor zu schreiben.
Futrelle: Ja ich habe mir erlaubt, einige Fälle der Denkmaschine journalistisch aufzuarbeiten.
Hatch: Dann will ich ihnen mal was sagen Mr. Futrelle, in Zukunft lassen sie ihre Finger davon, Prof. van Dusen hat nur einen Chronisten und der heißt Hutchinson Hatch.
Futrelle: Aber Mr Hatch, der Prof. ist eine Figur des öffentlichen Lebens und die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf von mir.
Hatch: Außerdem haben sie keine Ahnung, was sie zum Beispiel aus dem Gaslichtmord gemacht haben, das ist alles falsch, das stimmt doch hinten und vorne nicht, Prof, warum sagen sie denn nichts.
vanDusen: Weil ich dem verbalen Wettbewerb der Schreiberlinge lausche, mein lieber Hatch, mit Interesse und äh ich muß es gestehen mit einem gewissen Amüsement, Sie mein lieber Hatch sind mein Assistent, mein Begleiter, und vor allem diejenigen Abenteuer, welche uns auf unseren ausgedehnten Reisen zustießen, können und dürfen nur sie adäquat beschreiben, doch was meine übrigen Fälle betrifft, so steht es selbstverständlich auch Mr Futrelle frei, sich an ihnen zu versuchen, Prof. DrDrDr Augustus van Dusen ist ein zu großes Thema für nur einen Biografen, möge der bessere gewinnen.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Mrs. Prendergast: Liane Rudolph
Mr. Prendergast: Liane Rudolph
Madame Maigret: Evamaria Miner
Shemlock Homes: Lothar Blumhagen
Detective-Sergeant Caruso: Heinz Giese
Commissaire Gallimard: Gerd Duwner
Chefinspektor Smiley: Rolf Marnitz
Kommissar von Möllhausen: Edgar Ott
Butler Brimstone: Till Hagen
Jacques Futrelle: Wolfgang Condrus
Michael Koser: Prof. van Dusen läßt die Sau raus (RIAS 1988)
Erzählerin: Prof. van Dusen ist bekanntlich ein abgeklärter Mensch, der über den Dingen des Alltags steht, doch wenn er mal so richtig geärgert wird, dann, hören Sie Prof. van Dusen läßt die Sau raus, von Michael Koser.
Hatch: Wir machten ein paar Tage Ferien, Prof. van Dusen und ich und die hatten wir auch dringend nötig, hinter uns lag eine anstrengende Automobiltour durch England und nicht zu vergessen die mindestens genau so anstrengende Affäre um den Siegelring des Königs Artus und um den geheimnisvollen schwarzen Ritter. Es war Sonnabend der 6. Juni 1903, wir saßen beim Frühstück, und fühlten uns wohl, es war rundherumschön.
Hatch: Herrliches Wetter Prof.
vanDusen: Mein lieber Hatch, obzwar sie sich seit nunmehr gut 5 Jahren der Ehre und des Vorzugs erfreuen dürfen, Umgang mit meiner Person zu pflegen, befleißigen sie sich wie ich zu meinem Bedauern immer wieder konstatieren muß weiterhin hartnäckig einer vagen durch und durch impräsizen und platterdings unwissenschaftlichen Ausdrucksweise.
Hatch: Aber Prof, ich habe doch bloß gesagt herrliches Wetter.
vanDusen: Ganz recht, und was hätten sie sagen sollen.
Hatch: Weiß ich doch nicht, ich bin schließlich kein Metero Meteo na ja so einer der das Wetter vorhersagt und dann wirds doch ganz anders.
vanDusen: Nicht nur ein Meteorologe, auch ein in wissenschaftlichen Belangen nicht gänzlich unaufgeschlossener Laie würde sich folgendermaßen ausdrücken, wir befinden uns im Wirkungsbereich eines sog. dynamischen oder auch warmen Hochdruckgebietes, durch welches aus subtropischen Breiten Warmluft in diese gewöhnlich vom Klima weniger begünstigen Lokalitäten herangeführt wird, der wolkenlose oder allenfalls.
Hatch: Little Bacon ist ein idyllisches Dörfchen in Mittelengland, nicht weit von der Stadt Worchester, wo sie die berühmte Soße machen, da gibt es eine Kirche aus dem Mittelalter, einen soliden Gasthof mit ländlicher Küche und gepflegtem Bier, romantische Fachwerkhäuser, Efeu, Heckenrosen, ein richtiges kleines Paradies, und wenn sie noch nicht in Little Bacon waren, meine Damen und Herren, dann gebe ich ihnen einen guten Rat, lassen sie es auch in Zukunft bleiben.
Baconsfield: Morgen die Herren, herrliches Wetter heute, was?
Hatch: Sie meinen ein dynamisches Hochdruckgebiet wodurch Warmluft aus den Subtropen.
vanDusen: Hatch, und was sie betrifft, Sir, ich habe sie nicht aufgefordert, an meinem Tisch platzzunehmen.
Baconsfield: Ach wissen Sie, Prof, was brauchts der Formen unter artverwandten Seelen, Milton oder Shakespeare egal, sie sind doch Prof van Dusen, dieser Superschnüffler aus Amerika.
vanDusen: Sir.
Hatch: Stehen Sie auf Fremder, gehen sie in sich und ziehen sie am besten auch gleich die Schuhe aus, sie befinden sich in Gegenwart von Prof Dr.Dr.Dr. Augustus van Dusen dem berühmten Wissenschaftler und großen Amateurkriminologen der da genannt wird die Denkmaschine und ich bin sein Prophet äh wollte sagen sein Assistent und Chronist Hatch, Hutchinson Hatch.
Wirt: Herr Prof wünschen.
vanDusen: Haben sie die Güte, Herr Wirt dieses, dieses Subjekt von meinem Tisch zu entfernen.
Wirt: Aber Herr Prof, das geht nicht, das ist doch Mr Alastair.
vanDusen: So und wer oder was ist Mr Alastair.
Hatch: Mr Alastair war ein drahtiges Kerlchen ungefähr so alt und so groß wie der Prof, außerdem war er der ehrenwerte Alastair Baconsfield, der jüngere Bruder von Lord Hogsford und Lord Hogsford war in der Gegend die absolute Nr. 1, seit Jahrhunderten saß er d.h. seine Familie auf Schloß Hogsford, nur ein paar Minuten von Little Bacon entfernt, ihm gehörte fast alles Land um uns herum, sein Wort war Gesetz und darum war natürlich auch sein Bruder eine Respektsperson.
vanDusen: Das ist mir ganz und gar gleichgültig Sir, für mich sind sie ein Flegel.
Baconsfield: Regen Sie sich ab Prof und lassen sie mich auch mal zu Wort kommen, ich hab was für sie, ein Angebot.
vanDusen: Ich wünsche es nicht zu hören.
Baconsfield: Ein kriminologisches Angebot, auf Schloß Hogsford ist nämlich was passiert, das Verbrechen des Jahrhunderts könnte man sagen.
vanDusen: In der Tat Mr Baconsfield, äußern sie sich genauer, aber knapp, wenn ich bitten darf, präzise.
Hatch: Und von Anfang an.
Baconsfield: Ja also es geht um die Marquise von Hogsford.
vanDusen: Ein Mitglied ihrer Familie Mr Baconsfield.
Baconsfield: Das denn nun doch nicht, allerdings wenn sie meinen Bruder Cecil fragen, die Marquise gehört ihm müssen sie wissen.
vanDusen: Wie darf ich das verstehen Mr Baconsfield.
Baconsfield: Sie ist eine Sau, die Marquise.
vanDusen: Wie bitte.
Baconsfield: Ein Schwein, na kennen sie doch Prof, so ein dickes fettes Tier das grunzt und sich im Dreck suhlt.
vanDusen: Ja ich weiß was ein Schwein ist, Mr Baconsfield.
Baconsfield: Na wunderbar, dann wirds ihnen ja nicht schwer fallen die Marquise zu finden, sie ist nämlich verschwunden, aus ihrem Stall, wahrscheinlich geklaut von unserem Nachbar Sir Pelhal Grenwil auf Woodhouse.
vanDusen: Mr Baconsfield.
Baconsfield: Die Marquis ist der Augapfel meines Bruders, wissen Sie, eine Berkshiresau, edelste Rasse, schon dreimal hat sie den großen Preis auf der Land-wirtschaftsausstellung gewonnen in Worcester und in diesem Sommer holt sie den Preis zum vierten Mal, deshalb ist ja Sir Palham so sauer weil für sein Vieh immer nur der zweite Platz bleibt.
vanDusen: Mr Baconsfield, gehe ich fehl in der Annahme, daß sie mir zumuten, den unbekannten Aufenthaltsort eines verschwundenen womöglich entwendeten Hausschweins, sus scrofa domesticus zu eruieren.
Baconsfield: Spucken Sie doch nicht so große Töne Prof, sie sollen rauskriegen, wo die Marquise steckt und was mit ihr passiert ist, so was ist doch ihr Job wie sie da drüben in Amerika sagen oder.
vanDusen: Entfernen sie sich Sir, auf der Stelle.
Baconsfield: Ist das ihr Ernst.
vanDusen: Mein voller Ernst, das versichere ich ihnen, hinaus.
Baconsfield: Alright, aber ich sag ihnen was, wir sprechen uns wieder, und zwar bald, wissen sie die Menschen hier sind ein besonderer Schlag, kernig, ein bißchen schlicht, aber treu, und auf den Adel lassen sie nichts kommen und sie finden es gar nicht schön, wenn man seiner Lordschaft in die Suppe spuckt, das werden sie noch merken Prof.
vanDusen: Ein besonderer Menschenschlag, wie wahr, vor einer halben Stunde belästigt mich der hiesige Krämer mit dem Ansinnen einen des Nachts stattgehabten Einbruchs Diebstahl in seinem Laden aufzuklären, einen Einbruchdiebstahl bei welchem gestohlen worden sein soll, was wars noch gleich.
Hatch: Ein großer schwarzer Luftballon und ein Eimer mit Farbe.
vanDusen: Und nachdem ich dieser, ich kann es nicht anders ausdrücken unverfrorenen Dreistigkeit die gebührende Abfuhr habe zu teil werden lassen, wagt man es mir, eine noch wahnwitzige Anmutung zu unterbreiten, ich Prof van Dusen der größte Amateurkriminologe, den die Welt je gesehen hat, ich soll eine abhanden gekommene Sau wieder zur Stelle schaffen, in der Tat, in dieser rustikalen Abgeschiedenheit scheinen Degeneration, Debilität, Idiotie, kurz der blanke Schwachsinn zu grassieren, wir reisen ab, gleich morgen.
Wirt: Tut mir leid Herr Prof, aber sie reisen heute noch, sofort, ihr Gepäck steht schon auf der Straße, hier ist die Rechnung.
Hatch: Wir wurden vor die Tür gesetzt, kurz aber nicht schmerzlos und ohne Begründung von ein paar kräftigen Hausknechten, telefonieren durften wir übrigens auch nicht.
Wirt: Nur wenn sie auf Schloß Hogsford anrufen und mit Mr Alister sprechen wollen, nein, dann machen sie daß sie weiterkommen.
Hatch: Wir wanderten zum kleinen Bahnhof von Litte Bacon, finster beäugt von den Dorfbewohnern, sauer und schwer bepackt, letzteres bezog sich natürlich nur auf meine Wenigkeit, auf dem Bahnsteig erfuhren wir eine neue Hiobsbotschaft.
Bahnhofsvorstand: Der nächste Zug, keine Ahnung, vielleicht morgen, vielleicht übermorgen, vielleicht in einem Monat, vielleicht noch später, eine unvorher-gesehene Fahrplanänderung, bis auf weiteres hält kein Zug in Little Bacon.
Hatch: Schöne Bescherung, wie sollen wir denn wegkommen.
vanDusen: Lassen sie das Lamentieren, tun sie etwas, mieten sie uns einen Wagen.
Bahnhofsvorstand: Ein Automobil, im Dorf gibt’s keins, nur auf Schloß Hogsford.
vanDusen: Dann von mir aus auch ein Pferdefuhrwerk.
Bahnhofsvorstand: Zwecklos keiner wird sie fahren.
Hatch: Ok gehen wir eben zu Fuß.
Bahnhofsvorstand: Können sie ja gern versuchen, aber ich würds nicht tun an ihrer Stelle, auf den Wiesen wimmelt es von wilden Bullen.
Hatch: Da standen wir nun und sahen uns an und ich hatte das Gefühl, auch Prof van Dusen wußte nicht, wie es weitergehen sollte, aber da hatte ich ihn unterschätzt.
vanDusen: Hören sie.
Hatch: Ja ein Zug, was solls, der fährt ja doch durch.
vanDusen: Nicht wenn sie sich quer über die Schienen legen.
Hatch: Was.
vanDusen: In diesem Falle sehe sich der Zugführer zum Halten genötigt, wir könnten zusteigen.
Hatch: Schwierig mit abgefahrenen Beinen.
vanDusen: Sie haben Bedenken.
Hatch: Das können sie laut sagen, zufällig ist mir heute gar nicht nach Selbstmord, wissen sie was, statt mit lebensgefährlichen Ideen zu jonglieren, sollten sie lieber diesen ulkigen Schweinefall lösen, das ist doch für sie ein Klacks und dann sehen wir zu, daß wir von hier verschwinden.
Baconsfield: Sehr gut Mr Hatch nicht wahr, und sie Prof inzwischen auch vernünftig geworden.
vanDusen: Angesichts der empörenden ja unglaublichen Verfolgungen und Beeinträchtigungen welchen wir meine Person und Mr Hatch uns ausgesetzt sehen, auf ihre Veranlassung Mr Baconsfield, daran kann ja wohl kein Zweifel bestehen, angesichts dieser Situation bleibt mir keine Wahl, ich übernehme den Fall.
Baconsfield: Na bitte Prof, nur ein bißchen gut zureden und schon klappt die Sache, Fahrplan wieder in Kraft, Kidney.
Bahnhofsvorstand: In Ordnung, Mr Alastair.
Baconsfield: Kommen Sie, meine Herren, mein Automobil steht auf dem Vorplatz, ihr Gepäck lassen sie am besten hier, in 5 Minuten sind wir im Schloß, gerade richtig zum Lunch.
Hatch: Lunch im Speisesaal von Schloß Hogsford war eine trübselige Angelegenheit, nicht nur was das Essen betraf, Cecil Bakensfield, Lord Hogsford, Schloßherr und Gastgeber, tränte vor sich hin, vermutlich sorgte er sich um sein geliebtes Borstenvieh, ein bißchen munterer wurde er nur, wenn die Rede auf Schweine kam zB als Bruder Alastair ihm den Professor vorstellte.
Lord: Zoologe ja.
vanDusen: Unter anderem Milord.
Lord: Großartig, verstehen Sie was von Schweinen.
vanDusen: In der Tat Milord.
Lord: Großartig, großartig, dann müssen sie sich meine Marquise ansehen, Prof, wundervolles Geschöpf, ganz wundervoll, nur leider momentan nicht da, sozusagen verschwunden, jawoll, traurige Sache.
vanDusen: So scheint es Milord.
Lord: Sie kennen Mr Whiffle, Prof, Augustus Whiffle, unseren großen britischen Schweineexperten.
vanDusen: Selbstverständlich ist Mr Whiffle Ruf mir bekannt, Milord, allerdings hatte ich noch nicht das Vergnügen.
Lord: Können Sie nachholen, auf der Stelle, hier sitzt er, direkt neben ihnen.
Hatch: Der große britische Schweinepapst mit dem interessanten Vornamen Augustus sah aus, als habe sein Spezialgebiet sehr intensiv auf ihn abgefärbt, fett, rund, rosa, borstig, außer ihm gab es noch 2 Gäste auf Schloß Hogsford.
Baconsfield: Mr Osgood P. Quackenbush, Millionär und ein Landsmann von ihnen.
vanDusen: Mr Quackenbush ist mir nicht unbekannt.
Hatch: Mir übrigens auch nicht, zweimal waren wir uns über den Weg gelaufen, in NewYork während der Affäre um das Auge des Zyklopen und erst vor ein paar Tagen im englischen Glastonbury beim Fall des unheimlichen Schwarzen Ritters, in dieser Sache hatte Quackenbush eine recht zwielichtige Rolle gespielt, vielleicht wirkte er deshalb wie das personifizierte schlechte Gewissen.
Baconsfield: Dann kennen Sie wohl auch seine reizende Tochter, Ms Iris Quackenbush.
Iris: Das hat sich bisher leider nicht ergeben, aber ich habe natürlich von ihnen gehört, Prof.
vanDusen: Wer hätte das nicht, Ms Quackenbush.
Baconsfield: Und der junge Mann an Ms Quackenbush Seite, ja der mit dem Monokel und dem eingeschlafenen Gesichtsausdruck, das ist mein Neffe, Cecils Sohn und Erbe, der ehrenwerte Ronald Bakensfield.
Ronny: Ronny, sagen Sie Ronny Prof, alle sagen Ronny.
Hatch: Van Dusen sagte nicht Ronny zu ihm, er sagte überhaupt nichts zu ihm, sondern unterhielt sich mit seinem schweinekundigen Nachbarn.
vanDusen: Wenn ich recht informiert bin, Mr Whiffle, empfehlen sie in ihrem Werk über die sachgerechte Aufzucht des Hausschweins die nicht unumstrittene Wolf- Lehmann-Kolimofski Diät.
Whiffle: Koli waas.
Lord: Großartige Diät, ganz großartig, gibt nichts besseres, was Whiffle.
Whiffle: Gewiß Milord, prima Diät, die Schweine nehmen ab wie ein geölter Blitz.
vanDusen: Sie nehmen ab?
Lord: Kleiner Scherz, was Whiffle, sie nehmen zu, dick und fett werden sie, wie meine Marquise, ach ja, die arme Marquise.
Whiffle: Natürlich, natürlich, sie nehmen zu.
Lord: Müssen sie ja auch, bei 50000 Kalorien.
vanDusen: Mrs Quackenbush, hätten sie wohl die Güte, mir das Salzfaß zu reichen.
Iris: Sicher Prof, wo, ah hier.
vanDusen: Das ist ihre Fingerschale, Mrs Quakenbush.
Quackenbush: Wie oft hab ich’s dir schon gesagt, Iris, du brauchst eine Brille.
Hatch: Nach dem Lunch wanderten wir durch den Garten zum Schweinestall, es wurde langsam Zeit, den geheimnisvollen Fall der verschwundenen Marquise in Angriff zu nehmen und das tat der Prof denn auch, er verhörte den Schweinewart seiner Lordschaft.
vanDusen: Wann ist das ihrer Wartung anvertraute Tier verschwunden.
Wart: Jo, weiß ich nicht.
vanDusen: Dann lassen sie mich die Frage anders formulieren, wann und wo haben sie die Sau zuletzt gesehen.
Wart: Ja gestern beim Mittagessen, hier, dann bin ich eingeschlafen ja und wie ich aufgewacht bin, war sie weg die Marquise, ja.
Hatch: Wann war das.
Wart: Was.
vanDusen: Wann sind sie aufgewacht.
Wart: Gegen 5.
vanDusen: So, und pflegen sie jeden Tag einen so ausgedehnten Mittagschlaf zu halten.
Wart: Nö nie.
vanDusen: Und gestern.
Wart: Kann ich mir nicht erklären.
vanDusen: Hatten sie getrunken.
Wart: Ne, nur mein Dünnbier, wie immer, können sie die junge Dame aus Amerika fragen, die hat es mir nämlich gebracht, gestern, aus der Küche.
vanDusen: Mrs Quackenbush.
Wart: So heißt sie.
Quackenbush: Prof, hallo Prof.
vanDusen: Mr Quackenbush.
Hatch: Mr Quackenbush steckte hinter einer Hecke und winkte heftig, weil er unbedingt und sofort mit van Dusen sprechen wollte.
Quackenbush: Ich weiß Bescheid, Prof sie sind doch nicht als Zoologe auf Schloß Hogsford, so was können sie dem vertrottelten Lord erzählen oder seinem noch dämlicherem Sohn, also sie sind hier als Detektiv.
vanDusen: Kriminologe, Mr Quackenbush, Amateur-Kriminologe.
Quackenbush: Wie sie wollen Prof, jedenfalls sollen sie rauskriegen, wer sich an dieser gottverdammten Sau vergriffen hat.
vanDusen: Durchaus möglich, Mr Quackenbush.
Quackenbush: Ich weiß, was sie können Prof, ich hab ihnen schon zweimal zugesehen und darum will ich lieber gleich reinen Tisch machen.
vanDusen: Ja Mr Quackenbush.
Quackenbush: Also ich wars, ja ich hab das Unglücksvieh aus dem Stall geholt.
vanDusen: Sie setzen mich in Erstaunen, Mr Quackenbush.
Quackenbush: Ich hatte es nicht geplant, glauben Sie mir, aber als ich gestern hier vorbeikam, auf meinem üblichen Spaziergang nach dem Lunch.
vanDusen: Gestern, wann genau.
Quackenbush: Kurz vor zwei würde ich sagen, die Sonne schien, alles war still, dieser Kerl der Schweinewart schnarchte in seinem Schuppen und ja da hab ich einfach die Tür im Gatter aufgemacht und das Schwein rausgescheucht mit meinem Spazierstock.
Hatch: Nur so aus Jux und Dollerei, oder hatten sie einen bestimmten Grund.
Quackenbush: Natürlich hatte ich einen Grund, meine Tochter Iris hat sich verliebt, in Ronny Bakensfield, ja sie will ihn heiraten, das paßt mir gar nicht, gar nicht, sie haben Ronny ja kennengelernt, degeneriert, dumm wie Bohnenstroh, aber Iris besteht darauf, und wenn sie sich mal was in den Kopf setzt.
Hatch: Kann Daddy nicht nein sagen.
Quackenbush: So ist es, Mr Hatch, leider.
Hatch: Soweit alles klar, ich verstehe bloß nicht was Lord Hogsford Sau mit der Sache zu tun hat.
Quackenbush: Sehen Sie, ich kenne Lord Hogsford seit Jahren und ich weiß immer wenn was mit seinem geliebten Tier was nicht stimmt, ist er völlig daneben, übermorgen reisen wir ab, Iris und ich, und wenn die Marquise solange verschwunden bleibt, also hab ich mir gedacht, wird der Lord nicht ansprechbar sein, auch nicht für Ronny und seine Heiratspläne.
vanDusen: Ah ich verstehe, Mr Quackenbush, wo befindet sich die Marquise.
Quackenbush: Da drüben im Wäldchen, ich hab sie mit dem Stock hingetrieben und in eine leerstehende Holzfällerhütte gesperrt.
Hatch: Fall schon gelöst, so sah es aus. Als Quackenbush uns eine viertel Stunde später die Tür zur Hütte aufmachte, erlebten wir eine Überraschung.
Quackenbush: Leer, das Schwein ist weg.
Hatch: Aber es hat was hinterlassen, auf dem Boden, das heißt, es war da.
vanDusen: Jedoch nur sehr kurze Zeit, mein lieber Hatch, ansonsten wäre die von ihnen konstatierte Hinterlassenschaft wesentlich umfangreicher, Moment, was ist denn das hier.
Hatch: Ein Monokel, sagen sie mal, Quackenbush, die Marquise hat doch wohl kein Monokel getragen.
Quackenbush: Unsinn, es gibt nur einen auf Schloß Hogsford, der mit so einem Stück Glas im Auge rumläuft, der ehrenwerte Ronny, ja, den sollten sie sich mal vorknöpfen Prof.
Hatch: Auf seinem Zimmer im Schloß nahm van Dusen den edlen Sproß aus blauem britischem Blut ins Gebet, der versuchte zuerst, sich noch dümmer zu stellen, als er schon war, aber damit kam er beim Prof natürlich nicht weit, bald fing er an zu beichten.
Ronny: Es war Iris Idee, Prof, bestimmt, ich wär nie auf so was gekommen.
Hatch: Glaub ich ihnen unbesehen.
VanDusen: Hatch, weiter Mr Bakensfield.
Ronny: Wir klauen Papas Sau, hat Iris gesagt, wir verstecken sie ein zwei Tage ja und dann finden wir sie, hat Iris gesagt, und bringen sie Papa zurück, der ist selig, hat Iris gesagt und wenn ich ihm klarmache, daß Iris mich heiraten will, ich meine daß ich Iris daß wir.
vanDusen: Schon gut, um ihren Plan ungestört durchführen zu können, haben sie gestern ein Schlafmittel in das mittägliche Dünnbier des Schweinewarts praktiziert.
Ronny: Ich nicht Prof, das war Iris, deshalb hat sie ihm es ja gebracht das Bier, ja und wie wir uns zum Stall schleichen, so eine Stunde später, wen sehn wir da.
vanDusen: Mr Quackenbush.
Ronny: Genau, Prof, Iris alten Herrn, woher wissen sie.
vanDusen: Die Quelle meiner Erkenntnis ist im Augenblick ohne jeden Belag, Mr Bakensfield, fahren sie fort.
Ronny: Stellen Sie sich vor, der alte Quackenbush holt Papas Marquise aus den Stall und treibt sie weg.
vanDusen: In einen nahen Wald zu einer Hütte.
Ronny: Genau, und wie er weg ist der alte.
vanDusen: Haben Sie das Schwein anderswo hingebracht.
Ronny: In einer Schubkarre, schweres Stück Arbeit, gottseidank ist sie nicht weit weg, die Villa Waldeslust.
vanDusen: Villa Waldeslust.
Ronny: Ja, die hatten wir uns ausgeguckt, als Versteck für die Marquise, weil sie leersteht, die Villa, sie gehört nämlich dem alten Admiral Malenspeik und der segelt gerade in der Nordsee, oder wars die Ostsee.
vanDusen: Sie verbargen also das Schwein in der Villa Waldeslust.
Ronny: Im Bad, und wenn sie es ganz genau wissen wollen, in der Badewanne, sicherheitshalber.
vanDusen: Worauf sie wie ich annehme ins Schloß zurückkehrten.
Ronny: Ja Prof und da war der Teufel los, Papa hat inzwischen spitzgekriegt, daß die Marquise weg war, er hat getobt wie wie tausend nackte Kannibalen, da wollte ich lieber nicht mehr mitmachen und Iris hat auch getobt und gesagt, ich soll mich schä-men und sie zieht die Sache alleine durch, Iris hat ihren eigenen Kopf wissen Sie.
Hatch: Ja und sie sind ein richtiger Held, tapfer, furchtlos wagemutig.
Ronny: Finden Sie, Mr Hatch.
vanDusen: Holen Sie Hut und Stock, Mr Baconsfield, führen sie mich zu Villa Waldeslust.
Ronny: Wenn sie wollen Prof gern, aber es hat keinen Zweck, das Schwein ist nicht mehr da.
vanDusen: Was sie nicht sagen, und wo ist die Sau.
Ronny: Keinen Schimmer, Prof, großes Ehrenwort, da müssen sie schon Iris fragen, die ist nämlich heute ganz früh zur Villa, praktisch zu nachtschlafender Zeit, um die Marquise zu füttern und als sie zurückkam war sie ganz durcheinander, eine unglaubliche Geschichte hat sie erzählt.
Hatch: Und die erzählte sie van Dusen gleich nochmal, ich mußte dem ehrenwerten Ronny recht geben, es war wirklich eine ganz und gar unglaubliche Geschichte, am frühen Morgen kurz vor 6 war Iris Quackenbush zur Villa Waldeslust geschlichen mit einem Eimer gekochter Kartoffeln, die sie in der Schloßküche organisiert hatte, sie hatte die Haustür geöffnet, war über den Korridor gegangen, hatte die Tür zum Bad aufgemacht und das Schwein.
Iris: Lag ganz ruhig in der Wanne, ich denke, es schlief noch, als ich dann die Kartoffeln reinschüttete, wurde es wach, es fing an sich zu bewegen, grunzte ein bißchen, alles in Ordnung, und wie ich gerade vorsichtig die Haustür aufmache höre ich was, im Bad, ein lautes Geräusch, eine Art Knall, ich sofort zurück ins Bad, und was soll ich ihnen sagen Prof, das Schwein war verschwunden.
vanDusen: In der Tat Mrs Quackenbush.
Iris: Die Wanne war leer, bis auf die Kartoffeln und den Dreck natürlich, das ganze Bad war leer, nirgends ein Schwein.
vanDusen: Fenster, Mrs Quackenbush.
Iris: Eins, Prof, ca 20 mal 30 cm, unmöglich und durch die Tür ist auch kein Schwein gekommen, ich war ja direkt davor, im Korridor.
vanDusen: Sie hörten einen Knall, Mrs Quackenbush, sind sie sicher.
Iris: Ja Prof, einen lauten scharfen kurzen Knall.
Hatch: Vielleicht ist das Vieh geplatzt.
vanDusen: Mein lieber Hatch, gestatten sie mir die Bemerkung daß gerade in diesem Augenblick sie mich an ein wie sie sich auszudrücken belieben Vieh gemahnen.
Hatch: Zu gütig Prof.
vanDusen: Ich meine jenes sprichwörtliche Huhn, welchem es trotz seiner mangelnden Sehfähigkeit gelegentlich doch gelingt, ein Körnlein zu entdecken, das kleine Fenster im Bad, Mrs Quackenbush, stand es offen.
Iris: Warten sie, Prof, es war angelehnt.
vanDusen: Soso, gestern Nachmittag hatten sie, sofern ich recht unterrichtet bin, bin eine verbale Auseinandersetzung mit Mr Ronald Bakensfield.
Iris: Auseinandersetzung, gestritten haben wir uns, daß die Fetzen flogen, ich hätte nie gedacht, daß Ronny so ein Feigling ist.
vanDusen: Sie haben sich also gestritten.
Iris: Ja.
vanDusen: Laut.
Iris: Sehr laut, aber wieso.
vanDusen: Wo.
Iris: Wenn sie es unbedingt wissen wollen, Prof, in der Bibliothek.
vanDusen: Waren sie beide allein.
Iris: Moment, hinten in der Ecke saß einer, aber der schlief.
vanDusen: Wer.
Iris: Dieser Schweinemensch glaub ich, Whaffle oder wie heißt er.
vanDusen: Whiffle, danke Ms Quackenbush, wenn sie mich nunmehr zur Villa Waldeslust geleiten wollten, ich wünsche den Ort in Augenschein zu nehmen, an welchem die Marquise von Hogsford sich auf so mysteriöse Weise in Luft auflöste, was sie betrifft, mein lieber Hatch.
Hatch: Ich komme natürlich mit, Prof.
vanDusen: Mit nichten mein lieber Hatch, erheischt die Notwendigkeit gebieterisch den Einsatz des kriminologischen Assistenten, so hat der Chronist und Begleiter zurückzustehen, für sie habe ich einen Sonderauftrag, sie werden sich ins Dorf Little Bacon begeben, dortselbst den Krämer aufsuchen und ihm folgenden Fragen stellen.
Hatch: Anfangs war der Krämer ja etwas muffig, weil van Dusen ihn morgens im Gasthof so heftig abgebürstet hatte, aber er beruhigte sich wieder und erzählte mir was ich bzw. der Prof wissen wollte.
Krämer: Der Ballon, schwarz und groß, größer als ein normaler Luftballon, haben sie ihn nicht gesehen Mister, er hat doch wochenlang hier gehangen, da über dem Regal, seit der Kirmes, da ist er übriggeblieben.
Hatch: Und der Einbrecher hat ihn mitgenommen.
Krämer: So wie er war, Mr. und einen kleinen Eimer Farbe, weiße Farbe, damit ist er raus auf die Straße zu seinem Automobil und ist.
Hatch: Haben sie den Einbrecher gesehen.
Krämer: Aber ja doch Mr, von meinem Schlafzimmerfenster im 1. Stock, bloß erkennen konnte ich ihn nicht, weil er sich ein Tuch vors Gesicht gebunden hat, wie im wilden Westen Mr.
Hatch: Wie sah er aus.
Krämer: Dick, sehr dick.
Hatch: Das Automobil, welche Marke.
Krämer: Gott Mr, von so neumodischen Sachen versteh ich nichts, ich weiß bloß, daß er damit weggefahren ist.
Hatch: Welche Richtung, Schloß Hogsford.
Krämer: Genau anderslang, da wos zum Wald geht.
Hatch: Wie wir es verabredet hatten, traf ich den Prof vor der Villa Waldeslust, er hörte sich meinen Bericht an und war offensichtlich zufrieden.
vanDusen: Sehr schön, mein lieber Hatch, dank ihrer Tätigkeit zeichnet sich die von mir zunächst rein theoretisch konzipierte und postulierte Lösung des Falles nunmehr immer präziser, immer schärfer konturiert ab, sie sehen die Fußspuren, direkt am Mauerwerk, unter dem Fenster zum Badezimmer.
Hatch: Groß und breit.
vanDusen: Und tief eingesunken, die Spuren eines gewichtigen Mannes, welcher sich geraume Zeit vor dem Fenster aufhielt, weitere Spuren allerdings ganz anderer Art stellen wir vor dem Tor fest.
Hatch: Reifeneindrücke von einem Automobil.
vanDusen: Wohin führt dieser Weg, Mrs Quackenbush.
Iris: Nach Woodhouse, Prof, das ist das Anwesen von Sir Pelham Grenvill.
vanDusen: Ah, der neidische Nachbar, welchen Mr Alastair Baconsfield als den Hintermann, die graue Eminenz der Affäre verdächtigt, mein lieber Hatch, wohin treibt es sie.
Hatch: Nach Woodhouse, Prof, den Reifenspuren nach.
vanDusen: Später, mein lieber Hatch, später, zunächst gilt es nach Schloß Hogsford zurückzukehren, um durch die nur dort zu entdeckenden bislang noch fehlenden Mosaiksteine das Bild einfürallemal zu komplettieren, während ich einige Worte mit Mr Whiffle, dem sog. Schweineexperten zu wechseln gedenke, werden sie, lieber Hatch einen zweiten speziellen Auftrag auszuführen haben.
Hatch: Worum es dabei ging, werden sie jetzt noch nicht erfahren, meine Damen und Herren, wegen der Spannung, und weil es ein Geheimauftrag war, hier nur soviel, alles ging glatt, ich machte Meldung, der Prof rieb sich die Hände.
vanDusen: Mein lieber Hatch, der Fall ist gelöst.
Hatch: So.
vanDusen: Sie zweifeln, mein lieber Hatch.
Hatch: Das würde ich mir nie erlauben, Prof aber wenn sie mich fragen, mir ist noch längst nicht alles klar.
vanDusen: Das ist nicht mehr als recht und billig, sie sind der Assistent, ein in diesem Falle recht zufriedenstellender ja lobenswerter Assistent, doch doch, ich möchte nicht versäumen das hinzuzufügen.
Hatch: Danke, ich weiß selber daß ich kein kriminologischer Großmeister bin, aber ein bißchen weiß ich doch, ich weiß, wer das Vieh aus der Villa geklaut hat und wo es jetzt steckt, aber was ich nicht weiß ist, wie hat der Kerl das Ding gedreht, wie hat er das fette Vieh in wenigen Sekunden mit einem Knall verschwinden lassen.
vanDusen: Ein im Prinzip höchst simpler Trick.
Hatch: Den sie natürlich durchschauen.
vanDusen: Natürlich.
Hatch: Und wie ich sie kenne, wollen sie ihn mir auch nicht verraten.
vanDusen: Dies mein lieber Hatch wäre ein krasser Verstoß gegen jede kriminologische Tradition, aufgeklärt wird bekanntlich erst zum guten Schluß in Anwesenheit aller Beteiligten.
Hatch: Das weiß ich.
vanDusen: Warum lösen sie das Rästel nicht selber, sie kennen alle Indizien, prüfen sie sie, werten sie sie, nach dem Grundsatz.
Hatch: 2 plus 2 geschenkt Prof, sagen sie mir lieber was für Indizien ich prüfen und werten soll.
vanDusen: In aller kürze diese, mein lieber Hatch, a Mrs Quackenbush ist stark kurzsichtig, weigert sich jedoch aus Eitelkeit eine Brille zu tragen, b die Marquise von Hogsford gehört der Rasse der Berkshireschweine an, c beim Krämer von Little Bacon wurde ein großer schwarzer Luftballon entwendet, wenn sie ferner die Spuren an der Villa Waldeslust in Betracht ziehen.
Hatch: Dann weiß ich ehrlich gesagt immer noch nichts.
vanDusen: Auch wenn ich in der Regel keine intellektuellen Meisterleistungen von ihnen erwarte, mein lieber Hatch, enttäuschen sie mich dieses mal doch ein wenig, nun gut, der eine hats, der andere nicht, kommen sie, wir werden Sir Pelham Grenvil einen Besuch abstatten, präziser seinem Schweinstall, bitte verständigen sie Mr Quackenbush, ich wünsche seine Begleitung.
Hatch: Den alten, nicht Iris.
vanDusen: Mr Osgodd P. Quackenbush, ich habe meine Gründe.
Hatch: Quackenbush wunderte sich, aber er wußte, wenn Prof van Dusen ruft, gilt kein Zögern und nein sagen erst recht nicht, eine knappe Stunde später, es war inzwischen 5 geworden, standen wir vor Sir Pelham Grenvils Schweinestall am Zaun, alles war still, kein Mensch zu sehen, außer uns drei natürlich, im Koben suhlte sich ein Schwein.
Quackenbush: Aber das ist nie und nimmer die Marquise von Hogsford.
vanDusen: Meinen Sie, Mr. Quackenbush.
Quackenbush: Die Marquise ist ein Barkshireschwein und Barkshireschweine sind schwarz, von der Schnauze bis zum Ringelschwanz, das Vieh hier ist.
Hatch: OK Kopf ist schwarz, Hinterteil auch, aber dazwischen ist es weiß, eindeutig.
vanDusen: Wie es den Anschein hat, handelt es sich um ein Tier vom Typ Wessex Saddleback, ein Typ welcher gekennzeichnet ist durch einen großen weißen Sattel oder Ring um den Rumpf, wenn sie jedoch meine Herren an diesem weißen Ring mit dem Fingernagel kratzen, igitt, wie ich es jetzt tue, so werden sie feststellen.
Hatch: Die Farbe geht ab.
vanDusen: So ist es, erinnern sie sich, beim Krämer wurde nicht nur ein Ballon gestohlen sondern auch ein kleiner Eimer voller weißer Farbe und hier hier steht er auf der Fensterbrüstung, mitsamt dem noch feuchtem Pinsel, kein Zweifel, meine Herren, die Sau, welche wir hier sehen, ist ein mittels weißer Farbe in ein Wessexsaddleback transponiertes quasi verkleidetes oder auch maskiertes Barkshireschwein, kurz die Marquise von Hogsford.
Quackenbush: Bravo Professor, ja und was tun wir jetzt.
Hatch: Wir lassen die Sau raus und bringen sie zurück, nach Schloß Hogsford.
Quackenbush: Das müssen wir wohl Mr Hatch, ja dann mal los.
vanDusen: Bitte meine Herren vorsichtig, ich werde die Tür aufmachen, halten sie die Sau solange fest.
Hatch: Drei Stunden später, im Speisesaal von Schloß Hogsford hatten sich alle Beteiligten versammelt, um sich bester amateurkriminologischer Tradition entsprechend vom Prof über den sensationellen Schweinefall aufklären zu lassen, sie erfuhren erstaunt oder schuldbewußt, je nachdem, wie die Marquise zuerst von Quackenbush und dann von dessen Tochter Iris in Zusammenarbeit mit dem ehrenwerten Ronny geklaut worden war und warum die Diebe sich diesem in amerikanischen Millionärskreisen nicht gerade üblichen Tun hingegeben hatten.
vanDusen: Nach dem sie ihre Beute in der Villa Waldeslust verborgen hatten, kehrten Mrs Quackenbush und der ehrenwerte Ronald Baconsfield hierher zurück, in der Zwischenzeit war das Verschwinden der Marquise entdeckt worden, und Lord Hogsford gab seiner Empörung Ausdruck, auf so entschiedene so vehemente Weise, daß Mr Bakensfield kalte Füße bekam, so lautet das ja wohl volkstümlich, sein Entschluß fürderhin seine Hände in Unschuld zu waschen, führte zu einem heftigen Steit zwischen zwischen ihm und seiner Mitverschworenen, dieser Streit wurde belauscht, dabei erfuhr der Lauscher unter anderem zwei ihn höchstlich interessier-ende Tatsachen, daß das Schwein sich in der Villa Waldeslust befand und daß Mrs Qackenbush die Absicht hatte, es am kommenden Morgen zwecks Fütterung aufzu-suchen, beide Tatsachen beschloß der geheime Mitwisser sich zunutze zu machen, hatte er doch ohnehin die Absicht, die Marquise von Hogsford zu stehlen.
Baconsfield: Und wer war nun dieser Lauscher an der Wand, Prof.
vanDusen: Kein anderer als der Mann, welcher sich Augustus Whiffel nennt.
Lord: Was, Mr. Whiffle, das ist doch blühender Blödsinn, Prof, so was würde Mr. Whiffle nie tun, was Mr Whiffle.
Whiffle: Niemals Milord.
vanDusen: Mr Whiffle, Milord ist nicht Mr Whiffle, um wen es sich bei dieser Person in Wahrheit handelt, hat dankenswerterweise mein Assistent ermittelt, indem er das Zimmer des Verdächtigen einer Durchsuchung unterzog, dabei entdeckte er zwei äußerst bemerkenswerte Dokumente, bitte Mr Hatch.
Hatch: Erstens eine Lizenz als Privatdetektiv, ausgestellt auf einen gewissen Blister, Percy Blister, wohnhaft in London, zweitens ein Schreiben worin Sir Pelham Grenvil Blister 500 Pfund verspricht, wenn er für ihn die Marquise klaut.
Baconsfield: Sir Pelham, hab ich ja gleich gewußt, daß der dahinter steckt.
vanDusen: Danke mein lieber Hatch, ich fahre fort, dem falschen Mr Whiffle, welcher beiläufig bemerkt eine beklagenswerte Unkenntnis in Bezug auf Schweine an den Tag zu legen pflegt, bot sich nunmehr die heißersehnte Gelegenheit, er beschloß, die Marquise aus der Villa Waldeslust zu entführen und Sir Pelham Grenvil zuzustellen, doch damit nicht genug, indem er in raffinierter Inszenierung die Sau auf quasi magische Weise verschwinden ließ, wollte er die Angelegenheit zusätzlich verwirren, komplizieren, einnebeln, wenn sie so wollen, um dieses sein Vorfahren durchzuführen entwickelte Mr Blister in der vergangenen Nacht eine bemerkenswerte geradezu hektische Aktivität, als erster unternahm er einen Einbruch in den Kramladen von Little Bacon, wobei er den wie ihm wohlbekannt war dort befindlichen großen schwarzen Ballon nebst einem Eimer weißer Farbe entwendete, sodann begab er sich in seinem Automobil zur Villa Waldeslust, er verschaffte sich Einlaß, wie ich vermute mittels eines sog Dietrichs, kein Problem für einen privaten Detektiv, praktizierte die Marquise in seinen Wagen und transportierte sie zum Schweinestall von Sir Pelham Grenvil, wo er mit der gestohlenen Farbe das Barkshireschwein in ein Wessexsaddleback umwandelte.
Lord: Wessexsaddleback, tatsächlich, inferiore Rasse.
vanDusen: Kurz vor dem Morgengrauen suchte Mr Blister zum zweiten Mal die Villa Waldeslust auf, er legte den schwarzen Ballon in die Badewanne, befestigte an ihm eine Schnur, deren zweites Ende er durch das leicht geöffnete Fenster nach draußen verlegte, bezog vor dem Fenster Posten und wartete, auf Mrs Iris Quackenbush, vor der der wußte, wer auf Schloß Hogsford wußte dies nicht, daß sie sich trotz ihrer ungenügenden Sehfähigkeit weigerte, ein Brille zu benutzen, als Mrs Quackenbush im Bad erschien, gab Blister Grunztöne von sich und zog gleichzeitig an der Schnur, der Ballon bewegte sich, Mrs Quackenbush sah, was sie sehen sollte, eine lebendige Marquise von Hogsford, sie verließ das Badezimmer und Mr Blister kam zum Höhepunkt seiner Illusionsschau, er brachte den Ballon zum platzen.
Baconsfield: Wie Prof.
Iris: Besser gefragt womit.
vanDusen: Mittels seines Spazierstock, wie ich annehme, an dessen Ende er eine Nadel angebracht hatte, die schlaffe Ballonhülle zog er an der Schnur durchs Fenster, worauf er sich ungesehen entfernte, Iris Quackenbush stand vor einem Rätsel, das von ihr soeben noch wahrgenommene Schwein war in Sekunden-schnelle verschwunden, dies würde sie beschwören, und sich so, da niemand ihr glauben würde, selbst aufs schwerste belasten, alle Spuren, so glaubte Blister, welche auf ihn bzw seinen Auftraggeber Sir Pelham Grenvil deuteten, seien verwischt, doch hat er, und damit, komme ich zum Ende meiner Ausführungen, doch hatte er Prof Dr.Dr.Dr. Augustus van Dusen nicht in seine Rechnung einbezogen.
Lord: Gut und schön, Prof, großartig kombiniert, alles was recht ist, aber das wichtigste, nichtwahr das fehlt doch noch.
vanDusen: Euer Lordschaft meinen.
Lord: Die Marquise, was denn sonst, wo ist sie, wo steckt sie.
Baconsfield: Hast du doch gehört, Cecil, bei Sir Pelham Grenvil.
vanDusen: Sie irren, Mr Baconsfield.
Lord: Ja wo dann, sagen sies doch endlich Prof.
vanDusen: Ich werde sie zu ihrem Tier führen, Milord, folgen sie mir.
Hatch: Kurz darauf bewegte sich eine interessante Prozession durchs Gelände, vorneweg der fette Butler, dahinter van Dusen und wir anderen, der Lord nebst Bruder und Sohn, die beiden Quackenbushs und meine Wenigkeit, nur der unglückselige Blister alias Whiffle war nicht dabei, der saß im tiefsten Schloßverließ, nach einer guten viertel Stunde erreichten wir ein einsam gelegenes unschönes Gebäude, das Armenhaus von Little Bacon, wir traten ein, gingen über den Flur, dem immer stärker werdenden würzigen Duft nach und kamen schließlich in einen großen Raum, auf einem gewaltigen Herd brutzelten zahllose Töpfe und Pfannen, um den riesigen Holztisch beladen mit vollen Tellern und Schüsseln hockten die Dorfarmen und futterten wie die Scheunendrescher.
vanDusen: Milord, meine Herrschaften, wir sind am Ziel.
Lord: Am Ziel, ja wirklich, ja wo ist die Marquise.
vanDusen: Hier Milord.
Lord: Tatsächlich, Prof, ich seh sie nicht.
vanDusen: O doch, Milord, sie sehen sie bzw das, was von ihr übrig ist, sie sehen sie überall in diesem Raum, auf dem Herd, auf dem Tisch, in Töpfen, Schüsseln, Pfannen, Tellern, in Form von Wellfleisch, Blutwurst.
Lord: Meine Marquise.
vanDusen: Braten, Kotelett.
Lord: Geschlachtet.
vanDusen: Ja.
Arme: Wir danken dem edlen Spender. Rülps.
Lord: Rache, blutige Rache, alle festnehmen, alle festnehmen, einsperren, hinrichten, alle, diesen diesen Blister auch und Sir Pelham Grenville.
Ronny: Aber Papa.
Lord: Und du Ronny, du wirst enterbt, was sie betrifft, Quack, Quackenbush, nehmen sie ihre Tochter und gehen sie mir aus den Augen.
Quackenbush: Mit Vergnügen.
Lord: Polizei.
Iris: Nichts lieber als das.
Lord: Scotland Yard.
Ronny: Aber Papa, Iris und ich wollen doch heiraten.
Lord: Die Feuerwehr, die Armee, die Marine.
Iris: Das ist vorbei, einen Schlappschwanz nehme ich nicht.
Lord: Der Henker, Henker seiner Majestät, aufhängen, alle miteinander, an den Kielern von Schloß Hogsford.
Hatch: Lord Hogsford wurde ohnmächtig, während die Verwandschaft sich um ihn kümmerte und die Armen von Little Bacon nicht wußten, wie ihnen geschah, entfernten wir, van Dusen, Quackenbush und ich uns unbemerkt im Getümmel, wir hatten es eilig, der letzte Zug nach Worcester fuhr in einer halben Stunde, und während wir zum Bahnhof eilen, drehe ich für sie, meine Damen und Herren, die Uhr kurz zurück, sie erinnern sich, der Prof, Quackenbush und ich waren mit der Marquise unterwegs nach Schloß Hogsford, es war keine muntere Landpartie, vor allem van Dusen wirkte verkrätzt.
Baconsfield: Na los dumme Sau, sie sagen ja gar nichts, Prof.
vanDusen: Ich denke nach, Mr Quackenbush.
Hatch: Über ihre atomare Strukturtheorie.
vanDusen: Nein mein lieber Hatch, über den massiven Affront, welchen man meiner Person angetan hat, Prof Dr.Dr.Dr. Augustus van Dusen wurde durch die Anwendung hinterhältiger ja schändlicher Methoden gezwungen, einen tief unter seiner amateurkriminologischen Würde liegenden Fall zu übernehmen, dekadente Aristokraten haben mir morbide Spiele getrieben.
Baconsfield: Los jetzt.
Hatch: Müssen wir ihnen zu allem Überfluß das Vieh auch noch zurückerstatten, mit rosa Schleifchen und schönen Grüßen.
vanDusen: Müssen wir das, mein lieber Hatch.
Hatch: Naja, immerhin haben sie den Fall übernommen, Prof.
vanDusen: Und gelöst, mein lieber Hatch, ganz gleich was mit dem corpus delicti will sagen der Sau noch geschehen mag.
Baconsfield: Wissen sie, was ich denke, wenn das Schwein wieder da ist, wird Lord Hogsford einverstanden sein, daß Iris diesen Idioten Ronny heiratet, entsetzlich.
vanDusen: Andererseits käme das Tier nicht zurück, gäbe es keine Hochzeit.
Baconsfield: Ja, das wär eine Idee.
vanDusen: Sehen sie das Gebäude vor uns.
Hatch: Grau und häßlich.
vanDusen: Das Armenhaus von Little Bacon, man hat es weit außerhalb der Dorfgrenzen errichtet, weil man mit den Insassen möglichst wenig zu tun zu haben wünscht, diese führen, so fürchte ich, ein nicht eben angenehmes Leben, der zweifellos seltene Genuß einer reichhaltigen, schmackhaften Mahlzeit wäre ihnen von Herzen zu gönnen.
Hatch: Ah, ich habe eine Idee.
Baconsfield: Ich auch Mr Hatch.
Hatch: Gehen sie voraus, Prof, Quckenbush und ich komme in ein paar Minuten nach.
Baconsfield: Sobald wir eine Kleinigkeit erledigt haben. Ja.
Hatch: Wir banden die Marquise an den Türpfosten des Armenhauses und dann malte Quackenbush ihr große weiße Buchstaben auf die schwarze Haut, Farbeimer und Pinsel hatten wir mitgenommen, um sie dem Krämer zurückzugeben, eine Spende, guten Appetit, so mein kleines dickes Etwas.
Baconsfield: Hatch, ziehen sie die Glocke, und jetzt nichts wie weg und um die Ecke, kommen Sie.
Hatch: So kam es, daß die Armen von Little Bacon ein fröhliches Schlachtefest feierten, daß Iris Quackenbush nicht Ronny Baconsfield heiratete und daß Lord Hogsford in Ohnmacht fiel, übrigens falls es sie interessiert, als er wieder zu sich kam, wurde er strenger Vegetarier und verlegte sich auf die Kürbiszucht, und noch ein Wort zum Schluß, meine Damen und Herren, Sie kennen Prof. van Dusen, Sie wissen, er ist ein abgeklärter Mensch, der über den Dingen des Alltags steht, aber wenn man ihn so richtig ärgert, dann kann es passieren, daß auch ein so bedeutend-er Zeitgenosse mal kurz die Sau rausläßt, in diesem Sinne, meine Damen und Herren, bis zu nächsten Mal.
Professor van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Cecil Baconsfield, Lord Hogsford: Hans Madin
Alastair Baconsfield, sein Bruder: Klaus Jepsen
Ronald (Ronnie) Baconsfield, sein Sohn: Hubertus Bengsch
Osgood P. Quackenbush: Christian Rode
Iris Quackenbush, seine Tochter: Lisa Adler
Augustus Whiffle alias Percy Blister: Walter Pfeil
Bahnhofsvorstand: Krikor Melikyan
Schweinewart: Heinz Rolfing
Krämer: Gerd Holtenau
Wirt: Otto Czarski
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Es freut mich von Herzen, hier zu sein und Dr. Isikolo zu danken.
Ich hätte nie gedacht, dass meine Ehe jemals wieder funktionieren würde, obwohl schon alles gegen mich lief. Dr. Isikolo kam mir zu Hilfe. Ich hatte ein Problem zu Hause, weshalb mein Mann mich verließ. Ich war bereits schwanger und es wurde für mich schwierig, ohne ihn in meinem Leben zurechtzukommen. Seine Familie hat mich die ganze Zeit unterstützt, aber niemand konnte uns wieder zusammenbringen, außer Dr. Isikolo, der in dem Moment reagierte, als ich die Hilfe am meisten brauchte. Er löste das Problem und mein Mann kehrte nur 48 Stunden später zu mir nach Hause zurück, weil er noch immer mit mir in derselben Stadt lebte. Es ist ziemlich erstaunlich, wenn man Hilfe dort findet, wo man es am wenigsten erwartet hätte. Noch einmal vielen Dank, Dr. Isikolo, für alles, was Sie tun, um Menschen in Not zu helfen. Schreiben Sie ihm eine E-Mail an isikolosolutionhome@gmail.com oder eine WhatsApp an +2348133261196
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Nachdem ich mehrmals Opfer von Betrug im Zusammenhang mit Gelddarlehen zwischen Privatpersonen geworden war und sogar deswegen meinen Sohn Jean-Paul verloren hatte, fand ich schließlich eine gutherzige Person, die mir das Darlehen gewährte, das ich mir seit Jahren wünschte, und dank ihr konnte ich meine Träume verwirklichen und meine Schulden bezahlen. Ich habe nur ein paar Gebühren bezahlt und in 25 Stunden hatte ich das Geld bereits auf meinem Konto, Gott sei Dank. Ich biete sie Ihnen auch für alle Ihre finanziellen Probleme an. Ich hinterlasse Ihnen ihre E-Mail-Adresse: rousseau20anita@gmail.com
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Hallo,
Leihgabe von Zeugnissen zwischen einzelnen!!
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Hier ist seine E-Mail: jordi.wiedeman1@cash4u.com
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Je nach Projekt bieten wir unterschiedliche Typen an.
Senden Sie eine E-Mail: lopezfinanzas95@gmail.com
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Ich komme mit dieser Nachricht, um zu bezeugen, was diese Dame mir angetan hat, nachdem sie auf fünf falsche Kreditgeber gestoßen ist, die mich noch mehr ruiniert haben. Tatsächlich war diese Dame eine große Hilfe für mich nach der Krankheit meiner an Sklerose erkrankten Enkelin, sie hat mir in kurzer Zeit 8.500 € geliehen, sie ist eine Quelle des Vertrauens und der Würde, ich kann sie für Ihre finanziellen Bedürfnisse wärmstens empfehlen. Hier ist ihre E-Mail-Adresse: vitorianepourtier@outlook.fr
Ich komme mit dieser Botschaft, um zu bezeugen, was dieser großzügige Mann mir angetan hat, nachdem ich von vielen falschen Kreditgebern betrogen wurde. Ich habe nicht mehr daran geglaubt, Geld zu verleihen, weil alle Banken meine Akte abgelehnt haben. Tatsächlich war ich bei meiner Bank hinterlegt. Aber eines Tages empfahl mir eine Nichte, die als Finanzberaterin in einer Bank arbeitet, einen bestimmten Kreditgeber, dessen E-Mail er mir gab: ericmasseliebert@gmail.com
Ich habe es mit Herrn Éric Masse versucht, indem ich ihm eine E-Mail geschickt habe, und es hat funktioniert. Ich hatte die Chance, nach der ich jahrelang gesucht hatte. Innerhalb von vier Tagen erhielt ich einen Kredit von 20.000 €, der es mir ermöglichte, mit den Ferienaktivitäten zum Jahresende zu beginnen und mich um meine Familie zu kümmern. Für jeden, der es braucht, kann ich es wärmstens empfehlen.
Seine E-Mail: ericmasseliebert@gmail.com
Es tut mir leid, dass ich Sie so störe, aber im Moment habe ich eine große Freude in meinem Herzen, die ich nicht für mich behalten konnte, also habe ich beschlossen, sie mit Ihnen zu teilen, und sie ist wirklich wichtig. Ich glaubte nicht an Online-Kreditangebote, sondern kontaktierte aus purer Neugier Herrn Henry Vanderschrick, der mir einen Kredit über 40.000 EUR gewährte. Dieser ist nicht wie andere Kreditgeber, die Veröffentlichungen im Internet veröffentlichen. Wenn Sie einen Kredit benötigen, zögern Sie nicht, ihn per E-Mail zu kontaktieren: henryvanderschrick@gmail.com
Sie haben finanzielle Probleme und sind bei den Banken nicht beliebt, oder noch besser: Sie haben ein Projekt und benötigen eine Finanzierung, eine schlechte Bonität oder Sie brauchen Geld, um Ihre Rechnungen zu bezahlen, Geld, um in Unternehmen zu investieren.
Wenn Sie also einen Kredit benötigen, zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, um mehr über meine Konditionen zu erfahren. Bitte kontaktieren Sie mich unter meiner Adresse: d.marysebiernaux@gmail.com
Aufgrund der Dienste, die diese Dame mir bei der Suche nach einem Gelddarlehen erwiesen hat, habe ich mich heute dazu entschlossen, zu ihren Gunsten auszusagen. Er war mein Retter und wirklich, ich weiß nicht, was ich mit ihm machen soll, ich habe einen Kredit über 35.000 Euro mit einem Zinssatz von 2,4 % und ohne Komplikationen erhalten. Sie können ihn schnellstmöglich kontaktieren, um zufrieden zu sein. Wenn Sie einen Kredit benötigen, kann ich Ihnen sofort bestätigen, dass Sie sich bitte an Frau Aline SANCHEZ wenden. Darüber habe ich auch mit mehreren meiner Freundinnen gesprochen, die ebenfalls bedenkenlos ihre Kredite bei ihr erhalten haben, denn diese Konditionen sind einfach und sehr vorteilhaft. Wenn Sie aus verschiedenen persönlichen Gründen einen Kredit benötigen, wenden Sie sich bitte an ihn. Sie werden zufrieden sein. Ich hinterlasse Ihnen die Adresse, an die Sie Ihre Anfragen senden können.
E-Mail: sanalinechez@gmail.com
Heutzutage ist es schwierig, einen seriösen Kredit zu finden, da es mehrere Betrügereien im Zusammenhang mit Anzeigen im Internet gibt, aber durch Glück bin ich auf diesen Mann gestoßen, der eine sehr wichtige Hilfe bei der Beschaffung eines Kredits über 45.000 EUR war. Ich gebe zu, dass ich anfangs bei diesem Vorschlag zurückhaltend war, aber schließlich wurde mir klar, dass er es wirklich ernst meinte und ein gutes Herz hatte. Ich empfehle Ihnen dringend, sich an sie zu wenden, wenn Sie einen Kredit benötigen. Sie erreichen sie unter: ericmasseliebert@gmail.com
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WIE ICH NACH VIELEN BETRÜGEN ENDLICH DER ILLUMINATI-BRUDERSCHAFT BEIGETRETEN BIN
HALLO zusammen, mein Name ist Aileen, ich komme aus Island und erzähle, wie ich der Illuminati-Bruderschaft beigetreten bin. Ich habe viele Jahre lang versucht, dieser Organisation beizutreten, aber dann wurde ich von einem falschen Agenten betrogen. Ich war so niedergeschlagen, dass ich mich nicht mehr ernähren oder meine Rechnungen und meine Familie bezahlen konnte. Ich habe auf verschiedene Weise versucht, Geld zu verdienen, aber alles war vergebens. Ich hatte Angst, einen Illuminati-Agenten zu kontaktieren, weil ich schon oft betrogen wurde und sie mein hart verdientes Geld aufgefressen haben. Eines Tages stieß ich auf einen Beitrag von jemandem, der einem Mann namens Lord Mike Fisher dafür dankte, dass er ihm geholfen hatte, der Illuminati-Bruderschaft beizutreten. Dann sah ich mir die E-Mail-Adresse des Mannes und die Telefonnummer an, die darunter stand. Ich hatte wirklich Angst, ihn zu kontaktieren, weil ich nicht noch einmal verlieren wollte, weil ich schon oft von Betrügern betrogen worden war, die mein hart verdientes Geld aufgefressen haben. meine 173.000 und ging mit dem Geld weg, dann war ich so verwirrt, dass ich mich entschied, die Person zu kontaktieren, die das Zeugnis erhalten hatte, und ich rief sie an und kommunizierte mit ihr in Telefongesprächen, bevor sie anfing, mir ihre eigene Geschichte darüber zu erzählen, wann er beitreten wollte. Er sagte mir alles, was ich tun sollte, dann entschied ich mich und rief den Agenten namens Lord Mike Fisher an und er sagte mir alles, was ich tun musste, und ich tat alles und wurde aufgenommen, überraschenderweise erhielt ich meine Vorteile als neues Mitglied der großen Illuminaten-Bruderschaft. Ich war so glücklich, dass dank ihm eine Wende in mein Leben kam. Für weitere Informationen kontaktieren Sie den offiziellen Agenten per E-Mail: adamslord85@gmail.com
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Hallo, ich komme mit dieser Nachricht, um zu bezeugen, was diese großzügige Frau mir angetan hat, nachdem sie von vielen falschen Kreditgebern betrogen wurde. Ich habe nicht mehr daran geglaubt, Geld zu verleihen, weil alle Banken meine Akte abgelehnt haben. Tatsächlich war ich bei meiner Bank hinterlegt. Aber eines Tages empfahl mir eine Freundin einen bestimmten Kreditgeber, dessen E-Mail sie mir gab: ericmasseliebert@gmail.com
Ich habe es mit ihm versucht, indem ich ihm eine E-Mail geschickt habe, und es hat geklappt. Ich hatte die Chance, nach der ich jahrelang gesucht hatte. Innerhalb von vier Tagen erhielt ich einen Kredit von 20.000 €, der es mir ermöglichte, mit den Ferienaktivitäten zum Jahresende zu beginnen und mich um meine Familie zu kümmern. Für jeden, der es braucht, kann ich es wärmstens empfehlen.
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Geliebten
Entschuldigen Sie, dass ich Sie auf diese Weise kontaktiere. Mein Name ist Maria Giuseppe, geboren am 06.09.56 und mit italienischer Staatsangehörigkeit. Ich sende Ihnen diese Nachricht, um Sie um Ihr Einverständnis zur Durchführung eines Spendenprojekts zu bitten, das ich schon seit längerem verwirklichen möchte.
Das erscheint Ihnen nicht verdächtig, obwohl Sie mich nicht kennen und ich Sie nicht kenne. Ich habe Krebs, der sich in der Phase befindet
Im Terminal hat mir mein behandelnder Arzt gerade mitgeteilt, dass meine Tage aufgrund meines verschlechterten Gesundheitszustands gezählt sind. Laut Aussage des Arztes setzt sich derzeit ein Ball in meinem Gehirnkäfig fest, ich leide seit mehr als 7 Jahren an dieser Krankheit.
Ich bitte Sie, meine Spende anzunehmen. Ich habe einen Spendenbetrag von 270.000 Euro. Akzeptieren Sie diesen Betrag, da er für Sie sehr nützlich sein könnte. Bitte antworten Sie mir, wenn Sie mein Angebot annehmen. Mir geht es sehr schlecht und ich habe große Angst, ich kann weder nachts noch tagsüber schlafen. Ich kann nicht sterben, ohne all dieses Geld wegzugeben, sonst wäre es meiner Meinung nach eine Verschwendung.
Wenn Sie Interesse haben, hinterlassen Sie mir bitte eine E-Mail an moutalisso@gmail.com für weitere Informationen.
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Danke
Hey,
Danke für die Tipps 🙂
Ich habe noch eine super Webseite gefunden, wo man nach einem Tischtennis Verein in der Nähe suchen kann:
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VG, Katie